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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Ergänzung der Bundesverfassung durch einen Artikel 27quater über Stipendien und andere Ausbildungsbeihilfen (Vom 29. November 1962)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns, Ihnen hiemit eine Botschaft samt Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend die Ergänzung der Bundesverfassung durch einen Artikel 27quater über Stipendien und andere Ausbildungsbeihilfen zu unterbreiten.

A. Das Nachwuchsproblem 1. Allgemeine Lage Die gewaltige wissenschaftliche und technische Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte hat dazu geführt, dass die intensive Förderung eines qualifizierten Nachwuchses in fast sämtlichen Berufen zu einem der dringendsten Gegenwartsprobleme geworden ist. Die Technisierung zahlreicher Lebensbereiche verlangt immer mehr differenziert vorgeschulte Menschen, so dass den Bildungsfragen heute in allen Ländern eine erstrangige Bedeutung zukommt. Die Entwicklung, wie sie in jüngster Zeit vor allem z.B. durch die Verwertung der Kenntnisse auf dem Gebiete der Kernenergie sowie durch die Elektronentechnik und die Automation, die Erfindung neuer Werkstoffe und Fabrikationsverfahren eingeleitet worden ist, verläuft in der Richtung einer stets zunehmenden Arbeitsteilung, die eine immer grössere Zahl von Forschern und besonders ausgebildeten Arbeitskräften benötigt. In sämtlichen fortgeschrittenen Staaten haben daher die Aufwendungen für Forschungszwecke und den Ausbau des Schul- und Bildungswesens in den letzten Jahren ausserordentlich stark zugenommen.

Gerade die Schweiz ist nun in besonderem Masse darauf angewiesen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit dieser Entwicklung Schritt zu halten. Die Aufrechterhaltung unserer Qualitätsproduktion, die angesichts der Rohstoffarmut

1317 unseres Landes und seiner gegenüber dem Ausland vielfach ungünstigeren Produktionsverhältnisse eine Notwendigkeit darstellt, damit wir im internationalen Konkurrenzkampf bestehen und unseren Lebensstandard aufrechterhalten können, ist eng an die Eesultate wissenschaftlicher Erkenntnisse geknüpft. Wir müssen alles daran setzen, um in der industriellen Ausnutzung der Ergebnisse der Forschung stets mit an der Spitze zu stehen.

Nicht weniger wichtig ist aber die lebendige Teilnahme an den Erkenntnissen der Geisteswissenschaften. Ihre Förderung hat für unser Ansehen in der Welt gleich grosse Bedeutung wie die Entwicklung der Naturwissenschaften.

Entscheidend ist, dass es bei den Geisteswissenschaften um den Menschen selbst geht, um die Erkenntnis seines Wesens und um das Zusammenleben in kleineren und grösseren Gemeinschaften. Im Interesse der Zukunft unseres Landes muss den Geisteswissenschaften ebenso intensive Beachtung geschenkt werden wie den Naturwissenschaften.

All dies ist aber nur möglich, wenn unser Land über einen zahlenmässig ausreichenden Stab von qualitativ hochstehenden Forschern und Wissenschaftern sowie über einen genügenden Nachwuchs auch im mittleren und unteren Kader verfügt. Es gilt daher, alles vorzukehren, um soweit als möglich keine Begabtenrcserven unausgeschöpft zu lassen. Zwar wäre es verfehlt, die Notwendigkeit einer vermehrten Nachwuchsförderung nur unter vorwiegend wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten. Immer mehr - und mit vollem Eecht - hat sich die Auffassung Bahn gebrochen, dass es auch aus menschlichen Gründen nicht zu verantworten ist, Talente brach liegen zu lassen. Es entspricht einem Gebot der sozialen Gerechtigkeit, grundsätzlich jedem befähigten jungen Menschen die Möglichkeit zu verschaffen, unbekümmert um seine finanzielle Lage eine seiner Begabung entsprechende Ausbildung zu erhalten und am sozialen Aufstieg teilzuhaben. So stellt, unter verschiedenen Aspekten betrachtet, die Bewältigung des Nachwuchsproblems heute auch für unser Land ein ernstes Anliegen dar.

2. Der Nachwuchsmangel Es ist eine offenkundige Tatsache, dass es bei uns in fast allen Berufszweigen an Nachwuchskräften fehlt. Industrie und Handel, Landwirtschaft, Dienstleistungsbetriebe, Verwaltung und Schulen sehen sich bei der Rekrutierung von Personal vor stets zunehmende
Schwierigkeiten gestellt. In zahlreichen Publikationen der letzten Jahre ist auf diese besorgniserregenden Verhältnisse und die Notwendigkeit der Ergreifung geeigneter Massnahmen zu einer Verbesserung der Lage hingewiesen worden. Am eingehendsten wurde die Mangelsituation bisher in dem im Frühjahr 1959 publizierten Schlussbericht des vom Delegierten für Arbeitsbeschaffung eingesetzten Arbeitsausschusses zur Förderung des wissenschaftlichen und technischen Nachwuchses dargestellt. Entsprechend dem wirtschaftlichen Aufgabenkreis des Delegierten beschränkten sich die Untersuchungen des genannten Ausschusses allerdings auf eine Abklärung des Bestandes und Bedarfes an Ingenieuren, Technikern und Naturwissenschaftern ein-

1318 schliesslich der Mathematiker und Physiker. Dabei ergab sich, dass die Lage inbezug auf den Nachwuchs in den genannten Berufen als ernst bezeichnet werden muss. Nur dank der Heranziehung ausländischer Ingenieure, die z.B. in der Maschinenindustrie etwa 25 Prozent ausmachen, hätten die Lücken wenigstens teilweise geschlossen werden können. Der Arbeitsausschuss gelangte zur Peststellung, dass zur Deckung des Bedarfes jährlich ungefähr 900 Diplomierte die ETH, die Polytechnische Schule der Universität Lausanne und die naturwissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten verlassen müssten, eine Zahl, die auch heute bei weitem noch nicht erreicht worden ist. Als besonders schwerwiegend wurde der ausgesprochene Mangel an Maschinen- und Elektroingenieuren bezeichnet. Um hier dem Bedarf zu genügen, wäre es notwendig, die Zahl der Studierenden dieser Disziplinen an den beiden Technischen Hochschulen um ca.

1100 zu erhöhen. Seit dem Studienjahr 1959/60 hat jedoch die Zahl der Studenten in der Abteilung Maschineningenieurwesen und Elektrotechnik an der ETH lediglich um rund 110 zugenommen; sie ist allerdings weiter im Anstieg. Was die Förderung des Nachwuchses an Technikern betrifft, so wies der Arbeitsausschuss angesichts der Überfüllung der bestehenden Schulen vor allem auf die Notwendigkeit ihres Ausbaues und die Errichtung neuer höherer technischer Lehranstalten hin.

Um, in Ergänzung der Untersuchungen des vom Delegierten für Arbeitsbeschaffung eingesetzten Ausschusses, auch die Lage auf dem Gebiete der Geisteswissenschaften und ferner der medizinischen Berufe sowie vor allem des Lehrerberufes auf der Mittelschulstufe genauer abzuklären, hat das Departement des Innern im August 1961 eine besondere Kommission bestellt, der u.a.

Vertreter aller dieser Disziplinen angehören. Die Arbeiten der Kommission dürften im Laufe dieses Winters abgeschlossen werden. Schon die bisherigen Erhebungen haben bestätigt, dass vor allem ein besorgniserregender Mangel an Mittelschullehrern besteht. Offene Lehrstellen können vielfach nicht mehr besetzt werden, sodass es öfters notwendig wird, sich behelfsmässig mit Hilfslehrern zu begnügen. Schwierig ist die Lage auch in einzelnen Sektoren der medizinischen Berufe, wo es - vor allem auf dem Lande - an Ärzten mit allgemeiner Praxis sowie an Zahnärzten fehlt. Sehr fühlbar
wirkt sich ferner der Mangel an Seelsorgern aus. Was die Hochschuldozenten und Forscher betrifft, so hat es die im Februar 1962 vom Departement des Innern im Zusammenhang mit dem Problem einer allfälligen Unterstützung der kantonalen Hochschulen durch den Bund eingesetzte «Expertenkommission für Fragen der Hochschulbeförderung» übernommen, die sich hier stellenden Nachwuchsprobleme näher abzuklären.

Es kann nicht Aufgabe dieser Botschaft sein, dem Ausmass des Nachwuchsmangels in allen Einzelheiten nachzugehen. Wir möchten uns auf die obigen Hinweise beschränken, die die schwierige Lage in einigen für unser Land und unsere Selbstbehauptung besonders wichtigen akademischen Berufsgattungen aufzeigen. Was die mittleren und unteren Kader anbelangt, so wurde auf die Entwicklungen, die zu einem rasch zunehmenden Bedarf geführt haben, in unse-

1319 rer Botschaft vom 28. September 1962 (BEI 1962, II, 885) zum neuen Berufsbildungsgesetz näher hingewiesen.

Immerhin sollen die vorstehenden Ausführungen über den Mangel an akademischem Nachwuchs noch durch einen Hinweis auf die Entwicklung der Anzahl Studierender erhärtet werden. Die Gesamtzahl der an den schweizerischen Hochschulen immatrikulierten Studierenden ist vom Wintersemester 1950/51 bis zum Wintersemester 1961/62 von 16501 auf 23384, d.h. um 42 Prozent angestiegen. Im gleichen Zeitraum hat aber z.B. in der Bundesrepublik Deutschland die Zahl der Studierenden an allen wissenschaftlichen Hochschulen zusammen von rund 108000 auf 232000, d.h. um 115 Prozent zugenommen. Für annähernd dieselbe Periode betrug in Schweden die Zunahme 108 und in Österreich 60 Prozent, also ebenfalls weit mehr als in unserem Lande. Berücksichtigt man bei uns nur die Zahl der Studierenden schweizerischer Nationalität, so ergibt sich von 1950/51 bis 1961/62 ein Anstieg von 12 324 auf 15 781, d.h. von 28 Prozent, während die Wohnbevölkerung der Schweiz im gleichen Zeitraum um 18 Prozent zugenommen hat. Auf 100 000 Einwohner der Schweiz entfielen 1950 261 einheimische Studierende; 1961 waren es lediglich 284. Der Anteil des schweizerischen akademischen Nachwuchses an der gesamten Wohnbevölkerung ist demnach nur um 9 Prozent gestiegen. Geht man von der Annahme aus, dass 1950 der Bestand der schweizerischen Studierenden noch dem Bedarf entsprochen habe, so ist der seither verzeichnete prozentuale Zuwachs - obschon höher als derjenige der Bevölkerung - als ungenügend zu bezeichnen, besonders wenn man bedenkt, dass gerade in der heutigen Zeit die Kultur- und Wirtschaftsentwicklung mit ihrem, steigenden Bedarf an Akademikern bedeutend rascher fortschreitet als die Bevölkerungsentwicklung. Noch ungünstiger wird das Bild, wenn die Zahl der schweizerischen Studierenden mit der Bevölkerung im Hochschulalter (20-24 Jahre) verglichen wird. Im Jahre 1950 traf es auf 100 000 Einwohner im Hochschulalter 3523 Studierende, 1961 deren 3656. Der Anteil ist hier also nur um 4 Prozent gestiegen gegenüber 9 Prozent bei der gesamten Bevölkerung. In der Schweiz ist auch die Zahl der weiblichen Studierenden noch als besonders niedrig zu bezeichnen. Im Jahre 1961 belief sich der prozentuale Anteil der Studentinnen - wovon knapp die Hälfte
Ausländerinnen - auf 17,4 Prozent, während der europäische Durchschnitt rund 27 Prozent beträgt.

Schliesslich zeigt die vom Eidgenössischen Statistischen Amt durchgeführte Erhebung von 1959/60 über die Studierenden an den schweizerischen Hochschulen, dass der Anteil der einzelnen Kantone am akademischen Nachwuchs grosse Unterschiede aufweist.

3. Bisherige Massnahmen des Bundes zur Behebung des Nachwuchsmangels Zahlreich sind die Massnahmen, die geeignet erscheinen, dem immer empfindlicher werdenden Mangel an Nachwuchs in fast allen Berufen, akademischen und nicht-akademischen, zu begegnen. Wohl am übersichtlichsten sind sie bisher

1320 in dem bereits erwähnten Schlussbericht des Arbeitsausschusses zur Förderung des wissenschaftlichen und technischen Nachwuchses zusammengefasst worden.

Er enthält eine Eeihe von Empfehlungen, die sich an die Privatwirtschaft, vor allem aber an die kantonalen Behörden und den Bund richten. Grosse Bedeutung wird dabei einem zeitgemässen Ausbau des Stipendienwesens und der Ausbildungsdarlehen unter Mitwirkung des Bundes beigemessen.

Bevor wir auf diese Frage näher eintreten, scheint es jedoch angezeigt zu sein, kurz die Massnahmen in Erinnerung zu rufen, die der Bund schon bisher im Interesse einer vermehrten Nachwuchsförderung ergriffen hat.

Was den akademischen Nachwuchs betrifft, so ist insbesondere auf die Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung hinzuweisen. Mit Botschaft vom 29.Mai 1962 (BEI 1962, I, 1118) haben wir Ihnen beantragt, den jährlichen Bundesbeitrag an die genannte Stiftung von 17 Millionen Franken auf 23 Millionen Franken zu erhöhen.

Die vermehrten Mittel werden es dem Nationalfonds gestatten, den jungen akademischen Nachwuchs noch stärker als bisher zu unterstützen. In den 10 Jahren seiner Tätigkeit (August 1952 bis Ende 196l1) hat der Nationalfonds insgesamt 889 Nachwuchsstipendien an junge Forscher im Gesamtbetrag von 4 427 525 Franken ausgerichtet. Dazu kommt noch die Gewährung von 14 sogenannten «Persönlichen Beiträgen», die dazu dienen, schweizerischen Forschern eine dauernde, jedoch ausschliesslich auf ihre Person ausgerichtete Stellung an einer unserer Hochschulen oder an einer anderen wissenschaftlichen Institution zu verschaffen. Der Nationalfonds legt grössten Wert darauf, dass die Empfänger seines «Persönlichen Beitrages» in den Lehrkörper einer Hochschule oder in den Personalbestand einer wissenschaftlichen Institution eingegliedert werden und am Unterricht teilnehmen, damit sie so in der Lage sind, durch die Leitung der wissenschaftlichen Arbeit jüngerer Kräfte und durch die Vermittlung von theoretischen Kenntnissen in Vorlesungen und Übungen einen Beitrag zur Gewinnung eines guten Nachwuchses zu leisten.

Für die Gewährung von Hochschulstipendien verfügt der Bund - abgesehen von der ETH - nur über sehr beschränkte verfassungsrechtliche Zuständigkeiten.

Was die ETH betrifft, so wurde erstmals 1960 in deren
Voranschlag ein Kredit von 100 000 Franken zur Ausrichtung von Stipendien aufgenommen. Er erfuhr 1962 eine Erhöhung auf 180 000 Franken und soll für 1963 auf 200 000 Franken hinaufgesetzt werden. Dank diesem Kredit und einer Eeihe von Fonds und Stiftungen war die ETH in der Lage, im Studienjahr 1960/61 insgesamt 583 Stipendien an reguläre Studierende und Doktoranden im Gesamtbetrage von rund 450 000 Franken auszurichten. Nicht eingeschlossen in dieser Summe sind Sonderbeihilfen für Exkursionen sowie für Studien- und Praxisaufenthalte, Studienreisen und zur Teilnahme an Fachtagungen. Mit den Stipendien ist in der Eegel der Erlass der Studien- und Fachhörergebühren verbunden. Ausschliesslich ein Studiengelderlass wurde ca. 600 weiteren Studierenden bewilligt. Im Studienjahr 1960/61 gewährte die ETH überdies 48 Darlehen in der Gesamthöhe von rund 130 000 Franken.

1321 Ganz beträchtlich sind sodann die Mittel, die der Bund aufwendet, um die ETH weiter auszubauen, ihre Aufnahmekapazität zu erhöhen und ihre Einrichtungen dem jeweiligen Stand der Forschung anzupassen. Im Hinblick auf den Ausbau der Hochschule wurden einzig im Eahmen der Bundesbeschlüsse vom S.Juni 1959 (BB11959, I, 1572) und vom lO.März 1961 (BEI 1961, I, 624) Kredite von rund 81 Millionen Franken bewilligt. Weitere Ausbauprojekte sind bereits angemeldet. Die Bundeshochschule soll gemäss Ausbauziel rund 6-7000 Studierende, gegenüber 4500 heute, aufnehmen können. Der Bund fördert somit an der ETH nach Kräften nicht nur die wissenschaftliche Forschung, sondern auch den wissenschaftlichen und technischen Nachwuchs.

Was die Förderung des Nachwuchses in den industriellen, gewerblichen und kaufmännischen Berufen, einschliesslich der Techniker, also der mittleren und unteren Kader betrifft, so sei zunächst festgehalten, dass die Aufwendungen des Bundes für das berufliche Bildungswesen 1961 einzig auf Grund des geltenden Berufsbildungsgesetzes den Betrag von rund 26 Millionen Franken erreichten.

Im Kahmen des neuen Gesetzes - wir verweisen auf unsere Botschaft vom 28. September 1962 - sollen die Massnahmen zur Förderung der beruflichen Ausbildung im Interesse einer Intensivierung der Nachwuchspolitik verstärkt werden. Was die Bundesbeiträge betrifft, so ist vor allem vorgesehen, den Kreis der subventionsberechtigten Institutionen und Veranstaltungen zu erweitern. Insbesondere auch für die Berufsberatung und die Neu- und Erweiterungsbauten von Berufsschulen und Techniken wird eine Erhöhung der Beiträge in Aussicht genommen. Von Bedeutung ist in unserem Zusammenhang, dass das Berufsbildungsgesetz schon bisher auch die Grundlage abgab für die Gewährung von Beiträgen an Stipendien für Lehrlinge, an die Teilnehmer von Weiterbildungskursen und an Schüler höherer technischer Lehranstalten, die bis zu 50 Prozent der von dritter Seite (wie Kantone, Gemeinden, Stiftungen, usw.) ausgerichteten Beihilfen gehen können. 1961 erreichten die Stipendienbeiträge des Bundes rund 474 000 Franken. Der Bund hat überdies die Möglichkeit, auch Beiträge an andere Ausbildungsbeihilfen auszurichten, wie z.B. an Reise- und Unterhaltskosten für Lehrlinge, die den obligatorischen Unterricht nicht an ihrem Wohnsitz oder am Ort
der Lehre besuchen können. Die entsprechenden Leistungen des Bundes, die im vorerwähnten Betrag eingeschlossen sind, betrugen im Jahre 1961 ca. 95 000 Franken. Für 1962 ist für die Stipendienbeiträge mit erheblich höheren Aufwendungen zu rechnen.

Schliesslich darf an die bereits erwähnte Einsetzung von zwei Studienkommissionen durch das Departement des Innern erinnert werden, nämlich an die «Kommission für Nachwuchsfragen auf dem Gebiete der Geisteswissenschaften, der medizinischen Berufe und des Lehrerberufes auf der Mittelschulstufe» und an die «Expertenkommission für Fragen der Hochschulförderung». Wenn die Arbeit dieser beiden Gremien auch nicht direkt der Förderung des Nachwuchses dient, so wird sie doch dazu beitragen, die genauen Unterlagen zu beschaffen, auf die sich dann geeignete Massnahmen der Behörden und privater Kreise stützen können.

1322 B. Die Förderung des Nachwuchses durch Stipendien und andere Ausbildungsbeihilîen 1. Allgemeines Wie in den vorausgehenden Darlegungen gezeigt worden ist, besitzt der Bund auf dem Gebiete des Stipendienwesens und anderer Ausbildungsbeihilfen nur beschränkte Kompetenzen. Gerade Stipendien und Studiendarlehen werden nun aber mit Eecht als besonders geeignete Mittel betrachtet, den Nachwuchs zu fördern. Untersuchungen auf gesamtschweizerischer Ebene und in einzelnen Hochschulkantonen haben ergeben, dass der Anteil von Kindern aus Arbeiterkreisen, gemessen an der Gesamtzahl der Studierenden, unverhältnismässig tief ist. Über die soziale Herkunft der schweizerischen Studierenden an unseren Hochschulen ergab die von uns bereits erwähnte im Wintersemester 1959/60 durchgeführte gesamtschweizerische Erhebung, dass 35 Prozent aus Kreisen der Selbständigerwerbenden entstammen, 54 Prozent jenen der Angestellten und nur 6 Prozent dem Arbeiterstand. Dies entspricht keineswegs der beruflichen Gliederung unserer Gesamtbevölkerung, welche 1950 für die Selbständigerwerbenden einen Ansatz von 19 Prozent, für die Angestellten von 30 Prozent und für den Arbeiterstand von 51 Prozent ergab. Es steht demnach fest, dass die Angehörigen der Arbeiterkreise an unseren Hochschulen stark untervertreten sind. Auch Kinder aus dem Gewerbestand, aus bäuerlichem Milieu und vor allem aus der Bergbevölkerung finden sich an unseren höheren'Lehranstalten in zu kleiner Zahl. Zweifellos sind es in vielen Fällen finanzielle Überlegungen, die Eltern aus diesen Kreisen davon abhalten, ihren Kindern eine Mittel- und Hochschulbildung zuteil werden zu lassen. Angesichts der hohen Kosten, die heute ein Studium erfordert - im Schweizerischen Stipendienverzeichnis 1961 werden die Aufwendungen für ein 4-6j ähriges auswärtiges Hochschulstudium im Minimum auf 18 400 - 28 200 Franken veranschlagt -, erscheint diese Feststellung mehr als begründet. Die schon wiederholt genannte Erhebung von 1959/60 ergab, dass bei 73 Prozent der Studierenden aus Kreisen der Selbständigerwerbenden die Eltern ausschliesslich oder überwiegend für die Studienkosten ihrer Kinder aufkommen, während es bei den Studierenden aus dem Angestelltenstand 68 Prozent, dem Bauernstand 43 Prozent und dem Arbeiterstand 28 Prozent sind. Von der Gewährung vermehrter Stipendien und
anderer Ausbildungsbeihilfen, wie insbesondere auch von Studiendarlehen, wird eine Verbesserung der geschilderten Verhältnisse erwartet; denn es liegt auf der Hand, dass der allzu kleine Anteil der finanziell schwächer gestellten Bevölkerungsschichten an der höheren Ausbildung unserem Lande Begabtenreserven vorenthält, auf die es heute mehr denn je angewiesen ist. Aber auch aus sozialen Erwägungen vermag der jetzige Zustand nicht zu befriedigen. In welchem Umfang allerdings unausgeschöpfte Talente tatsächlich vorhanden sind, lässt sich zahlenmässig kaum auch nur annähernd ermitteln. Eingehende Untersuchungen, die z.B. in der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen worden sind, haben ergeben, dass zwischen der Begabung der Kinder und der Sozialschichtung ihrer Eltern ein gewisser Zusam-

1323 menhang besteht. Man wird also die Erwartungen, die man von einem verbesserten Stipendienwesen an die Ausschöpfung der Begabtenreserven in den sozial schwächeren Kreisen unserer Bevölkerung knüpft, auch nicht allzu hoch schrauben dürfen. Dazu kommen neben finanziellen Erwägungen vielfach auch noch andere Gründe, die der Hinwendung von Kindern aus diesen Sozialschichten zu einem höheren Studium entgegenstehen. Jeder rasche Aufstieg über das soziale Niveau einer Familie hinauf erfordert gegenüber dem blossen Beharren in der familiären Sozialtradition eine grosse, zusätzliche Energie, die nicht überall anzutreffen ist. Dazu kommt der vielfache Mangel an Kenntnissen über die Berufe und ihre Anforderungen, der dazu führt - und dies in verstärktem Masse gerade in Zeiten der Hochkonjunktur -, dass der raschen Erreichung einer sicheren und überblickbaren Position in naher Zukunft unter allen Umständen der Vorzug gegeben wird, sodass auf ein lange dauerndes Studium, bis zu dessen Beendigung jedenfalls auch ein Verdienstausfall einzukalkulieren ist, verzichtet wird.

Die vorangehenden Bemerkungen vermögen aber die Berechtigung der Forderung nach einem möglichst grosszügigen Ausbau unseres Stipendienwesens nicht einzuschränken. Es besteht für uns kein Zweifel darüber, dass vermehrte Stipendien vielfach das einzige und jedenfalls ein sehr geeignetes Mittel darstellen, um die in unserem Lande sicher vorhandenen Begabtenreserven noch besser auszuschöpfen und unserer Wirtschaft dienstbar zu machen. Auch im Ausland hat sich gezeigt, dass die Förderung des Nachwuchses auf dem Wege über Stipendien in entscheidendem Masse beeinflusst werden kann.

2. Die Lage in der Schweiz Unser Land verfügt zwar bereits über zahlreiche Stipendienmöglichkeiten.

Das vom Schweizerischen Verband für Berufsberatung und Lehrlingsfürsorge in Zürich 1961 neu herausgegebene Stipendienverzeichnis führt auf Grund eingehender Erhebungen rund 1400 Stipendienquellen an, die für Ausbildungszwecke vorhanden sind. Davon entfallen 1026 auf Kapitalfonds (Stiftungen und Fonds vorwiegend privaten Charakters), von denen meist nur die Zinserträgnisse zur Verfügung stehen, 211 auf periodisch wiederholte Sammelaktionen und 156 auf teils staatliche (eidgenössische, kantonale und kommunale), teils private Kredite, die in der Eegel nach Bedarf festgesetzt
werden. Der Aufsicht des Bundes unterstehen 41 private Stiftungen, deren Mittel ausschliesslich oder zum Teil der Ausrichtung von Stipendien dienen.

Die grosse Zahl der Stipendienquellen hat nun allerdings dazu geführt, dass die Übersichtlichkeit über die bestehenden Institutionen vielfach verloren gegangen ist, sodass es wohl nicht auf einem Zufall beruht, dass einerseits über mangelnde Mittel geklagt wird, andererseits aber bestehende Möglichkeiten für Ausbildungsbeihilfen nicht oder nicht voll ausgenützt werden. Es ist zu hoffen, dass dank dem erwähnten neuen Stipendienverzeichnis und dem Ausbau der Berufsberatung, die im Eahmen des neuen Berufsbildungsgesetzes vermehrt ge-

1324 fördert werden soll, eine fühlbare Besserung dieser wenig erfreulichen Situation eintritt. Nachteilig wirkt sich sodann der Umstand aus, dass manche Stipendieneinrichtungen nur bescheidene Mittel besitzen, sodass die bewilligten Beiträge offensichtlich ungenügend sind und daher keine substantielle Hilfe darstellen.

In nicht wenigen Fällen ist auch der berechtigte Bezügerkreis stark eingeengt oder die Möglichkeit von Ausbildungsbeihilfen auf sehr begrenzte Berufs- oder Studienrichtungen beschränkt, sodass solche Stipendienquellen nur über einen schmalen Wirkungskreis verfügen. Verschiedentlich wurde daher schon angeregt, es sollten bestehende Fonds oder Stipendienstiftungen miteinander verschmolzen werden, doch erweist sich ein solches Vorgehen vielfach schon angesichts der stiftungsrechtlichen Bestimmungen des Zivilgesetzbuches nicht als möglich. Es wäre aber auch zu befürchten, dass Massnahmen in dieser Eichtung die Bereitschaft zur Errichtung neuer Stiftungen stark beeinträchtigen würden.

Immerhin verhält es sich keineswegs so, dass in unserem Lande wirklich bedeutende Mittel für Stipendienzwecke brach liegen.

Schon von den bestehenden Stipendienquellen geht eine segensreiche Wirkung aus. In den vergangenen Jahren haben sich die Stipendienmöglichkeiten sodann bedeutend verbessert. Zahlreiche private Stipendienstiftungen sind errichtet worden. Vor allem haben aber auch die Kantone ihr Stipendienweson ausgebaut. Der Inhalt des Stipendienbegriffes hat sich gewandelt, indem immer deutlicher das Moment einer Bildungsinvestition in den Vordergrund rückt, während früher den Stipendienleistungen vielfach der Charakter eines Almosens anhaftete. Dementsprechend wird das Stipendienwesen auch immer mehr zu einer Aufgabe der öffentlichen Hand. Zahlreiche Kantone sind daher in den letzten Jahren zu einer Eevision ihrer Stipendiengesetze geschritten oder nehmen eine solche für die nächste Zeit in Aussicht. Die Stipendienansätze wurden zum Teil wesentlich erhöht und die Beihilfen auf weitere Bezügerkreise ausgedehnt.

Am Grundsatz der Verbindung eines Leistungs- und Sozialstipendiums - wie er in unserem Lande seit jeher praktiziert wurde und der seine volle Berechtigung hat - ist allerdings überall festgehalten worden, d.h. es sollen stets nur begabte und charakterlich einwandfreie Anwärter, deren
Angehörigen die Finanzierung eines Studiums ganz oder teilweise nicht zumutbar ist, in den Genuss staatlicher Stipendien kommen. Dabei zeichnet sich auch die erfreuliche Tendenz ab, das Stipendienwesen immer mehr auf eine Vertrauensbasis zu stellen, indem man auf eingehende Nachprüfungen verzichtet und vom Stipendienbewerber einfach erwartet, dass er keine falschen Angaben macht. Statt ausschliesslich auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse einer Familie abzustellen, werden bei der Prüfung von Gesuchen in stets zunehmendem Masse die gesamten Familienverhältnisse mitberücksichtigt.

Dennoch steht fest, dass in manchen Gebieten unseres Landes das Stipendienwesen nicht den Ausbau erfahren hat, wie er im Interesse einer vermehrten Erfassung unserer Begabtenreserven läge. Nicht alle Kantone sehen sich in der Lage, ausreichende Stipendienregelungen zu treffen; darunter fallen zum Teil gerade jene, in denen das grösste Reservoir unausgenützter Talente vermutet

1325 werden darf. Es ist daher verständlich, dass in den letzten Jahren in unserer Öffentlichkeit immer nachdrücklicher eine Mithilfe des Bundes bei der Verbesserung der Studienbeihilfen unter gesamtschweizerischen Aspekten verlangt worden ist.

Bereits der Schlussbericht des Arbeitsausschusses zur Förderung des wissenschaftlichen und technischen Nachwuchses enthält die an den Bund gerichtete Empfehlung, bei aller Wahrung der Hoheit der Kantone im Bereiche des Stipendienwesens doch «gezielte Beihilfen an finanzschwache Land- und Bergkantone» in Aussicht zu nehmen, um die Nachwuchsförderung auch in diesen Gebieten zu verstärken.

Die Frage einer Beteiligung des Bundes an einer gesamtschweizerischen Lösung der Stipendienfrage bildete sodann auch immer wieder Gegenstand von Vorstössen in den eidgenössischen Bäten. Schon 1952 hatte der Nationalrat ein Postulat (Nr. 6094, Postulat Grütter) angenommen, durch das der Bundesrat eingeladen wurde, zu prüfen, was vom Bunde aus unternommen werden könne, um begabten Kindern aus wirtschaftlich schwächeren Volkskreisen ein akademisches Studium zu ermöglichen. In neuester Zeit haben sich die Vorstösse in dieser Eichtung gehäuft. Wir erwähnen die folgenden Postulate des Nationalrates : - Postulat Nr. 7613 vom 11. Juni 1958 (Postulat Eeimann) betreffend Stipendienwesen; - Postulat Nr.7498 vom 11. Juni 1958 (Postulat Scherrer) betreffend Stipendien für berufliche Ausbildung; - Postulat Nr. 7503 vom 11. Juni 1958 (Postulat Schütz) betreffend Förderung des Techniker-Nachwuchses ; - Postulat Nr. 7530 vom 4. März 1959 (Postulat Borei Georges) betreffend Unentgeltlichkeit des höheren Unterrichts ; - Postulat Nr. 7857 vom 28. Juni 1960 (Postulat Frei) betreffend Förderung des wissenschaftlichen und technischen Nachwuchses; - Postulat zu Nr. 8109 vom 9. März 1961 (Postulat der Kommission für Stipendien an ausländische Studierende in der Schweiz) betreffend Förderung des einheimischen technischen und wissenschaftlichen Nachwuchses ; - Postulat Nr. 8195 vom 21. Dezember 1961 (umgewandelte Motion Borei Alfred) betreffend Schaffung von Stipendien ; - Postulat Nr. 8292 vom 21. Dezember 1961 (umgewandelte Motion Graber) betreffend Eecht auf Bildung.

Zu den beiden zuletzt genannten Vorstössen ist zu bemerken, dass sich der Inhalt des Postulates Nr. 8195 weitgehend mit den
«Richtlinien zur Neuordnung der Studienbeihilfen für den akademischen und technischen Nachwuchs» deckt, die durch die Gesellschaft Schweizer Akademiker im August 1961 eingereicht worden sind und nachstehend unter Ziffer 3, Buchstabe c besprochen werden sollen. Das Postulat Nr. 8292 zielt auf die verfassungsmässige Verankerung eines umfassenden Eechtes auf Bildung ab, wobei der Ausbau des Stipendienwesens einen wichtigen Punkt im Rahmen des Gesamtprogrammes zu bilden hätte.

1326 Die grosse Anteilnahme unserer Öffentlichkeit an einem zeitgemässen Ausbau des Stipendienwesens hat sodann ihren Niederschlag insbesondere auch in verschiedenen wohldokumentierten Eingaben gefunden, die von Kreisen, die an einer Lösung dieses Problems direkt interessiert sind, unserer Behörde oder dem Departement des Innern zugingen. Sie enthalten durchwegs konkrete Vorschläge zur Eegelung des Studienbeihilfewesens unter Mitwirkung des Bundes.

Es sei auf diese Eingaben im folgenden kurz eingegangen.

3. Vorschläge für Massnahrnen des Bundes a. Mitte Dezember 1960 reichte die Gesellschaft Schweizer Akademiker (GESA) ein zusammen mit dem Schweizerischen Verband der Akademikerinnen ausgearbeitetes Projekt für eine vom Bund zu schaffende und zu finanzierende Schweizerische Darlehenskasse für Studierende ein. Diese Kasse soll jedem Studenten und jeder Studentin offen stehen, ohne Eücksicht auf deren finanzielle Verhältnisse. Sie hat ohne Sicherheitserfordernis den Studierenden zur Deckung der Studienauslagen und der Lebenskosten sowie weiterer Auslagen (Dissertation, Berufsausstattung) ein Darlehen zu langfristigen Rückzahlungsbedingungen zu gewähren. Auch ausländische Studierende sollten unter gewissen einschränkenden Bedingungen Berücksichtigung finden. Die Bezugsberechtigung würde mit der ersten Immatrikulation beginnen und höchstens acht, für Dissertations- und Berufsausstattungskosten längstens zehn Jahre dauern. Voraussetzung für die Darlehensgewährung wäre lediglich eine von der Aufsichtskommission generell festzusetzende minimale Studienleistung.

Die Höhe der Darlehen soll in der Regel 4000 Franken im Jahr und darf gesamthaft 15 000 Franken nicht übersteigen. Die Rückzahlung muss spätestens 20 Jahre nach Erlöschen der Bezugsberechtigung beendet sein, wobei für die ersten fünf Jahre kein Zins, nachher ein solcher von l bzw. 2 % Prozent berechnet wird.

Für den jährlichen Finanzbedarf der Darlehenskasse wurden verschiedene Varianten berechnet. Bei jeder Variante steigt der jährlich durch den Bund zu deckende Ausgabenüberschuss mit der Zeit an. Er erreicht etwa im 13. oder 14. Tätigkeitsjahr der Kasse das Maximum, um dann, mit dem stärkeren Einsetzen der Rückzahlungen, wieder kleiner zu werden. Bei der von den Initianten befürworteten Variante wäre im ersten Jahr mit einem Finanzbedarf von ca.
2,1 Millionen Franken zu rechnen. Er erhöht sich dann bis zu einem Maximalbetrag von rund 10 Millionen Franken, um sich dann im Endstadium auf etwa 1,1 Millionen Franken zu stabilisieren.

Für die Darlehenskasse wird die Form einer Stiftung vorgeschlagen. Als Organe sind vorgesehen: ein Stiftungsrat (als oberste Behörde), eine Aufsichtskommission (als Exekutivorgan) und Lokalkommissionen, die die Darlehensgewährungen nach den Richtlinien der oberen Organe vorzunehmen hätten.

In der vorgeschlagenen Darlehenskasse erblicken die Initianten gewissermassen das «Dach» zu den bestehenden zersplitterten und lückenhaften Stipendienordnungen. Das wesentliche an diesem «Dach» sei die Gewissheit eines Dar-

1327 lehensbezuges. Ihr komme vor allem in dem Zeitpunkt eine grosse Bedeutung zu, in dem die eigentliche Entscheidung für den akademischen Bildungsgang eines Kindes fällt, nämlich beim Eintritt in eine Mittelschule. Nach der Schaffung einer Schweizerischen Darlehenskasse wüssten die Eltern, dass beim Versagen anderer Studienbeihilfen immer noch diese Institution zur Verfügung stehe. Mit Eücksicht auf die absolute, wenn auch mit Eückzahlungspflichten verbundene Sicherung der Studienfinanzierung werde inskünftig kein fähiger Schweizer mehr behaupten können, aus finanziellen Gründen vom Besuch einer Hochschule ausgeschlossen zu sein.

Die Befürworter einer Darlehenskasse geben sich zwar durchaus davon Eechenschaft, dass grundsätzlich Stipendien - also à fonds perdu Beiträge zur Studienfinanzierung - den Darlehen an sich vorzuziehen sind, da nach Möglichkeit vermieden werden sollte, junge Akademiker mit einer Schuldenlast ins Leben ziehen zu lassen. Angesichts der noch bestehenden Lücken im Stipendienwesen erscheine es aber doch als nützlich, als Eückhalt eine Darlehenskasse zur Verfügung zu halten, die es ermöglicht, die Finanzierung eines Studiums sicherzustellen. Für die Schaffung einer Darlehenskasse dränge sich eine eidgenössische Eegelung auf, weil nur auf diesem Wege mit einer raschen Verwirklichung des Projektes gerechnet werden könne.

b. Eine im März 1961 an den Bundesrat gerichtete «Denkschrift des Verbandes der Schweizerischen Studentenschaften (VSS), mit dem Ziel, den Besuch höherer Schulen und die berufliche Ausbildung zu fördern» befürwortet als Doppelvorschlag einerseits die Schaffung einer Darlehenskasse im Sinne des GESA-Projektes (vgl. vorstehenden Buchstaben a) und andererseits umfassende Beitragsleistungen des Bundes an kantonale Stipendien. Zu diesem Zwecke wird eine Eevision von Artikel 27 der Bundesverfassung angestrebt.

Schon in früheren Jahren hatte sich der VSS um eine Stipendienregelung auf gesamtschweizerischer Ebene bemüht. So war er 1949/50 der Verfasser eines Projektes, das die Errichtung eines schweizerischen Stipendien- und Darlehensfonds zum Gegenstand hatte. Dieser Fonds sollte zusätzlich zu den bestehenden privaten und öffentlichen Stipendienquellen als privatrechtliche Stiftung zugunsten von Studierenden und in beschränktem Umfange auch von Mittelschülern errichtet
und mit jährlichen Betriebsmitteln von vorläufig 1,2 Millionen Franken dotiert werden, an die 68 Prozent die Kantone, 17 Prozent der Bund und 15 Prozent die Studierenden aufzubringen hätten. Die Beteiligung der Kantone war im Eahmen eines Konkordates vorgesehen. Die Zuteilung der Stipendien und Darlehen sollte unter der Aufsicht einer zentralen Stipendienkommission durch die einzelnen Hochschulen erfolgen. Da sich jedoch in der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren Widerstände gegen das Projekt geltend machten, weil es als zu zentralistisch empfunden wurde, konnte es nicht weiter verfolgt werden.

Ein gewisses Aufsehen erregten sodann 1957 Diskussionen im VSS um die Einführung einer sogenannten «umgekehrten AHV». Die Idee drehte sich um die Ausschüttung gleich hoher monatlicher Unterhaltsbeiträge an sämtliche Stu-

1328 dierende während der Dauer ihres Studiums. Zur Finanzierung dieser Unterstützung hätte jeder im Erwerbsleben stehende Akademiker einen gewissen Prozentsatz seines Einkommens an die Unterstützungskasse abzuliefern. Ob-, wohl der Gedanke im ersten Augenblick etwas Bestechendes hatte, stiess er doch bald auf schwerwiegende Bedenken. Schon aus finanziellen Gründen wäre ein solches Projekt undurchführbar gewesen. Auch trägt eine Beihilferegelung, die die Selbstverantwortung des Einzelnen und die Verantwortung der Familie ausser acht lässt, unseren Gegebenheiten zu wenig Eechnung. Der VSS sah sich daher veranlasst, von der Idee einer «umgekehrten AHV» wieder Abstand zu nehmen.

Das nun heute vorhegende Projekt will bei gegebener wirtschaftlicher Lage und vorbehaltlich genügender intellektueller Fähigkeiten einen Anspruch auf ein Stipendium ausdrücklich gewährleistet wissen. Das Gesuchsverfahren soll ersetzt werden durch eine automatische behördliche Prüfung der ökonomischen Situation der Familie jedes Jugendlichen schon im Zeitpunkt der ersten Entscheidung über seinen weiteren Bildungsweg, also schon etwa im 12.Lebensjahr.

Sobald die zuständige Behörde auf Grund dieser ersten Prüfung feststellt, dass eine Stipendiengewährung möglich ist, lädt sie von Amtes wegen das Familienoberhaupt und den Schüler ein, erläutert ihnen das Stipendiensystem, erkundigt sich nach dem vorgesehenen Bildungsweg und errechnet den Betrag des Stipendiums. Seine Höhe bestimmt sich nach einem Schlüssel, der Familieneinkommen und Familienlasten berücksichtigt. Weder Stipendienmaxima noch -minima sollen vorgeschrieben werden, damit das ganze System möglichst flexibel bleibt.

Eltern und Schüler sind bei jeder Gelegenheit auf die Möglichkeiten von Stipendien aufmerksam zu machen, sodass deren Gewährung für die Allgemeinheit zunehmend zu einer Selbstverständlichkeit wird. Kantonale Stipendienkammern haben das Vorgehen zur Einführung des Systems auszuarbeiten und speziell auch den oben erwähnten Schlüssel für die Festsetzung der Stipendienhöhe vorzuschlagen. Der Kanton gewährleistet die Anwendung des durch die kantonale Stipendienkammer festgesetzten Schlüssels und lädt die Gemeinden zum Beitritt zu diesem Stipendiensystem ein.

Der Bund sichert eine finanzielle Unterstützung den Kantonen zu, die im vorerwähnten Rahmen gesetzgeberisch
tätig werden. Er setzt einen Minimalschlüssel fest, von dem an die Kantone in den Genuss der Bundesunterstützung gelangen. Der Bundesbeitrag erhöht sich, wenn der Kanton seine Stipendienordnung über das vorgesehene Maas hinaus verbessert und ihm dadurch ein grösserer finanzieller Aufwand entsteht.

Über die finanziellen Auswirkungen des Projektes hegen keine eingehenderen Berechnungen vor.

Einen der Wesenszüge dieses Projektes stellt automatische Prüfung dar. In ihr erblicken die Initianten das Mittel, um das Eecht auf ein Stipendium zu garantieren. Die Eegelung hat sodann zur Folge, dass das nach Ansicht der Projektverfasser immer mit einem etwas unangenehmen Beigeschmack behaftete individuelle Gesuchsverfahren um Gewährung einer Studienbeihilfe überflüssig

1329 wird. Zu erwähnen ist schliesslich, dass keine Abstufung der vorgesehenen Bundesbeiträge an die kantonalen Stipendienaufwendungen nach Massgabe der Finanzkraft der Kantone vorgesehen ist.

c. Im August 1961 ergänzten die GESA und der Schweizerische Verband der Akademikerinnen, diesmal auch noch zusammen mit verschiedenen lokalen Studentenschaften, die sich vom Projekt des VSS (vgl. vorstehend Buchstabe fe) wegen dessen - nach ihrer Auffassung - zu etatistischen Charakters distanziert hatten, und mit dem Schweizerischen Studentenverein und dem Schweizerischen Freisinnigen Studentenverband in Form von Bichtlinien zur Neuordnung der Studienbeihilfen für den akademischen und technischen Nachwuchs ihre frühere Eingabe vom Dezember 1960 (vgl. vorstehend Buchstabe a). Der Inhalt dieser Bichtlinien lässt sich wie folgt zusammenfassen : - Es sollte vorwiegend Aufgabe des Bundes sein, neben den bereits bestehenden kantonalen und kommunalen Stipendienordnungen, die Nachwuchsförderung durch entsprechende finanzielle Massnahmen zu ergänzen. Am wirksamsten scheint in diesem Sinne die Form einer ausgleichenden Bückerstattung kantonaler Stipendienleistungen durch den Bund, jedoch unter möglichst weitgehender Wahrung der kantonalen Souveränität. - Das System einer schlüsselmässigen Bückerstattung könnte sowohl die Zahl wie die Höhe der Stipendien vermehren und dies vornehmlich in Kantonen, welche heute, angesichts ihrer reduzierten Finanzkraft, noch nicht in der Lage sind, ihren akademischen und technischen Nachwuchs genügend zu fördern. - Die Bückerstattung an die Kantone erfolgt auf Grund der jährlichen Abrechnung über die zugunsten der Förderung des akademischen und technischen Nachwuchses erbrachten totalen Stipendienleistungen. Die Höhe der Bückerstattung richtet sich nach einem festzulegenden Schlüssel. Als rückerstattungsberechtigte Stipendienleistungen gelten Beiträge, welche zur Deckung der Studien- und Lebenskosten eines an einer anerkannten schweizerischen oder ausländischen Hochschule oder einem Technikum Studierenden dienen. Vorausgesetzt bleibt dabei, dass solche Beiträge nur Schweizern oder Schweizerinnen zugesprochen werden, welche die notwendigen Studienvoraussetzungen mit sich bringen und die selbst, oder deren Eltern, die volle Finanzierung des Studiums nicht tragen können. - Besonders zu
beachten bleibt, dass solche Beiträge mit keinerlei Auflagen, weder bezüglich Studienort, Studienrichtung oder Studienwahl, noch mit eigentlichen Bückzahlungsverpflichtungen oder anderen Bedingungen verknüpft werden, die sich nicht besonders aus dem Studium ergeben.

- Um Studenten, welche zwar nicht unter die obgenannte Form der Stipendienberechtigten fallen, denen aber die Finanzierung eines Studiums trotz Befähigung aus anderweitigen Gründen nicht möglich ist, trotzdem eine technische oder akademische Bildung zu gestatten, ist eine Schweizerische Darlehenskasse für Studierende als Gewähr für eine Studienbeihilfe zu errichten. Eine solche Darlehenskasse auf Bundesebene besitzt zudem den Vorteil einer raschen Bealisierbarkeit, ein Vorteil, welcher sich speziell zugunsten von StuBundesblatt. 114. Jahrg. Bd. II.

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1330 dierenden aus Kantonen mit vorderhand noch ungenügenden Studienbeihilfen auswirken wird.

- Weitere Massnahmen der indirekten Förderung des akademischen und technischen Nachwuchses, namentlich Steuererleichterungen sind anzustreben.

- Der Bund sollte auch Massnahmen für eine Hochbegabtenförderung unter den Studierenden durch Errichtung oder Unterstützung einer Stiftung für Hochbegabtenförderung in Aussicht nehmen.

d. Schliesslich regte die Stiftung Pro Juventute in einer Eingabe vom September 1961 den Erlass eines Bundesbeschlusses zur Errichtung eines ausschliesslich mit Bundesmitteln dotierten Stipendien-Ausgleichsfonds an. Einem solchen Fonds fiele die Aufgabe zu, die bestehenden Stipendieninstitutionen zu ergänzen.

Aus seinen Mitteln wären subsidiär d.h. unter Berücksichtigung der privaten, kommunalen und kantonalen Stipendienmöglichkeiten und im Sinne eines Ausgleiches bei ungenügendem Angebot der übrigen Quellen Stipendien und Darlehen zu gewähren. Dabei sollte die Aus- und Weiterbildung der Jugendlichen auf allen Stufen (Sekundärschulen, Mittelschulen, Fachschulen, Seminarien, Hochschulen) gefördert werden können. Für die Verwaltung des Fonds wäre eine Kommission zu bestellen, die sich Pro Juventute aus Vertretern des Bundes, der Kantone, der Hochschulen, des Schweizerischen Nationalfonds, des Schweizerischen Verbandes für Berufsberatung und Lehrlingsfürsorge und der Pro Juventute selbst zusammengesetzt denkt. Ihr obläge die Aufstellung der Grundsätze für die Festsetzung der Beihilfen. Die Behandlung der Gesuche und die Verteilung der Mittel im einzelnen wäre zwei Geschäftsstellen, nämlich für die Studierenden dem Nationalfonds und für alle übrigen Berufe der Pro Juventute zu übertragen.

4. Die Prüfung der verschiedenen Vorschläge Im Bestreben, angesichts der erwähnten parlamentarischen Vorstösse und der eingereichten konkreten Vorschläge die Frage einer Mitwirkung des Bundes bei einer umfassenden und grosszügigen Eegelung der Studienbeihilfen einer baldigen aber auch rechtlich einwandfreien Lösung entgegenzuführen, sah sich das Departement des Innern veranlasst, vorerst das Problem der verfassungsrechtlichen Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiete des Stipendienwesens in allen Einzelheiten abzuklären. Sowohl das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement, wie auch der Basler
Staatsrechtslehrer Herr Prof. Dr. Max Imboden, der vom Departement des Innern um ein Eechtsgutachten über diese Frage ersucht wurde, kamen zum Schluss, dass der Bund auf Grund der geltenden Verfassung keine umfassende Kompetenz zur Eegelung oder Ausrichtung von Studienbeiträgen (Stipendien oder Darlehen) habe. Hingegen geht die Auffassung von Prof.Imboden dahin, dass der Bund auf diesem Gebiete immerhin eine Eeihe bedeutsamer Teilbefugnisse besitze. Unbestritten sei, dass der Bund Studenten an der ETH Stipendien oder Darlehen gewähren könne. Auch für die Ausrichutng von Ausbildungsbeihilfen, wie sie das Berufsbildungsgesetz ordnet,

1331 finde sich in unserer Verfassung (Artikel 34ter, Absatz l, Buchstabe g) eine klare Eechtsgrundlage. Prof.Imboden vertritt die Auffassung, dass darüber hinaus, gestützt auf diesen Verfassungsartikel, der Bund befugt sei, auch Studierenden verschiedener Studienrichtungen persönliche Unterstützungen zukommen zu lassen. Als solche Studienrichtungen erwähnt das Gutachten z. B. die technischen Berufe, sofern diese nicht, wie in der Eegel die Architekten, in der Stellung eines Freierwerbenden ausgeübt werden. Ferner fallen darunter insbesondere auch die Studierenden, die als Hauptfach Physik oder Chemie gewählt haben.

Auf Grund des Gutachtens von Prof. Imboden und nachdem sich die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren anlässlich einer Arbeitstagung grundsätzlich zugunsten der Schaffung einer Schweizerischen Darlehenskasse im Sinne des GESA-Projektes ausgesprochen hatte, gelangte das Departement des Innern mit Kundschreiben vom 9. Juni 1961 an die Kantonsregierungen und an die Spitzenverbände der Wirtschaft, um deren Stellungnahme zu diesem Projekt zu erfahren.

Das Kreisschreiben wurde aber gleichzeitig über das GESA-Projekt hinaus noch auf weitere Fragen prinzipieller Natur ausgedehnt. Insbesondere ersuchte das Departement des Innern die konsultierten Stellen, sich zu dem in der Motion Borei enthaltenen Vorschlag auf Gewährung von Beiträgen des Bundes an kantonale Stipendien zu äussern und ferner ihre Meinung zum Problem eines neuen Verfassungsartikels bekanntzugeben, durch den eine klare Kompetenz des Bundes zur Legiferierung auf dem Gebiete der Studienbeihilfen geschaffen würde.

Da sich nach dem Gutachten von Prof. Imboden die Errichtung einer umfassenden Schweizerischen Darlehenskasse ohne finanzielle Beteiligung der Kantone verfassungsrechtlich als unmöglich erwies, wurden diese eingeladen, sich auch zur Frage einer finanziellen Beteiligung an der Verwirklichung des GESA-Pro^ jektes zu äussern. Schliesslich ersuchte das Departement des Innern die Kantonsregierungen und Spitzen verbände der Wirtschaft, zum Problem .der Verankerung eines umfassenden Eechtes auf Bildung in der Verfassung Stellung zu nehmen.

Die Umfrage, deren Eesultate im Oktober 1961 vorlagen, hat wohl eine weitgehende Übereinstimmung hinsichtlich der grundsätzlichen Beurteilung der heutigen Lage ergeben. In Einzelfragen
gingen die Meinungen jedoch noch recht stark auseinander.

: Die Kantone und wirtschaftlichen Spitzenverbände wiesen durchwegs darauf hin, dass eine ausreichende Förderung des wissenschaftlichen und technir sehen Nachwuchses zu den vordringlichsten Aufgaben in unserem Lande zähle und dass neue Mittel und Wege gefunden werden müssten, um für begabte junge Leute aus allen Kreisen und Landesgegenden eine ausreichende Ausbildung sicherzustellen.

Als gute Lösung wurde mehrheitlich vor allem eine Förderung der kanto^ nalen Bestrebungen auf dem Gebiete des Stipendienwesens durch Beiträge des Bundes angesehen und in Ergänzung dazu die Schaffung einer Schweizerischen Darlehenskasse, wobei sich eine kleine Mehrheit der Kantone auch bereit er r

1332 klärte, sich finanziell an einer solchen Institution zu beteiligen. Der Gedanke der Verankerung eines umfassenden Eechtes auf Bildung im Sinne der Motion Graber stiess hingegen fast überall auf Widerstände, da von seiner Verwirklichung allzu grosse Eingriffe des Bundes in die Schulhoheit der Kantone befürchtet werden.

Angesicht der divergierenden Meinungen sah sich das Departement des Innern veranlasst, die Stipendienkommission der Erziehungsdirektorenkonferenz, die Spitzenverbände der Wirtschaft, die Institutionen, welche Projekte ausgearbeitet hatten, sowie die interessierten Verwaltungsstellen des Bundes zu einer Konferenz einzuberufen, um das weitere Vorgehen zu besprechen und einer Lösung der sich stellenden Probleme näher zu kommen. Diese Konferenz fand am 23. November 1961 statt.

Im Verlaufe der Aussprache wurde kein Zweifel darüber gelassen, dass der Bund vorerst die ihm auf dem Gebiete der Ausbildungsbeihilfen unbestritten zustehenden Kompetenzen in vollem Umfang ausschöpfen sollte.

Im weiteren ergab die Diskussion eine ziemlich einhellige Zustimmung zum GESA-Projekt auf Schaffung einer Schweizerischen Darlehenskasse für Studierende durch den Bund. Ferner herrschte die Meinung vor, dass Beitragsleistungen des Bundes an kantonale Ausbildungsbeihilfen - wobei jedoch selbstverständlich die Finanzkraft der Kantone angemessen zu berücksichtigen wäre - zu einer wesentlichen Verbesserung der Stipendienleistungen gerade in jenen Gegenden führen könnte, in denen un ausgeschöpfte Begabtenreserven noch in grösserer Zahl vermutet werden dürfen.

Dabei stellte sich aber sogleich das verfassungsrechtliche Problem. An der Konferenz wurde zwar von einzelnen Teilnehmern darauf hingewiesen, dass auf Grund ungeschriebenen Verfassungsrechtes der Bund zuständig sei, auf diesem Gebiete zu legiferieren, in gleicher Weise wie er es ja bereits in verschiedenen Bereichen der Förderung von Kunst und Wissenschaft tue. Dabei wurde aber übersehen, dass diese Massnahmen in keiner Weise in kantonale Hoheitsrechte eingreifen, da sie völlig unabhängig von irgendwelchen kantonalen Ordnungen erfolgen und diese auch in keiner Weise beeinflussen. Auf dem Gebiete der Stipendien kann jedoch der Bund nicht unabhängig von den bestehenden und zu treffenden kantonalen Lösungen vorgehen. Das angestrebte Eesultat setzt die
Zusammenarbeit von Bund und Kantonen voraus.

Im wesentlichen ergab deshalb die Aussprache, dass ein wirklicher Fortschritt nur erreicht werden kann nach erfolgter Schaffung einer besonderen Verfassungsgrundlage, die eine klare und umfassende Kompetenz für die Gewährung von Ausbildungsbeihilfen durch den Bund begründet. Eine Hilfe nur zugunsten einzelner bestimmter Studienrichtungen, wie sie Prof.Imboden in seinem Gutachten aufgezeigt hat, vermöchte nicht zu befriedigen. Auch für Sofortmassnahmen des Bundes, wie sie etwa die Stiftung Pro Juventute vorschlug (Bereitstellung eines grösseren Kredites für Stipendien), oder für die unverzügliche Schaffung einer Darlehenskasse durch den Bund, wäre eine klare Kompetenznorm in der Verfassung unerlässlich.

1333 Im Zusammenhang mit der Beantwortung der Motionen der Herren Nationalräte Alfred Borei und Pierre Graber am 21. Dezember 1961 hat deshalb der Bundesrat, gestützt auf diese Sachlage, seine Bereitschaft bekundet, zur Ausarbeitung eines Verfassungsartikels zu schreiten, der dem Bunde das Eecht geben sollte, unter möglichster Wahrung der kantonalen Schulhoheit die Ausbildung durch Stipendien und andere Beihilfen zu fördern. Das Departement des Innern wurde mit den weiteren Vorarbeiten beauftragt.

C. Der Entwurf zu einem Verîassungsartikel über Stipendien und andere Ausbildungsbeihilfen 1. Der Wortlaut des Entwurfes a. Der vom Departement des Innern ausgearbeitete Vorentwurf zu einem Verfassungsartikel 27luater über Stipendien und andere Ausbildungsbeihilfen hatte folgenden Wortlaut : Art. STaiat" Der Bund kann den Kantonen Beiträge gewähren an ihre Aufwendungen für Stipendien und andere Ausbüdungsbeihilfen.

Er kann ferner, in Ergänzung kantonaler Kegelungen, selber Massnahmen ergreifen oder unterstützen, die eine Förderuns der Ausbildung durch Stipendien und andere Ausbildungsbeihilfen bezwecken.

Die Ausfuhrungsbestimmungen sind in der Form von Bundesgesetzen oder allgemeinverbindlichen Bundesbeschlüssen zu erlassen. Die Kantone sind vorgängig anzuhören.

Dieser Vorentwurf wurde mit Ermächtigung unserer Behörde am 26. April 1962 folgenden Stellen zur Vernehmlassung unterbreitet: - sämtlichen Kantonsregierungen, - den politischen Parteien, - den Spitzenverbänden der Wirtschaft, - dem Verband der Schweizerischen Studentenschaften, - der Stipendien-Koordinationsgruppe der Studentenschaften, - der Gesellschaft Schweizer Akademiker, - dem schweizerischen Verband der Akademikerinnen, - dem Schweizerischen Lehrerverein, - der Stiftung Pro Juventute, - dem Schweizerischen Verband für Berufsberatung und Lehrlingsfürsorge, - dem Auslandschweizersekretariat der Neuen Helvetischen Gesellschaft, -- der Schweizerischen Vereinigung für Rechtsstaat und Individualrechte.

Die Zahl der Empfänger des Vorentwurfes belief sich auf insgesamt 52.

In einem begleitenden Kreisschreiben führte das Departement des Innern insbesondere folgendes aus : «Bei der Redigierung des Verfassungsartikels legten wir Gewicht auf eine einfache aber umfassende Formulierung, die alle seitens des Bundes in Erwägung zu ziehenden Massnahmen zu decken vermag. Der Entwurf erwähnt in Absatz l insbesondere die im Vordergrund stehende Möglichkeit einer finanziellen Beteiligung der Eidgenossenschaft

1334 an kantonalen Aufwendungen für Stipendien und andere Ausbildungsbeihilfen. Über eine Mitwirkung an kantonalen Vorkehren hinaus soll der Bund aber auch als zuständig erklärt werden - und diesem Zweck dient Absatz 2 des Entwurfes - selber Massnahmen zu ergreifen oder zu unterstützen, die eine Förderung der Ausbildung durch Stipendien und andere Beihilfen bezwecken. Hier ist vor allem etwa zu denken an die Schaffung einer eidgenössischen, vollständig oder teilweise zulasten des Bundes gehenden Darlehenskasse für Ausbildungsbeihüfen, an besondere Massnahmen zur Förderung von Hochbegabten, an die Gewährung von Ausbildungsbeihilfen des Bundes zugunsten von Auslandschweizern und an die Ausrichtung von Beiträgen an gemeinnützige Institutionen (wie vor allem Stiftungen), die eine Förderung der Ausbildung durch Gewährung von Stipendien oder auf ariderem Wege vorsehen. Wir erachten es jedenfalls als absolut notwendig, eine Kompetenznorm zu schaffen, welche den Bund in seiner Bewegungsfreiheit wenigstens verfassungsrechtlich möglichst nicht behindert. Es wird dann in erster Linie Aufgabe der Ausführungsgesetzgebung sein, die finanziell und politisch tragbaren Lösungen zu finden. Der vorgeschlagene Verfassungsartikel geht dennoch nicht zu weit. Vor allem wahrt er das föderalistische Prinzip. Die Verantwortung für die Regelung der Ausbildungsbeiträge bleibt bei den Kantonen. Der Bund kann lediglich die von den Kantonen geschaffenen Einrichtungen subventionieren. Die eigenen Massnahmen des Bundes beschränken sich auf die Ergänzung der kantonalen Begelungen durch Lösungen, welche die Kantone selber nicht treffen können.

Der vorhegende Entwurf entspricht im wesentlichen einer Fassung, die wir Herrn Prof. Dr. Hans Huber (Bern) und Herrn Prof. Dr. Max Imboden (Basel) zur Stellungnahme vorgelegt haben. Was zunächst den Standort des Artikels in der Verfassung betrifft, so sehen beide Gutachter keine andere Möglichkeit, als ihn - wie von uns vorgeschlagen - als Artikel 27«uater einzureihen. Auch zu seiner Formulierung äusserten sie sich positiv. Herr Prof. Imboden vertritt die Auffassung, dass auf Grund des Wortlautes des Artikels die Verwirklichung aller praktisch ins Auge zu fassenden Massnahmen möglich wäre. Auch Herr Prof. Huber erhebt keine prinzipiellen Einwendungen.

Auf Grund einer von ihm gemachten Anregung
kommt in Absatz 3 nun deutlich zum Ausdruck, dass die Ausführung des Verfassungsartikels in Form von Bundesgesetzen oder allgemeinverbindlichen Bundesbeschlüssen zu erfolgen hat. Da durch Bundesbeiträge an kantonale Stipendienordnungen die Sohulhoheit der Kantone - wenn auch in sehr zurückhaltender Form - tangiert werden kann, erscheint es aus politischen Gründen richtig zu sein, nur Ausführungserlasse in Aussicht zu nehmen, für die eine Volksabstimmung verlangt werden kann.

Hingegen sind wir der Auffassung, dass davon abgesehen werden sollte, schon im Verfassungsartikel die Ausbildungsstufen oder -arten zu nennen, für die der Bund Beihilfen gewähren kann. Entsprechend den von verschiedenen Kreisen unterbreiteten Vorschlägen wird zwar beabsichtigt, die neuen Hilfsmassnahmen des Bundes auf die Erleichterung des Hochschulstudiums zu beschränken und die Beihilfen für den Besuch von Mittelschulen, abgesehen von Stipendienbeiträgen auf dem Gebiete des beruflichen Bildungswesens, die schon heute auf Grund von Artikel 34ter der Bundesverfassung möglich sind, weiterhin völlig den Kantonen zu überlassen. Allein, wir betrachten es.als Sache der Ausführungsgesetzgebung, eine solche Beschränkung festzusetzen.

Der Verfassungsartikel selbst sollte jedoch als umfassender Kompetenzarttikel formuliert werden, damit künftige Entwicklungen, die sich heute nicht voraussehen lassen, in keiner Weise präjudiziert werden.»

Alle begrüssten Stellen haben sich im Laufe des vergangenen Sommers zum Vorentwurf des Departements des Innern geäussert. Der unterbreitete Text zu einem Stipendien-Verfassungsartikel fand eine sehr günstige Aufnahme. Die noch während der Umfrage 1961 des Departements zutage getretenen Bedenken gegen einen solchen Artikel wurden fast völlig fallen gelassen. Von den 52 einge-

1335 gangenen Antworten enthielten nicht weniger als 32 eine uneingeschränkte Zustimmung zum in Aussicht genommenen Verfassungstext. Vollumfänglich hiessen den Vorschlag 16 Kantone, 6 politische Parteien, 5 Spitzenverbände der Wirtschaft und 5 am Stipendienwesen besonders interessierte Organisationen gut. In 17 Stellungnahmen wurden, bei grundsätzlicher Zustimmung, lediglich gewisse Änderungen am vorgesehenen Wortlaut vorgesehlagen oder angeregt. Materiell gab vor allem Absatz 2 zu Bemerkungen Anlass.

Prinzipiell ablehnend gegenüber einem Stipendienartikel verhalten sich lediglich der Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrievereins, der Zentralverband Schweizerischer Arbeitgeber-Organisationen sowie der Schweizerische Gewerbeverband. Ihre negative Sellungnahme begründen diese drei Verbände u.a. übereinstimmend damit, dass ein wirkliches Bedürfnis für eine Intervention des Bundes auf dem Gebiete der Studienbeihilfen bisher nicht nachgewiesen worden sei. Der vorgesehene Verfassungsartikel stelle sodann einen weiteren Eingriff in kantonale Hoheitsrechte dar. In der Übertragung immer neuer Aufgaben auf den Bund müsse grösste Zurückhaltung geübt werden. Für den Fall aber, dass ein Verfassungsartikel aufgestellt werde, sei dieser auf eine Ermächtigung des Bundes zu Beitragsleistungen an die Kantone im Sinne des vorgeschlagenen Absatzes l zu beschränken. Kategorisch abgelehnt wird eine allgemeine Kompetenzzuweisung an den Bund, wie sie Absatz 2 in Aussicht nimmt.

Was den Absatz l des Vorentwurfes betrifft, so beantragt hingegen der Kanton Neuenburg dessen Streichung. Er steht mit dieser Meinung aber allein.

Der Kanton befürchtet, dass der Bund an seine Beiträge Bedingungen knüpfen könnte, die die Hoheit der Kantone auf dem Gebiete des Schulwesens beeinträchtigen würden. Der Kanton Genf und die Liberal-demokratische Union der Schweiz schlagen vor, in Absatz l wenigstens einen ausdrücklichen Vorbehalt zugunsten der kantonalen Schulhoheit anzubringen. Weitere zu Absatz l beantragte Änderungen gehen in der entgegengesetzten Richtung und wünschen an Stelle der «Kann»-Vorschrift («Der Bund kann den Kantonen Beiträge gewähren...») eine imperative Fassung («Der Bund gewährt den Kantonen...»).

Ferner wird die Aufnahme einer Bestimmung vorgeschlagen, wonach die Beiträge des Bundes nach der Finanzkraft
der Kantone abgestuft, ja gegebenenfalls überhaupt nur auf jene Kantone beschränkt werden, die sich nicht in der Lage sehen, eine ausreichende Stipendienordnung zu verwirklichen. Die Kantone Luzern, Uri und Freiburg sowie die Konservativ-Christlichsoziale Volkspartei der Schweiz möchten im Sinne einer möglichst genauen Festlegung der künftigen Kompetenzen des Bundes die Ausdrücke «Stipendien» und «Ausbildungsbeihilfen», die ihnen hinsichtlich ihres Anwendungsbereiches als zu wenig präzisiert erscheinen, durch die Worte «Studienstipendien» und «Studienförderungsmassnahmen» ersetzen. In zahlreichen Vernehmlassungen wird Absatz l sehr begrüsst und ausdrücklich befürwortet, mit dem Hinweis, dass durch die Unterstützung der kantonalen Einrichtungen der wirksamste Ausbau des Stipendienwesens erfolge.

1336 In den Stellungnahmen zu Absatz 2 des Vorentwurfes werden gegensätzliche Standpunkte eingenommen. Während die grosse Mehrheit der Vernehmlassungen hervorhebt, dass die Formulierung auf die Wahrung der kantonalen Schulhoheit Bücksicht nimmt, oder dass Gefahren eines Einbruches in dieses Hoheitsrecht im Hinblick auf Absatz 3 des Vorentwurfes zweifellos nur gering sind, wird in verschiedenen Antworten die in Absatz 2 enthaltene allgemeine Kompetenznorm als zu weitgehend abgelehnt und eine genauere Abgrenzung der Befugnisse des Bundes gewünscht. Im Vordergrund steht dabei (so in den Vernehmlassungen der Kantone Luzern, Uri und Freiburg sowie der Konservativ-Christlichsozialen Volkspartei der Schweiz) eine Beschränkung der Kompetenzen auf die Errichtung einer Schweizerischen Darlehenskasse für Studierende im Sinne des GE SA-Projektes. Der Kanton Neuenburg möchte ergänzende Massnahmen des Bundes auf solche begrenzen, die der Erleichterung eines höheren Studiums dienen. In anderen Stellungnahmen werden jedoch auch besondere Vorkehren des Bundes zugunsten der Hochbegabtenförderung, der Auslandschweizerjugend und zur Unterstützung von Stipendienstiftungen für unerlässlich gehalten. Der Schweizerische Verband für Berufsberatung und Lehrlingsfürsorge mahnt hinsichtlich der Ergreifung von ergänzenden Massnahmen durch den Bund zur Zurückhaltung, damit die Initiative zu einer Verbesserung der Ausbildungsbeihilfen in den Kantonen nicht gefährdet wird. Die GESA befürwortet den Absatz und schlägt zusätzlich vor, es seien vor der Ergreifung solcher Massnahmen die Kantone und Hochschulen anzuhören. Sie beantragt ferner statt der im Verfassungstext gewählten Mehrzahl («kantonaler Begelungen») die Einzahl («kantonale Begelung») zu wählen, weil sich dadurch verdeutlichen lasse, dass der Bund zu Massnahmen auch befugt ist, wo im Einzelfall ein Kanton überhaupt nichts vorgekehrt hat. Schliesslich regt die GESA einen neuen Absatz des Verfassungsartikels an, in dem bestimmt werden soll, das Beiträge und Massnahmen des Bundes weder die Lehr- und Lernfreiheit beeinträchtigen noch zu einer Studienlenkung führen dürfen.

Absatz 3 des Vorentwurfes hat grundsätzlich überall Zustimmung gefunden, doch ist von zahlreichen Seiten der Wunsch geäussert worden, es seien vor Erlass der Ausführungsbestimmungen zum Verfassungsartikel
nicht nur die Kantone, sondern auch die Spitzenverbände der Wirtschaft und die an Ausbildungsfragen besonders interessierten Vereinigungen anzuhören.

Die Einreihung des geplanten Verfassungsartikels als Artikel 27quater hat zu keinen Bemerkungen Anlass gegeben.

6. Vorerst ist nochmals festzuhalten, dass die überwiegende Mehrheit der Vernehmlassungen eine volle Zustimmung zu dem vom Departement des Innern unterbreiteten Verfassungstext enthält. Was die beantragten Abänderungen betrifft, so möchten wir folgendes ausführen : Absatz l : Befürchtungen, dass der Bund in Ausführung der in diesem Absatz enthaltenen Bestimmungen in die kantonale Schulhoheit eingreifen wird, halten wir für völlig unbegründet. Gestützt auf Absatz l hat der Bund keinerlei

1337 Befugnisse, die Begelung der Ausbildungsbeihilfen als solche selbst irgendwie mitzubestimmen. Diese verbleibt vielmehr in der ausschliesslichen Kompetenz der Kantone. Die Anbringung eines Vorbehaltes. zugunsten der kantonalen Schulhoheit erscheint daher als unnötig. Die Streichung des ganzen Absatzes würde den Bund der Möglichkeit berauben, den Kantonen finanzielle Beihilfen zur Verbesserung ihrer Stipendienordnungen zu gewähren. Nach Auffassung beinahe aller Kantone und Verbände liegt in dieser Massnahme aber das Kernstück der Verbesserung unseres Stipendienwesens.

Die Ersetzung der in Absatz l enthaltenen «Kann»-Bestimmung durch eine imperative Fassung wäre mit Nachteilen verbunden, weil der Bund dadurch gezwungen würde, in jedem Falle allen Kantonen Beiträge an ihre Aufwendungen für Stipendien und andere Ausbildungsbeihilfen zu leisten, auch wenn sich solche gar nicht als nötig erweisen sollten.

Die Abstufung von Bundesbeiträgen nach der Finanzkraft der Kantone wird schon durch Artikel 42ter der Bundesverfasung vorgeschrieben, sodass sich die Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in den Stipendien-Verfassungsartikel erübrigt. Wir unterstreichen jedoch, dass sich die Ausführungsgesetzgebung an die Abstufung der Bundesbeiträge gemäss Finanzkraft der Kantone halten wird.

Die Ersetzung der Ausdrücke «Stipendien» und «Ausbildungsbeihilfen» durch «Studienstipendien» und «Studienförderungsmassnahmen» können wir nicht befürworten. Wir würden es nicht als zweckmässig erachten, wenn man sich schon in der Verfassung selbst irgendwie auf Ausbildungsstufen festlegen wollte, für die der Bund Beihilfen gewähren kann. Dies wird vielmehr Sache der Ausführungsgesetzgebung sein müssen.

Was den Absatz 2 anbelangt, so zeigen die eingegangenen Vernehmlassungen, die die Zuständigkeit des Bundes zur Ergreifung ergänzender Massnahmen auf dem Gebiete der Ausbildungsbeihilfen beschränken möchten, kein einheitliches Bild. Weitgehend unbestritten scheint zu sein, dass der Bund die Kompetenz erhalten soll, eine Schweizerische Darlehenskasse etwa im Sinne des GE SAProjektes zu schaffen. Über die Wünschbarkeit weiterer Massnahmen gehen aber die Meinungen auseinander. Ihre Aufzählung in der Verfassung wäre daher wohl mit Schwierigkeiten verbunden. Sie wäre aber auch nicht zweckmässig, da sie zu einer Einschränkung
der Bewegungsfreiheit des Bundes führen müsste, die es unter Umständen verunmöglichen würde, gerade wirklich dringliche, heute vielleicht nicht voraussehbare Vorkehren zu treffen. Auch hier sollte es daher der Ausführungsgesetzgebung vorbehalten bleiben, entsprechend den sich abzeichnenden Bedürfnissen das Nähere zu regeln.

Keiner Notwendigkeit scheint uns auch die Aufnahme einer Bestimmung zu entsprechen, wonach durch Beiträge und Massnahmen des Bundes weder die Lehr- und Lernfreiheit beeinträchtigt werden noch eine Studienlenkung erfolgen darf. Der Grundsatz der Lehr- und Lernfreiheit ist bei uns so fest verankert, dass er kaum eines besonderen verfassungsrechtlichen Schutzes bedarf. Im übrigen

1338 müsste ein besonderer Verfassungsartikel dieses Prinzip gewährleisten. Man könnte es nicht bloss als Nebenpunkt in einem Stipendienartikel festlegen.

Schliesslich möchten wir davon absehen, anstelle «kantonaler Kegelungen» die Einzahl «kantonale Eegelung» zu setzen. Der vorgeschlagenen Änderung käme materiell keine Bedeutung zu. Sie vermag überdies sprachlich nicht sehr zu befriedigen.

Was den Absatz 3 betrifft, so haben wir Bedenken, auf der Verfassungsebene vorzuschreiben, dass vorgängig der Ausführungsgesetzgebung ausser den Kantonen stets auch noch die Spitzenverbände der Wirtschaft und die an Ausbildungsfragen besonders interessierten Vereinigungen anzuhören sind. Da es sich bei der Mitwirkung des Bundes auf dem Gebiete des Stipendienwesens um eine Angelegenheit handelt, die in erster Linie die Kantone als Träger der Schulhoheit berührt, dürfte es genügen, deren Mitspracherecht sicherzustellen. Damit möchten wir aber in keiner Weise die Bedeutung verkleinern, die auch Vernehmlassungen der wirtschaftlichen Verbände und anderer interessierter Organisationen zukommt. Wir sind daher durchaus bereit, die Konsultierung in allen Fällen, in denen dies als zweckmässig erscheint, über den Bereich der Kantone auszudehnen. Von der Aufnahme einer diesbezüglichen verpflichtenden Vorschrift in die Verfassung möchten wir aber absehen. Sie entspricht jedenfalls im Bereiche des Stipendienwesens keiner unbedingten Notwendigkeit. Auch sollte von Bestimmungen Abstand genommen werden, die dazu führen könnten, ohne zwingenden Grund das künftige Gesetzgebungsverfahren zu komplizieren.

Der von uns vorgesehene neue Artikel 27iuater der Bundesverfassung hat demnach in Übereinstimmung mit dem Vorentwurf des Departements des Innern folgenden Wortlaut : Art. 27«ualer Der Bund kann den Kantonen Beiträge gewähren an ihre Aufwendungen für Stipendien und andere Ausbildungsbeihilfen.

2 Er kann ferner, in Ergänzung kantonaler Begelungen, selber Massnahmen ergreifen oder unterstützen, die eine Förderung der Ausbildung durch Stipendien und andere Ausbildungsbeihilfen bezwecken.

3 Die Ausführungsbestimmungen sind in der Form von Bundesgesetzen oder allgemeinverbindlichen Bundesbeschlüssen zu erlassen. Die Kantone sind vorgängig anzuhören.

1

2. Die Tragweite des Verfassungsartikels Der Verfassungsartikel wird die Grundlage bilden für eine Ausführungsgesetzgebung, durch welche eine wesentlich stärkere Förderung des Nachwuchses verwirklicht wird. Für die dem Berufsbildungs- und dem Landwirtschaftsgesetz unterstellten Berufe erweist sich zwar die Schaffung einer besonderen Verfassungsbestimmung für die Ausrichtung von Stipendien und anderen Ausbildungsbeihilfen nicht als notwendig. Artikel 84ter, Absatz l, Buchstabe g der Bundesverfassung ermächtigt den Bund zum Erlass von Vorschriften über die beruf-

1339 liehe Ausbildung in Industrie, Gewerbe, Handel, Landwirtschaft und Hausdienst, was die Befugnis in sich schliesst, die Ausbildung in diesen Wirtschaftszweigen allenfalls auch durch Stipendien und andere Ausbildungsbeihilfen zu fördern. Hievon wurde im Berufsbildungsgesetz und, in beschränktem Ausmass, auch im Landwirtschaftsgesetz Gebrauch gemacht. Es dürfte sich deshalb erübrigen, die Stipendiengewährung im Bereiche der beiden genannten Gesetze in die Ausführungsgesetzgebung zum vorgesehenen Artikel 27iuater einzubeziehen. Hingegen erweist sich der neue Verfassungsartikel als notwendig, um auf allen übrigen Gebieten genügend hohe Stipendien und Ausbildungsbeiträge zu ermöglichen. Durch vermehrte und erhöhte Ausbildungsbeihilfen lässt sich ohne Zweifel erreichen, dass mehr junge Leute die Mittelschule absolvieren und die Hochschule besuchen. Nicht nur der quantitativen Verstärkung des Nachwuchses, sondern auch der Qualität wird Beachtung zu schenken sein. Zur Zeit steht noch nicht fest, in welchem Umfang der Bund von den ihm neu eingeräumten Befugnissen Gebrauch machen wird. Doch soll möglichst rasch mit den Kantonen und den Spitzenverbänden der Wirtschaft sowie den an Ausbildungsfragen interessierten Vereinigungen Fühlung genommen werden. Es wäre daher verfrüht, schon im Eahmen dieser Botschaft auf Einzelheiten einzugehen.

Immerhin kann auf Grund der jetzigen Beurteilung, der Situation als sehr wahrscheinlich angenommen werden, dass unter künftigen Massnahmen des Bundes die in Absatz l des Verfassungsartikels vorgesehene Gewährung von Beiträgen an die kantonalen Aufwendungen für Stipendien und eventuell andere Ausbildungsbeihilfen im Vordergrund stehen dürften. Zwar verfügt heute schon eine Beine von Kantonen über zeitgemässe Stipendienordnungen. Andern gestattet es jedoch ihre finanzielle Lage nicht, ausreichende Mittel für Ausbildungsbeihilfen bereitzustellen, sodass die Leistungen von Kanton zu Kanton zum Teil erhebliche Unterschiede aufweisen. So ergab eine Erhebung des Departements des Innern über die Aufwendungen der Kantone im Jahre 1961, dass für Stipendien pro Einwohner die Beträge in den verschiedenen Kantonen von 24 Rappen bis 6,10 Franken variieren. Der schweizerische Durchschnitt macht 1,90 Franken aus. Die Beiträge des Bundes sollten nun mithelfen, diese Unterschiede etwas
auszugleichen. Die Einzelheiten der Begelung sind selbstverständlich mit den Kantonen zu beraten. Es wird eine Lösung anzustreben sein, die nicht eine Entlastung der Kantone nach sich zieht, sondern vielmehr in Ergänzung ihrer eigenen Leistungen zur Ausrichtung angemessener Stipendien führt.

Dabei wird in jedem Falle auch auf die Finanzkraft der Kantone Bücksicht zu nehmen sein. Möglich erschiene uns z.B. eine Begelung in dem Sinne, dass erst von einem Stipendiengrundbetrag hinweg, dessen Höhe nach der Schulstufe und nach der Finanzkraft des Kantons festgesetzt würde, ein Bundesbeitrag zur Ausrichtung käme, dessen Höhe seinerseits wieder nach der Finanzkraft des betreffenden Kantons abzustufen wäre. Nehmen wir, lediglich zur Erläuterung und in Form eines Beispieles an, dass für einen bestimmten Kanton der Stipendiengrundbetrag für die Hochschulstufe vom Bunde auf 1000 Franken festgelegt würde und die Höhe des Bundesbeitrages auf 60 Prozent des darüber hinaus-

1340 gehenden Betrages, so könnte ein solcher Kanton eine von ihm zugesprochene Stipendienleistung von 1000 Franken auf den doppelten Betrag von 2000 Franken mit einer eigenen Mehrleistung von nur 400 Franken erhöhen. Mit einer solchen Lösung würde den Kantonen die Prüfung der einzelnen Stipendiengesuche völlig selbst überlassen bleiben. Ihre Zuständigkeit zur Regelung des Stipendienwesens bliebe unberührt. Die Berechnung des Bundesbeitrages könnte jährlich auf Grund eines einfachens Abrechnungsverfahren erfolgen.

Ursprünglich war vorgesehen, Bundesbeiträge nur an die kantonalen Stipendien zugunsten von Studierenden der Hochschulen in Aussicht zu nehmen. In zahlreichen Stellungnahmen anlässlich des Vernehmlassungsyerfahrens zum Verfassungsartikel wurde aber nun eine Berücksichtigung auch der kantonalen Mittelschulstipendien als dringend erwünscht bezeichnet. Angesichts der hiefür geltend gemachten Gründe wird sich eine eingehende Prüfung dieser Frage aufdrängen. Es ist vor allem darauf hinzuweisen, dass der Bund die Ausbildung der Lehrlinge und der Lehrtöchter, die auf der gleichen Altersstufe stehen, bereits unterstützt und dass die Mittelschulausbildung die Grundlage für das Hochschulstudium bildet. Allerdings wird nach wie vor von einzelnen Kreisen die Ansicht vertreten, dass der Bund seine Massnahmen auf eine Erleichterung des Hochschulstudiums beschränken sollte.

Was Beitragsleistungen des Bundes über die Stipendien hinaus an andere Ausbildungsbeihilfen der Kantone betrifft, so werden je nach den sich abzeichnenden Bedürfnissen Regelungen getroffen werden müssen, die sich heute im einzelnen noch nicht voraussehen lassen.

Unter den Massnahmen, die der Bund gemäss Absatz 2 des Verfassungsartikels in Ergänzung kantonaler Regelungen treffen kann, steht vor allem die Schaffung einer Schweizerischen Darlehenskasse für Studierende zur Diskussion.

Ihre Errichtung ist, wie sich aus den Ausführungen dieser Botschaft ergibt, von verschiedener Seite nachdrücklich befürwortet worden. Die bereits erwähnte Erhebung des Departements des Innern über die Aufwendungen der Kantone für Ausbildungsbeihilfen im Jahre 1961 hat nun aber gezeigt, dass der Gewährung von Darlehen nur eine sehr untergeordnete Bedeutung zukommt. Die Gesamtaufwendungen der Kantone für Ausbildungsbeihilfen auf allen Stufen betrugen 1961
total rund 12 Millionen Franken. Davon entfielen auf Darlehen jedoch lediglich etwa 1,65 Millionen Franken oder 13,75 Prozent, während die Stipendien ca. 10,34 Millionen Franken oder 86,25 Prozent ausmachten. Berücksichtigt man die Empfänger von Ausbildungsbeihilfen, so ergibt sich folgendes Bild: Die Gesamtzahl der Stipendiaten und Darlehensempfänger belief sich auf rund 21 100. Davon waren nur ca. 6,6 Prozent Darlehensempfänger, ca. 93,4 Prozent hingegen Stipendiaten. Angesichts dieser Verhältnisse, und da auf Grund des Verfassungsartikels mit einem weiteren Ausbau des Stipendienwesens gerechnet werden darf, erscheint das Bedürfnis nach Schaffung einer Schweizerischen Darlehenskasse, die auch einen erheblichen administrativen Apparat erfordern würde, als recht zweifelhaft, selbst wenn man berücksichtigt, dass die Institu-

1341 tion von Studiendarlehen in einigen wenigen Kantonen noch nicht Eingang gefunden hat. Die Frage wird jedenfalls noch einer gründlichen Abklärung bedürfen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Befürworter einer Darlehenskasse deren Schaffung vor allem als eine mögliche Sofortmassnahme des Bundes, die sich ohne vorgängige Verfassungsrevision verwirklichen liesse, gedacht haben, eine Annahme, die sich in der Folge nicht als zutreffend erwies.

Unter weiteren möglichen Massnahmen des Bundes ist auch an die Ausrichtung von Ausbildungsbeiträgen an junge Auslandschweizer für ihre Schulung in der Schweiz zu denken. In dieser Eichtung arbeitet bereits jetzt das in diesem Jahre an die Stelle der früheren «Konferenz für Bückwandererhilfe» getretene, vom Auslandschweizerwerk der neuen Helvetischen Gesellschaft, der Stiftung Pro Juventute und der Stiftung Schweizerhilfe in Form eines Vereins geschaffene «Ausbildungswerk für junge Auslandschweizer». Es hat den Zweck, junge Auslandschweizer über Ausbildungsmöglichkeiten in unserem Lande zu beraten und kann bei Bedarf begabten Jugendlichen auch Stipendien ausrichten. Bis heute sind bereits 26 Stipendien auf verschiedenen Ausbildungsstufen zugesprochen worden. Schon jetzt erhält die Institution aus einem Kredit des Politischen Departements einen Bundesbeitrag (1962: 90000 Franken). Es ist durchaus denkbar, dass das Ausbildungswerk mit entsprechend vermehrter Bundesunterstützung zu einer zentralen Stelle für Ausbildungsbeihilfen an junge Auslandschweizer ausgebaut werden könnte, sodass sich für den Bund eine eigene Aktion erübrigen würde. Die gegenwärtigen Eegelungen in den Kantonen gestatten keine ausreichende Hilfe auf diesem Gebiet.

Einer besonderen Prüfung bedürfen schliesslich eventuelle Massnahmen des Bundes zugunsten der Hochbegabtenförderung, wie sie vor allem in den Eichtlinien zur Neuordnung der Studienbeihilfen für den akademischen und technischen Nachwuchs (vgl. oben Buchstabe B/3/c) befürwortet worden sind. In der Bundesrepublik Deutschland nimmt sich die « Studienstiftung des Deutschen Volkes» dieser Aufgabe mit grossem Erfolg an. Es würde sich dabei um die Ausrichtung ausgesprochener Leistungsstipendien handeln, an Studierende, deren intellektuelle Befähigung den Durchschnitt ganz erheblich überragt.

In Betracht könnten schliesslich auch
Beiträge an Stipendienstiftungen von gesamtschweizerischer Bedeutung fallen, sofern Umstände vorliegen, die eine besondere Hilfe des Bundes als gerechtfertigt erscheinen lassen.

Die vorstehend erwähnten Beispiele möglicher Massnahmen des Bundes erscheinen uns besonders erwähnenswert.

Was den Absatz 3 des Verfassungsartikels betrifft, so enthält dieser in seinem ersten Satz die Verpflichtung, die Ausführungsbestimmungen ausschliesslich durch Erlasse aufzustellen, für die eine Volksabstimmung verlangt werden kann (Art. 89, Abs. 2 und Art. 89bls, Abs. 2 BV). Die Frage, ob die Form des Bundesgesetzes oder des allgemeinverbindlichen Bundesbeschlusses zu wählen ist, muss im gegebenen Einzelfall auf Grund des Geschäftsverkehrsgesetzes vom 23.März 1962 (Art. 5 und 6) entschieden werden, wobei Artikel 7 desselben Gesetzes vorbehalten bleibt.

1342 3. Schiussbemerkungen Mit einer wesentlichen Verbesserung des Stipendienwesens, dem allerdings für die Förderung des Nachwuchses eine ganz besondere Bedeutung zukommt, dürfen die sich auf diesem Gebiete stellenden Probleme natürlich noch nicht als gelöst betrachtet werden. Ganz abgesehen davon, dass den Begabtenreserven natürliche Grenzen gesetzt sind - nur ein verhältnismässig kleiner Prozentsatz der Schülerinnen und Schüler kommt für ein Hochschulstudium überhaupt in Frage -, bestehen, wie wir schon oben unter Buchstabe B, Ziffer l, dargelegt haben, gewisse in ihrer Auswirkung nicht unerhebliche Faktoren, die die Heranziehung von Talenten zu höheren Berufen auch bei weitgehender Studienhilfe hemmen; wir erinnern vor allem an die bei anhaltender wirtschaftlicher Konjunktur guten Verdienstmöglichkeiten auch ohne höhere Schulung, an den Verdienstausfall während der Studienjahre, die nicht überall anzutreffende Ausdauer angesichts der zeitlichen Länge eines Studiums, an die Beanspruchung begabter junger Menschen zur Weiterführung eines elterlichen Betriebes usw.

Es ist ferner zu bedenken, dass es für eine optimale Ausschöpfung der Begabtenreserven noch anderer Massnahmen als nur der Ausbildungsbeihilfen bedarf. In diesem Zusammenhang möchten wir auf die Bestrebungen zur Förderung des sogenannten «zweiten Bildungsweges » hinweisen, um auch bereits im Erwerbsleben stehenden Personen die Ablegung einer Maturitätsprüfung und damit den Zugang zu einem Hochschulstudium zu ermöglichen; auf Grund eines Postulates des Nationalrates vom 27. September 1961 (Postulat Haller) wird dieses Problem zur Zeit durch das Departement des Innern in Verbindung mit der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren geprüft. Auch die von verschiedener Seite vorgeschlagenen Änderungen des Maturitätsreglements, wie sie z.B. in einem Postulat des Ständerates vom 27.April 1959 (Postulat Vaterlaus) ihren Ausdruck fanden, zielen auf eine vermehrte Förderung des akademischen Nachwuchses ab. Diese Frage wird gegenwärtig im Schosse der Erziehungsdirektorenkonferenz näher abgeklärt.

Von grösster Bedeutung ist sodann, dass unsere Bildungsanstalten überhaupt in der Lage sind, eine weit grössere Zahl von Schülern und Studierenden aufzunehmen. Was die Hochschulen betrifft, so haben wir bereits auf den Ausbau der ETH sowie auf die
Tätigkeit der vom Departement des Innern eingesetzten «Expertenkommission für Fragen der Hochschulförderung »hingewiesen, die in einem Bericht die Lage und die Bedürfnisse der Hochschulen darlegen und Vorschläge für eine allfällige Bundeshilfe ausarbeiten soll. Nicht weniger wichtig sind jedoch auch der Ausbau und die Erleichterung des Besuchs der Mittelschulen, die zur Maturität führen, wird doch die Frage eines späteren Hochschulstudiums weitgehend schon beim Eintritt in eine Mittelschule entschieden. Angesichts der hohen Auslagen, die Unterkunft, Verpflegung, Fahrtkosten usw. jenen Schülern verursachen, deren Eltern nicht am Ort einer Mittelschule wohnhaft sind, erscheint eine Dezentralisierung dieser Schulen als besonders wünschbar.

1348 Zu erwähnen ist schliesslich auch die Bedeutung eines Ausbaues der Berufsberatung.

Den Kantonen als den Trägern des Schul- und Erziehungswesens verbleiben auf dem Gebiete der Nachwuchsförderung auch in Zukunft die entscheidenden Befugnisse. Die kantonale Schulhoheit, die für die Wahrung der geistigen und kulturellen Vielfalt unseres Landes erhebliche Bedeutung besitzt, soll in keiner Weise tangiert werden. Der Hilfe des Bundes kommt daher im wesentlichen nur subsidiärer Charakter zu. Sie sollte aber da nicht versagt werden müssen, wo sie einem offensichtlichen Bedürfnis entspricht.

Gestützt auf diese Ausführungen empfehlen wir Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 29.November 1962.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : P. Chaudet Der Bundeskanzler: Ch. Oser

1344 (Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Ergänzung der Bundesverfassung durch einen Artikel 27quater über Stipendien und andere Ausbildungsbeihilfen

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der Schweizerischen B i d g e n o s s e n s e h a f t , in Anwendung von Artikel 85, Ziffer 14, Artikel 118 und Artikel 121, Absatz l, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 29. November 1962 beschliesst : I.

In die Bundesverfassung wird folgende Bestimmung aufgenommen : Art. 27«uater Der Bund kann den Kantonen Beiträge gewähren an ihre Aufwendungen für Stipendien und andere Ausbildungsbeihilfen.

2 Er kann ferner, in Ergänzung kantonaler Eegelungen, selber Massnahmen ergreifen oder unterstützen, die eine Förderung der Ausbildung durch Stipendien und andere Ausbildungsbeihilfen bezwecken.

3 Die Ausführungsbestimmungen sind in der Form von Bundesgesetzen oder allgemeinverbindlichen Bundesbeschlüssen zu erlassen. Die Kantone sind vorgängig anzuhören.

1

II.

Dieser Beschluss wird der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreitet.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

6595

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Ergänzung der Bundesverfassung durch einen Artikel 27quater über Stipendien und andere Ausbildungsbeihilfen (Vom 29. November 1962)

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06.12.1962

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