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Schweizerisches Bundesblatt XXII. Jahrgang. III.

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Nr. 48.,

12. Nooember 1870.

Bundesrathsbeschluss in

Aachen des Hrn. Sos. Maria Durrer, Murhof in Wylen, Gemeinde Sarnen, Kts. Obwalden, betreffend Verfassungsverlezung.

(Vom 13. April 1870.)

Der schweizertsche .-Bundesrath hat in -Sachen des Hrn. Jos. M a r i a D u r r e r , Murhof in Wclen, ·©emetnde Éarnen, Kts. Dbwolden, betreffend Verfassnngsve-le&u'ng ; Räch angehörtem Berichte des Justij= und ..ßolize.departements -und nach Einsicht der Akten, woraus sich ergeben : I. Den 4. Hotnung 1870 gab Hr. Fürsprecher Dr. Robert Winklet in Sujern, Ratnens des Jos. Maria Dürrer in Wi-.len, dem .-Bundesrathe folgende Retursbeschwerde ein : Hr. Duner habe am 1. Marz 1869 dem Hrn. ßandammann Wtrj in »ersassungsmassiger Form ju Handen der Sandsgemeinde den Antrag eingereicht: ,,Es [ei der (.Salzpreis per Bsund aus 7 Rappen herabzusezen."

Das SSersahren für solche Anträge sei in Art. 371 der Verfassung von .Obwalben sestgestellt wie folgt: ,,Jeder (Stimmfähige hat bas Recht, jeweilen bis den 1. März ,,dem Sanbammann Stutrage, welche ihrer Ratur nach in den Bereich Y ,der ßanbsgemeinbe gehören, 511 .Banden der leätern einzureichen. 'Die

Bundeeblatt. 3ahrg.xXn. Bd. m.

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..Eingabe muss aber in Schrift versassi, mit Erwägungsgründen begleitet ,,und vom Eingeber unterzeichnet sein.^ ^ ,,Wofern eine .solche Eingabe keine Verlegung der Bundes.. oder ,,Kantonsversassung oder von Brivatrechten in sich fchliesst, auch ni.^ht "gegen von den übrigen Behörden in Gemässheit ihrer. Befugnisse erlassene ,,Erkanntnisse und Urtheile gerichtet ist, so . kann deren Vorlage an ^nächster Landsgemeinde nicht verhindert werden. Der Kan^tonsrath hat ,,aber dieselben ^nnt se.ine.m Gutachten zn begleiten. Lautet dasselbe ,,aus Vexwersnng, so kann der .Antragsteller seine Motion ^rükziehen, ,,wodurch die Eingabe erledigt ist. Beharrt er dagegen ans der Vor,,lage, so hat er sich vor der Landsgemeinde personlieh zu stellen. An ,,der Landsgemeinde fällt einzig in Abstimmung die unveränderte An,,nahme der Motion oder des kantonsräthliehen Gutachtens, oder die ,,einsache Verwerfung beider Anträge.^.

Der Kantonsrath von Obwalden habe nun den erwähnten Antrag des Hrn. Durrer am 5. April 1869 in. Berathung gezogen und beschloffen : "Der Eingabe des Hrn. Jos. Maria Durrer sei nicht Folge zu ,,geben und es sei dieselbe, weil in die Kompetenz des Kantonsrathes ..gehörend, der Landsgemeinde auch nicht. vorzulegen.^ Jn dieser Schlussnahme liege aber eine Verlegung des Art. 37 der Obwaldenschen Verfassung, wesshalb der Rekurrent znr Wahrnng des Brin^ipes. gestüzt auf Art. 5 der Bundesversafsnug, den Schuz der .Bundesbehorden anrufe.

Jener Art. 37 fichere jedem Obwaldenfehen Bürger das Recht zu, Anträge, welcher Art sie fein mogen, an die Landsgemeinde zu bringen, und der Kantonsrath musse sie derselben vorlegen, gleichviel ob er sie mit einem gunstigen oder ungünstigen Antrage begleiten wolle. Es stehe allein der Landsgemeinde zu, über den Antrag definitiv zu entscheideu, denn nach Art. 3.^ d.^r Verfassung sei die .Landsgemeinde die einzige gesezgebende Behorde von Obwalden und insbesondere habe sie nach Litt. a und c auch über die Laudessteuern zu eutseheiden, wohin die Sal^steuer gehore.

Rekurrent stellte daher den Antrag, dass der Beschluss des Kantonsrathes von ^..bwaldeu d. d. 5. April 1869 ausgehoben und jene Behorde angewiesen werden möchte, den sraglichen Antrag der nächsten La^ndsgemeiude vorzulegen.

ll. Gegen diese Beschwerde liess sich die Regierung von Obwalden im Austrage des Grossen
^Rathes in ihrer Antwort vom 26. März 1870 .

wie folgt vernehmen .

Rach dem Wortlaute des von dem Rekurrenten selbst angerusenen Art. 37 der Kantonsversassung könne die Vorlage einer Velition an

531 dte Landsgemeinde verweigert werden, wenn sie gegen Beschlüsse gerichtet sei, die von Behorden k r a f t i h r e r . K o m p e t e n z erlassen worden.

Run sei unter der Herrschaft der Verfassungen von 18l 6 nnd 1.^50 der Landxath unzweifelhaft zur Festung des Salzpreises kompetent gewesen und habe auch in einer Reihe von bezüglichen Beschlüssen von dieser Kompetenz fortwährend Gebrauch gemacht Dieselbe Besugntss sei nun nach der jezt bestehenden Verfassung von 1867 aus den Kan-

tonsrath übergegangen. Es sei nämlich unrichtig, dass die Landsge-

meinde die einzige gesezgebeude Gewalt Obwaldens sei. vielmehr habe der Kantousrath ziemli..h umfangreiche Attribute einer gesezgebenden Be^horde und zwar so weit dieselben nicht ausdrüklich der Landgemeinde.

übertragen s.ei.^n. Unter die grossern Befugnisse sei aber auch die mindere - die.Bestimmung des Salzpreises ---zu subsummiren. Allein zum Ueberflusse sei noch in Art. 48 Lut. c der Versassnng ausdrüklich^ gesagt: ..er ^der Kantonsrath) h a n d h a b t d i e S t a a t s r e g a l i e n . ^ Dieser Saz sei absichtlich in die Verfassung ausgenommen worden, um dem Kantonsrathe noch bestimmter, als es naeh dem Wortlaute der frühere Verfassungen der Fall gewesen, die Kompetenz für die Feststellung des Salzpreises zu ^wahren. Unter jener Bezeichnung könne nichts Anderes verstanden sein, als das Salzregal, da der Kanton kein anderes Regal mehr habe, nachdem die Zoll- und Voftregale an den Bund übergegangen seien. Der Gedanke, dass die Verfassung nur die Vollziehung im Ange habe, sei unhaltbar, da in jenem Falle die Handhabung der Regalien unter den Attributen des Regierungsrathes nicht unter jenen des Grossen Rathes hätten ausgezählt werden müssen. Zu-

dem sei für die Vollziehung des Salzregals durch andere spezielle Artikel der Verfassung gesorgt.

Der Art. 36 dex Verfassung, welcher die Ausgaben der Landsge-

meinde spezialisire, enthalte nichts davon, dass die Feststellung des Salz-

preises der Landgemeinde zugewiesen sei. Unter der Bewilligung ei.ner Landesfteuer (Litt. c) sei nur eine direkte Steuer verstanden, wofür in Art. 26 ein besonderes Gesez vorgesehen sei.

^ ^ Wenn jedoeh .über den Sinn der Art. 48 nnd 36 der Verfassung wirklieh noch Zweifel walten konnten, so wäre naeh Art. 42 der Kantonsrath allein kompetent, darüber zu entscheiden, wornach ihm die Kom^ petenz zugewiesen sei, die Verfassung und Geseze zu erläutern. Diese Erläuterung habe er nun gegeben in seinem Entscheid vom 5. April 1869, wodurch er die Bestimmung des Salzpreises als in seine Kompetenz gehörend erklärt ^h.^be. Dieser Entscheid stimme mit der konstanten und langjährigen Brax^is überein. Wenn in der neuen Verfassnng etwas Anderes hätte bestimmt werden wollen, so hätte dieses.

ausdrüklich geschehen müssen.

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532 Die Regierung. von Oswalden schloss mit dem Antrage, dass d^ Beschwerde des Hrn. Durrex als unbegründet abgewiesen werden moehte.^ Jn E r w ä g u n g : 1. Der Art. 37 der Kantonsverfassung sichert jedem Stimmfähigen.

das Recht, solche Eingaben zuhanden der Landgemeinde einreichen zu..

tonnen, welche ihrer Ratur nach in den Bereich der Landsgemeinde gehoren und welche derselben aueh zum Entscheide vorgelegt werden müssen, wofern sie nicht Gegenstände beschlagen, deren^ endgültige Regulirung in ^die Besugnisse der versassungsgemäss ausgestellten Behörden gehort ; 2. ^Es ergibt sich nun aus den Rachweisen der Regierung von Obwalden, dass die Feststellung des Salzpreises schon unter der Herrschaft^ der frühern Verfassungen wie auch unter der gegenwärtigen in die Kompetenzen des Kantonsrathes gehört, dem ^die Handhabung der Staatsregalien zusteht, wohin unzweifelhaft das Salzregal zählt.

3. Unter den Attributen, welche der .Landsgemeinde zugesehieden.

sind, ist allerdings das Recht enthalten, Landessteuern zu bewilligen,.

womit aber offenbar direkte Steuern gemeint sind und nicht Einkünfte,^ die ans Regalien herfliessen ; 4. Bei dieser Sachlage kann nicht behauptet werden, es habe ....er Kantonsrath von dem ihm zustehenden Recht der Erläuterung der.

Verfassung einen unrichtigen Gebrauch gemacht.

beschlossen: 1.

Es sei der Rekurs als unbegründet abgewiesen.

2. Sei dieser Beschluss der Regierung von Obwalden, sowie dem.

Herrn Fürsprecher Dr. R. Winkler in .Luzern als Anwalt des Rekur.reuten, Jos. Maria Durrer, Murhof, in W.^len (Obwalden), unter.

Rüksendung der Akten mitzutheilen.

Bern, den 13. April 1870.

Jm Ramen des schweizerischen Bundesrathes,^

Der Bundespräsident: ^r. ^. .^ubs.

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Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

S^i^.

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Bundesrathsbeschluss in Aachen des Hrn. Jos. Maria Durrer, Murhof in Wylen, Gemeinde Sarnen, Kts. Obwalden, betreffend Verfassungsverlezung. (Vom 13. April 1870.)

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12.11.1870

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