10.106 Botschaft zur Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Griechenland vom 3. Dezember 2010

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses zur Genehmigung des Protokolls vom 4. November 2010 zur Änderung des Abkommens vom 16. Juni 1983 zwischen der Schweiz und Griechenland zur Vermeidung der Steuern auf dem Gebiet vom Einkommen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

3. Dezember 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

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Übersicht Zwischen der Schweiz und Griechenland besteht ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen. Dieses Abkommen wurde am 16. Juni 1983 unterzeichnet und seither noch nie geändert.

Die Einführung einer griechischen Quellensteuer in der Höhe von 10 Prozent auf Dividenden ab dem 1. Januar 2009, die eine Doppelbesteuerung für Schweizer Investoren und Investorinnen mit sich brachte, sowie der Beschluss des Bundesrates vom 13. März 2009, den Vorbehalt gegenüber dem Informationsaustausch gemäss OECD-Musterabkommen zurückzuziehen, machten eine Revision erforderlich.

Am 23. März 2010 wurde ein Änderungsprotokoll paraphiert, das am 4. November 2010 in Bern unterzeichnet wurde.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise begrüssten den Abschluss dieses Änderungsprotokolls.

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Botschaft 1

Allgemeine Überlegungen über die Weiterentwicklung der Abkommenspolitik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Doppelbesteuerungsabkommen sind ein wichtiges Mittel der Steuerpolitik. Gute Abkommen erleichtern die Tätigkeit unserer Exportwirtschaft, fördern Investitionen in der Schweiz und tragen damit zum Wohlstand der Schweiz und ihrer Partnerländer bei.

Die Politik der Schweiz im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen richtet sich seit jeher nach dem Standard der OECD, weil dieser am besten geeignet ist, das Wohlstandsziel zu erreichen. Sie zielt hauptsächlich darauf ab, die Zuständigkeiten bei der Besteuerung natürlicher und juristischer Personen klar zuzuweisen, die Quellensteuer auf Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren möglichst tief zu halten und allgemein Steuerkonflikte zu verhindern, die sich auf international tätige Steuerpflichtige nachteilig auswirken könnten. Dabei musste die Schweiz seit jeher den goldenen Mittelweg zwischen günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen im eigenen Land einerseits und internationaler Anerkennung ihrer Steuerordnung andererseits finden. Gute Schweizer Lösungen können wertlos werden, wenn sie international keine Anerkennung finden.

Am 13. März 2009 beschloss der Bundesrat, die Amtshilfe in Steuersachen an die neuen Gegebenheiten der internationalen Politik anzupassen.

1.1

Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Das Abkommen zwischen der Schweiz und Griechenland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (SR 0.672.937.21; nachfolgend «DBA-GR») wurde am 16. Juni 1983 abgeschlossen und seither keiner Revision unterzogen.

Die Einführung einer griechischen Quellensteuer in Höhe von 10 Prozent auf Dividenden per 1. Januar 2009, die eine Doppelbesteuerung für Schweizer Investoren und Investorinnen nach sich zog, sowie der Beschluss des Bundesrates vom 13. März 2009, den Vorbehalt gegenüber dem Informationsaustausch gemäss OECD-Musterabkommen zurückzuziehen, machten eine Revision erforderlich.

Nach einer Verhandlungsrunde konnte am 23. März 2010 ein Protokoll zur Änderung des Abkommens (nachfolgend «Änderungsprotokoll») paraphiert werden.

Dieses Änderungsprotokoll wurde am 4. November 2010 in Bern unterzeichnet.

1.2

Würdigung

Nachdem der Bundesrat am 13. März 2009 eine neue Politik in Sachen Informationsaustausch angekündigt und Griechenland per 1. Januar 2009 eine griechische Quellensteuer in Höhe von 10 Prozent auf Dividenden eingeführt hatte, die unwei629

gerlich zu einer Doppelbesteuerung führte, wurde eine Revision des Abkommens unumgänglich. Der Entwurf des Änderungsprotokolls enthält eine neue Klausel über einen mit dem OECD-Standard kompatiblen Informationsaustausch und berücksichtigt alle vom Bundesrat festgelegten Vorgaben. Die übrigen Änderungen im Abkommen widerspiegeln die Weiterentwicklung der schweizerischen Abkommenspolitik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, namentlich auf dem Gebiet der Dividendenausschüttungen an Pensionskassenfonds sowie der Schiedsgerichtsbarkeit. Das revidierte Abkommen wird zweifellos zur weiteren positiven Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen beitragen.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Änderungsprotokolls

Das Änderungsprotokoll zum Doppelbesteuerungsabkommen von 1983 zwischen der Schweiz und Griechenland sieht folgende Lösungen vor.

Art. I (Art. 10 des Abkommens ­ Dividenden) Das aktuelle Abkommen konnte die Doppelbesteuerung, zu der es wegen der Einführung einer griechischen Quellensteuer auf Dividenden im Jahre 2009 kam, nicht verhindern. Eine Revision des Abkommens drängte sich auf.

Artikel I sieht neu eine symmetrische Lösung vor, das heisst einen reduzierten Steuersatz von 5 Prozent für Dividenden bei einer Beteiligung von 25 Prozent und einen Quellensteuersatz von 15 Prozent in allen übrigen Fällen. Ausserdem werden die an eine Vorsorgeeinrichtung ausgerichteten Dividenden von der Quellensteuer befreit. Dies gilt auch für die an staatliche Einrichtungen ausgeschütteten Dividenden.

Art. II (Art. 11 des Abkommens ­ Zinsen) Wie im Falle der Dividenden wurde die von der Schweiz vorgeschlagene vollständige Steuerbefreiung auch für die Zinsen abgelehnt. Griechenland verfolgt diesbezüglich eine konsequente Abkommenspolitik (abgesehen von wenigen Ausnahmen in älteren Abkommen). Die momentane ökonomische und finanzielle Lage Griechenlands lässt, zumindest kurz- oder mittelfristig, keine Änderung dieser Politik erwarten. Griechenland stimmte schliesslich einer allgemeinen Senkung des Quellensteuersatzes von aktuell 10 auf 7 Prozent zu, was in Anbetracht der politischen Situation in diesem Land als positiv zu werten ist.

Art. III (Art. 13 des Abkommens ­ Kapitalgewinne) Der neue Absatz 4 weist das Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräusserung von Anteilen an Immobiliengesellschaften entsprechend dem OECD-Musterabkommen dem Belegenheitsstaat zu.

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Art. IV (Art. 22 des Abkommens ­ Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung) Artikel 22 hält betreffend die Methode der Schweiz zur Vermeidung der Doppelbesteuerung fest, dass in den Fällen nach dem neuen Artikel 13 Absatz 4 die Schweiz diese Gewinne nur von der Steuer befreit, wenn sie in Griechenland nachweislich versteuert wurden.

Die Schweiz setzte ihr Anliegen durch, die fiktive Steueranrechnung bei Dividenden und Zinsen zu beseitigen. Ein solcher Anreiz für die Wirtschaftsentwicklung hat zwischen OECD-Mitgliedstaaten keine Existenzberechtigung und ist in aller Regel in der Praxis auch kaum umsetzbar. Artikel 22 Absatz 4 wird demzufolge aufgehoben.

Art. V (Art. 24 des Abkommens ­ Verständigungsverfahren) Dieser Artikel sieht in Anlehnung an das OECD-Musterabkommen die Verankerung einer Schiedsgerichtsklausel im Abkommen vor. Das entspricht der schweizerischen Abkommenspraxis in Steuerfragen. Das Schiedsverfahren entspricht dem Verfahren, das im neuen Abkommen mit Südafrika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (BBl 2007 6605) vorgesehen ist.

Ein Schiedsverfahren wird auf Verlangen der betroffenen steuerpflichtigen Person eingeleitet, sofern sich die zuständigen Behörden beider Vertragsstaaten nicht innert drei Jahren in einem Verständigungsverfahren einigen können, vorausgesetzt, dass in keinem der Vertragsstaaten ein Gericht bereits über die Sache entschieden hat.

Das Urteil der Schiedskommission ist für die Vertragsstaaten bindend, wenn sich keine direkt betroffene steuerpflichtige Person dem Schiedsspruch widersetzt. Die zuständigen Behörden regeln die Verfahrensfragen im gegenseitigen Einverständnis.

Die im Rahmen des Verfahrens von den zuständigen Behörden der Schiedskommission übermittelten Informationen unterstehen den Geheimhaltungsregeln von Artikel 25 Absatz 2 (Informationsaustausch).

Art. VI (Art. 25 des Abkommens ­ Informationsaustausch) Im Zuge der Globalisierung der Finanzmärkte und insbesondere vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Finanzkrise gewann die internationale Zusammenarbeit in Steuersachen an Bedeutung. Die Schweiz unterstützt die diesbezüglichen Bemühungen. Mit dem Rückzug ihres Vorbehalts zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens verpflichtete sich die Schweiz politisch zur Umsetzung dieser Bestimmung entsprechend den Erläuterungen im dazugehörigen Kommentar. In
den Beratungen über die Anwendungsvoraussetzungen von Artikel 15 des Zinsbesteuerungsabkommens (AS 2005 2571) hob Griechenland zudem die notwendige Verknüpfung mit einer Einigung hinsichtlich des Informationsaustausches nach OECD-Standard hervor.

Der neue Artikel 25 entspricht weitgehend dem Wortlaut von Artikel 26 des OECDMusterabkommens. Abweichungen bestehen hinsichtlich der Einschränkung des Informationsaustausches auf Steuern, die unter das Abkommen fallen, der Möglichkeit zum Gebrauch der Informationen für andere Zwecke mit Einverständnis beider Staaten, sowie der ausdrücklichen Ermächtigung der Steuerbehörden der Vertragsstaaten zu Zwangsmassnahmen zur Durchsetzung von Informationsbegehren gegenüber Banken, anderen Finanzinstituten, Bevollmächtigten und Treuhändern und 631

Treuhänderinnen sowie zur Ermittlung von Beteiligungsverhältnissen. Diese Abweichungen sind im Kommentar zum OECD-Musterabkommen vorgesehen und mit dem OECD-Standard vereinbar.

Absatz 1 hält den Grundsatz des Informationsaustausches fest. Auszutauschen sind die Informationen, die für die Durchführung des Abkommens oder die Anwendung oder Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts auf dem Gebiet der unter das Abkommen fallenden Steuern erheblich sein können. Durch die Beschränkung auf voraussichtlich erhebliche Informationen sollen sogenannte «fishing expeditions» verhindert werden. Zudem wird festgehalten, dass der ersuchende Staat alle nach seinem innerstaatlichen Steuerverfahren üblichen Auskunftsquellen ausschöpfen muss, bevor er den anderen Staat um Informationen ersucht. Nicht erforderlich ist für den Informationsaustausch, dass die betroffene steuerpflichtige Person in der Schweiz oder in Griechenland ansässig ist, sofern eine wirtschaftliche Anknüpfung in einem der Vertragsstaaten besteht.

Absatz 2 verankert den Grundsatz der Geheimhaltung und hält an die Adresse des ersuchenden Staates fest, dass die erhaltenen Informationen nur Personen und Behörden zugänglich gemacht werden dürfen, die mit der Veranlagung, Erhebung, Vollstreckung, Strafverfolgung oder Entscheidung von Rechtsmitteln hinsichtlich der unter das Abkommen fallenden Steuern befasst sind. Daraus folgt, dass die Informationen auch der steuerpflichtigen Person selbst oder der bevollmächtigten Person offenbart werden dürfen. Der letzte Satz sieht die Möglichkeit der Verwendung für andere, nicht steuerliche Zwecke vor, wenn dies nach dem Recht beider Vertragsstaaten zulässig ist und der übermittelnde Staat seine Zustimmung zur steuerfremden Verwendung gibt. Diese Bestimmung ermöglicht beispielsweise die Verwendung der erhaltenen Auskünfte im Strafverfahren, ohne jedoch der betroffenen Person die entsprechenden Verfahrensrechte zu entziehen. Damit kann vermieden werden, dass gleiche Informationen für unterschiedliche Zwecke mehrmals beschafft und übermittelt werden müssen. Die Zustimmung des ersuchten Staates ist jedoch in allen Fällen notwendig. Diese Bestimmung ermöglicht unter anderem unter den gleichen Voraussetzungen die Verwendung der Informationen durch die Sozialversicherungsbehörden im Rahmen ihres innerstaatlichen Zugangs
zu steuerlichen Informationen (vgl. z. B. Art. 9 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, SR 831.10, und Art. 27 der Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, SR 831.101).

Absatz 3 sieht zugunsten des ersuchten Staates gewisse Einschränkungen des Informationsaustausches vor. Der ersuchte Staat ist nicht gehalten, über seine eigenen Gesetze und seine Verwaltungspraxis hinauszugehen. Im Fall der Schweiz bedeutet dies insbesondere, dass das rechtliche Gehör der Betroffenen und die Möglichkeit, einen vorgesehenen Informationsaustausch gerichtlich überprüfen zu lassen, gewahrt bleiben. Der ersuchte Staat braucht ferner keine Verwaltungsmassnahmen durchzuführen, die nach seinem Recht oder seiner Praxis nicht zulässig sind, und er braucht keine Auskünfte zu erteilen, die nach seinem Recht oder seiner Verwaltungspraxis nicht beschafft werden könnten. Schliesslich kann der ersuchte Staat die Auskunft verweigern, wenn sie wirtschaftliche Geheimnisse betrifft oder die öffentliche Ordnung (Ordre public) verletzt. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn der ersuchende Staat die Informationen nicht in ausreichendem Masse geheim hält.

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Absatz 4 hält fest, dass der ersuchte Staat auch Informationen ermitteln und austauschen muss, die er selbst nicht für eigene Steuerzwecke benötigt. Der Informationsaustausch beschränkt sich folglich nicht auf Informationen, die auch den Steuerbehörden des ersuchten Staates von Nutzen sind.

Absatz 5 enthält besondere Bestimmungen zu Informationen, die von Banken oder anderen Intermediären gehalten werden oder Eigentumsverhältnisse an Personen betreffen. Solche Informationen sind unabhängig von den Einschränkungen nach Absatz 3 auszutauschen. So hat der ersuchte Staat die Auskünfte auch dann einzuholen und auszutauschen, wenn sie nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis nicht erhältlich wären. Entsprechend kann die Schweiz den Informationsaustausch nicht unter Hinweis auf das Schweizer Bankgeheimnis verweigern. Die Bestimmung setzt jedoch voraus, dass die ersuchten Informationen effektiv ermittelbar sind.

In Fällen von Steuerbetrug besitzt die Schweiz aufgrund des strafrechtlichen Verfahrens im innerstaatlichen Recht über die notwendigen Mittel zur Durchsetzung der Herausgabe der Informationen nach Absatz 5. Der Austausch dieser Informationen setzt jedoch gemäss der neuen Bestimmung des Protokollentwurfs keinen Steuerbetrug mehr voraus. Damit die Umsetzung der abkommensrechtlichen Verpflichtungen durch die Vertragsstaaten gewährleistet werden kann, wurde mit dem letzten Satz von Absatz 5 die notwendige rechtliche Grundlage für die erforderlichen Verfahrensbefugnisse zur Erlangung der ersuchten Informationen geschaffen.

Das anwendbare Verfahren wird vorerst durch die Verordnung vom 1. September 2010 über die Amtshilfe nach Doppelbesteuerungsabkommen (ADV; SR 672.204) geregelt. Diese ist am 1. Oktober 2010 in Kraft getreten. Die Verordnung soll jedoch durch ein Gesetz ersetzt werden, das derzeit erarbeitet wird. Dieses Vorgehen wurde mit den Bundesbeschlüssen vom 18. Juni 2010 über die Genehmigung der zehn neuen oder revidierten Doppelbesteuerungsabkommen bestätigt und braucht ausser bei Vorliegen eines speziellen Falls nicht wiederholt zu werden.

Die Schweiz wird gemäss Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c ADV Griechenland keine Amtshilfe leisten, wenn das Amtshilfegesuch auf illegal beschafften Daten beruht.

Die Bestimmungen von Artikel 25 werden in der neuen Ziffer 4 des Protokolls zum
Abkommen weiter konkretisiert (Art. VII Abs. 3 des Änderungsprotokolls). Ausdrücklich erwähnt werden im Änderungsprotokoll der Grundsatz der Subsidiarität und das Verbot von «fishing expeditions» (Ziff. 4 Bst. a und b). Er hält ausserdem fest, welche Voraussetzungen für ein Auskunftsersuchen erfüllt sein müssen (Ziff. 4 Bst. c). Verlangt wird insbesondere die eindeutige Identifikation der betroffenen steuerpflichtigen Person sowie der Person (z. B. einer Bank), in deren Besitz der ersuchende Staat die gewünschten Informationen vermutet. Angesichts der Anforderungen, die an ein Auskunftsersuchen gestellt werden, beschränkt sich der Informationsaustausch auf konkrete Anfragen in bestimmten Einzelfällen. Ausserdem wird eine Verpflichtung der Vertragsstaaten zum spontanen oder automatischen Informationsaustausch ausdrücklich ausgeschlossen, ohne diesen Staaten jedoch die Möglichkeit eines spontanen oder automatischen Informationsaustausches im Bereich der internationalen Amtshilfe zu nehmen, sofern ihr innerstaatliches Recht diese Möglichkeit vorsieht (Ziff. IV Bst. d). Schliesslich wird festgehalten, dass die Verfahrensrechte der Steuerpflichtigen garantiert sind (Ziff. 4 Bst. e).

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Die revidierte Bestimmung über den Informationsaustausch wird auf Steuerperioden anwendbar sein, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten folgenden Jahres beginnen.

Art. VII (Protokoll zum Abkommen) Ziffer 1 fügt einen neuen Absatz 1 im Protokoll ein, der festhält, dass die Vertragsstaaten, ihre politischen Unterabteilungen oder lokalen Körperschaften zum einen und ihre Vorsorgeeinrichtungen zum andern im Sinne des Abkommens als «ansässige Personen» gelten.

Ziffer 2 fügt einen neuen Absatz 3 im Protokoll ein, der präzisiert, dass der Ausdruck «Ruhegehälter» nicht nur wiederkehrende Zahlungen, sondern auch Kapitalleistungen umfasst.

Art. VIII (Inkrafttreten und Anwendung) Die Bestimmungen des Änderungsprotokolls finden ab dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten folgenden Jahres Anwendung. Die Bestimmungen zur Schiedsgerichtsklausel finden auf Verständigungsverfahren Anwendung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens noch nicht abgeschlossen sind oder nach diesem Datum eröffnet werden.

3

Finanzielle Auswirkungen

Mit jedem Doppelbesteuerungsabkommen verzichten die beiden Vertragsstaaten auf gewisse Steuereinnahmen. Die vorliegende Änderung hebt die Bestimmung über die bisher von der Schweiz gewährte fiktive Zinsanrechnung auf.

Das Änderungsprotokoll, das Amtshilfe auf Ersuchen zur Durchführung des innerstaatlichen Rechts des ersuchenden Staats einerseits und Zugang zu Bankinformationen auf Ersuchen zu Steuerzwecken andererseits einführt, könnte zwar in gewisser Weise als dem Standort Schweiz und indirekt den Steuereinnahmen der Schweiz abträglich betrachtet werden. Angesichts der internationalen Bestrebungen für einheitliche Rahmenbedingungen bei der Amtshilfe in allen Staaten («global level playing field») und für die Sicherstellung eines wirksamen Informationsaustauschs durch einen entsprechenden Kontrollmechanismus dürfte sich die neue Situation für die Schweiz insgesamt neutral auswirken.

Gleiches gilt für die Schiedsgerichtsklausel. Diese Bestimmung garantiert den Steuerpflichtigen einen erhöhten Schutz vor einer allfälligen Doppelbesteuerung. Im Einzelfall kann ein Schiedsentscheid daher zu einer Steuereinbusse für die Schweiz führen. Auf der anderen Seite stärkt die Aufnahme der Schiedsgerichtsklausel den Standort Schweiz, was sich indirekt auch positiv auf die Steuereinnahmen der Schweiz auswirken kann.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise begrüssten den Abschluss des Änderungsprotokolls. Insgesamt trägt es in positiver Weise zur Beibehaltung und zum Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen bei und unterstützt damit die wesentlichen Ziele der schweizerischen Aussenhandelspolitik.

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Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage für das Protokoll zur Änderung des DBA-GR ist Artikel 54 der Bundesverfassung (BV; SR 101), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV zuständig für die Genehmigung des Änderungsprotokolls. Das Abkommen ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahrs gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstehen seit dem 1. August 2003 die Staatsverträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10) gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrags dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt. Um eine einheitliche Praxis bei der Anwendung von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu gewährleisten und um zu vermeiden, dass Abkommen von ähnlicher Tragweite wiederholt dem Referendum unterworfen werden, hielt der Bundesrat in der Botschaft vom 19. September 2003 zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Israel (BBl 2003 6467) fest, dass er dem Parlament Staatsverträge auch in Zukunft mit dem Vorschlag unterbreiten werde, diese dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nicht zu unterstellen, sofern sie im Vergleich zu bereits abgeschlossenen Verträgen keine zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz beinhalten.

Die neue Bestimmung zum Informationsaustausch gemäss dem Musterabkommen der OECD, die eine erweiterte Amtshilfe vorsieht, sowie die Schiedsgerichtsklausel sind wichtige Neuerungen in der schweizerischen Abkommenspraxis in Steuersachen.

Das Änderungsprotokoll enthält damit wichtige Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV, die zusätzliche Verpflichtungen für die Schweiz nach sich ziehen. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens von 1983 zwischen der Schweiz und Griechenland wird daher dem fakultativen Staatsvertragsreferendum unterstellt.

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