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Schweizerisches Bundesblatt.

35. Jahrgang, n.

Nr. 33.

23. Juni 1883.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken. , Einrückungsgbühr per Zeile 15 Ep. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Drude und Expedition der Stämpflischen Buchdruckerei in Bern.

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Bericht der

Kommission des Ständerathes über die Geschäftsführung des Bundesrathes und des Bundesgerichtes im Jahr 1882 (Vom 9. Juni 1883.)

Einleitende Bemerkungen.

Artikel 103 der Bundesverfassung besagt: ,,Die Geschäfte des Bundesrathes werden nach Departementen unter die einzelnen Mitglieder vertheilt. Diese Eintheilung hat aber einzig zum Zweck, die Prüfung und Besorgung der Geschäfte zu fördern; der jeweilige Entscheid geht von dem Bundesrathe als Behörde aus."

Bei einläßlicher Prüfung der Geschäftsführung des Bundesrathes hat sich uns die Ueberzeugung aufgedrängt, daß nach und nach die Stellung der einzelnen Departemente mehr in den Vordergrund und die Stellung des Bundesrathes mehr in den Hintergrund getreten ist, als es genannter Verfassungsbestimmung entsprechen würde. Wir glauben, ein zu selbstständiges und zu isolirtes Vorgehen der einzelnen Departemente, wie es vielfach zu Tage tritt, sei nicht vom Guten, sondern es müsse, zumal in allen wichtigern Fragen, der gesarnmte Bundesrath die leitenden Dispositionen treffen.

Die Stellung des Bundesrathes kann unserer Ansicht nach dabei nur gewinnen. Wir behalten uns darüber eventuell noch einige mündliche Auseinandersetzungen vor.

Bundesblatt. 35. Jahrg. Bd. III.

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A. Geschäftsführung des Bundesrathes.

I. Geschäftskreis des politischen Departements.

Die in den V o r b e m e r k u n g e n dieser Abtheilung erwähnte Vorlage eines Gesetzesentwurfes über die Organisation der Kanzlei des politischen Departements ist inzwischen von den beiden Käthen genehmigt worden. Als Ursache einer gesonderten Gesetzesvorlage führt der h. Bundesrath an, es habe sich die Revision des allgemeinen Besoldungsgesetzes immer noch verzögert; aus demselben Grunde wurden in neuester Zeit die Besoldungsverhältnisse der Angestellten beim Finanz- und Zoll-, sowie beim Handels- und Landwirthschaftsdepartement auf dem Gesetzgebungswege neu und gesondert geregelt, wodurch wahrscheinlich die angestrebte allgemeine und möglichst einheitlich durchgeführte Revision des ganzen Besoldungsgesetzes in immer weitere Ferne gerückt worden ist und einzelne auffallende Ungleichheiten der Besoldungen bei den verschiedenen Departementen fortbestehen bleiben.

I. Beziehungen zum Auslande.

B. Erklärungen, Auffindungen etc.

C. Mit großer Befriedigung entnehmen wir dem Berichte des Bundesrathes, daß sich die Vereinigten Staaten von Nordamerika endlich-entschlossen haben, der am 22. August 1864 in Genf abgeschlossenen internationalen Uebereinkunft über Verbesserung des Looses der in den Feldarmeen verwundeten Militärs beizutreten.

Die Regierung der Vereinigten Staaten ging sogar noch etwas weiter und erklärte ihre Zustimmung auch zu den Zusatzartikeln zu jener Konvention, welche am 20. Oktober 1868 von den Vertretern der verschiedenen Staaten aufgestellt wurden, die Genehmigung der Regierungen indeß nicht erhalten haben und deßhalh nie in Kraft getreten sind.

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So hat denn für einmal die Zustimmung von Nordamerika zu den besagten Zusatzartikeln noch keine Bedeutung. Schon aus dem Geschäftsbericht des Bundesrathes vom Jahr 1869 ist zu ersehen, daß die Zusatzartikel l--5, welche von den Landarmeen handeln, auf den ernstesten Widerstand gestoßen sind.

Es scheint die Opposition gegen die Annahme dieser Artikel noch in keiner Weise gebrochen zu sein. Dagegen glaubte Herr Gustav Moynier, Präsident des internationalen Hülfskomite für verwundete Militärs, es dürfte die Ausführung von Art. 6--14, die von der Marine handeln, nicht mehr auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen, und ersuchte deßhalb den h. Bundesrath neuerdings, Schritte in Sachen zu thun. Der Bundesrath schlug das Ersuchen ab , weil er die Umstände für durchaus ungünstig hielt und weil es nicht an der Schweiz sei, die Initiative für einen solchen, ausschließlich die M a r i n e im Auge habenden Vorschlag zu ergreifen.

Wir können natürlich die erneuerte Anhandnahme der wichtigen Angelegenheit nicht befürworten , so lange der Bundesrath, welcher durch die diplomatische Vertretung der Schweiz bestens informirt ist, den Moment für durchaus ungünstig erachtet, glauben dagegen , das zweite Motiv des Bundesrathes -- die Initiative in 'Sachen der Marine schicke sich für die Schweiz nicht -- dürfte angesichts der ehrenvollen Stellung, welche der Schweiz in dieser Sache von Anfang an zugewiesen wurde, nicht davon abhalten, zu gelegener Zeit neuerdings sich für den edeln Zweck zu verwenden.

C. Projektirte Verträge.

Die Regierungen von Portugal und Argentinien haben den Wunsch ausgesprochen, mit der Schweiz Konsularverträge abzuschließen. Die Kommission hofft, daß namentlich ein solcher Vertragsabschluß mit Argentinien beschleunigt werde.

In Sachen der Einbürgerung der Schweizerbürger in Amerika wurde von der Gesandtschaft der Vereinigten Staaten von Nordamerika ein Entwurf vorgelegt, welcher schweizerischerseits als unannehmbar erklärt werden mußte. Wir theilen die bezügliche Anschauung des Bundesrathes vollkommen, wünschen aber sehr, daß in Bälde ein weiterer Versuch gemacht werde, damit die einschlägigen Rechtsverhältnisse endlich definitiv geregelt werden.

D. Spezialfälle.

a. Die kriegerischen Ereignisse, welche vorigen Sommer in Egypten stattfanden, veranlaßten den Bundesrath, Entschädigungs-

108 Forderungen von Schweizerbürgern, welche durch jene Ereignisse geschädigt worden waren, durch Vermittlung der Regierungen von Deutschland, Prankreich und Amerika zur Geltung zu bringen. Da die Schwejz keine eigene diplomatische Vertretung in der Türkei und in Egypten besitzt, so mußte sie sich an die Vertreter fremder Staaten wenden, welche sich bereit erklärten, die Wahrung der Interessen unserer Angehörigen zu übernehmen. Dabei halten wir es für ganz richtig und zweckentsprechend, daß man sich nicht an eine einzige Macht, sondern an deren mehrere gewendet hat, und daß man sich auch für die Zukunft nicht verbindlich machte.

c. Immer noch hat Italien unsere berechtigte Forderung in Betreff der 24 Freiplätze im erzbischöflichen Seminar in Mailand nicht anerkannt. Die italienische Regierung scheint die Angelegenheit fort und fort verschleppen zu wollen. Unserer Ansicht nach soll der Bundesrath energisch auf die schleunige Erledigung im Sinne unserer Begehren dringen. Sollten die daherigen Bemühungen wieder erfolglos sein, so möchten wir neuerdings den Vorschlag der letztjährigen Geschäftsprüfungskommission des Nationalrathes unterstützen, dahin gehend, es solle der Regierung von Italien ein internationales Schiedsgericht vorgeschlagen werden zur Erzielung einer baldigen und endgültigen Erledigung. Italien wird einen solchen Vorschlag doch kaum ablehnen dürfen.

g. In Sache der skandalösen Verhaftung zweier Individuen in St. Margrethen, welche im Verdacht standen, sozialistische Schriften zu besitzen, hat das Polizeidepartement von St. Gallen seine Pflicht schnell und ganz erfüllt. Dagegen hat die Freilassung der gesetzwidrig Verhafteteten in Oesterreich sehr lange auf sich warten lassen. Wir hoffen, der Geschäftsbericht des Bundesrathes komme nie mehr in den Fall, über gleichartige Vorkommnisse berichten zu müssen.

II. Vertretung der Schweiz im Auslande.

A.fGesandtschaften.

··.--: Theils durch Tod, theils durch Rücktritt sind die Minister Pioda, Kern und Tschudy, nachdem sie Jahrzehnte lang vorzügliche Dienste geleistet, aus dem Dienste der Eidgenossenschaft geschieden. Gerne schließen wir uns dem Bundesrathe an, diesen Männern den wohl verdienten Dank des Landes auszusprechen.

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B. Konsulate.

Der Bundesrath theilt mit, daß neuerdings zahlreiche Gesuche um Errichtung von Konsularstellen eingereicht werden, welche lediglich persönliche Interessen im Auge haben. Die Kommission billigt es, wenn der Bundesrath diese Begehren einer genauen Prüfung unterwirft und sich zur Kreirung neuer Konsulatsstellen nur da entscheidet, wo ein wirkliches Bedürfniß vorhanden ist.

Die Ausgaben für die Konsulate sind in stetem Wachsthum begriffen, und es steht zu befürchten, daß immer mehr und größere Begehren von Seite der Konsuln gestellt werden. Wir haben in der Schweiz das System der Berufskonsuln nicht; es darf sich also nicht um eine eigentliche Besoldung handeln, sondern nur um Entschädigung für gemachte Auslagen. Nun hat der Bundesrath hierüber aber nicht die mindeste richtige Kontrole, auch scheint uns das Maß bei Verwendung der Fr. 89,500 für die Konsulate ein sehr ungleiches zu sein. Wir erlauben uns deßhalb den Vorschlag zu machen, es sei ein Regulativ aufzustellen, das festsetzt, in welchen Fällen bestimmte Summen vom Bunde ausgeworfen werden, und wie dieselben von Seite der Konsuln zu verrechnen seien.

III. Schweizerische Hülfsgesellschaften im Auslande.

Zum ersten Male enthält der Bericht eine Zusammenstellung der hierseitigen Beiträge nach Kantonen geordnet. Fünf Kantone haben darauf verzichtet, die Vertheilung unter den verschiedenen Hülfsgesellschaften selbst vorzunehmen, indem sie dem Bundesrathe, die freie Verfügung anheimstellten. Die genannte Uebersicht, nach Kantonen geordnet, soll den Zweck haben, -solche Kantone, die sich im Rückstande befinden, zu höhern Beiträgen zu animiren.

In diesem Sinne empfehlen wir das Studium der genannten Uebersicht noch ganz besonders.

Innere Angelegenheiten.

a. Die Erledigung der tessinischen Diözesanfrage zieht sieh über Gebühr in die Länge. Wir richten die Bitte an den h. Bundesrath, für eine rasche Erledigung der Angelegenheit, die schon allzulange pendent ist, besorgt zu sein.

fc. Die feierliche Eröffnung der Gotthardbahn fällt in das abgelaufene Berichtsjahr. Die Hoffnungen, die sich schweizeriseherseits

110 an diese Eröffnung knüpften, werden indeß nur theilweise erfüllt, da der leichtere Verkehr nichts nützt, so lange Italien durch ungebührliche Zollschranken die Einfuhr unserer Produkte absperrt.

Wir sind noch im Falle, bei Behandlung des politischen Departements folgendes Postulat zu stellen: ,,DerBundesrathisteingeladen,dienöthigen ,, S c h r i t t e zu t h un, daß den in de r T ü r k e i n i e d e r ,,gelassenen Schweizer bürger n gestattet werde, ,,daselbst Grundeigenthum zu erwerben.tt Es ist schon lange als ein schwerer Uebelstand empfunden worden, daß den. Schweizern das Recht nicht zusteht, Immobilien in der Türkei zu erwerben, und es sind denn auch bezügliche Gesuche schon längere Zeit beim politischen Departement anhängig gemacht worden.

Der schweizerische Handelstreibende ist infolge des gegenwärtigen Zustandes bei Versicherung von Guthaben etc. sehr oft in empfindlichster Weise gegenüber seinen Konkurrenten in Nachtheil gesetzt.

Es ist unserer Kommission versichert worden, daß die türkische Regierung dem Begehren wahrscheinlich keinerlei Schwierigkeiten bereiten, sondern ohne Weiteres entsprechen werde, wenn der Bundesrath die nöthigen diplomatischen Förmlichkeiten erfüllt haben wird.

II. Geschäftskreis des Departements des Innern.

Bundeskanzlei.

Wir müssen auch dies Jahr die schon früher gemachte Klage wiederholen, daß das Bundesblatt in seiner gegenwärtigen Anlage zu praktischem Gebrauche nicht geeignet angeordnet ist. Es ist schwer zu handhaben und mühsam, das Gesuchte herauszufinden.

Ili Der geringe Absatz und der noch geringere Leserkreis sprechen für die Berechtigung des Postulates: Der B u n d e s r ath soll u n t e r s u c h en, ob das B u n d e s blatt nicht p r a k t i s c h e r eingerichtet werden könnte.

Wir haben die Bundeskanzlei und den Stand ihrer Arbeiten untersucht und können uns darüber ganz befriedigt erklären. Die Eintragungen der Massiven und Protokolle auf den 6. Juni 1883 (Tag unserer Untersuchung) erzeigen folgendes Resultat: Missiven des Bundesrathes.

Bis und mit Juni 1882 fertig eingetragen und eingebunden.

Monat Juli bis 26., A u g u s t fertig, S e p t e m b e r bis 4., O k t o b e r bis 13., N o v e m b e r ausstehend, D e z e m b e r fertig.

1883 J a n u a r bis 9., F e b r u a r bis 7.

I

Protokoll des Bundesrathes.

Dasjenige vom Jahr 1882 fertig eingetragen und gebunden.

1883, Monat Januar bis 12.

,, Februar bis 9.

,, März bis 9.

Protokoll des Nationalrathes.

Sessionen des Jahres 1882: fertig eingetragen und gebunden.

1883, Januar-Session: fertig.

Frühlingssession: fertig bis zum 22. April, also bis an die letzten drei Sitzungen.

Protokoll des Ständerathes.

Sessionen von 1882: fertig und eingebunden: 1883, Januar-Session: fertig.

Frühlingssession: bis 12. April vorgerückt.

Protokoll der Vereinigten Bundesversammlung.

Vollständig nachgetragen.

Sämmtliche Protokolle sind in regelmäßiger Form in schöner Reinschrift eingetragen.

Die Register sind gehörig nachgeführt.

112 Bei III, K a n z l e i s p o r t e 1 n , ist uns die große Zahl der unentgeltlichen Legalisationen aufgefallen, 974. Wir haben uns darüber erkundigt und die Auskunft erhalten, daß dies Legalisationen seien, welche laut Civilstandsgesetz unentgeltlich ausgefertigt werden müssen. Legalisationen an unbemittelte werden nur dann unentgeltlich gemacht, wenn auch die Kantone die Taxe nachlassen.

Archive.

Wir müssen diese Rubrik mit den Räumlichkeiten beginnen.

Die Lokale, namentlich das Bureau des Archivars und das Lokal, in dem die Protokolle des Bundesrathes, des National- und Ständerathes aufbewahrt werden, sind feucht und ungesund. DeiGang, der sie begrenzt, vermehrt diesen üebelstand, indem er von aller Luft abgeschlossen, die ungesunde Temperatur erhöht. Die Protokolle des Bundesrathes und der Räthe leiden wegen Feuchtigkeit und werden voraussichtlich früh vermodern. Es sollte hier Abhülfe getroffen werden. Wir wollen nicht entscheiden, auf welche Weise dies am zweckmäßigsten geschehen könne, glauben jedoch, daß es auf verschiedene Art möglich sei, sei es durch Verlegung, sei es durch bauliche Einrichtuugen. Wir billigen deßhalb vollständig das Vorgehen des Departementes, welches durch Experten untersuchen läßt, wie die Lokalitäten des Archivs in bessern Zustand, namentlich vor Feuchtigkeit sicher gestellt werden können.

Die Sammlung der eidg. Abschiede rückt, wenn auch etwas langsam, doch stetig vorwärts, und wir werden mit der Zeit ein Werk erhalten, das dem Geschichtsforscher große Dienste leisten wird. Für das Unternehmen ist es förderlich, wenn der Bundesrath die Redaktoren und die Drucker zur Beschleunigung mahnt. Seit mehreren Jahren lesen wir in den Geschäftsberichten des Bundesrathes und der Räthe die Klage, daß das Repertorium keine namhaften Fortschritte mache. Bei den Abschieden von 1803--1813 ist die Sache weniger dringlich, da wir eine beschränktere Sammlung über diese Zeitepoche besitzen. Nichts desto weniger sprechen wir die Hoffnung aus, daß die Ausführung nicht allzusehr in die Ferne gerückt werde, worüber der Bundesrath wachen möge.

Das Werk der altern eidg. Abschiede sollte so viel möglich gefördert werden. Wenn wir im Bericht des Bundesrathes die Bemerkung vorfinden, daß dasselbe durch die Nachläßigkeit des Druckers, der seinen Verpflichtungen nicht nachkomme, verzögert worden sei, so können wir die Bemerkung nicht unterdrücken,

113 daß der Bundesrath doch leicht Mittel finden könnte, eine Offizin zur rechtzeitigen Ablieferung der Drucksachen anzuhalten. Brauchte er ja nur für Nichtinnehaltung des Ablieferungstermines Konventionalstrafen aufzustellen.

Bei Anlaß des Geschäftsberichtes pro 1880 wurde in Aussicht gestellt, daß nun auch die vatikanischen Archive zur Benutzung geöffnet würden. Wir würdeu es im Interesse unserer Geschichtsforschung mit Freuden begrüßen, wenn es möglich würde, diese Quellen ebenfalls zu erhalten, indem sie für einen großen Theil unserer Geschichte von hohem Interesse sein müssen.

Mit Befriedigung heben wir hervor, daß die Abschriften aus den venetianischen Archiven schön geordnet und gebunden im Archiv aufgestellt sind. Ebenso befriedigend ist die Mittheilung, daß die Sammlung aus Paris nächstens eintreffen werde.

Die Münz- und Medaillensammlung mehrt sich nur langsam.

Geschenke sind sozusagen keine zu verzeichnen. Es hat dieß vielleicht auch darin seioen Grund, daß die Sammlung dem Publikum gar n i c h t zugänglich und heinahe von Niemanden gekannt ist.

Durch Aufstellung an einer andern Stelle (z. B. im bernischen Kunstmuseum) könnte diesem Uebelstande abgeholfen werden.

Bibliothek.

Der Uebelstand, daß die Bücher in zwei verschiedenen, weit aus einander liegenden Lokalen des Bundesrathhauses aufbewahrt werden, besteht noch. Es könnte bei den nun neu gewonnenen Zimmern diesem Uebelstande leicht begegnet werden. Die Bücher müßten in Wandschränken aufbewahrt werden, so daß die Zimmer trotzdem ohne Uebelstand zu Kommissionen benutzt werden könnten.

Zum ersten Male war dies Jahr der Kredit von Fr. 2000 für Anschaffungen zu verwenden. Wir haben von den angeschafften Büchern Einsicht genommen. Es sind Schriften staatsrechtlicher und volkswirtschaftlicher Natur oder speziell schweizerische Werke in richtiger Auswahl.

Freizügigkeit der Personen, welche wissenschaftliche Berufsarten ausüben.

Betreffs der Petition des schweizerischen Apothekervereins : es möchten die Unterhandlungen mit Deutschland betreffend gegenseitige Anerkennung der Apothekergehülfendiplome wieder aufgenommen werden, erklärt der Bericht des Bundesrathes, daß er auf

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Bericht des leitenden Ausschusses dieser Anregung nicht Folge geleistet habe. Die Gründe warum sind nicht angeführt. Wir gestehen nun schon zu, daß eine Anerkennung der deutschen Apothekerdiplome für uns mit großen Nachtheilen verbunden wäre, so lange in Deutschland das Konzessionssystem besteht. Die deutsehe Approbation würde jedem Deutschen in der Schweiz die sofortige Errichtung von Apotheken gestatten, das schweizerische Diplom würde dem Schweizer nichts Anderes gestatten, als in Deutschland als Provisor einzutreten. Er würde die Konzession nicht erhalten.

Dagegen müssen wir doch bemerken, daß betreffs der Apothekergehülfen große Uebelstände vorhanden sind. Den deutschen Apothekergehülfen wird bei uns gestattet, einzutreten, Schweizerapothekergehülfen, welche in Deutschland eintreten wollen, müssen Bedingungen erfüllen, die ihnen gar nicht möglich sind. Es genügt nämlich zur Zulassung eines ausländischen Gehülfen keineswegs, daß er die deutsche Gehülfenprüfung abgelegt hat, er muß auch den auf einer höhern deutschen Schule erworbenen Nachweis der Berechtigung zum Einjährig-freiwilligen-Dienst und den Nachweis einer in einer deutschen Apotheke absolvirten Lehrzeit leisten.

Diese Ausweise kann der Schweizer sozusagen nie leisten. Es sind dies Uebelstände, und wir möchten den Bundesrath ersuchen, dieser Angelegenheit auch ferner seine Aufmerksamkeit zu schenken und nach Mitteln zu forschen, wie dem Uebelstand abzuhelfen sei.

Unter dieser Rubrik und mit Rücksicht auf die vom eidgenössischen Schulrath (Seite 61 des bundesräthlichen Berichtes) gemachte Anregung über Ausführung des Art. 33 der Bundesverfassung stellen wir hier folgendes Postulat: ,,Der B u n d e s r a t h wird e i n g e l a d e n , einen ,, G e s e t z e s e n t w u r f v o r z u l e g e n , daß in d e n J e n i ,,gen K a n t o n e n , welche für die A u s ü b u n g des ,,juristischen Berufes einen Ausweis der Bef ä h i g u n g verlangen, ein einheitlicher eidge,, n ö s s i s c h e r A u s w e i s genügt."

Es sind seit der Einführung der Bundesverfassung nun bald zehn Jahre verflossen, und da mag es doch wohl an der Zeit sein, eine Idee zu verwirkliehen, welche bereits bei der Verfassungsrevision von 1848 lebhaft angeregt wurde und gewiß im Interesse all' der verschiedenen Kantone ist. Wir wollen die Kantone durchaus nicht anhalten,
einen Ausweis über die Ausübung wissenschaftlicher Berufsarten zu verlangen. Für die Medizin wird es ja, trotz der einheitlichen Prüfung, auch nicht verlangt. Es erscheint uns jedoch, daßdas Verfahren, das sich hei der Medizin seit Jahren

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nun bewährt hat, auch bei andern wissenschaftliehen Berufsarten angewendet werden sollte. Es wäre namentlich für kleinere Kantone von großer Bedeutung, wenn es ihren Kantonsbürgern gestattet würde, ihre Berufsart auch außerhalb der Marken des Kantons ausüben zu dürfen. Es wäre eine solche einheitliche Prüfung fernerhin für die gleiche Anwendung unseres Obligationenrechtes nicht ohne Bedeutung.

Wir machen auch darauf aufmerksam, daß die Bundesverfassung nicht etwa nur die Kompetenz des Bundes aufstellt, es heißt nicht ,,könne", wie in einzelnen andern Artikeln, sondern ,,ista. Sie verlangt also die Aufstellung eines solchen Gesetzes ganz kategorisch.

Die Versammlungen des schweizerischen Juristenvereins in Freiburg, in Genf 1877 und in Zürich 1878 haben sich mit dieser Frage befaßt und haben die Anhandnahme der Frage nur deßhalb verneint, weil mit Rücksicht auf den geringen Umfang des centralisirten Rechtes ein Bedürfniß zur eidgenössischen Regelung der Freizügigkeit der Advokaten nicht existire (Antrag Dr. König und Jacottet). Gegenwärtig haben sich die Verhältnisse geändert. Wir besitzen das eidgenössische Obligationenrecht, und damit ist auch die Aufstellung einer einheitlichen Kommission begründet. § 5 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung setzt allerdings fest, daß Personen, welche bis zum Erlaß der im § 33 vorgesehenen Bundesgesetzgebung von einem Kantone den Ausweis der Befähigung erlangt haben, befugt sind, ihren Beruf in der ganzen Eidgenossenschaft auszuüben. Gerade diese Bestimmung aber hat viele Nachtheile und muß nothwendig einer einheitlichen definitiven Lösung rufen. Die Examen der verschiedenen Kantone sind höchst verschieden , und es kann den Kantonen nur lieb sein, wenn sie durch eine eidgenössische Prüfung Garantie für eine wissenschaftliche Bildung erhalten.

Civilstandsregister.

Vorerst müssen wir konstatiren, daß das ,,Handbuch für die schweizerischen Civilstandsbeimten a ganz vorzügliche Dienste leistet und für unsere Civilstandsbeatnten ein unentbehrliches Hülfsmittel ist. Es wird an dessen Hand Jedem möglich, sich in allen Fällen zu Orientiren, und es verdient der Verfasser für die wissenschaftliche und praktische Ausführung alle Anerkennung.

Wir sind ganz damit einverstanden, daß der Bundesrath von Zeit zu Zeit eine Untersuchung bei den einzelnen Civilstandsbüreaux vornehmen läßt. Dagegen scheint es uns ebenfalls angezeigt, daß

116 er bei den durch die Kantonsregierungen aufbewahrten Registern diese Ueberwachung von Zeit zu Zeit vornimmt. Er wird dort weit leichter sich, einen Gesammtbegriff über die Führung der Civilstandsregister verschaffen, indem alle Register von den CivilStandsbeamten abschriftlich dorthin gesendet werden, und er somit an ein und demselben Orte über ihre Hauptthätigkeit Einsicht nehmen und über den Zustand sich Aufklärung verschaffen kann.

Immerhin bleibt ihm außerdem die Aufsicht über die auf den einzelnen Bureaux befindlichen Beilagen vorbehalten.

Kosten der Verpflegung und Beerdigung armer Angehöriger anderer Kantone.

Dieses Gesetz bewährt sich als ein höchst wohlthätiges. Dagegen muß in der Praxis darauf Rücksicht genommen werden, daß die Kantone die Kranken nicht in einen andern Kanton abschieben, um den Kosten zu entgehen, wie dies hie und da vorkommt. Io solchen Fällen soll im Rekuisfalle der Bundesrath den Kanton behaften, der den Kranken unrichtiger Weise fortgeschickt hat.

Gesundheitswesen.

Mit Befriedigung vernahmen wir, daß das Departement sich mit den nöthigen Vorarbeiten befaßt, um Maßregeln zu ergreifen, welche dem übermäßigen Genuß von Alkohol steuern sollen. Wir möchten die Behörde ermuntern, auf diesem Wege so energisch und so rasch als möglich vorzugehen.

Unterm 30. Juni und den 23. Dezember 1881 wurden auch zwei in dies Gebiet einschlagende Postulate über Beschränkung des Wirthschaftswesens beschlossen. Wir erachten diese Frage als eiue dringende und glauben, daß hier ohne Beeinträchtigung des in Art. 31 der Bundesverfassung ausgesprochenen Grundsatzes der Handels- und Gewerbefreiheit vorgegangen werden könne. Dieser Artikel beschlägt die Wirthschaften nicht, sonst dürften auch keine Konzessionen oder Patente gegen eine bestimmte Bezahlung ertheilt und keine das Gewerbe beschränkenden Maßregeln über Ueberwachung, Polizeistunde, Entziehung des Patentes etc. aufgestellt werden. Der Wirthschaftsbetrieb istkein Handel und kein Gewerbe, wie ein anderes, und wie es unter diesem Artikel bei Aufstellung der Verfassung verstanden wurde. Eine Beschränkung findet bereits in beinahe allen Kantonen statt, ohne daß es deßhalb Jemandem einfällt, dagegen aufzutreten. Man kommt auch immer mehr auf die Ansicht, daß

117 die zu a u s g e d e h n t e Freiheit in Ausübung des Wirthschaftswesens vom Uebel sei. Es hat deßhalb der Nationalrath früher schon und auch der Ständerath noch in seiner letzten Sitzung bei Anlaß eines St. Galler Rekurses dahin zielende Beschlüsse gefaßt. Es scheint uns nun weit richtiger, die Frage prinzipiell zu lösen und zu erklären, daß die Wirthschaften nicht unter § 31 der Bundesverfassung fallen. Wir stellen deßhalb das Postulat: ,, D e r B u n d e s r a t h wird e i n g e l a d e n , z u p r ü f e n , ,,ob den K ä t h e n ein Vorschlag für V e r f a s s u n g s i n t e r ,, p r e t a t i o n des Art. 31 zu h i n t e r b r i n g e n sei, d a h i n ,,gehend, daß der Betrieb von W i r t h s c h a f t e n und der ,,Kleinverkauf von B r a n n t w e i n ü b e r die Gasse ,, n i c h t u n t e r d i e i n Art. 3 1 e r w ä h n t e n G e w e r b e ,, z u s u b s u m i r e n sei."

Werke öffentlicher Gemeinnützigkeit.

Wir glauben, daß die Verwerthung eine richtige sei und daß hier mit kleinen Opfern die Thätigkeit der Privaten angeregt und gefördert wird. Es muß in der Aufgabe des Staates liegen, Bestrebungen, die in volkswirtschaftlichem Interesse sind, zu unterstützen.

Polytechnische Schule.

Auch dieses Jahr hat die Schülerzahl wieder abgenommen.

Es mag dies von verschiedenen Ursachen herrühren, und wir beschränken uns darauf, einzig das Faktum hier hervorzuheben, um den Bundesrath darauf aufmerksam zu machen.

Die landwirtschaftliche Schule zählte auch dieses Jahr n u r 6 S c h w e i z e r als Schüler. Es veranlaßt diese geringe Zahl uns dazu, den Bundesrath auf das von den Käthen angenommene Postulat 282 neuerdings aufmerksam zu machen. Das Postulat lautet : ,,Der Bundesrath ist eingeladen, in Erwägung zu ziehen ^und darüber Bericht zu erstatten, ob die landwirthschaft,,liche Schule am Polytechnikum der vaterländischen Land,,wirthschaft nicht nutzbarer gemacht werden könnte.11 Der Umstand, daß der Bundesrath ohne Kreditbewilligung und ohne vorherige Anzeige an die Bundesversammlung eine neue Professur für Eisenbahobau und -Betrieb geschaffen hat, veranlaßt uns zu der ganz bestimmten Bemerkung, daß wir ein solches Vor-

118 gehen für ungesetzlich und nicht statthaft erachten. Wir haben materiell nichts gegen die Anstellung einzuwenden, müssen uns jedoch um so bestimmter gegen dieses Vorgehen verwahren, da die Bundesversammlung sich schon öfters gegen ein derartiges einseitiges Vorgehen ausgesprochen hat und immer neuerdings solche Fälle vorkommen.

Statistisches Bureau.

Wir möchten das Bureau in seinem Bestreben ermuntern, die Bearbeitung der Volkszählung so rasch als möglich zu fördern.

Diese Arbeiten haben nur für die betreffende Periode werth, innert welcher keine neue Volkszählung gemacht worden ist. Mit der neuen Zählung zerfällt das Interesse. Als zweckmäßig würden wir es erachten, wenn vom ßundesrath darauf hingewirkt würde, daß die Rechenschaftsberichte der Kantone, soweit es das Statistische anbelangt, nach einheitlicher Form vorgenommen würden. EVeilich müßten diese Formularien einfach sein und sich auf die Hauptfragen beschränken, was bei einem in frühern Jahren gemachten Versuche nicht der Fall war. Es würde dadurch das statistische Bureau ein sehr verwerthbares Material erhalten, ohne daß die Kantone irgendwie mehr belästigt würden. Durch einfache Ausarbeitung von Formularien könnte das Ziel erreicht werden, indem die Kantone von sich aus freiwillig davon Gebrauch machen würden. Deßhalb stellen wir das Postulat: ,,Das statistische B u r e a u soll für das s t a t i s t i s c h e ,,Material d e r R e c h e n s c h a f t s b e r i c h t e d e r K a n t o n e ,, F o r m u l a r i e n e n t w e r f e n , w e l c h e , ohne j e d o c h v e r ,,bindlich zu sein, den K a n t o n e n zur Benutzung ,, m i t g e t h e i l t werden."

Bauwesen.

Gibt zu keinen besondern Postulateu Veranlaßung. Dagegen hoffen wir, es werde der Bundesrath so viel immer möglich am Grundsatz festhalten, daß alle Arbeiten auf Ausschreibung zu vergeben sind. Wir geben zwar gerne zu, daß beim Umbau alter Gebäude dies nicht immer möglich ist. Dagegen soll es die unbedingte Regel sein. Ferners sollen keine Bauten vorgenommen werden, welche nicht von den Käthen beschlossen wurden. Es liegt dies in der Kornpetenzvertheilung unserer Behörden, und wir müssen darauf dringen, daß in dieser Beziehung den konstitutionellen, Vorschriften nachgekommen werde.

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I. Geschäftskreis des Justiz- und Polizeidepartements.

A. Justizverwaltung.

I. Gesetzgebung.

Wenn auch im Laufe dieses Berichtjahres keine größere gesetzgeberische Vorlage den eidgenössischen Käthen unterbreitet wurde und noch weniger eine solche die Feuertaufe des Referendums zu bestehen hatte, so fehlte, es dem Justizdepartemente dennoch nicht an sehr ausgiebiger Beschäftigung auf diesem wichtigen Gebiete, und wir konstatiren mit Befriedigung, daß mit Umsicht und Ausdauer gearbeitet wurde. Vorerst lag es in der Aufgabe des Justizdepartementes gemäß Art. 893 des OR. über Einrichtung, Führung und Kontrolirung des Handelsregisters etc., sowie über Einrichtung des Handelsamtsblattes, eine Verordnung zu entwerfen; dieselbe ist mit Neujahr 1883 in Kraft getreten. Die hierauf bezüglichen Geschäfte fallen inskünftig in den Geschäftskreis des Handels- und Landwirthschaftsdepartementes. Aber bereits haben eine Reihe interessanter und oft auch schwieriger juristischer Fragen anläßlich der Führung des Handelsregisters sich in den Vordergrund gedrängt, deren Begutachtung naturgemäß dem Justizdepartement zugeschieden wird und eine nicht gering anzuschlagende Thätigkeit besonders des Einen der hohem Angestellten dieses Departements beansprucht.

Eine auf die nähere Präzisirung der Frage über Eintragungspflichtigkeit in's Handelsregister bezügliche Bemerkung hat im Berichte über das Departement des Handels- und der Laudwirthschaft die richtige Stelle gefunden.

Unter den zur Zeit beim Justizdepartement in Vorberathung liegenden wichtigen Gesetzesentwürfen erwähnen wir namentlich diejenigen ü b e r S c h u l d b e t r e i b u n g u n d K o n k u r s , über d i e c i v i l r e c h t l i c h e n V e r h ä l t n i s s e d e r N i e d e r g e l a s s e n e n , ü b e r D o p p e l b e s t e u r u n g u n d endlich d a s Spezialgesetz über G e w ä h r l e i s t u n g beim Viehh a n d e l . Ist auch unumwunden zuzugeben, daß das Gesetz über Schuldbetreibung hauptsächlich wegen der in den Kantonen sich vorfindenden schroffen Gegensätze betreffend das System der Betreibung -- Pfändung oder Konkurs -- und dasjenige über Konkurs

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wegen der bisher sehr verschiedenartig gelösten Frage der Konkursprivilegien in der Ausarbeitung große Schwierigkeiten darbieten und daher, soll der Aufwand von Zeit, Mühe und Kosten kein vergeblicher sein, ein vorsichtiges, überlegtes, den prinzipiellen Differenzen volle Aufmerksamkeit zuwendendes Vorgehen doppelt geboten erscheint, so glauben wir doch unter aller Anerkennung des bisher in Sachen Gethanen dem berechtigten Wunsche Ausdruck geben zu sollen, daß die durch die allgemeinen Kreditverhiiltnisse postulirte hochwichtige gesetzgeberische Vorlage in nicht zu ferner Zeit den Berathungen der eidgenössischen Käthe unterbreitet werde.

Obschon einer überschwenglichen Gesetzesfabrikation durchaus abhold und überzeugt, daß das Schweizervolk kein Bedürfniß fühlt, in zu rascher Reihenfolge über die verschiedensten Rechtsmaterien gesetzgeberische Erlasse aus der Hand der eidgenössischen Räthe entgegen zu nehmen, erachten wir es gleichwohl als wünschbar, daß die Frage der Doppelbesteurung und die civilrechtlichen Verhältnisse der schweizerischen Niedergelassenen fördersamst ihre gesetzliche Ordnung finden und glauben, den bezüglichen Gesetzen eine günstige Aufnahme im Volke prognostiziren zu dürfen. Hinwieder bekennen wir uns entschieden zu der Ansicht, daß die Ausarbeitung eines Spezialgesetzes über Gewährleistung beim Viehhandel (vide Postulatensammlung Nr. 277), angesichts der ablehnenden Haltung der Großzahl der Kantone und im Hinblicke auf die gegen jede Regelung dieser Materie auf dem Wege der Bundesgesetzgebung im Schweizervolke und ganz besonders in den zunächst betheiligten Kreisen der Bauersame vorwaltende, sehr intensive Abneigung, für einstweilen füglich unterbleiben sollte. Das OR. überläßt es in Art. 890 bekanntlich den Kantonen, bis nach Erlaß eines solchen Spezialgesetzes durch den Bund die einschlägigen Bestimmungen selbst aufzustellen, und es scheint uns daher ganz angezeigt und gerathen, die weitern Erfahrungen in den Kantonen abzuwarten.

Ueber die in Anregung befindliche Frage betreffend Revision ·des Bundesgesetzes über Organisation der Bundesrechtspflege wird anläßlich der Besprechung des bundesgerichtlichen Geschäftsberichtes eine Bemerkung anzubringen sein.

II. Konkordate.

Dem Konkordate über Viehhauptmängel gehören zur Zeit bloß noch 8 Kantone an.

Im Konkordate über Testirfähigkeit und Erbrechtsverhältnisse stehen seit dem neuerlichen Austritte von Appenzell A.-R. noch 10 Va Kantone, mit Ausnahme von Tessin, sämmtlich deutsche.

121 Wir werden über die Wünsch barkeit einer Zusammenstellung aller noch unter den Kantonen in Kraft bestehenden Konkordate an anderer Stelle uns auszusprechen Anlaß haben.

III. Verhältnisse zu auswärtigen Staaten."

In Revision des Art. 7 des Niederlassungsvertrages zwischen Deutschland und der Schweiz wurde unterm 21. Dezember 1881 ein Zusatzprotokoll unterzeichnet, wodurch die Amtsstellen in beiden Staaten bezeichnet wurden, welche kompetent sind, über die Frage der Staatsangehörigkeit eine Entscheidung und ausländischen Behörden gegenüber eine Anerkenntnis abzugeben. Dieses Zusatzprotokoll wurde den Kantonen mittelst Kreisschreiben vom 21. August 1882 zur Kenntniß gebracht; dem Bundesrathe gebührt für seine erfolgreiche Bemühung in dieser Angelegenheit Dank, und es ist nur zu wünschen, daß die Kantone in ihrem augenfälligen Interesse daran sich auch halten möchten.

Mit Bedauern haben -wir aus dem bundesräthlichen Berichte entnommen, daß die Verhandlungen mit Deutschland über einen Vertrag betreffend gegenseitige Rechtshülfe in civilrechtlichen Verhältnissen bisher erfolglos geblieben sind, und wohl keine Aussicht auf Erfolg, in nächster Zeit wenigstens, darbieten. Trotz des von den eidg.

Käthen letztes Jahr votirten Postulates (vide Postulatensammlung Nr. 286) können wir die vom Bundesrathe kund gegebene Ansicht, daß die von Deutschland gestellten Bedingungen als unannehmbar erscheinen und v o r d e r h a n d von einer Wiederaufnahme der bezüglichen Verhandlungen, so lange Deutschland nicht eine mehr entgegenkommende Haltung beweisen wird, abzusehen sei, nur billigen.

Von der bundesräthlichen Mittheilung, über Auslieferungsverträge mit Argentinien, Monaco im Gange seien, haben wir mit nommen und sprechen die Hoffnung aus, zu einem befriedigenden Abschlüsse führen

daß die Verhandlungen Spanien, Rumänien und Genugthuung Akt gedaß dieselben in Bälde werden.

Eine Zuweisung der Kriminaljustiz in Münzsachen an den Bund kann unseres Erachtens, trotzdem dies anläßlich der mehrfach nicht ohne Grund mit Mißbilligung aufgenommene Urtheile der Genfer Gerichte in der bekannten Falschmünzergeschichte als wünschbar erachtet werden mochte, bloß aus Art. 38 der Bundesverfassung nicht gefolgert werden; immerhin mag es gerechtfertigt sein, eine bezügliche bundesräthliehe Vorlage zu gewärtigen.

Bnndesblatt. 35. Jahrg. Bd. III.

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122

Wir konstatiren gerne, daß es der bundesräthlichen Verwendung gelungen, von der französischen Regierung die Zusicherung zu erlangen , daß sie ihre Grenzbehörden angewiesen habe, dafür zu sorgen, daß verwundete oder krank gewordene fremde Arbeiter nicht mehr, wie bisher geübt, nach der Schweiz abgeschoben, sondern vom Aufenthaltsorte, bis nach Entscheidung der Frage ihrer Heimschaffung, verpflegt werden.

Als einen'' besonders für unsere Grenzkantone fühlbaren Uebelstand müssen wir es bezeichnen, daß Deutschland die ihm zugeführten Bettler und Vaganten nach Ueberschreitung der Grenze einfach laufen läßt, haben aber leider die Ueberzeugung gewinnen müssen, daß eine Abhülfe nicht zu erzielen ist, weil eben im deutschen Reiche ein Gemeindebürgerrecht nicht existirt und der Deutsche sonach zu Hause ist, sobald er die deutsche Grenze hinter sich hat.

Mit dem Bundesrathe sehen wir uns veranlaßt, den Wunsch zu äußern, daß deßhalb in den Kantonen auf eine gut entwickelte Polizeigesetzgebung Bedacht genommen werden möchte.

Anläßlich eines Ausweisungsfalles einer badischen Familie aus dem Kanton Waadt, wofür die diplomatische Intervention des Bundesrathes nachgesucht wurde, hat der ßundesrath mit Recht darauf hingewiesen, daß in Fällen der eintretenden Verarmung von deutschen Niedergelassenen vorerst bei den Landarmenverbänden ein Unterstützungsverlangen anzubringen und bei Erfolglosigkeit die Abschiebung zu veranlagen sei.

IV. Allgemeines.

Der in Gemäßheit eines bezüglichen Postulates (vide Postulaten-Samralung Nr. 285) vom Bundesrathe angestellten Prüfung betreffend periodische Zusammenstellungen der in Kraft bestehenden Staatsverträge und Konkordate, der gedruckten Beschlüsse der Bundesversammlung und des Bundesrathes in Auslegung der Bundesverfassung seit deren Bestand, sowie Anlage von Generalregistern der bundesgerichtlichen Entscheidungen seit 1880 und von da an alle 10, resp. 5 Jahre, wird bei Erörterung des bundesgerichtlichen Geschäftsberichtes eingehender zu gedenken sein.

Dem Bundesrathe ist vollständig zuzustimmen in all' den Bemerkungen , welche derselbe über die Vermehrung der Geschäfte des Justizdepartements anzubringen Anlaß genommen; das vorher angedeutete Postulat wird bei seiner Durchführung die Anstellung tüchtiger, juristisch gebildeter Kräfte erheischen; die Anhandnah me

123 des Postulates betreffend Anstellung eines Adjunkten läßt eine Organisation, resp. Reorganisation des Justiz- und Polizeidepartementes, als zweckmäßig, ja nothwendig erscheinen.

Zur nähern Begründung des von uns zu stellenden Postulates glauben wir noch in Kürze betonen zu sollen, daß vom 1. Januar bis 7. Juni 1883 64 neue Geschäfte mehr eingegangen sind, als im gleichen Zeitraum des vorigen Jahres, und daß die Zahl der im genannten Zeiträume 1883 erlaufenen Geschäfte nahezu derjenigen des ganzen Jahres 1871 gleich kömmt, wobei nicht zu übersehen ist, daß darunter einzelne Geschäfte eine, beträchtliche Anzahl von Verhandlungen veranlaßen werden.

Zur Würdigung des Geschäftsumfanges des eidgenössischen Justiz- und ' Polizeidepartements releviren wir noch, daß im Jahr 1874 953 Geschäfte, im Jahr 1879 991, im Jahr 1882 1024 eingelaufen sind, wodurch anno 1874 5608, 1879 6528, 1882 6737 Verhandlungen veranlaßt wurden; bis zum 7. Juni d. J. beliefen sich die seit 1. Januar eingegangenen Geschäfte auf 586, und es steht wohl außer Zweifel, daß für das Jahr 1883 eine Verdoppelung der Geschäfte vom Jahre 1871 in Aussicht zu nehmen sein wird.

In billiger Würdigung dieser Verhältnisse kommen wir dazu, nachfolgendes Postulat zu formuliren : ,,Der B u n d e s r a t h w i r d e i n g e l a d e n , d i e ,,Fragenähe r z u p r ü f e n , o b die Organisation ,,des J u s t i z - u n d P o l i z e i d e p a r t e m e n t s , ,,b u n g d e r S t e l l u n g u n d d e s ,, v i s i o n z u u n t e r s t e l l e n sei, u n d m i t ,,Vorlage den eidgenössischen Räthen zu ,, u n t e r b r e i t e n."

V. Rekurswesen.

Im Berichtsjahre begegnen wir wiederum einer größern Zahl von Rekursen über Erwerb und Entzug der Niederlassung; die bundesräthlichen Entscheide lauteten durchweg abweisend, und auch der Weiterung an die Bundesversammlung ergab kein anderes Resultat. Wir releviren mit voller Befriedigung, daß sich über diese Materie allmälig eine feste Praxis der Bundesbehörden aus-

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gebildet hat, welche eben so sehr den kantonalen Regierungen, als den Niedergelassenen in den Kantonen erwünscht sein wird.

Ein Gleiches läßt sich auch von der bundesräthlichen Spruchpraxis betreffend die noch immer zahlreich einlaufenden Wirthschaftsrekurse sagen ; wir können nur lobend erwähnen, daß die Kantonsregierungen, namentlich in jüngerer Zeit, beim Bundesrathe Schutz und Unterstützung gefunden haben, wenn sie aus Rücksichten der öffentlichen Wohlfahrt einer zu starken Ueberwucherung der Wirthschaften ein Ziel zu setzen sich angelegen sein ließen.

Mit Bezug auf,die Regelung des Hausirwesens stehen wir vor einer wahren Musterkarte kantonaler Hausirverordnungen; die Aufstellung gewisser einheitlicher Normen von Bundes wegen gleichsam als Leitfaden für die daherige kantonale Gesetzgebung wäre deßhalb sicherlieh zu begrüßen.

Behufs Beseitigung einer besonders in die Augen springenden Ungleichheit und Unbilligkeit halten wir es für angezeigt, dem Bundesrathe die fördersame Erledigung der Motion Cornaz, betreffend die Patenttaxe der schweizerischen Handelsreisenden (vide Postulatensammlung Nr. 276), in Erinnerung zu bringen.

Unter Bezugnahme auf den bundesräthlichen Entscheid über eingelaufene Beschwerden gegen die Verfügung einer Kantonsregierung, daß die in der Abstimmung vom 26. November 1882 Antheil nehmen wollenden Schweizerbürger, welche bisher auf den Stimmregistern nicht eingetragen gewesen, spätestens vier Tage vor der Abstimmung über ihre Stimmberechtigung gehörig sich auszuweisen hätten, finden wir uns veranlaßt, hervorzuheben, daß neben dem Bundesgesetze betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen vom 19. Juli 1872 bei Prüfung solchartiger Beschwerden jeweilen auch Art. 43 der Bundesverfassung und das Bundesgesetz betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse vom 17. Juni 1874 in Berücksichtigung zu fallen haben.

B. Polizeirerwaltung.

Im Berichtjahre wurden seitens der Schweiz 98 Auslieferungsbegehren gestellt, gegenüber 130 im Vorjahre. Der Schweiz sind hinwieder von auswärtigen Staaten 150 solche zugegangen, gegenüber 183 im Jahr 1881. Von den 98 schweizerischen Auslieferungsbegehren wurden bewilligt 63, verweigert l ; es blieben unentdeckt 16, wurden zurückgezogen 8 und sind pendent 10. Von den 150

125 ausländischen Auslieferungsgesuchen wurden bewilligt 117, verweigert l, blieben unentdeckt 28, wurden zurückgezogen 3 und verblieb eine einzige Pendenz.

Wir können nicht umhin, der Thätigkeit des Bundesrathes auf diesem Gebiete unsere Anerkennung zu zollen; die bundesräthlichen Bemerkungen, betreffend die nicht selten den Auslieferungsbegehren beigefügten mangelhaften Verhaftsbefehle, erachten wir als sehr beachtenswerth, und ebenso ist den bezüglichen Ausführungen im bundesräthlichen Berichte, betreffend Auslieferungen kurzer Hand durch die Kantone, bei konstatirtem Einverständnisse des Verfolgten, unumwunden beizupflichten ; ein vorsichtiges und sorgfältiges Vorgehen der kantonalen Behörden bietet die wünschbare Garantie, daß den Kantonen und dem Bunde unangenehme Verwicklungen und Verlegenheiten erspart bleiben werden.

Von besondertn Interesse erscheint uns die Untersuchung der Frage, ob ein Schweizerbürger, welcher im Auslande eines Vergehens sich schuldig gemacht, welches nach der Gesetzgebung der ausländischen Staaten strafbar, nach derjenigen des Heimatkantons aber nicht strafbar ist, auf Begehren des ausländischen Staates, wo die inkriminirte Handlung stattgefunden, ausgeliefert, oder aber in der Heimat strafgerichtlich abgewandelt werden, müsse. Der Bundesrath hat diese Frage, mit Rücksicht auf Absatz 2 des Art. 2 des deutsch-schweizerischen Auslieferungsvertrages, entgegen der abweichenden Ansicht einer kantonalen Anklagekammer, bejaht und die betreffende kantonale Behörde die Ueberweisung des Verfolgten, immerhin unter Festhaltung ihres Standpunktes, an das kompetente kantonale Strafgericht verfügt, in Berücksichtigung der vom Bundesrathe geltend gemachten Gründe der öffentlichen Moral und der internationalen Verpflichtung zu gegenseitigem Bechtsschutze.

Es drängt sich hiebei das Bedenken auf, ob Deutschland unter gleichen Verumstiindungen einem schweizerischerseits gestellten Auslieferungsbegehren in gleicher Weise gerecht geworden sein würde. Es scheint uns dieser Zweifel um so begründeter, weil Rußland, mit welchem Staate ein gleichlautender Auslieferungsvertrag besteht, auf das gegen einen seiner Bürger gestellte Auslieferungsbegehren der Schweiz einzutreten sich geweigert, weil die inkriminirte Handlung, nach dem russischen Strafgesetzbuche, nur ein Vergehen von geringerer Wichtigkeit bilde.

Wir finden uns daher veranlaßt, dem Bundesrathe die nochmalige genaue Erwägung der prinzipiellen Seite derartiger Konfliktsfälle zu empfehlen.

126

Das Einschreiten des Bundesrathes gegen die in Genf stattgefundene Werbung für Egypten, vtobei die Werber es vorzüglich auf eingetheilte schweizerische Militärs abgesehen hatten, hat sich in der Folge als sehr gerechtfertigt erwiesen.

Der Thätigkeit des Bundesrathes gegen die anarchistischrevolutionären Bestrebungen, welche auch in einigen schweizerischen Grenzkantonen ihre Wellenschläge treiben, gebührt unser Dank.

Wir sprechen die Erwartung aus, daß derselbe, wie bisher, ohne durch tendenziöse Allarmgerüchte sich beirren zu lassen, mit Umsicht und Energie der völkerrechtlich der Schweiz zugewiesenen Aufgabe sich bewußt zeigen werde.

Wir konstatiren, daß, Dank der erprobten Geschäftskenntniß des bundesräthlichen Kommissärs, die Einbürgerung der Heimatlosen sich stetig vollzogen hat, so daß gegenwärtig nur wenige Fälle mehr der Erledigung harren. Es ist zu wünschen, daß das Kapitel der Heimatlosen unsere staatlichen Behörden in Bälde nicht weiter mehr werde beschäftigen müssen.

IV. Geschäftskreis des Militärdepartementes.

Durchführung der Militärorganisation.

Die Vorlage des seit Jahren in Vorbereitung befindlichen Entwurfes eines Militärstrafgesetzes läßt über Gebühr lange auf sich warten, und es spricht die Kommission die Erwartung aus, daß diese Vorlage im Laufe des Jahres endlich erfolge.

127

Sanitarische Untersuchung und pädagogische Prüfung der Wehrpflichtigen.

1. Die Kommission entnimmt dem bundesräthliehen Geschäftsberichte mit Befriedigung, daß das Gesammtergebniß der tauglich befundenen Rekruten, sowie der Eingetheilten sich im Berichtsjahr besser gestaltet hat als in frühern Jahren.

Während im Jahr 1881 von den Rekruten nur 47,8 % und von den Eingetheilten nur 26,8 °/o diensttauglich erklärt werden konnten, erzeigt das Jahr 1882 einen Prozentsatz von 49,8 für die Rekruten und einen solchen von 28,5 für die Eingetheilten.

Diese Vermehrung . rührt namentlich davon her, daß die Untersuchungskommission sich nicht mehr allzu ängstlich an den Buchstaben der bezüglichen Vorschriften hält und der im Rekrutirungsalter noch nicht vollendeten körperlichen Entwicklung einigermaßen Rechnung trägt.

Indem die Untersuchungskommission sonst gut gebauten und geistig gehörig entwickelten Elementen den Eintritt in die Armee ermöglicht, wenn sie momentan auch nicht nach allen Richtungen den bezüglichen Vorschriften entsprechen, gewinnt diese manche, ganz tüchtige, namentlich für die Cadres taugliche Kräfte, von denen man bis anhin kaum hegreifen konnte, wie sie der Militärpflicht entbunden werden konnten.

Wir erklären uns daher mit dieser freiem Auffassung der Untersuchungskommission bei der Rekrutirung einverstanden.

2. Die Anwesenheit von Behörden und Lehrern hei den Rekrutenprüfungen hat zweifellos ihre Vortheile, da sieh die Besucher aus eigener Anschauung überzeugen können, was einerseits die betreffenden Schulen leisten und was anderseits die eidgenössischen Experten gegenüber den Rekruten von einem genügenden Primarunterricht verlangen.

Dagegen ist zu wünschen, daß nicht, wie es vorgekommen, die Zuhörer den Examinanden in der Lösung ihrer Aufgaben behülflieh sein wollen und sich in einer Weise zudrängen, daß die Examinanden verwirrt und die Examinatoren in ihrer Arbeit gestört werden.

* 3. Nachdem man die Resultate der Rekrutenprüfungen immer mehr als Gradmesser für die Leistungen unserer Volksschule und die Bildung unserer Jugend zu betrachten gewohnt wird, erscheint uns anderseits eine möglichst-gleichmäßige und bestimmte Umgrenzung der Disziplinen, in welchen geprüft werden soll, in allen Examina tionsgebieten unbedingt geboten zu sein.

128

. Nur bei einer solchen Uebereinstimmung unter den Examinatoren und ihren Gehiilfen über das, was bei solchen Prüfungen verlangt werden kann und soll, können diese einen Maßstab zur Beurtheilung der Leistungen der Schule abgeben, und ebenso gewinnt auch nur unter dieser Voraussetzung die statistische Bearbeitung der Resultate der Rekrutenprüfungen den ihr zugeschriebenen Werth.

Um eine solche Uebereinstimmung sowohl bezüglich des Prüfungsstoffes als auch bezüglich der Fragestellung, Taxation der Leistungen, Methode etc. herbeizuführen, stellt die Kommission das Postulat : ,,Der B u n d e s r a t h w i r d e i n g e l a d e n , für ,,eine einheitliche Instruktion der Exper,,ten, Examinatoren und Grehülfen bei den ,, R e k r u t e n p r ü f u n g e n b e s o r g t z u s e i n.a

Unterricht.

Instruktionspersonal.

1. Der Bericht des Bundesrathes bespricht die Nothwendigkeit einer Vermehrung des Lehrpersonals für die höhern Militärschulen und konstatirt namentlich deii Mangel von geeigneten Instruktionskräften für die kriegswissenschaftlichen Vorträge in den Centralschulen, weßhalb die Neukreirung von zwei'Iustruktorenstellen I. Klasse gewünscht wird.

2. Ohne diesen Ansichten des Bundesrathes entgegen zu treten, glauben wir, es dürfte noch in anderer Weise dem vorhandenen Mangel abgeholfen werden, und zwar durch eine vermehrte Herbeiziehung -der Lehrkräfte an der militärischen Abtheilung des Polytechnikums zu kriegswissenschaftlichen Vorträgen an den höhern Centralschulen.

Es ist durch die Herbeiziehung dieser Lehrkräfte eine Schmälerung des Unterrichtes am Polytechnikum nicht zu befürchten, da die höhern Centralschulen (III und IV) in die Herbstferien fallen oder doch in dieselben verlegt werden können.

«· Die Kommission sieht sieh daher zu folgendem Postulat veranlaßt: ,,Der B u n d e s r a t h w i r d e i n g e l a d e n , die ,, F r a g e zu p r ü f e n , ob n i c h t die militärischen ,, L e h r k r ä f t e am P o l y t e c h n i k u m in ergiebi-

129 ,, g e r e r Weise, als es bis a n h i n g e s c h e h e n , ,,zum Unterricht an den Centralschulen ,,III u n d I V h e r b e i g e z o g e n w e r d e n könnten."

3. Der bundesräthliche Bericht ruft auch der Anstellung zweier weitern Tambourinstruktoren.

Wir können nicht verkennen, daß die Instruktion der Tambouren unter dem Mangel genügender Instruktoren leidet und jene mangels solcher während der Militärkurse ihrer Truppen oft gar keinen Unterricht erhalten und bezüglich desselben sich selbst überlassen bleiben.

Es würde durch eine Hülfsinstruktion, die nicht einem speziellen Unterrichtskreise zugetheilt, sondern jeweilen da verwendet würde, wo sie nothwendig ist, am ehesten diesem Uebelstand abgeholfen werden.

Vorunterricht.

Der Vorunterricht macht allerdings von Jahr zu Jahr Fortschritte, und es mehren sich die Schulgemeinden, in welchen Turnunterricht ertheilt wird. Allein von einer allgemeinen Durchführung des Vorunterrichtes in allen Kantonen kann heute noch nicht gesprochen werden, und die Behörde wird diesem Unterrichtszweige annoch ihre fortgesetzte Aufmerksamkeit zuwenden müssen.

Wir haben zur Zeit noch 1120 Schulen, in denen gar k e i n , und 3544, in denen nur während eines Theiles des Jahres Turnunterricht ertheilt wird.

So lange aber der Turnunterricht in der Schule und für das schulpflichtige Alter von 10--15 Jahren nicht allgemein durchgeführt sein wird, so lange kann kaum an die Durchführung des in der Militärorganisation ebenfalls vorgesehenen Vorunterrichtes der nicht mehr Schulpflichtigen im Alter von 15--20 Jahren gedacht werden.

Wir glauben, es dürfte auf die säumigen Kantone, wenn auch nicht mit direkten, so doch mit moralischen Zwangsmitteln, als Mahnungen, amtliche Publikationen etc., der Art eingewirkt werden, daß dieselben ihren daherigen Pflichten endlich nachkommen.

Unterrichtskurse.

Infanterie.

Mit Befriedigung hat die Kommission Notiz genommen von der Beiziehung der Brigade- und Regimentskommandanten derjenigen

130 Brigaden, welche im darauffolgenden Jahre gleiche Kurse zu bestehen haben, zu den Brigade1 und Divisionsübungen des Berichtsjahres.

Bei der wenigen Gelegenheit dieser Truppenkommmandanten zur Führung zusammengesetzter Detachemente erscheint die Herbeiziehung derselben zu diesen Uebungeo, sei es als Schiedsrichter oder als supponirte Führer oder zur bloßen Beobachtung der höhern Truppenführung, als sehr zweckmäßig, und wir hoffen, es werden diese Einberufungen fortgesetzt und wo möglich noch auf weitere Kreise ausgedehnt werden.

Landwehr.

Wir konstatiren mit Genuglhuung, daß die Landwehr in ihren Wiederholungskursen die Schlußnahme der Behörden, diese Mannschaften in Zukunft nicht nur w e h r p f l i c h t i g , sondern auch w e h r f ä h i g zu erhalten, durch den Ernst, mit dem sie ihre Wehrpflicht auffassen, und ihre gute Haltung und Disziplin vollauf gerechtfertiget hat.

Wir hoffen, daß diesem guten und kernigen Elemente in unserer Armee volle Aufmerksamkeit geschenkt und ihm mit der Zeit eine noch etwas erweiterte Gelegenheit zur Festhaltung des Gelernten geboten werde.

Die Kommission kann deßhalb die Fortsetzung der Offizierbildungssehulen für die Landwehr bis zur vollständigen Koinpletirung der Landvvehroffizierskadres nur billigen.

Kavallerie.

Vorkurse.

Eine sehr anerkennenswerthe Einrichtung sind die Winterreitkurse für die Kavallerierekruten, wodursh für die eigentlichen Rekrutenschulen und für die Uebungen der Kavalleristen im Felde mehr Zeit gewonnen ·wird und wobei auch befriedigendere Resultate erzielt werden können, da solche ja nur von einem einigermaßen selbstständisen Reiter zu erwarten sind.

o

Wiederholungskurse.

1. Die Zutheilung der Kavallerie zu den Infanterieregimentsübungen hat zweifellos für Uebungen im Felddienst und speziell im

131

Sicherungsdienst ihren Nutzen. Dagegen darf solches nicht zu früh geschehen und nicht auf Kosten der speziell kavalleristischen Uebungen im eigenen Verbände.

2. Es wird bei dem Mangel an berittenen Arbeitern und Trompetern auf eine stärkere Rekrutirung dieser Mannschaften Rücksicht genommen werden müssen.

Bei einer stärkern Rekrutirung der Arbeiter könnte diesen dadurch eine Diensterleichterung verschafft werden, daß dieselben auf kürzere Zeit wie bis anhin als Arbeiter in den betreffenden Schulen zu verbleiben hätten.

Die Gewinnung des nöthigen Trompeterpersonals dürfte ohne etwelche Solderhöhung oder durch Einräumung anderer Vortheile für diese Leute, die Soldaten, Reiter und Musiker in einer Person sein sollen, kaum zu bewerkstelligen sein.

Artillerie.

1. In Rücksicht darauf, daß die Brigadekommandanten der Artillerie und ihre Stabschefs sehr wenig Gelegenheit zur Ausübung ihrer Kommandos haben, dürfte sich die Herbeiziehung dieser zu den Brigade- und Divisionsilbungen in gleicher Weise, wie dies nun gegenüber den Infanteriebrigade- und Regimentskommandanten geschieht, empfehlen.

2. Die Anschaffung eines soliden Stallkittels für die Trainsoldaten, statt der häßlichen und rasch abgenützten Stallblouse, scheint uns ein berechtigtes Verlangen zu sein.

3. Bei der hohen Wichtigkeit des Armeetrains im wirklichen Felddienste darf die Vervollständigung der Offiziercadres für denselben allerdings nicht außer Acht gelassen werden.

Sanität.

\. Die Wiederholungskurse der Ambulancen werden in zu großen Zwischenräumen abgehalten.

Ambulancen, deren erster Wiederholungskurs seit 1875 erst in's Jahr 1882 oder gar in's Jahr 1883 fällt, wie dies bei 3 Ambulancen der Fall ist -- eine kommt sogar erst 1884 zum ersten Wiederholungskurs --, können unmöglich Genügendes leisten, wenn sie zu den Feldübun^en einberufen werden.

132

2. Aus den Berichten der XV. und XVI. Brigade, welchen bei ihren Uebungen bedeutende Marschleistungen (im Hochgebirge) unter besondern Schwierigkeiten zugemuthet wurden, geht übereinstimmend hervor, daß die Stiefel bei solchen Märschen, die bald über Schnee und Eis, bald über staubige Landstraßen, bald über steinige Felspfade führen, eine ganz unpraktische Fußbekleidung sind.

Angesichts solcher nun seit Jahren gemachter praktischer Erfahrungen über die Fußbekleidung ^unserer Miliz sollte unseres Brach tens diese seit längster Zeit schwebende Frage doch endlich ihrem definitiven Abschlüsse entgegengeführt werden können.

Pferderegieanstalt.

Die Pferderegieanstalt verzeigt zur Zeit einen Pferdehestand von circa 172 Stück, eine Zahl, die den von Seiten der berittenen.

Offiziere an sie gestellten Ansprüchen bei Weitem nicht genügt.

Seit Jahren ist es ein lebhafter Wunsch derjenigen Offiziere, welche keine eigenen Reitpferde zu halten im Falle sind und in pferdearmen Gegenden wohnen, und speziell auch der Stabsoffiziere der Infanterie, es möchte ihnen die Regieanstalt zur Beschaffung ihrer Dienstpferde zugänglicher gemacht, beziehungsweise der Bestand der Regiepferde vermehrt werden.

Diese Wünsche blieben bis jetzt nicht nur ohne Erfolg, sondern in Folge der Einführung der Vorkurse für die Kavallerie und die Abgabe von Regiepferden an die gerittenen Instruktoren wird für ferner Stehende die Benutzung der Regieanstalt immer schwieriger.

Die Kommission hält dafür, daß der Pferdebestand der Regieanstalt um so mehr erheblich erhöht werden dürfte, als bis jetzt dieselbe sich selbst ernährte und die Eidgenossenschaft dieser Anstalt gegenüber und den Zwecken, denen sie in erweitertem Maßstabe dienstbar gemacht werden soll, wohl auch ein Opfer bringen darf.

Die Kommission sieht sich im Falle, bezüglich der Regieanstalt folgendes Postulat zu stellen: ,,Der Bundesrath wird eingeladen, die ,,Frage zu untersuchen und Bericht zu er,, s t a t t e n , ob der P f e r d e b e s t a n d der Regie_ a n s t a 11 e r h ö h t w e r d e n k ö n n e . "

133 Es dürfte auch zur Vermehrung des effektiven Bestandes der Militärreitpferde überhaupt als zur Verminderung der Ansprüche an die Regieanstalt Seitens derjenigen Offiziere, welche zu einer Jahresration für Reitpferde berechtiget sind, dienlich sein, wenn diese Offiziere von ihrer Berechtigung zur Haltung eines Reitpferdes mehr als bisanhin Gebrauch machen und so ihrerseits die Regieanstalt entlasten würden.

V. Geschäftskreis des Finanz- und Zolldepartements.

.A.. Finanzveirwaltiing-.

lieber das Postulat betreffend Errichtung von P o s t s p a r k a s s e n , gestellt den 11. Juni 1881, theilt der Bericht mit, daß eine Statistik der schweizerischen Sparkassen angefertigt und Erkundigungen im Ausland über die Angelegenheit eingezogen werden.

In der Voraussetzung, daß diese Vorarbeiten nun vollendet seien und gestatten, an die Sache selbst heranzutreten, wiederholen wir ·das gestellte Postulat und erweitern es dahin, daß auch untersucht werden möchte, ob nicht die Einlagen in die Postsparkassen für die Hebung des Bodenkredits nutzbar gemacht werden könnten.

Die bedrängte Lage unserer Landwirtschaft, namentlich die Ueberschuldung von Grund und Boden, lassen es als wünschbar erscheinen, daß kein Mittel unversucht bleibe, das zur Verbesserung des Looses hauptsächlich des Kleinbauern beitragen kann.

,,Der B u n d e s r a t h w i r d m i t R ü c k s i c h t a u f d i e ,,M o t i o n Mo r e i (P o s t u l a t N r. 236) e i n g e l a d e n , den ,,bezüglichen Bericht beförderlich vorzulegen ,,und d a b e i z u g l e i c h die Frage zu u n t e r s u c h e n , ,,ob n i c h t die E i n l a g e n in die P o s t s p a r k a s s e n ,,für d e n B o d e n k r e d i t n u t z b a r g e m a c h t w e r d e n ,,könnten."

Die auf Juli 1882 beabsichtigte Konferenz unter den Staaten der lateinischen M ü n z k o n v e n t i o n , welche von der Schweiz hauptsächlich dazu benutzt werden sollte, um ihr Kontingent von Fr. 6 per Kopf zu vermehren, kam nicht zu Stande und dürfte noch längere Zeit nicht stattfinden. Indessen ist Hoffnung vorhanden, daß die Schweiz auf diplomatischem Wege sich die Bewilligung verschafft, wenigstens eine Million Silbermünzen zu prägen.

134

Dem Wunsch der letztjährigen Prüfungskommission, betreffend den Erlaß einer amtlichen Warnung vor der Annahme von d e u t s c h e m G e l d , ist nachgekommen worden; dieselbe hat, so viel wir beurtheilen können, den gewünschten Erfolg gehabt.

Es wird dem Fiskus zum Vortheil gereichen, wenn, wie der Bericht sagt, künftig die M ü n z e i n s c h m e l z u n g in der Buudesstadt und in einem eigenen Lokal, statt in Frankfurt und andern Orten, vorgenommen werden kann.

Das Bestreben, die Liegenschaften auf den verschiedenen W a f f e n p l ä t z e n ertragsfähiger zu machen, verdient alle Anerkennung, besonders wenn es gelingen sollte, dadurch die neuen Ausgaben, welche für Oekonomiegebäude u. dgl. m. in Aussicht stehen, zu fruchtbringenden Anlagen zu gestalten.

In Ausführung des Postulates Nr. 209, betreffend gleichmäßige Durchführung des M i l i t ä r s t e u e r g e s e t z e s , haben Erhebungen und In?pek(ionen stattgefunden, welche zu einem ausführlichen Bericht über die Verhältnisse in den einzelnen Kantonen geführt haben. Das Bild, welches diese Berichterstattung bietet, ist ein durchaus unerfreuliches. Es zeigt, daß nicht nur mit Bezug auf die Behandlung des auswärtigen Steuerpflichtigen sehr große Unterschiede in den einzelnen Kantonen bestehen, was sich am Ende bei den Schwierigkeiten der Kontrole über die oft unbekannt Abwesenden erklären läßt, sondern es geht aus den Angaben des Berichts hervor, daß auch über die Taxation und die Ermittlung der Steuerquoten für die im Lande befindlichen Steuerpflichtigen Unterschiede bestehen, die zu den größten Unbilligkeiten führen, wie die dem Bericht beigegebenen Tabellen schlagend nachweisen.

Bei aller Anerkennung der kantonalen Steuerhoheit und der Bemühungen der bestehenden Taxationsbehörden in den verschiedenen Kantonen und die Unmöglichkeit zugegeben, die Berechnungsart für die Steuerquote überall vollständig gleich durchzuführen, sollte es doch Mittel und Wege geben, zu verhüten, daß z. B. in dem einen Kanton Schulden abgezogen, im andern Kanton als steuerbares Vermögen behandelt werden, daß an einem Ort die Fahrhabe und das Handwerkszeug nicht als steuerbares Vermögen angesehen, am andern Ort aber voll und ganz in Rechnung gebracht wird ; daß ferner in einer Reihe von Kantonen die Knechte angehalten werden, die freie Station, welche sie bei
ihrem Meister genießen, als Einkommen zu versteuern, während in andern Kantonen die Naturalnutzungen nicht in Betracht kommen u. dgl. m.

Da im bezüglichen Bundesgesetz deutlich und klar gesagt ist, in welcher Weise die Militärsteuer zu berechnen ist, da ferner das

135

Gesetz für alle Kantone gilt und es somit als ungerechte Benachtheiligung der gewissenhaften Bundesglieder erscheint, wenn diese dem Gesetz vollständig nachkommen, andere Kantone aber kaum den Drittel der sie gesetzmäßig treffenden Steuer abführen, so wird es zur absoluten Notwendigkeit, daß ein Reglement erlassen werde, in welchem vom Bunde aus genau festzustellen ist, wie bei der Taxation der Steuerpflichtigen zu verfahren sei und was vom steuerbaren Vermögen und Einkommen abgezogen werden dürfe.

Das gesammelte Material wird es ermöglichen, die nöthige Richtschnur für die Zukunft zu finden und die schreiendsten Unterschiede zu beseitigen, weßhalb wir ein bezügliches Postulat zur Annahme empfehlen.

,,Der B u n d e s r a t h w i r d eingeladen, b e f ö r d e r ,,lich ein R e g l e m e n t a u f z u s t e l l e n für e i n h e i t l i c h e ^D u r c h f ü h r u n g d e r M i l i t ä r p f l i c h t e r s a t z s t e u er.a Bei diesem Anlaß ist noch zu berichtigen, daß die Angabe unten an der Tabelle zu Seite 12, betreffend den Rückstand von 2000 Fr., nicht den Kanton Obwalden, sondern den Stand Nidwaiden betrifft, und daß die Prozentberechnung der nichtzahlenden Taxirten auf Seite 2l für den Kunton Obwalden auf einem Versehen beruht, indem dieser Kanton auf 930 Steuerpflichtige bloß 92 Nichtzahler im Jahr 1882 hatte, die Landesabwesenden abgerechnet.

Laut Berieht war der Stand der E m i s s i o n s b a n k e n Ende 1881 bezüglich der Emissionssumme auf Fr. 129.900,000 angestiegen, was einer Vermehrung von Fr. 14,678,685 seit Ende 1881 gleichkommt. Die dem Bericht beigegebenen Ausweise lassen erkennen, daß einstweilen noch Emission und Circulation sich ziemlich decken; auch zeigt sich, daß der Baarvorrath in den letzten Jahren sich wesentlich vermehrt hat und Unzukömmlichkeiten in dieser Beziehung noch nicht zu befürchten sind. Sollten aber, wie zu erwarten steht, noch weitere Begehren um Notenausgabe einlaufen, so wird der Bundesrath in den Fall kommen, die Gesetzesbestimmung betreffend Kontingentirung der Notenemissionen für die verschiedenen Banken in Anwendung zu bringen.

Zu bedauern ist, daß durch die Festsetzung des Zeitpunktes für das Inkrafttreten des Banknotengesetzes auf 1. Januar 1882 und durch die eingetretene Verzögerung der Herstellung der neuen Banknoten einzelne neu gegründete
Banken in den Fall gekommen sind, für längere Zeit auf die Notenausgabe verzichten zu müssen.

Hoffentlich wird die neue Banknote bald das Licht der Welt erblicken.

Mit Befriedigung heben wir hervor, daß die Buudesaufsicht über die Emissionsbanken in trefflicher und gewissenhafter Weise

136 besorgt wird. Wir haben aus dem Bericht und aus der Einsicht der vorgeschriebenen Formulare die Ueberzeugung gewonnen, daß nichts versäumt wird, um dem Bundesgesetze strenge Nachachtung zu verschaffen.

Die S t a a t s r e c h n u n g schließt mit einem Einnahmenüberschuß von Fr. 488,309. 32, Die Mehreinnahme auf dem Zoll mit Fr. 1,504,000 wird sich im nächsten Jahre nicht wiederholen, da die inzwischen eingetretenen Aenderungen im Tavif und andere Umstände namentlich auf Tabak und Sprit einen bedeutenden Rückgang des Erträgnisses zur Folge gehabt haben. Die Minderausgabe des Post- und Zolldepartements von Fr. 540,000 rührt von Ersparnissen auf verschiedenen Posten her und war möglich, trotzdem die früher beantragten Besoldungserhöhungen im Berichtjahre zur Ausführung gelangten.

B. Zoll\veseri.

Der Bericht erwähnt, daß von mehreren Seiten um Errichtung weiterer N i e d e r l a g s h ä u s er nachgesucht worden sei. Wir empfehlen diese Gesuche zur Berücksichtigung, da die neuen Verhältnisse, welche namentlich durch die Gotthardbahn herbeigeführt worden sind, solchen Einrichtungen manchenorts rufen.

Die seit langer Zeit spielende Angelegenheit in M o i l l e s u l a z am Flüßchen Foron hat neuerdings zu einem Auftritt geführt, der die Absendung eines eidgenössischen Kommissärs nach Genf nöthig machte. Es ist höchste Zeit, daß den Uebelständen ein Ende bereitet und die Sache in Ordnung gebracht werde, was am besten durch Erstellung eines Sträßchens längs des Foron geschieht. Da einerseits Genf zum Schutz seiner betreffenden Industriellen ein Interesse an der Herstellung einer bleibenden Ordnung hat, und da anderseits der Eidgenossenschaft am Aufhören des Schmuggels und anderer Unzukömmlichkeiten in jener Gegend gelegen sein muß, sollte es nicht schwierig sein, eine gegenseitige Verständigung über die Kosten der projektirten Straße herbeizuführen.

Der im Bericht besprochene Rekurs betreffend einen Berner Liqueurfabrikauten und die Waadtländer Regierung zeigt neuerdings, -wie nöthig es ist, ein wachsames Auge über die sogenannten U r s p r u n g s z e u g n i s s e zu haben.

Dem Postulat betreifend Z o l l e r h ö h u n g auf W e i n g e i s t und geistigen Getränke ist, soweit als einstweilen möglich, nachgekommen worden. Die im Gange befindliche Untersuchung über den Alkoholismus wird noch weitere Mittel für den angestrebten Zweck zu liefern haben.

137

Mit Befriedigung haben wir vernommen, daß O e s t e r r e i c h nicht daran denkt, die vertragsgemäß zugesicherten Begünstigungen irn Grenzverkehr und im Veredlungsverkehr aufzuheben, und daß die bezügliche Klage, die irn Bericht erwähnt ist, auf einem Mißverständniß beruht.

VI. Geschäftskreis des Handels- und Landwirthschaftsdepartements.

Gewerbliche Enquête.

Unausgesetzt werden auf dem Gebiete der Volkswirtschaft die verschiedensten Erhebungen angeregt und angeordnet. Es müssen dabei die amtlichen Organe sowohl des Bundes wie der Kantone mehrfach in Anspruch genommen werden. Zuverläßige Vorarbeiten sind vor Allem zu machen über planmäßiges, zielbewußtes und den Verhältnissen entsprechendes Vorgehen. Die amtliche und einheitliche Leitung des Departements ist daher für die Arbeiten dieser Natur unerläßlich^

Handelsregister und Handelsamtsblatt.

Was für den Agrar- und Immobiliarkredit die öffentlichen Grundbücher, das sollen die Handelsregister sein für den Mobiliarkredit. F ü r d i e S i c h e r h e i t d e r R e c h t s v e r h ä l t n i s s e i n den beiden v o l k s w i r t s c h a f t l i c h e n Gebieten ist die O e f f e n t l i c h k e i t das o b e r s t e Requisit. Die g e s a m m t e n aufdieEinrichtungundFührungderHandelsregister bezüglichen Erlasse müssen d a h e r in erster Linie von dem Prinzi-p der g r ö ß t m ö g l i c h s t e n O e f f e n t l i e h k e i t b es ti m m t s e i n .

Bundesblatt. 35. Jahrg. Bd. 111.

10

138 Schon von diesem Gesichtspunkte aus ist es daher nöthig, von Zeit zu Zeit zweckmäßig angelegte Répertorier! zu dem Handelsamtsblatte anfertigen zu lassen.

Bei der Unsicherheit in den Begriffen, welche noch vielfach bei Behörden und Publikum über dieses Institut herrscht, möge das Departement, nach wie vor, sein Möglichstes thun, um allseitige Aufklärung zu verbreiten.

Eonsnlatsberichte.

Seit die Protektion in Centraleuropa und in Nordamerika neuerdings die Handelspolitik beherrscht, ist unser Export auf die entlegensten Länder und Zonen angewiesen. Es ist deshalb zu bedauern, daß beinahe nur von der Hälfte unserer Konsulate Berichte eingelangt sind.

Kontrolirung von Gold- und Silberwaaren.

In betheiligten Kreisen geht nur eine Stimme über den "ausgezeichnete» Erfolg des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1880.

Die schweizerische Uhrenindustrie hat an Konkurrenzfähigkeit gewonnen, und es ist der Betrug beinahe unmöglich geworden.

Handelsverträge.

Sehr verdankenswerth ist in dem diesjährigen Geschäftsberichte das Verzeiehniß der mit dein Auslande abgeschlossenen, noch in Kraft bestehenden Handelsverträge. Wir ersehen, daß unsere internationalen Handelsbeziehungen allseitig geregelt sind, und daß in dieser Beziehung unsere Lage, wenn nicht überall eine günstige, doch immerhin eine klar definirte ist.

Eine sorgfältige Beschaffung des Materials, welches bei der in Aussicht gestellten Abänderung des Handelsvertrages mit dem Deutschen Reiche nothwendig sein dürfte, wird sehr anempfohlen.

Schweiz. Landesausstellung in Zürich.

Diese vaterländische Unternehmung, die größte Ausstellung, welche bislang in der Schweiz organisirt worden, wurde unter sehr günstigen Auspizien eröffnet, und es scheint ihr Erfolg gesichert.

Sehr zweckmäßig war die Anordnung, dem Ausstellungskatalog

139 jeder Gruppe eine Einleitung technischen, historischen und statistischen Inhaltes vorangehen zu lassen.

"6^-

Bundesgesetz über die Arbeit in den Fabriken.

Die Opposition gegen dieses Gesetz hat sich bedeutend gelegt, ist fast nur mehr gegen den Normalarbeitstag gerichtet und geht von der Textilindustrie aus. Wenn aber von dieser Seile behauptet wird, daß zufolge des Normalarbeitstages die Konkurrenzfähigkeit der Branche gelitten, so hat man noch immer nicht nachzuweisen vermocht, daß die Anzahl der Fabriken in der Schweiz und die Arbeitslöhne herabgesetzt worden. Die ethischen, wirthschaftlichen und gesundheitspolizeilichen Motive, welche seiner Zeit zu Gunst.es des Normalarbeitstages angerufen worden, haben noch stetsfort ihre Bedeutung.

Immerhin scheint, da wo Zeit und Umstände es erheischen, eine einsichtsvolle und mildere Handhabung des Gesetzes geboten, und es soll die Polizeigewalt nirgends unnöthiger Weise sich aufdrängen.

Laut Art. 34 der Bundesverfassung ist der Bund einfach ,,befugt" und ,,berechtigt11, in der Materie gesetzgeberisch vorzugehen. Es handelt sich also nicht um ein absolutes Imperativgesetz, das der Staat so ganz unbekümmert um den Willen der Betheiligten zu vollziehen hat. Die christliche und humane Behandlung, welche man dem Fabrikarbeiter schuldet, verhindert es nicht, unabwendbaren Bedürfnissen des Verkehrs gebührende Rechnung zu tragen.

e

Das Augenmerk des Bundes wolle insonderheit darauf gerichtet sein, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln die Kinderarbeit zu verhindern, da wo sie unter arglistiger Umgehung des Gesetzes noch gepflogen werden sollte.

Phosphornekrose.

Leider zeigen sich wieder, wie der Bericht hervorhebt, Fälle der P h o s p h o r n e k r o s e in den schweizerischen Zündhölzchenfabriken. Wir sind mit dem Bundesrath einverstanden, daß Alles gethan werden muß, um dem Auftreten dieser schrecklichen Krankheit entgegenzutreten, und begrüßen .daher jede Maßregel, welche ergriffen wird, um dem Uebel vorzubeugen und mit der im Fabrikgesetz vorgesehenen Haftpflicht des betreffenden Fabrikanten ganzen Ernst zu machen.

140

Landwirthschaft.

Rindviehzucht.

Zu ermuthigen sind die Bemühungen um die Hebung der kleinen Gebirgsviehschläge irn Oberhasle, Graubünden, Uri und Wallis. Auf den Hochgebirgen und den steilen Hängen dieser Gegenden ist beinahe nur der kleine Schlag akklimationsfähig, welcher die entlegensten und oft sehr gefährlich belegeneu Triften abzuweiden vermag. Schon wegen des Mangels an Pphosphaten hätten die größeren Viehschläge Mühe, in den Hochalpeu die entsprechende Nahrung zu finden. Auch die große Parzellirung des Grund und Bodens und die bescheidenen Vermögensverhältnisse im Hochgebirge führen nothwendig zur Pflege und Benutzung der wohlfeilem und doch produktionsfähigen kleinen Viehschläge. Diese sind auch ein beliebter Handelsartikel für den Export nach den gebirgigen Gegenden Mittelitaliens.

Landwirthschaftliche Vereine.

Sehr nachahmenswert!] auch für andere von der Eidgenossenschaft permanent subventionirte Kreise sind die alljährlich erscheinenden eingehenden und sorgfältig geordneten Berichte über die Thätigkeit der Milchversuchsstation in Lausanne.

Die Errichtung des von dem schweizerischen landwirtschaftlichen Vereine projektirten ständigen Bureau ist sehr zu begrüßen.

Die Aktionsfähigkeit des Vereines wird dadurch bedeutend gewinnen.

Die zufolge der Motion P l a n t a angeordnete landwirtschaftliche Enquête hat zwei treffliche Berichte zu Tage gefördert, der eine von Dr. A. K r ä m e r , Professor der landwirtschaftlichen Abtheilung des eidgenössischen Polytechnikums, der andere, Namens der Fédération des sociétés d'agriculture de la Suisse romande, von C. B o r e i in Lausanne. An der Hand dieser und noch anderer Elemente ist es nun an der Zeit, einen Plan auszuarbeiten, nach dem in nächster Zukunft verfahren werden soll, um Viehzucht und Landwirthschaft in der Schweiz auf eine ersprießliche Weise von Bundeswegen zu unterstützen. Neuere Vorgänge in den eidgenössischen Käthen haben bewiesen, daß das bisherige Vorgehen nicht mehr ausreicht, und daß es eine Anomalie ist, wenn Mittel zur Hebung der Landwirthschaft vorhanden sind, aber deren Verwendung nicht möglich ist wegen Mangels einer entsprechenden Wegeleitung.

Rascheres Vorgehen wird gewünscht in Bezug auf das pomologische Bilderwerk.

141

Viehseuchenpolizei.

internationale Beziehungen.

Für den internationalen Handelsverkehr sind klare Regulative über Bin- und Ausfuhr unerläßlich. Mit Bezug auf den Verkehr mit Vieh an der schweizerisch-italienischen Grenze ist etwas mehr Stätigkeit in den die thierärztliche Untersuchung betreffenden Reglementen erwünscht.

Phylloxéra.

Mit Recht wird betont, daß die rasche Entdeckung der Reblaus von unberechenbarem Nutzen sei im Kampfe gegen dieses verheerende Insekt. Deßhalb wird auch von berufener Seite verlangt, daß das Sehwergewicht aller diesfalls zu ergreifenden Maßnahmen mehr, als es bisher geschehen, in die Lokalkommissionen verlegt werde, welche vorzüglich in der Lage sind, dem Uebel in seinen ersten Anfängen beizukommen.

Forstwesen.

Alle Anerkennung verdient die Thätigkeit, welche in diesem Zweige der Verwaltung entwickelt worden ist. Die bisherigen Ergebnisse können als durchaus befriedigend angesehen werden. Freilich bleiben noch viele Schwierigkeiten aus dem Wege zu räumen ; allein es kann das eben nicht anders sein bei so verschiedenartig gestalteten Verhältnissen und der althergebrachten Autonomie unserer Gemeinden im Forstwesen. Einsichtsvolles, praktisches, mit den Verhältnissen rechnendes Vorgehen wird nach wie vor auch hier zum Ziele führen.

Jagd und Fischerei.

Die sorgfältige Ueberwachung der einschlägigen Bundesgesetze wird abermals anempfohlen.

Tersi cherungswesen.

Die Vollziehung des Art. 34 der Bundesverfassung ( V e r sicherungswesen) läßt immer noch auf sich warten. Hoffentlich gelingt es dem Bundesrath, endlich eine Kommission für Vorberathung dieser wichtigen Angelegenheit zu bestellen, welche versttmmlungsfähig ist und die Arbeit mit Ernst an die Hand nimmt.

142 Auswanderungswesen.

Im Bericht über das A u s w a n d e r u n g s w e s e n wird mit Recht auf eine Lücke im bezüglichen Bundesgesetz aufmerksam gemacht, indem übersehen wurde, von Auswanderungsagenten und namentlich von deren Unteragenten zu verlangen, daß sie weder Inhaber noch Pächter einer Wirthschaft sein dürfen. Es gibt gegenwärtig Kantone, in welchen fast sämmtliche Unteragenten Wirthe sind. Wer weiß, welche Mittel solche Agenten, die augenblicklich das Loos der Auswanderer in Händen haben und deren Verhältnisse aus begreiflichen Gründen genau kennen, oft anwenden, um aus der Situation den größtmöglichen Nutzen für sich zu ziehen, wird nicht anstehen, zu verlangen, daß hier sofort eingeschritten werde. Und da die Auswanderungsagenturen unter ganz besonderer Aufsicht des Bundes -stehen, der letztere zudem nach Sage des Gesetzes das Recht hat, sofort einzuschreiten, wenn sich Unordnungen ergeben, empfiehlt sich als das einfachste Mittel, das Gesetz dahin zu ergänzen, daß die betreffenden Agenten und Unteragenten keine Wirthe sein dürfen. Wir bringen deßhalb ein Postulat, das den Bundesrath zu einer bezüglichen Vorlage einladet.

,,De r B u n d e s r a t h w i r d e i n g e l a d e n , A r t i k e l s ,,des B u n d e s g e s e t z e s b e t r e f f e n d de u G e s c h ä f t s ,,betrieb von A u s w a n d e r u n g s a g e n t u r e n dahin ,,zu v e r v o l l s t ä n d i g e n , daß A u s w a n d e r u n g s a g e n,,ten u n d d e r e n U n t e r a g e n t e n n i c h t I n h a b e r oder ,, P ä c h t e r v o n W i r t h S c h ä f t e n sein d ü r f e n . "

VII. Geschäftskreis des Post- und Eisenbahndepartements.

1. Post- und Telegraphenverwaltung.

Die Geschäfte dieser beiden Verwaltungen haben im Jahr 1882 ihren regelmäßigen und normalen Gang gehabt. Wir kommen nicht auf in frühern Berichten behandelte Fragen, die ihre befriedigende Lösung gefunden haben, wie diejenigen betreffend die Postkurse und Postführungsverträge, die Frage der Einführung von Taxmarken, die Besoldungserhöhungen, zurück. Wir enthalten uns auch, auf administrative Details dieser beiden Sektionen des Departements und auf die statistisch nachgewiesenen Resultate, die im Geschäftsberichte Erwähnung gefunden haben, näher einzutreten.

Es würde dies einerseits nur zu einer Wiederholung des im ge-

143

nannten Berichte Gesagten führen, während anderseits eine genaue Zergliederung eine viel umfangreichere und einläßlichere Arbeit bedingt hätte, als diejenige ist, mit welcher wir uns befassen konnten. Wir berühren auch keine der Fragen, welche die Revision des Posttaxengesetzes betreffen. Dieser Gegenstand wird vom Bundesrath einer neuen Prüfung unterworfen und es erscheint.daher angezeigt, das Ergebniß dieser letztern abzuwarten.

Zwei Punkte sind es besonders, welche uns der Aufmerksamkeit der Bundesversammlung in hohem Grade werth erscheinen.

In erster Linie ist es die Initiative, welche von einer Anzahl höherer Postbeamter zum Zwecke der Gründung eines Vereins für gegenseitige Bürgschaft der Postangestellten ergriffen wurde. Die Frage der Bürgschaftsstellung war für Verwaltung und Personal die Quelle fortwährender Unannehmlichkeiten; Schwierigkeiten einerseits, Bürgen zu finden, anderseits, die Erfüllung der von den letztern eingegangenen Verbindlichkeiten zu sichern. Wir haben die Statuten dieser in der Bildung begriffenen Institution eingesehen; dieselben scheinen uns wohl erwogen und ganz dazu angethan, das Gelingen des Ganzen zu sichern.

Die gegenseitige Bürgschaft bringt es mit sich, daß jeder einzelne Beamte und Angestellte ein vermehrtes Interesse an der richtigen Diensterfüllung im Allgemeinen gewinnt und dadurch eine gegenseitige Kontrole geschaffen wird.

Die Geschäftsprüfungskommisssion gibt hiemit der Befriedigung, welche ihr diese glückliche Idee gewährt, Ausdruck, und verdankt dieselbe Denjenigen, welche sie gefordert haben.

Im Jahre 1860 hat der Bund mit dem Unternehmer, Herrn B. Simon, einen Vertrag abgeschlossen, auf Grund dessen Herr Simon sich verpflichtete, in St. Gallen in der Nähe des Bahnhofes für die Kreispostdirektion und für den lokalen Postdienst ein Gebäude zu erstellen, in welchem überdies die Telegraphenverwaltung untergebracht werden sollte.

Die Pläne, nach denen gebaut werden sollte, wui'den der Genehmigung der Bundesbehörden unterstellt und es haben Letztere das Gebäude besichtigt und offiziell übernommen.

Im zweiten Stock wurden Wohnungen für den Kreispostdirektor und den Telegrapheninspektor eingerichtet, die Bureaux der Kreispostdirektion wurden im ersten Stock untergebracht, währenddem die Lokale für den eigentlichen Betriebsdienst zu ebener Erde sieh befinden.

144

Der Miethzins betrug Fr. 12,000 für die Post und Fr. 2000 für die Telegraphenverwaltung, zusammen Fr. 14,000, und wurde später auf Fr. 19,000 erhöht. Der Vertrag wurde auf 25 Jahre abgeschlossen.

Der Verwaltung ist das Recht gewahrt, nach Ablauf der ersten 15 Jahre jederzeit auf 6 Monate .zu künden.

Es stund nicht lange an, bis man einsah, duß der Bau unter ungünstigen Verhältnissen, auf Sumpfboden erstellt worden war.

Der nunmehr verstorbene Architekt, Herr Breitinger, nahm im Jahre 1871 in amtlichem Auftrag eine Expertise des B.aues vor und konstatirte zahlreiche Mängel, denen nur zum kleinsten Theil abgeholfen werden konnte, zu denen sich aber seither neue und ernstere gesellten. Schritte, welche im Jahre 1874 bei der Stadt St. Gallen versucht wurden, um dieselbe zu veranlassen, ein neues Postgebäude zu erstellen, blieben fruchtlos. Später wurde die Kreispostdirektion beauftragt, von Herrn Simon zu verlangen, daß er die für Konsolidirung des Gebäudes nothwendig befundenen großen Reparaturen auf eigene Gefahr ausführe. Diese Aufforderung blieb ohne Erfolg. Endlich, im Jahre 1882, wurde Herrn Landammann Zollikofer, Direktor der öffentlichen Arbeiten in St. Gallen, Auftrag ertheilt, die oberwähnten Schritte zu erneuern und eventuell wegen Ankauf des für einen Neubau erforderlichen Terrains zu unterhandeln.

Von einem Grundeigentümer in der Nähe des Bahnhofes, mit welchem man in Sachen verkehrt hatte, wurde eine verhältnißmäßig so hohe Forderung gestellt, daß man darauf verzichten mußte,, mit ihm zu unterhandeln.

Ein Kommissionsmitglied hat Gelegenheit gehabt, sich vom Zustand des Postgebäudes in St. Gallen zu überzeugen. Alle Decken, alle Thüreinfassungen vom Erdgeschoß bis in den zweiten Stock haben Risse; jeden Augenblick lösen sich von den Mauern Stücke Mörtel los; an den Umfassungsmauern bemerkt man bedeutende Spalten ; ganze Deckenstücke sind eingestürzt und es ist dadurch das Leben der Hausbewohner gefährdet; die Senkung des Hauptgewölbes in 'den Kellern beträgt 10 cm.

Unter diesen Umständen halten wir Abhülfe für dringend. Wir können den Bundesrath in den Schritten, die er zum Zwecke einer definitiven Regelung der Angelegenheit gethan und die nach unserer Ansicht sofort erneuert werden sollten, nur unterstützen. Entweder hat der Hauseigenthümer die förmliche Verpflichtung zu übernehmen, innert einer bestimmten Frist die nothwendig befundenen Reparaturen und Verbesserungen auf seine Kosten auszuführen, oder der

145 Bund hat sich für eine der Alternativen 7u erklären : Entweder ein Gebäude anzukaufen, das sich zum Umbau für die Postlokale eignen würde, oder aber selbst zu bauen.

Angenommen, die Lage des zukünftigen Postgebäudes würde mehr gegen das Centrum der Stadt gerückt, so könnte in der Nähe des Bahnhofes ein kleineres Lokal für den Transitdienst, wie dies auch anderwärts besteht, eingerichtet werden. Nach den gemachten Erfahrungen halten wir dafür, daß ohne wesentliche Miethzinserhöhung Lokale beschafft werden könnten, die den dienstlichen Anforderungen besser entsprechen.

In Bezug auf die Telegraphenverwaltung haben wir keine besondern Bemerkungen zu machen.

2. Eisenbahjtiatoth.eilung'.

Die Schritte, welche das Eisenbahndepartement bei den verschiedenen Buhnverwaltungen zum Zwecke der vermehrten Sicherheit der Reisenden gethan hat, sind sehr anerkennenswerth. Das Departement gibt in seinem Berichte die Beslimmungen an, welche es, um auf diesem Gebiete die im allgemeinen Interesse so sehr wünschbare Einheit herbeizuführen, aufgestellt hat. Besonders glaubt es auch die Stellung hervorheben zu. sollen, die es gegenüber der Gesellschaft der westschweizerischen und Simplon-Bahn eingenommen hat, um deren Widerstand gegen die Einführung des Reformtarifs auf ihren Linien zu brechen.

Wir denken nicht, daß nach dem gegenwärtigen Stande der eidgenössischen Gesetzgebung der Bundesrath, aus eigener Machtvollkommenheit und auf Gesetzesbestimmungen gestützt, eine Gesellschaft anhalten könne, Tarife, die sie den Bestimmungen der Konzessionsakte gemäß zur Anwendung bringt, durch andere zu ersetzen, welche mit der Konzession nicht in Uebereinstimmung sich befinden und deren Maximai-Taxansätze die im Konzessionsakt vorgesehenen übersteigen.

Die in der letzten Sitzung der eidg. Räthe gefaßten Beschlüsse betreffend die Vereinheitlichung des Betriebs und den Rückkauf der Eisenbahnen waren hauptsächlich negativer Art und ließen diese Fragen ungelöst.

Die Gründe, welche uns veranlaßen, die Wiederaufnahme dieser Fragen zu verlangen, sind genügend bekannt, und wir kommen nicht auf dieselben zurück.

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Aus dem Bericht über das Eisenbahnwesen geht hervor, daß die Sorge um das Wohl der E i s e n b a h n a n g e s t e l l t e n und - A r b e i t e r sich stets mehrt. Zugleich aber vernimmt man, daß die Anstrengungen der Behörde noch vielfach auf unfruchtbaren Boden fallen und daß die Eisenbahngesellschaften gar zu oft aus der Noth «ine Tugend machen. Wir unterstützen alle Maßregeln und Schritte, welche von Seiten des Bundesrathes gethan werden, um den Angestellten und Arbeitern ihren wohlverdienten Ruhetag zu verschaffen und die unnatürliche Ueberlastung mit Arbeitsstunden zu beseitigen, und sehen daher gerne weitern Schritten in dieser Angelegenheit entgegen.

Postulate : 1. Der B u n d e s r a t h w i r d e i n g e l a d e n , alle n ö t h i g e n V o r k e h r u n g e n z u t r e f f e n , u m d e r P o s t v e r w a l t u n g i n d e r S t a d t St. G a l l e n bauliche Einrichtungen zu verschaffen, w e l c h e den d i e n s t l i c h e n B e d ü r f n i s s e nentsprechen und für das Personal die nöthige S i c h e r h e i t b i e t en .

2. der B u n d e s r a t h wird eingeladen, mit den Bahngesellschaften, namentlich mit d e n f ü n f g r o ß e n , z u u n t e r h a n d e l n über die Grundlagen: a. Der C e n t r a l i s a t i o n des B e t r i e b s ; b. des R ü c k k a u f s der Linien d u r c h die Eidgenossenschaft, u n d d e n Räthen ü b e r dasErgebnißß s e i n e r S c h r i t t e B e r i c h t zu e r s t a t t en.

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B. Geschäftsführung des Bundesgerichts.

Auf Einladung des Bundesrathes zur Ansichtsäußerung über die mit dem Inkrafttreten des eidgenössischen Obligationenrechtes nothwendig werdenden Modifikationen des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesreehlspflege vom 27. Juni 1874, speziell der Artikel l, 8, 11 und 20 dieses Gesetzes, hat das Bundesgericht mit Schreiben vom 15. Mai vorigen Jahres sieh bereit erklärt, dieser Frage seine volle Aufmerksamkeit zu widmen und auf erneuerte Anregung von Seite des Bundesrathes die gewünschte Vorprüfung und Begutachtung an Hand zu nehmen, oder solches auch von sich aus zu thun, sobald es sich von der Wünschbarkeit einer solchen Gesetzesänderung überzeugt haben werde.

Wir nehmen von dieser Zusicherung mit Befriedigung Akt, in der Voraussetzung, daß durch die allerdings ganz wünschbare Einholung statistischer Angaben über die Anzahl der bei den kantonalen Obergerichteu zur Verhandlung gelangenden Prozesse von einem unter die Bestimmung des Art. 29. des Organisationsgesetzes fallenden Werthbetrag die Anhandnahme der zweifellos in Bälde als ein Bedürfniß sich herausstellenden Arbeit nicht werde verzögert werden.

Dem Berichte des Bundesgerichtes vom 22. September verflossenen Jahres über das demselben durch den Bundesrath überübermittelte Postulat, ob nicht periodische Zusammenstellungen 1) der in Kraft bestehenden Verträge mit ausländischen Staaten und der unter den Kantonen bestehenden Konkordate, 2) der von der Bundesversammlung und dem Bundesrathe seit der Gültigkeit der neuen Bundesverfassung in Auslegung derselben erlassenen Beschlüsse, soweit dieselben gedruckt sind, nach Materien geordnet und unter kurzer Angabe des Inhaltes dieser Erlasse, 3) von Generalregistern der Entscheidungen des Bundesgerichtes, ebenfalls nach Materien geordnet und unter summarischer Angabe des Gegenstandes der Entscheidungen

148

zu veranstalten und zu veröffentlichen seien -- vide Postulatensammlung Nr. 285 -- entnehmen wir rnit Vergnügen, daß das Bundesgericht diese Anregung aller Beachtung werth findet und mit Bezug auf Punkt 3 erklärt, schon vorher mit diesem Gegenstände sich beschäftigt zu haben und über die Art und Weise der Einrichtung solcher Generalregister auf Grundlage einer eingehenden und gründlichen Prüfung dem Bundesrathe Vorschläge unterbreiten zu wollen.

Wir empfehlen dem Bundesrathe die thunlichste Förderung der sach bezüglichen Publikationen im Interesse des rechtsuchenden Publikums sowohl, als auch einer raschen und genauen Orientirung der gerichtlichen und administrativen Behörden, sowie der Juristen.

Die auf den ersten Blick etwas lang scheinende Durchschnittsdauer der im Berichtsjahre vom Bundesgerichte entschiedenen civilrechtlichen Streitigkeiten erklärt sich durch die vom Bundesgerichte der bezüglichen Zusammenstellung beigegebenen Bemerkungen j immerhin wird es bei einer gelegentlichen Revision der eidgenössischen Civilprozeßordnung nicht unangemessen sein, zur Erzielung eines promptem Geschäftsganges die restitutio ab integro und die Reform etwas mehr als bisher zu erschweren.

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Zusammenstellung der .A-nträg-e der Kommission.

A. Geschäftsführung des Bundesrathes.

Politisches Departement.

1. Der Bundesrath ist eingeladen, die nöthigen Schritte zu thun, daß den in der Türkei niedergelassenen Schweizerbürgern gestattet werde, daselbst Grundeigenthum zu erwerben.

Departement des Innern.

2. Der Bundesrath soll untersuchen, ob das Bundesblatt nicht praktischer eingerichtet werden könnte.

3. Der Bundesrath wird eingeladen, einen Gesetzeseutwurf vorzulegen, daß in denjenigen Kantonen, welche für die Ausübung des juristischen Berufes einen Ausweis der Befähigung verlangen, ein einheitlicher eidgenössischer Ausweis genügt.

4. Der Bundesrath wird eingeladen, zu prüfen, ob den Käthen ein Vorsehlag für Verfassungsinterpretation des Art. 31 zu hinterbringen sei, dahin gehend, daß der Betrieb von Wirtschaften und der Kleinverkauf von Branntwein über die Gasse nicht unter die in Art. 31 erwähnten Gewerbe zu subsumiren sei.

5. Das statistische Bureau soll für das statistische Material der Rechenschaftsberichte der Kantone Formularien entwerfen, welche, ohne jedoch verbindlich zu sein, den Kantonen zur Benutzung mitgetheilt werden.

150

Justiz- und Polizeidepartement.

6. Der Bundesrath wird eingeladen, die Frage näher zu prüfen, ob die Organisation des Justiz- und Polizeidepavtements, namentlich im Sinne einer genaueren Umschreibung der Stellung und der Geschäftskreise der höhern Angestellten, nicht einer Revision zu unterstellen sei, und mit thunlichster Beförderung eine sachbezügliche Vorlage den eidgenössischen Käthen zu unterbreiten.

Militärdepartement.

7. Der Bundesrath wird eingeladen, für eine einheitliche Instruktion der Experten, Examinatoren und Gehülfen bei den Rekrutenprüfungen besorgt zu sein.

8. Der Bundesrath wird eingeladen, die Frage zu prüfen, ob nicht die militärischen Lehrkräfte am Polytechnikum in ergiebigerer Weise, als es bis anhin geschehen, zum Unterricht an den Centvalschulen III und IV herbeigezogen werden könnten.

9. Der Bundesrath wird eingeladen, die Frage zu untersuchen und Bericht zu erstatten, ob der Pferdebestand der Regieanstalt erhöht werden könne.

Finanzdepartement.

10. Der Bundesrath wird eingeladen, beförderlich ein Reglement aufzustellen für einheitliche Durchführung der Militärpflichtersatzsteuer.

11. Der Bundesrath wird mit Rücksicht auf die Motion Morel (Postulat Nr. 236) eingeladen, den bezüglichen Bericht beförderlich vorzulegen und dabei zugleich die Frage zu untersuchen, ob nicht die Einlagen in die Postsparkassen für den ßodenkredit nutzbar gemacht werden könnten.

Handels- und Landwirthschaftsdeparfement.

12. Der Bundesrath wird eingeladen, Artikel 5 des Bundesgesetzes betreffend den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen dahin zu vervollständigen, daß Auswanderungsagenten und deren Unteragenten nicht Inhaber oder Pächter von Wirtschaften sein dürfen.

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Post- und Eisenbahndepartement.

13. Der Bundesrath wird eingeladen , alle nöthigen Vorkehrungen zu treffen, um der Postverwaltung in der Stadt St. Gallen bauliche Einrichtungen zu verschaffen, welche den dienstlichen Bedürfnissen entsprechen und für das Personal die nöthige Sicherheit bieten.

14. Der Bundesrath wird eingeladen, mit den Bahngesellschaften , namentlich mit den fünf großen , zu unterhandeln über die Grundlagen : a. der Centralisation des Betriebs; b. des Rückkaufs der Linien durch die Eidgenossenschaft, und den Käthen über das Ergebniß seiner Schritte Bericht zu er statten.

B. Im Allgemeinen.

15. Im Uebrigen wird der Geschäftsführung des Bundesrathes und des Bundesgerichtes im Jahr 1882 die Genehmigung ertheilt.

B e r n , den 9. Juni 1883.

Die M i t g l i e d e r der K o m m i s s i o n : Blumen.

Cornaz.

Göttisheim.

Vigier.

Clausen.

Schmid.

, Kellersberger.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Kommission des Ständerathes über die Geschäftsführung des Bundesrathes und des Bundesgerichtes im Jahr 1882 (Vom 9. Juni 1883.)

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1883

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3

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33

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

23.06.1883

Date Data Seite

105-151

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10 011 948

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