401 Indem wir schließlich auf die nachfolgenden Anträge im Zusammenhang noch einmal verweisen und sie zur Annahme empfehlen, zeichnen mit vollkommener Hochachtung B e r n , den 26. Oktober/10. November 1883.

Die Mitglieder der Kommission: Dr. S. Kaiser, Berichterstatter.

Chene viere.

Curti.

Häberlin.

Holdener.

Künzli.

Leuba*).

Ruffy.

Dr. Ryf.

Stockmar.

Wüest.

*) Ist mit Entschuldigung abwesend gewesen.

Entwurf der Kommission des Nationalrathes.

# S T #

Bundesgesetz über

das Rechnungswesen der Eisenbahngesellschaften.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 6. März 1883, beschließt: Art. 1. Die Rechnungen und Bilanzen sämmtlicher Eisenbahngesellschaften, welche ihren Gesellschaftssitz in der

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Schweiz haben, sind nach den Vorschriften des Obligationenrechtes aufzustellen, soweit das vorliegende Gesetz nicht besondere, davon abweichende Bestimmungen enthält.

Art. 2. Unter den Aktiven der Bilanz einer Eisenbahngesellschaft dürfen alle Kosten verrechnet werden, welche für den Bau der Bahn und die Beschaffung des Betriebamateriales wirklich verausgabt worden sind.

Wird eine Bahn durch Vertrag von einer andern Gesellschaft um einen Preis erworben, welcher geringer ist, als der bisherige Bilanzwerth, so darf der neue Bilanzwerth nicht mehr als den Kaufpreis betragen ; ist hingegen der Kaufpreis höher, so darf der Ansatz der alten Bilanz nicht überschritten werden.

Organisations- und Verwaltungskosten, welche während des Baues einer Bahn im Interesse der Erstellung und der Einrichtung derselben erlaufen sind, werden den Anlagekosten gleich gehalten. Unter jene dürfen aber Geldbeschaffungskosten nicht gerechnet werden.

Art. 3. Nach Eröffnung des Betriebs dürfen die Kosten für Ergänzungs- und Neuanlagen oder für Anschaffung von Betriebsmaterial den Aktiven der Bilanz nur beigefügt werden, wenn dadurch eine Vermehrung oder wesentliche Verbesserung der bestehenden Anlagen im Interesse des Betriebs erzielt wird.

Die Einlagen in die Reserve- und Erneuerungsfonds sind aus den Einnabmeüberschüssen zu bestreiten und nach dem Bedürfniß zu bemessen.

Die Unterhaltung der bestehenden Anlagen und Einrichtungen und der Ersatz abgegangener sind aus den jährlichen Einnahmen oder allfällig bestehenden besondern Fonds zu bestreiten. -- Ausnahmsweise können mit Bewilligung des Bundesrathes Kosten, welche durch Fälle höherer Gewalt verursacht sind, auf mehrere Jahre vertheilt werden.

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Art. 4. Die Posten der Baurechnung, welche den Vorschriften von Art. 2 nicht entsprechen, sind aus den jährlichen Einnahmeniiberschüssen zu amortisiren ; dieselben sind in der Bilanz besonders aufzuführen.

Der Bundesrath wird alljährlich nach Einholung eines Vorschlages der Gesellschaften die Summe bestimmen, welche zum Zwecke der Amortisation den Erträgnissen z-i entnehmen ist. Dabei ist auf den Jahresertvag des Betriebes und auf die Höhe des zu amortisirenden Gesammtbetrages Rücksicht zu nehmen.

Die Amortisation der Emissionsverluste auf Aktien wird nicht vorgeschrieben.

*»*Art. 5. Die jährlichen Rechnungen und Bilanzen sind vor der Generalversammlung der Aktionäre dem Bundesrathe vorzulegen, welcher zu prüfen hat, ob sie mit den Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes und den Statuten der Gesellschaft in Uebereinstimmung stehen. Zu diesem Zwecke kann der Bundesrath von der gesammten Geschäftsführung der Gesellschaften Einsicht nehmen und alle sonst nöthigen Erhebungen machen.

Wenn der Bundesrath findet, daß eine Bilanz mit den Bestimmungen des Gesetzes nicht in Uebereinstimmung steht, und wenn die Gesellschaft die vom Bundesrath verlangten Abänderungen nicht anerkennt, so kann der Bundesrath binnen dreißig Tagen nach der Mittheilung der Schlußaahme der Generalversammlung die Streitfrage an das Bundesgericht bringen, welches endgültig entscheidenlwird.

Die angehobenen Rekurse sind nach dem für die staatsrechtlichen Streitigkeiten vorgeschriebenen Verfahren au behandeln.

Bis zum Entscheide des Bundesgerichtes darf keine Dividende ausbezahlt werden.

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Uebergangsbestimmungen.

1. Der Bundesrath wird unmittelbar nach Inkrafttreten dieses Gesetzes mit den Verwaltungen der Bahngesellschaften in Unterhandlung treten, um auf dem Wege gütlicher Verständigung den Gesammtbetrag der Kosten zu ermitteln, welche nach Art. 2 unter deu Aktiven der Bilanz verrechnet werden dürfen.

2. Kann die im vorhergehenden Artikel vorgesehene Verständigung nicht erzielt werden, so trifft das Bundesgericht gemäß den Vorschriften des Obligationenrechtes und des vorliegenden Gesetzes die Entscheidung.

3. Die Bestimmungen der Konzessionen über den Rückkauf der Bahnen bleiben unverändert bestehen; dagegen werden alle mit diesem Gesetze in Widerspruch stehenden gesetzlichen Erlasse und Verordnungen aufgehoben.

4. Die Statuten der Bahngesellschaften sind bis 1. Januar 1885 mit den Vorschriften dieses Gesetzes in Uebereinstimmung zu bringen. Auf diesen Zeitpunkt werden auch die Bestimmungen des Obligationenrechtes betreffend die Verantwortlichkeit (Art. 671--675) für die Eisenbahngesellschaften anwendbar.

Art. 5. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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# S T #

Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Frage der Befreiung der schweizerischen Handelsreisenden von Patentgebühren, sowie über die Frage der Formulirung allgemeiner Grundsätze zur Prüfung der kantonalen Hausirpatentgesetze und zur Entscheidung darauf bezüglicher Rekursbeschwerden.

(Vom 9. November 1883.)

Tit.

Durch Bundesbeschluß vom 23. Juni 1882 haben die eidg.

Räthe an den Bundesrath die Einladung erlassen, zu untersuchen und Bericht zu erstatten, ob nicht leitende Grundsätze zu formuliren und der Genehmigung der Bundesversammlung zu unterstellen seien, nach welchen die kantonalen Hausirpatentgesetze geprüft und die Beschwerden wegen zu hoher Belastung mit Hausirtaxen im Sinne des Art. 31, Schlußlemma, der Bundesverfassung entschieden werden sollen.

Diese Schlußnahme wurde anläßlich des Entscheides über eine Beschwerde des Staatsrathes von Freiburg gegen die Bundesrathsbeschlüsse vom 4. und 14. Januar 1881 in Sachen der Gebrüder Blum in Neuenburg und des F. Pointet in Pruntrut und über ein im Namen von 53 Handelsfirmen und Gewerbsleuten aus verschiedenen Kantonen eingegebenes Petitum des Herrn Advokat Dr. Ryf in Zürich, vom 27. Dezember 1881, gefaßt.

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Bundesgesetz über das Rechnungswesen der Eisenbahngesellschaften.

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Bundesblatt

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1883

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4

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57

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

17.11.1883

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401-405

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10 012 088

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