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schweizerischen .Konsuls in Valparaiso hrn. A. Gubler, interimistischer Konsulatsverweser) über das Jahr 1869.

(Vom 15. Februar 1870.)

An den hohen schmetz. Bundesrath.

1.

Lage im Allgemeinen und Handelsgesezgebung

Dem gegenwärtigen ruhigen und toleranten Regierungssitze ist es zu danken , dass Handel , Agrikultur u. s. w. ihren guten Fortgang nehmen. Das Zivil- und Handelsgesetzbuch ist so ziemlieh eine getreue Nachahmung der französischen Gesezgebung nnd in vielen Theilen sogar wortlieh kopirt. Leider wurde aber hierbei auf die hiesigen Berhältnisse hänfig zu wenig Rüksi.ht genommen, so dass die praktische Anwendung mitunter auf Schwierigkeiten stosst, namentlich in Konkursfallen, die von der Handelswelt in Valparaiso gewohnlieh aussergesichtlich behandelt werden. Die.Sehuldhast wurde im verflossenen Jahre ausgehoben.

2.

Erzeugnisse der Landwirthschaft, Bergwerke u. f. w.

Der südliehe Theil Ehili's beschäftigt sich ausschliesslich mit Akerbau, der uordliche mit Bergbau. Der Akerbau hat seit einigen Jahren einen gewaltigen Ausschwung genommen. Die Ernten waren seit 1867 ausgezeichnet uud der Export von Getreide und Mehl nach .Bern, Kalisornien, Australien und Europa sehr stark, sowie die Breise vortheilhast.

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^ie Ratifikation der Araueanier-Jndianer brachte Ehili grossen gewinn ^..n fruchtbaren Ländereien. Da die Schiffahrt sowohl auf dem Meere ^ls auf den Flüssen sehr stark ist und überall neue Eisenbahnen und Sonstige Kommunikatiousmittel entstehen , so werden auch die Besizer ^..er Ländereien im Jnnern Ehili's in den Stand gefezt, ihre Produkte über^ .allhin auf den Markt zu bringen, ohne ^durch allzu hohe Spesen au der .Konkurrenz mit vorteilhafter gelegenen Gegenden verhindert zu werden.

Jn.^dem Masse, in welchem die Agrikultur porsehreitet, geht aber ^er Bergbaubetrieb zurük. Was die Silberminen anbetrifft, so geben ^iese meistentheils noch gute Resultate . dagegen sieht es mit den KnpferBergwerken sehr schlimm aus.

Die preise in Europa sind so gestellt, dass nur noch die grossen Unternehmungen und diejenigen, welche mit vielem Kapitale arbeiten, einigermassen lohnende Resultate liesern, wo.gegen die übrigen entweder gänzlich eingestellt werden oder aber mit Verlust arbeiten müssen. ^Die Breise sind zwar nicht schlechter als in frühern Jahren, während denen sich beinahe alle Bergleute bereicherten, ^ie Lebensmittel aber sind seither um beiuahe 100 Prozent theurer geworden. Diess ist der Grund, wesshalb auf hiesigem Vlaze, dem Een.trum des ganzen Handels, die Käufer aus dem Worden seit Langem mangeln, und es hat diess auch die natürliche Folge, dass das Vertrauen .zu jenen Blähen (die Geschäfte werden beinahe sämmtlich ^ aus Zeit

gemacht) s...hr beschränkt ist.

Jch komme nun aus einen Vunkt ^u sprechen, der meiner Meinung nach sur die Zulauft .Ehili's wahrscheinlich ein bedeutendes Jnteresse haben ^vird und mit unserm Vaterlande in näherer Berührung stel.t. Durch nähere Bekanntschaft mit den meisten der grossern .^aeendados biu ich im Stande, diesen Gegenstand ausführlich zu behandeln. Jch spreche .^on der Seidenraupenzucht. Mehrere . dieser Haeeudados haben mit Aufwand von grosseu Kosten Bflauzungen von Manlbeerbäunien angelegt .nud sich aus Enropa Leute vom Fach kommen lassen, uni die Seiden^ ^ueht zn betreiben. Bis jezt sin^ nur Samensendungen von hier ab.gegangen. Au der lezten grossen Ausstellung in Varis erhielt das Produkt die Medaille. ^ach Frankreich und Jtalien, wo der Samen sehr beliebt ist, gehen nun jährlieh ansehnliche ^..nanta desselben ab, ^nd auch Eoeons werden binnen Kurzem znr Exportation gelangen.

Der Vreis des San.ens ohne Verpakuug variirt von 3 Dollars bis .3 Doll. 50 Eent. Ehili eorrent per spanische Unze von 30 Grammen.

Es kommt sel^r viel ans die Verpakung an, damit nnterwegs kein zu frühes Auskrieehen der Eier ersolgt. Aui Zwekmässigsten werdeu die Versendungen in den ^^onaten März und April vorgenommen. dann kommt der .^amen in der wärmern Jahreszeit in Europa an und ist für das folgende Jahr zur Zncht ausgezeichnet.

^ Die Jndustrie, namentlich das Manufakturwesen, ist ohne all^ Bedeutung. Die Arbeitslöhne sind hier zu gross, um - wenn auch.

einige Rohstoffe, wie Wolle, billig sind - Brodukte zu erzeugen, die

in Breis und Qualität mit de.n europäischen und denen aus den Vereinigten Staaten konkuxriren könnten. Eine einige Fabrik in Lota, für gewöhnliches Tneh und Kasimir, arbeitet mit eiuigem Erfolge.

Jm vorigen Jahre sand in Santiago die erste landwirthschastliche^ Ausstellung statt. Viele englische und amerikanische Maschinenbauer sandten ihre Erzeugnisse ein, und es ..^ar dies sur die Zukunft Ehili's.

von grosser Bedeutung, indem namentlich der Grundeigenthümer sieh durch die numerische Schwäche der Bevölkerung und die uveite Aus-.

dehnung seiner Bedungen aus die An.^end..ng von Maschinen angewiesen sieht.

3. ....^tal der Ein.^ und ....lu.^uhr.

Ehili^s Jmport nimmt von Jahr zu Jahr zu, und zwar in ziemlieh.

bedeutendem Massstabe. Die Handelsstatuts pro 186..) ist noch nicht

erschienen. Dem Ergebnisse der Zölle nach war die Einfuhr um Vieles hoher, als im Jahre znvor, wo für ein Total von ^ 32,441,743 im..

portirt worden ist. Davon entfielen : auf Fraukreieh

,, ,, ,, ,,

.

.

.

.

England . . . .

Deutschland . . . . , Belgien und Holland .

die Vereinigten Staaten

.^

,, , ,, ^,

6,828,000

10,135,000 2,168,000 1,000,000 1,700,000

Der Reft^ fällt aus andere Staaten, worunter auch unsere Raehbarländer.

Es ist unmöglich, die Aussuhr von Binnenländern, wie die Schweiz, zu bestimmen ^ die Statistiken schweigen hierüber. Die Waaren ans der Schweiz fignriren unter deu Rubriken ..Frankreich^ und ,,England^.

Tro^dem, einem Dekret des Finanzministers ^ufolge, die Brovenienz jedes Artikels genau bemerkt werden soll, ist diess doch uiemals geschehen und somit jede Kontrolle unmöglich geworden. Die meisten Artikel, die aus der Schweiz kommen, sind: Uhren, Bijouterie, Glarner Mouchoirs, Mousseline, rothe Ealieots, Stikereien, seidene Bänder und Stosse, Käse..

Die Ausfuhr belief sich ans^ 2^,518,817.

Davon kommen aus England ^ 20,002,000 ,, Beru ,, 3,832,000 ,, Frankreich .,, 1 ,^00,000 .und der Rest auf die übrigen Staaten Europas, Amerikas und aus Ehina.

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77 An Getreide wurde ungefähr für sechs Millionen, an Kupfer für

^lf ^Millionen und an Wolle für 600,000 Dollars Werth ausgeführt.

4. Ein.. und .^u^fuhrz^e.

Die Einsuhrzolle

lieferten im Jahre 1868 einen Ertrag von

.^ 5,350,900. Der Zoll sur die meisten Waaren beträgt 25 Brozent

vom Werthe, Seidenwaaren bezahlen 15 Vrozent, Gold- und Silbersachen 2 Vrozent. Maschinen sur die Landwirthschast und Minen find zollfrei. Der Werthansaz in der Douane ist basirt aus einer Erhöhung der Faktura um 25 Brozent. Jedes Jahr wird der Taxis revidirt und es geschieht diess durch eine von der Regierung ernannte Kommission von Staatsangestellteu, von hiesigen und fremdeu Kausleuten.

Die Aussuhrzolle betragen beinahe 600,000 Doll.

5. Eisenbahnen und ...^erkehr^we^e.

Da die Republik Ehili, im ganzen genommen, eine sehr günstige geographische Lage bestzt, so sind die Kommunikationsmittel im Allgemeinen sehr bequem. Das Land ist sehr schmal und. laug hingedehnt und besizt eine Masse grosserer und kleinerer Häseu. Die Dampfschisfahrt, die diese miteinander verbindet, ist sehr bedeutend. Die Regierung thut sür dieselbe sehr viel und so macht lettere auch sehr

gute Gesehäste, während die ^egelschiffahrt hierunter stark ^u leiden hat. Die Verbindungen mit Europa sind jezt so gut u^.d häufig, dass

man jede Woehe Berichte wechseln kann, was natürlich dem hiesigen Handel eine ganz neue Wendung gegeben hat. Anstatt der grossen Saisonzufuhren vertheilt stch der Jmport mehr oder weniger gleichmässig aus das ganze Jahr. Eisenbahnen werden täglich neue in Angriff genommen. Ausser einigen, die nach den Minen sühren, gehoren die meisten dem Staate ^an. Jn diesem Augenblike ist ein Projekt im Gange und machen Jngenieurs die nothigen Vermessungen, um Ehili vermittelst einer Eisenbahn durch die Kordilleren mit der Argentinischen Republik zu verbinden. Ein anderes Unternehmen, wozu die ersorderliche

Aktienzahl bereits gezeichnet und welches von Ehili mit .^ 12,000 und

von der Argentinischen Republik mit .^ 30,000 subventionirt worden ist - die telegraphische Verbindung Valparaiso^ mit Bu.enos-A^res über die Eordilleren ^- ist so eben ins Leben getreten. Welches die Resultate dieses Unternehmens sein werden, bleibt der Zuknnst anheimgestellt , jedenfalls ist es aber ein Brojekt . das seine weitreichenden Folgen haben kann. Auch die Verbesserung der gewohnlichen Kommunikationswege sür Maulthiere über die Eordillera do los Andes nach Mendoza und San Juan sind von unserer Regierung neuerdings in Angriff ge-

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nommen worden. Der an Ehili grenzende Theil der Bevölkerung der Argentinischen Republik bezieht den Bedarf an Manufakturen aus Valparais.o, tauschweise gegen Vieh. Die jährliche Ausfuhr nach Mendoza und San Juan beträgt zwischen zwei und drei Millionen Dollars.

6. Banken, ^konto, ^in^fu^ u. s w.

Seit dem Jahre 18^ sind eine Menge. von Banken und anon^men Aktiengesellschaften entstanden , die sich bis jezt fortwährend günstiger Resultate zu ersreuen hatten. Au der Spize steht der Banco national de Clü.e mit eiuem Rominalkapital .^n 10 Millionen Doll.

Dann kommen die Bank von Valparaiso, die Ag. Edwards .^ Cie., Mac C.ure .^ Cie., .^...cobar (..na .^ C.e. u^ s^ ...,. Diese sämmtlichen Banken haben von der Regiernng das Recht zur Ausgabe von Bank..

noten erhalten, welch^ leztere das allgen.eine Zutrauen für sieh haben.

Die Aktien sind sehr hoch eotirt. .

Die Republik Ehili besizt nach den neuesten statistischen Berichten ungefähr 1,900,000 Einwohner, ^as für ihren grossen Flächenraum sehr wenig ist. Eine zahlreiche Eiu^anderung wäre daher hochst er.^

wünscht. Das Laud ist fruchtbar uud das Klima sehr gesn..d. Die Jndianer iu. Suden sind uuu ziemlich paeifieirt und beginnen einzusehen, dass sie auf die Dauer gegen diesen Staat niehts zu unternehmen vermogeu. Das Majoratsrecht u,ur...e vom Kongresse vor mehreren Jahren abgeschasst und es beginnen die grosseu Bedungen, zum Vortheil Aller, in kleine ^tüke zu zerfallen, u..as ihren A..ba.. uatürlieh sehr befordert..

Sch^vei^er gibt es etu... hundert bis hundert und dreißig iu. .^ande.

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Bericht des schweizerischen Konsuls in Valparaiso (Hrn. A. Gubler, interimistischer Konsulatsverweser) über das Jahr 1869. (Vom 15. Februar 1870.)

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06.08.1870

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