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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Ausrichtung von Teuerungszulagen an das Bundespersonal für das Jahr 1927.

(Vom 31. Mai 1927.)

I.

Mit Botschaft vom 6. Dezember 1926 haben wir Ihnen beantragt, die Wirksamkeit des Bundesbeschlusses vom 23. Dezember 1925 betreffend die Ausrichtung von Teuerungszulagen an das Bundespersonal für das abgelaufene Jahr bis zum 30. Juni 1927 zu verlängern. Da innert nützlicher Frist eine Einigung der Räte über diese Vorlage nicht herbeigeführt werden konnte, ermächtigten Sie uns mit Beschluss vom 23. Dezember 1926, dem Bundespersonal bis zum 30. Juni 1927 die für das Jahr 1926 festgesetzten Teuerungszulagen auszurichten. Die formelle Differenz zwischen beiden Räten wegen der Dauer, für welche die bisherigen Teuerungszulagen ausgerichtet werden sollen, war durch diesen Ermächtigungsbeschluss nicht behoben. Sachlich führte der Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1926 zu einem Verhältnisse, wie es der Bundesrat in seiner Botschaft vom 6. Dezember 1926 zu ordnen beantragte.

Diese Erwägung veranlasste den Präsidenten der Kommission des Ständerates, welcher die Priorität zustand, von der Einberufung einer Einigungskonferenz Umgang zu nehmen. Mitbestimmend für diese Stellungnahme war der Umstand, dass die eidgenössischen Räte zur Gestaltung der Teuerungszulagen des Bundespersonals für das zweite Halbjahr 1927 auf jeden Fall in der Juni-Tagung 1927 auf Grund einer neuen Botschaft des Bundesrates werden Stellung zu nehmen haben.

II.

Die Gründe, die uns seinerzeit veranlasst hatten, Ihnen zu empfehlen, die bisherigen, auf dem Fusse von 170 festgesetzten Teuerungszulagen nur für ein halbes Jahr zu bewilligen, sind auch heute noch stichhaltig. Es handelte sich nicht um die Würdigung der Frage, ob die Zulagen für ein ganzes oder nur für ein halbes Jahr festzusetzen seien; man hat sich viel-

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mehr darüber Rechenschaft zu geben, ob die Vorkriegsbesoldungen für die im Dienste stehenden Arbeitskräfte mit dem im Wurfe liegenden Beamtengesetze um 70°/o und mehr für alle Zeiten stabilisiert werden dürfen. Nach der gegenwärtigen Passung von Art. 70, Absatz l, des Entwurfes für das Beamtengesetz gilt als neue Besoldung die Summe aus bisheriger Besoldung und G-rundzulage. Unter letzterer ist bisher allgemein die unmittelbar vor dem Inkrafttreten des Beamtengesetzes gestützt auf die Beschlussfassung Ihrer Räte bewilligte Grundzulage verstanden gewesen.

Diese Bestimmung enthält die vielgenannte B e s i t z s t a n d g a r a n t i e , d. h. die Zusicherung, dass, abgesehen von den Zulagen, kein Beamter aus dem Inkrafttreten des Gesetzes eine Besoldungsreduktion erfahren dürfe. Es erschien daher angezeigt, dass die eidgenossischen Räte im Z u s a m m e n h a n g e mit d er B er e i n i g u n g der D i f f e r e n z e n b e i m B e a m t e n g e s e t z e über die Basis für die Festsetzung der beim Übergange zur neuen gesetzlichen Ordnung massgebenden G-rundzulagen Beschluss fassen. Der Bundesrat ging dabei von der Annahme aus, dass die sachlichen Differenzen spätestens in der Juni-Tagung 1927 bereinigt werden konnten. Alsdann hätte auch die Möglichkeit bestanden, gleichzeitig die Frage der Teuerungszulagen für das zweite Halbjahr 1927 abzuklären. Eine Verständigung zwischen den Beschlüssen der beiden Rate über die Differenzen beim Besoldungsteil des Beamtengesetzes ist aber inzwischen nicht eingetreten. Daher hat auch die Hauptfrage, was für Grundzulagen als neue gesetzliche Besoldungen konsolidiert werden sollen, seither keine Abklärung erfahren können.

III.

Unabhängig von der Frage über das Ausmass der in die neue gesetzliche Besoldung einzubeziehenden Grundzulagen hat der Bundösrat heute den Räten über die Gestaltung der Teuerungszulagen für das zweite Halbjahr 1927 Antrag zu stellen. In dieser Beziehung beschranken wir uns auf die folgenden Darlegungen.

Die gegenwärtigen Teuerungszulagen gliedern sich in Grundzulagen, Ortszulagen und Kinderzulagen. Die Grundzulagen werden seit Mitte 1922 auf dem Fusse einer Teuerung gegenüber 1914 von 70°/o berechnet.

Nach dem Verständigungsindex des eidgenössischen Arbeitsamtes schwankt diese Teuerung heute um 60 °/o herum. Welchen Verlauf der Index der Lebenskosten seit 1914 genommen hat, zeigen die nachfolgenden Zahlen.

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Index der Lebenskosten.

1914 und seit 1921 vom eidgenössischen Arbeitsamt auf der Verständigungsgrundlage berechnet.

1915 bis 1920 von andern statistischen Ämtern berechnet und teilweise nur geschätzt.

a.

Zeitpunkt Anteilsquoten 1914 Juni . . . .

191 5 Jahresdurchschnitt

1916 ., 1917 .', 1918 1919 1920 ., 1921 .', 1922 ' 1923 .'

1924 .', 1925 ^ 1926 1, 1927 Januar . ' . . .

Februar .

März . . . .

April . . . .

b.

c.

Brenn- u. BekleiNahrungsLeuchtmittel dung stoffe

57°/o

100 120 142 180 223 244 242 213 163 165 172 169 160 158 157 156 156

7«/o

100

111

123 175 287 287 285 213 181 173 165 153 146 146 144 144 143

abc.

d.

im ganzen

Miete

Totalindex

15°/o

79 »/o

21 «/o

100

100 109 132 173 220 253 260 232 186 176 179 181 172 166 166 166 161

100 117 138 178 228 250 249 217 169 168 172 170 161 158 158 157 156

100 99 101 104 111 117 127 138 146 150 155 162 166 167 167 167 167

100

113 131 163 204 222 224 200 164 164 169 168 162 160 160 159 158

Im Jahresdurchschnitte 1926 betrug die Teuerung gegenüber 1914 noch 62°/o; seit Januar 1927 ist sie auf 60 und darunter gesunken.

Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, wäre eine Herabsetzung der G-rundzulagen schon für das erste Halbjahr 1927 angezeigt gewesen. Für das zweite Halbjahr 1927 müsste die Massnahme noch viel eher befürwortet werden. Eine Herabsetzung des zur Bestimmung dieser Zulagen massgebenden Indexes um wenigstens fünf Punkte würde sich auch dann rechtfertigen, wenn der sogenannten Vorkriegsteuerung von 1909/1910 bis 1914 in vollem Umfange Rechnung getragen werden wollte.

Jeder Punkt des massgebenden Indexes bedeutet für den Bund eine Ausgabensumme von rund 1,9 Millionen Franken. Die Voraussetzungen

711 wären demnach gegeben, eine auf das Jahr berechnete Minderausgabe von wenigstens 9 Millionen Franken auf dem Wege der Grundzulagenreduktion zu erzielen.

Die Vorkriegsbesoldungen der Masse des Bundespersonals sind einzig mittels der Grundzulagen um 70 und mehr Prozent erhöht worden. Zu diesen Lohnverbesserungen kamen aber noch neu hinzu die Orts- und Kinderzulagen, welche zusammen rund 24 Millionen Franken im Jahre erfordern.

So ist es auch zu verstehen, dass (ohne die Entschädigungen für Barauslagen der Dienstpflichtigen) die Personalkosten bei der allgemeinen Bundesverwaltung und den Bundesbahnen, wie nachstehender Zusammenstellung zu entnehmen ist, von 100 im Jahre 1913 auf 224 im Jahre 1926 angestiegen sind.

Personalausgaben der allgemeinen Bundesverwaltung und der Bundesbahnen im Jahr 1913 und seit 1921.

Besoldungen, Löhne und Teuerungszulagen

Jahr

Personal-

Gesamte Personalausgaben

auf den Kopf

auf den Kopf im ganzen im ganzen in m inVerhaltin Verhalt- Millionen Millionen in in niszahlen Fr.

Fr.

Franken 1913=100 Franken niszahlen

1913=100

1913

1921 1922 1923 1924 1925 1926

66,868 71,955 68,764 66,745 66,260 66,363 65,741

159,2

2380

100

392,o 358,9 335,6 336,5 337,5 335,8

5447 5219 5028 5078 5085 5107

228 219 211 213 213 214

174,3 440,6

401,s 373,5 381,5 383,5 384,4

2606 6123 5835

5595 5757 5778 5847

100 234 223 214 220 221 224

Ein erheblicher Teil der grossen Zunahme entfällt auf Mehrleistungen für die beiden Personalversicherungskassen. Die mit dem neuen Arbeitszeitgesetz eingeführte Verkürzung der Arbeitszeit und der Dienstschicht, sowie die Verlängerung der Ferien haben eine Mehrbelastung gebracht, die sich wohl in den voranstehenden Ausgaben s u m m e n äussert, die aber weder bei den auf den Kopf berechneten Durchschnitten, noch in den entsprechenden Verhältniszahlen zum Ausdruck kommt.

IV.

Wenn der Bundesrat trotz dieser Verhältnisse auf einen Abbau der Grundzulagen noch für die kommenden sechs Monate verzichtet, so tut

712 er es aus der Erwägung, die Beratungen des Beamtengesetzes im gegenwärtigen Stadium nicht zu erschweren. Der Bundesrat möchte aber betonen, dass die Beratung der Gesetzesvorlage die Durchführung gerechtfertigter Massnahmen hinsichtlich der Gestaltung der Teuerungszulagen auf die Dauer nicht verhindern darf. Wenn daher für 1928 abermals Teuerungszulagen in Betracht kommen, so müssen wir bei unserer Antragstellung an die eidgenössischen Rate aus dem seit mehr als einem Jahre eingetretenen Rückgänge der Lebenskosten die Konsequenzen ziehen. Es erscheint angezeigt, auf diese Sachlage schon heute aufmerksam zu machen, damit unser Antrag auf Belassung der gegenwärtigen Teuerungszulagen aoch für weitere sechs Monate nicht missverstanden werde.

*

*

Gestützt auf die voranstehenden *Darlegungen beehren wir uns, Ihnen den nachfolgenden Beschlussesentwurf zur Annahme zu empfehlen. Wir benützen den Anlass, Sie unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 31. Mai 1927.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Motta.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

(Entwurf.)

Bimdesbeschluss über

die Verlängerung der Wirksamkeit des Bundesbeschlusses vom 23. Dezember 1925 betreffend die Ausrichtung von Teuerungszulagen an das Bundespersonal für das Jahr 1927.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 31. Mai 1927, beschliesst: Art. 1. Die Wirksamkeit des Bundesbeschlusses vom 23. Dezember 1925 betreffend die Ausrichtung von Teuerungszulagen an das Bundespersonal für das Jahr 1926 wird bis zum 31. Dezember 1927 verlängert.

Art. 2. Dieser Beschluss tritt als dringlicher Natur auf den 1. Juli 1927 in Kraft. Der Bundesrat wird mit seiner Vollziehung beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Ausrichtung von Teuerungszulagen an das Bundespersonal für das Jahr 1927. (Vom 31. Mai 1927.)

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08.06.1927

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