Bundesbeschluss über die Änderung der Volksrechte vom 4. Oktober 2002

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in den Bericht der Staatspolitischen Kommission des Ständerates vom 2. April 20011 und in die Stellungnahme des Bundesrates vom 15. Juni 20012 beschliesst: I Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Art. 138 Abs. 1 1

100 000 Stimmberechtigte können innert 18 Monaten seit der amtlichen Veröffentlichung ihrer Initiative eine Totalrevision der Bundesverfassung vorschlagen.

Art. 139

Formulierte Volksinitiative auf Teilrevision der Bundesverfassung

1

100 000 Stimmberechtigte können innert 18 Monaten seit der amtlichen Veröffentlichung ihrer Initiative in der Form eines ausgearbeiteten Entwurfs eine Teilrevision der Bundesverfassung verlangen.

2

Verletzt die Initiative die Einheit der Form, die Einheit der Materie oder zwingende Bestimmungen des Völkerrechts, so erklärt die Bundesversammlung sie für ganz oder teilweise ungültig.

3

Die Initiative wird Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet. Die Bundesversammlung empfiehlt die Initiative zur Annahme oder zur Ablehnung. Sie kann der Initiative einen Gegenentwurf gegenüberstellen.

Art. 139a

Allgemeine Volksinitiative

1

100 000 Stimmberechtigte können innert 18 Monaten seit der amtlichen Veröffentlichung ihrer Initiative in der Form einer allgemeinen Anregung die Annahme, Änderung oder Aufhebung von Verfassungs- oder Gesetzesbestimmungen verlangen.

2

Verletzt die Initiative die Einheit der Form, die Einheit der Materie oder zwingende Bestimmungen des Völkerrechts, so erklärt die Bundesversammlung sie für ganz oder teilweise ungültig.

1 2

BBl 2001 4803 BBl 2001 6080

2001-0662

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Änderung der Volksrechte. BB

3 Ist die Bundesversammlung mit der Initiative einverstanden, so setzt sie diese durch eine entsprechende Änderung der Bundesverfassung oder der Bundesgesetzgebung um.

4 Die Bundesversammlung kann der Änderung im Sinne der Initiative einen Gegenentwurf gegenüberstellen. Die Änderung der Bundesverfassung und der Gegenentwurf werden Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet, die Änderung der Bundesgesetzgebung und der Gegenentwurf werden dem Volk zur Abstimmung unterbreitet.

5 Lehnt die Bundesversammlung die Initiative ab, so legt sie diese dem Volk zur Abstimmung vor. Wird die Initiative angenommen, so setzt die Bundesversammlung sie durch eine entsprechende Änderung der Bundesverfassung oder der Bundesgesetzgebung um.

Art. 139b 1

Verfahren bei Initiative und Gegenentwurf

Die Stimmberechtigten stimmen gleichzeitig ab über a.

die Volksinitiative oder die ihr entsprechende Änderung und

b.

den Gegenentwurf der Bundesversammlung.

2

Sie können beiden Vorlagen zustimmen. In der Stichfrage können sie angeben, welcher Vorlage sie den Vorrang geben, falls beide angenommen werden.

3

Erzielt bei angenommenen Verfassungsänderungen in der Stichfrage die eine Vorlage mehr Volks- und die andere mehr Standesstimmen, so tritt die Vorlage in Kraft, bei welcher der prozentuale Anteil der Volksstimmen und der prozentuale Anteil der Standesstimmen in der Stichfrage die grössere Summe ergeben.

Art. 140 Abs. 2 Bst. abis und b 2

Dem Volk werden zur Abstimmung unterbreitet: abis. die Gesetzesvorlage samt Gegenentwurf der Bundesversammlung zu einer allgemeinen Volksinitiative; b.

die von der Bundesversammlung abgelehnten allgemeinen Volksinitiativen;

Art. 141 Abs. 1, Einleitungssatz und Bst. d Ziff. 3 sowie Abs. 2 1

Verlangen es 50 000 Stimmberechtigte oder acht Kantone innerhalb von 100 Tagen seit der amtlichen Veröffentlichung des Erlasses, so werden dem Volk zur Abstimmung vorgelegt: d.

2

völkerrechtliche Verträge, die 3. wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert.

Aufgehoben

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Änderung der Volksrechte. BB

Art. 141a

Umsetzung von völkerrechtlichen Verträgen

1

Untersteht der Genehmigungsbeschluss eines völkerrechtlichen Vertrags dem obligatorischen Referendum, so kann die Bundesversammlung die Verfassungsänderungen, die der Umsetzung des Vertrages dienen, in den Genehmigungsbeschluss aufnehmen.

2

Untersteht der Genehmigungsbeschluss eines völkerrechtlichen Vertrags dem fakultativen Referendum, so kann die Bundesversammlung die Gesetzesänderungen, die der Umsetzung des Vertrages dienen, in den Genehmigungsbeschluss aufnehmen.

Art. 156 Abs. 3 3

Das Gesetz sieht Bestimmungen vor, um sicherzustellen, dass bei Uneinigkeit der Räte Beschlüsse zu Stande kommen über: a.

die Gültigkeit oder Teilungültigkeit einer Volksinitiative;

b.

die Umsetzung einer vom Volk angenommenen allgemeinen Volksinitiative;

c.

die Umsetzung eines vom Volk gutgeheissenen Bundesbeschlusses zur Einleitung einer Totalrevision der Bundesverfassung;

d.

den Voranschlag oder einen Nachtrag.

Art. 189 Abs. 1bis 1bis Es beurteilt Beschwerden wegen Missachtung von Inhalt und Zweck einer allgemeinen Volksinitiative durch die Bundesversammlung.

II 1

Dieser Beschluss untersteht der Abstimmung des Volkes und der Stände.

2

Die Bundesversammlung bestimmt das Inkrafttreten. Artikel 189 Absatz 1bis bleibt bei Inkrafttreten des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 19993 über die Reform der Justiz in Kraft.

Ständerat, 4. Oktober 2002

Nationalrat, 4. Oktober 2002

Der Präsident: Anton Cottier Der Sekretär: Christoph Lanz

Die Präsidentin: Liliane Maury Pasquier Der Protokollführer: Christophe Thomann

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AS 2002 3048

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