18.028 Botschaft zum Bundesbeschluss über den Einsatz der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung ziviler Behörden beim Schutz ausländischer Vertretungen vom 2. März 2018

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, die Botschaft zum Bundesbeschluss über den Einsatz der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung ziviler Behörden beim Schutz ausländischer Vertretungen (Einsatz der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung des Kantons Bern und der Stadt Zürich im Bereich Botschaftsschutz).

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

2. März 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates: Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Übersicht Diese Botschaft hat zum Ziel, den Einsatz der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung des Kantons Bern und der Stadt Zürich beim Schutz von ausländischen Vertretungen festzulegen. Gemäss Artikel 70 Absatz 2 des Militärgesetzes vom 3. Februar 1995 (MG) müssen länger als drei Wochen dauernde Assistenzdiensteinsätze der Armee, für die mehr als zehn Armeeangehörige gleichzeitig aufgeboten werden (Art. 70 Abs. 3 MG), von der Bundesversammlung genehmigt werden. Mit dem vorliegenden Bundesbeschluss beantragt der Bundesrat die Genehmigung dieser Unterstützung für 2019.

Der Einsatz der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung ziviler Behörden beim Schutz ausländischer Vertretungen endete am 31. Dezember 2017, wie gemäss Bundesbeschluss vom 7. September 2015 über die Einsätze der Armee zur Unterstützung ziviler Behörden beim Schutz ausländischer Vertretungen und bei Sicherheitsmassnahmen im Luftverkehr vorgesehen.

Der Bundesrat hat beschlossen, ab 2018 eine bestimmte Anzahl Angehörige der Armee mit dem Ziel des Kompetenzerhalts beim Schutz diplomatischer Vertretungen und bei Sicherheitsmassnahmen im Luftverkehr einzusetzen, so wie es die neuen Gesetzesgrundlagen vorsehen, die am 1. Januar 2018 in Kraft getreten sind.

Um ihren Verpflichtungen nachkommen zu können und mehr Zeit für die Rekrutierung des benötigten zivilen Personals zu erhalten, haben der Kanton Bern und die Stadt Zürich für das Jahr 2019 um Unterstützung durch die Armee ersucht. Der Bundesrat beantragt der Bundesversammlung die Genehmigung dieses Einsatzes der Armee zur subsidiären Unterstützung beim Schutz ausländischer Vertretungen mit maximal 32 Armeeangehörigen vom 1. Januar bis 31. Dezember 2019. Diese Unterstützung entspricht den Empfehlungen der Politischen Plattform des Sicherheitsverbundes Schweiz.

Die Ausgaben für diesen Einsatz betragen rund 1,6 Millionen Franken.

Die grundlegenden Fragen zur Zukunft des Schutzes ausländischer Vertretungen und internationaler Organisationen (Botschaftsschutz) wurden im Sicherheitspolitischen Bericht 2010 und im Bericht des Bundesrates vom 2. März 2012 in Erfüllung des Postulats Malama 10.3045 vom 3. März 2010, «Innere Sicherheit. Klärung der Kompetenzen», geklärt. Die in diesem Zusammenhang empfohlenen Änderungen wurden im Rahmen der Rechtsgrundlagen für die Weiterentwicklung der
Armee vorgenommen. Der Schutz von ausländischen, völkerrechtlich geschützten Vertretungen muss durch die Kantone und Städte, in denen sie ansässig sind, gewährleistet werden.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Schutz ausländischer Vertretungen

Es ist primär Sache der Kantone, in ihrem Hoheitsgebiet die Sicherheit von Personen und Gebäuden zu gewährleisten, die unter völkerrechtlichem Schutz stehen.

Der Bund berät, koordiniert und unterstützt wo nötig. Diese Aufteilung wurde im Bericht vom 2. März 20121 in Erfüllung des Postulats Malama 10.3045 bestätigt.

Zum Schutz ausländischer Vertretungen arbeiten die Polizeikorps der Kantone Bern, Genf und Waadt sowie der Stadt Zürich mit dem Bund zusammen. Die Stadt Zürich verfügt über ein städtisches Polizeikorps, das im Auftrag des Kantons die völkerrechtlichen Schutzpflichten im Stadtgebiet erfüllt. In den übrigen Kantonen fällt diese Pflicht aus organisatorischen (Einheitspolizei in Bern und Genf) oder geografischen Gründen (Waadt) in die Zuständigkeit der Kantonspolizei.

Mit Bundesbeschluss vom 7. September 20152 genehmigte die Bundesversammlung eine letzte Verlängerung des Einsatzes der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung ziviler Behörden beim Schutz ausländischer Vertretungen (Mission Amba Centro) bis zur Umsetzung der Rechtsgrundlagen für die Weiterentwicklung der Armee, jedoch längstens bis Ende 2018. Diese zeitliche Flexibilität wurde damals vorgesehen, weil 2015 noch nicht absehbar war, wann die Änderung vom 18. März 20163 des Militärgesetzes vom 3. Februar 19954 (MG) in Kraft treten würde. Das den Kantonen Bern und Genf sowie der Stadt Zürich zur Verfügung gestellte Armeepersonal wurde demnach bis 2018 eingeplant. Aufgrund des abschliessenden Inkrafttretens dieser Änderung am 1. Januar 2018 endete der Einsatz der Armee im Assistenzdienst am 31. Dezember 2017.

Das Ende dieser Einsätze bedeutet nicht, dass die Armeeangehörigen sich aus diesen Dienstleistungsbereichen zurückgezogen haben.

Seit Januar 2018 stellt die Armee den zivilen Behörden eine Anzahl Armeeangehörige zur Verfügung, damit diese die zur Zusammenarbeit mit den Kantonspolizeien beim Schutz ausländischer Vertretungen (sowie bei den Sicherheitsmassnahmen im Luftverkehr) notwendigen Kompetenzen erwerben und erhalten können. Dadurch kann auch ein Kontaktnetz aufrechterhalten werden, das bei einem künftigen Einsatz eine raschere und effektivere Reaktion gewährleisten soll.

Die neuen Gesetzesgrundlagen sehen denn auch vor, dass Angehörige der Armee bei Bedarf dem Zivilschutz, den zivilen Führungsorganen des
Sicherheitsverbundes Schweiz oder den Stützpunkt-Feuerwehren für eine Führungs- oder Spezialistenfunktion zur Verfügung gestellt werden können, soweit die Bedürfnisse der Armee dies zulassen (Art. 61 Abs. 1 MG). Im Übrigen kann der Bundesrat gemäss dem 1 2 3 4

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revidierten Gesetz Angehörige der Armee zivilen Behörden auf Dauer zur Koordination zur Verfügung stellen, damit die Armee Unterstützungsaufgaben rasch und wirksam erfüllen kann (Art. 61 Abs. 3 MG). In der Botschaft vom 3. September 20145 zur Änderung der Rechtsgrundlagen für die Weiterentwicklung der Armee finden sich die folgenden Erwägungen zu diesem neuen Artikel: «Damit die Zusammenarbeit im Ernstfall reibungslos funktionieren kann, soll die Möglichkeit geschaffen werden, einzelne Angehörige des militärischen Personals, insbesondere der Militärpolizei, sowie einzelne Durchdiener den zivilen Behörden schon in der ordentlichen Lage zur Verfügung zu stellen, damit die Armee die entsprechenden Kompetenzen, insbesondere die Zusammenarbeit mit der zivilen Polizei und dem Grenzwachtkorps, trainieren und erhalten kann. Die eingesetzten Angehörigen der Armee befinden sich folglich im Ausbildungsdienst. Durch diesen permanenten Austausch kann auch ein Kontaktnetz geknüpft werden, das in einem späteren Assistenzdiensteinsatz von Vorteil sein wird.» In diesem Sinne hat der Bundesrat am 20. Dezember 2017 beschlossen, eine Anzahl Armeeangehörige zum Erhalt der Kompetenzen beim Schutz von diplomatischen Vertretungen einzusetzen. Die Politische Plattform des Sicherheitsverbundes Schweiz unterstützte dieses Vorhaben. Dabei ist der zur Verfügung gestellte Armeepersonalbestand auf dem tiefstmöglichen Niveau zu halten, das zum Kompetenzerhalt notwendig ist. Die Politische Plattform hat ausserdem eine Arbeitsgruppe beauftragt, ab 2018 grundlegende Überlegungen zum künftigen Bedarf hinsichtlich des Kompetenzerhalts anzustellen.

2

Gesuche des Kantons Bern und der Stadt Zürich

Im Bereich des Schutzes von ausländischen Vertretungen setzt das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) im Jahr 2018 maximal 44 Angehörige der Armee zum Kompetenzerhalt ein. Auf diese Anzahl, die bereits 2015 in Gesprächen als Vorschlag genannt wurde, haben sich die Kantone Bern und Genf sowie die Stadt Zürich bei ihrer Personalbestandsplanung für 2018 gestützt. Der Bundesrat und die Kantone sind deshalb übereingekommen, diese Zahl für das Jahr 2018 beizubehalten, damit die Polizeien ihre Planungen nicht kurzfristig anpassen müssen.

Ab 2019 muss die Armee jedoch dem Sinn der neuen Gesetzesbestimmung entsprechend ihre Präsenz auf das tiefste zum Erhalt der Kompetenzen notwendige Niveau herabsenken. Aus diesem Grund will der Bundesrat, ab 1. Januar 2019 in Bern sowie in Genf je zwei Angehörige der Militärpolizei in Vollzeit und zwei Durchdiener der Infanterie in Teilzeit behalten.

Der Kanton Bern und die Stadt Zürich, denen 2018 noch 24 Durchdiener der Infanterie beziehungsweise 8 Angehörige der Militärpolizei zur Verfügung stehen, haben mitgeteilt, dass sie nicht in der Lage sein werden, die Reduktion der Anzahl Armeeangehörige schon ab dem 1. Januar 2019 durch ziviles Personal zu kompensieren.

Mit Schreiben vom 29. Januar 2018 und vom 6. Februar 2018 haben sie deshalb ein 5

BBl 2014 6955, hier 7011

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Gesuch für einen subsidiären Einsatz der Armee im Assistenzdienst für das Jahr 2019 gestellt.

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Sicherheitslage und Schutzniveau

Gemäss Bundesgesetz vom 21. März 19976 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) ist das Bundesamt für Polizei zuständig für die laufende Bedrohungsanalyse im Zusammenhang mit dem Schutz ausländischer Vertretungen und internationaler Organisationen. Die Lagebeurteilungen, die in Zusammenarbeit mit anderen Bundesstellen, wie dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB), erstellt wurden, erfolgen unter Einbezug zahlreicher Parameter und Indikatoren. Darunter befinden sich nebst den statistischen Erfahrungswerten auch Einschätzungen der politischen Beziehungen, Bewertungen aktueller Ereignisse, des Umfeldes, der Potenziale und Absichten von Gruppierungen im Inland sowie die Berücksichtigung von Anzeichen wachsender Gefährdungen.

Die terroristische Bedrohung ist für zahlreiche europäische Länder weiterhin hoch oder gar sehr hoch. Mit weiteren Terroranschlägen ist zu rechnen. Dass die Terrorbedrohung auch in der Schweiz weiterhin hoch ist, liegt insbesondere an den Aktivitäten und der Planung von Taten durch den «Islamischen Staat». Auch von Al-Qaïda geht weiterhin eine terroristische Bedrohung aus.

Die Schweiz ist Teil der westlichen Welt, die den Dschihadisten als islamfeindlich gilt. Sie bleibt deshalb ein mögliches Ziel von Terroranschlägen. In der Schweiz könnten vor allem die Interessen von Staaten, die sich an der Militärkoalition gegen den «Islamischen Staat» beteiligen, sowie russische, jüdische und israelische, iranische und arabische Interessen Ziele solcher Taten werden.

Die zunehmende Zahl von Anschlägen in Europa und die grosse Medienaufmerksamkeit, die sie hervorrufen, könnten auch radikalisierte Personen in der Schweiz dazu treiben, terroristische Handlungen zu begehen.

Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ist in der Lage, auf Ereignisse in Zusammenhang mit der Problematik der Kurden in der Türkei (bzw. in Syrien, im Irak und in Iran), die das Militär, die Polizei oder Sicherheitskräfte involvieren, systematisch und innert kurzer Frist mit europaweiten Protestaktionen zu reagieren. Bislang sind die Demonstrationen trotz der angespannten Lage mehrheitlich ohne Zwischenfälle verlaufen. Die türkischen Institutionen und Vertretungen sowie von nationalistisch oder islamistisch gesinnten Türken besuchte Moscheen und Zentren stellen hierfür Hauptziele dar. Proteste und Sachbeschädigungen
stehen diesbezüglich im Vordergrund.

Die erhöhte Terrorbedrohung, mit der sich die Schweiz konfrontiert sieht, hat zu Anpassungen der Sicherheitsmassnahmen geführt. Für die Konfliktherde weltweit ist mittelfristig keine nachhaltige Entspannung in Sicht, sodass von einer unverändert erhöhten Gefährdung ausgegangen werden muss und eine spürbare Reduktion der Schutzmassnahmen nicht erwartet werden kann. Um dieser Bedrohung zu begeg6

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nen, müssen die Kantone über ausreichend Personal verfügen. Die vom Kanton Bern und von der Stadt Zürich eingereichten Gesuche deuten jedoch darauf hin, dass dies noch nicht überall der Fall zu sein scheint. Die Unterstützung durch den Bund im Jahr 2019 ist weiterhin erforderlich, damit die Schweiz die Einhaltung der internationalen Verpflichtungen gewährleisten kann.

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Einsatz der Armee im Assistenzdienst

Um den Gesuchen des Kantons Bern und der Stadt Zürich nachzukommen, beantragt der Bundesrat, maximal 32 Angehörige der Armee vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2019 im Bereich des Schutzes ausländischer Vertretungen einzusetzen.

Die Armee kann Assistenzdienst leisten zur Unterstützung ziviler Behörden, namentlich beim Schutz von Personen und besonders schutzwürdigen Sachen oder bei der Bewältigung von Aufgaben, die die Behörden mangels geeigneter Personen oder Mittel nicht bewältigen können (Art. 67 Abs. 1 Bst. b und d MG).

Die Gesuche von Bern und Zürich zeigen, dass die Polizeikorps ihre Kapazitäten bereits vollständig ausschöpfen und nicht in der Lage sein werden, Personal für den Schutz ausländischer Vertretungen abzukommandieren. Für diese Aufgabe müssen die Polizeikorps spezielle Organisationseinheiten schaffen, wobei sie nicht auf ihre gewohnten Ressourcen oder jene anderer Kantone zurückgreifen können. Ohne die Unterstützung der Armee können die zivilen Behörden diese Aufgabe nicht erfüllen (Art. 67 Abs. 2 MG).

Zu den Pflichten des Staates gehören auch die völkerrechtlichen Schutzpflichten, die im Wesentlichen den Kantonen obliegen. Der Bund muss aber im Rahmen seiner Zuständigkeiten nach den Artikeln 54 Absatz 1 und 57 Absatz 2 der Bundesverfassung7 (BV) dafür sorgen, dass alle Massnahmen getroffen werden, die für die Einhaltung der internationalen Verpflichtungen der Schweiz erforderlich sind. Sind dementsprechend die Kantone nicht in der Lage, selbst die notwendigen Sicherheitsmassnahmen zu gewährleisten, so obliegt es dem Bund, ihnen angemessene Unterstützung zukommen zu lassen, damit die Schweiz ihre internationalen Verpflichtungen erfüllen kann.

Über den 31. Dezember 2019 hinaus wird der subsidiäre Einsatz nicht verlängert werden, und nur die zum Erhalt der Kompetenzen eingeteilten Armeeangehörigen werden weiterhin im Bereich des Schutzes ausländischer Vertretungen tätig sein.

Diese Verwendung ist jedoch nicht Gegenstand dieser Botschaft. Sie wird im Laufe des Jahres 2018 durch die Arbeitsgruppe des Sicherheitsverbunds Schweiz angegangen.

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Personelle und finanzielle Auswirkungen

Der Bund stellt dem Kanton Bern maximal 24 Durchdiener der Infanterie und der Stadt Zürich maximal acht Berufsmilitärs der Militärpolizei zur Verfügung. Die Kosten belaufen sich auf 1,6 Millionen Franken (24 Personen zu 25 000 Franken und 8 Personen zu 125 000 Franken). Da dieses Personal ansonsten für andere Aufgaben eingesetzt würde, verursacht der Einsatz keine zusätzlichen Kosten, sondern ist über das ordentliche Budget des VBS gedeckt.

Weil die Armeeangehörigen 2019 noch eingesetzt bleiben, sind geringere Kosten für den Bund zur Folge, da dieser den Kantonen für das zum Schutz ausländischer Vertretungen eingesetzte zivile Personal eine Entschädigung ausrichtet. Die Kantone können sich 90 Prozent der Kosten vom Bund rückerstatten lassen.

Die Anzahl Armeeangehörige soll im Laufe des Jahres 2019, abhängig von der Rekrutierung von zivilem Personal durch die zivilen Behörden, nach und nach reduziert werden. Die Sicherheitspolitischen Kommissionen beider Räte werden über den Stand und den Fortschritt der Rekrutierung von zivilem Personal informiert.

6

Verhältnis zur Legislaturplanung

Diese Vorlage ist weder in der Botschaft vom 27. Januar 20168 zur Legislaturplanung 2015­2019 noch im Bundesbeschluss vom 14. Juni 20169 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt. Sie entspricht jedoch dem Ziel 15 der Botschaft zur Legislaturplanung 2015­2019 mit dem Titel «Die Schweiz kennt die inneren und äusseren Bedrohungen ihrer Sicherheit und verfügt über die notwendigen Instrumente, um diesen wirksam entgegenzutreten». Dieses ist wie folgt umschrieben: «Die sicherheitspolitischen Instrumente sind derart auszugestalten, dass die Reaktionsfähigkeit auf eintretende Ereignisse ­ auch solche, die nicht vorhersehbar sind ­ jederzeit gewährleistet ist. Das erfordert eine optimale Kooperation aller Partner und ein wirksames und effizientes Zusammenspiel aller sicherheitspolitischen Akteure»10. Der vorliegende Bundesbeschluss ermöglicht den subsidiären Einsatz der Armee zur Unterstützung des Kantons Bern und der Stadt Zürich.

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Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Die BV weist die Verantwortung für die Wahrung der inneren Sicherheit und damit auch die Sorge für die Sicherheit von ausländischen Vertretungen und internationalen Organisationen in der Schweiz in erster Linie den zivilen Behörden der Kantone zu. Der Bund ist gehalten, das jeweilige zur Einhaltung der völkerrechtlichen Ver-

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pflichtungen in diesem Bereich gebotene Schutzniveau festzulegen und die Kantone im Rahmen seiner Möglichkeiten zu unterstützen, sofern die Kantone dieses Schutzniveau selbst nicht gewährleisten können.

Die BV schliesst die Armee nicht strikt von Aufgaben im Bereich der Wahrung der inneren Sicherheit aus. Artikel 58 Absatz 2 BV nennt die Unterstützung der zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit ausdrücklich als Teilaufgabe der Armee und überlässt es dem Gesetzgeber, der Armee weitere Aufgaben zuzuweisen. Anerkannt ist, dass die Rolle der Armee in diesem Bereich subsidiärer Natur ist. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass der Einsatz der Armee Sache des Bundes ist, die Ausübung der eigentlichen Polizeihoheit aber im Grundsatz seit jeher als originäre Kompetenz der Kantone gilt.

7.2

Subsidiarität

Für einen subsidiären Einsatz der Armee zur Wahrung der inneren Sicherheit liegt ein doppeltes Erfordernis vor (Art. 58 Abs. 2 zweiter Satz BV; Art. 1 Abs. 3 und Art. 67 Abs. 2 MG): Einerseits muss eine ausserordentliche Lage vorliegen, andererseits müssen alle geeigneten zivilen Mittel auf jeder Stufe im Einsatz sein und in personeller, materieller oder zeitlicher Hinsicht nicht ausreichen, um die Lage zu meistern. Somit ist die eigentliche Grundlast von den Kantonen zu tragen; die Armee kommt nur subsidiär bei ausserordentlichen Belastungsspitzen zum Einsatz.

Auch wenn in den letzten Jahren beim Schutz ausländischer Vertretungen von dieser Regel abgewichen wurde, wurde die Subsidiarität der Einsätze in diesem Bereich immer wieder hervorgehoben.

7.3

Dauer des Einsatzes

Der Grundsatz der Subsidiarität bezweckt in der Regel eine Befristung des Assistenzdiensteinsatzes der Armee. Der Bericht in Erfüllung des Postulats Malama zeigt aus verfassungsrechtlicher Sicht auf, dass ein Dauereinsatz der Armee, also ein Einsatz über längere Zeit, im Rahmen eines Assistenzdienstes problematisch ist, da das Kriterium der Subsidiarität nicht erfüllt wäre. Bei der Umsetzung der internationalen Verpflichtungen der Schweiz muss der Bund jedoch über die nötigen Mittel verfügen, um allfällige Defizite, unabhängig von den Ursachen, bei den Kantonen zu beheben.

7.4

Polizeibefugnisse und Schusswaffengebrauch

Die Polizeibefugnisse und der Schusswaffengebrauch der eingesetzten Truppen richten sich im Rahmen der Verordnung vom 26. Oktober 199411 über die Polizeibefugnisse der Armee nach dem schriftlichen Auftrag der zuständigen zivilen Behör11

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den. Die Schusswaffen sind dabei insbesondere verhältnismässig und unter Berücksichtigung der Umstände einzusetzen.

Die Vorgaben zu den Verhaltensregeln (Rules of Behaviour) wurden vom VBS (Bereich Verteidigung) in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement und den zivilen Behörden (Kantonspolizei) erarbeitet.

In Artikel 24 BWIS wird die Erfüllung der völkerrechtlichen Schutzpflichten geregelt. Danach treffen die Kantone in Absprache mit dem Bundesamt für Polizei die Massnahmen in ihrem Gebiet, die für die Erfüllung der völkerrechtlichen Schutzpflichten der Schweiz notwendig sind.

7.5

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die völkerrechtliche Schutzpflicht betreffend die ausländischen Vertretungen (Art. 22 und 29 des Wiener Übereinkommens vom 18. April 196112 über diplomatische Beziehungen; Art. 31 des Wiener Übereinkommens vom 24. April 196313 über konsularische Beziehungen bzw. Art. 2 Abs. 1 Bst. d­f des Gaststaatgesetzes vom 22. Juni 200714) bezieht sich einerseits auf das diplomatische und konsularische Personal und andererseits auf die Gebäude, die von ausländischen Staaten offiziell benötigt werden (Kanzlei und Residenz). Die völkerrechtliche Schutzpflicht betrifft auch die Sicherheit von ausländischen offiziellen Delegationen (Sondermissionen, internationale Konferenzen usw.). Völkerrechtlichen Schutz geniessen auch die internationalen Organisationen in der Schweiz, die ein Sitzabkommen mit dem Bundesrat abgeschlossen haben. Völkerrecht bzw. Staatsvertragsrecht verpflichten sowohl den Bund als auch die Kantone. Bei einer Verletzung der völkerrechtlichen Schutzpflicht wird der Bund als Völkerrechtssubjekt völkerrechtlich verantwortlich. Der Vollzug der Schutzpflichten richtet sich nach der innerstaatlichen Kompetenzverteilung gemäss Bundesverfassung.

7.6

Erlassform

Der Bundesrat ist gemäss Artikel 70 Absatz 1 MG für die Anordnung eines Assistenzdiensteinsatzes zuständig. Da die Einsätze der Armee im Assistenzdienst länger als drei Wochen dauern und mehr als zehn Angehörige der Armee gleichzeitig aufgeboten werden, müssen sie gemäss Artikel 70 Absätze 2 und 3 MG der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden.

12 13 14

SR 0.191.01 SR 0.191.02 SR 192.12

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Der vorliegende Bundesbeschluss stellt einen Einzelakt der Bundesversammlung dar, der in einem Bundesgesetz ausdrücklich vorgesehen ist (Art. 173 Abs. 1 Bst. h BV in Verbindung mit Art. 70 Abs. 2 MG). Da er weder rechtsetzend ist noch dem Referendum untersteht, hat er die Form eines einfachen Bundesbeschlusses (Art. 163 Abs. 2 BV).

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