Elektronische Auszählung von Stimmen (E-Counting) Kurzbericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 23. März 2018 Stellungnahme des Bundesrates vom 16. Mai 2018

Sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Kurzbericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 23. März 2018 betreffend die «Elektronische Auszählung von Stimmen (E-Counting)» nehmen wir nach Artikel 158 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

16. Mai 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Stellungnahme 1

Einleitung

Mit Stellungnahme vom 1. Dezember 20171 hat sich der Bundesrat zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) vom 5. September 20172 «Elektronische Auszählung von Stimmen (E-Counting)» und den diesbezüglichen Empfehlungen geäussert. Nach Kenntnisnahme der Stellungnahme des Bundesrates hat die GPK-N am 23. März 20183 einen ergänzenden Kurzbericht verabschiedet.

Sie ersucht den Bundesrat, bis am 25. Mai 2018 zu gewissen Aspekten vertieft Stellung zu nehmen.

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Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat hat vom Kurzbericht der GPK-N vom 23. März 2018 Kenntnis genommen. Er nimmt dazu wie folgt Stellung: Mit Kreisschreiben vom 18. Mai 20164 hat der Bundesrat zwei Verfahren mit elektronischer Erfassung und Auszählung von Stimmzetteln (E-Counting) als im Grundsatz für bewilligt erklärt und damit die Kantone beziehungsweise die Gemeinden generell zum Einsatz dieser Verfahren ermächtigt. Bei den genehmigten Verfahren werden maschinenlesbare Stimmzettel entweder durch optische Lesegeräte erfasst und ausgewertet (Einsatz in den Kantonen FR, VD und GE) oder durch einen Scanner erfasst und durch eine nachgelagerte Software interpretiert und ausgewertet (Einsatz in den Kantonen BE, BS und SG). Der Einsatz der genehmigten Verfahren setzt voraus, dass die im Kreisschreiben des Bundesrates definierten Anforderungen an maschinenlesbare Stimmzettel sowie die Massnahmen zur Gewährleistung der Vertrauenswürdigkeit der elektronisch ermittelten Ergebnisse eingehalten werden.

Das Kreisschreiben sieht explizit vor, dass die Bundeskanzlei entsprechende Belege einfordern kann.

In seiner Stellungnahme vom 1. Dezember 2017 hat der Bundesrat zur Empfehlung 1 der GPK-N sodann zugesichert, künftig explizit zu verlangen, dass Gemeinwesen, welche die abgegebenen Stimmen elektronisch auszählen, über Betriebskonzepte verfügen sollen. Dies betrifft auch jene Gemeinwesen, welche die oben genannten Verfahren bereits heute einsetzen.

Im Zusammenhang mit den bereits genehmigten (und im Einsatz stehenden) Verfahren sieht der Bundesrat vor, die Kantone mit der periodischen Überprüfung der ­ in der überwiegenden Mehrheit der Fälle ­ kommunalen Betriebskonzepte zu beauftragen. Die Kantone nehmen in diesem Zusammenhang eine Vollzugsaufgabe wahr.

Der Bundesrat bleibt jedoch weiterhin Genehmigungsinstanz für Verfahren mit tech1 2 3 4

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nischen Mitteln, und er wird die Anforderungen an die Betriebskonzepte im Kreisschreiben erlassen.

Die Kantone sollen grundsätzlich die Vollständigkeit der Betriebskonzepte überprüfen. Überdies kann die Bundeskanzlei kontrollieren, ob ein Kanton seinen Aufsichtspflichten nachkommt. In diesem Zusammenhang wird die Bundeskanzlei punktuell auch einzelne Betriebskonzepte überprüfen sowie den Einsatz genehmigter Verfahren vor Ort begleiten. Die Bundeskanzlei ist im Rahmen ihrer bestehenden Ressourcen dazu bereit. Sie wird im Sinne der Präzisierung der GPK-N ihr Augenmerk auch auf die Kantone richten, die eine technische Infrastruktur zur elektronischen Auszählung von Stimmen selbst betreiben.

Ferner gilt es festzuhalten, dass das bestehende Kreisschreiben für den Einsatz neuer technischer Hilfsmittel beziehungsweise von Verfahren, die nicht den bereits genehmigten entsprechen, weiterhin eine Gesuchstellung an den Bundesrat vorsieht. Der Bundesrat nimmt seinen gesetzlichen Auftrag von Artikel 84 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 19765 über die politischen Rechte (BPR), der in der Genehmigung der technischen Mittel liegt, damit wahr.

Betreffend Empfehlung 2 zur Erhebung von Stichproben verfolgt der Bundesrat dasselbe Ziel wie die GPK-N, nämlich die zuverlässige Plausibilisierung der mittels E-Counting ermittelten Ergebnisse. Sollten sich im Hinblick auf die Erhebung statistisch signifikanter Stichproben restriktivere Vorgaben als notwendig erweisen, wird der Bundesrat diese erlassen.

Unter den bereits etablierten Massnahmen bildet die vorgängige Prüfung der Stimmzettel im Sinne von Empfehlung 3 eine der wichtigsten. Die Vorgehensweise sollte auch aus Sicht des Bundesrates in den Betriebskonzepten wiedergegeben werden.

Die Untersuchung der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) ­ soweit aufgrund der publizierten Zahlen nachvollziehbar ­ hat nur bei einer extrem geringen Anzahl von leeren Stimmzetteln Abweichungen zwischen der manuellen Zählung der PVK und der elektronischen Ergebnisermittlung zu Tage gefördert.

Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vom 1. Dezember 2017 darauf hingewiesen, dass ihm im Bereich der elektronischen Ergebnisermittlung (E-Counting) im Gegensatz zur elektronischen Stimmabgabe (E-Voting) keine führende Rolle zukommt. Diese Aussage beschlägt nicht die
Frage des gesetzlichen Auftrags per se, sondern den Umfang der daraus abgeleiteten Regulierungskompetenz respektive Regulierungsnotwendigkeit: Der Bericht der GPK-N sowie insbesondere die Evaluation der PVK ziehen für die gebotene Regulierung von E-Counting-Verfahren auf Bundesebene Rückschlüsse aus den Rechtsgrundlagen für E-Voting. Die Aussage des Bundesrates steht ausschliesslich in diesem vergleichenden Kontext. Artikel 8a BPR etabliert eine Grundlage für Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe (E-Voting) und überträgt dem Bundesrat den Auftrag, im Einvernehmen mit den Kantonen örtlich, zeitlich und sachlich begrenzte Versuche zu ermöglichen. Er kann Auflagen und Bedingungen festlegen oder aber Versuche jederzeit ausschliessen.

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SR 161.1

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Die Vertrauenswürdigkeit der ermittelten Ergebnisse ist sowohl für E-Counting als auch für E-Voting eine Grundvoraussetzung für deren Einsatz. Die beiden Verfahren unterscheiden sich jedoch grundlegend. Zur Plausibilisierung der Korrektheit eines ermittelten Ergebnisses kann im Fall von E-Voting naturgemäss nicht auf konventionelle Stimmzettel zurückgegriffen werden. Die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse unter gleichzeitiger Wahrung des Stimmgeheimnisses erfordert die Entwicklung hochspezialisierter Software. Damit einher geht ein wesentlich höherer Bedarf an operativer und regulatorischer Zentralisierung. Die führende Rolle des Bundesrates im Bereich des E-Voting ist aus materieller Sicht mit der hohen Komplexität zu begründen.

Bei E-Counting handelt es sich hingegen nicht um einen Stimmkanal. Zur Plausibilisierung können beim E-Counting die Ergebnisse mit Stichproben bestehend aus Stimmzetteln verglichen werden. Aus Sicht des Bundesrates ist es richtig ­ nicht zuletzt mittels Vorgaben des Bundes ­ sicherzustellen, dass eine wirksame Plausibilisierung der Ergebnisse vorgenommen wird.

Der Bundesrat ist bestrebt, seinen gesetzlichen Auftrag nach Artikel 84 Absatz 2 BPR unter Respektierung der föderalen Aufgabenteilung im Bereich von Wahlen und Abstimmungen wahrzunehmen.

Wie im Rahmen seiner Stellungnahme vom 1. Dezember 2017 dargelegt, hat der Bundesrat die Bundeskanzlei mit der Umsetzung der Empfehlungen beauftragt. Bis Ende des 3. Quartals 2018 wird die Bundeskanzlei dem Bundesrat die notwendigen Anpassungen am Kreisschreiben des Bundesrates vom 18. Mai 2016 an die Kantonsregierungen über die Ermittlung der Ergebnisse eidgenössischer Volksabstimmungen mit technischen Hilfsmitteln zum Entscheid vorlegen. Die Änderungen des Kreisschreibens werden in der Folge auch der GPK-N zugestellt.

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