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Aus den Verhandlungen des schweizerischen Bundesrathes.

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(Vom 26. August 1870.)

Jnfolge der zwischen einem Abgeordneten des eidg. Handels- und.

Zolldepartements und einen. solchen des deutschen Zollvereins getroffenen Verständigung über den Bezug von Getreide, Schlachtvieh und Brennmaterialien aus Deutschland, ist vom Bundesrathe das nachstehende Kreisschreiben an sämmtliehe eidgenossische Stände erlassen worden.

"Tit.!

,,Jnfolge unserer Beschwerde über das von einzelnen Staaten des deutschen Zollvereins erlassene Verbot der Ausfuhr von Getreide, Schlacht.vieh und Steinkohlen hat zwischen uuserm Handels- und Zolldepartement und einen.. Abgeordneten des deutschen Zollvereins eine Unterhandlung stattgesuuden über einen in jener Richtung während der Dauer des gegenwärtigen deutsch..srauzosischen Krieges zu beobachtende modus vivendi.

,.Als Ergebuiss dieser Verhandlung ist die Verständigung anzusehen, welche wir in d...r Anlage hier eiuzubegleiten die Ehre haben ^), wobei wir den Anlass benuzen, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, nebst uns in

den Schuz des Allmächtigen zu empfehlen."

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(Vom 2.). August 1870.)

Der Bundesrath hat beschlossen, mit Rnksieht aus die gegenwärtige

Finanzlage in der Schweiz, an sämmtliehe Kantonsregierungen ein zweites Kreisschreiben zu erlassen, welches also lantet.

"Tit.!

,,Jn weiterm Versolg unsers Kreissehreibens vom 12. laufenden Monats ^) geben wir uns die Ehre, Jhnen einige fernere Mittheilungen betreffend die Finanzfrage zngehen zu lafsen.

.) Slehe Seite 240 hlevor.

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,,Was vorerst die Massnahmen anbelangt, welche von Seite des Bundes zu dem Ende getroffen werden mussten, seineu eigenen Bedarf ^ zu deken, so glauben wir in Erinnnerung bringen zu sollen, dass wir durch Besehluss vom 22. Juli 1870 unser Finanzdepartement ermächtigt haben, bis zum Belause vou 5 Millionen 41/2pro^entige Kassascheine auszugeben. Jndem wir diesen Beschluss fassten, beabsichtigten wir einersei..s, der Eidgenossenschast ^die erforderlichen Mittel zu einem massigen Zinsfuss. der den Umstanden nach jedoch immerhin noch als hoch genug betrachtet werden durste, zu verschaffen, und andererseits wollten wir nicht durch eine.. hohen Zinsgenuss der Jndusirie und dem Handel des Landes .Kapitalien entziehen.

,,Die poetischen Verhältnisse gewannen urplozlich eine viel ernstere.

Gestaltung ^ die ^inan^krisis brach herein . und wir konnten nicht anstehen, uns zu überzeugen, dass die Anleihe mit 41/2prozentigen Kassenscheinen uns nicht die nothigen Mittel liesern würde. ^tatt nun so. gleich zu einer Ziuserhohuug zu greifen, haben wir gesucht, im Aus^ lande eine Anleihe aufzunehmen. Es wurden diesfällige Verhandlungen in Varis und London augeknüpft ^ allein die uns gemachten Anträge sind als unannehmbar abgelehnt worden.

,,Da wir unter deu augenblicklichen Umstanden uicht daran denken konnten , bei der Bundesversammlung die Einforderung der nach Art. 3..), Litt. e der Bundesverfassung von den Kantonen zu entrichtenden Geldbeiträge .zu beantragen, so blieb uns nur übrig, neuerdings ein freiwilliges Anleihen im Jnlande auszuschreiben und hiesür die im Beschlösse vom 22. Juli deu Einzahlern gewährten Bedingungen ^u verbessern. Alle andern vorgeschlagene Mittel, der Eidgenossenschaft Gelder zu verschassen, hätten nur in mehr oder weniger entfernten fristen, aus welche abzustellen die Umftäude uns nicht gestatteten, zum .^iele gesührt.

,,Wir haben daher durch Beschluß vom 15. August 1870 den Ziussuss sür die Kassenscheine auf eiu ^ahr Zahlungsfrist, unter Vergütung des Zinsunterschieds an die frühern Unterzeichner, von 41/2 ^ aus 6^ erhoht. Dieser mit dem l 7. August iu Kraft getretene Be-

schluss hatte einen vollständigen Erfolg. Am 24. August wurden die Zeichnungen, die sich nahezu auf 6 Millioueu belaufen, geschlossen.

,,Wir haben es für angemessen erachtet, den ganzen Betrag der Zeichnungen anzunehmen, sowohl uni den ausserordentliehen Bedürfnissen genügen zu können, als um das doppelte Ge.l^kontingent und den ^aldo des Anleiheus sür Bewassnnngszweke vom Jahr 1867 wieder herzustellen.

,,Die Verhandlungen und Anordnungen zum Zwe.e, in der E^dgeuossenseh^lst. die Verkehrsmittel au Barschaft wie au Kreditpapieren zu vermehren, sind seit unserem Schreiben vom 12. d. Mts. ununterkrochen sortgesezt worden. Es sind seither bedeutende Baarmittel in

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englischem Geld nach der Schweiz gelangt. Wir haben die nothigen Vorkehrungen getroffen, damit das Bublikum zu der in unfern Be-

Schlüssen vom 30. Jnli und 10. August festgesezten Werthung bei allen Zoll-, Bost- und Telegraphenbureau^. Zahlungen in Sovereigns und Dollars leisten könne. Wir bringen hier in Erinnerung, dass gemäss Art. 3 unsers Beschlusses vom 10. August 1870 der .Bund allein den Verlust tragen wird, der aus der Tarifirung der englischen und amerikanischen Goldmünzen entstehen mochte, indem der Bundesrath, bevor er .sie wieder ausser Kurs . sezt, eine Frist bestimmen wird, während welcher dieselben zum Tarisansaz bei den eidgenössischen Kassen ausgewechselt werden können.

,,Die Einwürfe, welche gegen diese Tarifirung erhoben worden sind und welche wir übrigens für unbegründet halten, sind demnach ohne praktische Bedeutung und sollen ^in keiner Weise die Kassen der verschiedenen öffentlichen und Vrivat.^Verwaltungen abhalten, solche Münzen zum sestgesezten Kurs anzunehmen. Wird unserer Massnahme in Betreff des englischen und amerikanischen Goldes nicht nur von den Kassen des Bundes und der Kantone nachgelebt, sondern wird dieselbe auch von den öffentlichen und Brivat-Banken, Eisenbahngeselischaften u. s. w.

beachtet, so wird die Schweiz ein wertvolles Hilfsmittel für den Geld.^

verkehr ohne Verlust sür das Publikum und oh..e Störung sür die Zukunft finden. Wir empfehlen Jimen daher, getreue, Bliebe Eidgenossen, den Jhnen gebührenden Einfluss bei den Verwaltungen besagter Anstalten und insbesondere bei den Kantonalbanken geltend zu. machen,

damit der in unsern Beschlüssen vom 30. J^li und 10. August 1870

aufgestellte Taris auch in ihren Beziehungen zum Vnblikum Anwendung finde, wobei wir voraussehen, dass dies auf Seite der Kantouskassen bereits der Fall sei.

"Die Verhandlungen in Betreff eines schweizerischen Bankvereins wurden fortgeführt, haben aber ^.is heute kein praktisches Ergebniss gehabt. Auf eine Verständigung unter den Emissionsbanken für die Erleichternng des Umlaufs ihrer Roteu wird immer noch hingearbeitet, und wir erklären uns bereit, dazu durch die Ermächtigung zur Annahme hinreichend gesicherter Roten bei den eidgenossischen Kassen Hand zu bieten.

Unser Finanzdepartement ist bereits beaustragt, hiefür die nöthigen Einleitungen zu treffen. Andererseits ift ein neuer Vertragsentwurs zwischen der Eidgenossenschaft und deu Emissionsbanken auf Grund einer Gewährleistung, welche der Bund sür die Roten dieser Banken zu geben hätte. und einer Koutrole, die von ihm über die Rotenansgabe auszuüben wäre, bearbeitet worden und bildet nun den Gegenstand neuer Untersuchungen. Wir halten dafür, dass es vor Allem Sache der Banken ist, sieh zu verständigen und uns aus eine solche Ver-

ständigung sieh gründende Vorsehläge zu machen. Wir glauben übrigens,

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,,Die Ausgabe eidgenossischer Banknoten und die daran sich knüpsenden Fragen haben uns ebenfalls beschäftigt. Ohne hier in eine.

^Erorterung der verschiedenen Gesichtspunkte einzutreten, von denen aus Dieselben ausgesasst werden konnen, müssen wir der Ueberzeugun^ Ausdruk geben, dass eine solche, angesichts und iumitten einer Krisis be^schlosseue, mit Ueberstürzung ins Werk gesezte und vom Bubliknm zum .Theil wenigstens mit Misstraue.. aufgenommene Notenausgabe ernste .Uebelstäude im Gefolge haben dürfte. Wir hätten, so viel an uns, nur im äusserfteu Falle dazu Hand bieten konuen. Hinwieder anerkennen wir aueh, dass nicht unr unser gegenwärtiges Mün^stem und ^ie Stellung, in welche es uns zu Frankreich bringt, sondern auch alles, ^was den Verkehr mit Werthschrist.m iu der Schwe^, das Recht ^ur Ausgabe von Banknoten u. s. w. betrifst, znm Gegenstand eiuer ruhigen .und wohlüberlegten Brüsnng gemacht werden muss.

,,Die Behandlung der ^rage betreffend die Revision der BundesVerfassung wird der Bundesversammlung die Gelegenheit bieten, alle diese Verhältnisse .^n prüfen, und wir behalten uns vor, ihr hierüber .weitere Vorsehläge ^u unterbreiten.

,,Wir glauben nicht, dass unter obwaltenden Umständen eine ausserordentliche ..^inberusung der Bundesversammluug uothig sei. Und was insbesondere den Bundesrath anbelangt, so werden wir von uns aus dazu nur sehreiten, wenn neue Thatsaehen sie uns als unbedingt uothig erscheinen lassen sollten. Es sind uns übrigens bis heute bestimmte Einberufnngsbegehren nur von den Regierungen der hohen Stände Bern, Solothurn und St. Gallen zugegangen. Die Regierung des hohen Standes Zürich hat uns erossnet, dass sie das diesfällige Begehren nach Empfang unserer Mittheilungen über die ^inan^lae.e nochmals in Erwägung ^iehen werde. Von andern Kantonen haben wir kein ausdrükliehes, ans den ...lrt. 75 der Bundesverfassung begründetes Verlangen erhalten.

,,Da indessen einige hohe ^egieruugen sich vorbehalten haben, den Antrag aus Einberufuug der Bundesversammlung zu stellen . da im weitern ein Theil der uns bisher zugegangenen Einberufungsbegehren ^ehon ältern Datums siud, und da
seither die Umstände sich geändert .haben, so wünschen wir nun bestimmt zu erfahren, welche Kantone ausdrüklich dieses Begehren naeh Massgabe des eben erwähnten Artikels 75 stellen.^

Bun.^bl^l.. .^ahrg.XXII. Bd.IlI.

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Der Bundesrath hat beschlossen: 1. Es seien die Kautone durch das ^eidg. Militärdepartement aufzufordern, besorderlich die normalen, in den Jnstruktionsplanen für das Jahr 1870 vorgesehenen Wiederholungskurse für alle diejenigen Truppen anzuordnen, welche nicht an der Grenzbesezuug Theil genommen haben.

2. Sei das Departement .ermächtigt, die gleichen Anordnungen auch sür die Spezialwassen zu tresfen.

(Vom 2. September 1870.)

. Mit Rote vom 12. August abhin bringt das sehweiz. Generalkon..

sulat in W as hin g ton dem Bundesrathe zur Kenutniss, dass es seinen bisherigen Konsulatskanzler, Hrn. J. W e r m u t h , der am 10. gl^ Mts. die Demission eingegeben, von seiner Stelle entlassen habe.

Der Bundesrath hat das bisher nur provisorisch bestandene offentliche Telegraphenbüreau im Eentxalbahnhose in Basel d e f i n i t i v besehlossen . auch seiu Bostdepartement ermächtigt, mit der Regierung des Kantons Bern über Errichtung eines Telegraphenbüreaus in L ü z e l flüh einen ^ertrag abzuschließen.

Vom Bundesrathe sind gewählt worden:

(am 29. August 1870) als Vosthalter in ^chuls:

Hr. Franz Wich s e r , von Liuththal

(Glarus), Bostaspirant, in Schuls

(Graubünden) , ,, Telegraphift im Bundesrathhause: Hr. Samuel Lüth^, von Sehostland (Aargau), bisher Eon-

trolgehilse bei der Telegraphendirektion in Bern ,

261 (am 2. September 1870).

als Gehilfe bei der Zol.lstätte .im ..

Bahnhofe zu Genf: Hr. Moriz H o f e r , vou

Düdingen

(Freiburg), derzeit Gehilfe bei der

" Bosthalter in Fahrwangen:

,, .

Bostkommis in Wohlen:

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..

Zollstätte Sacconnez (Gens), Rndolf Müller, Lehrer, von u.

.n Fahrwangen (Aargau), August Schmid, von Frick, Bostaspirant, in Wohleu (Aargau).

Inserate.

Revision der Bundesverfassung.

Die Kommission des Nationalrathes, welche stch mit dem Eutwurfe einer Revision der Bundesverfassung zu besehästigeu hat. ladet die schweizerischeu Bürger, Gemeinden und Korporationen, welehe derselben ihre Wünsche über diese Revisionssrage einreichen wollen. ein, sie nunmehr bis zum 30. September d. 3. schriftlich an die Buudeskanzlei in Bern zu richten.

Reuenburg, den 25. August 1870.

Jm Ramen der Kommission, Der Bräsideut.

Philippin, Nationalrath.

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03.09.1870

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