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Botschaft

des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die vom XI. eidg. Wahlkreise am 23. Januar 1870 getroffene Ersazwahl in den Nationalrath.

(Vom 29. November 1870.)

Tit..

Am 23. Januar 1870 wurde im XI. eidgenossischen Wahlfreie eine Ersazwahl in den Nationalrath vorgenommen.

Bei dieser Wahl standen hauptsächlich Herr Grossrath Vonmatt und Herr Oberst Bell sich gegenüber, der erstere als Kanditat der .Liberalen, der lettere als Kandidat der Konservativen.

Beide politischen Parteien entwikelten viel Thätigkeit, um sich den Sieg zu sichern, und es wurden sogar Stimmen laut, dass in Malters foxmliche Bestechungen vorgekommen seien.

Jn Folge einer diesfälligen Anzeige bei dem Statthalteramte Luzern wurde eine Untersnehung erosfnet und gemäss Art. 74 des Bundesstrasrechtes durch unsere Schlnssnahme vom 11. April 1870 die Benr-

theilung der allfällig Schuldigen den Gerichten des Kantons Luzern übertragen.

.

Das Bezirksgericht Kriens und Malters erklärte dann wirklich am 16. Mai t 870 den Joseph Burri von Malters und den Kaspar G l o g g n e r von Ruswil, sowie am 20. Juni 1870 den Grossrath

Kaspar Thürig in der Feldmatt zu Malters der Wahlbesteehung im

Sinne von Art. 49, b und Art. 31, b des Bundesstrasgesezes schuldig...

^ und^ verurtheilt... den Bu...rl in eine Geldstrafe von Fr. 200, den Gloggne.. in eine solche von Fr. 150 und den T h ü r i g in eine solche ^von Fr. 1000.

^ .^lle drei appellirten :. allein auch das Obergericht des Kantons Luzern fand ihre Schuld als bewiesen und verurtheilte am 5. Jnli 1870 den Burri und Gloggner zu je Fr. l 50 und am 8. gi. Mt^.

den Grossrath T.hürig zu Fr. 600 Geldbusse, sowie einen jeden zur Bezahlung der Gerichts- und Brozesskosten.

Diese Urtheile konstat^en als erwiesen, dass Burri, Gloggner und Thürig vor dem 23. Jannax verschiedenen Personen Geld gegeben haben, um die Empfänger zu bestimmen, dass sie dem konservativen .Kandidaten ihre Stimme geben.

Am ^. September 1870 luden wir die Regierung des Kantons ^uzern ein, diese Bussen, s.o w...it sie erhältlich sein sollten, .uuserm Justizund Volizeide.partemeute zuhanden der Bundeskass.e ^in^senden, indem s:e der leztern gehoren. (Ulln.er l, 460, ll. 1.07^ und das am gleichen Orte erwähnte Kreissehreiben vom 16. August l 8^9, Buudesblatt

1867, l, S. 646 nss.) Bezüglich eines allfällig nicht erhältliehen Theiles

der Bussen und Kosten wurde ^d.ie Regierung von Ludern serner eingeladen, naeh Ablauf der im ^lrt. 8 de..^ Bundesstrasre.htes vorgesehenen Frist von drei Monaten das Obergeriel.t zu veranlassen, naehträglich nach der gleichen gesezlichen Vorschrift die Umwandlung der Bussen in Gesängniss vorzunehmen und dagegen hinsichtlich der Liquidation der Brozesskosten dureh die ^undeskasse mit d.em genannten Departen.ente sich ins Vernehmen zu sezen.

Mit Eingaben vom 18. und t^. Oktober 1870 petitioniren nnn alle drei Verurtheilten an die Bundesversammlung und stellen das Gesuch, es mochten die von dem Obergeriehte des Kantons Lu^e^n .ihnen .zuerkannten Bussen in Gnaden erlassen werden.

^ie erheben ^übereinstimmend Beschwerden über die mangelhafte Form des Vrozessversahrens und behaupten, der Beweis der ..Schuld sei nicht geleistet. Jedenfalls sei das Strasmass zu hoeh nnd die Handlung durch .Bezahlung der axossen Kosten mehr als gebüsst.. so z. B. be-

.hauptet ..Grossrath ^Thürig, dass er Fr. 565. 54 Rp. Kosten zu tragen

habe. .Uebrigens sei es auch sehon vorgekommen, dass eidgenossische Wahlen wegen Bestechung kassirt Borden seien, ohne dass dess.vegen .die Schuldigen bestrast worden wären. Es sei entschuldbare Uebung, dass .jede Partei ihre ^andi.^aten aus alle Weise empsehle , und wenn a.uch 50 Rappen oder 1 Fr. zu einem Schoppen am Wahltage bezahlt wexden, so sei da^in keine .^andlur^ ^. finden, die so hoch bestraft .^u werden .verdiente.

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Die Regierung -on Ln^ern enteignete hierauf, sie zweifle nicht, dass der Vorwurf, es seien Besteehungen bei solchen Wahlen notorisch, nach Verdienen gewürdigt werde. Wenn aber solche Auswüchse des allgemeinen Stimmrechtes gewissen Ortes wirklich sieh einzuleben drohen, fo sei es gerade ein ^ebot der politischen Moxal, den Ansängen mit Festigkeit entgegenzutreten nnd nicht durch Begnadigungen einen Abusus ^u sanktioniren.

Wir theilen diesen Standpunkt vollkommen und stellen daher, ohne uns in weitere Aussührungen einzulassen, den Antrag: Es sei aus das Besuch der Vetenten nicht einzutreten.

Wir benuzen diesen Anlass, ^ie, .^it., unserer vollkommensten Hochachtung zu verstehern.

B e r n , den 29. Rovember 1.^70.

Jm Ramen des schweiz. Bundesrathes,

^x B^nndespräsident: .l)r. .^. Dnb.^.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

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Botschaft des

Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend die dessiner Anstände.

(Vom 2. Dezember 1870.)

Tit. l Die Munizipalität der Stadt Lugano ) hat mit Vollmacht ihrer Gemeindsversammlnng unterm 10. Rovember a. c. eine Beschwerde an den Bundesrath , beziehungsweise die Bundesversammlung , gerichtet, worin sie folgende süns Begehren stellt : ,,1. Es moge dem h. Bundesrathe gefallen, die Jnstruktion zu widerrufen , .velehe den eidgenössischen .Kommissären ertheilt und die notisizirt wurde mit der erwähnten Proklamation vom 5. Rovember t. J., enthaltend die Androhung sofortiger Okkupation der preise; indem wir gegen jede Ausführung derselben protestiren.

,,2. . Es wolle der Bundesrath abnrtheiien über den Konflikt zwischen dem Staatsrathe und einer angebliehen Mehrheit des Grossen Rathes, und konstatiren, faktisch und rechtlich, ob in der Siznng vom 8. Juli effektiv eine erste Lesung des Versassnngsentwurss stattgesunden haben.

) In den lezten Tagen find au.h von elner großen Zahl von Munizipalitäten der übrigen Gemeinden des südIl.hen .......ndestheus Tesstn im Wesentlichen gleichlan.end.. Eingaben erfolgt.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die vom XI. eidg.

Wahlkreise am 23. Januar 1870 getroffene Ersazwahl in den Nationalrath. (Vom 29.

November 1870.)

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Jahr

1870

Année Anno Band

3

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52

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

10.12.1870

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765-768

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10 006 710

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