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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei bestraften Gottfried Eichenberger, Fabrikarbeiter in Gränichen, Kantons Aargau.

(Vom 25. Mai 1909.)

Tit.

Gottfried Eichenberger wurde im Sommer 1907 verzeigt, weil er im April gleichen Jahres als Arbeiter der Firma Oboussier & Cie., mechanische Weberei in Buchs bei Aarau, durch Ausschütten von kalkhaltigen Fabrikabgängen den Fischbestand in der ,,Suhre" geschädigt habe. Nach mehrfachen Gerichtsverhandlungen vor erster und zweiter Instanz entschied das Obergericht des Kantons Aargau am 19. Februar 1909 rechtskräftig: Eichenberger sei eines Vergehens gegen Art. 21 des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei schuldig und er werde in Anwendung von Art. 31, Ziffer 2 daselbst verurteilt zu Fr. 50 Busse und zu Tragung sämtlicher Gerichtskosten beider Instanzen, berechnet auf Fr. 142. 45.

Der Verurteilte ersucht um Erlass der Strafe durch Begnadigung, indem er geltend macht, er habe die Gesetzesübertretung unbewusst und auf Befehl seines Brotherrn begangen und es fallen keinerlei erschwerende Momente zu seinen Lasten in Betracht, er sei ein unbemittelter, nicht vorbestrafter Fabrikarbeiter und das Vergehen schon durch die bedeutenden Kosten genügend gesühnt.

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Das Obergericht des Kantons Aargau befürwortet die Begnadigung unter Bestätigung der tatsächlichen Angaben des Petenten und dieser erscheint unter Berücksichtigung aller Umstände der Rechtswohltat würdig, um die er bittet.

Wir stellen daher den Antrag: Es sei dem Gottfried Eichenberger die Busse von Fr. 50 xu erlassen.

B e r n , den 25. Mai 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Riiigier.

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Kreisschreiben des

Bundesrates an die Kantonsregierungen, betreffend Tragung der Gerichtskosten bei Konkurrenz von eidgenössischem und kantonalem Strafrecht.

(Vom 21. Mai 1909.)

Getreue, liebe Eidgenossen !

Das Bundesgesetz vom 22. März 1893, betreffend die Organisation der Bundesrechtspflege, enthält in Artike 1156 Bestimmungen über das Mass der Kosten, die Tragung der Kosten und den Anfall von Bussen in denjenigen Straffällen, welche Übertretungen von Bundesgesetzen beschlagen und durch Spezialbeschlüsse des Bundesrates den kantonalen Gerichten zur Untersuchung und Beurteilung überwiesen werden. Es lässt aber die Frage offen, wie es zu halten sei, wenn mit derartigen Delikten solche des kantonalen Strafrechtes konkurrieren, wie die Unterschlagung eidgenössischer Beamter mit Fälschung von Bundesakten, Amtspflicht Verletzung u. dgl.

Die Praxis glaubte sich damit behelfen zu können, dass die kantonalen Gerichte veranlasst wurden, in solchen Fällen die Strafen auszuscheiden, je nachdem sie auf Übertretung des einen und des ändern der beiden Rechtsgebiete sich bezogen, und zwar so, dass die Bussen je nach dieser Ausscheidung entweder dem Bunde oder dem Kanton zukamen, und dass über die Kosten

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei bestraften Gottfried Eichenberger, Fabrikarbeiter in Gränichen, Kantons Aargau. (Vom 25. Mai 1909.)

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Jahr

1909

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3

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22

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02.06.1909

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705-707

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