18.073 Botschaft zur Genehmigung des Beschlusses 2012/2 vom 4. Mai 2012 zur Änderung des Protokolls von 1999 zum Übereinkommen uber weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung, betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon vom 5. September 2018

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Beschlusses 2012/2 vom 4. Mai 2012 zur Änderung des Protokolls von 1999 zum Übereinkommen uber weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung, betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

5. September 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2018-1288

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Übersicht Das Protokoll von 1999 zum Übereinkommen von 1979 uber weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung, betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon wurde 2012 an den Stand der Wissenschaft und der Technik angepasst. Die Schweiz verpflichtet sich mit dem geänderten Protokoll, ihre Emissionen von Schwefeldioxid, Stickoxiden, flüchtigen organischen Verbindungen, Ammoniak und Feinstaub weiter zu reduzieren.

Ausgangslage Als Mitglied der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) hat die Schweiz am 6. Mai 1983 das Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung ratifiziert. Als Rahmenvertrag bedarf dieses Übereinkommen zur Erfüllung seiner Zielsetzung der Konkretisierung durch Protokolle. Acht solche Zusatzprotokolle sind bereits in Kraft getreten. Die Schweiz hat alle Protokolle ratifiziert.

Am 30. November 1999 wurde das Protokoll betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon in Göteborg (Schweden) verabschiedet. Das Protokoll wurde von 27 Parteien ratifiziert, darunter am 14. September 2005 auch von der Schweiz. Es ist am 13. Dezember 2005 für die Schweiz in Kraft getreten.

Ziel dieses Protokolls ist die Begrenzung und Verringerung der Emissionen von Schwefeldioxid, Stickoxiden, Ammoniak und flüchtigen organischen Verbindungen, die sich aufgrund von Versauerung, Eutrophierung oder Bildung von bodennahem Ozon und infolge weiträumiger grenzüberschreitender atmosphärischer Verfrachtung schädlich auf die menschliche Gesundheit und empfindliche Ökosysteme auswirken können.

Inhalt der Vorlage Die Luftbelastung ist in der Schweiz und in Europa seit 1990 erheblich zurückgegangen. Um die gesundheitlichen und ökologischen Zielsetzungen zu erreichen, sind jedoch weitere Reduktionen der Schadstoffemissionen erforderlich. Die Anforderungen des Protokolls von Göteborg wurden deshalb an den Stand der Wissenschaft und der Technik angepasst.

Die entsprechenden Änderungen des Protokolls wurden am 4. Mai 2012 von den Protokollparteien verabschiedet. Das geänderte Protokoll verpflichtet die Vertragsparteien, ihre Emissionen der vier genannten Luftschadstoffe und neu auch von Feinstaub weiter zu verringern.

Die Ziele und Anforderungen des geänderten Protokolls stehen im Einklang mit den
schweizerischen Rechtsgrundlagen bzw. mit nationalen Konzepten und politischen Programmen. Die Genehmigung der Protokolländerung hat somit keine zusätzlichen Auswirkungen auf die Wirtschaft und impliziert keine zusätzlichen finanziellen oder personellen Verpflichtungen, weder für den Bund noch für die Kantone.

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Die Schweiz hat ein grosses Interesse an einem wirksamen Übereinkommen zur Begrenzung der Luftverschmutzung in Europa, da sie direkt von den Emissionen anderer Länder betroffen ist. Die Revision des Protokolls von Göteborg ist deshalb aus der Sicht der Schweiz zu begrüssen. Dessen Umsetzung wird in den kommenden Jahren eine weitere Etappe in der Verwirklichung der Zielsetzungen hinsichtlich des Schutzes der menschlichen Gesundheit und der Umwelt ermöglichen.

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Botschaft 1

Grundzüge der Änderungen des Protokolls

1.1

Ausgangslage

Die Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) dient in erster Linie der Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums in den Mitgliedstaaten. Eine wichtige Aufgabe der UNECE ist auch die Umweltpolitik und die Weiterentwicklung des Umweltrechts in Europa.

Das UNECE-Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung wurde am 13. November 1979 anlässlich der Konferenz der Umweltminister der Mitgliedstaaten in Genf unterzeichnet. Mittlerweile haben es 50 Länder sowie die EU ratifiziert, darunter am 6. Mai 1983 auch die Schweiz 1. Das Übereinkommen ist am 4. August 1983 für die Schweiz in Kraft getreten. Im weiteren Verlauf wurden acht Zusatzprotokolle erarbeitet und in Kraft gesetzt.

Am 30. November 1999 wurde das Protokoll betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon in Göteborg (Schweden) verabschiedet. Das Protokoll wurde von 27 Parteien ratifiziert, darunter am 14. September 2005 auch von der Schweiz2. Es ist am 13. Dezember 2005 für die Schweiz in Kraft getreten.

Ziel des bestehenden Protokolls ist die Begrenzung und Verringerung der Emissionen von Schwefeldioxid (SO2), Stickoxiden (NOx), Ammoniak (NH3) und flüchtigen organischen Verbindungen (VOC), die sich aufgrund von Versauerung, Eutrophierung oder Bildung von bodennahem Ozon und infolge weiträumiger grenzüberschreitender atmosphärischer Verfrachtung schädlich auf die menschliche Gesundheit und empfindliche Ökosysteme auswirken können. Als Qualitätsziele wurden kritische Konzentrationen und kritische Eintragsraten für Luftschadstoffe definiert. Im Hinblick auf die Erreichung dieser Ziele wurden für die einzelnen Vertragsparteien nationale Emissionshöchstmengen festgesetzt, die ab 2010 einzuhalten sind. Als Instrumente des Vollzugs dieser Vorgaben wurden Emissionsgrenzwerte festgesetzt, um die an der Quelle entstehenden Luftschadstoffemissionen der relevanten Kategorien ortsfester und mobiler Quellen zu begrenzen.

Die schweizerische Gesetzgebung steht im Bereich der Luftreinhaltung im Einklang mit den Verpflichtungen des bestehenden Protokolls. Die Schweiz hält auch die seit 2010 geltenden nationalen Emissionshöchstmengen ein.

Im Einklang mit Artikel 10 Absatz 2 des Protokolls wurden dessen Verpflichtungen im Zeitraum 2005­2007 bezüglich Wirksamkeit und Zwecktauglichkeit überprüft.

Die Überprüfung ergab, dass es verstärkter Anstrengungen bedarf, um den langfris1 2

Übereinkommen vom 13. Nov. 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung (SR 0.814.32).

Protokoll vom 30. Nov. 1999 zum Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung, betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon (SR 0.814.327).

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tigen Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt sicherzustellen. Im Jahr 2007 nahmen deshalb die Vertragsparteien Verhandlungen über eine Revision des Protokolls auf.

1.2

Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Die Verhandlungen basierten auf umfangreichen Abklärungen zum Stand der Wissenschaft bezüglich der Auswirkungen der Luftbelastung, zum Stand der Technik bezüglich Massnahmen zur Emissionsbegrenzung und zu kosteneffizienten Szenarien zur Emissionsreduktion in den einzelnen Ländern. Sie führten am 4. Mai 2012 zur einvernehmlichen Annahme zweier Beschlüsse durch die an der 30. Tagung des Exekutivorgans des Übereinkommens anwesenden Vertragsparteien (Beschlüsse 2012/1 und 2012/2). Durch diese Beschlüsse wurde der Wortlaut des Protokolls und seiner Anhänge geändert, und zwei neue Anhänge (X und XI) wurden hinzugefügt.

Der Beschluss 2012/1, mit dem die Definitionen von kritischen Eintragsraten und kritischen Konzentrationen in Anhang I des Protokolls aktualisiert wurden, wurde mit Konsens angenommen und gemäss Artikel 13 Absatz 4 des Protokolls am 7. März 2013 an alle Vertragsparteien des Protokolls weitergeleitet. Diese Änderung3 ist für die Schweiz am 5. Juni 2013 in Kraft getreten.

Mit dem Beschluss 2012/2 wurde der Wortlaut des Protokolls und aller seiner Anhänge (ausgenommen Anhang I) geändert. Gemäss Artikel 13 Absatz 3 des Protokolls muss dieser Beschluss von den Vertragsparteien angenommen werden.

1.3

Überblick über den Inhalt der Änderungen des Protokolls

Das geänderte Protokoll enthält nationale Emissionsreduktionsverpflichtungen, die ab 2020 für die vier oben genannten Luftschadstoffe sowie neu auch für Feinstaub (PM2,5) gelten. Ausserdem werden mit dem Protokoll Reduktionen der Emissionen von Russ (eines Feinstaubbestandteils und kurzlebigen Klimaschadstoffs) gefördert; zudem werden die Emissionsgrenzwerte in den Anhängen des Protokolls aktualisiert, neue Normen für den Gehalt an flüchtigen organischen Verbindungen in Produkten werden festgelegt, und die Berichtspflichten der Vertragsparteien in Bezug auf die Luftschadstoffemissionen und auf die Fortschritte in den Bereichen Technologie und Forschung werden ergänzt.

Weiterhin wurden flexible Übergangsbestimmungen für dem geänderten Protokoll neu beitretende Vertragsparteien ­ in erster Linie aus Osteuropa, Zentralasien und dem Kaukasus ­ festgelegt, insbesondere betreffend die Fristen für die Anwendung der Emissionsgrenzwerte und der besten verfügbaren Techniken zur Emissionsminderung.

3

AS 2014 3609

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1.4

Würdigung

Die Schweiz hat ein grosses Interesse an einem wirksamen Übereinkommen zur Begrenzung der Luftverschmutzung in Europa, da sie direkt von den Emissionen anderer Länder betroffen ist. Die Revision des Protokolls von Göteborg ist deshalb aus der Sicht der Schweiz grundsätzlich zu begrüssen. Die Schweiz hat sich folglich auch aktiv an der Ausarbeitung des revidierten Protokolls beteiligt, dessen Umsetzung in den kommenden Jahren eine wesentliche Verbesserung der Luftqualität in der Schweiz wie auch in ganz Europa bewirken wird und das damit eine weitere Etappe in der Verwirklichung der Zielsetzungen hinsichtlich des Schutzes der menschlichen Gesundheit und der Umwelt darstellt.

1.5

Sprachfassungen der Protokolländerung

Die Sprachen des Beschlusses 2012/2 zur Protokolländerung sind Englisch, Französisch4 und Russisch.

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des geänderten Protokolls

Präambel, Art. 1 und 2: Diese Änderungen beinhalten Begriffsdefinitionen und Anpassungen, die die Aufnahme von Feinstaub, einschliesslich Russ, in das Protokoll betreffen, sowie die Anerkennung der Synergien und Wechselbeziehungen zwischen Luftverunreinigung und Klimawandel.

Art. 3: Diese Änderungen beinhalten Begriffsdefinitionen und redaktionelle Anpassungen, die Verpflichtung zur Umsetzung der Emissionsbegrenzungen für partikelförmige Stoffe, der Grenzwerte für den Gehalt an VOC in Produkten sowie flexible Übergangsbestimmungen für bestehende Anlagen. Weiterhin beinhalten sie Hinweise auf die Leitlinien für das Reporting von Emissionsinventaren und Emissionsprognosen sowie die Verpflichtung zur aktiven Teilnahme an Programmen im Rahmen des Übereinkommens über die Auswirkungen der Luftverunreinigung auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt.

Art. 3bis: Dieser neue Artikel beinhaltet flexible Übergangsbestimmungen bei der Umsetzung der in den Anhängen VI und VIII aufgeführten Emissionsgrenzwerte, die von neu beitretenden Protokollparteien beansprucht werden können. Sie sind für die Schweiz nicht von Bedeutung, da die Schweiz seit 2005 Protokollpartei ist.

Art. 4: Diese Änderungen beinhalten lediglich redaktionelle Anpassungen.

Art. 5, 6 und 7: Diese Änderungen betreffen die Einbindung der Leitlinien für das Reporting der Verbesserungen für die Umwelt und die menschliche Gesundheit, die Verpflichtung zur Erstellung von Emissionsinventaren und Emissionsprognosen für Russemissionen, die Berechnung der Stickstoffbilanzen, der Stickstoffnutzungseffi4

Décision 2012/2: https://treaties.un.org/doc/Publication/CN/2013/CN.155.2013-Frn.pdf

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zienz und der Stickstoffüberschüsse sowie Begriffsdefinitionen und redaktionelle Anpassungen.

Art. 8: Diese Änderungen betreffen die Verpflichtung zur Untersuchung von Wechselwirkungen zwischen Luftreinhaltung und Klimawandel sowie redaktionelle Anpassungen.

Art. 10: Diese Änderung beinhaltet die Verpflichtung zur Überprüfung der Massnahmen zur Emissionsminderung von Russ und Ammoniak durch das Exekutivorgan zwei Jahre nach Inkrafttreten des geänderten Protokolls.

Art. 13: Diese Änderung beinhaltet das Vorgehen bei einer allfälligen späteren Anpassung der in Anhang II aufgeführten Verpflichtungen zur Emissionsverringerung.

Art 13bis und 15: Diese Änderungen betreffen das Vorgehen bei zukünftigen Protokolländerungen, insbesondere die Option der automatischen Inkraftsetzung von Änderungen der Anhänge IV­XI für diejenigen Parteien des Protokolls, die dieses Verfahren angenommen haben. In Anbetracht der verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten beantragt der Bundesrat dem Parlament, dass es ihn ermächtigt, in der Annahmeurkunde zum geänderten Protokoll die in Artikel 15 gegebene Möglichkeit wahrzunehmen, eine Erklärung abzugeben, dass die Schweiz zukünftige Änderungen wie bis anhin über das ordentliche Annahmeverfahren genehmigen wird.

Anhang II: Dieser Anhang enthält die neuen Emissionsreduktionsverpflichtungen für SO2, NOx, VOC, NH3 und PM2,5 bis 2020 und darüber hinaus. Diese Verpflichtungen werden als prozentuale Verringerung im Verhältnis zu den Emissionsmengen des Jahres 2005 ausgedrückt. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Emissionsreduktionsverpflichtungen der Schweiz, die bereits bis 2016 in der Schweiz erreichten Reduktionen sowie zum Vergleich die Emissionsreduktionsverpflichtungen der EU.

Prozentuale Emissionsreduktionen gegenüber 2005 SO2

NOx

VOC

NH3

PM2,5

bis 2016 erreichte Emissionsreduktionen in der Schweiz

59 %

29 %

24 %

4%

29 %

Emissionsreduktionsverpflichtungen der Schweiz für 2020

21 %

41 %

30 %

8%

26 %

Emissionsreduktionsverpflichtungen der EU für 2020

59 %

42 %

28 %

6%

22 %

Unter Berücksichtigung der Entwicklungsperspektiven in der Wirtschaft, beim Verkehr, beim Energieverbrauch und in der Agrarpolitik kann davon ausgegangen werden, dass dank der schrittweisen Umsetzung der bereits beschlossenen Massnahmen die landesspezifischen Emissionsreduktionsverpflichtungen bis 2020 in 5677

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Reichweite sein dürften. Eine Überprüfung der Einhaltung dieser Zielwerte wird 2022 mit der Submission der nationalen Emissionsdaten 2020 an die UNECE erfolgen. Die Emissionsreduktionsverpflichtungen des revidierten Protokolls stellen einen Zwischenschritt zur Erreichung der Zielsetzungen der schweizerischen Umweltschutzgesetzgebung ­ namentlich des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 19835 und der Luftreinhalte-Verordnung vom 16. Dezember 19856 (LRV) ­ sowie des Konzepts vom 11. September 2009 betreffend lufthygienische Massnahmen des Bundes7 dar (siehe Ausführungen unter Ziff. 4.2).

Anhang III: Diese Änderungen betreffen die Festlegung der geografischen Gebiete in Kanada und in der Russischen Föderation, in denen Massnahmen zur Emissionsreduktion durchgeführt werden müssen. Sie sind für die Schweiz nicht relevant.

Anhang IV: Diese Änderungen betreffen die Verschärfung der Grenzwerte für Emissionen von SO2 aus ortsfesten Anlagen und der entsprechenden Messvorschriften. Diese Anforderungen stehen im Einklang mit der LRV.

Anhang V: Diese Änderungen betreffen die Verschärfung der Grenzwerte für Emissionen von NOx aus ortsfesten Anlagen und der entsprechenden Messvorschriften.

Diese Anforderungen stehen im Einklang mit der LRV.

Anhang VI: Diese Änderungen betreffen die Verschärfung der Grenzwerte für Emissionen von flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) aus ortsfesten Anlagen und der entsprechenden Messvorschriften. Die Anforderungen an Lagertanks für Benzin und Tankstellen stehen im Einklang mit der LRV. Da die Schweiz mit der Lenkungsabgabe auf VOC8 eine gemäss Artikel 3 Ziffern 2 und 3 des Protokolls zulässige alternative Strategie zur Emissionsminderung bei der Verwendung von organischen Lösungsmitteln in industriellen und gewerblichen Anlagen anwendet, ist hingegen eine Übernahme der entsprechenden VOC-Emissionsgrenzwerte nicht vorgesehen.

Anhang VII: Diese Änderungen betreffen die Anpassung der Fristen für die Anwendung der Emissionsgrenzwerte sowie flexible Übergangsbestimmungen zur Verlängerung dieser Fristen, die von neu beitretenden Protokollparteien beansprucht werden können.

Anhang VIII: Diese Änderungen betreffen die Anpassung der Grenzwerte für Treibstoffe und neue mobile Quellen. Die Grenzwerte für Strassenfahrzeuge stehen im Einklang mit der Verordnung vom 19. Juni 19959 über
die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS). Die Grenzwerte für nicht auf Strassen benutzte mobile Maschinen stehen im Einklang mit der LRV. Die Grenzwerte für Lokomotiven und Triebwagen stehen im Einklang mit den Ausführungsbestimmungen zur Eisenbahnverordnung vom 23. November 198310. Die Grenzwerte für Binnenschiffe

5 6 7 8 9 10

SR 814.01 SR 814.318.142.1 BBl 2009 6585 Verordnung vom 12. Nov. 1997 über die Lenkungsabgabe auf flüchtigen organischen Verbindungen (VOCV, SR 814.018) SR 741.41 SR 742.141.1

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und Sportboote stehen im Einklang mit der Verordnung vom 14. Oktober 2015 11 über die Anforderungen an Schiffsmotoren auf schweizerischen Gewässern. Die Qualitätsanforderungen für Benzin und Dieseltreibstoff stehen im Einklang mit der LRV.

Anhang IX: Diese Änderungen betreffen lediglich redaktionelle Anpassungen. Die Massnahmen zur Begrenzung der Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft sind nicht geändert worden.

Anhang X: Dieser neue Anhang enthält Grenzwerte für Emissionen von partikelförmigen Stoffen aus ortsfesten Anlagen und die entsprechenden Messvorschriften.

Diese Anforderungen stehen im Einklang mit der LRV.

Anhang XI: Dieser neue Anhang enthält Grenzwerte für den VOC-Gehalt von Produkten. Da die Schweiz mit der Lenkungsabgabe auf VOC eine alternative Strategie zur Emissionsminderung anwendet, wäre eine parallele Regelung über Grenzwerte wirtschaftlich nicht sinnvoll. Gestützt auf den in Artikel 3 Ziffer 7 des geänderten Protokolls enthaltenen Vorbehalt ist deshalb eine Umsetzung dieser Grenzwerte nicht vorgesehen.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund und die Kantone

Die Umsetzung des revidierten Protokolls bewirkt weder beim Bund noch bei den Kantonen zusätzliche personelle oder finanzielle Verpflichtungen. Die bestehenden Verpflichtungen bezüglich der jährlichen Berichterstattung über die Emissionen und die Immissionen (Konzentrationen in der Luft und Depositionen in Ökosysteme) von Luftschadstoffen werden im bisherigen Rahmen weitergeführt. Der entsprechende Aufwand von rund 400 000 Franken pro Jahr wird weiterhin aus den entsprechenden Rubriken des ordentlichen Budgets des UVEK (BAFU) bestritten.

3.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Wie oben im Einzelnen dargelegt wurde, stehen die Anforderungen und insbesondere die Emissionsbegrenzungen des geänderten Protokolls im Einklang mit den entsprechenden schweizerischen Rechtsgrundlagen sowie mit nationalen Strategien und politischen Programmen. Das geänderte Protokoll hat somit keine zusätzlichen Auswirkungen auf die Wirtschaft.

11

SR 747.201.3

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3.3

Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Umwelt

Modellrechnungen12 haben gezeigt, dass die geringeren Schadstoffbelastungen infolge der Reduktion der Emissionen eine Verbesserung der menschlichen Gesundheit und des Schutzes von empfindlichen Ökosystemen bewirken werden. Die nachstehende Tabelle veranschaulicht die Entwicklung, die für die Schweiz bis 2020 gegenüber dem Referenzjahr 2005 zu erwarten ist.

2005

2020

Verbesserung 2005­2020

7

5

30 %

Krankheit durch Feinstaub und Ozon (Anzahl Fälle pro Jahr pro Million Einwohner)

604

446

26 %

Versauerung (Flächenanteil empfindlicher Ökosystemea mit übermässiger Belastung durch Säuredeposition)

12 %

5%

57 %

Eutrophierung (Flächenanteil empfindlicher Ökosystemeb mit übermässiger Belastung durch Stickstoffdeposition)

75 %

66 %

11 %

6%

5%

24 %

Mortalität durch Feinstaub (Reduktion der durchschnittlichen Lebenswartung in Monaten)

Ertragseinbussen bei Weizen durch Ozon a b

z. B. Wälder, Bergseen z. B. Wälder, Trockenwiesen, Moore

Selbstverständlich lassen sich diese Verbesserungen nur erzielen, wenn alle Vertragsparteien ihre Emissionen im vereinbarten Masse verringern. Die Aufstellung macht deutlich, dass sich die Situation in Bezug auf die Gesundheit und die Versauerung von Ökosystemen erheblich verbessern wird. Ferner tragen die vorgesehenen Verringerungen der Emissionen von Stickoxiden und flüchtigen organischen Verbindungen ebenfalls zu einer Verbesserung im Bereich der übermässigen Ozonbelastung bei. Hinsichtlich der Eutrophierung sind die Verbesserungen weniger stark ausgeprägt, da die internationalen Bemühungen zur Reduktion der Emissionen von Ammoniak ­ vor allem aus der Landwirtschaft ­ noch ungenügend sind.

12

UNECE Guidance Document on health and environmental improvements, using new knowledge, methods and data; ECE/EB.AIR/124

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4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 27. Januar 201613 zur Legislaturplanung 2015­2019 noch im Bundesbeschluss zur Legislaturplanung vom 14. Juni 2016 14 angekündigt. Die Umsetzung des geänderten Protokolls ist aus Sicht des Umweltschutzes dennoch angezeigt, zumal sie keinen Erlass von Bundesgesetzen und keine Anpassungen des Verordnungsrechts erfordert.

4.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

Im Konzept vom 11. September 2009 betreffend lufthygienische Massnahmen des Bundes (LRK) hat der Bundesrat Emissionsreduktionsziele für die wichtigsten Luftschadstoffe festgelegt. In der nachfolgenden Tabelle sind diese im Vergleich mit den Emissionsreduktionsverpflichtungen des revidierten Protokolls dargestellt.

SO2

Emissionsreduktionsziele des Luftreinhaltekonzepts des Bundes (gegenüber 2005) Emissionsreduktionsverpflichtungen der Schweiz für 2020 (gegenüber 2005) gemäss revidiertem Protokoll von Göteborg

VOC

NH3

PM2,5

­(a) ca. 50 % 20­30 %

ca. 40 %

­(b)

8%

26 %

21 %

NOx

41 %

30 %

(a)

Das LRK verlangt bezüglich SO2 lediglich vorsorgliche Massnahmen, um den Wiederanstieg zu verhindern. Die Emissionsreduktionsverpflichtung gemäss dem revidierten Protokoll ist jedoch mit der bis 2016 erreichten Reduktion bereits bei Weitem eingehalten.

(b) Das LRK enthält ein Emissionsreduktionsziel von ca. 45 % für die gröbere Fraktion des Feinstaubs (PM10). Da die feinere Fraktion (PM2,5) eng mit PM10 korreliert ist, ist das Ziel des LRK bezüglich Feinstaub deutlich strenger als die Emissionsreduktionsverpflichtung gemäss dem revidierten Protokoll.

Aus der obigen Tabelle ist ersichtlich, dass die bis 2020 zu erreichenden Emissionsreduktionsverpflichtungen des revidierten Protokolls einen Zwischenschritt zur Erreichung der Ziele des Luftreinhaltekonzepts des Bundes darstellen. Um dessen ökologische und gesundheitliche Zielsetzungen zu erreichen, sind künftig in der Schweiz und in Europa weitere Verringerungen der Schadstoffemissionen erforderlich. Ziellücken bestehen insbesondere beim Ammoniak und beim Feinstaub. Diese müssen in erster Linie durch weitere Minderungsmassnahmen in der Landwirtschaft

13 14

BBl 2016 1105 BBl 2016 5183

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bzw. durch die Umsetzung der neuen Vorschriften15 für Holzheizungen geschlossen werden.

In der Botschaft vom 18. Mai 201616 zu einem Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2018­2021 hat der Bundesrat die Notwendigkeit weiterer Massnahmen zur Steigerung der Ressourceneffizienz und zur Senkung der Ammoniakemissionen bekräftigt. Die bestehenden und die neuen Programme im Rahmen der Ressourceneffizienzbeiträge sollen dazu beitragen, in diesem Bereich Fortschritte zu erzielen und das in der Agrarpolitik 2014­2017 festgelegte Reduktionsziel der Ammoniakemissionen zu erreichen. Dieses Reduktionsziel steht im Einklang mit der Emissionsreduktionsverpflichtung des revidierten Protokolls.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die EU sowie alle 28 EU-Mitgliedsstaaten sind Vertragspartei des UNECE-Übereinkommens über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung. Die EU und die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten sind ebenfalls Partei des GöteborgProtokolls.

Die Verpflichtungen des revidierten Protokolls werden über mehrere Rechtsinstrumente in EU-Recht umgesetzt. Die Richtlinie 2016/2284/EU vom 14. Dezember 201617 über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe übernimmt die Emissionsreduktionsverpflichtungen des revidierten GöteborgProtokolls und legt darüber hinaus Reduktionsziele für 2030 fest. Weiterhin wurde die Richtlinie 2015/2193/EU vom 25. November 201518 zur Begrenzung der Emissionen bestimmter Schadstoffe aus mittelgrossen Feuerungsanlagen in die Luft beschlossen. Beide Richtlinien werden neben den älteren EU-Richtlinien zur Emissionsbegrenzung an der Quelle, namentlich der Richtlinie 2010/75/EU vom 24. November 201019 über Industrieemissionen und der Richtlinie 2004/42/EG vom 21. April 200420 über die Begrenzung der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen aufgrund der Verwendung organischer Lösemittel in bestimmten Farben und Lacken und in Produkten der Fahrzeugreparaturlackierung gelten.

Die EU hat am 30. August 2017 die Annahme der Änderungen des Protokolls von Göteborg bei den Vereinten Nationen notifiziert. Die Annahme der Protokolländerungen durch die Mitgliedsstaaten der EU ist zusätzlich erforderlich.

15 16 17 18 19 20

Gemäss Änderung der LRV vom 11. April 2018.

BBl 2016 4503 ABl. L 344 vom 17.12.2016, S. 1 ABl. L 313 vom 28.11.2015, S. 1 ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17 ABl. L 143 vom 30.4.2004, S. 87; zuletzt geändert durch Richtlinie 2010/79/EU, ABl. L 304 vom 20.11.2010, S. 18

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6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)21, wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV erteilt dem Bundesrat die Zuständigkeit, Verträge zu unterzeichnen und zu ratifzieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (Art. 24 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dez. 200222, ParlG; Art. 7a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199723). Im vorliegenden Fall besteht keine solche Delegation an den Bundesrat, sodass die Änderung des Protokolls von Göteborg durch die Bundesversammlung genehmigt werden muss. Artikel 13 Absatz 3 des Protokolls sieht ausschliesslich die Annahme als Ausdruckform der Zustimmung vor. Der Bundesrat kann somit lediglich eine Annahmeurkunde beim Generalsekretär der Vereinten Nationen deponieren. Die rechtlichen Auswirkungen sowie die auf internationaler Ebene für eine Annahme zu befolgenden Verfahrensregeln sind allerdings die gleichen wie für eine Ratifikation.

6.2

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 ParlG sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten. Die Umsetzung des revidierten Protokolls erfordert zwar keinen Erlass von Bundesgesetzen und keine Anpassungen des Verordnungsrechts. Entscheidend dafür, dass die Vorlage dem fakultativen Referendum zu unterstellen ist, ist aber unabhängig von der aktuellen Rechtslage in der Schweiz, dass das revidierte Protokoll wichtige rechtsetzende Bestimmungen gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV enthält. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung der Protokolländerung ist deshalb dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 BV zu unterstellen.

21 22 23

SR 101 SR 171.10 SR 172.010

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Das materielle Umweltrecht der Schweiz ­ insbesondere nach der Änderung vom 11. April 2018 der LRV ­ entspricht bereits den Anforderungen des revidierten Protokolls. Da im Rahmen der erwähnten Änderung der LRV ein Vernehmlassungsverfahren24 durchführt wurde, wurde vorliegend gestützt auf Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200525 auf die Durchführung eines Vernehmlassungsverfahrens verzichtet.

24

25

Vernehmlassung zur Änderung der LRV vom 13. April 2017 bis zum 26. Juli 2017.

Die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens sind zu finden unter www.bundesrecht.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen 2017 > UVEK > Verordnungspaket Umwelt Frühling 2018.

SR 172.061

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