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Kreisschreiben, des

Bundesrathes an sämmtliche eidgenössische Stände, betreffend statistische Angaben über die Fabrikation und den Verbrauch von Branntwein.

(Vom 21. Juli 1883.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Es ist Ihnen bereits bekannt, daß die Frage, wie dem zunehmenden Genuß von Branntwein und den schlimmen Folgen desselben auf die physischen, moralischen und ökonomischen Zustände des Volkes zu steuern sei, auch in der Bundesversammlung schon zur Sprache gekommen und daß der Bundesrath mit einer daherigen Enquete beauftragt ist.

Wenn in Folge dieser Initiative das Studium einer schweren Frage, mit welcher sich sonst die kantonalen Regierungen befassen müßten, an ihrer Stelle von der Bundesbehörde übernommen wird, so darf diese wohl hoffen, daß die kantonalen Regierungen, von welchen eine jede nur noch über den eigenen Kanton Materialien zu sammeln hat, ihr mit der Beschaffung dieses Materials bereitwillig an die Hand gehen.

Das nämlich scheint wohl klar, daß der Frage, was in dieser wichtigen Sache durch die Kantone, den Bund, oder beide gemeinsam, vorzukehren sei, u. A. auch ein sorgfältiges Studium der gesetzlichen und thatsächlichen Verhältnisse in den Kantonen vorauszugehen habe.

Wir müssen Sie daher vor Allem ersuchen, uns eine Anzahl von Schriften und statistischen Angaben mitzutheilen, welche wir zu unserer Arbeit nöthig haben. Es sind dies folgende:

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1) die Gesetze, Verordnungen etc. Ihres Kantons betreffend die Besteurung der Branntwein- und Spiritusfabrikation, sowie die aus polizeilichen oder'sanitarischen Gründen eingeführten Beschränkungen derselben; 2) die Gesetze und Verordnungen betreffend a. die Ausübung des Wirthschaftsgewerbes und speziell das Ausschenken von Branntwein in Wirthschaften, b. den sonstigen Kleinhandel mit gebrannten Getränken; 3) die Strafbestimmungen gegenüber Betrunkenen, habituellen Säufern, Wirthen, welche der Völlerei Vorschub leisten, ferner allfällige Vorschriften betreffend die strafrechtliche Behandlung der im Zustande der Trunkenheit begangenen Verbrechen 5 4") offizielle oder sonstige zuverläßige Speziai berichte über die Wirkungen der unter Ziffer l -- 3 genannten Vorschriften, eventuell über die Wirkungen früherer Gesetze; 5) allfällig vorhandene Berichte über die Wirkungen philantropischer Versuche gegenüber der Branntweinpest (Mäßigkeitsund Enthaltsamkeitsvereine, Sparkassen, Volksküchen etc.); 6) eine Berechnung der im Jahre 1882 gemäß den in Ziffer l und 2 genannten Gesetzen und mittelst des Ohmgeldes von Staat und Gemeinden vereinnahmten Steuern (Bruttobetrag), wenn möglich auch eine Berechnung des während des Jahres 1882 im Kanton genossenen Quantums von Branntwein; 7) Angabe des durchschnittlichen Erstellungspreises durch kleinere und durch große Brennereien und des Handelspreises des gewöhnlich genossenen Branntweins, sowie Angabe des Rohstoffes, aus welchem er meistens fabrizirt wird; 8) endlich legen wir Ihnen auf einem besondern Formular, betitelt ,,Produktion und Verbrauch von gebrannten Getränken"', noch eine Anzahl von Fragen betreffend Produktion und Konsum von Alkohol in Ihrem Kanton vor, auf welche wir nicht bloß eine Antwort für den ganzen Kanton wünschen, sondern apart für jeden einzelnen Verwaltungsbezirk (Distrikt), wofern der Kanton in solche Bezirke .eingetheilt ist. Da eine jede Kantousregierung selbst am besten beurtheilen kann, durch welche Organe sie die zuverläßigsten Antworten auf die verschiedenen gestellten Fragen erhält, so glauben wir die Wahl dieser Orgaue den hohen Regierungen überlassen zu sollen; 9) eia ferneres und letztes Formular ist dasjenige für eine Gefängnißstatistik pro 1. September 1883.

Dieses letztere

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Formular ist eine Zählkarte, von welcher je ein Exemplar für jeden am Zählungstage in einer kantonalen Strafanstalt oder einer Rettungsanstalt untergebrachten Sträfling, welcher wegen eines Verbrechens oder Vergehens zu einer Enthaltung von wenigstens drei Monaten verurtheilt worden, besonders auszufüllen ist. Das eidg. statistische Bureau hat den Auftrag, von diesem Formular gleich wie von dem unter Ziffer 8 genannten den kantonalen Behörden die von den letztern gewünschten Exemplare zu liefern.

Wir ersui-hen Sie, die ausgefüllten Formulare, sowie alle übrigen in diesem Schreiben gewünschten Akten und Aufschlüsse so vollständig als möglich bis spätestens den 15. Oktober laufenden Jahres an das eidg. Departement des Innern zu senden, damit das von den Kantonen eingehende Material noch gleichzeitig mit dem anderweitig beschafften zusammengestellt und benutzt werden kann.

In der Hoffnung, daß die so einstimmig um ihre Intervention angegangenen Bundesbehörden in dieser für die Zukunft des Landes so wichtigen Angelegenheit bei ihrer Untersuchung von den kantonalen Behörden nach Kräften unterstützt werden, benutzen wir diese Gelegenheit, um Sie, getreue, liebe Eidgenossen, mit uns von Neuem in den Machtschutz Gottes zu empfehlen.

B e r n , den 21. Juli 1883.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

L. Ruchonnet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Kreisschreiben, des Bundesrathes an sämmtliche eidgenössische Stände, betreffend statistische Angaben über die Fabrikation und den Verbrauch von Branntwein. (Vom 21.

Juli 1883.)

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1883

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28.07.1883

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