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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Heinrich Ramseyer von Signau, gewesenen Korporals im Füsilierbataillon Nr. 25. .

(Vom 28. November 1883.)

Tit.

Heinrich Ramseyer von Signau, wohnhaft gewesen in Bözingen (Bern), geboren 1862, ledig, wurde vom Kriegsgericht der III. Division wegen ausgezeichneten Diebstahls im Werthe von unter Fr. 40 unterm 27. Juni 1883 zu einer Gefängnißstrafe von acht Monaten, zur Entsetzung von seinem Grade als Korporal, zum Verlust des Aktivbürgerrechts für ein Jahr nach Ablauf der Strafzeit und zu den Kosten verurtheilt. Er wendete sich durch seinen; Vertheidiger mit einem vom 29. Juni datirten Gesuche an die Bundesversammlung, in welchem er um angemessene Herabsetzung: der über ihn verhängten Strafe bat.

Mit Botschaft vom 2. Juli 1883, auf die wir uns bezüglich der thatsächlichen Verhältnisse auch jetzt berufen (Bundesblatt vom Jahr 1883, Band III. Seite 285), haben wir das Ramseyerische Gesuch abschlägig begutachtet und unterm 3. gleichen Monate haben Sie dasselbe abgewiesen.

Nun wendet sich Ramseyer mit einem neuen Gesuche an die Bundesversammlung, in welchem er bittet, es möchte ihm der Rest der Strafe erlassen werden.

732 Er sagt, er habe vom ersten Augenblick an seine That bitter bereut und werde nimmer wieder eine strafbare Handlung begehen, vielmehr durch musterhaftes Betragen die frühere Achtung seiner Mitmenschen wieder zu erwerben suchen. Während seiner Gefangenschaft sei seine Mutter gestorben und sein alter Vater stehe ohne seine Unterstützung hülflos da.

Der Pfarrer Her Strafanstalt empfiehlt das Gesuch; er glaubt, ·die Reue des Patenten sei eine aufrichtige, und das Bestreben, seine Pflichten fortan treulich zu erfüllen, ein ernst gemeintes. Er macht aufmerksam, daß Ramseyer vorher zu keinen Klagen Veranlaßung gegeben habe und daß seine Aufführung in der Strafanstalt durchaus befriedigend sei.

Auch der Verwalter der Strafanstalt empfiehlt das Gesuch im Hinblick darauf, daß Ramseyer vorher noch nie bestraft worden und sich in der Strafanstalt gut betragen habe.

Wenn auch die Art und Weise, wie Ramseyer im Militärdienst Schulden gemacht und in einer Nacht in 3 verschiedenen Zimtnern 7 Diebstähle ausgeführt hat, auf großen Leichtsinn und auf nicht gewöhnliche Verwegenheit schließen ließ, und Sie veranlaßt hat, «ein erstes Bittgesuch zu verwerfen, so ist doch jetzt zu berücksichtigen, daß er zwei Drittel der Strafe verbüßt und sich während dieser Zeit nach den übereinstimmenden Zeugnissen der Strafhausbeamten gut betragen hat. Ramseyer war bis zu dem fatalen Fehltritt gut beleumdet und mit der Strafjustiz nie in Konflikt gekommen, so daß angenommen werden darf, die Strafe habe, so weit Besserung ihr Zweck ist, ihren Dienst gethan, die Reue des Bestraften sei aufrichtig und seine guten Vorsätze ernst gemeint.

Deßhalb kommen wir jetzt zu dem Autrag, es möchte dem Heinrich Ramseyer der Rest der Gefängnißstrafe in Gnaden erlassen werden.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 28. November 1883.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Dei1 B u n d e s p r ä s i d e n t :

L. Kuchoimet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Heinrich Ramseyer von Signau, gewesenen Korporals im Füsilierbataillon Nr. 25. (Vom 28. November 1883.)

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1883

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61

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05.12.1883

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731-732

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