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Bundesbeschluss betreffend

die Förderung des Arbeitsnachweises durch den Bund.

(Vom 29. Oktober 1909.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 7. Dezember 1907, beschliesst: Art. 1. Zur Förderung des Arbeitsnachweises gewährt der Bund Beiträge : a. an die öffentlichen Anstalten für Arbeitsnachweis (Arbeitsämter oder Arbeitsnachweisbureaux der Kantone und Gemeinden); b. an die kantonalen Verbände für Naturalverpflegung, sofern und soweit sie sich am öffentlichen Arbeitsnachweis beteiligen ; c. an den Verband schweizerischer Arbeitsämter.

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Art. 2. Die Verabfolgung solcher Beiträge wird von der Erfüllung nachfolgender Bedingungen abhängig gemacht.

I. Seitens der Anstalten für Arbeitsnachweis : a. die Anstalten haben für Personen beider Geschlechter Arbeit jeglicher Art in Gewerbe, Industrie, Handel, Land- und Hauswirtschaft zu vermitteln. Soweit die

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b.

c.

d.

e.

f.

Verhältnisse es rechtfertigen, sind für einzelne dieser Erwerbszweige besondere Abteilungen einzurichten; der Arbeitsnachweis hat für beide Teile kostenlos zu erfolgen ; es dürfen nur Auslagen für besondere Bemühungen den Auftraggebern verrechnet werden; die Anstalten müssen völlig unparteiisch geleitet und betrieben werden ; in den Aufsichtskommissionen sollen Arbeitgeber und Arbeiter in gleicher Zahl vertreten sein ; in Fällen von Arbeitseinstellungen, Sperren und Aussperrungen haben die Anstalten ihren Betrieb fortzusetzen, jedoch in geeigneter Weise von der Tatsache des Konflikts den ihre Dienste beanspruchenden Personen Kenntnis zu geben ; zum Zwecke interlokaler, zentralisierter Arbeitsvermittlung haben die Anstalten unter sich einen schweizerischen Verband zu bilden, an dessen Spitze eine oder mehrere Zentralstellen stehen. Die Anstalten können sich auf dem Gebiete ihres Kantons Filialstellen angliedern ; ebenso können Naturalverpflegungsstationen als Filialen beigezogen werden ; die einzelnen Arbeitsämter sollen unter sich und mit der Zentralstelle in stetem Verkehr stehen ; die einzelnen Anstalten haben sich auf Grund besonderer, vom Industriedepartement zu genehmigenden Anordnungen des schweizerischen Verbandes an einer regelmässigen Berichterstattung über den Arbeitsmarkt zu beteiligen.

Der Bundesrat ist befugt, wenn ausnahmsweise Verhältnisse es rechtfertigen, Abweichungen von diesen Bedingungen zu gestatten.

II.

bände :

Seitens

der

kantonalen Naturalverpflegungsver-

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a. die Arbeitsvermittlung hat sich im Anschluss an den öffentlichen Arbeitsnachweis und in organischer Verbindung der Naturalverpflegungsstationen mit dem nächsten Arbeitsamt zu vollziehen; b. die Stationen haben sich durch einen regelmässigen Meldedienst zu handen des Arbeitsamtes, dem sie angeschlossen sind, an der Berichterstattung über den Arbeitsmarkt zu beteiligen.

Die Betätigung der Naturalverpflegungsverbände beim Arbeitsnachweis kann sich auf männliche Arbeitskräfte beschränken.

III. Seitens des Verbandes schweizerischer Arbeitsämter : a. der Verband bezeichnet im Einverständnis mit dem Industriedepartement eines oder mehrere der hierfür geeigneten Arbeitsämter als Zentralstelle; 6. der Verband hat im Einverständnis mit dem Industriedepartement einheitliche Grundsätze aufzustellen über den Geschäftsbetrieb der einzelnen Arbeitsnachweisanstalten und ihren gegenseitigen Verkehr, über den Zentraldienst und die Ausgestaltung des Arbeitsnachweises insgesamt, sowie über eine Statistik, welche die Ergebnisse der Tätigkeit sämtlicher Verbandsanstalten darzustellen hat; c. der Verband hat sich für die Mitwirkung bei der Arbeitslosenstatistik und bei Förderung der Massnahmen gegen Arbeitslosigkeit dem Industriedepartement zur Verfügung zu stellen.

Art. 3. Der Bund leistet: a. den Ersatz der Kosten, die der Zentraldienst der öffentlichen Arbeitsnachweisanstalten verursacht;

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ô. einen Beitrag bis auf einen Dritteil der Betriebsausgaben der einzelnen Anstalten für Arbeitsnachweis, wobei Mobiliar- und bauliche Einrichtungskosten ausser Berechnung fallen; c. an die kantonalen Verbände für Naturalverpflegung 50 Rp. für jede Arbeitsvermittlung; d. an den Verband schweizerischer Arbeitsämter einen jährlichen Beitrag von der Hälfte seiner Ausgaben.

Art. 4. Die Einrichtungen, die auf Grund dieses Beschlusses Bundesbeiträge beanspruchen, haben dem eidgenössischen Industriedepartement ihre Statuten und Réglemente, sowie die von den zuständigen Organen genehmigten Voranschläge, Jahresrechnungen und Geschäftsberichte vorzulegen.

Art. 5. Dem Industriedepartement steht das Recht zu, jederzeit Einsicht in die Geschäftsführung der vom Bunde subventionierten Anstalten und Verbände zu nehmen.

Art. 6. Der Bundesral ist ermächtigt, unter tunlichster Berücksichtigung der in Art. 2, I, festgesetzten Bedingungen auch den von Berufsverbänden organisierten Arbeitsnachweis zu unterstützen. Indessen soll in diesem Falle die Subvention den Betrag der von anderer unbeteiligter Seite (Kanton, Gemeinden u. s. w.) geleisteten Unterstützung nicht übersteigen.

Art. 7. Der Bundesrat wird die zur Ausführung dieses Bundesbesehlusses erforderlichen Anordnungen treffen.

Art. 8. Der Bundesrat wird beauftragt, auf Grund des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Bundesbeschlusses zu veranstalten und den Beginn seiner Wirksamkeit festzusetzen..

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Also beschlossen vom Nationalrate, B e r n , den 28. Oktober 1909.

Der Präsident: A. Germann.

Der Protokollführer: Bingier.

Also beschlossen vom Ständerate, B e r n , den 29. Oktober 1909.

Der Präsident: A. Thélin.

Der Protokollführer: Schatzmann.

D e r s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t beschliesst: Der vorstehende Bundesbeschluss ist zu veröffentlichen.

B e r n , den 1. November 1909.

Irn Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

Datum der Veröffentlichung: 10. November 1909.

Ablauf der Referendumsfrist: 8. Februar 1910.

Bundesblatt. 61. Jahrg.

Bd. T.

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Bundesbeschluss betreffend die Förderung des Arbeitsnachweises durch den Bund. (Vom 29. Oktober 1909.)

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10.11.1909

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