519

# S T #

Kreisschreiben des

eidg. Justiz- und Polizeidepartements an sämmtliche Kantonsregierungen der Schweiz, betreffend die polizeilichen Transporte auf den schweizerischen Eisenbahnen.

(Vom 5. September 1883.)

Hochgeachtete Herren l Die Regierung des Kantons Uri hat darüber Beschwerde erhoben, daß seit Eröffnung der Gotthardbahn die Polizeibehörde des Kantons Schwyz polizeiliche Transporte iu der Weise zur Ausführung bringe, daß die betreffenden Individuen erst mit dem letzten Bahnzuge (im Winter um 9 Uhr, im Sommer um 8 Uhr 17 Min.)

auf dem Bahnhofe zu Altdorf eintreffen, und zwar ohne Begleiter, welche sie vom Bahnhofe an die Polizeistation in Altdorf zu führen hätten, und ohne vorherige Anzeige. Da das Bahnpersonal solche Individuen auf freien Fuß setze, so werde durch dieses Verfahren die öffentliche Sicherheit gefährdet.

Auf eine bezügliche Reklamation habe die Regierung des Kantons Schwyz geantwortet, daß solche Transporte auch von Zürich, Zug, Aargau, St. Gallen etc. mit den letzten Abendzügen kommen und daß Schwyz nicht verpflichtet sein könne, die direkten Transporte zu unterbrechen und die Kosten des Nachtlagers zu übernehmen.

Die Regierung des Kantons Uri erklärte ihrerseits, sie müsse sich weigern, solche Individuen in Empfang zu nehmen, weil damit dem mißbräuchlichen Zuschieben von Uebernächtlern Vorschub geleistet würde, zumal die meisten dieser Transporte nach Tessin und Italien und nur selten für den Kanton Uri bestimmt seien.

520 Die Regierung des Kantons Uri schloß mit dem Gesuche, es möchte das hierseitige Departement eine Konferenz der betheiligten Kantone anordnen, behufs Regelung der polizeilichen Transporte auf der Gotthardbahn.

Nach näherer Prüfung dieser Angelegenheit finden wir jedoch, daß eine Konferenz von Repräsentanten der Kantone nicht gerechtfertigt ist. Man darf mit vollem Vertrauen annehmen, daß die Kantone allfälligen direkten Reklamationen von sich aus gerecht werden, zumal das eigene Interesse gegenseitige billige Rücksichtnahme erfordert. Es scheint uns indeß, daß solche Reklamatiooen kaum nöthig werden, wenn die polizeilichen Transporte per Eisenbahn in der Weise angeordnet werden, daß die betreffenden Individuen am gleichen Tage entweder in den Kanton kommen, dem sie zugeführt werden sollen, oder über die schweizerische Grenze gebracht werden können. Bei der jetzigen Entwicklung der Eisenbahnen kann beinahe in allen Fällen nach diesem Grundsalze verfahren werden. Wenn es aber thatsächlich Dicht möglich sein sollte, so wäre dann zu erwarten, daß diese Individuen nicht einfach in andere Kantone übergesetzt, sondern daß sie polizeilich begleitet und mit gehörigen Transportbefehlen den Behörden dieser andern Kantone übergeben werden, welche selbstverständlich auf allen wichtigern Eisenbahnstationen Polizeiposten aufzustellen haben.

Uebrigens ist nicht zu übersehen, daß es sich um ein interkantonales Verhältniß handelt, dessen prinzipielle Eegulirung eventuell in der Kompetenz des Bundesrathes läge und daher nicht wohl den Beschlüssen der Mehrheit einer Konferenz von kantonalen Abgeordneten anheimgegeben werden kann.

Indem wir den obersten Polizeibehörden sämmtlicher Kantone hiermit von dem Standpunkte Kenntniß geben, den, wie wir glauben, unser Departement in dieser Angelegenheit zu beobachten hat, gewärtigen wir, ob von irgend einer Seite weitere Anträge gestellt werden wollen.

Genehmigen Sie; hochgeachtete Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 5. September 1883.

Eidg. J u s t i z - u n d P o l i z e i d e p a r t e m e n t : A. Deucher.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Kreisschreiben des eidg. Justiz- und Polizeidepartements an sämmtliche Kantonsregierungen der Schweiz, betreffend die polizeilichen Transporte auf den schweizerischen Eisenbahnen. (Vom 5. September 1883.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1883

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

45

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.09.1883

Date Data Seite

519-520

Page Pagina Ref. No

10 012 025

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.