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Parlamentarische Initiativen und Standesinitiativen zum Schwangerschaftsabbruch Stellungnahme des Bundesrates vom 29. September 1980

Sehr geehrte Herren .Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, Wir unterbreiten Ihnen nachstehend unsere Stellungnahme zum Bericht der mit der Prüfung der parlamentarischen Initiativen und der Standesinitiativen zum Schwangerschaftsabbruch beauftragten Kommission des Nationalrates vom 27. August 1979 (BBl 1979 II 1037).

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Die parlamentarischen Initiativen und die Standesinitiativen

In der Volksabstimmung vom 25. September 1977 wurde die Volksinitiative «für die Fristenlösung» von Volk (994 930i Nein gegen 929 325 Ja) und Ständen (13 4/2 Nein gegen 6 2/2 Ja) verworfen (BEI 1977 II 434, 1977 III 837). Am 28. Mai 1978 verwarfen die Stimmbürger mit l 233 149 Nein gegen 559 103 Ja auch das Bundesgesetz vom 24. Juni 1977 über den Schutz der Schwangerschaft und die Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs, wobei die Neinstimmen in allen Kantonen überwogen (BB1 1977III 88, 1978II 365).

Die negativen Ergebnisse der beiden Urnengänge wurden allseits dahin interpretiert, dass die Suche nach einer neuen gesetzlichen Regelung des strafbaren und des straflosen Schwangerschaftsabbruchs fortgesetzt werden müsse; aus den Abstimmungsresultaten dürfe nicht abgeleitet werden, die Stimmbürger wünschten mehrheitlich überhaupt keine Reform der geltenden Gesetzesbestimmungen.

So wurden denn bereits in der Sommersession 1978 vier parlamentärische Initiativen mit neuen Lösungsvorschlägen in der Form ausgearbeiteter Entwürfe eingereicht. Es sind dies die Initiativen Girard, Condrau, Gautier und Christinat (Texte im Kommissionsbericht S. 4ff./BBl 1979II 1040ff. »).

Mit entsprechenden Initiativen gelangten auch die Kantone Neuenburg, Genf, Basel-Stadt und Waadt an die eidgenössischen Räte (Texte im Kommissionsbericht S. 14ff./BBl 1979 II 1050ff.).

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Die erste Seitenzahl bezieht sich jeweils auf die Separatausgabe des Kommissionsberichts, die zweite auf die Veröffentlichung im Bundesblatt.

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In der parlamentarischen Initiative Condrau wurde vorgeschlagen, die geltende medizinische Indikation in Artikel 120 Ziffer l Absatz l und 2 des Strafgesetzbuches (StGB) durch eine sozialmedizinische Indikation zu ersetzen.

In den drei ändern parlamentarischen Initiativen und in den Standesinitiativen wurde eine föderalistische Regelung verlangt, die es den Kantonen ermöglichte, auf kantonaler Ebene die Fristenlösung einzuführen: Nach den Initiativen Christinat, Neuenburg und Basel-Stadt sollten der strafbare und der straflose Schwangerschaftsabbruch bundesrechtlich neu geregelt werden, der straflose Schwangerschaftsabbruch durch eine Indikationenlösung und eine Fristenlösung, wobei die Fristenlösung nur in den Kantonen gälte, die sie durch Gesetz anwendbar erklärten.

Nach der Initiative Gautier sollten die geltenden Artikel 118-121 StGB über den strafbaren und den straflosen Schwangerschaftsabbruch unverändert beibehalten werden, den Kantonen jedoch die Befugnis eingeräumt werden, für den straflosen Schwangerschaftsabbruch vom Bundesrecht abweichende - liberalere oder auch restriktivere - Regelungen zu treffen.

Nach den Initiativen Girard, Waadt und Genf sollte die Gesetzgebung über den strafbaren und den straflosen Schwangerschaftsabbruch ausschliesslich Sache der Kantone werden.

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch ein Schreiben des Regierungsrates des Kantons Bern vom 8. August 1979 an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement. Darin tritt dieser, vom Grossen Rat des Kantons Bern dazu beauftragt, für eine Ermächtigung der Kantone ein, im Bereiche des Schwangerschaftsabbruchs eigene Regelungen zu treffen.

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Die Anträge der Kommission des Nationalrates

Die Kommission des Nationalrates arbeitete zwei eigene Gesetzesentwürfe aus.

Der erste basiert auf der Initiative Christinat (Text im Kommissionsbericht S. 21/BB1 1979 II 1057). Er ist wie diese als Spezialgesetz ausgestaltet, das sich am Schwangerschaftsgesetz vom 24. Juni 1977 orientiert und an die Stelle der geltenden Artikel 118-121 StGB treten soll. Er enthält eine sozialmedizinische Indikation und eine Fristenlösung. Die Fristenlösung soll nur in den Kantonen gelten, die sie durch Gesetz anwendbar erklären. Der Entwurf stellt somit eine auf die Fristenlösung beschränkte föderalistische Regelung dar, bei der das Bundesrecht auch die Fristenlösung abschliessend ordnet und der einzelne Kanton nur darüber befinden kann, ob er diese zulassen will oder nicht.

Im zweiten Entwurf wurde das Konzept der Initiative Condrau übernommen (Text im Kommissionsbericht S. 18/BB1 1979 II 1054), d.h. er sieht keine föderalistische Regelung vor, sondern eine einheitliche Regelung der Abtreibung und des straflosen Schwangerschaftsabbruchs. Er ist als Änderung der Artikel 118-121 StGB ausgestaltet. Er ersetzt die heutige medizinische Indikation durch eine sozialmedizinische Indikation. Diese wurde gleich umschrieben wie im ersten Kommissionsentwurf.

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Bei der Gegenüberstellung der beiden Entwürfe schwang in der Kommission der aus der Initiative Condrau hervorgegangene zweite Entwurf mit 8 zu 7 Stimmen bei 5 Enthaltungen knapp obenauf. Die Kommission unterbreitet ihn deshalb als Mehrheitsantrag.

Eine Kommissionsminäerheit I tritt für den auf der Initiative Christinat basierenden ersten Entwurf ein.

.. , , Die Initiative Condrau wurde zugunsten des Entwurfs der Kommissionsmehrheit zurückgezogen, die Initiativen Christinat und Girard zugunsten des Entwurfs der Kommissionsminderheit I. Die Kommission beantragt deshalb, diese drei parlamentarischen Initiativen abzuschreiben.

Ferner beantragen Kommissionsmehrheit und Kommissionsminderheit I, die Behandlung der parlamentarischen Initiative Gautier und der vier Standesinitiafiyen zu sistieren.

Eine Kommissionsminderheit II beantragt, den Gesetzesvorschlägen der Mehrheit und der Minderheit I keine Folge zu geben und die Kommission zu beauftragen, gestützt auf |die Behandlung der parlamentarischen Initiative Gautier und der vier Standesinitiativen einen Beschlussesentwurf vorzubereiten.

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Stellungnahme des Bundesrates 1

Der Bundesrat unterstützt den Entwurf der Kommissionsmehrheit. Zur, Begründung verweist er zunächst auf seine,grundsätzlichen Überlegungen, von denen er sich schon in seinen Botschaften vom 30. September 1974 zum Schwangerschaftsgesetz und vom 19. Mai 1976 zur Volksinitiative «für die Fristenlösung» leiten Hess (BB1 1974 IÏ 735ff. und 1976 II 813 ff.): Hernach wird er sich mit den Anträgen der Kornmissionsminderheiten I und II auseinandersetzen und , darlegen, weshalb nach seinem Dafürhalten der Vorschlag der Kommissionsmehrheit den Vorzug verdient.

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Grundsätzliche Überlegungen

Das Recht auf Leben ist das oberste Grundrecht des Menschen und damit Grundvoraussetzung für alle ändern Rechte. Es verpflichtet auch den Staat. Die Bundesverfassung, garantiert es zwar nicht ausdrücklich, doch ist es als ungeschriebene Grundnorm unbestritten: Das menschliche Leben ist grundsätzlich unantastbar.

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Soll das Recht auf Leben glaubwürdig bleiben, so darf es dem Ungeborenen nicht: vorenthalten werden. Die Ehrfurcht vor dem keimenden Leben verlangt, dass der Staat es wirksam schütze. Ein strafloser Abbruch der Schwangerschaft rechtfertigt sich nur, wenn gleichrangige Rechtsgüter mit! dem keimenden Leben konkurrieren. Die Schwangerschaft darf mit ändern Worten Hur straffrei abgebrochen werden, wenn ein Konfliktsfall vorliegt, wenn also die Rettung anderer Rechtsgüter, die mit dem Wert des keimenden Lebens vergleichbar sind, dessen Vernichtung als so entschuldbar erscheinen lässt, dass der Gesetzgeber von ei1049

ner Strafdrohung absehen kann. Diese Güterabwägung ist grundsätzlich nach objektiven Massstäben vorzunehmen.

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Zu den Anträgen der Kommissionsminderheiten I und II

Der Bundesrat lehnt die Anträge der Kommissionsminderheiten I und II aus zwei Gründen ab. Es sind dies die föderalistische Regelung, die sie in bezug auf die Fristenlösung anstreben, und die Fristenlösung als solche.

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Zur föderalistischen Regelung

Die Kommission des Nationalrates ist in ihrer Mehrheit davon überzeugt, dass eine föderalistische Regelung des Schwangerschaftsabbruchs verfassungsrechtlich zulässig wäre (vgl. Kommissionsbericht S. 28/BB1 7979 II 1064). Der Bundesrat teilt diese Auffassung.

Nach Artikel 3 der Bundesverfassung sind die Kantone souverän, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist, und üben als solche alle Rechte aus, welche nicht der Bundesgewalt übertragen sind. Zur staatlichen Souveränität der Kantone gehört auch die Befugnis, Strafgesetze zu erlassen, soweit diese nicht durch das Bundesrecht beschränkt ist.

Durch eine Teilrevision der Bundesverfassung vom 13. November 1898 räumten Volk und Stände in Artikel 64bls auch dem Bund die Befugnis zur Gesetzgebung im Gebiete des Strafrechts ein, insbesondere mit dem Ziel, im Bereich des klassischen Strafrechts, d. h. der Normen, die sich herkömmlicherweise in den Strafgesetzbüchern finden, zu einer Vereinheitlichung zu gelangen. Die Bestimmung des Umfangs der Vereinheitlichung wurde dem Ermessen des Bundesgesetzgebers anheimgestellt. Über das Ausmass der Rechtseinheit wurde denn auch bei der Ausgestaltung des Schweizerischen, Strafgesetzbuches jahrzehntelang gerungen.

Aus dem Umstand, dass die Ausmarchung zwischen dem einheitlichen Strafrecht auf Bundesebene und den kantonalen Strafrechten erst auf der Gesetzesstufe geschah und auch heute noch geschieht, ergibt sich, dass es sich bei der materiellen Gesetzgebungsbefugnis nach Artikel 64bis der Bundesverfassung um eine zur kantonalen Kompetenz konkurrierende Kompetenz des Bundes handelt. Das heisst, der Bund darf den Kompetenzgegenstand, das Gebiet des materiellen Strafrechts, ausschliesslich und umfassend ordnen und damit die Kan- tone von dessen Normierung ausschliessen. Soweit er dies jedoch nicht tut, haben die Kantone weiterhin die Befugnis, Strafnormen aufzustellen, und zwar entweder auf Grund ihrer Souveränität (Art. 3 BV), wenn ein bestimmter Bereich des Strafrechts nicht in die Vereinheitlichung einbezogen wurde, was in bezug auf die Widerhandlungen gegen kantonale Verwaltungs-, Prozess- und Steuervorschriften der Fall ist (vgl. die unechten Vorbehalte in Art. 335 Ziff. l Abs. 2 und Ziff. 2 StGB), oder auf Grund einer Delegation des Bundesrechts, was in bezug auf die Gesetzgebung
über das Übertretungsstrafrecht der Fall ist, die nach Artikel 335 Ziffer l Absatz l StGB den Kantonen insoweit vorbehalten bleibt, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist (echter Vorbehalt).

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Auf seinen Entscheid über das Ausmass der Strafrechtsvereinheitlichung kann der Bundesgesetzgeber jederzeit zurückkommen, sei es indem er seine Kompetenz weniger weitgehend ausschöpft als bisher und insoweit die kantonale Gesetzgebungskompetenz nach Artikel 3 der Bundesverfassung wieder aufleben lässt, sei es indem er gewisse Befugnisse den Kantonen delegiert. Er kann somit auch bei der Neuordnung des Schwangerschaftsabbruchs so vorgehen, d.h. die einheitliche Regelung wieder ganz oder teilweise durch eine föderalistische Re!

gelung ersetzen.1) Der Bundesrat stellt sich also nicht aus verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine föderalistische Regelung. Er lehnt eine solche aus ändern Erwägungen ab.

Er hat seinen ablehnenden Standpunkt übrigens bereits einmal zum Ausdruck gebracht, nämlich am 5. März 1975, als er im Nationalrat bei der Beratung der Volksinitiative «für die Fristenlösung» und des Schwangerschaftsgesetzes gegen einen Antrag Bonnard, der eine föderalistische Regelung anstrebte, Stellung nahm (Amt. Bull. N 7975 S. 208 und 272 f., Votum von Bundesrat Brugger).

Gegen eine föderalistische Regelung spricht vorab die heutige Strafrechtssystematik. Die Rechtseinheit, die mit dem Erlass des Schweizerischen Strafgesetzbuches für die klassischen Verbrechens- und Vergehenstatbestände erreicht wurde, muss gewahrt bleiben. Die Kompetenz zur Gesetzgebung über die Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs teilweise oder gar ganz den Kantonen wieder zurückzugeben, bedeutete einen schweren Einbruch in diese Rechtsgleichheit. Abgesehen von den bereits erwähnten Spezialmaterien des Verwaltungs-, Prozess- und Steuerstrafrechts (Art. 335 Ziff. l Abs. 2 und Ziff. 2 StGB), haben die Kantone heute keine Befugnis mehr, Verbrechens- und Vergehenstatbestände zu schaffen. Eine föderalistische Regelung des Schwangerschaftsabbruchs wäre die einzige Ausnahme, und zwar eine äusserst fragwürdige; dies allein schon deshalb, weil sie einen Teilbereich des strafrechtlichen Schutzes von Leib und Leben beträfe, dem im schweizerischen Strafrecht vorrangige Bedeutung beigemessen wird, stehen doch die Bestimmungen über den strafbaren und den straflosen Schwangerschaftsabbruch zusammen mit den Tötungs- und Körperverletzungsdelikten im Strafgesetzbuch an erster Stelle. Der Stellenwert dieser Bestimmungen ist nicht vergleichbar
mit jenen minder bedeutsamen Bereichen des materiellen Strafrechts, die der kantonalen Gesetzgebung überlassen sind. Auch die oft als Beispiele erwähnten föderalistischen Regelungen des Pflichtteilsrechts der Geschwister und Geschwisterkinder im Erbrecht (das übrigens aufgehoben werden soll2)), des Nachbarrechts von Grundeigentümern ])

Im gleichen Sinne: Prof. Charles Morand als Experte der Kommission des : Nationalrates (vgl. Kommissionsbericht S. 27/BB1 1979 II 1063), Burckhardt, Kommentar der Schweiz. Bundesverfassung, 3. Auflage, S. 13 ff. und 593 ff., Fleiner/Giacometti, Schweiz. Bundesstaatsrecht, S. 98 ff., Aubert, Traité de droit constitutionnel suisse I, S. 261 ff., Hangärtner, Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen, S. 136, 147 f. und 219 und Schwander, Das Schweiz. Strafgesetzbuch, S. 45 ff. : Anderer Meinung: Prof. Hans Schultz als Experte der Kommission des Nationalrates (vgl. Kommissionsbericht S. 27/BB1 1979 II 1063) und Prof. Werner Kägi, Eine «föderalistische Lösung» des Schwangerschaftsabbruchs? (in NZZ Nr. 275 vom 26. Nov.

1979, S. 15).

2 ' Art.472 ZGB: Botschaft vom 11. Juli 1979 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Wirkungen der Ehe im allgemeinen, Ehegüterrecht und Erbrecht); BB1 1979 II 1353.

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(Art. 686 und 688 ZGB) oder der Benützung von privaten Quellen, Brunnen und Bächen durch die Nachbarn (Art. 709 ZGB) stehen nicht entfernt im gleichen Rang wie der strafrechtliche Schutz des werdenden Lebens. Dasselbe gilt von ändern, auch schon angeführten Beispielen wie der kantonalen Zuständigkeit zur Bestimmung des Obligatoriums bei der Arbeitslosenversicherung ') und bei der Krankenversicherung 2\ wo überdies noch die primäre kantonale Zuständigkeit im Gesundheits- und Fürsorgewesen mitspielt.

Eine föderalistische Regelung wäre aber auch rechtspolitisch bedenklich. Sie könnte ein Präjudiz dafür werden, künftig auch in ändern stark umstrittenen Fragen, die auf Bundesebene gelöst werden sollten, den Ausweg kantonaler Regelungen zu wählen. Der Bundesrat steht zwar auch im Gesetzgebungsbereich durchaus für einen sinnvollen Föderalismus ein. Aber er ist der Meinung, dass in Gebieten, in denen eine einheitliche Bundesregelung grundsätzlich als die einzig richtige erkannt worden ist, keinesfalls zur früheren Rechtszersplitterung zurückgekehrt werden darf. Das gilt ganz besonders für das materielle Strafrecht. In einer Zeit, da für immer weitere Räume auf eine Angleichung der strafrechtlichen Vorschriften hingearbeitet wird - man denke an die Bestrebungen im Europarat -, wäre eine föderalistische Regelung des Schwangerschaftsabbruchs ein Anachronismus und Messe das Rad der Strafrechtsgeschichte unseres Landes zurückdrehen. Der Bundesrat ist sich dabei bewusst, dass auch ein einheitliches Bundesrecht regional verschieden gehandhabt wird, vor allem wenn wie hier bei der Anwendung Ermessensentscheide zu treffen sind. Denn es sind immer Menschen, die das Recht in die Wirklichkeit umsetzen. Aber es bedeutet doch einen entscheidenden Unterschied, ob man ein einheitliches Recht mit einem mehr oder weniger weiten Ermessensspielraum schafft und damit die Tür für eine allmähliche Angleichung der Anschauungen in der Praxis offen lässt, oder ob man mit einer föderalistischen Regelung die zurzeit regional vorherrschenden Standpunkte gesetzlich verankert.

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Zur Fristenlösung

Der Bundesrat hat die Fristenlösung schon in den vorerwähnten Botschaften von 1974 und 1976 abgelehnt. Ausser den unter Ziffer 31 wiedergegebenen grundsätzlichen Überlegungen ruft er folgende Gründe in Erinnerung: Indem die Fristenlösung den Eingriff während der ersten drei Monate der Schwangerschaft als straflos erklärt, verlangt sie für den Abbruch keinen sachlichen Grund. Damit kollidiert sie mit dem Grundsatz der Rechtsgüterabwägung.

Es werden in der Tat nicht gleichrangige Werte und Rechte zweier Menschenleben gegeneinander abgewogen; die Entscheidung wird der Schwangeren anheimgestellt, unbeschadet der Motive, durch die sie begründet wird. Hinzu kommt, dass das mit der Fristenlösung verbundene freie Verfügungsrecht, wie der Bundesrat bereits früher betont hat (BB1 1974 II 737, 1976 II 813), gegen ') Art. 15 A1VG, SR 837.1; gegenwärtig ausser Kraft für die Geltungsdauer des Burtdesbeschlusses vom 8. Oktober 1976 über die Einführung der obligatorischen Arbeitslosenversicherung (SR 837.100).

2 > Art. 2 KUVG, SR 832.01

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den allgemeinen Rechtsgrundsatz verstösst, wonach der direkt Interessierte einen Interessenkonflikt nicht selber entscheiden darf; dieser muss vielmehr nach objektiven Massstäben durch einen unbeteiligten Dritten gelöst werden.

Diese Grundsätze gestatten allein eine Indikationerilösung. Indikationen dienen dazu, Fälle menschlicher Ausweglosigkeit sachgemäss ! zu erfassen. Als Rechtsgüter, die gegenüber dem keimenden Leben abwägbar sind, können das Leben und die Gesundheit der Schwangeren verantwortet werden; ferner, sei es als selbständige Indikation oder als Auswirkung auf die Gesundheit der Schwangeren, eine schwere soziale Notsituation, in welche idie Schwangere bei Austragung der Schwangerschaft unabwendbar geraten würde; schliesslich die Unzumütbarkeit einer Schwangerschaft als Folge eines Sittlichkeitsdeliktes und die Unzumutbarkeit, ein Kind mit einem schweren geistigen oder körperlichen Dauerschaden auf die Welt bringen zu müssen.

Diese Überlegungen haben für den Bundesrat unverändert Gültigkeit. Er kann deshalb eine Fristenlösung nicht befürworten. Er tritt nach wie vor für eine Indikationenlösung ein, wobei er heute, wie bereits gesagt, einer Regelung, wie sie im Entwurf der Kommissionsmehrheit vorgeschlagen wird, den Vorzug gibt.

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Zum Entwurf der Kommissionsmehrheit

Der Bundesrat unterstützt den Entwurf der Kommissionsmehrheit, weil darin eine einheitliche Regelung vorgeschlagen und am Prinzip festgehalten wird, dass ein Schwangerschaftsabbruch nur dann straflos sein soll, wenn er aus einem wichtigen sachlichen Grund ausgeführt wird. Ferner zeichnet sich der Entwurf dadurch aus^ dass er sich auf eine einzige Indikation beschränkt, die so^ zialmedizinische Indikation, die erlaubt, der physischen und psychischen Gesundheit der Schwangeren gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung ihrer sozialen Situation Rechnung zu tragen. Die vorurteilslose Umschreibung der sozialmedizinischen Indikation ermöglicht es, auf die drei selbständigen Indikationen der schweren sozialen Notlage, der aufgezwungenen Schwangerschaft und der Schädigung des Kindes zu verzichten. Diese drei Indikationen waren im Schwangerschaftsgesetz vom 24. Juni 1977 in vergleichsweise komplizierten und ins einzelne gehenden Bestimmungen vorgesehen und in weiten Kreisen angefochten, was mit dazu beitrug, dass das Schwangerschaftsgesetz in der Volksabstimmung verworfen wurde. Durch seine Beschränkung auf das Wesentliche trägt der Entwurf aber auch ändern Einwänden Rechnung, die gegen das Schwangerschaftsgesetz von 1977 erhoben wurden. Er bietet sich;damit als eine vermittelnde Lösung an, die eine Reihe von Hindernissen, die der Annahme des Schwangerschaftsgesetzes durch die Stimmbürger entgegenstanden, .aus dem Wege räumt.

Im einzelnen geben, der Entwurf und die Anträge .einer Minderheit der Kommission zu diesem Entwurf (Texte im Kommissionsbericht S. 20/BB1 1979 II 1056) dem Bundesrat zu folgenden Bemerkungen und Anträgen Anlass: Artikel 118 des Entwurfs enthält den Straftatbestand der Abtreibung. Er unterscheidet sich vom entsprechenden Artikel 2 des Schwangerschaftsgesetzes von 1977 materiell nur in einem Punkt: Er verzichtet in Ziffer 2 darauf, die gewerbs1053

massige Abtreibung als Qualifikationsgrund aufzuführen. Der Bundesrat sieht keinen Grund für die Weglassung dieses bereits auch im geltenden Recht (Art. 119 Ziff. 3 StGB) enthaltenen Straferschwerungsgrundes. Auch die Kommission des Nationalrates gibt dafür keine Begründung. Der Bundesrat beantragt deshalb, in der Ziffer 2 zur Fassung von Artikel 2 Ziffer 2 des Schwangerschaftsgesetzes von 1977 ') zurückzukehren. Wer aus dem illegalen Schwangerschaftsabbruch ein Geschäft macht, soll einer erhöhten Strafdrohung unterstehen.

Artikel 119 regelt den straflosen Abbruch der Schwangerschaft. Der Text stimmt wörtlich mit dem des Artikels 3 im Entwurf der Kommissionsminderheit I überein. Der Bundesrat schliesst sich den Überlegungen an, welche die Kommission dazu führten, diesen Text zu beschliessen. Die Formulierung, wonach der Abbruch der Schwangerschaft straflos sein soll, wenn er ausgeführt wird, um eine ernste Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Schwangeren abzuwenden, entspricht der heutigen Realität in der Praxis. Insbesondere vermögen auch die Gründe zu überzeugen, aus denen auf das bisherige Erfordernis, dass bei einem zweiten, von der kantonalen Sanitätsbehörde bezeichneten Arzt ein zustimmendes Gutachten eingeholt werden muss, verzichtet wurde.

Mit diesem Verzicht entfällt allerdings auch die im Schwangerschaftsgesetz von 1977 enthalten gewesene Bestimmung, die den Arzt, der den Eingriff vornimmt, verpflichtete, der kantonalen Sanitätsbehörde, die den Gutachter bezeichnet hat, ein Exemplar des Gutachtens ohne Namen der Schwangeren einzureichen.

Diese Bestimmung wollte eine beschränkte Aufsicht über die Tätigkeit der einzelnen Ärzte ermöglichen, um fehlerhaften Gesetzesauslegungen seitens derselben vorbeugen zu können; vor allem aber bezweckte sie, den Behörden und der Allgemeinheit die Übersicht über Anzahl und Indikationen der legalen Schwangerschaftsabbrüche zu verschaffen. Denn es wurde stets als Mangel empfunden, dass man wegen Fehlens einer allgemeinen Meldepflicht der Ärzte2) über keine zuverlässige Daten verfügt. Aus dem gleichen Grunde wurde in Artikel 15 Buchstabe c des Schwangerschaftsgesetzes von 1977 auch vorgesehen, der Bundesrat habe Bestimmungen über die Meldung der legalen Schwangerschaftsabbrüche an das Bundesamt für Statistik zu erlassen.

Eine Minderheit der Kommission
möchte in einer Ziffer 3 von Artikel 119 des Entwurfs, als Ersatz für die weggefallene Verpflichtung zur Einreichung eines Exemplars des Gutachtens, den Arzt, der den Eingriff vornimmt, verpflichten, in einem Bericht die Gründe für den Eingriff festzuhalten und den Bericht innert Monatsfrist ohne Namen der Schwangeren der Sanitätsbehörde des Kantons, in dem der Eingriff erfolgte, einzureichen. Der Bundesrat hält die Gründe ') Art. 2 Ziff. 2 des Schwangerschaftsgesetzes von 1977 (BB11977 III ,88) lautete: 2. Die Strafe ist Zuchthaus bis zu zehn Jahren, wenn der Täter die Abtreibung gegen den Willen der Schwangeren vornimmt, gewerbsmässig abtreibt, oder vorsätzlich oder grob fahrlässig die Gefahr des Todes oder einer schweren Körperverletzung der Schwangeren herbeiführt.

2 ) Nach Art. 120 Ziff. 2 StGB müssen nur Eingriffe aufgrund eines Notstandes (Art. 34 Ziff. 2 StGB) gemeldet werden.

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für eine allgemeine Meldepflicht der Ärzte nach wie vor für, stichhaltig. :Er unterstützt deshalb diesen Minderheitsvorschlag und beantragt, diesen noch wie folgt zu ergänzen: «Der Bundesrat erlässt nach Anhören der Kantone Bestimmungen über die Meldung der Eingriffe an das Bundesamt für Statistik.»,Durch diese Artikel 15 Buchstabe c des Schwangerschaftsgesetzes entsprechende Ergänzung würde eine gesamtschweizerische Übersicht über die legalen Schwangerschaftsabbrüche sichergestellt.

Der Artikel 120 über die Beratungspflicht wird vom Bundesrat sehr begrüsst.

Mit der Verpflichtung der Schwangeren, sich1 vor einem allfälligen Eingriff von einem Arzt oder einer kantonal anerkannten, Beratungsstelle ihres Vertrauens beraten zu lassen und anschliessend eine Bedenkfrist von mindestens einer Woche einzuhalten, würde ein wesentlicher Beitrag zum Schütze der Schwangerschaft geleistet. Der Bundesrat befürwortet auch die von einer Minderheit der Kommission beantragte, präzisierende Ergänzung des Artikels 120, wonach die Beratung die Schwangere über die privaten und öffentlichen Hilfen, die die Fortsetzung der Schwangerschaft erleichtern, über die ärztliche Beurteilung des Eingriffs und über die Schwangerschaftsverhütung zu orientieren hat. Sie beugt allfälligen Meinungsverschiedenheiten über Zweck und Umfang der Beratung vor, : In Artikel 121, der die Nichtbeachtung der formellen Voraussetzungen der Artikel 119 und 120 durch den einen legalen Schwangerschaftsabbruch vornehmenden Arzt unter Strafe stellt, muss, sofern Artikel 119 Ziffer 3 angenommen'wird, die Ziffer l gemäss dem hier gestellten Minderheitsantrag ergänzt werden.

Ferner beantragt der Bundesrat, es sei - wie im Schwangerschaftsgesetz von 1977 und im Entwurf der Kommissionsminderheit I - auch im Entwurf der Kommissionsmehrheit die Aufhebung des Artikels 211 StGB (Anpreisen von Gegenständen zur Verhütung- der Schwangerschaft) vorzusehen. Die Aufhebung ist hier wohl lediglich aus einem Versehen unterblieben.

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Schwangerschaftsberatungsstellen

Da der Entwurf der Kommissionsmehrheit eine Änderung des Strafgesetzbuches darstellt, wird darin aus verfassungsrechtlichen Gründen auf Bestimmungen über die Errichtung von Beratungsstellen verzichtet. Diese sollen in einem anderen Gesetz Aufnahme finden. Denn die Verfassungsgrundlage des Strafgesetzbuches bildet Artikel 64bis der Bundesverfassung, die der Schwangerschaftsberatungsstellen hingegen - darüber waren sich Parlament und Bundesrat schon bei der Schaffung des Schwangerschaftsgesetzes von 1977 einig - der Familienschutzartikel (Art. 34quinquies BV).

Der Bundesrat geht in dieser Frage mit der Kommission einig. Die .Beratungsstellen .gehören systematisch nicht ins Strafrecht. Er hält jedoch dafür, dass diese Bestimmungen gleichzeitig mit der laufenden Auseinandersetzung über die Neuordnung des Schwangerschaftsabbruchs wieder aufgegriffen werden sollten, zumal sie seinerzeit weder in den eidgenössischen Räten noch in der Volksabstimmung, in der das Schwangerschaftsgesetz von 1977 verworfen wurde, umstritten waren. Auch im Entwurf der Kommissionsminderheit I sind

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sie wieder enthalten, und im Artikel 120 (Beratungspflicht) des Entwurfs der Kommissionsmehrheit werden die kantonal anerkannten Beratungsstellen als bereits vorhanden vorausgesetzt. Die gleichzeitige gesetzliche Realisierung der Beratungsstellen als flankierende Massnahme zum Schütze der Schwangerschaft läge auch im Sinne der Ziffer l der Motion der Christlich-demokratischen Fraktion vom 3. Oktober 1978 betreffend den Schutz von Mutter und Kind (77.428)1) und der Motion Lang vom 6. März 1980 betreffend Schwangerschaftsberatungsstellen (78.393). Der Bundesrat unterbreitet Ihnen deshalb in der Beilage den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Schwangerschaftsberatungsstellen. Die Vorlage besteht aus den seinerzeitigen Bestimmungen, mit Ausnahme der nachstehend dargelegten Abweichung in Artikel l.

Artikel l (Beratungsstellen) entspricht dem Artikel l des Entwurfs der Kommissionsminderheit I, der seinerseits, mit einer redaktionellen Präzisierung in Absatz 3, aus dem Schwangerschaftsgesetz von 1977 übernommen worden ist/ Im Unterschied zu jener Bestimmung enthält er den Absatz 4 über die Beitragsleistüngen des Bundes nicht mehr. Diese Bestimmung wurde im Blick auf die eingeleitete Neuverteilung der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen fallen gelassen. Denn Beitragsleistungen des Bundes, wie sie im 'Schwangerschaftsgesetz von 1977 vorgesehen waren und auch im Entwurf der Kommissionsminderheit I vorgesehen werden, müssen jenen Subventionen zugerechnet werden, auf deren Ausrichtung inskünftig verzichtet werden soll (vgl. Bericht über die Richtlinien der Regierungspolitik für die Legislaturperiode 1979 bis 1983 [BB1 1980 l 641], Bericht zum Legislaturfmanzplan des Bundes für die Jahre 1979 bis 1983 [BB1 1980 I 731] und Bericht der Studrenkommission für die Neuverteilung der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen vom 3 I.Juli 1979, S. 60 ff.). Auch der Kommissionsbericht enthält einen dahingehenden Minderheitsantrag (vgl.

S. 25/BB1 1979II 1068). Erinnert sei auch daran, dass der Ständerat am 18. Juni 1980 die Motion Lang vom 6. März 1980 betreffend Schwangerschaftsberatungsstellen (78.393) nur insoweit angenommen hat, als diese auf Artikel l Absätze 1-3 des Schwangerschaftsgesetzes von 1977 verweist.2) Den Hinweis auf den Absatz 4 ersetzte er durch folgendes Postulat seiner Kommission (zu 78.393): «Bei der Ausarbeitung einer Vorlage über Schwangerschaftsberatungsstellen prüft der Bundesrat und stellt Antrag, ob und wieweit der Bund an die l

~> Wortlaut der Motion der Christlich-demokratischen Fraktion: Der Bundesrat wird aufgefordert, den Räten unverzüglich ein Sozialpaket vorzulegen, das 1. die Realisierung der im unbestrittenen Abschnitt «Schutz der Schwangerschaft» des entsprechenden Gesetzes enthaltenen Massnahmen sicherstellt; 2. eine Mutterschaftsversicherung vorsieht.

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) Ursprünglicher Wortlaut der Motion Lang: Der Bundesrat wird beauftragt, den eidgenössischen Räten eine neue Gesetzesvorlage zu unterbreiten für die Schaffung von Schwangerschaftsberatungsstellen, wie sie in Artikel l des am 28. Mai 1978 vom Volk abgelehnten Bundesgesetzes über den Schutz der Schwangerschaft und die Neuordnung des Schwangerschaftsabbruchs vorgesehen waren.

Wortlaut gemäss Beschluss des Ständerates vom 18. Juni 1980: ... wie sie in Artikel l Absätze 1-3 des ...

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Kosten dieser Stellen Beiträge leisten soll» (Amt. Bull. S 1980, 372). Verwiesen sei schliesslich noch darauf, dass der Bundesrat für die in seiner Vorlage vom 11. Juli 1979 über die Änderung des Zivilgesetzbuches (Wirkungen der Ehe im allgemeinen, Ehegüterrecht und Erbrecht) vorgeschlagenen Ehe- und Familienberatungsstellen keine Bundesbeiträge vorgesehen hat (vgl. BB1 1979 II 1272 13761406).

, Artikel 2 enthält die Bestimmungen über das Amts- und Berufsgeheimnis der Mitarbeiter der Beratungsstellen und der von ihnen beigezogenen Drittpersonen. Er ist identisch mit Artikel? des Schwangerschaftsgesetzes von 1977 und Artikel 6 des Entwurfs der Kommissionsminderheit I.

Artikels verpflichtet den Bundesrat, nach Anhören der Kantone, Einzelvorschriften über die Beratungsstellen zu erlassen. Er entspricht Artikel 15 Buchstabe a des Schwangerschaftsgesetzes von 1977 und Artikel 12 des Entwurfs der Kommissionsminderheit I.

Artikel 4 enthält die Schlussbestimmungen.

Finanzielle und personelle Auswirkungen für den Bund ergeben sich keine. Für die Kantone sind, da sie bereits über entsprechende Einrichtungen verfügen (ausgenommen Appenzell A. Rh. und Appenzell I. Rh.), kaum ins Gewicht fallende Mehraufwendungen zu erwarten.

Die Verfassungsgrundlage für die Schaffung der Beratungsstellen bildet, wie bereits erwähnt, Artikel 34iuin
Für Artikel 2 des Gesetzesentwurfs (Amts- und Berufsgeheimnis) ist die Verfassungsmässigkeit aufgrund des Artikels 64bls der Bundesverfassung, wonach der Bund zur Gesetzgebung im Gebiete des Strafrechts befugt ist, gegeben.

Wir beehren uns, Ihnen die Annahme dieses Gesetzesentwurfs zu empfehlen, und beantragen Ihnen, folgende parlamentarische Vorstösse abzuschreiben: 1979 M 77.428 Schutz von Mutter und Kind , ,' (N'3. 10. 78, Christlich-demokratische Fraktion; S 14. 3. 79), soweit darin der Schutz der Schwangerschaft angesprochen

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78.393 Schwangerschaftsberatungsstellen (N 6. 3. 80, Lang; S 18.6.80) 1980 P zu 78.393 Schwangerschaftsberatungsstellen (S 18. 6. 80, Kommision des Ständerates).

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

29. September 1980

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Chevallaz Der Bundeskanzler: Huber

1057

Beilage

Anträge des Bundesrates 1.

Entwurf der Kommissionsmehrheit: Zustimmung, unter Vorbehalt der nachstehenden Anträge 1.1.-1.5.

1.1. Art. 118 Ziff. 2: 2. Die Strafe ist Zuchthaus bis zu zehn Jahren, wenn der Täter die Abtreibung gegen den Willen der Schwangeren vornimmt, "gewerbsmässig abtreibt, oder vorsätzlich oder grob fahrlässig die Gefahr des Todes oder einer schweren Körperverletzung der Schwangeren herbeiführt.

1.2. Art. 119 Ziff. 3 (neu) des Minderheitsantrags : Zustimmung mit der Ergänzung: Der Bundesrat erlässt nach Anhören der Kantone Bestimmungen über die Meldung der Eingriffe an das Bundesamt für Statistik.

1.3. Art. 120 Abs. 2 (neu) des Minderheitsantrags: Zustimmung.

1.4. Art. 121 Ziff. l des Minderheitsantrags: Zustimmung.

1.5. Art. 211 StGB: Streichen.

2.

Entwurf der Kommissionsminderheit I : Ablehnung.

3.

Antrag der Kommission, die parlamentarischen Initiativen Girard, Condrau und Christinat abzuschreiben: Zustimmung.

4.

Antrag der Kommissionsmehrheit und der Kommissionsminderheit I, die Behandlung der parlamentarischen Initiative Gautier und der vier Standesinitiativen Neuenburg, Genf, Basel-Stadt und Waadt zu sistieren: Zustimmung.

5.

Anträge der Kornmissionsminderheit II: Ablehnung.

6.

1058

Zustimmung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Schwangerschaftsberatungsstellen.

Bundesgesetz über die Schwangerschaftsberatungsstellen

Entwurf

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 34quinquies unc j 64bis der Bundesverfassung, nach Einsicht in den Bericht der Kommission des Nationalrates vom 27. August 1979 ') und die Stellungnahme des Bundesrates vom 29. September 19802) zu den parlamentarischen Initiativen und den Standesinitiativen betreffend Schwangerschaftsabbruch, beschliesst: Art. l Beratungsstellen 1 Bei Schwangerschaft haben die unmittelbar Beteiligten Anspruch auf unentgeltliche Beratung und Hilfe.

2 Die Kantone errichten Stellen für eine umfassende Schwangerschaftsberatung.

Sie können solche Stellen gemeinsam errichten, bestehende anerkennen sowie für die Einrichtung und den Betrieb private Organisationen heranziehen.

3 Die Beratungsstellen müssen über genügend Mitarbeiter und finanzielle Mittel verfügen, um die betroffenen Personen ohne Verzug im erforderlichen Masse unentgeltlich zu beraten und ihnen die notwendige Hilfe zu gewähren.

Art. 2 Amts- und Berufsgeheimnis 1 Die Mitarbeiter der Beratungsstellen sowie die von ihnen beigezogenen Drittpersonen unterstehen der Geheimhaltungspflicht nach Artikel 320 oder 321 des Strafgesetzbuches3). Artikel 321 Ziffer 3 des Strafgesetzbuches (Zeugnis- und Auskunftspflicht) ist nicht anwendbar.

2 Erwirkt jemand finanzielle Leistungen durch unwahre Angaben oder betrügerische Machenschaften, so entfällt die Pflicht zur Geheimhaltung dieses Sachverhaltes.

Art. 3 Bestimmungen des Bundesrates Der Bundesrat erlässt nach Anhören der Kantone Bestimmungen über die Beratungsstellen.

D BEI 1979 II 1037 > BEI 1980 III 1047 ) SR 311.0

2

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Schwangerschaftsberatungsstellen Art. 4 Referendum, Inkrafttreten 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

7376

1060

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Parlamentarische Initiativen und Standesinitiativen zum Schwangerschaftsabbruch Stellungnahme des Bundesrates vom 29. September 1980

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1980

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

45

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78.222

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

11.11.1980

Date Data Seite

1047-1060

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10 048 170

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