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Schweizerisches Bundesblatt.

33. Jahrgang. L

Nr. 1.

8. Januar 1881.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): i Franken.

Einrückungsgebühr per Zeile 15 Ep. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Bundesgesez betreffend

Kontrolirung und Garantie des Feingehalts der Gold- und Silberwaaren.

(Vom 23. Christmonat 1880.)

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , in Anwendung der Artikel 31, Litt, c, und 64 der Bundesverfassung ; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 28. Wintermonat 1879, beschließt: Art. 1. Die Anfertigung und der Verkauf von Goldund Silberwaaren zu allen Feingehaltsgraden unterliegen den folgenden Bestimmungen : A. Für Uhrengehäuse, welche in irgend einer Sprache «der Ziffer, vollständig oder abgekürzt, eine der folgenden Bezeichnungen oder eine diesen entsprechende führen, nämlich : für das Gold:

18 Karat oder 750 Tausendtheile und darüber, 14 Karat oder 583 Tausendtheile;

Bundesblatt. 33. Jahrg. Bd. I.

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für das Silber: 875 Tausendtheile und darüber, 800 Tausendtheile, ist die Kontrolirung obligatorisch ; dieselben müssen gemäß den Vorschriften der eidgenössischen Vollziehungsverordnung mit dem eidgenössischen Kontrolstempel versehen sein, essei denn, daß sie das als gleichwertig anerkannte amtliche.

Stempelzeichen eines andern Staates tragen.

B. Für die andern Gold- und Silberwaaren ist die Kontrolirung fakultativ. Von diesen Waaren können diemit höherem Feingehalt, nämlich : 18 Karat oder 750 Tausendtheile und darüber in Gold, 875 Tausendtheile und darüber in Silber, amtlich gestempelt werden, selbst wenn sie eine Angabe des Feingehalts nicht enthalten.

Art. 2. Uhrengehäuse und andere Gold- und Silberwaaren, welche nicht amtlich kontrolirt sind, dürfen, was ihr Mischungsverhältniß oder ihre Legirung betrifft, mit keiner andern Bezeichnung als derjenigen ihres wirklichen Feingehalts versehen werden. Wenn sie diese Bezeichnung aufweisen, so sollen sie außerdem gemäß der Vollziehungsverordnung mit der Marke, oder dem Zeichen des Fabrikanten gestempelt sein.

Bei den Proben ist eine Fehlergrenze von 3 Tausendtheilen für das Gold und 5 Tausendtheilen für das Silber gestattet, welches auch der Feingehalt der betreffenden.

Waare sei.

Kein Theil der Uhrengehäuse oder andern Gold- und Silberwaaren darf einen niedrigeren Feingehalt haben, als derjenige ist, den das aufgedrükte Stempelzeichen, oder eine andere Bezeichnung angibt. Die Vollziehungsverordnung, wird die nähern Bestimmungen hierüber und die nöthigea Ausnahmen enthalten.

Es ist verboten, auf Waaren von anderem Metall, oder auf plakirten Gegenständen Bezeichnungen anzubringen,, welche auf Täuschung des Käufers abzielen.

Art. 3. Die Errichtung von Kontroiämtern ist Sache der Kantone, unter Vorbehalt der folgenden Bestimmungen über die Organisation : Die beeidigten Probirer müssen im Besiz eines eidgenössischen Diploms sein. Sie sind in Bezug auf den technischen Theil ihrer Aufgabe den Anleitungen und der Oberaufsicht der Bundesbehörde unterworfen.

Die Bureaux müssen den Buudesvorsehriften gemäß mit einer genügenden Anzahl von Probirern und andern Beamten, sowie mit den zu den Proben erforderlichen Einrichtungen und Materialien versehen sein.

Sie sind verpflichtet, die ihnen eingesandten Waaren, aus welchem Theile der Schweiz sie auch kommen, in der Reihenfolge, in der sie einlaufen, zu probiren und zu stempeln, sowie dieselben ohne Berechnung von Verpakungskostea wieder zurükzusenden. Die eidgenössische Vollziehungsverordnung kann Vorschriften aufstellen, um der Anhäufung solcher Gegenstände auf den Bureaux vorzubeugen.

Die für Proben und Stempelung zu erhebenden Gebühren werden durch die eidgenössische Vollziehungsverordnung festgesezt. Dieselben dürfen keinen fiskalischen Charakter haben.

Die Einnahmen gehören den Kantonen, beziehungsweise den Gemeinden, welche für den Unterhalt der Bureaux zu sorgen und die Kosten derselben zu tragen haben.

Die Kontroiämter sind für ihre Proben und Stempelungen, sowie mit den Kantonen oder Gemeinden, denen sie unterstellt sind, für die ihnen übergebenen Gegenstände verantwortlich.

Art. 4. Am eidgenössischen Polytechnikum wird ein eidgenössisches Kontroiamt eingerichtet, welches speziell dazu bestimmt ist, hinlänglich befähigte Probirer auszubilden, sowie in Streitfällen die Proben anderer Kontroiämter zu revidiren.

Die Einnahmen und Ausgaben dieses Kontroiamtes bilden einen Bestandtheil des Budget des eidgenössischen ' Handelsdepartements.

Art. 5. Das schweizerische Handels- und Landwirthschaftsdepartement übt die der Bundesbehörde im Art. 3 vorbehaltene Oberaufsicht aus.

Es liefert den Kontroiämtern gegen Wiedererstattung der Kosten die eidgenössischen Stempel.

Art. 6. Wer Uhrengehäuse mit Bezeichnung der gesezlichen Feingehaltsgrade ohne das amtliche Stempelzeichen angefertigt, verkauft oder feilgeboten hat, ist gehalten, den fünffachen Betrag des Stempelungstarifs zu bezahlen, wenn die amtliche Probe beweist, daß die Bezeichnung keine betrügerische ist. In diesem Falle wird das Stempelzeichen von Amts wegen und ohne weitere Kosten beigefügt.

Wer Uhrengehäuse in andern als den gesezlichen Feingehaltsgraden oder andere nicht amtlich kontrolirte Goldund Silberwaaren mit Bezeichnung des Feingehaltes, jedoch ohne daß zugleich die Marke oder das Zeichen des Produzenten beigesezt ist, angefertigt, verkauft oder feilgeboten hat, verfällt in eine Buße, welche im vierfachen Betrage der für Stempelung der gesezlichen Feingehalte festgesezten Taxe besteht, sofern die amtliche Probe beweist, daß die Bezeichnung keine betrügerische ist.

In den beiden oben genannten Fällen darf der Gesammtbetrag der Buße indessen die Summe von 500 Franken nicht übersteigen.

Wer in betrügerischer Absicht mit Uebertretung gegenwärtigen Gesezes Gegenstände angefertigt, verkauft oder feilgeboten hat, wird mit einer Geldbuße im Betrage von 30 -- 2000 Franken oder mit Gefängniß von drei Tagen bis zu einem Jahre oder mit Geldbuße und Gefängniß innerhalb der angegebenen Begrenzung bestraft.

Als betrügerisch gilt: &. was die Uhrengehäuse und andern Gold- und Silberwaaren betrifft: 1) in Bezug auf Mischungsverhältnisse oder Legirung jede andere Bezeichnung als diejenige des wirk-

liehen Feingehalts; dieselbe möge auf der Waare selbst angebracht, oder bei Gelegenheit des Verkaufs oder des Feilgebots geschehen sein; 2) wenn bei einer Waare einzelne Theile derselben von niedrigerem Feingehalte sind, als das amtliche Stempelzeichen oder eine sonstige Bezeichnung angibt, unter Vorbehalt der durch die Vollziehungsverordnung festgesezten Bestimmungen und Ausnahmen (Art. 2, Alinea 3 des Gesezes); b. was Waaren aus anderem Metall oder plakirte Gegenstände betrifft : jede Bezeichnung, welche auf Täuschung des Käufers abzielt, sei es, daß diese Bezeichnung auf den Waaren selbst angebracht oder bei Gelegenheit des Verkaufs oder des Feilgebots geschehen ist.

Art. 7. Wer die amtlichen Stempelzeichen ganz oder theilweise nachgemacht oder nachgemachter Stempelzeichen in betrügerischer Absicht sich bedient, oder in gleicher Absicht die amtlichen Stempelzeichen entstellt hat oder hat entstellen lassen, wird mit Gefängniß von einem Monat bis zu einem Jahre und mit einer Buße von 100 --1000 Franken bestraft.

Wer wissentlich einen unerlaubten Gebrauch von den amtlichen Stempeln gemacht hat, wird mit Gefängniß von zwei Wochen bis zu einem Jahre und einer Buße von 50 --1000 Franken bestraft. Ist der Schuldige ein Kontroibeamter, so trifft ihn außerdem Absezung und Verlust des eidgenössischen Diploms.

Sollte ein Mitglied des Kontroiamtes oder ein Angestellter desselben Waaren, welche auf dem Kontroiamte abgegeben worden sind, kopiren oder kopiren lassen, so verfällt der Fehlbare in eine Buße von 20--200 Franken; sofern eine böswillige Absicht oder grobe Fahrläßigkeit vorliegt, so erfolgt außerdem Amts- oder Dienstentlassung und gegebenen Falles Verlust des Diplomes.

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Art. 8. Der Bundesrath ist jederzeit berechtigt, den Gebrauch von Marken oder Zeichen zu untersagen, welche Veranlaßung zu einer Verwechslung mit dem amtlichen Stempel geben könnten.

Art. 9. Gegen Rükfällige können diese Strafen bis auf das Doppelte erhöht werden.

Der Ertrag der Bußen und der konfiszirten Gegenstände fällt in die vom Kanton bezeichnete Kasse.

Bei Ausfällung einer Geldstrafe hat der Richter für den Fall der Nichterhebbarkeit derselben eine entsprechende Gefängnißstrafe festzusezen, welche an deren Stelle zu treten hat.

Immerhin bleibt in den in Art. 6 und 7 vorgesehenen Fällen die Civilentschädigung vorbehalten.

Art. 10. Die Strafverfolgung geschieht auf Antrag der lokalen, kantonalen oder eidgenössischen zuständigen Behörden oder der beschädigten Partei.

Die Gerichte werden nach Maßgabe der Geseze über das Prozeßverfahren die Untersuchungen anordnen und die nöthigen vorsorglichen Verfügungen treffen. Sie können bis auf den Belauf des der beschädigten Partei zu entrichtenden vollständigen Schadenersazes und der schuldigen Bußen die Konfiskation der mit Beschlag belegten Gegenstände anordnen. Sie können ebenfalls auf Kosten der Verurtheilten die Einrükung des Urtheils in die öffentlichen Blätter veranstalten.

In allen Fällen werden die falschen Stempel konfiszirt und zerstört, und die mit betrügerischen Stempel zeichen versehenen Gegenstände werden zerschnitten.

Art. 11. Gegenwärtiges Gesez tritt am i. Jänner 1882 in Kraft. Vom gleichen Tage an sind die einschlägigen Vorschriften kantonaler Geseze und Verordnungen aufgehoben.

Während der diesem Zeitpunkte vorangehenden vier Monate können von den Kontroiämtern mit einem Stempel


Sobald das Gesez in Kraft getreten ist, wird jede nicht jplombirte oder nicht mit dem Stempel ad hoc bezeichnete Waare den Bestimmungen der Art. l, 2, 6 bis 10 gemäß behandelt. Die Gegenstände indessen, welche sich zur Zeit der .Bekanntmachung dieses Gesezes im Auslande befinden, aber später nach der Schweiz zurükgeschikt werden, können zur Bezeichnung mit dem Stempel ad hoc oder zur Plombirung .zugelassen werden, wenn der Beweis beigebracht wird, daß der Inhaber der betreffenden Waare verhindert war, zu ·rechter Zeit dem Geseze nachzukommen. Diese ausnahms·weise Erleichterung hört nach Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Gesezes auf.

Art. 12. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesezes vom 17. Brachmonat 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgeseze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesezes ·
Also beschießen vom Nationalrathe, B e r n , den 23. Christmonat 1880.

Der Präsident: Dr. C. Burckhardt.

Der Protokollführer: Schieß.

Also beschießen vom Ständerathe, B e r n , den 23. Christmonat 1880.

Der Präsident : Sahli.

Der Protokollführer: Crisi.

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Der schweizerische Bundesrath beschließt: Aufnahme des vorstehenden Bundesgesezes in das Bundesblatt.

B e r n , den 4. Jänner 1881.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes,.

Der Vizepräsident:

Droz.

Der Kanzler der Eidgenoßenschaft : Schieß.

N o t e . Datum der Publikation: 8. Jänner 1881.

Ablauf der Einspruchsfrist: 8. April 1881..

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Bundesgesez betreffend

den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen.

(Vom 24. Christmonat 1880.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Vollziehung des Art. 34, Alinea 2, der Bundesverfassung ; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 25. Wintermonat 1879, beschließt: Art. 1. Die im Artikel 34, Alinea 2, der Bundesverfassung vorgesehene Aufsicht über den Geschäftsbetrieb der Auswanderungsagenturen wird vom Bundesrathe unter Mitwirkung der kantonalen Behörden ausgeübt.

Art. 2. Wer sich mit der geschäftsmäßigen Beförderung von Auswanderern aus der Schweiz befassen will, bedarf hiefür ein vom Bundesrathe ausgestelltes Patent.

Wird eine Auswanderungsagentur von einer Gesellschaft betrieben, so ist der Gesellschaftsvertrag oder eine beglaubigte Abschrift desselben bei dem Bundesrathe zu hinterlegen, dem-

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Bundesgesez betreffend Kontrolirung und Garantie des Feingehalts der Gold- und Silberwaaren. (Vom 23. Christmonat 1880.)

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1881

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1

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01

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08.01.1881

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1-9

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