Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen über die Ermittlung der Ergebnisse eidgenössischer Volksabstimmungen mit technischen Mitteln vom 30. November 2018

Sehr geehrte Frau Regierungspräsidentin Sehr geehrter Herr Regierungspräsident Sehr geehrte Mitglieder der Kantonsregierungen Gestützt auf die Artikel 84 und 91 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 19761 über die politischen Rechte (BPR) und auf Artikel 9 des Messgesetzes vom 17. Juni 20112 (MessG) legt der Bundesrat mit diesem Kreisschreiben die Anforderungen an technische Mittel zur Ermittlung der Ergebnisse eidgenössischer Volksabstimmungen und an ihren Einsatz fest und regelt das Gesuchverfahren für bewilligungspflichtige technische Hilfsmittel.

Wie bei der rein manuellen Ergebnisermittlung stellen die Kantone auch beim Einsatz technischer Mittel die reibungslose und präzise Erhebung der Abstimmungsergebnisse sicher.

Der Einsatz technischer Mittel, für die zum Zeitpunkt des vorliegenden Kreisschreibens bereits eine Bewilligung des Bundesrates vorliegt, erfordert keine erneute Gesuchstellung. Die Ausdehnung der Anwendung bewilligter E-Counting-Verfahren auf weitere Kantone und Gemeinden ist bei der Bundeskanzlei zu melden.

Dieses Kreisschreiben revidiert das Kreisschreiben des Bundesrates vom 18. Mai 20163 an die Kantonsregierungen über die Ermittlung der Ergebnisse eidgenössischer Volksabstimmungen mit technischen Mitteln und setzt in Ziffer 3.4 die Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 5. September 20174 um.

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SR 161.1 SR 941.20 BBl 2016 4099 BBl 2018 149, 2018 3173

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Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen über die Ermittlung der Ergebnisse eidgenössischer Volksabstimmungen mit technischen Mitteln

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Wir versichern Sie, sehr geehrte Frauen Präsidentinnen und Herren Präsidenten, sehr geehrte Mitglieder der Kantonsregierungen, unserer vorzüglichen Hochachtung.

30. November 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Inhalt des Kreisschreibens

Das vorliegende Kreisschreiben beinhaltet in Bezug auf den Einsatz technischer Mittel zur Ermittlung von Ergebnissen oder Teilergebnissen eidgenössischer Volksabstimmungen die folgenden Bestimmungen: a.

Die generelle Ermächtigung der Kantone zum Einsatz von Zählmaschinen (analog Banknotenzählern) und Präzisionswaagen zur Ermittlung von Ergebnissen eidgenössischer Volksabstimmungen5 wird weitergeführt (Ziff. 2).

b.

Die Voraussetzungen und Mindestanforderungen an den Einsatz von Verfahren mit elektronischer Erfassung und Auszählung von Stimmzetteln (E-Counting; Ziff. 3).

c.

Für Verfahren mit technischen Hilfsmitteln, die weiterhin einer Bewilligung des Bundesrates bedürfen, wird der Prozess der Gesuchstellung definiert (Ziff. 4).

d.

Beim Einsatz technischer Hilfsmittel wird schliesslich ein Erfahrungsaustausch zwischen den Kantonen angeregt (Ziff. 5).

Die elektronische Stimmabgabe und der Einsatz technischer Mittel zur Übermittlung oder Zusammenführung elektronisch erfasster Teilergebnisse sind nicht Gegenstand dieses Kreisschreibens.

2

Einsatz von Zählmaschinen und Präzisionswaagen

Die Kantone sind weiterhin ermächtigt, Verfahren einzusetzen, bei denen Stimmzettel zur Ergebnisermittlung vorsortiert und mittels Zählmaschinen (analog Banknotenzählern) oder Präzisionswaagen mechanisch beziehungsweise physikalisch gezählt werden. Diese Ermächtigung ist an folgende Bedingungen gebunden:

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a.

Die korrekte Ermittlung des Abstimmungsergebnisses ist, je nach Art der eingesetzten Hilfsmittel, durch angemessene Verfahren und Kontrollen sicherzustellen. Besondere Aufmerksamkeit ist den manuellen Vorarbeiten für den Einsatz technischer Hilfsmittel zu widmen, damit keine Fehlzuteilungen aussortierter Stimmzettel vor dem maschinellen Zählen oder dem normierten Präzisionswägen unterlaufen.

b.

Messmittel, insbesondere Präzisionswaagen, die für die maschinelle Stimmenzählung verwendet werden, müssen für den vorgesehenen Einsatz geeignet und vom Eidgenössischen Institut für Metrologie (METAS) zugelassen sein.

c.

Bei Verwendung von Präzisionswaagen muss unmittelbar vor der Stimmenzählung mittels bekannter Anzahl Stimmzettel ein Referenzwert (Gewicht) bestimmt werden. Dieser Referenzwert muss periodisch und nach Abschluss der Stimmenzählung überprüft werden. Dabei darf keine Abweichung zum ursprünglich bestimmten Referenzwert feststellbar sein. Beim Einsatz von BBl 2003 419

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Zählmaschinen muss die korrekte Funktionsweise der eingesetzten Geräte durch geeignete Massnahmen sichergestellt werden (z. B. mittels manuell ausgezählter Anzahl Stimmzettel).

Nicht von diesen Regeln erfasst wird der zusätzliche Einsatz technischer Mittel allein zu Kontrollzwecken nach einer vollumfänglichen Handauszählung.

3 3.1

Verfahren mit elektronischer Erfassung und Auszählung von Stimmzetteln (E-Counting) Bewilligte E-Counting-Verfahren

Die beiden Verfahren mit elektronischer Erfassung und Auszählung von Stimmzetteln gelten als bewilligt: a.

Maschinenlesbare Stimmzettel werden durch ein optisches Lesegerät erfasst und ausgewertet.

b.

Maschinenlesbare Stimmzettel werden durch einen Scanner erfasst und durch eine nachgelagerte Software interpretiert und ausgewertet.

Für den Einsatz derselben Verfahren in weiteren Kantonen und Gemeinden muss nicht erneut ein Gesuch beim Bundesrat gestellt werden.

3.2

Meldungen der Kantone zum Einsatz bewilligter E-Counting-Verfahren

Die Kantone melden der Bundeskanzlei den Einsatz von bewilligten Verfahren nach Ziffer 3.1 oder deren Ausdehnung auf weitere Gemeinden des Kantonsgebiets vor dem erstmaligen Einsatz.

Die Kantone sichern gegenüber der Bundeskanzlei explizit die Erfüllung sämtlicher Kriterien in Bezug auf die maschinenlesbaren Stimmzettel (Ziff. 3.3) und die Gewährleistung der Vertrauenswürdigkeit (Ziff. 3.4) zu. Die Bundeskanzlei kann entsprechende Belege einfordern.

Der Meldung über den erstmaligen Einsatz eines bewilligten Verfahrens sind die kantonalen und nötigenfalls die kommunalen Rechtsgrundlagen für den Einsatz des Verfahrens beizulegen.

3.3

Anforderungen an maschinenlesbare Stimmzettel

Die maschinenlesbaren Stimmzettel müssen inhaltlich und formal gemäss den vom Bund zur Verfügung gestellten Stimmzetteln ausgestaltet sein. Namentlich gilt Folgendes: a.

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Die Abstimmungsfragen müssen einschliesslich Hervorhebungen integral übernommen werden.

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b.

Die Bundesvorlagen sind an erster Stelle und in der vorgegebenen Reihenfolge aufzuführen. Sie sind durch einen entsprechenden Titel und durch die Platzierung des Bundeswappens von kantonalen und kommunalen Abstimmungsvorlagen abzugrenzen.

c.

Die Abstimmungsfragen dürfen nicht auf die Vorder- und die Rückseite eines Stimmzettels aufgeteilt werden. Reicht der Platz auf der Vorderseite eines Stimmzettels zur Darstellung sämtlicher Bundesvorlagen nicht aus, so muss ein zusätzlicher Stimmzettel verwendet oder auf ein anderes Papierformat ausgewichen werden.

Der Kanton reicht der Bundeskanzlei vor jeder eidgenössischen Volksabstimmung für jedes auf seinem Gebiet eingesetzte Verfahren ein Belegexemplar der zu verwendenden Stimmzettel zur Überprüfung ein. Die Bundeskanzlei visiert die Exemplare und nimmt allenfalls Korrekturen vor. Die Kantone stellen sicher, dass nur von der Bundeskanzlei visierte Stimmzettel eingesetzt werden.

Auch beim Einsatz von maschinenlesbaren Stimmzetteln muss für die eidgenössischen Vorlagen gewährleistet sein, dass die Stimmberechtigten auf Ersuchen hin die Stimmzettel in der Amtssprache ihrer Wahl zugestellt erhalten.

3.4

Massnahmen zur Gewährleistung der Vertrauenswürdigkeit

Die Kantone, auf deren Gebiet E-Counting-Verfahren zum Einsatz gelangen, stellen sicher, dass die nachfolgenden, zur Gewährleistung der Vertrauenswürdigkeit notwendigen Massnahmen umgesetzt werden: a.

Potenzielle Schwachstellen (bspw. bei der Datensicherheit) und potenzielle Bedrohungen (bspw. missbräuchlicher Zugriff auf Daten) müssen in gewählten Abständen erhoben werden. Es muss sichergestellt sein, dass erhöhte Risiken rechtzeitig reduziert werden.

b.

Sämtliche Personen, die auf die für die Vertrauenswürdigkeit entscheidenden Komponenten und Daten zugreifen können, müssen identifizierbar sein.

Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf die Verwendung von internen, gesicherten Netzwerken.

c.

Es muss sichergestellt sein, dass die eingesetzten technischen Mittel (insb.

Scanner, Lesegeräte) korrekt kalibriert sind.

d.

Die eingegangenen Stimmzettel sind im Hinblick auf ihre korrekte Erfassung und Interpretation durch die eingesetzten technischen Mittel einer vorgängigen Prüfung zu unterziehen.

e.

Die mit technischen Mitteln ermittelten Abstimmungsergebnisse sind zu plausibilisieren. Dazu muss eine zufällige, repräsentative Stichprobe von Stimmzetteln herangezogen und manuell ausgewertet werden. Das Verfahren zur Ziehung der Stichprobe ist in Abhängigkeit von den jeweiligen Umständen (Zählkreise, Stimmbeteiligung etc.) festzulegen. Der Umfang ist so

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zu wählen, dass die durchgehend korrekte Funktionsweise der technischen Mittel statistisch hinreichend (signifikant) belegt werden kann.

f.

Der Einsatz der technischen Mittel ist in einem Betriebskonzept zu regeln.

Dieses beschreibt die eingesetzte Technologie, die manuellen und technischen Abläufe sowie die Massnahmen zur Gewährleistung der Datensicherheit und zur Plausibilisierung der mit den technischen Mitteln ermittelten Ergebnisse.

Die Bundeskanzlei unterstützt die Kantone bei der Umsetzung der Massnahmen zur Gewährleistung der Vertrauenswürdigkeit. Sie stellt insbesondere zusammen mit den Kantonen sicher, dass für den Einsatz der technischen Mittel Betriebskonzepte gemäss Buchstabe f vorliegen.

4 4.1

Bewilligung des Bundesrates nach Art. 84 Abs. 2 BPR Gesuche an den Bundesrat

In folgenden Fällen bedarf es für den Einsatz technischer Mittel zur Ermittlung der Ergebnisse oder Teilergebnisse eidgenössischer Volksabstimmungen weiterhin einer vorgängigen Bewilligung des Bundesrates: a.

Einsatz neuer technischer Hilfsmittel beziehungsweise Verfahren, die nicht den Mitteln und Verfahren gemäss den Ziffern 2 und 3.1 entsprechen;

b.

Einsatz von E-Counting-Verfahren (vgl. Ziff. 3) bei den Nationalratswahlen.

Die Kantonsregierung stellt dazu dem Bundesrat ein Gesuch. Dieses ist bei der Bundeskanzlei einzureichen.

Das Gesuch muss vor dem geplanten erstmaligen Einsatz des neuen Verfahrens eingereicht werden. Für die Behandlung des Gesuches durch die Bundeskanzlei und den Bundesrat ist von den Kantonen eine Frist von drei Monaten einzuplanen.

Bewilligt der Bundesrat das Verfahren, so muss für den Einsatz desselben Verfahrens in weiteren Kantonen und Gemeinden nicht erneut ein Gesuch gestellt werden.

4.2

Inhalt der Gesuche

Der Einsatzbereich des technischen Mittels muss sachlich und örtlich klar ausgewiesen und eingegrenzt werden.

Es ist ein Betriebskonzept einzureichen, das die eingesetzte Technologie, die manuellen und technischen Abläufe sowie die Massnahmen zur Gewährleistung der Datensicherheit und zur Plausibilisierung der mit den technischen Mitteln ermittelten Ergebnisse beschreibt.

Der gesuchstellende Kanton erklärt, wodurch die Vertrauenswürdigkeit des Verfahrens und insbesondere der erhobenen Ergebnisse gewährleistet ist. Er weist die dafür entscheidenden Prozessschritte und Komponenten aus. Die Bundeskanzlei steht den Kantonen bei der Erarbeitung des Betriebskonzepts beratend zur Seite.

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Bedingt das Verfahren die Verwendung anderer als der vom Bund zur Verfügung gestellten Stimmzettel, so sind dem Gesuch Belegexemplare der vorgesehenen Stimmzettel beizulegen. Sie sollen einen Urnengang simulieren, an dem sowohl eidgenössische als auch kantonale und kommunale Vorlagen zur Abstimmung kommen.

Die kantonalen und die kommunalen Rechtsgrundlagen für den Einsatz des technischen Mittels sind dem Gesuch beizulegen.

5

Erfahrungsaustausch unter den Behörden

Zur Erörterung und Verbreitung bester Praktiken beim Einsatz technischer Mittel empfiehlt sich ein Erfahrungsaustausch unter den Kantonen.

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