#ST#

Schweizerisches Bundesblatf.

35. Jahrgang. IV.

Nr. 55.

10. November 1883.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrückungsgebühr per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druck und Expedition der Stämpflischen Buchdruckerei in Bern.

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die internationale Konvention zum Schutz des gewerblichen Eigenthums.

(Vom 30. Oktober 1883.)

Tit.

Der gesetzliche Schutz des gewerblichen Eigenthums hat an den internationalen Ausstellungen von Erzeugnissen der Kunst, Industrie und der Landwirthschaft, welche in den verflossenen drei Dezennien abgehalten worden sind, jeweilen einen neuen Impuls erhalten.

An der Ausstellung von 1873 in Wien trat speziell die Frage des Schutzes der Erfindungen schon deswegen in den Vordergrund, weil die amerikanische Regierung, zum Schütze ihrer Angehörigen, um gewisse Zusicherungen nachsuchte, ehe sie die Beschickung der Ausstellung zusagen wollte. An dem während dieser Ausstellung in Wien abgehaltenen internationalen Kongreß betreffend den Patentschutz ist ein internationales Uebereinkommen angeregt und folgende Resolution gefaßt worden: "In Anbetracht der großen Ungleichheit der bestehenden ,,Patentgesetzgebungen und in Anbetracht der veränderten ,,internationalen Verkehrsbeziehungen der Jeztzeit liegt das "Bedürfniß für Reformen vor und es ist dringend zu empfehlen, daß die Regierungen so bald wie möglich eine "internationale Verständigung über den Patentschutz herbei,,zuführen suchen.a Bundesblatt. 35. Jahrg. Bd. IV.

22

334

Anläßlich der internationalen Ausstellung von 1878 in Paris wurde die Idee eines internationalen Uebereinkommens wieder aufgenommen und zwar auf breiterer Basis als in Wien. Während es sich am Kongresse in Wien nur um den Schutz der Erfindungen handelte, zog der an der Pariser Ausstellung abgehaltene Kongreß den Schutz des gewerblichen Eigenthums überhaupt: Firmen, Fabrikund Handelsmarken, Muster und Modelle und Erfindungen in dea Bereich seiner Verhandlungen. Die Schweiz war an diesem Kongresse durch eine Delegation, bestehend aus den Herren : Konstantin Bodenheimer in Bern, E. Ime r - S c h n e i d e r , Ingenieur, in Genf, und Professor S c h r e y e r in Genf vertreten. Bas Ergebniß dieses Kongresses besteht in einem Vorentwurfe zu einem Uebereinkommen betreffend die Bildung einer allgemeinen Vereinigung zum Schütze des gewerblichen Eigenthums.

Es wurde vom Kongresse eine Kommission bestellt und under Auftrag gegeben, auf der nun betreteneu Bahn weiter vorzugehen. In denjenigen Staaten, welche am Kongresse vertreten waren, bildeten sieh Sektionen, welche mit der Kommission in beständigem Verkehr standen und gleichzeitig als Organe des Verkehrs mit den Behörden derjenigen Staaten, welche am Kongresse vertreten waren, dienten. Von dieser Kommission wurde unter Mitwirkung der Sektionen ein neuer Vorentwurf zu einem Uebereinkommen über den Schutz des gewerblichen Eigenthums ausgearbeitet, durch die Vermittlung des französischen Handelsministeriums den Regierungen der verschiedenen Staaten vorgelegt und damit die Eintrage verbunden, ob die Staatsregierungen geneigt seien, an einer internationalen Konferenz, welche zur Berathung des Entwurfes zusammentreten würde, sich vertreten zu lassen.

Wir antworteten dem französischen Handelsministerium: ,,Wenn auch mit Bezug auf gewerbliche Erfindungen die Bundesverfassung keine Bestimmungen enthalte, welche dem Bunde daherige Kompetenzen übertragen, und diesfalls Vorbehalte gemacht werden müssen, so glaube die Behörde doch, die von der französischen Regierung gemachte Eröffnung bejahend beantworten zu sollen, und dies um so mehr, als andere Gegenstände des Programmes der Konferenz durch die Bundesgesetzgebung bereits geregelt seien."

Den Beginn der Konferenz hat sodann das französische Handelsministerium auf den 4. November 1880 augesetzt und die Staatsregierungen eingeladen, sieh an derselben durch Delegationen vertreten zu lassen. Zu Delegirten der Schweiz ernannten wir die Herren :

335 Minister K e r n in Paris, W e i b e ] , Vicepräsident des Vororts des schweizerischen Handels- und Industrie Vereins, in Genf, I r n e r - S c h n e i d e r, Ingenieur, in Genf.

Auf Grundlage des vom französischen Handelsministerium mitgetheilten Entwurfes hatten wir unserer Delegation diejenigen Instruktionen ertheilt, welche wir im Interesse der schweizerischen Industrie und Gewerbe und im Hinblick auf die Bundesverfassung als geboten erachteten. Die Verhandlungen der Konferenz dauerten vom 4. bis zum 20. November 1880 und führten, unter Ratifikationsvorbehalt, zum Abschluß einer, vom 20, November 1880 datirten Konvention.

Bei den Verhandlungen hatte unsere Delegation instruktionsgemäß eine Erklärung zu Protokoll gegeben, mit welcher die schweizerischen konstitutionellen Rechte für die Verhandlungen der Konferenz und das Resultat derselben ausdrücklich vorbehalten wurden.

Der Konventionsentwurf wurde von der französischen Regierung sämmtlichen Regierungen mitgetheilt. Am 15. März 1881 beschlossen wir, demselben unsere Zustimmung zu ertheilen. Das Gleiche geschah von Seite 7 anderer Staaten (inkl. Frankreich), wie uns die französische Regierung durch ihre Gesandtschaft am 12. November 1882 mittheilen ließ. Gleichzeitig sprach sie indessen die Ansicht aus, daß es angezeigt sein dürfte, vor der Unterzeichnung des Entwurfes durch die betretenden Staaten die Konferenz nochmals zu versammeln, um zu untersuchen, ob im genannten Entwurf von 1880 Abänderungen angebracht werden könnten, um eine größere Einigung zu erzielen, ohne den Zweck der Union zu beeinträchtigen.

Wir erklärten uns mit diesem Vorgehen einverstanden und ernannten zu Vertretern der Schweiz an der neuen Konferenz : Herrn Minister Dr. L a r d y in Paris, und ,, Ingenieur J. W ei b o l in Genf.

Die Delegirten wurden ermächtigt, den Entwurf einer internationalen Konvention vom 20. November 1880, unter Ratifikationsvorbehalt der eidgenössischen Käthe, zu unterzeichnen, sofern derselbe von der Konferenz unverändert angenommen würde.

Die neue Konferenz fand statt in Paris und dauerte vom 5.

bis 20. März. Ihr Resultat war die unveränderte Annahme des Konventionsentwurfes von 1880 und die Erhebung desselben zu einem Staatsvertrage. Folgende 11 Staaten traten der Union zum Schutz des gewerblichen Eigenthums bei: die Schweiz, Belgien,

336

Brasilien, Frankreich, Guatemala, Italien, die Niederlande, Portugal, Salvador, Serbien und Spanien, welche zusammen eine Bevölkerung von rund 113 Millionen repräsentiren.

Der Inhalt der Uebereinkunft, welche am Schlüsse dieser Botschaft beigefügt ist, gibt uns zu folgenden Bemerkungen Veranlassung: Art. 1. Der Ausdruck "gewerbliches Eigenthum" ist im weitesten Sinne zu versieben und begreift nicht nur die industriellen, sondern auch die landwirtschaftlichen und mineralischen Erzeugnisse, letztere soweit sie Gegenstand des Handels bilden (Mineralwasser etc.) in sich. In diesem Sinne enthält das Schlußprotokoll eine erläuternde Bestimmung.

Art. 2. Es ist hier hervorzuheben, daß nach dem Wortlaute der Konvention die Stipulationen nur auf die Angehörigen der Vereinsstaaten Anwendung finden, und daß es somit jedem Staate überlassen bleibt, nach seinem eigenen Ermessen die Angehörigen von Staaten, die der Vereinigung nicht beigetreten sind, auf dem gleich un Fuße zu behandeln oder nicht. Der au der Konferenz gemachten Anregung, die Vortheile der Konvention allen Fremden zu gewähren und in diesem Sinne eine Bestimmung aufzunehmen, wurde aus dem Grunde nichtbeigetreten,, weil die Staaten, welche nicht zur Vereinigung gehören, alles Interesse hätten, von derselben auch künftighin fern zu bleiben, indem sie ohne Gegenleistung die Vortheile der Konvention genießen würden.

Auf den Vorschlag unserer Delegation wurde das Wort ,,Bedingungen" aufgenommen, damit deutlich gesagt ist, es handle sich hier nicht nur um Formalitäten, sondern um wichtigere Vorschriften, die ein Staat soll aufstellen können, wenn er es für zweckmäßig hält.

Was die Formalitäten für die Erwerbung und Erhaltung des Schutzes von gewerblichem Eigenthum betrifft, so sind diejenigen Vorschriften maßgebend, welche die interne Gesetzgebung für die Staatsangehörigen aufstellt. Wenn indessen in der Gesetzgebung eines Staates der Vereinigung; in BezugO auf Prozeßverfahren und O O Kompetenz für Fremde besondere Vorschriften aufgestellt sind, so müssen dieselben auch von den Angehörigen der andern Staaten der Vereinigung befolgt werden. Hierüber ist im Schlußprotokoll Ziff. 3 eine Bestimmung aufgenommen. Wenn z. B. in einem dieser Stauten die Vorschrift besteht, daß hei einem Prozesse ein Fremder die Cautio judicatum solvi leisten müsse, so können Angehörige der andern Vereinsstaaten nicht verlangen, daß sie von derselben

337

entbunden und den Angehörigen des betreffenden Staates auch in dieser Beziehung gleich gestellt werden.

Art. 3. Die Konferenz hat für zweckmäßig erachtet, daß Angehörige von Staaten, welche nicht zur Vereinigung gehören, in dem Falle den Angehörigen der letztern gleich behandelt werden, wenn sie in einem derselben industrielle oder Handelsetablissemente besitzen. Diese Bestimmung erscheint uns als eine durchaus billige.

Art. 4. Hinsichtlich der Erfindungspatente wird in einzelnen Staaten die Veröffentlichung des Begehrens.um den gesetzliehen Schutz vorgeschrieben, während andere Staaten für die Gültigkeit des auszustellenden Patentes verlangen, daß die in demselben beschriebene Erfindung noch nie Gegenstand einer Publikation gebildet habe.

Unter solchen Umständen kann der Erfinder, welcher in einem jener ersten Staaten ein Patent erhalten hat, in den letztem Staaten ein solches nicht auswirken. Der Art. 4 beseitigt diese Inkonvenienz durch die Vorschrift, daß demjenigen, welcher in einem Staate der Vereinigung die Hinterlegung vorschriftsgemäß gemacht hat, während einer bestimmten Frist das Prioritätsrecht für die Hinterlegung in jedem andern Staate der Vereinigung zukommt. Hiernach ist nicht mehr möglich, daß demjenigen, welcher seine Marke hinterlegt hat, in einem andern Staate durch Hinterlegung der gleichen oder einer ähnlichen Marke der Rang abgelaufen und eine illoyale Konkurrenz gemacht wird. Die Auswirkung einer Marke oder eines Erfindungspatentes wird nicht mehr zum Wettlauf zwischen dem berechtigten Eigenthümer und einem illoyalen Konkurrenten ; dem Ersten wird die nöthige Zeit gegeben, um seine Interessen mit Sachkenntnis zu wahren.

Art. 5. Die Aufnahme der Bestimmung im ersten Alinea ist durch die französische Gesetzgebung veranlaßt worden, laut welcher in Patent unwiderruflich dahinfällt, wenn der Patentinhaber aus dem Auslande einen Gegenstand einführt, welcher demjenigen, finden er das Patent erhalten hat, ähnlich ist/ Der Art. 5 mildert in billiger Weise diese strenge Vorschrift. Hinwieder ist durch das zweite Alinea der internen Gesetzgebung die Freiheit belassen, mit der Brtheilung eines Patentes diejenigen Bedingungen zu verknüpfen, welche im Interesse des Landes als zweckmäßig erscheinen.

Diese Vorschrift war bereits in der frühern Instruktion, welche wilder Delegation
mitgaben, vorgesehen.

Art. 6. Wenn einer in seinem Heimatlande eine Marke gewählt und deponirt hat, so ist damit noch nicht sicher, daß dieselbe auch in einem andern Staate zur Einregistrirnng und zum Schütze angenommen wird, es sei denn, daß durch einen inter-

/

338 nationalen Vertrag die Annahme und der Schutz derselben für den Fall gegenseitig garantirt ist, daß sie den Vorschriften des Ursprungslandes entspricht. Das geschieht nun durch Art. 6 der vorliegenden Konvention. Um Mißverständnissen vorzubeugen, enthält der Artikel nähere Angaben darüber, was als Ursprungsland zu verstehen sei.

Als solches ist das Land, wo der Hinterleger seine Hauptniederlassung hat, zu betrachten, und nicht das Land, wo die erste Hinterlegung gemacht worden ist. Dadurch wird auf zweckmäßige Weise verhindert, daß ein Staatsangehöriger seine Marke, die den Vorschriften der internen Gesetzgebung nicht entspricht, in einem andern Staate einregistriven läßt, um sodann die Eintragung derselben in seinein Heimatlande mit Erfolg verlangen zu können.

Ziffer 4 des Schlußprotokolls präzisirt den Sinn des ersten und letzten Absatzes des Art. 6 noch genauer.

Art. 7. Diese Bestimmung hat Bezug auf den Umstand, daß in einigen Staaten Fabrik- und Handelsmarken, wenn sie auf gewisse Erzeugnisse Anwendung finden sollten, zur Einregistrirung nicht angenommen werden.

Art. 8. Wenn eine Fabrik- und Handelsmarke aus der Firma und einem Waarenzeichen besteht und das letztere dahinfällt und Gemeingut wird, so fällt, nach der Rechtsprechung des französischen Kassationshofes, auch die Firma dahin. Mit dem Art. S wird vorhindert, daß diese Rechtsprechung in den Staaten der Vereinigung Eingang findet. Derselbe hat aber noch eine andere Bedeutung.

O Ö « Man kann nämlich an der Hand dieser Vorschrift verlangen, daß die Handelsfirma geschützt werde, gleichviel, ob sie einregistrirt sei oder ob sie Bestandteil einer Marke -- seiner eigenen oder desjenigen, der sie nachgemacht hat -- bilde oder nicht. Diese Bestimmung liegt durchaus im Interesse unserer Industrie, die bisher mit Erfolg sich nicht wehren konnte, wenn ein illoyaler Konkurrent ihre Marke sich aneignete und depouirte.

Art. 9. Der Schwerpunkt dieser Bestimmung liegt darin, daß eine Waare, welche widerrechtlich eine Marke oder Handelsfirma trägt, schon bei der Importation in einen der Staaten der Vereinigung mit Besehlag helegt werden kann, während nach der bisherigen Gesetzgebung einzelner Staaten die Beschlagnahme erst beim Verkauf stattfinden darf und somit die Waare ungehindert die Grenze überschreiten kann, obgleich es viel leichter ist,
dieselbe an der Grenze aufzuhalten, als im Innern des Landes.

Art. 10. Benennungen, wie ,,Kölnisches Wasser", ,,Russisches Leder a , ,,Champagner Wein" u. s w., bedeuten heute nichts Anderes als die Art des Erzeugnisses und nicht mehr den Her-

339 kunftsort, wie es ursprünglich der Fall war. Solche Benennungen sind jetzt allgemein im Gebrauch, und es liegt in denselben kein Versuch, das Publikum über die Herkunft der Waare zu täuschen.

Anders verhält es sich dagegen, wenn mit jener Benennung noch andere Angaben verbunden sind, um den Käufer glauben zu machen, daß die Waare wirklich von dem Orte herkomme, welcher auf der Marke genannt ist, wenn z. B. mit der Benennung ,,Kölnisches Wasser" noch eine Firma mit der Angabe, daß sie ,,in Köln" sei, oder mit der Benennung ,,Champagner Wein" die Angabe ,,in Reims" verbunden ist. Indessen liegt auch in diesen Angaben nach Vorschrift des Art. 10 noch nicht das entscheidende Moment, ob eine Marke zuläßig sei oder nicht, wohl aber darin, daß noch eine fiktive oder in betrügerischer Absicht entlehnte Firma beigefügt wird. Freilich kann der in dem Orte, welcher auf der Marke angegeben ist, etablirte Eigenthümer der Firma eine Nachahmung derselben ohne Weiteres verfolgen. Anders verhält es sich aber, wenn eine Firma entlehnt ist, welche an einem andern als dem auf der Marke angegebenen Orte etablirt ist, oder wenn ein fingirter Name gebraucht wird. Für diese Fälle ist nöthig, daß -- wie im zweiten Absatz des Art. 10 -- festgesetzt ist, wer alsdann die Befugniß zur gerichtliehen Verfolgung hat; denn ohne dies könnte durch eine solche betrügerische Marke einer ganzen Ortschaft ohne Gefahr Schaden zugefügt werden.

Art. 11. Es bleibt jedem Staate überlassen, die Dauer und die Ausdehnung des Schutzes, welcher deii an offiziellen oder offiziell anerkannten Ausstellungen figurirenden Gegenständen gewährt wird , nach seinem Ermessen festzustellen und damit die Bedingungen zu verbinden, die für den Erfolg der Ausstellung ihm als zweckmäßig erseheinen.

Der Delegirte der Niederlande, welche keine Gesetzgebung über den Schutz der Erfindungen besitzen, gab im Konferenzprotokoll mit Zustimmung der Konferenz die Erklärung ab, daß dieser Staat die in Art. 11 ausgesprochene Verpflichtung nicht übernehmen könne, so lange der Erfindungsschutz dort gesetzlich nicht geregelt sei; die Delegirten der Schweiz wurden von uns angewiesen . sich diesem Vorbehalt anzuschließen.

Art. 12. In manchem Staate besteht keine spezielle Amtsstelle für das gewerbliche Eigenthum und auch keine Centralstelle für die Hinterlegung von Marken
etc. In Folge des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1879 ist das eidgenössische Amt für Fabrikund Handelsmarken kreirt worden ; es kann somit in der Schweiz der Vorschrift der Konvention ohne Weiteres nachgelebt werden.

340

Im Schlußprotokoll ist die Bestimmung beigefügt, daß, soweit möglich, mit jenem Dienste auch die Veröffentlichung eines periodischen amtlichen Organs verbunden sein soll. Auch diese Vorschrift kann bei uns keinen Anstand f i n d e n , da wir ein solches Organ besitzen.

Art. 13. Vor der einmüthig erfolgten Annahme der Bestimmung, wonach das internationale Bureau der Union für den Schutz des gewerblichen Eigenthums der Aufsicht der obersten Administrativbehörde der Schweiz unterstellt ist, sind wir angefragt worden, ob wir damit einverstanden seien. Wir glaubten keinen Anstand nehmen zu sollen, unsere vorläufige Zustimmung zu geben, und bei der Konferenz von 1880 hat Herr Minister Kern, den von uns erhaltenen Instruktionen gemäß, folgende Erklärung zu Protokoll gegeben : ,,Es ist dem Bundesrathe nicht entgangen, daß ein Organ der Vereinigung im Sinne des vorliegenden Projektes unerläßlich ist, sei es zum Zwecke einer normalen und wirksamen Ausführung, sei es, um die weitere Entwicklung ihrer Grundlagen zu sichern.

,,Die schweizerische Abordnung war schon durch die Instruktion, welche sie erhalten hat, ermächtigt, auf der Grundlage des Programmes der französischen Regierung sich über die Nützlichkeit eines solchen Centralorgans unserer Vereinigung in zustimmendem Sinne auszusprechen, gleichviel, welches der Ort sein sollte, welcher durch die kontrahirenden Staaten als Site dieses Organs bezeichnet werde.

,,Ich zögere daher nicht, Namens der Schweiz volle Zustimmung zu diesem Projekte zu geben, abgesehen von der Wahl des zukünftigen Sitzes dieses internationalen Bureaus.

,,Ich habe mir inzwischen zur Pflicht gemacht, meine Regierung von dein in Art. 13 enthaltenen Vorschlag, welcher als Sitz dieses Bureau die Bundesstadt Bern bezeichnet, sofort in Kenntniß zu setzen.

,,Ich sehätze mich glücklich , unserer Konferenz mittheilen zu können, daß der Bundesrath mich beauftragt hat, zu erklären, daß derselbe die Ehre dieses Anerbietens hochschätze und daß er ganz geneigt sei, die Bezeichnung der Stadt Bern als Sitz eines internationalen Bureau mit der angegebeneu Aufgabe anzunehmen, ebenso wie er es s. Z. gethan hat, als die koutrahirenden Staaten des internationalen Telegraphenvereins und diejenigen des internationalen Postvereins die Direktion und die Oberaufsicht ihres Dienstes den speziell für diese zwei wichtigen Zweige der Administration organisirten internationalen Bureaux anvertraut haben.

341

,,Die schweizerische Regierung wird sich zur Pflicht machen, Alles zu thun, was für das Gelingen der Organisation dieses Bureau und die Ueberwachung seines Dienstes von ihr abhängt.

,,Sie hofft mit vollem Vertrauen , daß für den F a l l , daß die Konferenz die Stadt Bern als Sitz dos internationalen Bureaus wählen würde, sie von den kontrahirenden Staaten die gleiohe Genugthuung erlangen werde, wie man ihr dieselbe schon von Seite der Staaten des internationalen Telegraphen- und des Postvereins, so oft. bezeugt.

,,Indern ich hier der Konferenz von den zu diesem Zwecke vom Bundesrathe erhaltenen Instruktionen Kenntniß gebe, freue ich mich, beifügen zu können , daß unsere Regierung zu gleicher Zeit uns beauftragt hat, die Erklärung abzugeben, daß sie diese Ehre zu würdigen wisse und daß sie ihr Möglichstes thun werde, damit, soviel an ihr liege, bei der Anwendung und Entwicklung der Grundsätze unserer Konvention für den Schutz des industriellen Eigenthums der Zweck der Vereinigung erreicht werde.

,,Wir können unsere Erklärung nicht schließen, ohne der Abordnung und der Regierung der französischen Republik unsern aufrichtigen Dank auszusprechen, daß Frankreich die Initiative zu dem in Art. 13 enthaltenen Vorschlag ergriffen hat.a Im Schlußprotokoll, Ziffer 6, sind die Kompetenzen und Pflichten des internationalen Bureau angegeben, ebenso der Maßstab der Berechnung der zu leistenden Beiträge, die im Durchschnitte die sehr bescheidene Summe von Fr. 2000 für jeden einzelnen Staat betragen.

Artikel 15 läßt den Staaten der Vereinigung in Bezug auf die Punkte, welche in der Konvention nicht geregelt sind, volle Aktionsfreiheit. Denselben bleibt außerdem überlassen, unter sich noch besondere Vereinbarungen zu treffen.

Es ist alle Aussicht vorhanden, daß binnen Kurzem noch eine Anzahl anderer Staaten der Konvention beitreten werden. Es ist dies auch aus dem Grunde zu wünschen, damit das Budget für das internationale Bureau auf diejenige Höhe gebracht werde, welche nothwendig ist, um eine geziemende Organisation desselben zu ermöglichen.

Die Artikel 14, 17--19 geben zu Bemerkungen keinen Anlaß.

Bei der Frage, ob die Schweiz diese Konvention genehmigen soll, fallen folgende Momente in Betracht.

342 Auf dem Gebiete des Schutzes des gewerblichen Eigenthums besitzen wir bis jetzt das Gesetz über den Schutz der Fabrik- und und Handelsmarken. Die Anerkennung der Geschäftsfirmen erfolgt, wie im Artikel 3 jenes Gesetzes festgesetzt ist, nach Maßgabe des schweizerischen Obligationen- und Handelsrechts. Die vorliegende Konvention läßt uns volle Freiheit bezüglich der Gesetzgebung auf den andern Gebieten, über Erfindungen, Muster und Modelle. Unsere Industriellen können auf Grundlage der Konvention ihre Erfindungen, Muster und Modelle, abgesehen davon, ob wir bezügliche Gesetze besitzen oder nicht, in den Staaten, welche der Konvention beigetreten sind und solche Gesetze aufgestellt haben, schützen lassen. Bei unserer gegenwärtigen Gesetzgebung werden wir durch den Beitritt zur Konvention zwar zum Schütze der Fabrik- und Handelsmarken von Angehörigen der Staaten der Vereinigung vorpflichtet, indessen ist im Artikel 7 des Gesetzes vom 19. Dezember 1879 bereits vorgesehen, dnß Produzeuten und Handeltreibende, deren Geschäft sich in einem Staate befindet, welcher der Schweiz Oegenrecht hält, zur Hinterlegung ihrer Marken in der Schweiz berechtigt sind. Durch die Konvention wird somit nur der Schutz gewährt, der in unserer bestehenden Gesetzgebung bereits vorgesehen ist.

Die Kosten, welche der Beitritt zur Folge hat, sind unwesentlich, namentlich im Hinblick auf die Vortheile, die unsere Industriellen genießen, indem sie, wie bemerkt, nicht nur ihre Marken, sondern auch ihre Erfindungen, Muster und Modelle in den Staaten der Vereinigung schützen lassen können.

In der einstimmigen Wahl der Schweiz als Sitz des im Artikel 13 vorgesehenen internationalen Orgaus liegt ein hoch zu schätzendes Zutrauen zu uuserm Vaterlande, seinen Institutionen und seiner Moralität, und es ist kein Grund vorhanden, die Ehre abzulehnen, welche der Schweiz trotz ihres bisherigen negativen Verhaltens in Bezug auf die Einführung des Erfindungsschutzes erwiesen worden ist.

Wie bei der Regelung des internationalen Telegraphen- und Postwesens erblicken wir in der Vereinheitlichung der hauptsächlichsten Nonnen auf dem Gebiete des Schutzes des gewerblichen Eigenthums einen neuen Hebel für die Wohlfahrt der Staaten, welche der Konvention beitreten.

Wir empfehlen Ihnen deßhalb bestens die Genehmigung der Konvention und legen einen in diesem Sinne abgefaßten Besehlußentvvurf bei.

343

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 30. Oktober 1883.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

L. Ruchonnet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Eingier.

(Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

die internationale Konvention zum Schutz des gewerblichen Eigenthums.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 30. Oktober 1883, beschließt: 1. Der internationalen Konvention zum Schutz des gewerblichen Eigenthums, unter Ratifikationsvorbehalt abgeschlossen in Paris am 20. März 1883 zwischen der Schweiz, Belgien, Brasilien, Frankreich, Guatemala, Italien, den Niederlanden, Portugal, Salvador, Serbien und Spanien) wird hiemit die Genehmigung ertheilt.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

344

Internationale Konvention zum

Schütze des gewerblichen Eigenthums.

Der Bundesrath der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Seine Majestät der König der Belgier, Seine Majestät der Kaiser von Brasilien, Der Präsident der Französischen Republik, Der Präsident der Republik Guatemala, Seine Majestät der König von Italien, Seine Majestät der König der Niederlande, Seine Majestät der König von Portugal und Algarbien, Der Präsident der Republik Salvador, Seine Majestät der König von Serbien und Seine Majestät der König von Spanien, vom gleichen Wunsche beseelt, der Industrie und dem Handel der Einheimischen ihrer respektiven Staaten durch gemeinsamen Vertrag einen vollständigen und wirksamen Schutz zu sichern und zur Garantie der Rechte der Erfinder und der Rechtlichkeit des Handelsverkehrs beizutragen, haben beschlossen, zu diesem Zwecke eine Uebereinkunft abzuschließen, und zu ihren Bevollmächtigten ernannt, nämlich : Der Bundesrath der Schweizerischen Eidgenossenschaft: Herrn C h a r l e s E d o u a r d Lardy, Seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Paris, und Herrn J. Weibe!., Ingenieur in Genf, Präsident der schweizerischen Sektion der permanenten Kommission zum Schutz des gewerblichen Eigen thmus ;

345 Seine Majestät der König der Belgier: Den Herrn B a r o u B e y e u s , Großoffizier Seines Königlichen Leopoldordens, Großoffizier der Ehrenlegion, etc. etc. etc., Seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Paris ; Seine Majestät der Kaiser von Brasilien: Herrn J u l e s C o n s t a n t C o m t e de V i l l e n e u v e , Mitglied des Käthes Seiner Majestät, Seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei Seiner Majestät dem König der Belgier, Commandeur Seines Christusordens, Offizier Seines Rosenordens, Ritter der Ehrenlegion, etc. etc. etc. ; Der Präsident der Französischen Republik: Herrn P a u l Chal l e m e l - L a c o u r , Senator, Minister der Auswärtigen Angelegenheiten; Herrn H é r i s s o n , Abgeordneten, Minister des Handels, und Herrn C h a r l e s J a e g e r s c h m i d t , bevollmächtigten Minister I.Klasse, Offizier des Nationalordens der Ehrenlegion, etc. etc.; Der Präsident der Republik Guatemala: Herrn C r i s a n t o Me d i na, Offizier der Ehrenlegion, etc. etc. etc., Seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Paris; Seine Majestät der König von Italien: Herrn C o n s t a n t i n R e ß m a n n , Commandeur Seiner Orden des St. Mauritius und St. Lazarus und der Krone von Italien, Commandeur der Ehrenlegion, etc. etc. etc., Rath der Botschaft von Italien in Paris; Seine Majestät der König der Niederlande: Den Herrn B a r o n de Z u y l e n de N y e v e l t , Commandeur Seines Niederländischen Löwenordens, Großkreuz Seines Großherzoglichen Ordens der Eichenkroue und des goldenen Löwen von Nassau, Großoffizier der Ehrenlegion, etc. etc. etc., Seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Paris ;

346

Seine Majestät der König von Portugal und Algarbien: Herrn J o s é d a Silva M e n d e s - L e a l, Staatsrath, Pair des Königreichs , Minister und Ehren - Staatssekretär, Großkreuz des St. Jakobsordens, Ritter des Thurm- und des Schwert-Ordens von Portugal, Großoffizier der Ehrenlegion, et«, etc. etc., Seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Paris, und Herrn F e r n a n d d ' A z e v e d o , Offizier der Ehrenlegion, etc. etc., Ersten Sekretär der Gesandtschaft von Portugal in Paris; Der Präsident der Republik Salvador: Herrn T o r r e s - C a ï e e d o , korrespondirendes Mitglied des Institut de France, Großofflzier der Ehrenlegion, etc. etc. etc., Seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Paris ; Seine Majestät der König von Serbien: Herrn Si m a J, M a r i n o v i t c s , Ritter des Königlichen Takovoordens, etc. etc. etc., Geschäftsträger par intérim von Serbien in Paris, und Seine Majestät der König von Spanien: Se. Exe. den Herrn Duc de F e r n n n - N u f i e z , de M o n t e 1l a n o e del A r c o , C o m t e de C e r v e l l o n , M a r q u i s de A l m o n a c i r , Grand von Spanien 1. Klnsse, Kitter des Ordens vom goldenen Vließ , Großkreuz des Ordens Karl III., Ritter von Calatrava, Großkreuz der Ehrenlegion, etc. etc. etc., Senator des Königreichs, Seinen außerordentlichen Botschafter und Bevollmächtigten in Paris, welche, nach gegenseitiger Mittheilung ihrer, in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten, sich über folgende Artikel geeinigt haben :

Art. 1.

Die Regierungen der S«h\voix , von Belgien, Brasilien, Frankreich, Guatemala, Italien, der Niederlande, von Portugal, Salvador, Serbien und Spanien konstituiren sich als Union zum Schute des gewerblichen Bigeuthums.

347

Art. 2.

Die Bürger oder Unterthanen eines jeden der vertragschließenden Staaten genießen in allen andern Staaten der Union bezüglich der Erfindungspatente, der industriellen Zeichnungen und Modelle, der Fabrik- und Handelsmarken und der Geschäftsfirrnen alle Vortheiler welche die bezüglichen Gesetze den Einheimischen gegenwärtig gewähren oder in Zukunft gewähren werden. Sie haben daher den gleichen Schutz wie letztere und dieselben gesetzlichen Hülfsmittel gegen jedweden Eingriff in ihre Rechte , unter Vorbehalt der Erfüllung der Formalitäten und Bedingungen, weiche durch die innere Gesetzgebung eines jeden Staates den Einheimischen desselben auferlegt werden.

Art. 3.

Die Bürger und Unterthanen von Staaten, die nicht zur Union gehören, sind, wenn sie auf dem Territorium eines zur Union gehörenden Staates wohnen, oder daselbst industrielle oder kommerzielle Etablissemente besitzen, den Bürgern und Unterthanen der vertragschließenden Staaten gleichgestellt.

Art. 4.

Wer für ein Erfinduugspatent, für eine industrielle Zeichnung oder Modell, für eine Fabrik- oder Handelsmarke in einem der vertragschließenden Staaten das Begehren um gesetzlichen Schutz regelrecht hinterlegt hat, genießt für die Deponirung in den andern Staaten, unter Vorbehalt der Rechte Dritter, während der unten bezeichneten Fristen ein Prioritätsrecht.

Die nachträglich vor Ablauf dieser Fristen in einem andern Staate der Union erfolgte Hinterlegung kann daher durch inzwischen eingetretene Thatsachen, namentlich durch anderweitige Hinterlegung, die Veröffentlichung der Erfindung oder deren Ausbeutung durch eiuen Dritten, durch Verkauf von Exemplaren der Zeichnung oder des Modells, durch Anwendung der Marke, nicht unwirksam gemacht werden.

Die oben erwähnte Prioritätsfrist dauert 6 Monate für die Erfiudungspatente und 3 Monate für die industriellen Zeichnungen und Modelle, sowie für die Fabrik- und Handelsmarken. Für die überseeischen Länder werden die Fristen um einen Monat verlängert.

348

Art. 5.

Führt der Patentirte Gegenstände, -welche in einem Staate der Union fabrizirt worden sind, in das Land ein, in welchem das Patent dafür ausgestellt worden ist, so zieht dies den Verlust des Patentes nicht nach sich.

Immerhin bleibt der Patentirte verpflichtet, sein Patent gemäß den Gesetzen des Landes, in welches er die patentirton Gegenstände einführt, auszubeuten.

Art. 6.

Jede Fabrik- oder Handelsmarke, welche in dem Ursprungslande regelrecht hinterlegt worden ist, wird in allen andern Ländern «der Union zur Hinterlegung zugelassen und geschützt.

Als Ursprungsland wird dasjenige Land betrachtet, in welchem der Hinterleger seine Hauptniederlassung hat.

Befindet sich diese Hauptniederlassung nicht in einem Lande der Union, so gilt als Ursprungsland dasjenige, welchem der Deponent angehört.

Die Hinterlegung kann verweigert werden, wenn der Gegenstand, für welchen sie verlangt wird, als den guten Sitten oder der öffentlichen Ordnung zuwiderlaufend ungesehen wird.

Art. 7.

Die Beschaffenheit des Erzeugnisses, für welches die Fabrikoder Handelsmarke angewendet werden soll, darf in keinem Fall für die Hinterlegung der Marke ein Hinderniß sein.

Art, 8.

Ohne daß eine Verpflichtung zu deren Hinterlegung besteht, wird die Geschäftsfirma in allen Ländern der Union geschützt, gleichviel,' ob sie den Bestandteil einer Fabrik- oder Handelsmarke O bilde oder nicht.

Art. 9.

Jedes Erzeugnis, das unerlaubter Weise eine Fabrik- oder Handelsmarke oder eine Geschüftsfirma trägt, kann bei der Einfuhr in diejenigen Staaten der Union, in welchen diese Marke oder Firma zu gesetzlichem Schutz berechtigt ist, mit Beschlag belegt werden.

349

Die Beschlagnahme erfolgt auf das Begehren der Staatsbehörde ·oder des dabei interessirten Theils gemäß der innern Gesetzgebung eines jeden Staates.

Art. 10.

Die Bestimmungen des vorstehenden Artikels sind auf jedes Erzeugniß anwendbar, welches fälschlich den Namen eines bestimmten Ortes als Angabe der Herkunft trägt, wenn diese Angabe mit einer fingirten oder in betrügerischer Absicht entlehnten Geschäftsfirma verbunden ist.

Als interessirter Theil wird jeder Fabrikant oder Handeltreibende betrachtet, der an der Fabrikation oder dem Handel dieses Erzeugnisses betheiligt und in dem fälschlich als Herkunft bezeichneten Orte niedergelassen ist.

Art. 11.

Die Hohen vertragschließenden Theile verpflichten sich, den patentirbaren Erfindungen, industriellen Zeichnungen und Modellen, .sowie den Fabrik- und Handelsmarken mit Bezug auf die Erzeugnisse, welche an offiziellen oder offiziell anerkannten internationalen Ausstellungen figuriren, einen temporären Schutz zu gewähren.

Art. 12.

Jeder der Hohen vertragschließenden Theile verpflichtet sich, «in spezielles Bureau für das gewerbliche Eigenthum und ein Centraldepot zu errichten, um die Brflndungspatente, die industriellen Zeichnungen und Modelle und die Fabrik- und Handelsmarken dem Publikum mitzutheilen.

Art. 13.

Ein internationales Bureau soll unter dem Namen ,, B u r e a u i n t e r n a t i o n a l de FU ni o n p o u r la p r o t e c t i o n de la . p r o p r i é t é i n d u s t r i e l l e 1 1 errichtet werden.

Dieses Bureau, dessen Kosten von den Verwaltungen aller vertragschließenden Staaten getragen werden, wird unter die hohe Autorität der Centralverwaltung der schweizerischen Eidgenossenschaft gestellt und von derselben in seinen Funktionen überwacht.

Die Obliegenheiten desselben werden von den Staaten der Union gemeinschaftlich festgestellt.

Bundesblatt.

35. Jahrg. Bd. IV.

23

350

Art. 14.

Die gegenwärtige Uebereinkunft soll periodischen Revisionen unterworfen werden, behufs Einführung von Verbesserungen, welche geeignet sind, das System der Union zu vervollkommnen.

Zu diesem Zwecke werden nach einander in einem der vertragschließenden Staaten zwischen den Abgeordneten dieser Stauten Konferenzen abgehalten.

Die nächste Konferenz soll im Jahre 1885 in Rom stattfinden.

Art. 15.

Man ist damit einvorstanden, daß die Hohen vertragschließenden Theile gegenseitig sich das Recht vorbehalten, unter sich besondere Abmachungen zum Schütze des gewerblichen Eigenthums zu treffen, insoweit diese den Bestimmungen der gegenwärtigen Uebereinkunft nicht zuwiderlaufen.

Art. 16.

Denjenigen Staaten, welche an der gegenwärtigen Uebereiukunft nicht Theil genommen haben, soll auf ihr Gesuch der Beitritt gewährt werden.

Dieser Beitritt soll auf diplomatischem Wege der Regierung der schweizerischen Eidgenossenschaft und von dieser den Regierungen aller übrigen Staaten mitgetheilt werden.

Derselbe zieht vollrechtlich die Uebernahme sämmtlicher Verpflichtungen und den Genuß aller Vortheile gegenwärtiger Konvention nach sich.

Art. 17.

Die Ausführung der in gegenwärtiger Konvention enthaltenen gegenseitigen Verpflichtungen ist, soweit es nöthig ist, der Erfüllung der Formalitäten und Vorschriften untergeordnet, welche in den Verfassungsgesetzen derjenigen der Hohen vertragschließenden Theile vorgeschrieben sind, die deren Anwendung zu veranlassen haben.

Es verpflichten sich dieselben, (ließ in möglichst kurzer Frist zu thun.

Art. 18.

Die vorliegende Konvention wird vollziehbar binnen einem Monat nach Auswechslung der Ratifikationen und bleibt während O

351

einer unbestimmten Zeit bis zum Verfluß eines Jahres, von dem Tage an gerechnet, an welchem die Kündigung erfolgt, in Kraft.

Diese Kündigung wird an die Regierung gerichtet, welche beauftragt ist, die Beitrittserklärung entgegen zu nehmen. Sie wirkt nur auf den Staat, welcher sie ausgesprochen hat, indem die Konvention für die andern vertragschließenden Theile in Kraft bleibt.

Art. 19.

Die gegenwärtige Konvention ist zu ratitiziren, und es sollen die Ratifikationen spätestens innert Jahresfrist in Paris ausgewechselt werden.

Zur Urkunde dessen haben die respektiven Bevollmächtigten die Konvention unterzeichnet und derselben ihre Siegel beigedrückt.

So geschehen in Paris am 20. März 1883.

(L. SO Lardy.

(L. S.) J. Weibel.

(L. S.) Beyens.

(L. S.) Cte de Villeneuve.

(L. S.)

(L. S.)

(L. S.)

(L. S.)

(L. S.)

(L. S.)

(L. S.)

(L. S.)

(L. SO (L. S.)

(L. S.)

P. Challemel-Lacour.

Ch. Hérisson.

Ch. Jaegerschmidt.

Crisanto Medina.

Reßmann.

Bn de Zuylen de Nyevelt.

José da Silva IViendes-Leal.

F. d'Azevedo.

J. M. Torres-Caïcedo.

Sima J. Marinovitcs.

Duc de Fernan-Nunez.

352

Schluss-Protokoll.

Im Begriffe, die an heutigem Tage zwischen den Regierungen der Schweiz, von Belgien, Brasilien, Frankreich, Guatemala, Italien, der Niederlande, von Portugal, Salvador, Serbien und Spanien abgeschlossene Konvention zum Schutze des gewerblichen Eigenthums zu unterzeichnen, sind die unterzeichneten Bevollmächtigten über Folgendes übereingekommen : 1) Die Worte g e w e r b l i c h e s Eigenthums sollen in ihrer weitesten Bedeutung aufgefaßt werden, nämlich in dem Sinne, daß sie sieh nicht nur auf die Erzeugnisse der eigentlichen Industrie beziehen, sondern auch auf die Erzeugnisse der Landwirthschaft (Wein . Korn , Früchte, Vieh etc.) und auf mineralische , in den Handel kommende Erzeugnisse (mineralische Wasser etc.).

2) Unter dem Namen Erfindungspatente sind die verschiedenen Arten von industriellen Patenten verstanden, welche von den Gesetzgebungen der vertragschließenden Staaten zugelassen werden, wie Einfuhrpatente, Vervollkommnungspatente etc.

3) Man ist einverstanden, daß die Schlußbestimmung des Art. 2 der Konvention keinen Eingriff in die Gesetzgebung irgend eines der vertragschließenden Staaten betreffend das Prozeßverfahren vor den Gerichten und die Kompetenz derselben enthält.

4) Der 1. Absatz des Art. 6 ist so zu verstehen, daß keine Fabrik- oder Handelsmarke in irgend einem Staate der Union einzig durch den Umstand vom Schutze ausgeschlossen werden kann, daß sie in Bezug auf die Zeichen , welche sie zusammensetzen, den durch die Gesetzgebung dieses Staates aufgestellten Bedingungen nicht genüge, sobald sie nur in dieser Hinsicht der Gesetzgebung des Ursprungslandes Genüge leistet und im letztern Gegenstand einer regelrechten Hinterlegung war. Mit Vorbehalt dieser Ausnahme, welche sich nur auf die Form der Marke bezieht, und der

353 Bestimmungen der andern Artikel der Uebereinkunft findet die innere Gesetzgebung jedes der Staaten Anwendung.

Um jede falsche Auslegung zu vermeiden , ist zu verstehen, daß der Gebrauch der öffentlichen Wappen und Dekorationen im Sinne des Schlußabsatzes des Art. 6 als der öffentlichen Ordnung zuwiderlaufend angesehen werden kann.

5} Die Organisation des in Art. 12 erwähnten Spezialbüreaus für das gewerbliche Eigenthum begreift, so viel als möglich , die Publikation eines offiziellen periodischen Blattes in jedem Staate in sich.

6) Die gemeinsamen Kosten des durch Art. 13 errichteten internationalen Bureau dürfen in keinem Falle jährlich eine Gesammtsumme, welche für jeden vertragschließenden Staat ein Mittel von Fr. 2000 darstellt, überschreiten.

Behufs Festsetzung des Beitrages eines jeden Staates an diese Gesammtsumme der Kosten werden die vertragschließenden Staaten und diejenigen, welche später der Union beitreten würden, in sechs Klassen eingetheilt, von denen eine jede im Verhältniß einer gewissen Anzahl von Einheiten ihren Beitrag leistet: 1. Klasse 25 Einheiten 2.

,, 20 ,, 3.

,, 15 ,, t' 5.

" ,,

10 5

«

6-

,,

3

,,

Diese Coefficienten werden mit der Zahl der Staaten jeder Klasse multiplizirt, und die Summe der also erhaltenen Produkte gibt die Zahl der Einheiten, durch welche die Totalausgabe zu dividiren ist. Der Quotient gibt den Betrag der Ausgabeneinheit.

Die vertragschließenden Staaten werden mit Rücksicht auf die Vertheilung der Kosten in folgender Weise klassifizirt : 1. Klasse : Frankreich, Italien.

2.

,, Spanien.

3.

,, Belgien, Brasilien, Portugal, Schweiz.

4.

,, Niederlande.

5.

,, Serbien.

6.

,, Guatemala, Salvador.

354 Die schweizerische Verwaltung überwacht die Ausgaben des internationalen Bureau, leistet die nöthigen Vorschüsse und stellt die Jahresrechnung auf, welche allen andern Verwaltungen mitzutheilen ist.

Das internationale Bureau sammelt die Aufschlüsse aller Art, welche den Schutz des gewerblichen Eigenthums betreffen, und stellt dieselben in einer Generalstatistik zusammen , welche allen Verwaltungen zuzustellen ist. Dasselbe wird diejenigen Untersuchungen anstellen , die von allgemeinem Nutzen für die Union sind, und an der Hand der Dokumente, welche ihm von den verschiedenen Verwaltungen zur Verfügung gestellt werden, ein periodisch erscheinendes Blatt in französischer Sprache über die den Gegenstand der Union betreffenden Fragen redigiren.

Die Nummern dieses Blattes, sowie alle vom internationalen Bureau veröffentlichten Dokumente werden an die Verwaltungen der Staaten der Union im Verhältniß zu der Zahl der oben erwähnten Beitragseinheiten vertheilt. Die Exemplare und Dokumente, welche von den genannten Verwaltungen nachverlangt werden oder von Gesellschaften und Privaten bezogen werden wollen, sind besonders zu bezahlen.

Das internationale Bureau hat sich jederzeit zur Verfügung der Mitglieder der Union zu stellen , um denselben über die Fragen, welche den internationalen Verkehr in Sachen des gewerblichen Eigenthums betreffen, die besondern Aufschlüsse, die sie nöthig haben könnten, zu ertheilen.

Die Verwaltung des Landes, in welchem die nächste Konferenz abgehalten werden soll, wird mit Hülfe des internationalen Bureau die Arbeiten dieser Konferenz vorbereiten.

Der Direktor des internationalen Bureau wohnt den Sitzungen der Konferenzen bei und nimmt an den Verhandlungen ohne berathende Stimme Theil. Er hat über seine Geschäftsführung einen Jahresbericht zu erstatten, welcher allen Mitgliedern der Union zuzustellen ist.

Die offizielle Sprache des internationalen Bureau ist die französische.

7) Das gegenwärtige Schlußprotokoll, welches gleichzeitig mit der unter heutigem Datum abgeschlossenen Konvention ratifizirt werden soll, wird als integrirender Bestandtheil dieser Konvention betrachtet und hat die gleiche Wirkung, Gültigkeit und Dauer.

355

Zur Urkunde dessen haben die unterzeichneten Bevollmächtigten das gegenwärtige Protokoll aufgestellt.

So geschehen in P a r i s am 20. März 1883.

Lardy.

J. Weibel.

Beyens.

Cte de Villeneuve.

P. Challemel-Lacour.

Ch. Hérisson.

Ch. Jaegerschmidt.

Crisanto Medina.

Reßmann.

Bn de Zuylen de Nyevelt.

José da Silva Mendes-Leal.

F. d'Azevedo.

J. M. Torres-Cai'cedo.

Sima J. Marinovitcs.

Duc de Fernan-Nunez.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die internationale Konvention zum Schutz des gewerblichen Eigenthums. (Vom 30. Oktober 1883.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1883

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

55

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

10.11.1883

Date Data Seite

333-355

Page Pagina Ref. No

10 012 076

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.