Handlungsgrundsätze der Geschäftsprüfungskommissionen Von den Geschäftsprüfungskommissionen am 29. August 2003 und am 4. September 2003 verabschiedet

2015-1441

4841

Die Geschäftsprüfungskommissionen Die Geschäftsprüfungskommissionen sind ständige Aufsichtskommissionen der Eidgenössischen Räte.

Sie handeln nach folgenden Grundsätzen: Auftrag und Ziele Die Geschäftsprüfungskommissionen üben im Auftrag der Eidgenössischen Räte die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte und der anderen Träger von Bundesaufgaben (Art. 169 Bundesverfassung) aus. Die Oberaufsicht legt bei ihrer Tätigkeit den Schwerpunkt auf die Kriterien der Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit (Art. 52 Abs. 2 Parlamentsgesetz). Sie überprüft auch die Leistungsfähigkeit und Angemessenheit des Regierungs- und Verwaltungshandelns. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten untersuchen die Geschäftsprüfungskommissionen ausserordentliche Ereignisse in ihrem Kompetenzbereich schnell und umfassend.

Die parlamentarische Oberaufsicht erfolgt grundsätzlich subsidiär zur Aufsicht. Sie achtet insbesondere darauf, dass der Bundesrat als oberstes Aufsichtsorgan seine Verantwortung wahrnimmt.1 Die Ziele der Geschäftsprüfungskommissionen sind: ­

die demokratische Verantwortlichkeit von Bundesrat und Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte und anderer Träger von Bundesaufgaben zu stärken;

­

das Wirken dieser Institutionen zu verfolgen, zu prüfen und umfassend zu bewerten, um damit auch den politischen Handlungsbedarf in den beaufsichtigten Bereichen frühzeitig erkennen zu können;2

­

zur Behebung festgestellter Mängel und Missstände oder zur Nutzung von Optimierungsspielräumen in der Geschäftsführung beizutragen;

­

den Dialog mit allen Trägern von Bundesaufgaben herzustellen. Damit soll ein Lernprozess eingeleitet werden, der die Problemlösungskapazität der Behörden steigert;

­

mehr Transparenz und Vertrauen in das Handeln dieser Institutionen zu schaffen;

­

Lehren für einen kohärenten Gesetzesvollzug wie auch für die zukünftige Gesetzgebung zu ziehen.

Die Geschäftsprüfungskommissionen ­

1 2

stellen die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates sicher.

Sie üben die Oberaufsicht im direkten Kontakt mit dem Bundesrat aus. Die Geschäftsprüfungskommissionen erkennen Vollzugsprobleme in der Regierung und Verwaltung des Bundes und sorgen im Rahmen ihrer Kompetenzen für deren Behebung;

Eingefügt mit Beschluss vom 30.1.2015 Geändert mit Beschluss vom 30.1.2015

4842

­

beurteilen bei der Oberaufsicht über die Bundesgerichte die allgemeine Geschäftsführung sowie die Entwicklung einer modernen Gerichtsverwaltung. Sie respektieren dabei die Unabhängigkeit der Rechtsprechung;

­

beurteilen bei der Oberaufsicht über die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft und über die Bundesanwaltschaft deren Geschäftsführung. Sie respektieren dabei deren Unabhängigkeit (keine inhaltliche Überprüfung der Entscheide);3

­

erstatten den Eidgenössischen Räten und der Öffentlichkeit umfassend Bericht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte und anderer Träger von Bundesaufgaben;

­

arbeiten eng mit den Organen der Finanzaufsicht zusammen (Finanzkommissionen, Finanzdelegation und Eidgenössische Finanzkontrolle). Erhalten die Geschäftsprüfungskommissionen Hinweise, die für die Aufgabenwahrnehmung dieser Organe von Bedeutung sind, so leiten sie diese unverzüglich an sie weiter;

­

koordinieren ihre Tätigkeit mit den parlamentarischen Legislativkommissionen. Sie sorgen dafür, dass ihre Erkenntnisse bei der Gesetzgebung berücksichtigt werden;

­

prüfen Hinweise aus der Bevölkerung auf ihre Relevanz für die Oberaufsicht;

­

...4

­

tragen bei der Kontrolle über die weiteren Träger von Bundesaufgaben der jeweiligen Rechts- und Organisationsform Rechnung, indem sie sich auf die Aufsicht des Bundesrates über diese Träger konzentrieren.

Vorgehensgrundsätze Die Geschäftsprüfungskommissionen

3 4 5 6 7

­

überprüfen die Geschäftsführung nicht nur rückwirkend, sondern auch begleitend und messen dabei der Früherkennung von Problemen eine grosse Bedeutung zu. Bei der begleitenden Oberaufsicht üben die Geschäftsprüfungskommissionen allerdings aufgrund der Gewaltenteilung Zurückhaltung. Die begleitende Oberaufsicht erfolgt nur in besonderen Fällen. Dies kann namentlich bei lang andauernden Vorhaben einer beaufsichtigten Einheit, die zudem eine grosse Tragweite aufweisen, der Fall sein;5

­

üben bei der Oberaufsicht über die verselbständigten Einheiten eine grössere Zurückhaltung als gegenüber Einheiten der zentralen Bundesverwaltung. Sie werden in diesem Bereich in der Regel nur dann tätig, wenn qualifizierte und konkrete Hinweise auf Mängel, die das ordnungsgemässe Funktionieren der Einheit gefährden könnten, vorliegen;6

­

...7

Eingefügt mit Beschluss vom 30.1.2015 Aufgehoben mit Beschluss vom 30.1.2015 Geändert mit Beschluss vom 30.1.2015 Eingefügt mit Beschluss vom 30.1.2015 Aufgehoben mit Beschluss vom 30.1.2015

4843

­

setzen jedes Jahr Schwerpunkte, in denen sie vertiefte Untersuchungen durchführen. Mittelfristig streben sie eine ausgewogene Verteilung ihrer Aufsichtstätigkeiten auf die verschiedenen Zweige der Bundestätigkeit und die Politikfelder an. Eine rollende Planung erlaubt es den Geschäftsprüfungskommissionen, auf unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren;

­

koordinieren ihre Tätigkeiten untereinander und arbeiten ­ soweit möglich und sinnvoll ­ zusammen;

­

sind offen für Hinweise auf Mängel und Verbesserungsmöglichkeiten in den kontrollierten Institutionen. Die Geschäftsprüfungskommissionen nehmen auf Gesetzesbestimmungen zurückzuführende Mängel auf und bringen ihre Beseitigung in den Gesetzgebungsprozess ein;

­

befassen sich mit Einzelfällen, soweit diese eine systematische Bedeutung aufweisen;

­

streben in ihrer Tätigkeit eine breite Informationsbasis inner- und ausserhalb der Bundesverwaltung an und wahren damit die Unabhängigkeit von zu verwaltungsspezifischen Sichtweisen;

­

arbeiten parteiunabhängig, respektieren die geltenden Ausstandsregelungen8 und folgen bei ihren Beratungen dem Konsensprinzip, wobei die Geschäftsprüfungskommissionen auch eine bedeutende Minderheitsauffassung bekannt geben können;

­

gewährleisten die Vertraulichkeit ihrer Arbeit bis zu deren offiziellen Publikation durch die jeweilige Geschäftsprüfungskommission. Ein besonderes Gewicht messen sie dem Schutz ihrer Informationsquellen bei;

­

veröffentlichen ihre Untersuchungsergebnisse rasch und können bei bedeutenden Themen auch über Zwischenergebnisse orientieren;9

­

tragen im Dialog mit den verantwortlichen Stellen dazu bei, dass die festgestellten Probleme angegangen und behoben werden können;10

­

verfolgen die Umsetzung ihrer Empfehlungen und ihrer politischen Forderungen;

­

orientieren sich bei ihrer Aufgabenwahrnehmung an den neusten Entwicklungen der Verwaltungswissenschaften und der Evaluationsforschung.

Mittel Die Geschäftsprüfungskommissionen

8 9 10 11

­

besitzen zur Erfüllung ihres Auftrags weitgehende Informationsrechte;11

­

können mit allen Behörden, Amtsstellen und übrigen Trägern von Aufgaben des Bundes jederzeit direkt verkehren und von ihnen zweckdienliche Auskünfte und Unterlagen einfordern. Im Rahmen ihres Auftrags können sie auch von Personen, die früher im Dienst des Bundes standen, sowie von Per-

Eingefügt mit Beschluss vom 30.1.2015 Geändert mit Beschluss vom 30.1.2015 Eingefügt mit Beschluss vom 30.1.2015 Geändert mit Beschluss vom 30.1.2015

4844

sonen und Amtsstellen ausserhalb der Bundesverwaltung Auskünfte einholen und Unterlagen erhalten;12

12 13 14

­

können Personen der oben genannten Institutionen anhören. Dabei wird deren Auskunftspflicht nicht durch das Amtsgeheimnis beschränkt;13

­

führen Inspektionen, Evaluationen, Nachkontrollen und Dienststellenbesuche sowie weitere Untersuchungen durch;

­

prüfen die Geschäftsberichte der Bundesbehörden;

­

fassen ihre Untersuchungsergebnisse in der Regel in die Form eines Berichts, richten Empfehlungen an die verantwortliche Behörde und reichen parlamentarische Vorstösse ein. Die verantwortliche Behörde muss zu den Ergebnissen Stellung nehmen;14

­

werden von einem Fachsekretariat und einem wissenschaftlichen Evaluationsstab, der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle, unterstützt.

Geändert mit Beschluss vom 30.1.2015 Geändert mit Beschluss vom 30.1.2015 Geändert mit Beschluss vom 30.1.2015

4845

4846