15.048 Botschaft zur Änderung des Geldwäschereigesetzes Erweiterte Sorgfaltspflichten zur Verhinderung der Annahme nicht versteuerter Vermögenswerte vom 5. Juni 2015

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung im Finanzsektor.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

5. Juni 2015

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2015-1455

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Übersicht Die Vorlage ergänzt die Strategie zur Gewährleistung der Steuerkonformität ausländischer Vermögensverwaltungskundinnen und -kunden, die mit dem automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (AIA) verfolgt wird.

Mit einer Bestimmung im Geldwäschereigesetz sollen risikobasierte Sorgfaltspflichten für Finanzintermediäre eingeführt werden, um die Steuerkonformität im Ausland ansässiger Kundinnen und Kunden auch in den Fällen zu gewährleisten, in denen zwischen der Schweiz und dem Ansässigkeitsstaat der Kundin oder des Kunden der AIA nicht eingeführt ist.

Ausgangslage Der Bundesrat hat am 29. November 2013 vom Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens über die Änderung des Geldwäschereigesetzes (Finanzplatzstrategie ­ erweiterte Sorgfaltspflichten zur Verhinderung der Annahme unversteuerter Vermögenswerte) Kenntnis genommen. Gleichzeitig hat er beschlossen, das Thema der erweiterten Sorgfaltspflichten wieder aufzunehmen, wenn mit den wichtigsten Partnerstaaten Abkommen über einen AIA über Finanzkonten nach dem Standard der OECD abgeschlossen werden oder wenn feststeht, dass in absehbarer Zeit kein Abkommen über einen AIA vereinbart werden kann. Die erweiterten Sorgfaltspflichten fanden in der Folge in stark vereinfachter Form Eingang in das Finanzinstitutsgesetz, welches zusammen mit dem Finanzdienstleistungsgesetz am 27. Juni 2014 in die Vernehmlassung geschickt wurde. Da die internationalen Bestrebungen zur Entwicklung eines AIA-Standards in der Zwischenzeit schneller vorankamen als vorerst erwartet und weil die Botschaft zum Finanzinstitutsgesetz erst Ende 2015 bereit sein dürfte, werden die erweiterten Sorgfaltspflichten dem Parlament nunmehr in gesonderter Vorlage zu einer Änderung des Geldwäschereigesetzes vorgelegt, zeitgleich mit der Botschaft zur Genehmigung der multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten und zu ihrer Umsetzung (Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen). Diese Änderung beschränkt sich auf die Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Steuerkonformität von im Ausland steuerlich ansässigen Kundinnen und Kunden.

Inhalt der Vorlage Die erweiterten Sorgfaltspflichten sollen für sämtliche schweizerischen Finanzintermediäre gelten, die nicht
versteuerte Vermögenswerte entgegennehmen und anlegen können. Es ist sachgerecht, diese Pflichten im Geldwäschereigesetz zu regeln, da dort zum einen bereits alle massgeblichen Finanzintermediäre in einem Erlass erfasst sind und diese zum anderen bereits heute Sorgfaltspflichten zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu erfüllen haben. Eine Regelung im Geldwäschereigesetz drängt sich umso mehr auf, als das Parlament im Dezember 2014 im Rahmen der Umsetzung der GAFI-Empfehlungen neu auch qualifizierte Steuervergehen als Geldwäschereivortat vorsieht und die Finanzinter-

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mediäre künftig auf diesen Tatbestand ausgeweitete Sorgfaltspflichten zu beachten haben werden.

Den neuen erweiterten Sorgfaltspflichten zur Wahrung der Steuerkonformität soll mit einer risikobasierten Prüfung nachgekommen werden. Keine Sorgfaltspflichten sind einzuhalten gegenüber Kundinnen und Kunden, die in der Schweiz steuerlich ansässig sind, sowie gegenüber solchen, mit deren Ansässigkeitsstaat die Schweiz den AIA eingeführt hat.

Was die prudenziell beaufsichtigten Finanzintermediäre betrifft, sollen die Einzelheiten für die risikobasierte Prüfung Gegenstand einer von der Aufsichtsbehörde gemäss Geldwäschereigesetz als Mindeststandard anzuerkennenden Selbstregulierung bilden. Soweit keine Selbstregulierung erfolgt, erlässt die Aufsichtsbehörde entsprechende Ausführungsbestimmungen. Für Finanzintermediäre, die anerkannten Selbstregulierungsorganisationen (SRO) angeschlossen sind, ist es die Aufgabe der SRO, solche Kriterien festzulegen.

Bei Verdacht auf fehlende Steuerkonformität haben Finanzintermediäre künftig die Annahme von Vermögenswerten grundsätzlich zu verweigern. Besteht bereits eine Kundenbeziehung, so hat der Finanzintermediär die Steuerkonformität auch der bei ihm bereits zu einem früheren Zeitpunkt angelegten Vermögenswerte zu überprüfen und gegebenenfalls durch die Kundin oder den Kunden regularisieren zu lassen; ansonsten hat der Finanzintermediär die Beziehung in der Regel aufzulösen.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Die vorliegende Botschaft zu einer Änderung des Geldwäschereigesetzes vom 10. Oktober 19971 (GwG) steht in engem Zusammenhang mit der gleichzeitig vorgelegten «Botschaft zur Genehmigung der multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten und zu ihrer Umsetzung (Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen)». Die erweiterten Sorgfaltspflichten haben das gleiche Ziel wie der automatische Informationsaustausch über Finanzkonten (AIA): Siesollen den Zufluss unversteuerter Vermögenswerte in die Schweiz verhindern. Entsprechend sind sie nur gegenüber Kundinnen oder Kunden einzuhalten, mit deren Ansässigkeitsstaat die Schweiz den AIA nicht eingeführt hat. Sie bilden so im Sinne einer flankierenden Massnahme eine konsequente Ergänzung zum System des AIA.

Der Bundesrat hat bereits im Frühjahr 2013 eine Vernehmlassung zu einer Änderung des GwG unter dem Titel «Erweiterte Sorgfaltspflichten zur Verhinderung der Annahme unversteuerter Gelder» durchgeführt2. Die Vorlage bildete den dritten Pfeiler der seinerzeitigen Finanzplatzstrategie des Bundesrates, nach welcher das Ziel eines steuerlich konformen Finanzplatzes durch den Abschluss von Quellensteuerabkommen, durch eine verbesserte Amts- und Rechtshilfe gemäss internationalen Standards und durch die Erweiterung der Sorgfaltspflichten erreicht werden sollte. Am 14. Juni 2013 nahm der Bundesrat einen ersten Bericht der Expertengruppe für die Weiterentwicklung der Finanzmarktstrategie zur Kenntnis und erklärte seine Bereitschaft, im Rahmen der OECD aktiv an der Entwicklung eines globalen Standards für den AIA zur Sicherung der Steuerkonformität ausländischer Vermögensverwaltungskundinnen und -kunden mitzuarbeiten, der hohen Ansprüchen an die Einhaltung des Spezialitätsprinzips und der Vertraulichkeit genügt, Reziprozität garantiert und zuverlässige Regeln zur Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten bei allen Rechtsformen einschliesslich Trusts und Sitzgesellschaften miterfasst. Im Rahmen dieser Entwicklung beschloss der Bundesrat am 29. November 2013 hinsichtlich der erweiterten Sorgfaltspflichten, nachdem er vom Ergebnis des erwähnten Vernehmlassungsverfahrens Kenntnis genommen hatte, das Thema wieder aufzunehmen, wenn mit den wichtigsten
Partnerstaaten Abkommen über einen AIA nach internationalem Standard abgeschlossen werden oder wenn feststeht, dass in absehbarer Zeit kein Abkommen über einen AIA vereinbart werden kann. Die erweiterten Sorgfaltspflichten wurden in der Folge überarbeitet und in konzentrierter und angepasster Form als Artikel 11 (Steuerkonformität) in die Vernehmlassungsvorlage zu einem Finanzinstitutsgesetz (FINIG) aufgenommen3.

Infolge des engen Sachzusammenhangs mit der vorliegenden Vorlage zum inzwi1 2 3

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schen international weit fortgeschrittenen AIA wird nun die Gelegenheit wahrgenommen, die Regelung wie ursprünglich angedacht ­ aber in stark vereinfachter Form und beschränkt auf das Vermögen von im Ausland steuerlich ansässigen Kundinnen und Kunden ­ ins GwG aufzunehmen.

1.2

Beantragte Neuregelung

Die Glaubwürdigkeit der weiterentwickelten Finanzplatzstrategie setzt voraus, dass die erweiterten Sorgfaltspflichten zur Verhinderung des Zuflusses unversteuerter Vermögenswerte für sämtliche Finanzintermediäre gelten, die an einer möglichen Entgegennahme und Anlage solcher Werte beteiligt sind. Es ist daher sachgerecht, auf die Definition der Finanzintermediäre in Artikel 2 GwG abzustellen. Diese Finanzintermediäre müssen bereits heute Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung einhalten. Eine Regelung im Geldwäschereigesetz drängt sich umso mehr auf, als nach der durch das Parlament bereits verabschiedeten Vorlage zur Umsetzung der GAFI-Empfehlungen ab 1. Januar 2016 qualifizierte Steuervergehen neu als Geldwäschereivortat gelten und die Finanzintermediäre künftig also auch in dieser Hinsicht auf diesen Tatbestand ausgeweitete Sorgfaltspflichten zu beachten haben werden4.

Anders als noch in der im Frühjahr 2013 in die Vernehmlassung geschickten Fassung sind die hier vorgeschlagenen erweiterten Sorgfaltspflichten in einem einzigen Artikel zusammengefasst und auf das Wesentliche beschränkt. Einzelheiten werden der Selbstregulierung überlassen. Die Sorgfaltspflichten sollen zum AIA komplementär sein und in ihrer Wirkung nicht über diesen hinausgehen. Dies heisst zum einen, dass sie gegenüber Kundinnen und Kunden nicht gelten, mit deren Ansässigkeitsstaat die Schweiz den AIA eingeführt hat. Auch nicht gelten sollen sie ­ anders als in den Vernehmlassungsvorlagen ­ gegenüber in der Schweiz steuerlich ansässigen Kundinnen und Kunden, da der AIA-Standard auf den Austausch von Finanzinformationen in Bezug auf Kundinnen und Kunden mit einer steuerlichen Ansässigkeit im Ausland beschränkt ist.

Die erweiterten Sorgfaltspflichten richten sich wie bei der Abklärung des Verdachts betreffend Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung nach dem Risiko, das die Vertragspartei darstellt (risikobasierte Prüfung). Liegen risikomindernde Anhaltspunkte vor, so kann in der Regel auf weitergehende Abklärungen verzichtet werden.

Das heutige System in der Geldwäschereibekämpfung, nach welchem die Konkretisierung der Sorgfaltspflichten im GwG für Banken und Spielbanken, soweit das Verordnungsrecht dazu Spielraum lässt, über die Selbstregulierung erfolgen kann (Art. 17 GwG), soll auch
bei den erweiterten Sorgfaltspflichten im Steuerbereich zur Anwendung gelangen. So können Einzelheiten bei der Beurteilung der Steuerkonformität für die prudenziell beaufsichtigten Finanzintermediäre im Sinne von Artikel 2 Absatz 2 GwG Gegenstand einer von der FINMA (im Finanzmarktbereich) und der Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) (für die Spielbanken) als Mindeststandard anerkannten Selbstregulierung bilden. Diese Art der Selbstregulierung ist ein Konzept, das sich bei der Bekämpfung der Geldwäscherei und aktuell beispielsweise auch bei den Eigenmittelanforderungen im Hypothekarbereich bewährt hat. Die anerkannte Selbstregulierung kann in ihrer praktischen Wirkung 4

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mit einer staatlichen Regelung verglichen werden, besitzt aber den Vorteil der grösseren Flexibilität und der breiteren Akzeptanz. Für die Finanzintermediäre, die anerkannten Selbstregulierungsorganisationen (SRO) nach Artikel 24 GwG angeschlossen sind, ist es Aufgabe der SRO, gestützt auf Artikel 25 Absatz 2 GwG solche Kriterien festzulegen. Für Finanzintermediäre schliesslich, die weder umfassend prudenziell noch durch eine SRO beaufsichtigt sind, wird die FINMA für eine weitere Konkretisierung der erweiterten Sorgfaltspflichten besorgt sein (Art. 18 Abs. 1 Bst. e GwG).

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

Die erweiterten Sorgfaltspflichten wurden in einer gegenüber dem Entwurf von 2013 verkürzten und vereinfachten Form in der Vernehmlassung zum FINIG (als Art. 11 VE-FINIG) unterschiedlich aufgenommen (vgl. dazu den entsprechenden Ergebnisbericht5). Es gab durchaus positive Reaktionen, es wurde aber vor allem vonseiten der Wirtschaft geltend gemacht, die Regelung gehe über das Notwendige hinaus und die Finanzinstitute könnten nicht für die Steuerehrlichkeit der Kundinnen und Kunden verantwortlich gemacht werden An der Vorlage für erweiterte Sorgfaltspflichten ist dennoch im Grundsatz festzuhalten. Der Kritik in der Vernehmlassung wird insoweit Rechnung getragen, als die vorgeschlagene Regelung nunmehr deutlich verschlankt worden ist und auch keine erweiterten Sorgfaltspflichten gegenüber in der Schweiz steuerpflichtigen Personen mehr vorsieht. Sie setzt das Bekenntnis für einen sauberen Finanzplatz glaubwürdig um und trägt damit in einem erheblichen Mass zur Wahrung von dessen Reputation bei.

1.4

Rechtsvergleich

Die europäischen Staaten und die wichtigen Finanzplätze kennen keine erweiterten Sorgfaltspflichten, da sie bei der Bekämpfung der Annahme nicht versteuerter Gelder einen anderen, oft stärker in die Privatsphäre der Kundinnen und Kunden eingreifenden, je nach Land aber unterschiedlich geprägten Ansatz haben. Aus diesem Grund können im Rahmen dieses Rechtsvergleichs lediglich die Systeme anderer Staaten dargestellt, jedoch nicht mit dem vorliegenden Lösungsansatz verglichen werden.

1.4.1

OECD

Der OECD-Steueramtshilfestandard gemäss Artikel 26 des Musterabkommens sieht vor, dass die Staaten einander auf Anfrage die Informationen austauschen, die der ersuchende Staat für die Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts betreffend der im Abkommen vorgesehenen Steuern benötigt. 2012 hat der OECD-Rat in Paris dem 5

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revidierten Kommentar zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens zugestimmt.

Der Standard sieht neu vor, dass Amtshilfe nicht nur im Einzelfall, sondern unter gewissen Umständen auch für Gruppen von Steuerpflichtigen gewährt wird. Dabei müssen die betroffenen Personen durch spezifische Suchkriterien identifiziert werden. Gesuche ohne konkrete Anhaltspunkte, sogenannte Fishing Expeditions, bleiben ausdrücklich ausgeschlossen. Die Schweiz und die massgeblichen Finanzplätze setzen den OECD-Amtshilfestandard in der revidierten Form um.

Neben dem Informationsaustausch auf Ersuchen gehört mittlerweile auch der sogenannte spontane Informationsaustausch zum internationalen Standard. Beim spontanen Informationsaustausch werden die Informationen nicht nach einem vorgängigen Ersuchen übermittelt, sondern dann, wenn der informierende Staat bei bereits vorhandenen Informationen ein mögliches Interesse eines anderen Staats vermutet.

Diese Art von Amtshilfe ist insbesondere im Übereinkommen des Europarats und der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (Amtshilfeübereinkommen) vorgesehen. Neben dem spontanen Informationsaustausch sind im Amtshilfeübereinkommen auch der Informationsaustausch auf Ersuchen und der automatische Informationsaustausch vorgesehen. Die Schweiz hat das Amtshilfeübereinkommen am 15. Oktober 2013 unterzeichnet. Die Botschaft zur Genehmigung des Übereinkommens des Europarats und der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen und zu seiner Umsetzung (Änderung des Steueramtshilfegesetzes) wird dem Parlament zeitgleich mit der Botschaft zur Genehmigung der multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten und zu ihrer Umsetzung (Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen) und der vorliegenden Vorlage unterbreitet.

Am 15. Juli 2014 hat der Rat der OECD den globalen Standard für den AIA in Steuersachen verabschiedet. Mittlerweile haben sich fast 100 Staaten zur Umsetzung dieses neuen Standards bekannt. Die einen Staaten haben den ersten Austausch für 2017 angekündigt, andere, darunter die Schweiz, für 2018, unter Vorbehalt der gesetzgebenden Prozeduren. Der neue Standard sieht vor, dass Finanzinstitute und gewisse kollektive Anlageinstrumente und Versicherungsgesellschaften
Finanzinformationen ihrer Kundinnen und Kunden sammeln, sofern diese im Ausland steuerlich ansässig sind. Diese Informationen umfassen alle Kapitaleinkommensarten und den Saldo des Kontos. Diese Informationen werden automatisch, in der Regel einmal jährlich, an die Steuerbehörde übermittelt, welche die Daten an die für die Kundin oder den Kunden zuständige Steuerbehörde im Ausland weiterleitet. Diese Transparenz soll verhindern, dass Steuersubstrat im Ausland vor dem Fiskus versteckt werden kann.

1.4.2

EU

Innerhalb der EU wird in der revidierten, seit 1. Januar 2013 anwendbaren Amtshilferichtlinie der OECD-Standard nach Artikel 26 des Musterabkommens umgesetzt und im EU-Acquis verankert. Die Richtlinie gilt grundsätzlich für alle Steuern und regelt den Austausch von Informationen, die für die Anwendung und die Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts der Mitgliedstaaten voraussichtlich erheblich sind. Ausdrücklich ausgenommen sind einzig die indirekten Steuern, soweit diese

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bereits in Rechtsvorschriften der EU geregelt sind, wie Mehrwertsteuern, Zölle und Verbrauchssteuern.

Die Amtshilferichtlinie enthält neben den Bestimmungen über den Informationsaustausch auf Anfrage auch Bestimmungen über die spontane Amtshilfe sowie den AIA. So kann die zuständige Behörde der Behörde eines anderen Mitgliedstaats spontan alle Informationen übermitteln, von denen sie Kenntnis hat und die für die zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats von Nutzen sein können. Die Amtshilferichtlinie regelt darüber hinaus abschliessend auch diejenigen Fälle, bei denen die Mitgliedstaaten einander zwingend spontan die ihnen vorliegenden Informationen übermitteln müssen. Ein solcher Grund kann beispielsweise die Vermutung einer Steuerverkürzung in einem anderen Mitgliedstaat sein. Ein anderer Grund ist die Vermutung einer Steuerersparnis durch künstliche Gewinnverlagerung innerhalb eines Konzerns.

Seit 1. Januar 2015 sind für die Mitgliedstaaten die verfügbaren Informationen zu Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit, Verwaltungsrats-Honoraren, Einkommen aus Lebensversicherungsprodukten, Renten oder Grundeigentum und Einkünften daraus (allesamt keine Bankdaten) automatisch der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats zuzustellen. Am 9. Dezember 2014 hat der Rat der EU die Amtshilferichtlinie erneut revidiert und damit den AIA-Standard der OECD im EU-Recht verankert. Daten sollen grundsätzlich ab 2016 erhoben und ab 2017 unter den EU-Mitgliedstaaten ausgetauscht werden. Gemäss den Bestimmungen der revidierten Amtshilferichtlinie wendet Österreich die Bestimmungen der revidierten Amtshilferichtlinie ab 1. Januar 2017 auf Besteuerungszeiträume ab diesem Zeitpunkt an. Auf den Beginn der Umsetzung der revidierten Amtshilferichtlinie soll die Zinsbesteuerungsrichtlinie aufgehoben werden. Im Weiteren hat der ECOFIN-Rat im Oktober 2014 bestätigt, dass die Zinsbesteuerungsabkommen mit den Drittstaaten Schweiz, Andorra, Liechtenstein, Monaco und San Marino so zu revidieren seien, dass sie den AIA-Standard der OECD im Verhältnis dieser Staaten zur EU festschreiben. Am 27. Mai 2015 haben die Schweiz und die EU ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet. Dieses wird der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet.

1.4.3

Andere Staaten

Die USA verhandeln Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und Tax Information Exchange Agreements (TIEA) auf der Basis eines eigenen Musterabkommens, das über Artikel 26 des OECD-Musterabkommens hinausgeht. Die USA tauschen Informationen auf Anfrage im Rahmen dieser DBA, TIEA und dem Amtshilfeübereinkommen (in seiner ursprünglichen Fassung) aus. Im Weiteren haben die USA erklärt, den AIA-Standard ab 2015 gestützt auf FATCA6 umzusetzen. Gewisse ihrer FATCA-Abkommen sehen vor, dass die USA Daten an Partnerstaaten liefern.

Weiter sehen diese Abkommen vor, dass die USA anerkennen, dass sie volle Reziprozität gewähren sollen, und enthalten die politische Absicht der USA, dafür die notwendigen rechtlichen Grundlagen zu schaffen.

Singapur ist Mitglied des Global Forum und verpflichtete sich im März 2009, die internationalen Standards für den Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten 6

Foreign Account Tax Compliance Act.

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zu übernehmen. Im Weiteren hat sich Singapur zur Umsetzung des AIA-Standards bekannt. Es beabsichtigt einen ersten Datenaustausch im Jahre 2018.

1.5

Umsetzung

Die gemäss dieser Vorlage ins Geldwäschereigesetz einzufügende Bestimmung bildet den Rahmen für die erweiterten Sorgfaltspflichten. Die FINMA und die ESBK werden ­ analog zum heute schon bestehenden System der Umsetzung des Gesetzes ­ gestützt auf den bereits geltenden Artikel 17 GwG für die ihnen unterstellten Finanzintermediäre die Sorgfaltspflichten auf Verordnungsstufe weiter konkretisieren, soweit nicht eine Regelung im Rahmen der Selbstregulierung erfolgt.

Für die Finanzintermediäre, die sich einer SRO angeschlossen haben, werden die Sorgfaltspflichten von den SRO konkretisiert (Art. 25 Abs. 2 GwG).

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Titel und Art. 1 Im Titel des Geldwäschereigesetzes sind die neu aufgenommenen Regelungen über die Verhinderung der Annahme nicht versteuerter Vermögenswerte abzubilden.

Keine Änderung ist hingegen in Artikel 1 beim Gegenstand des Gesetzes notwendig.

Die «Sicherstellung der Sorgfalt bei Finanzgeschäften» ist bereits heute Teil des Gegenstandsartikels. Die neu dazukommenden Sorgfaltspflichten für die Finanzintermediäre hinsichtlich nicht versteuerter Vermögenswerte werden nach einem allgemeinen Wortverständnis von diesem Begriff mit umfasst, auch wenn er bislang in einem engeren Sinne verstanden wurde.

Der Titel des GwG erfährt auf den 1. Januar 2016 auch eine Anpassung im Rahmen der durch das Parlament in der Wintersession 2014 verabschiedeten Umsetzung der revidierten GAFI-Empfehlungen7. Diese dort erfolgte Anpassung (streichen von «im Finanzsektor») wird vorliegend bereits vorweggenommen.

Art. 6a

Prüfung der Steuerkonformität

Die nachfolgend dargelegten Prüfungspflichten schränken die bestehenden Sorgfaltspflichten, namentlich die Abklärungspflichten gemäss Artikel 6 GwG, weder ein noch ersetzen sie diese. Entsprechend gelten die Einschränkungen der Prüfung der Steuerkonformität nach Absatz 1 (Steuerpflicht im Ausland) und Absatz 3 (Kundinnen und Kunden in AIA-Ländern) auch nicht für die Abklärungspflichten gemäss Artikel 6 GwG.

Abs. 1 Die Bestimmung führt die Sorgfaltspflichten ein, welche der Finanzintermediär bei der Annahme von Vermögenswerten zur Wahrung der Steuerkonformität zu beachten hat. Analog zu den bereits bestehenden Sorgfaltspflichten sollen auch die neuen dem jeweiligen Risiko der Kundin oder des Kunden angemessen sein. Die Risiken 7

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müssen im Gesamtzusammenhang mit den im Einzelfall vorhandenen Informationen betrachtet und gewichtet werden, wobei die Gewichtung auch je nach Branche unterschiedlich ausfallen kann. So ist es zum Beispiel bei Spielbanken durchaus üblich, dass die Kundinnen und Kunden grössere Beträge an Bargeld einbringen, während dies bei einer Bankeinlage weniger gebräuchlich ist und daher tiefere Abklärungen nach sich ziehen wird. Der bei den Abklärungen zentrale risikobasierte Ansatz bedeutet auch, dass den gesellschaftlichen und rechtlichen Verhältnissen im Wohnsitzland der jeweiligen Kundin oder des jeweiligen Kunden Rechnung zu tragen ist. Besteht in einem Land beispielsweise eine funktionierende rechtsstaatliche Verwaltung, so wird es der dort wohnenden Kundin oder dem dort wohnenden Kunden eher zumutbar sein, ihre oder seine Steuerkonformität substanziell zu belegen, als wenn sie oder er aus einem Land kommt, in dem solche Strukturen etwa wegen eines Bürgerkriegs oder diktatorischer Verhältnisse nicht vorhanden sind (wobei im letzten Fall dann allenfalls ein erhöhtes Geldwäschereirisiko zu berücksichtigen sein wird). Die im Einzelfall vorzunehmenden Abklärungen und deren Tiefe werden sich letztlich aber immer am Anspruch zu messen haben, dass mit den erweiterten Sorgfaltspflichten glaubwürdig gewährleistet werden soll, dass der schweizerische Finanzplatz alles unternimmt, um nicht versteuerte Vermögenswerte fernzuhalten. Einzelheiten zu den massgeblichen Anhaltspunkten sind über den Weg der Selbstregulierung festzulegen.

Wenn die Geschäftsbeziehung Vermögenswerte von nur geringem Wert betrifft, soll auf die Einhaltung der Sorgfaltspflichten verzichtet werden können. Die Bestimmung des konkreten Werts wird über die Selbstregulierung zu erfolgen haben.

Abs. 2 Liegen risikoerhöhende Anhaltspunkte vor, so darf der Finanzintermediär nicht annehmen, dass die Vermögenswerte versteuert sind und muss weitere Abklärungen treffen. Solche risikoerhöhenden Anhaltspunkte sind namentlich dann gegeben, wenn eine Kundin oder ein Kunde ein Verhalten an den Tag legt, das auf eine Umgehung der Steuerpflicht hindeutet und das sie oder er auch auf Nachfrage hin nicht plausibel zu erklären vermag. Dieses Verhalten kann darin bestehen, dass über die Konstruktion von Sitzgesellschaften oder über verschachtelte Beteiligungen
die an den Vermögenswerten wirtschaftlich Berechtigten verschleiert werden sollen, oder darin, dass die Kundin oder der Kunde vor dem Hintergrund ihrer oder seiner Geschäftstätigkeit unübliche oder unüblich viele Bartransaktionen vornimmt oder über ein normales Ausmass hinausgehende Massnahmen zur Diskretion verlangt, oder darin, dass sich aus bekannt gewordenen Verwaltungs- oder Strafverfahren ernst zu nehmende Anhaltspunkte auf mangelnde Steuerehrlichkeit der Kundin oder des Kunden ergeben, oder schliesslich darin, dass Indizien bestehen, sie oder er wolle seine Vermögenslage gegenüber den Steuerbehörden verschleiern, indem sie oder er hauptsächlich steuerbefreite Vermögensanlagen tätigt und vom Finanzintermediär keine Steuerauszüge verlangt.

Sind hingegen risikomindernde Anhaltspunkte gegeben, so wird der Finanzintermediär auf eine weitere Prüfung der Steuerkonformität verzichten können. Solche Anhaltspunkte können etwa gegeben sein, wenn die Kundin oder der Kunde die Steuerkonformität durch Vorlegen einer beglaubigten Kopie der Steuererklärung oder mittels einer Bestätigung der Steuerbehörden glaubhaft macht. Sie können auch dann gegeben sein, wenn eine glaubwürdige schriftliche Erklärung der Kundin oder des Kunden vorliegt, dass für die Vermögenswerte und die darauf anfallenden 4242

Erträge die Steuerpflicht erfüllt wurde (Selbstdeklaration). Die Selbstdeklaration ist bereits heute bei einigen Banken bewährte Praxis. Offen ist, ob eine wahrheitswidrig abgegebene Selbstdeklaration eine Falschbeurkundung im Sinne von Artikel 251 Ziffer 1 des Strafgesetzbuches8 (StGB) darstellt. Im Zentrum wird dabei die Frage stehen, ob die Selbstdeklaration eine Urkunde ist. Dies wird letztlich von den Gerichten zu entscheiden sein. Immerhin kann hier auf die Wesensverwandtschaft zwischen der Selbstdeklaration und der sogenannten Erklärung über die wirtschaftliche Berechtigung nach Artikel 3 der Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken VSB (sog. Formular A) und auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts hingewiesen werden, wonach dem Formular A gegenüber den Aufsichtsbehörden hinsichtlich der Erfüllung der Sorgfaltspflicht eine erhöhte Beweiskraft (und damit Urkundencharakter) zukommt.

Auf weitere Abklärungen wird in der Regel auch dann verzichtet werden, wenn die Kundin oder der Kunde den Finanzintermediär (mit einem sogenannten Waiver) zur Übermittlung seiner Daten an die Steuerbehörde ermächtigt und damit in einem allfälligen Kundenverfahren im Rahmen der Steueramtshilfe zum Vornherein auf irgendwelche Einwände gegen die Datenübermittlung verzichtet. Die Frage, ob die Bank im Einzelfall zur Herausgabe der Daten einer Bewilligung nach Artikel 271 StGB bedarf, wird davon nicht berührt. Sie würde sich ohnehin nur dann stellen, wenn ein ausländischer Staat direkt bei der Bank die Herausgabe der Daten einfordert.

Abs. 3 Gegenüber Kundinnen und Kunden aus Ländern, mit denen die Schweiz den AIA umsetzt, besteht keinerlei Anlass mehr zu einer Prüfung der Steuerkonformität. In diese Kategorie fallen auch Kundinnen oder Kunden aus den USA, gegenüber denen das Abkommen vom 14. Februar 20139 zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Zusammenarbeit für eine erleichterte Umsetzung von FATCA zur Anwendung gelangt, welches faktisch ebenfalls einen AIA enthält. Die entsprechenden Länder haben zur Durchsetzung ihrer steuerrechtlichen Ansprüche selber Zugang zu den Daten über die betreffenden Kundinnen und Kunden. Im Gegensatz dazu gewährleistet etwa die abgeltende Quellensteuer keine vollständige Transparenz, da die Informationsrechte aus den entsprechenden
Abkommen weniger weit gehen.

Abs. 4 In diesem Absatz werden die Pflichten geregelt, die der Finanzintermediär zu wahren hat, wenn er Kenntnis hat oder annehmen muss, dass seine Kundin oder sein Kunde ihm nicht versteuerte Vermögenswerte anbietet oder dass er solche schon angenommen hat.

Buchstabe a Muss der Finanzintermediär nach einer Prüfung nach Absatz 1 annehmen, dass ihm eine Neukundin oder ein Neukunde nicht versteuerte Vermögenswerte anbietet, so hat er die Entgegennahme zu verweigern und das Eingehen einer Vertragsbeziehung abzulehnen.

8 9

SR 311.0 BBl 2013 3243

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Buchstabe b Gelangt der Finanzintermediär während einer laufenden Kundenbeziehung zur Erkenntnis oder zur Annahme, dass ihm nicht versteuerte Vermögenswerte angeboten werden, so reicht es nicht aus, die angebotenen Vermögenswerte abzulehnen.

Dies, weil angesichts des Verhaltens der Kundin oder des Kunden der Schluss naheliegt, dass auch bereits beim Finanzintermediär liegende Vermögenswerte derselben Kundin oder desselben Kunden nicht versteuert sind. Der Finanzintermediär hat daher die Steuerkonformität für diese Vermögenswerte wiederum gestützt auf eine risikobasierte Prüfung nach Absatz 1 abzuklären. Führt die Abklärung zur Annahme, dass nicht versteuerte Vermögenswerte vorliegen, so ist es an der Kundin oder am Kunden, dem Finanzintermediär innert angemessener Frist nachzuweisen, dass die Vermögenswerte ordnungsgemäss versteuert werden oder dass er die steuerliche Situation bereinigt hat (Regularisierung). Gelingt dies der Kundin oder dem Kunden nicht fristgemäss, so muss der Finanzintermediär die Geschäftsbeziehung auflösen.

Es gibt allerdings Fälle, in denen es der Kundin oder dem Kunden nicht möglich ist, die Steuerkonformität nachzuweisen oder die steuerliche Situation zu bereinigen, ohne dass ihr oder ihm unzumutbare Nachteile drohen, die sich nicht direkt aus der Versteuerung der Vermögenswerte ergeben. Gedacht wird hier deshalb nicht an Vermögenseinbussen, mögen sie auch gewichtig sein, die sich ­ wie etwa Nachsteuern oder Steuerbussen ­ aus steuerrechtlichen Gründen bei der Bereinigung der Situation im Ansässigkeitsstaat der Kundin oder des Kunden ergeben. Vielmehr sind hier Fälle wie etwa derjenige anvisiert, in dem die Kundin oder der Kunde glaubhaft machen kann, dass sie oder er bei Bekanntgabe ihrer oder seiner Vermögensverhältnisse gegenüber den Behörden damit rechnen muss, dass die entsprechenden Angaben nicht bei der Behörde bleiben und sie oder er deshalb ins Visier von kriminellen Organisationen gerät. Des Weiteren fallen darunter auch das Fehlen rechtsstaatlicher Verfahren, die Gefahr politischer Willkür, eine konfiskatorische Besteuerung oder drakonische Strafmassnahmen. In solchen Fällen kann das Konto der Kundin oder des Kunden einstweilen bestehen bleiben und sie oder er wird eine Regularisierung erst dann vornehmen müssen, wenn sich diese infolge veränderter Verhältnisse
als zumutbar erweist.

Abs. 5 Die Pflichten der Finanzintermediäre bei Geldwäschereiverdacht nach Artikel 9 ff.

GwG sind von denjenigen bei Anhaltspunkten auf fehlende Steuerkonformität zu trennen. Stellt der Finanzintermediär namentlich fest, dass in eine Geschäftsbeziehung involvierte Vermögenswerte aus Vortaten im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a GwG stammen oder bricht er nach Buchstabe b dieser Bestimmung die Verhandlungen zur Aufnahme einer Geschäftsbeziehung ab, so unterliegt er den Pflichten bei Geldwäschereiverdacht ­ namentlich der Pflicht, unverzüglich Meldung zu erstatten ­ und die Pflichten zur Wahrung der Steuerkonformität kommen nicht zum Tragen. Sie sind, soweit dann noch sinnvoll, erst wieder zu beachten, wenn das Geldwäschereiverfahren durch die Pflichten zur Wahrung der Steuerkonformität nicht mehr kompromittiert werden kann.

Art. 17 Die Anpassungen in diesem Artikel dienen der Verdeutlichung der gegenwärtigen Rechtslage. Es wird klargestellt, dass die FINMA und die ESBK ihre Ausführungs4244

bestimmungen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in Form einer Verordnung festzulegen haben. Dies entspricht der heutigen Praxis; beide Aufsichtsinstanzen haben ihre Verordnungen erlassen, die FINMA die Geldwäschereiverordnung-FINMA vom 8. Dezember 201010 (GwV-FINMA) und die ESBK die Geldwäschereiverordnung ESBK vom 12. Juni 200711 (GwV ESBK).

Sodann wird der Ausdruck Selbstregulierungsorganisation durch Selbstregulierung ersetzt und damit klargestellt, dass in Artikel 17 von den prudenziell überwachten Finanzintermediären die Rede ist und damit nicht auf die SRO nach Artikel 24 Bezug genommen wird (obwohl heute beiderorts derselbe Ausdruck verwendet wird). Damit wird verdeutlicht, dass die FINMA die Möglichkeit hat, gestützt auf Artikel 7 Absatz 3 FINMAG Selbstregulierungen von Branchenverbänden von Finanzintermediären nach Artikel 2 Absatz 2 GwG als Mindeststandard anzuerkennen. Es ist von daher nicht notwendig ­ mit der Begründung, dass die Banken über keine SRO im Sinne des GwG verfügen ­, für die Sorgfaltspflichten der Banken in Artikel 32 der GwV-FINMA ausdrücklich die Vereinbarung über Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken VSB als massgeblich zu bezeichnen. Vielmehr wird es dann ausreichen zu verlangen, dass generell die Selbstregulierung der Finanzintermediäre zu beachten ist. Analoge Überlegungen gelten auch für die Versicherungseinrichtungen (Art. 37 GwV-FINMA).

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden

Die Aufsichtsbehörden haben künftig dafür zu sorgen, dass in ihrem Aufsichtsbereich auch die neuen Bestimmungen zur Steuerkonformität respektiert werden. Dies bedarf in einem beschränkten Umfang zusätzlicher Ressourcen, die über die Gebühren der Finanzintermediäre zu finanzieren sein werden.

Im Übrigen hat die Vorlage keine direkten Auswirkungen auf die Gemeinwesen.

3.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die erweiterten Sorgfaltspflichten werden bei den Finanzintermediären zu einem zusätzlichen Aufwand führen, welcher je nach Branche und betroffenem Finanzintermediär unterschiedlich ausfallen kann. Auch wenn der Umfang des Mehraufwands schwer zu bemessen ist, darf erwartet werden, dass er in einem begrenzten Rahmen bleiben wird. Dies, weil es in erster Linie Sache der Kundinnen und Kunden ist, die Steuerkonformität ihres Vermögens darzutun, und zum anderen, weil der Finanzintermediär regelmässig auf Erkenntnisse greifen kann, die ihm im Rahmen der schon heute vorzunehmenden Geldwäschereiprüfung zukommen, welche künftig als Folge der Umsetzung der GAFI-Empfehlungen auf Steuervortaten auszudehnen ist12. Überhaupt keinen Mehraufwand verursachen die erweiterten Sorgfaltspflichten bei denjenigen Finanzintermediären, welche ihr Geschäftsmodell den schon seit Langem absehbaren neuen Verhältnissen im Zusammenhang mit der Steuerkonfor10 11 12

SR 955.033.0 SR 955.021 BBl 2014 9689

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mität von Kundinnen und Kunden angepasst haben und sie bereits heute umsetzen.

Hingegen haben die SRO künftig dafür zu sorgen, dass die ihnen angeschlossenen Finanzintermediäre auch die neuen Bestimmungen zur Steuerkonformität respektieren. Der zusätzliche Aufwand der SRO wird bei den Finanzintermediären zu moderat höheren Gebühren führen.

Der entstehende Mehraufwand rechtfertigt sich durch die Steigerung der Reputation des Finanzplatzes, die letztlich wieder allen Finanzintermediären zugute kommt.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 25. Januar 201213 zur Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201214 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt. Das Geschäft wird dem Parlament hier trotzdem vorgelegt, da die Verhältnisse im internationalen Finanzmarkt weiterhin im Umbruch sind und im Zuge der Umsetzung des AIA im Interesse des Schweizerischen Finanzplatzes mit der Vorlage nicht bis zur nächsten Legislaturplanung zugewartet werden kann.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die vorgeschlagenen Bestimmungen stützen sich auf dieselben verfassungsrechtlichen Grundlagen wie der revidierte Gesetzestext.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Vorliegend bestehen keine auf Vereinbarkeit zu prüfenden Verpflichtungen.

5.3

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Es ist keine Delegation von gesetzesvertretendem Verordnungsrecht vorgesehen.

Soweit die Konkretisierung von Sorgfaltspflichten nach Artikel 6a GwG durch die FINMA oder auf dem Weg der Selbstregulierung erfolgt, finden sich die gesetzlichen Grundlagen dafür in den Artikeln 17 und 25 GwG sowie in Artikel 7 Absatz 3 FINMAG.

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