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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Ankauf von Bauplätzen für zwei neue Telephongebäude in Zürich.

(Vom 6. Dezember 1909.)

Tit.

Die Raumverhältnisse in der Telephonzentralstation Zürich sind zurzeit derart beschränkt, dass eine Änderung zur unumgänglichen Notwendigkeit geworden ist.

Im Jahre 1889 wurde das jetzige Telephongebäude an der Ecke Rennweg-Bahnhofstrasse um den Preis von Fr. 365,000 vom Bunde angekauft, und darin im III. Stockwerk eine neue Telephonzentrale für 5000 Abonnenten erstellt. Diese fiel aber dem bekannten, durch Starkstrom verursachten Brandausbruch vom April 1898 zum Opfer. Zum Glück war indessen im Laufe 1897 im II. Stocke bereits eine den damaligen Neuerungen besser angepasste Zentralstation für 9900 Abonnenten fertig erstellt worden, die sofort in Betrieb genommen werden konnte.

Von diesen 9900 Aufrufklappen mussten für den interurbanen Eingangs- und für den Börsenverkehr 900 reserviert werden und es blieben für Abonnentenanschlüsse nur 9000 Klappen zur Verfügung.

Auf Ende 1908 waren für Abonnentenanschlüsse zirka 8300 Klappen belegt und nur noch rund 700 Klappen frei, eine Zahl, die bei einem jährlichen Zuwachs von 400 Abonnenten, wie er aus nachstehender Zusammenstellung hervorgeht, kaum für zwei Jahre, d. h. bis Ende 1910, ausreicht.

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· Im Jahre 1910 soll zwar die Zentrale noch um weitere $00 Klappen erweitert werden, so dass dieselbe zur Not bis 1912 genügen kann. Damit ist aber die Leistungsfähigkeit der .Zentrale an der äussersten Grenze angelangt.

Die Zahl der an die Z e n t r a l e angeschlossenem Abonnenten betrug: Zunahme

1893 (31. XII) . . . .

1894 1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 , 1904 1905 1906 1907 1908

2047 2447 3069 3815 4372 4821 5226 5465 5659 5904 6182 6524 6921 7308 7846 8299

-- 400 622 746 557 449 405 239 194 245 278 342 397 387 538 453

Eine noch grössere Erweiterung der alten Zentrale oder gar die Erstellung einer neuen, grösseren Zentrale im gleichen ·Gebäude ist nicht nur absolut unmöglich, sondern auch int höchsten Grade unökonomisch. Vor allem sind die vorhandenen Räumlichkeiten zu klein, zu niedrig und auf drei verschiedene Stockwerke verteilt, was einen geordneten Dienstgang ausser·ordentlich erschwert.

Äusserst mangelhaft sind auch die Zugänge. Die steilen, düsteren, gewundenen Treppen lassen, in Anbetracht des zahlreichen im Hause beschäftigten Personals, bei einem Brandausbruch eine schwere Katastrophe befürchten.

Ferner ist nach einem Berichte des Feuerwehrkommandos .Zürich die ganze bauliche Anlage in bezug auf Sicherheit von Menschen und Apparaten bei einem allfälligen Brandausbruch für einen so grossen Betrieb v o l l s t ä n d i g u n g e e i g n e t .

Die Erweiterung der gegenwärtigen Zentrale muss daher auch aus feuerpolizeilichen Gründen aufgegeben werden.

Bundesblatt. 61. Jahrg. Bd. VI.

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Unter diesen Umständen kann also nur noch die Erstellungeiner neuen Zentrale in einem ändern Gebäude in Frage kommen..

Da es aber schwierig hält, hierfür geeignete Gebäude' zu finden und ausserdem der Umbau eines bestehenden Gebäude» erfahrungsgemäss viel zu hohe Kosten verursacht,, so wird im vorliegenden Falle, wo es sich um die grösste schweizerischeTelephonzentrale handelt, deren jährliche Einnahmen allein '/G der Gesamteinnahmen des schweizerischen Telephonverkehrs ausmachen, die rationellste Lösuug nur in einem richtig placierten Neubau zu finden sein.

Was nun die Lage eines solchen Neubaus anbelangt, so tnuss dieselbe aus ökonomischen und technischen Gründen der Hauptbedingung entsprechen, dass die Totallänge der Leitungen' sich auf ein Minimum reduziert. Die nach dieser Regel aufgestellten Berechnungen haben ergeben, dass unter Berücksichtigung der künftigen Entwicklung des Telephonnetzes Zürich dieneue Zentrale in die Nähe des Stadthauses zu liegen kommen sollte.

Die abnorm hohen Kosten eines passenden Gebäudes in.

dieser Lage, die Kosten des Kabelumbaus (ca. Fr. 800,000), sowie die mit diesem Umbau verbundenen fast unüberwindlichen.

Schwierigkeiten zwingen aber zur Aufgabe dieser Lösung. Es wurde deshalb auch die Frage der Erwerbung eines Bauplatzes an der Sinistrasse oder auf dem Zuchthausareal geprüft. Aber auch hier würde schon die Erwerbung eines Bauplatzes (800 bis 1000 m2) eine Ausgabe von 800,000 bis Fr. 1,500,000 bedingen. Dazu kämen noch die Kosten des Gebäudes und desKabelumbaues, so dass die Gesamtkosten nicht viel geringer wären als für eine Zentrale beim Stadthaus.

Eine- weitere, allseitige und gründliche Prüfung dieser Frage durch die Telegraphen- und Telephonverwaltung hat dann zur Evidenz ergeben, dass für Z ü r i c h der M o m e n t g e k o m m e n ist, wo d i e E r s t e l l u n g zweier Zentralen in b e z u g a u f die k ü n f t i g e E n t w i c k l u n g des Z ü r c h e r T e l e p h o n n e t z e s als die rationellste und billigste Lösung zu b e t r a c h t e n ist.

Die nachstehende, auf Grund eingehender Studien und Berechnungen angefertigte Kostenübersicht, in welcher die ersten Baukosten und die während 15 Jahren (der mittleren Lebensdauer einer Zentrale) w i e d e r k e h r e n d e n mittleren Jahresa u s g a b e n ausgeschieden sind, lässt den Vorteil der Erstellung zweier Zentralen gegenüber einer einzigen Zentrale am besten, beurteilen.

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I. Baukosten.

Gegenstand

eine Zentrale

zwei Zentralen

Sihlstrasse Zuchthausareal Fr.

1. Bauplatz 1,000,000 2. Kabelumbau. . . .

240,000 3. Zentrale-Einrichtung .

437,000 Total 1,677,000

Fr.

600,000 960,000 437,000 1,997,000

Fr.

400,000 600,000 381,000 1,381,000

Mehrkosten einer grossen Zentrale Fr. 300,000 bis Fr. 600,000.

II. Jahreskosten.

Gegenstand

eine Zentrale

Fr.

1. Kabelerweiterungen 213,333 2. Besoldungen (Mehrbedarf für B-Telephonistinnen, Vermittlungsdienst zwischen den beiden Zentralen) . . .

-- 3. Mietzins, Mehrbetrag 6,667 Total 220,000

zwei Zentralen

Fr.

140,000 25,000 -- 165,000

Die jährlichen Mehrausgaben bei Erstellung nur e i n e r Zentrale betragen Fr. 55,000 oder in 15 Jahren (der mittleren Lebensdauer der Zentrale-Apparate) Fr. 825,000.

Werden die Mehrkosten für den Bau (Fr. 300,000--600,000) dazugerechnet, so ergeben sich totale Mehrkosten einer einzigen' Zentrale Fr. 1,125,000 bis 1,425,000.

Dieser Vorberechnung ist noch beizufügen, dass für die Bauplätze nur die wirklich zu überbauenden Grundflächen von 1000 m2 beziehungsweise 2 X 400 m 2 in Rechnung gesetzt wurden. In Wirklichkeit müssen die Bauplätze wesentlich grösser sein, da das Baugesetz einen Abstand von 7 m zwischen dem neu zu erstellenden Gebäude und den Nachbarhäusern vorschreibt. Dadurch verschiebt sich das Verhältnis noch mehr zugunsten des Projektes zweier Zentralen, indem die Kosten für die Bauplätze Sihlstrasse und Zuchthausareal sich entsprechend erhöhen, während die Kaufpreise der für die projektierten zwei Zentralen zu erwerbenden Bauplätze effektiv nur Fr. 311,180 betragen.

Bezüglich der Lage der beiden Zentralen ist zu beachten, dass die Abonnentenzahlen auf beiden Seiten der Limmat seit 1897 bis heute sich angenähert gleich geblieben sind.

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Dadurch ist ohne weiteres die Zweckmässigkeit zweier durch die Limmat getrennter Netze mit besonderen Zentralen gegeben.

Nach den Berechnungen der Telegraphen- und Telephonverwaltung käme die rechtsufrige Zentrale hinter das Pfauentheater, die linksufrige dagegen in die Nähe des botanischen Gartens am Schanzengraben zu liegen.

Wir haben daher dem Projekte der Telegraphen- und Telephonverwaltung in Zürich, zwei Telephonzentralen zu errichten, grundsätzlich zugestimmt und unser Departement des Innern eingeladen, die nötigen Schritte für die Erwerbung je eines Bauplatzes an der Hottingerstrasse und in der Nähe des Bahnhofes Selnau einzuleiten.

Ein provisorisch aufgestelltes Lokalitätenprogramm ergab, dass für jede der beiden Zentralen eine überbaute Grundfläche von je 400 m 2 erforderlich ist.

Den Bemühungen der Direktion der eidgenössischen Bauten, die im Auftrage des Departements des Innern handelte, gelang es dann, in günstiger Lage geeignete Bauplätze zu finden und sich dieselben unter Ratifikationsvorbehalt vertraglich zu sichern.

Der Bauplatz in S e l n a u befindet sich an der Brandschenkestrasse, in der Nähe des botanischen Gartens, und setzt sich aus fünf Parzellen zusammen, die einen Gesamtflächeninhalt von 981,9 m 2 aufweisen und überbaut sind. Die auf den Grundstücken stehenden Gebäude sind für Fr. 99,800 gegen Brandschaden versichert.

Der Boden kann in dieser Lage auf Fr. 125 per Quadratmeter gewertet werden, so dass der Gesamtwert des Terrains anzuschlagen ist auf Fr. 122,737. 50 Rechnet man hierzu die Brandassekuranzsumme der Gebäulichkeiten mit ,, 99,800. -- so ergibt sich als Totalwert der fünf Liegenschaften Fr. 232,537. 50 Die durch die Kaufverträge festgelegte Kaufsumme beträgt Fr. 234,000.

Hierzu kommt unser Anteil an die Fr. 2000 betragende Fertigungssumme m i t . . . . . . ,, 1,000, so dass sich für den Ankauf dieser 5 Liegenschaften ein Gesamtbetrag von Fr. 235,000 ergibt, was ungefähr dem oben berechneten reellen Wert entspricht.

Der zum Ankauf in Aussicht genommene Bauplatz an der Hottingerstrasse liegt neben dem Pfauentheater und ist nicht

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überbaut. Eigentümer sind Herr von Stockar-Scherer-Castell und Frau'Schindler-Stockar. Der Bauplatz hält 946 m2.

Der Kaufpreis wurde vereinbart auf . . . Fr. 75,680, ·wozu unser Anteil an die Fertigungskosten kommt, mit ,, 500.

Total der Kaufsumme also ·

Fr. 76,180.

Der Quadratmeter kommt hier demnach auf rund Fr. 80 zu stehen, welcher Terrainpreis in dieser Lage ala ein massiger bezeichnet werden kann. Die zu erwerbende Parzelle bildet einen Teil einer grossen Liegenschaft, von welcher die Besitzer nichts verkaufen wollten. Erst nach Androhung der Expropriation haben sie sich auf Kaufsunterhandlungen eingelassen.

Die auf dem ganzen Areal lastenden Servituten berühren das anzukaufende Grundstück nur insoweit, als die Grenzmauer und die Umzäunung längs den Liegenschaften Kataster Nr. 109 und 113 von den Anstössern gemeinschaftlich zu unterhalten sind.

Die Fertigung der Kaufverträge für die Liegenschaften im Selnau muss bis spätestens Ende März 1910 erfolgen, während sich die Eigentümer des Bauplatzes an der Hottingerstrasse nur bis Ende Februar 1910 an den Vertrag gebunden erachten.

Der für die Erwerbung der beiden Bauplätze erforderliche Gesamtbetrag beläuft sich nach Vorstehendem auf Fr. 311,180, ist also um zirka Fr. 88,000 niedriger, als in der Berechnung der Telegraphen- und Telephonverwaltung vorgesehen war. Es ist sodann zu erwähnen, dass das jetzige Telephongebäude veräussert werden kann. Da dasselbe, infolge seiner günstigen Verkehrslage an der Ecke Bahnhofstrasse-Rennweg, einen hohen, den Inventarwert von Fr. 256,000 mehrfach übersteigenden Verkaufspreis haben muss, so dürfte der Erlös aus diesem Gebäude nicht nur den Ankauf der Bauplätze, sondern auch einen Teil der Baukosten decken.

Wir fügen noch ergänzend bei, dass in den zwei projektierten Gebäuden ausser den beiden Zentralstationen im einen Gebäude auch die Diensträume der Telephonverwaltung, im ändern die Bureaux der Kreistelegraphendirektion Zürich Platz zu finden hätten.

Letztere muss nämlich ihre gegenwärtigen Lokale im Postgebäude der Postverwaltung abtreten und wird vorläufig im gegenwärtigen Telephongebäude, in der frühern Wohnung des Telephonchefs, Unterkunft finden, wo ihr allerdings räumlich

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ganz ungenügende Lokale angewiesen werden müssen. Auch für diese Behörde ist die baldige Beschaffung neuer und vermehrter Diensträume ein dringendes und unabweisbares Bedürfnis.

Wir glauben annehmen zu dürfen, durch vorstehende Ausführungen den Nachweis dafür erbracht zu haben, dass ein Bedürfnis für die Beschaffung neuer, Lokale für die TelephonZentralstation Zürich wirklich vorliegt und dass es sich empfiehlt, diesem Bedürfnis durch Anlage von zwei Zentralen in neu zu erstellenden Gebäuden zu entsprechen, wogegen das bestehende Telephongebäude zu veräussern wäre.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass die Erstellung der zwei Telephonzentralstationen in Zürich schon in unserer Botschaft betreffend die Aufnahme eines eidgenössischen Staatsanleihens, vom 7. Juni 1909, mit Fr. 1,300,000 vorgemerkt und als dringlich bezeichnet war.

Wir haben es unterlassen, für diese Bauten selbst schon definitive Pläne und detaillierte Kostenberechnungen ausarbeiten zu lassen, in der Meinung, dass dies nicht nötig sei, da es sich für einmal nur um die Krediterteilung für den Ankauf der Bauplätze handelt.

Wir halten auch dafür, dass es sich empfehle, zu gegebener Zeit eine Plankonkurrenz zu veranstalten, um alsdann an Hand der Ergebnisse der Konkurrenz die Baukosten zu bestimmen und in gewohnter Weise um die Bewilligung der für die Bauten selbst erforderlichen Kredite einzukommen. Jedenfalls wird unser Bestreben seinerzeit darauf gerichtet sein, die Kreditforderung für die Bauten selbst so massig wie möglich zu halten.

Gestützt auf das hiervor Gesagte empfehlen wir Ihnen die.

Annahme des nachstehenden Beschlussesentwurfes und benutzen gerne den Anlass, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 6. Dezember 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der I. Vizekanzler :

Schatzmann.

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Bundesbeschluss betreffend

den Ankauf yon zwej Bauplätzen für zwei neue Telephongebäude in Zürich.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom «6. Dezember 1909, beschliesst: 1. Dem Bundesrat wird behufs Ankauf von zwei Bauplätzen für zwei neue Telephongebäude in Zürich ein Kredit von Fr. 311,180 eröffnet, welcher aus dem unterm 24. Juni 1909 bewilligten Anleihen von 25 Millionen Pranken zu bestreiten ist.

2. Der gegenwärtige Beschluss tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

3. Der Bundesrat ist mit dessen Vollziehung beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Ankauf von Bauplätzen für zwei neue Telephongebäude in Zürich. (Vom 6. Dezember 1909.)

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Jahr

1909

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50

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15.12.1909

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