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Bericht der

Kommission des Ständerathes zu dem Gesetzesentwurf betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst.

(Vom 16. Februar 1883.)

Tit.

Es ist unverkennbar, daß der genannte Gesetzesentwurf große Verwandtschaft hat mit der im Sommer 1882 der Volksabstimmung unterbreiteten Bestrebung, durch Revision des Art. 64 der Bundesverfassung ein Gesetz betreffend den Schutz für Erfindungen zu ermöglichen. Beide Gesetze beruhen auf demselben Grundgedanken, daß das sogenannte geistige Eigenthum vor Ausbeutung zu schützen sei. Bekanntlich ist es eine bestrittene Frage, ob der Begriff des geistigen Eigenthums überhaupt Berechtigung habe; es ist dieselbe in den Räthen bei Anlaß der Berathung des Erfindungsschutzes bereits zur Erörterung gelangt und dürfte deßhalb eine neue Behandlung dieser mehr akademischen Frage kaum erwünscht sein.

Dieselbe wird auch nicht durch theoretische Erörterungen, sondern durch das praktische Bedürfniß ihre Lösung finden. Der Begriff des geistigen Eigenthums, welcher allerdings nicht in der körperlichen Verfügungsgewalt über ein konkretes Objekt, sondern in der alleinigen Berechtigung zur vermögensreehtlichen Ausnutzung eines Objektes nach einer bestimmten Richtung besteht, wird vorhanden sein, wenn demselben durch gesetzliche Erlasse greifbare Gestalt gegeben wird, sowie überhaupt der Begriff des Eigenthums nur dadurch praktische Bedeutung gewinnt, daß Gesetz und Recht dem-

327 «elben Geltung verschaffen. Für den Gesetzgeber wird allerdings die innere Berechtigung der Grundlage des Geset/.es bei Prüfung desselben wesentlich in Würdigung falJen. Hiebei spielt jedoch nach der Natur der Frage unseres Erachtens das subjektive Ermessen die Hauptrolle. Je nachdem man sich mehr auf den Standpunkt des Volkes in seiner Allgemeinheit stellt und dessen Gesammtinteressen gegenüber den Einxelinteressen hochhält, oder das subjektive Recht des Einzelnen, das Produkt seiner Arbeit voll und ganz auszunutzen, in den Vordergrund stellt, wird man prinzipieller Freund oder prinzipieller Gegner dieses Rechtsbegriffes sein.

In der Kommission waren beide Anschauungen vertreten und zwar ungefähr in gleichem Verhältniß ; trotzdem sprachen sich alle Mitglieder für Eintreten auf die Gesetzesvorlage a,us, indem man allseitig anerkennen mußte, daß die bestehenden Verhältnisse ein .solches Gesetz nothwendig machen.

Es darf nicht übersehen werden, daß diese Gesetzgebungsfrage durch die bestehende Bundesverfassung zum Mindesten präjudizirt wird. In Art. 64 derselben wird nämlich dem Bunde das Gesetzgebungsrecht über das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst expressis verbis zuerkannt, welcher Umstand wohl zu dem Schlüsse zwingt, daß der genannten Verfassungsbestimmung die Meinung zu Grunde lag, es solle der Bund von diesem ihm gegebenen Rechte Gebrauch machen. Sodann ist die Gesetzgebung durch mehrere mit den Nachbarstaaten abgeschlossene Verträge zu einem eigentlichen Bedürfniß geworden, indem die Schweiz durch diese Verträge gezwungen wird, den Ausländern im eigenen Lande ·mehr Rechte zuzugestehen als den Inländern, und diese letzteren wiederum im Auslande größere Rechte genießen als in der Heimat.

Angesichts dieser Situation müssen nach Ansicht der Kommission die Bedenken, welche gegen ein solches Gesetz sehr wohl geltend gemacht werden können, zurücktreten. Zu Gunsten dieses Gesetzes gegenüber einem solchen für Erfindungsschutz darf angeführt werden, daß die Literatur und Kunst deßhalb mehr Anrecht auf Schutz besitzt, weil hier im Großen und Ganzen mehr eigene Arbeit zu Tage tritt, an den Schöpfungen derselben der Zufall viel weniger eine Rolle spielt und weit seltener der Voiiheil demjenigen zu Gute kommt, der ihn nicht eigentlich verdient, sondern die Arbeit Anderer sich dienstbar
zu machen verstanden hat, als es beim Erfindungsschutz der Fall wäre. Ueberdies ist die Unterscheidung zwischen eigener Produktion und bloßer Nachahmung viel leichter und deßhalb die Durchführung des Schutzes mit viel weniger Schwierigkeiten verbunden. Die Interessen des Publikums werden auch nicht in gleich hohem Grade berührt, weil eioe Ver-

328 theuerung dei* Werke der Literatur und Kunst nicht die nothwendigsten Existenzmittel des Volkes trifft und dessen Interessen nach Art. 8 des Gesetzes gewahrt sind, soweit die für die allgemeine Erziehung und Volksbildung erforderlichen Erzeugnisse der Literatur und Kunst in Betracht kommen. Wenn Herr Prof. Hilty in seinem Gutachten den Umstand gegen das Gesetz anführt, daß.

unsere Zeit an geistiger Produktionskraft nicht reich sei und d'eßhalb das allgemeine Interesse erfordere, daß das Vorhandene möglichst allgemein zugänglich gemacht und dessen Vervollkommnung kein Hinderniß in den Weg gelegt werde, so darf doch dagegen* geltend gemacht werden, daß auch durch schützende Gesetzesbestimmungen Anregung zu geistiger Produktion gegeben werden kann.

Was die einzelnen Grundsätze des Gesetzes betrifft, so wird, da bereits zwei gedruckte Berichte über diese Materie vorliegen, auf die Ausführungen in denselben, insbesondere in demjenigen desBundesrathes, verwiesen. Der Zweck dieses Berichtes besteht im Wesentlichen darin, diejenigen Abänderungsanträge zu begründen, welche wir gegenüber dem Ergebniß der Berathung des Nationalrathes vorschlagen. Diese Vorschläge bezwecken theils eine veränderte Anordnung in den Gesetzesbestimmungen, theils nothwendig^ erschienene redaktionelle Aenderungen in einzelnen Artikeln, theila Modifikationen in den Gesetzesbestimmungen selbst.

Mit diesen wenigen allgemeinen Bemerkungen beantragen wir Eintreten in die Gesetzesberathung und gehen über'zur Begründung unserer Vorschläge.

Bei Art. l, Lemma l, wünschen wir Streichung des Zwischensatzes: ,,unter Vorbehalt der in Art. 8 enthaltenen Ausnahmen11, weil derselbe überflüssig und sodann unvollständig ist. Es versteht sich wohl von selbst, daß die gesetzlichen Ausnahmen berücksichtigt werden müssen, solche Ausnahmen sind aber nicht nur in Art. 8, sondern z. B. auch in den Art. 5 und 6 enthalten.

In Lemma 2 beantragen wir Streichung der Parenthese ,,(Erben oder Cessionären)."1 Es ist eine bestrittene Frage, ob das Urheberrecht zu den Vermögensobjekten des Inhabers gehört in dem Sinne und mit der Wirkung, dali dasselbe für dessen Schulden mithaftetEs ist nicht zu leugnen, daß in dem Urheberrecht ein Vermögenswerth steckt, welcher unter Umständen eine reichliche Einnahme sichert. Ohne Zweifel ist dasselbe häufig Quelle des
Kreditesmancher Literat und Künstler dürfte aus diesem Kredit seinen Lebensunterhalt schöpfen, ja es kommt diesem Rechte so sehr der Charakter eines Werthobjektes zu, daß dasselbe Gegenstand von Kauf, Tausch, Cession etc. bilden kann. Alles das deutet darauf

329 hin, daß wir es mit einem gewöhnlichen Vermögensbestandtheil des Inhabers zu thun haben, welcher unter gleichem Rechte sieht, wie dessen Eigenthum im Allgemeinen und deßhalb auch den Gläubigern verpflichtet ist. Die Schwierigkeit, welche dessen Werthung oft bieten mag, kann bei dieser prinzipiellen Frage nicht entscheidend sein. Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder wollte jedoch etwas Unbilliges darin finden, daß die Vortheile, welche durch dieses Gesetz speziell den Literaten und Künstlern zugewendet werden wollen, durch eine Versteigerung des Urheberrechts im Konkurs denselben entzogen werde. Der Berichterstatter kann dieses Bedenken nicht als ein berechtigtes anerkennen, denn es tritt die gleiche Folge ein, wenn der Urheber freiwillig sein Recht an einen Dritten veräußert. Mit Rücksicht darauf, daß diese Frage wesentlich mit dem Betreibungs- und Konkursrecht im Zusammenhang steht, einigten wir uns dahin, daß dieselbe vor der Hand offen gelassen und der Lösung durch das eidgenössische Konkur.sgesetz überlassen werde.

Freilich hat dieses Vorgehen den Nachtheil, daß inzwischen in fraglichem Punkte keine Rechtssicherheit besteht und in den einzelnen Kantonen möglicherweise eine verschiedene Behandlung Platz greift.

Wenn die Kommission somit im Grundsatz mit dem Nationalrath sich in Uebereinstimmung befindet, so kann sich dieselbe mit der Art und Weise nicht einverstanden erklären, auf welche der Nationalrath demselben Ausdruck gegeben hat. Es wurde nämlich vom Nationalrath eine Erklärung zu Protokoll aufgenommen, dahin lautend : ,,Man sei bei der Redaktion des Artikels von der Ansicht ausgegangen, daß durch dieselbe die Frage der Ansprüche der Kreditoren im Konkurse des Berechtigten nicht präjudizirt werden soll.a Abgesehen davon, daß ein solcher Protokolleintrag leicht in Vergessenheit geräth, so besteht zwischen demselben und dem Text des Artikels ein Widerspruch. Dadurch, daß die Rechtsnachfolger durch die Parenthese präzisirt, beziehungsweise auf zwei bestimmte Gruppen eingeschränkt werden, drängt sich die Schlußfolgerung auf, daß andere Rechtsnachfolger ausgeschlossen werden, und es erscheint deßhalb viel richtiger, statt im Protokoll zu sagen, man wolle nicht präjudiziren, eine unpräjudizirliche Redaktion zu wählen, was durch Streichung der Parenthese geschieht. Es ist überhaupt unrichtig,
durch einen Beisatz, welcher den Begriff seibat nicht deckt, die Erklärung zu einem Begriff geben zu wollen.

Mit Bezug auf Lemma 3 liegt eine Eingabe der Gebrüder Benziger in Einsiedeln bei den Akten, in welcher darüber geklagt wird, daß bloß dann, wenn Schriftsteller und Künstler im Dienste anderer Schriftsteller und Künstler arbeiten, die Präsumtion bestehe, daß dieselben zu Gunsten der Arbeitgeber auf ihr Urheberrecht

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verzichten, und nicht auch in den Fällen, wenn solche im Dienste anderer Personen, z. B. Verlegern, stehen. Die Kommission betrachtet jedoch diese Einschränkung der Präsumtion für gerechtfertigt. Wenn der Dienstherr selbst Schriftsteller oder Künstler ist, so ist die Annahme begründet, daß die Angestellten nach seinen Ideen arbeiten ; ist er jedoch bloßer Geschäftsmann, so liegt die Gefahr nahe, daß der eigentliche Urheber im Dienste der Industrie ausgenutzt wird.

Zu Gunsten solcher Unternehmer gibt Lemma 2 immer noch die Möglichkeit, sich durch Vertrag das Urheberrecht zu erwerben, bietet aber dem Autor eine Garantie, daß dies0 nicht ohne seine Einwilligung und ohne Entgelt geschieht.

Art. 2. Die Festsetzung der Dauer des Urheberrechtes ist eine der wichtigsten Bestimmungen des Gesetzes. Wie sich aus der Botschaft des Bundesrathes Seite 10 und 11 ergibt, besteht unter den Gesetzgebungen der verschiedenen Staaten in dieser Hinsicht durchaus keine Uebereinstimmung. Eine Vergleichung derselben zeigt abgesehen von der Dauer der Schutzfristen eine prinzipielle Verschiedenheit in der Art der Berechnung derselben. Während die einen Gesetzgebungen die Fristen in Beziehung bringen zum Todestag des Urhebers, indem sie den Schutz auf Lebenszeit und eine Anzahl Jahre nach dem Tode gewähren, setzen andere Gesetzgebungen eine gleichmäßige, von der Lebensdauer des Urhebers unabhängige Schutzfrist fest. Der letzteren Berechnungsweise kommt der Vortheil größerer Gerechtigkeit zu. Es ist gewiß nicht billig, wenn die Familie des Autors, der bald nach Erscheinen seines Werkes stirbt, die Frucht seiner Arbeit nur 30 Jahre genießt, wenn derselbe aber noch 20 Jahre am Leben bleibt, einen 50jährigen Schutz beanspruchen kann. Die Unbilligkeit springt noch mehr in die Augen, wenn man in Betracht zieht, daß in den Fällen des frühen Todes des Autors das Bedürfnis der Familie ein ungleich größeres sein wird, als in den Fällen, in welchen derselbe noch eine Reihe von Jahren für die Familie zu arbeiten in der Lage ist. Wenn eine Abtheilung der Kommission trotzdem z'üm Vorschlag des Nationalrathes stimmt, so geschieht es wesentlich aus dem Grunde, damit eine größere Uebereinstimmung mit den Gesetzgebungen der uns umgebenden Staaten geschaffen werde. Die andere Abtheilung anerkennt zwar die Berechtigung dieses Bestrebens und
würde entgegen ihrer prinzipiellen Anschauung keine Opposition machen, wenn der beabsichtigte Zweck erreicht würde. Dies ist aber keineswegs der Fall. Diese Uebereinstimmung besteht hiernach nur mit der Gesetzgebung Deutschlands, mit denjenigen von Frankreich, Italien, Belgien etc. stehen wir keineswegs im Einklang. Bei dieser Sachlage glauben wir den Grundsatz der Gerechtigkeit einer doch

331 nicht zu erzielenden Einheit nicht zum Opfer bringen zu sollen und beantragen deßhalb eine einheitliche Schutzfrist von 40 Jahren, vom Datum der Binregistrirung des Werkes an gerechnet. Dadurch wird der Urheber ausreichend geschützt und die Werke werden nach nicht allzu langer Zeit Gretneingut des Volkes. Dieser Antrag ist überdies im Prinzip im Einklang mit ' der Gesetzgebung der Vereinigten Staaten Nordamerikas, mit derjenigen Dänemarks und Italiens, mit der letzteren besteht Uebereinstimmung auch in der Dauer des Schutzes.

Von der Annahme des einen oder andern der obigeo Anträge hängt die Aufrechthaltung oder Streichung des Lemma 2 ab.

Das dritte Lemma bedarf einer veränderten Redaktion, weil einmal der Vollständigkeit halber gesagt werden muß, von welchem Moment die Frist zu laufen beginnt, und weil die grammatikalische Interpretation der letzten Worte zu dem Schlüsse führen würde, daß der Autor nach Ablauf der Frist sein Werk nicht mehr übersetzen dürfe, während nur gesagt werden will, daß er dann kein ausschließliches Recht zur Uebersetzung mehr besitzt. Für das ausschließliche Uebersetzungsrecht finden wir die Schutzfrist von 10 Jahren mit Rücksicht auf die verschiedenen Nationalsprachen der Schweiz zu lang, stellen aber, weil wir zu einer Uebereinstirnmung nicht gelangt sind, die zwei Anträge von drei und fünf Jahren. Der Berichterstatter hat für fünf Jahre gestimmt, weil dem Autor einige Zeit, gelassen werden muß, um sich über die Aufnahme seines Werkes beim Publikum zu überzeugen, und bei größern Werken die Uebersetzung selbst geraume Zeit, beanspruchen kann.

Wir haben uns im Ferneren die Frage vorgelegt, ob für den Fall, als der Autor von seinem Privilegium der Uebersetzung keinen Gebrauch macht, dagegen ein Dritter die Uebersetzung übernimmt, diesem keine Autorrechte einzuräumen seien. Wir sind in Uebereinstimmung mit dem deutschen Gesetz zur Bejahung dieser Frage gelangt, weil eine solche Arbeit unter Umständen eine wesentliche Geistesanstrengung erfordern kann. Dabei sind wir jedoch der Ansicht, daß die Uebersetzung nur als solche vor Nachdruck geschützt, dagegen Niemand gehindert wird, eine andere, selbstständige Uebersetzung des gleichen Werkes zu machen. Was die Schutzfrist für solche Uebersetzungen betrifft, so schien der Kommission die gleiche Zeitdauer, welche das Gesetz
dem Urheber überhaupt gewährt, um so weniger gefährlich, weil die Möglichkeit da ist, daß mehrere, Uebersetzungen neben einander bestehen können.

Art. 3. Die Aenderungen sind redaktioneller Natur. Der eventuelle Antrag hängt von der Fassung des Art. 2 ab. Wenn Bunedsblatt. 35. Jahrg. Bd. I.

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332 eine einheitliche Frist für das Urheberrecht eingeführt wird und der Todestag des Urhebers außer Betracht fällt, so ist die Einregistrirung, wie sie für nachgelassene Werke etc. vorgeschrieben ist, auf alle Werke auszudehnen, was HU sich durchaus kein Nachtheil wäre. Die Deposition der Schrift-" oder Kunstwerke, sei es in Original oder bildlicher Darstellung, wie es das Markenschutzgesetz für die Fabrik- und Handelsmarken vorschreibt, halten wir deßhalb nicht für nothwendig, weil nach dem Gesetz überhaupt alles geschützt ist, was an Literatur- und Kunstwerken geschaffen wird und deßhalb der Nachweis der Identität hier weniger in Frage kommt. Dagegen ist die Einregistrirung nothwendig, um den Beginn der Schutzfrist festzustellen.

Art. 6. Die Bestimmung dieses Artikels ist in den betheiligte» Kreisen Gegenstand lebhafter Anfechtung geworden. Dieselbe stellt nämlich die Architekten nicht auf gleichen Fuß mit den übrigen Künstlern. Während die letzteren ohne Weiteres bei dem alleinigen Vervielfältigungs- und Aufführungsrecht geschützt werden, stellt Art. 6 den Grundsatz auf, daß der Erwerber von architektonischen Plänen dieselben beliebig ausführen lassen dürfe. Hierin erblicken die Architekten eine ungerechtfertigte Schädigung ihrer Interessen, indem ihre Arbeit herabgewürdigt werde und sie riskiren, daß die dem Plan zu Grunde gelegte Idee verunstaltet werde, wodurch ihr Ruf Schaden leiden könne. Die Kommission kann jedoch diese Beschwerden nicht als stichhaltig anerkennen. Bei aller Anerkennung der künstlerischen Leistungen auf dem Gebiete der Architektur zeigt die Anschauung, daß weitaus der größere Theil der auszuführenden Bauten keinen spezifisch künstlerischen Charakter hat.

Sodann darf der Gesetzgeber die Bedürfnisse des Lebens und die Besonderheiten der einzelnen Verhältnisse nicht aus dem Auge verlieren. Nun liegt es in der Natur der Sache, daß der Besteller eines Bauplanes in der Regel dabei die Absicht verfolgt, den Plan zur Ausführung einer Baute zu benutzen; derselbe wird nicht der Zeichnung wegen verlangt, ist also nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Es widerstreitet deshalb dem natürlichen Rechtsgefühl, daß die in der Zweckbestimmung liegende Berechtigung, nach dem Plane bauen zu dürfen, noch besonders erworben werden müsse. Wenn es nun auch Fälle geben mag, in denen der
Architekt vom künstlerischen Gesichtspunkte aus Werth darauf setzen muß, die Ausführung der Baute selbst zu besorgen, so ist ihm die Möglichkeit gegeben, indem er sich nach Art. 6 dieses Recht durch spezielle Vereinbarung mit dem Besteller bei Abgabe des Planes oder vor dessen Zusicherung vorbehalten kann. Legislatorisch richtig ist aber,, das Verhältnis, welches die Hegel bilden soll, als Prinzip aufzu-

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stellen und die Ausnahmefalle der Vereinbarung vorzubehalten.

Dagegen scheint der Kommission die Einschränkung gerechtfertigt, daß der Erwerbet eines solchen Planes denselben nicht noch Dritten /AH- Ausführung abtreten darf; wir beantragen deßhalb die Worte ,,ein- oder mehrmal a zu streichen, weil dieselben leicht zu der gegenteiligen Interpretation verleiten könnten.

Art. 8. Abgesehen von redaktionellen Aenderuugeu haben wir zu Ziffer 10 einen Zusatz aufgenommen. Es sind nämlich über die Tragweite des Ausdruckes ,,ohne Absicht auf Gewinn"1 Zweifel aufgetaucht und Bedenken ausgesprochen worden, ob damit die Privatgesellschaften für ihre Aufführungen genügend geschützt seien, wenn dieselben zum Zwecke der Selbstkostendeckung oder fili- einen vvohlthätigen Zweck vom Publikum ein Eintrittsgeld verlangen, ohne daß sie solche Vorstellungen zu einem Geschäft machen. Um dießf'alls jeden Zweifel zu beseitigen, haben wir diese Fälle noch ausdrücklich erwähnt. Den Antrag, welcher von der Minderheit der Kommission des Nationalrathes gestellt wurde, daß die Benutzung der Kunstwerke für Zwecke der Industrie und des Handwerks nicht als unerlaubte Nachbildung betrachtet werden soll, haben wir ebenfalls in Berathung gezogen. Derselbe ist jedoch von keinem Mitgliede aufgenommen worden. Eine solche Bestimmung würde, ohne daß ein eigentliches Bedürfniß hiefür besteht, zu tief in die Vortheile eingreifen, welche nach der Zweckbestimmung dieses Gesetzes für die Künstler geschaffen werden wollen. Wir stimmen den sachbezüglichen Ausführungen im gedruckten Kommissionalbericht des Nationalrathes vom 12\ Juni 1882 hei.

Art. 9. Wir beantragen, den Beisatz rigrobena zu Fahrläßigkeit zu streichen, weil der Unterschied zwischen levis und magna culpa nicht genau festgestellt werden kann und dei- Richter bei Ausrnittlung der Entschädigung jeweils auf sein subjektives Ermessen über den Grad des Verschuldens angewiesen ist. Sodann ist es angezeigt, das Lemma 3 unmittelbar nach Lemma i folgen zu lassen, weil sich die bezügliche Bestimmung nur auf Lemma l und nicht auf Lemma 2 bezieht. Die Aenderung in Lemma 3 ist redaktioneller Natur.

Art. 10. Wir'sind dei1 Ansicht, daß die Maxima der Strafen von Fr. 2000 Geldbuße und ein Jahr Gefängniß neben der vollen Entschädigungspflicht für den Autor auch für die schwersten Fälle hoch genug
sind, und halten deßhalb dafür, es sei für den Fall der Verletzung einer Marke nicht noch eine besondere höhere Strafe vorzusehen, indem hier überdies noch die Anwendbarkeit des Markenschutzgesetzes in Frage kommen kann. Zudem ist für den Rück-

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fall das Doppelte der Strafe zuläßig uacli Lemma 2. Wir beantragen deßhalb, den zweiten Satz in Lemma l zu streichen, dagegen halten wir für zweckmäßig, un dieser Stelle die Bestimmung über die Bestrafung der Theilnahrae und des Versuchs aufzunehmen.

Dieselbe weicht von dem Vorschlag in Art. 12 des Gesetzentwurfes, welcher diese Frage hehandelt, ab. Nach unserer Ansicht: sollte die Hineinziehung des Bundesstrafreehtes unbedingt vermieden werden. Einmal sind die sachbezüglichen Bestimmungen daselbst viel zu komplizirt und sodann ist nicht einzusehen, warum nur ein Theil der Strafbestimmungea in das Gesetz aufgenommen und daneben noch ein anderes Gesetz angerufen werden soll, während die Vervollständigung so einfacher Natur ist. Es genügt nämlich unseres Erachtens die Bestimmung, daß Versuch und Theilnahme geringer zu bestrafen ist, als die Vollendung und die Thäterschaft, und nützt alle weitere Kasuistik absolut nichts, weil ja doch immer das richterliche Ermessen über den Grad der Schuld ausschlaggebend ist. Nach diesem Vorschlag wird Art. 12 überflüssig und kann deßhalb ganz wegfallen.

Art. 13. Hier paßt der Beisatz ,,auf Begehren des Klägers"' nicht. Unter den vorsorglichen Verfügungen sind auch die Kautionen aufgeführt. Diese werden in der Regel vom Kläger seihst, der einen Arrest oder ein Verbot auswirkt, zu leisten sein und zwar nicht auf sein Begehren, sondern auf dasjenige des Beklagten oder dann von Amts wegen. Es ist ganz unnöthig zu sagen, auf wessen Begehren solche Verfügungen zu erlassen sind, und läßt sich überhaupt nicht zum Voraus festsetzen.

Art. 14. Nach dem Gesetzesentwurf beginnt der Anfangstermin für die Klage Verjährung mit der Kenntniß des Autors von der Nachbildung und der Person des Schuldigen. Theoretisch läßt sich diese Fixirung des Termins sehr wohl rechtfertigen, vom praktischen Gesichtspunkte aus sprechen aber überwiegende Gründe dagegen.

Es müßte in sehr vielen Fällen außerordentlich schwer halten, den Beweis zu erbringen, wann diese Kenntnißnahme stattgefunden hat, und es läßt sich mit Sicherheit voraussehen, daß hieraus schwer zu lösende Anstände sich ergeben würden. Das Datum dei' stattgehabten Verletzung des Autorrechtes bildet eine viel sicherere Grundlage. Allerdings entsteht hieraus für den Autor die Aufgabe, darüber zu wachen, daß er von allfälligen
Nachbildungen Kenntniß erhält. Mit Rücksicht hierauf haben wir die Verjährungsfrist um ein Jahr länger angesetzt und glauben damit den Interessen der Autoren genügende Rechnung getragen zu haben.

Art. 16. Bei Umwandlung der Geldbuße nach dem daselbst angegebenen Maßstabe ergibt es sich, daß das Maximum der G-eld-

335 büße einer Gefängnißstrafe von 400 Tagen entspricht, wodurch das gesetzlich zuläßige Maximum der letzteren Strafe überschritten wird. Sodann halten wir dafür, daß diese mechanische Umwandlung der Strafe nicht der richtige Weg ist, sondern die gerechte Ausmittlung viel besser erreicht wird, wenn der Richter bei Fällung des Urtheils eventuell nach seinem Ermessen neben der Geldbuße die G-efängnißstrafe festsetzt ; wir haben deshalb an Stelle des Art. 16 den Art. 13 des ursprünglichen Entwurfes des Bundesrathes wieder aufgenommen.

Art. 17 scheint uns nicht an der richtigen Stelle zu stehen.

Derselbe gehört systematisch zu denjenigen Bestimmungen, welche den Urnfang des Urheberrechtes normiren und soll deshalb nicht durch die Strafbestimmungen von denselben geti-ennt werden.

Sein Platz findet sich nach Art. 7 a. Was sodann dessen .Inhalt betrifft, so ist unseres Erachtens dei- zu Grunde liegende Gedanke nicht klar genug ausgesprochen. Einmal fehlt eine Präzisirung der Werke, welche ohne Weiteres unter den Schutz dieses Gesetzes fallen. Es kann sich nämlich fragen, ob das Gesetz sich auf alle in der Schweiz erscheinende Werke erstreckt, ohne Rücksicht auf die Nationalität und den Aufenthalt des Autors; sodann' ob alle von schweizerischen Autoren erstellten Werke unter dasselbe fallen, ohne Rücksicht darauf, wo dieselben erscheinen. Im Ferneren ist die Bedingung am Schlüsse des Artikels, daß in dem betreffenden Lande Gegenseitigkeit geübt werde, einer doppelten Auslegung fähig. Man kann dieselbe so verstehen, daß der auswärtige Staat die in der Schweiz erseheinenden Werke so behandeln müsse, wie sie in der Schweiz behandelt werden, oder daß er dieselben wie die in jenem Staate erscheinenden Werke zu behandeln habe.

Endlieh erscheint uns der Zusatz ,,oder aufgeführt werden a vverthlos.

Die oben genannten Fragen haben wir so entschieden, daß das Gesetz zunächst Gültigkeit haben soll für alle Werke der in der Schweiz domizilirten Autoren, selbst wenn dieselben im Auslande erscheinen, indem wir von der Erwägung geleitet wurden, daß es unthuulich sei, in der nächsten Umgebung des Autors Nachbildungen zu gestatten, wenn derselbe auch aus irgend einem Grunde 'es vorgezogen habe, sein Werk nicht an seinem Wohnort zu publiziren. Dagegen sollen die Werke der schweizerischen Autoren, welche die Schweiz
verlassen haben, nicht ohne Weiteres unter das Gesetz fallen, weil diese Schweizer überhaupt nicht mehr unter den Rechten und Pflichten der einheimischen Gesetzgebung stehen.

Werke, deren Autoren im Auslande wohnen, die aber in der Schweiz publizirt werden, sollen mit Rücksicht auf das letztere

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Moment unbedingt den Schutz des Gesetzes genießen. Die Gegenseitigkeit verstehen wir so, daß jedes Land s e i n e Gesetzgebung auch auf die infolge Gegenrechtes geschützten literarischen und künstlerischen Produkte anwende. Dem entsprechend haben wir den betreffenden Artikel redigirt.

Art. 18 gehört aus dem schon bei Art. 17 angetührteu Grunde vor diejenigen Artikel, welche die Strafbestimmungen enthalten; wir haben ihm die Stelle als Art. 7 b angewiesen. In deiMaterie selbst sind wir damit einverstanden, daß auch der Photographie, welche sich wenigstens theilweise als Kunst qualifizirt, ein bescheidener Schutz eingeräumt werde. Dabei drängte sich jedoch die Frage auf, worin hier die unerlaubte Nachbildung bestehe.

Liegt eine Nachbildung darin, dali ein zweiter Photograph den nämlichen Gegenstand, den ein anderer schon photographirt hat, als Objekt einer Originalaufnahme benutzt, oder nur darin, daß das vom ersten Photographen aufgenommene Bild als Unterlage der Vervielfältigung benutzt wird? Wir sind einstimmig der Ansicht, daß nur .das letztere Vergehen untersagt sein soll, und wollen dieser Auffassung durch Einschaltung der neuen litt, a Ausdruck verschaffen. Von litt, c haben wir nur den ersten Säte aufgenommen, weil uns die weitere Auseinandersetzung durchaus selbstverständlich erscheint: Das Photographiren eines Gegenstandes, der unter dem Autorrecht steht, ist nach Art. l bereits ausgeschlossen, wenn nicht eine Verständigung mit dem Autor vorausgegangen ist ; hat aber eine solche stattgefunden, so kann kein Zweifel bestehen, daß dieselbe innegehalten werden muß. Mit Bezug auf die Dauer des Schutzes beantragen wir eine Reduktion von 10 auf 5 Jahre. In litt, b, nunmehr d, wurde das Wort Urheber ,,durch Photographa ersetzt, weil der cratere Ausdruck nach der Satzstellung leicht mißverstanden werden könnte.

Art. 20. Nach dem Protokoll des Nationalrathes wurde das erste Lemma angefochten, weil darin eine Rückwirkung des Gesetzes erblickt wurde. Wir halten diese Ausstellung nicht für begründet, weil das Gesetz keine rückwirkende Kraft, sondern nur eine allgemeine Wirksamkeit erhält, wenn dasselbe nach dessen Inkrafttreten auch auf die früher erschienenen Werke angewendet wird. Dadurch werden keine Rechte verletzt, denn es kann Nie-mand einen Anspruch darauf erheben, daß an der bestehenden
Gesetzgebung nichts zu seinem Nachtheil geändert werde. Dagegen vermissen wir in dem ArtikeJ eine Lösung der Frage, ob für die älteren Werke die ganze Schutzfrist des Gesetzes erst mit dessen Inkrafttreten zu laufen beginnt. Wir würden die Bejahung derselben nicht für gerechtfertigt halten ; vielmehr soll die Zeit, die

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unter der Herrschaft des früheren Zustande« verflossen ist, an der Schutzfrist in Abzug fallen, so daß ein Werk, welches auch nach den Bestimmungen dieses Gesetzes bereits Gemeingut geworden wäre, nicht mehr unter das Autorrecht fällt. Dieser Auffassung haben wir in dem neuen Lemma 2 zu Art. 20 Ausdruck gegeben.

Die im Nationalrath gegen das Lemma 2 geltend gemachten Ausstellungen sind sehr der Erwägung werth. Vor Allem ist die Redaktion : ,,Verletzung des Urheberrechtes vor dem Inkrafttreten des Gesetzes0 nicht annehmbar, weil von Verletzung eines nicht bestehenden Rechtes nicht gesprochen werden kann. Sodann ist nicht '/M leugnen, daß die Bestimmung des /weiten Sät/es eine Härte enthält, indem sie die Verwerthung von durchaus berechtigten Nachbildungen, für die möglicher Weise viele Opfer gebracht wurden, verbietet. Andererseits würde allerdings die Streichung dieser Bestimmung in verschiedener Richtung die Wirkung des Gesetzes" während geraumer Zeit illusorisch machen und Umgehungen desselben ermöglichen. Diesen beiden Uebelständen sollte nach unserer Ansicht gleichzeitig Rechnung getragen und eine billige Ausgleichung versucht werden. Wir glauben dieselbe durch unseren Vorschlag betreffend die Passung dieses Lemma 2, nunmehr 3, gefunden '/M haben. Einem anderen im Schöße der Kommission gemachten Vorschlag, die Ausgleichung in der Weise zu suchen, daß dem Autor das Recht gegeben werde, die vorhandenen Nachbildungen gegen Ersatz der Erstellungskosteu an sich zu ziehen, haben wir nur deshalb nicht beipflichten können, weil wir befürchteten, damit dem Autor ein Recht einzuräumen, von dem er in vielen Fällen aus Mangel an dem erforderlichen Kapital keinen Gebrauch machen könnte.

Den Art. 21 beantragen wir zu streichen, weil die daselbst; gernachte Unterscheidung zwischen den einzelnen Inhabern des Urheberrechtes uns einer inneren Begründung zu entbehren scheint und auch kein stichhaltiger Grund dafür besteht, daß nach Inkrafttreten dieses Gesetzes noch andere Schutzfristen fortbestehen bleiben.

F r a u e n f e l d , den 16. Februar 1883.

Sitzungen vom 1. bis 3. Februar iu Zürich.

Die M i t g l i e d e r der K o m m i s s i o n : Altwegg, Berichterstatter.

Hoffmann.

Dufernex.

Hauser.

Cornaz.

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Beilage : Gesetzesentwurf nach Berathung der Kommission, den Mitgliedern der Bundesversammlung in einem zweispaltigen Foliobog auszutheilen

Note. In französischer Sprache referirt Herr Dufernex in gleichem Sinne (Bericht im französischen Bundesblatt)

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Bundesrathsbeschluss betreffend

theilweise Abänderung der Verordnung über die Territorialeintheilung und die Nummerirung der Truppeneinheiten, vom 15. März 1875.

(Vom

6. März 1883).

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r ath, in Ausführung des Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 1882, betreffend Reduktion der Zahl der Infanteriebataillone der Kantone Luzern und Freiburg, beschließt folgende Abänderungen an der bisherigen militärischen Gebietseintheilung :

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Kommission des Ständerathes zu dem Gesetzesentwurf betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst. (Vom 16. Februar 1883.)

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1883

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10

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

10.03.1883

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326-339

Page Pagina Ref. No

10 011 783

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