02.039 Botschaft über zwei Grenzbereinigungsverträge mit Frankreich und Deutschland vom 15. Mai 2002

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft die Entwürfe zu zwei Bundesbeschlüssen über das Grenzbereinigungsabkommen mit Frankreich vom 18. Januar 2002 und den Grenzbereinigungsvertrag mit Deutschland vom 5. März 2002 mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

15. Mai 2002

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Kaspar Villiger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2002-0793

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Übersicht Die Teilkanalisierung von Grenzbächen, eine Strassenkorrektion und die Begradigung einer Waldgrenze an der Grenze des Kantons Genf zu Frankreich sowie ein weitergeführter Radweg und die rationellere Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Parzellen sowie der grenzüberschreitende Kiesabbau an den Grenzen der Kantone Schaffhausen und Zürich zu Deutschland machten kleinere Bereinigungen der Landesgrenze mit diesen Nachbarstaaten erforderlich. Gemäss bewährter völkerrechtlicher Praxis erfolgen solche Vereinfachungen des Grenzverlaufs durch den Abschluss von Staatsverträgen über den Austausch flächengleicher Gebietsteile.

Da diese Verträge, die das Territorium von Staaten abändern, unbefristet und unkündbar sind, bedürfen sie der Genehmigung der eidgenössischen Räte und unterliegen dem fakultativen Referendum.

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Botschaft 1

Einleitung

Aus den nachstehend dargelegten Gründen haben die Kantone Genf, Schaffhausen und Zürich den Bund um den Abschluss von Grenzbereinigungsverträgen mit den Nachbarstaaten Frankreich bzw. Deutschland ersucht. Inhalt solcher Verträge bildet die Änderung des Verlaufs der Landesgrenze durch den Austausch flächengleicher Gebietsteile, wobei also die Territorien der Vertragsstaaten flächenmässig unverändert bleiben. Die beiden unabhängig voneinander ausgehandelten Staatsverträge werden, da sie gleichzeitig zur parlamentarischen Genehmigung anstehen, in der Reihenfolge ihrer Unterzeichnung in einer einzigen Botschaft behandelt.

2

Abkommen mit Frankreich

2.1

Ausgangslage

An der schweizerisch-französischen Grenze zwischen dem Kanton Genf und den Departementen Ain und Haute-Savoie wurden bereits Ende der Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts von den zuständigen Geometern beider Seiten, den sog. Vermarkungsdelegierten, verschiedene kleinere Grenzbereinigungen vermessen. Diese erwiesen sich als notwendig infolge der Teilkanalisierung des Baches Ecraz zwischen den Gemeinden Satigny (GE) und Saint-Genis-Pouilly (Ain) (zwischen den Grenzsteinen 130 und 133, 1060 m2, Plan Nr. 1), zur Begradigung der Landesgrenze entlang der Wälder Bois de Chancy zwischen den Gemeinden Chancy (GE) und Viry sowie Valleiry (Haute-Savoie) (zwischen den Grenzsteinen 10 und 25, 2842 m2, Plan Nr. 2), für die Strassenkorrektion zwischen den Gemeinden Soral (GE) und Viry (Haute-Savoie) (zwischen den Grenzsteinen 31 und 35, 1326 m2, Plan Nr. 3) sowie für eine Teilkanalisierung des Baches «Le Chambet» zwischen den Gemeinden Jussy (GE) und Veigy-Foncenex (Haute-Savoie) (zwischen den Grenzsteinen 188 und 194, 350 m2, Plan Nr. 4).

Wegen des durch den Bau der Brücke beim Autobahnzusammenschluss zwischen Bardonnex (GE) und Saint-Julien-en-Genevois (Haute-Savoie) notwendig gewordenen grösseren Flächenaustausches (vgl. Botschaft vom 14. Mai 1997 betreffend zwei Abkommen mit Frankreich über Grenzbereinigungen, BBl 1997 III 909) sowie insbesondere der Pendenz einer weiteren vorgesehenen Grenzbereinigung im Bereich des Flusses Foron zwischen den Gemeinden Thônex (GE) und Gaillard, Ambilly und Ville-la-Grand (Haute-Savoie) wurde der Abschluss des Abkommens über die erwähnten Grenzbereinigungen von der zuständigen bilateralen Grenzkommission («Commission d''abornement franco-suisse» aufgrund des Abkommens vom 10. März 1965 über die Vermarkung und den Unterhalt der Grenze, SR 0.132.349.41) jahrelang zurückgestellt. Nachdem dann allerdings die erwähnte Grenzbereinigung beim Fluss Foron neuerdings wegen weiteren Änderungsbedarfs immer noch nicht vermessen werden konnte, beschloss die genannte Kommission an ihrer Sitzung vom 4. Mai 2001, das Abkommen ohne dieses bisher im Bereinigungspaket enthaltene Dossier doch schon zu finalisieren.

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2.2

Ausarbeitung des Abkommens

Das Abkommen wurde im Rahmen der Grenzkommission ausgehandelt, deren schweizerische Delegation von der Direktion für Völkerrecht des EDA geleitet wird und der zudem Vertreter des Bundesamtes für Landestopographie des VBS, der Oberzolldirektion des EFD sowie die Kantonsgeometer der Grenzkantone zu Frankreich als Vermarkungsdelegierte angehören. Dabei wurde der bereits früher ausgearbeitete Abkommensentwurf aktualisiert («Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Französischen Republik über Bereinigungen der Grenze zwischen dem Kanton Genf und den Departementen Ain und Haute-Savoie»). Bestandteile des Abkommens bilden die am 20. Januar 1978 und am 22./24. Januar 1979 von den Vermarkungsdelegierten unterzeichneten vier Planbeilagen. Das Abkommen wurde am 7. Dezember 2001 vom Bundesrat genehmigt und am 18. Januar 2002 unterzeichnet.

2.3

Inhalt des Abkommens

Artikel 1 definiert die auszutauschenden flächengleichen Gebietsteile und verweist auf die beigelegten Pläne, die Bestandteil des Abkommens bilden. Artikel 2 enthält die Aufträge an die Vermarkungsdelegierten, was die Finalisierung der Arbeiten nach Inkrafttreten des Abkommens, insbesondere die zu erstellende Dokumentation betrifft. Usanzgemäss werden die Kosten hälftig geteilt. Artikel 3 hält fest, dass die Bestimmungen des vorstehenden Abkommens betreffend die in Artikel 1 genannten Grenzabschnitte diejenigen früherer Abkommen und Protokolle ersetzen. Gemäss Artikel 4 tritt das Abkommen am ersten Tag des zweiten Monats seit Eingang des letzten Ratifikationsinstruments in Kraft.

3

Vertrag mit Deutschland

3.1

Ausgangslage

Die Kantone Schaffhausen und Zürich und das Land Baden-Württemberg haben die jeweiligen Bundesbehörden um Bereinigung der schweizerisch-deutschen Landesgrenze wie folgt ersucht:

3.1.1

Grenze zwischen dem Kanton Schaffhausen und dem Land Baden-Württemberg

3.1.1.1

Gemeinde Bargen und Stadt Blumberg, Schwarzwald-Baar-Kreis

Die Weiterführung des bestehenden Radweges ab dem Schweizer Zoll nach Neuhaus (D) führt auf einer kurzen Strecke beim Grenzstein 604 über deutsches Hoheitsgebiet. Um Unsicherheiten bezüglich der Zuständigkeiten zu beseitigen, soll der Grenzverlauf in diesem Bereich vereinfacht werden (46 m2, Plan Nr. 1).

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3.1.1.2

Gemeinden Barzheim und Hilzingen, Landkreis Konstanz

Die Landesgrenze zwischen den Grenzsteinen 858 und 865 verläuft im Zickzack über wertvolles Kulturland, das beidseits der Grenze der Gemeinde Barzheim und einem privaten Schweizer Eigentümer gehört. Durch die Begradigung kann einerseits die landwirtschaftliche Bewirtschaftung rationeller erfolgen und wird andererseits der Grenzverlauf wesentlich einfacher (zwei statt bisher sechs Grenzsteine, 2616 m2, Plan Nr. 2).

Derselbe Sachverhalt besteht zwischen den Grenzsteinen 869 und 879 im Eigentum der Gemeinde Barzheim und mehreren Schweizer Eigentümern. Auch dieser Grenzabschnitt soll begradigt werden (drei statt bisher acht Grenzsteine, 2051 m2, Plan Nr. 3).

3.1.1.3

Gemeinden Dörflingen und Büsingen am Hochrhein, Landkreis Konstanz

Auch hier liegt der Grund für die Bereinigung im komplizierten Verlauf der Grenze zwischen den Grenzsteinen 13 und 18, die mitten in landwirtschaftlich genutzten Parzellen stehen. Die Vereinfachung der Grenze ermöglicht eine rationellere Bewirtschaftung (1332 m2, Plan Nr. 4).

3.1.2

Grenze zwischen dem Kanton Zürich und dem Land Baden-Württemberg

Die Bereinigung betrifft die im Bereich des grenzüberschreitenden Kiesabbaus liegende Strecke zwischen den Grenzsteinen 3 und 6 in den Gemeinden Hüntwangen und Wasterkingen (ZH) und Hohentengen am Hochrhein, Landkreis Waldshut.

Durch die minimale, flächengleiche Grenzverschiebung wird der Grenzverlauf vereinfacht, d.h. die Anzahl Grenzknicke und demzufolge auch die Zahl der Grenzsteine werden wesentlich reduziert. Zudem sollen die im Rahmen der Rekultivierung des Kiesabbaugebietes zu erstellenden neuen Wege diesem Grenzverlauf folgen (165 m2 und 152 m2, Plan Nr. 5).

3.2

Ausarbeitung des Vertrages

Im Gegensatz zu Frankreich existiert mit Deutschland keine formelle Grenzkommission. Der vorliegende Staatsvertrag über den Austausch flächengleicher Gebietsteile wurde auf dem diplomatischen Weg durch die beiden Aussenministerien ausgearbeitet und bereinigt, und zwar für die Schweiz wiederum durch die Direktion für Völkerrecht in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Landestopographie sowie den Kantonsgeometern der betroffenen Kantone («Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten Bargen/Blumberg, Barzheim/Hilzingen, Dörflingen/Büsingen, Hüntwangen/Hohentengen und Wasterkingen/Hohentengen»).

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Die Planbeilagen wurden von den Vermessungsämtern des Kantons Schaffhausen und von Villingen-Schwenningen bzw. Radolfzell am 8./17. August bzw. 5./6. September 2001 sowie vom Staatlichen Vermessungsamt Waldshut-Tiengen und vom Amt für Raumordnung und Vermessung des Kantons Zürich am 1./5. Oktober 2001 unterzeichnet (Anlagen 1­5 des Vertrages). Der Vertrag wurde am 7. Dezember 2001 vom Bundesrat genehmigt und am 5. März 2002 unterzeichnet.

3.3

Inhalt des Vertrages

Artikel 1 definiert die auszutauschenden flächengleichen Gebietsteile und verweist auf die beigelegten Pläne, die Bestandteil des Vertrages bilden. Artikel 2 zählt die von den zuständigen Behörden beider Seiten vorzunehmenden Arbeiten auf. Die Kosten werden hälftig geteilt. Artikel 3 regelt die Übergabe der zu erstellenden Unterlagen, Urkunden und Pläne an die zuständigen Stellen sowie deren Archivierung.

Gemäss Artikel 4 bedarf der Vertrag der Ratifikation und tritt einen Monat nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Auf Wunsch der deutschen Seite wurde in Artikel 5 eine Bestimmung betreffend die Registrierung des Vertrages bei der UNO gemäss Artikel 102 der UNO-Charta aufgenommen, die nach dem Inkrafttreten von Deutschland veranlasst werden wird.

4

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die beiden Verträge haben für den Bund und die betroffenen Kantone ­ abgesehen von den erwähnten Kosten der Vermarkung und der Erstellung der Pläne und Tabellen (vgl. Ziff. 2.3 und 3.3 oben zu Artikel 2 der Verträge) ­ keine besonderen finanziellen und personellen Auswirkungen.

5

Legislaturplanung

Die Vorlage ist im Bericht über die Legislaturplanung 1999­2003 (BBl 2000 2276) in Anhang 2 Ziffer 1.1 als weiteres Geschäft aufgeführt.

6

Verfassungsmässigkeit

Die Verfassungsgrundlage für den Abschluss der beiden Verträge bildet Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung, nach welchem der Bund das Recht hat, Staatsverträge mit dem Ausland abzuschliessen. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung beruht auf Artikel 166 Absatz 2 der Bundesverfassung. Da die Verträge unbefristet und unkündbar sind, unterstehen die Bundesbeschlüsse über deren Genehmigung dem fakultativen Staatsvertragsreferendum gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 1 der Bundesverfassung.

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