01.462 Parlamentarische Initiative Die demokratische Kontrolle sichern.

Änderung des Finanzhaushaltgesetzes Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 25. März 2004

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Finanzhaushaltgesetzes. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

25. März 2004

Im Namen der Kommission Der Präsident: Hermann Weyeneth

2004-0739

2779

Übersicht Die dringlichen Kredite, welche im Herbst 2001 von der Finanzdelegation im Zusammenhang mit der Krise in der Luftfahrt («Swissair-Grounding») bewilligt worden sind, gaben Anlass, die demokratische Entscheidfindung bei der Bewilligung von dringlichen Krediten zu überprüfen. Im Nationalrat kam man anlässlich der Vorprüfung einer parlamentarischen Initiative der Fraktion der SVP zum Schluss, dass das Verfahren zur dringlichen Bewilligung von Krediten nicht nur dem Kriterium der Effizienz, sondern auch demokratischen Kriterien genügen muss.

Um den demokratischen Kriterien zu entsprechen, sollen neu die Entscheide bei der dringlichen Kreditbewilligung breiter abgestützt werden, wenn es sich um Beträge von grösserem Ausmass handelt. Es wird deshalb eine Änderung des Finanzhaushaltgesetzes vorgeschlagen, wonach auch bei dringlichen Zahlungs- und Verpflichtungskrediten die Bundesversammlung entscheiden soll, wenn die Kredite den Betrag von 250 Millionen Franken überschreiten. Die Bewilligung von dringlichen Ausgaben in unbeschränkter Höhe durch die Finanzdelegation (und erst noch nur dann, «wenn möglich») ist unter dem Gesichtspunkt der demokratischen Legitimation problematisch. Wenn dringend notwendige Kredite die gesetzlich vorgesehene Limite überschreiten, dann ist die Bundesversammlung einzuberufen, um ihre verfassungsmässige Kompetenz wahrzunehmen.

Die Analyse der in den Jahren 1990 bis 2003 im dringlichen Verfahren von der Finanzdelegation bewilligten Kredite hat gezeigt, dass es sich bei den Krediten im Falle des «Swissair-Groundings» bezüglich der Höhe um eine seltene Ausnahmeerscheinung handelte. Sollten aber wieder einmal Ausgabenbeschlüsse in unüblicher Höhe anstehen, dann soll es nun neu zwingend notwendig sein, die Bundesversammlung rechtzeitig einzubeziehen.

Anlässlich der nachträglichen Bewilligung der Kredite im Zusammenhang mit dem «Swissair-Grounding» in einer ausserordentlichen Session der Bundesversammlung wurde insbesondere als stossend empfunden, dass die Räte hier Bundesbeschlüsse zu genehmigen hatten, die sie eigentlich gar nicht ablehnen konnten. Die entsprechenden Zahlungen und Zusicherungen waren bereits gemacht. An diesem Beispiel wurde deutlich, dass die nachträgliche Beschlussfassung über bereits dringlich getätigte Ausgaben eine Fiktion ist. Wenn die Bundesversammlung
diese Bewilligung durch die Verabschiedung entsprechender Bundesbeschlüsse erteilt, nimmt sie faktisch gar keine Beschlusskompetenzen wahr, sondern übt eine Kontrollfunktion aus.

Mit den hier unterbreiteten Änderungen des Finanzhaushaltgesetzes wird deshalb vorgeschlagen, das System rechtlich so auszugestalten, dass es auch den faktischen Kompetenzen entspricht. Danach soll die Finanzdelegation Zahlungs- und Verpflichtungskredite bis zur Höhe von 250 Millionen Franken bewilligen können, ohne dass der Bundesrat der Bundesversammlung noch nachträglich einen Beschlussentwurf vorlegen muss. Die Bundesversammlung wird wie bisher ihre Kontrollfunktion

2780

im Rahmen der Abnahme der Staatsrechnung vornehmen können. Sind einzelne Ratsmitglieder der Auffassung, Bundesrat und Finanzdelegation hätten nicht richtig gehandelt, so kann zum Beispiel mittels dringlicher Interpellation die Diskussion in den Räten verlangt und geführt werden.

2781

Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Die parlamentarische Initiative der Fraktion der SVP vor dem Hintergrund des «Swissair-Groundings»

Am 10. Dezember 2001 reichte die Fraktion der SVP eine parlamentarische Initiative ein, welche eine Änderung des Finanzhaushaltgesetzes fordert. Die Initiative verlangt eine Einschränkung der dem Bundesrat für dringliche Fälle übertragenenen Budgetkompetenz gemäss Artikel 18 Absatz 1 und Artikel 31 Absatz 3 Finanzhaushaltgesetz (FHG). Es wird vorgeschlagen, dass dem Bundesrat eine Limite gesetzt werden sollte: So soll er in dringenden Fällen Zahlungs- und Verpflichtungskredite bis zu einer Höhe von maximal 100 Millionen Franken bewilligen können, wenn möglich mit vorgängiger Zustimmung der Finanzdelegation. Wird dieser Betrag überschritten, sei in jedem Fall die vorgängige Zustimmung der eidgenössischen Räte einzuholen.

Die Fraktion der SVP lancierte ihre Initiative vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der Bewilligung von dringlichen Nachtrags- und Zusatzkrediten im Zusammenhang mit den Problemen der Luftfahrt im Herbst 2001. Die Bundesversammlung stimmte im November 2001 im Nachgang zum «Swissair-Grounding» im Rahmen des «Bundesbeschlusses über die Finanzierung des Redimensionierungskonzepts für die nationale Zivilluftfahrt» (01.067, BBl 2001 6473 ff.) einem finanziellem Engagement des Bundes von über 2 Milliarden Franken zu (AB 2001 N 1473, AB 2001 S 714). Dabei stand die Bundesversammlung vor einem «fait accompli», waren doch Zahlungskredite in der Höhe von 1,2 Milliarden Franken im Oktober 2001 gestützt auf Artikel 18 FHG durch den Bundesrat mit der Zustimmung einer knappen Mehrheit der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte bereits gesprochen worden.

Auch die beiden zu beschliessenden Verpflichtungskredite in der Höhe von insgesamt 1,6 Milliarden Franken waren vom Bundesrat mit Zustimmung der Finanzdelegation bereits bewilligt worden.

Die Fraktion der SVP ortete hier ein «eklatantes Demokratiedefizit», wie sie in der Begründung zu der von ihr eingereichten parlamentarischen Initiative festhielt. Sie erblickte in der geltenden Regelung eine Überbewertung des Dringlichkeitsrechts auf Kosten des demokratischen Prinzips. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK), welche die Initiative am 5. Juli 2002 der Vorprüfung unterzog, teilte die Auffassung der Initianten. Sie vertrat die Ansicht, dass die Zuständigkeit des Bundesrates für dringliche Ausgaben in unbeschränkter Höhe
kaum mit der verfassungsmässigen Budgethoheit des Parlamentes in Einklang zu bringen sei. Im Finanzhaushaltgesetz sollte deshalb ein tauglicheres Verfahren für die Dringlichkeit festgeschrieben werden. Als eher zu tief erachtete die Kommission damals die von den Initianten festgesetzte Grenze von 100 Millionen Franken für die Zuständigkeit des Bundesrates (und der Finanzdelegation). Die Kommission verwies in ihrem Bericht darauf, dass diese Frage zusammen mit anderen Vorschlägen bei der Umsetzung der Initiative eingehend zu prüfen sei. Die Kommission beantragte dem Rat mit 17:5 Stimmen, der Initiative Folge zu geben.

2782

Die SPK hat somit eine andere Beurteilung vorgenommen als die Finanzkommission des Nationalrates, welche in einem Mitbericht vom 27. März 2002 die Ablehnung der Initiative beantragte. Die Finanzkommission hielt fest, dass die Finanzdelegation immer sehr hohe Anforderungen an die Dringlichkeit gestellt habe und sich die geltende Regelung bewährt habe. Den Rat überzeugte jedoch die Argumentation der SPK. Er stimmte am 10. März 2003 mit 91:84 Stimmen deren Antrag zu und gab somit der parlamentarischen Initiative der SVP-Fraktion Folge (AB 2003 N 167). In ihrer Stellungnahme vom 4. Februar 2004 zur mittlerweilen vorliegenden rechtlichen Umsetzung der parlamentarischen Initiative hat sich schliesslich auch die Finanzkommission mit 13 zu 9 Stimmen bei zwei Enthaltungen für eine Änderung des Status quo ausgesprochen.

1.2

Andere Vorstösse zum gleichen Thema

Die Erfahrungen mit der Kreditsprechung im Zusammenhang mit dem «SwissairGrounding» veranlasste auch andere Ratsmitglieder, die Frage der Zuständigkeiten bei der dringlichen Bewilligung von Krediten zu überdenken. So hat die Grüne Fraktion mit einer Motion (01.3654) ebenfalls gefordert, der Finanzdelegation eine Limite von hundert Millionen Franken zu setzen. Die Motion wurde zusammen mit einer dieselbe Stossrichtung verfolgenden Motion der Fraktion der SVP (01.3717) am 18. September 2002 abgelehnt. Im Rat wurde argumentiert, dass die von der SPK zur Annahme empfohlene parlamentarische Initiative der SVP-Fraktion mehr Handlungsspielraum bieten würde, um sachgerechte Lösungen zu finden, als die eng formulierten Motionen (AB 2002 N 1271). Vom Rat nicht behandelt und mittlerweile abgeschreiben wurde die Motion der damaligen Nationalrätin Dorle Vallender (01.3662). Sie hat ein abgestuftes System angeregt, wonach die Kompetenz des Bundesrates unter Zustimmung der Finanzdelegation auf 100 Millionen beschränkt werden soll, falls die Finanzdelegation nicht einstimmig zustimmt. Stimmt die Finanzdelegation einstimmig zu, dann würde die Grenze 500 Millionen betragen.

Kredite über 500 Millionen Franken dürften nur mit Zustimmung der Bundesversammlung gesprochen werden.

1.3

Die Diskussionen im Ständerat im Rahmen der Vorlage für ein neues Parlamentsgesetz

Bei der Zuständigkeit für die Bewilligung von dringlichen Krediten handelt es sich auch um eine Frage des Parlamentsrechts. Zum Zeitpunkt als die Frage aufgrund der im Nachgang zum «Swissair-Grounding» gesprochenen Kredite politisch relevant wurde, befand sich die Vorlage für ein neues Parlamentsgesetz in der vorberatenden Kommission des Zweitrates, des Ständerates. Die Staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK-S) war der Ansicht, dass im Rahmen der Neuordnung des Parlamentsrechts auch die nun aufgetauchte Frage der Kompetenzen der Finanzdelegation und des Bundesrates bei der dringlichen Kreditsprechung überprüft werden sollte.

Sie unterbreitete deshalb ihrem Rat Anträge für eine Änderung des Finanzhaushaltgesetzes (AB 2002 S 227). Konkret wurde vorgeschlagen, dass der Bundesrat mit Zustimmung der Finanzdelegation nach wie vor dringliche Kredite sprechen können soll, aber neu ab Beträgen von 2 Prozent der Bundeseinnahmen die vorgängige Zustimmung der Bundesversammlung notwendig wäre. Die SPK-S setzte die Limite 2783

somit sehr hoch an; entsprechen doch 2 Prozent der Bundeseinnahmen gemäss Budget 2002 gut einer Milliarde Franken, eine Kredithöhe, welche seit 1990 nur im Fall Swissair im dringlichen Verfahren bewilligt wurde. Eine Kommissionsminderheit verlangte denn auch, die Limite bei einem Prozent, also bei etwa 500 Millionen Franken anzusetzen. Eine weitere Minderheit schlug ein abgestuftes Verfahren vor, wonach die Finanzdelegation für Beträge bis zu einem Prozent der Bundeseinnahmen ihre Zustimmung geben müsste, die Finanzkommissionen für Beträge zwischen 1 und 2 Prozent der Bundeseinnahmen, während für Beträge über 2 Prozent der Bundeseinnahmen die Bundesversammlung zuständig wäre. Ständerat Dick Marty beantragte zudem, dass die Finanzdelegation in allen Fällen zu begrüssen wäre, und nicht nur nach Möglichkeit, wie im geltenden Recht vorgesehen.

Insgesamt wurden hier also nur sehr moderate Änderungen des geltenden Rechts vorgeschlagen, überschreiten doch die im Dringlichkeitsverfahren gesprochenen Kredite äusserst selten die sowohl von der Mehrheit wie auch von der Minderheit gesetzten Limiten (vgl. Ziff. 1.4.3). Trotzdem obsiegte schliesslich der Antrag von Ständerat Merz, auf eine Änderung zu verzichten, mit 24:15 Stimmen. Die Ratsmehrheit argumentierte, dass es sich bei der Kreditsprechung im Nachgang zum «Swissair-Grounding» um einen absoluten Sonderfall handle, gäbe es doch ganz selten Fälle, bei denen im Dringlichkeitsverfahren mehr als 100 Millionen Franken bewilligt würden. Der Kommissionsantrag wurde als «Lex Swissair» bezeichnet.

Auf eine solche Sonderfallgesetzgebung sei jedoch zu verzichten. Im Gegenteil sollte der Bundesrat in einer ähnlich extremen Situation durchaus ein Instrument zum Krisenmanagement in der Hand haben.

1.4

Dringliche Nachträge und Zusatzkredite gemäss Artikel 18 und 31 FHG

1.4.1

Die rechtlichen Grundlagen

Bereits das erste Finanzhaushaltgesetz vom 18. Dezember 1968 enthielt die beiden heute in Artikel 18 und Artikel 31 Absatz 3 festgehaltenen Bestimmungen betreffend die dringliche Bewilligung von Krediten durch den Bundesrat mit Zustimmung der Finanzdelegation (BBl 1968 II, 1255 und 1259). Aus der Begründung der heute in Artikel 18 (damals Art. 9) festgehaltenen Bestimmung in der Botschaft des Bundesrates geht hervor, dass es sich hier um die Kodifizierung der Praxis handelte: «Aus zeitlichen Gründen ist es nicht immer möglich, die Bewilligung eines Nachtragskredites abzuwarten. Um die parlamentarische Arbeit zu erleichtern und einen besseren Überblick über den Finanzhaushalt zu gewährleisten, werden Nachtragskreditbegehren der Bundesversammlung nur zweimal jährlich auf die Juni- und auf die Dezembersession hin unterbreitet. Das öffentliche Interesse kann aber ein sofortiges Handeln gebieten, oder aber der Staat kann rechtlich zu sofortiger Leistung verpflichtet sein. Daher bestätigt Artikel 9 Absatz 1 gemäss eingelebter und bewährter Praxis dem Bundesrat die Befugnis, in derartigen Fällen eine Ausgabe auch vor der Bewilligung des Nachtragskredites zu beschliessen. Er hat dabei indessen, nach Möglichkeit vorgängig, die Zustimmung der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte einzuholen.» (BBl 1968 I, 491 f.)

In der Botschaft nicht diskutiert wurde die Frage, wie weit es zulässig sei, eine Kompetenz der Bundesversammlung an eines ihrer Organe bzw. an den Bundesrat zu delegieren. Allerdings muss festgehalten werden, dass es sich hier formalrecht2784

lich gesehen nicht um eine abschliessende Kompetenzdelegation handelt, da die Bundesversammlung die beschlossenen Ausgaben mit dem nächsten Nachtrag zum Voranschlag, spätestens aber mit der nächsten Staatsrechung zur Genehmigung unterbreitet bekommt. Dass es sich faktisch dennoch um eine Kompetenzdelegation handelt ­ die Ausgaben sind getätigt ­, wurde beim Anwendungsfall «SwissairGrounding» deutlich. Der Genehmigung im Rahmen eines Nachtrags zum Voranschlag oder der Staatsrechnung kommt somit eher Kontrollcharakter zu. Die Bundesversammlung übt hier eine Kontrollfunktion aus über die Wahrung einer ihr zustehenden Kompetenz, welche sie für den Fall der Dringlichkeit an eines ihrer Organe delegiert hat.

In der heutigen Fassung des Bundesgesetzes über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) vom 6. Oktober 1989 (SR 611.0) lauten die beiden Bestimmungen betreffend die dringliche Bewilligung von Zahlungs- bzw. Verpflichtungskrediten folgendermassen: Art. 18

Dringliche Nachträge

Erträgt eine Ausgabe, für die im Voranschlag kein oder kein ausreichender Zahlungskredit bewilligt ist, keinen Aufschub, so kann der Bundesrat sie vor der Bewilligung eines Nachtragskredites durch die Bundesversammlung beschliessen. Wo dies möglich ist, holt er vorgängig die Zustimmung der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte ein.

1

Der Bundesrat unterbreitet die von ihm beschlossenen dringenden Ausgaben der Bundesversammlung mit dem nächsten Nachtrag zum Voranschlag, oder, wenn dies nicht mehr möglich ist, mit der Staatsrechung zur nachträglichen Genehmigung.

2

Zahlungskredite, welche die Finanzdelegation im dringlichen Verfahren beschliesst, werden als «Nachtragskredite mit gewöhnlichem Vorschuss» bezeichnet.

Beschliesst der Bundesrat Zahlungskredite in eigener Kompetenz, spricht man von «Nachtragskrediten mit dringlichem Vorschuss.» Art. 31 Abs. 3 Erträgt die Ausführung eines Vorhabens keinen Aufschub, so kann der Bundesrat die Ermächtigung zur Inangriffnahme und Fortsetzung des Vorhabens schon vor der Bewilligung des erforderlichen Verpflichtungskredites erteilen. Wo dies möglich ist, holt er vorgängig die Zustimmung der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte ein.

3

1.4.2

Die von der Finanzdelegation angewandten Kriterien

Die Finanzdelegation hält sich bei der Beurteilung von Begehren des Bundesrates für die dringliche Bewilligung von Krediten an von ihr erarbeitete Kriterien. Sie hat diese in einem Papier vom 19. Dezember 1991 festgehalten. Demnach werden vor der Zustimmung zu einer dringlichen Kreditsprechung folgende Kriterien auf den Fall angewendet:

2785

Dringlichkeit Aus der Begründung muss hervorgehen, dass die Kreditbereitstellung innert kürzester Frist erforderlich ist und demzufolge die Verabschiedung durch das Parlament im ordentlichen Nachtragskreditverfahren nicht abgewartet werden kann.

Fehlt diese Grundvoraussetzung, tritt die Finanzdelegation nicht auf das Geschäft ein und überlässt dessen Prüfung und Genehmigung den Finanzkommissionen und den eidgenössischen Räten.

Mitbericht des Finanzdepartements Sollte das Finanzdepartement im Mitberichtsverfahren Einwendungen erhoben haben, so bilden diese Gegenstand einer eingehenden Prüfung und nötigenfalls einer Aussprache mit dem Chef des Eidgenössischen Finanzdepartementes und dem zuständigen Departementschef.

Materielle Kriterien Wenn die Finanzdelegation Eintreten beschlossen hat, beurteilt sie insbesondere die folgenden Punkte: ­

War der Kreditbedarf bereits bei der Aufstellung des Voranschlags voraussehbar? Wenn nicht, ist zu prüfen, ob aufgrund der neuen Situation unbedingt ein Nachtragskredit notwendig ist.

­

Kann das Kreditbegehren auf den nächsten Voranschlag verschoben werden?

­

Bezieht sich das Begehren auf eine Kreditrubrik, die beim Voranschlag durch die eidgenössischen Räte gekürzt wurde?

1.4.3

Die Praxis seit den neunziger Jahren

1.4.3.1

Die Statistik der Nachtragskredite gemäss Artikel 18 FHG

Die Statistik der von der Finanzdelegation seit 1990 bewilligten Nachtragskredite gemäss Artikel 18 FHG zeigt folgendes Bild: Jahr

Nachtragskredite ohne Kreditüberschreitungen (in Mio. Franken) insgesamt

Von der Finanzdelegation vorgängig bewilligt (in Mio. Franken)

In % des Totalbetrags der Nachtragskredite

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998

1006 2229 1848 2942 731 648 1704 1552 764

371 786 791 828 237 195 169 371 345

37 35 43 28 32 30 10 24 45

2786

Jahr

1999 2000

Nachtragskredite ohne Kreditüberschreitungen (in Mio. Franken) insgesamt

962 641

Von der Finanzdelegation vorgängig bewilligt (in Mio. Franken)

In % des Totalbetrags der Nachtragskredite

532 210

55 33

2001 Nachtrag I Nachtrag II

929,2 2038,8

169,6 1901,3

18 93

Total 2001

2968

2070,9

70

2002 2003

1250 684

584 293

47 43

Quelle: FinDel

Die Statistik zeigt den Ausnahmecharakter des Jahres 2001, als mit dem 2. Nachtrag bei der Krise in der Luftfahrt aussergewöhnlich hohe Vorschüsse bewilligt werden mussten.

Die Finanzdelegation akzeptierte nicht alle beantragten dringlichen Kredite. Die Statistik der von der Finanzdelegation zurückgewiesenen Kredite zeigt folgendes Bild: Jahr

Vom Bundesrat bei der FinDel beantragte Kredite

Dringlichkeitsverfahren abgelehnt

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

133 89 102 65 55 36 32 54 56 43 38 54 33 25

2 4 18 ­ 4 3 4 5 7 2 4 5 1 ­

Quelle: FinDel

2787

Die Finanzdelegation hat seit 1990 folgende Zahlungskredite von 100 Millionen Franken oder mehr gemäss Artikel 18 FHG bewilligt: 1991

150 Mio.

138 Mio.

100 Mio.

Hilfe im Rahmen der Golfkrise Asylbewerber: Rückerstattungen von Fürsorgeauslagen an die Kantone Vorschüsse an die Exportrisikogarantie

1992

119 Mio.

Geld- und Kapitalmarktschulden

1993

600 Mio.

Darlehen an den Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung Finanzierung der Arbeitslosenversicherung

400 Mio.

1997

101 Mio.

Rückzahlung von Fürsorgeauslagen für Asylsuchende (zusätzlich 11 000 Asylsuchende gegenüber dem Voranschlag)

1998

100 Mio.

Rückerstattung von Fürsorgeauslagen für Asylsuchende

1999

257 Mio.

Asylsuchende (zusätzlich 25'000 Asylsuchende gegenüber dem Voranschlag)

2001

105 Mio.

350 Mio.

1248 Mio.

2002

150 Mio.

144 Mio.

110 Mio.

Kreditübertragung für die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs Vorschuss für die Expo.02 (nachdem die Bundesversammlung am 14. März 2002 dem 2. Zusatzkredit zugestimmt hatte) 2 Vorschüsse à 63 und 81 Mio. Soforthilfe Milchwirtschaft Individuelle Prämienverbilligungen für Krankenkassen

100 Mio.

Individuelle Prämienverbilligungen für Krankenkassen

120 Mio.

2003

2788

Tadschikistan (Rückzahlung nach zwei Wochen) Kredit für Jugoslawien (Rückzahlung nach einer Woche) Swissair

1.4.3.2

Die Statistik der im dringlichen Verfahren genehmigten Verpflichtungskredite gemäss Artikel 31 Absatz 3 FHG

Die Statistik der von der Finanzdelegation seit 1990 bewilligten Verpflichtungskredite gemäss Artikel 31 Absatz 3 FHG zeigt folgendes Bild: Jahr

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

Anzahl dringliche Verpflichtungskredite

Insgesamt bewilligte Beträge (Mio. Fr.

pro Jahr)

Höchster Betrag im betreffenden Jahr

Abgelehnte Dringlichkeit von Verpflichtungskrediten Anzahl

Mio. Fr.

17 23 10 10 6 5 4 4 4 1 4 10 3 2

52 162 61 180 41 19 20 15 71 20 70 47486 40 65

23 1001 502 973 20 10 10 7 675 20 60 31127 30 50

0 0 1 0 0 2 1 1 1 0 1 0 0 0

0 0 2,2 0 0 2354 5 3 0,9 0 4 0 0 0

Quelle: FinDel

1 2 3 4 5

6

7

Dringlicher Verpflichtungskredit für Asylbewerberunterkünfte Umstrittenes Vorengagement für den F/A-18 Erwerb Geneva Executive Center; Vorentscheid der Finanzdelegation wurde teilweise kritisiert.

Davon 225 Mio. «Entschädigung KKW Graben». Die Finanzdelegation lehnte es ab, den Verpflichtungskredit im Dringlichkeitsverfahren zu bewilligen.

Ausbau des Flughafens Basel-Mülhausen. Der Entscheid der Finanzdelegation wurde bei der Behandlung des Verpflichtungskredits im Nationalrat von den Opponenten scharf kritisiert.

Zu den parlamentarischen Vorstössen Anlass gaben zwei Verpflichtungskredite: 1 Mrd.

Fr. für die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs und 600 Mio. Fr. Kapitalbeteiligung an der Swiss.

3,1 Mrd. Fr. Risikogarantie für Schweizer Fluggesellschaften. Nach den TerrorAnschlägen vom 11.9.2001 begrenzten die Versicherungsgesellschaften die Haftpflicht auf 50 Mio. $. Die Garantie musste nicht beansprucht werden.

2789

1.4.3.3

Statistik der Kreditüberschreitungen

Bei Kreditüberschreitungen handelt es sich um ebenfalls auf Artikel 18 Absatz 1 FHG abgestützte Ermächtigungen durch den Bundesrat für unaufschiebbare und dringliche Zahlungen, wofür weder im Voranschlag noch in den Nachträgen ein ausreichender Kredit bereit gestellt wurde. Gemäss Artikel 17 Absatz 3 FHG sind für Anteile Dritter am Ertrag bestimmter Einnahmen keine Nachträge erforderlich.

Jahr

Anzahl

Betrag in Mio. Fr.

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002

37 35 32 28 20 5 9 13 11 7 11 8 9

159,7 259,6 145,7 133,7 316,2 26,2 110,1 13,1 165 73,8 105,5 16,2 14,2

Quelle: eidg. Finanzverwaltung

2

Grundzüge der Vorlage

2.1

Den Erfordernissen der Handlungsfähigkeit und der demokratischen Mitsprache gerecht werden

Es ist sicher zweckmässig, dass die Finanzdelegation auf Antrag des Bundesrates in dringenden Fällen Ausgaben bis zu einer bestimmten Höhe bewilligen kann. Die Auflistung unter Ziffer 1.4.3.1 zeigt, dass es sich bei diesen Krediten in den letzten dreizehn Jahren nur in seltenen Fällen um Beträge über 100 Millionen Franken gehandelt hatte. Bis zum Fall «Swissair-Grounding» gab die Praxis des Bundesrates und der Finanzdelegation auch nicht zu Diskussionen Anlass. Die Finanzdelegation hat ihre Aufgabe sehr ernst genommen, und die Kreditbegehren des Bundesrates systematisch nach ihren Kriterien geprüft.

Allerdings hat nun gerade der Fall «Swissair-Grounding» gezeigt, dass es problematisch ist, wenn Bundesrat und Finanzdelegation das Dringlichkeitsverfahren beanspruchen, wenn es sich um Beträge von derartigem Ausmass und erst noch um eine politisch kontrovers diskutierte Frage handelt. Wenn der Bundesrat mit Zustimmung der Finanzdelegation Kredite von Beträgen in unbestimmter Höhe bewilligen kann, kann die notwendige demokratische Legitimation wichtiger Entscheide in Frage gestellt sein.

2790

Es geht hier also darum, eine Lösung zu suchen, welche zwei Anliegen gerecht wird: Zum einen ist die Handlungsfähigkeit des Staates zu gewährleisten. In dringenden Fällen soll rasch Geld gesprochen werden können, und der Staat soll auch als Krisenmanager wirkungsvoll agieren können. Auf der anderen Seite geht es um die demokratische Legitimation umfangreicher staatlicher Ausgaben. Die Lösung wird darin bestehen, dass man für dringende Fälle die Kreditsprechung nach wie vor an ein parlamentarisches Organ delegiert, dass man aber eine obere Limite der Kreditbeträge festsetzt, welche durch dieses Organ bewilligt werden dürfen. Auf der anderen Seite sollen auch die Fälle, welche die Limite überschreiten, in einem raschen Verfahren abgewickelt werden können. Im heutigen Kommunikationszeitalter sollte es möglich sein, die entsprechenden Organe auch kurzfristig einzuberufen.

2.2

Von der faktischen zur rechtlichen Kompetenzdelegation

Gemäss geltendem Recht handelt die Finanzdelegation nicht abschliessend, wenn sie dem Bundesrat die Zustimmung zu einer dringenden Ausgabe erteilt. Die Bundesversammlung bekommt die entsprechenden Kredite nachträglich im Rahmen des nächsten Nachtrages oder der Staatsrechnung zur Genehmigung unterbreitet. Nur stellt sich die Frage, welches die Rechtswirkung ist, wenn die Bundesversammlung diese Genehmigung verweigert oder den schon gesprochenen Verpflichtungskredit nicht bewilligt. Getätigte Ausgaben können kaum wieder eingezogen werden, und die aufgrund eines Verpflichtungskredites in Angriff genommenen Vorhaben müssen finanziert werden, insbesondere wenn entsprechende Verträge abgeschlossen worden sind. Der Genehmigung bzw. nachträglichen Bewilligung durch die Bundesversammlung kommt somit lediglich Kontrollcharakter zu. Dass im geltenden Finanzhaushaltsgesetz dennoch vom Konstrukt einer nachträglichen Beschlussfassung durch die Bundesversammlung ausgegangen wurde, ist vor dem Hintergrund der bis 1999 fehlenden Verfassungsgrundlage für Kompetenzdelegationen an parlamentarische Organe zu sehen.

Da nun in Artikel 153 Absatz 3 der Bundesverfassung die Möglichkeit der Delegation von nicht rechtsetzenden Kompetenzen an parlamentarische Kommissionen besteht, wird vorgeschlagen, die faktische Kompetenzdelegation an die Finanzdelegation auch rechtlich zu verankern. Die Finanzdelegation soll bis zu einer gewissen Limite zuständig sein für die Bewilligung von dringlichen Nachtrags- und Verpflichtungskrediten. Die bisher in Artikel 18 Absatz 1 und Artikel 31 Absatz 3 enthaltenen Textstellen «vor der Bewilligung eines Nachtragskredites durch die Bundesversammlung» bzw. «vor der Bewilligung des erforderlichen Verpflichtungskredites» sollen gestrichen werden. Die Bundesversammlung überträgt somit der Finanzdelegation eine abschliessende Kompetenz. Mit dem Instrument der Staatsrechung, in der alle Ausgaben des Bundes aufgelistet werden müssen, kann die Bundesversammlung die Kontrolle über die vom Bundesrat unter Zustimmung der Finanzdelegation vorgenommenen Ausgaben vornehmen. Werden aufgrund von Artikel 18 oder Artikel 31 Absatz 3 politisch umstrittene Ausgaben getätigt, stehen der Bundesversammlung wirkungsvolle Mittel zur Verfügung, um eine öffentliche Debatte zu führen. So kann mit dem Instrument der
dringlichen Interpellation vom Bundesrat Auskunft verlangt und eine Debatte im Rat geführt werden. Wer argumentiert, durch die nachträgliche Beschlussfassung der Bundesversammlung zu den Swissair-Krediten sei eine öffentliche Parlamentsdebatte ermöglicht worden, ver2791

kennt, dass es für diesen Zweck bessere Instrumente gibt, bei welchen nicht von einer fiktiven Beschlussfassung ausgegangen werden muss.

Zudem sollen die Bestimmungen in Artikel 18 und 31 FHG so umformuliert werden, dass die verfassungsmässigen Zuständigkeiten klarer zum Ausdruck kommen als mit der bisherigen Formulierung. Die Bundesversammlung delegiert ihre Kompetenz zur Bewilligung von Ausgaben gemäss Artikel 167 der Bundesverfassung bis zu einer bestimmten Ausgabenhöhe für dringliche Fälle an eines ihrer Organe und nicht an den Bundesrat. Die bisherige Praxis, wonach der Bundesrat in den meisten Fällen der Finanzdelegation Antrag auf Zustimmung zu seinen Kreditbegehren stellte, entspricht zwar durchaus der verfassungsmässigen Kompetenzordnung.

Allerdings könnte aufgrund der unglücklichen Formulierung im Gesetzestext der Eindruck entstehen, dass die parlamentarische Kompetenz ­ im Widerspruch zur Verfassung ­ an den Bundesrat delegiert worden sei, wobei der Ausdruck «Zustimmung der Finanzdelegation» dazu wiederum im Widerspruch steht. Wer zustimmen muss, ist auch zuständig.

2.3

Unterschiedliche Zustimmungserfordernisse je nach Kredithöhe

2.3.1

Kompetenzdelegation an die Finanzdelegation

Wie bisher soll die Finanzdelegation auf Antrag des Bundesrates in dringlichen Fällen die Bewillung für Ausgaben bzw. die Inangriffnahme von Vorhaben erteilen dürfen, auch wenn keine Bewilligung der Bundesversammlung für die nötigen Zahlungs- bzw. Verpflichtungskredite vorliegt. In Artikel 18 Absatz 1 und Artikel 31 Absatz 3 des Finanzhaushaltsgesetzes werden die entsprechenden Kompetenzen von der Bundesversammlung auf die Finanzdelegation übertragen. Allerdings soll die Kredithöhe beschränkt werden. Wenn Ausgaben ein gewisses Ausmass überschreiten, dann hat die Bundesversammlung ihre ursprüngliche Kompetenz selber wahrzunehmen. Wenn dringender Handlungsbedarf besteht, können die Räte zu einer ausserordentlichen Session einberufen werden. Dies kann im heutigen Kommunikationszeitalter durchaus rasch geschehen. Zum Vergleich kann hier ein Beispiel aus dem Deutschen Bundestag angeführt werden: Der Deutsche Bundestag wurde am Freitag, 14. September 2001, also während seiner Sommerferien, innert 5 Tagen zu einer Sondersitzung am Mittwoch 19. September 2001 einberufen.

Ausserhalb der Ferienzeit gilt dort eine Mindestfrist von 48 Stunden.

2.3.2

Keine Kreditsprechung alleine durch den Bundesrat

Im geltenden Recht ist vorgesehen, dass der Bundesrat die Finanzdelegation nur einbeziehen muss, «wo dies möglich ist». Der Bundesrat kann also Ausgaben von unbeschränkter Höhe beschliessen und Vorhaben, welche riesige Summen beanspruchen werden, in Gang setzen, ohne vorher ein parlamentarisches Organ zu begrüssen. Eine derartige Kompetenz des Bundesrates lässt sich mit der Budgethoheit des Parlamentes (Art. 167 BV) kaum vereinbaren. Diese Kompetenzdelegation an den Bundesrat ist selbst dann fragwürdig, wenn die Kredithöhe, wie mit dieser Vorlage vorgesehen, beschränkt wird. Kommt hinzu, dass gerade bei Verpflichtungskrediten durch die Zustimmung eines parlamentarischen Organs die Rechtssi2792

cherheit erhöht wird. Je breiter die Entscheidfindung abgestützt ist, desto eher können vom Vorhaben direkt Betroffene davon ausgehen, dass das Vorhaben nicht durch später aufkommende politische Diskussionen gebremst oder gar gestoppt wird.

Es wird deshalb neu ein obligatorischer Einbezug des zuständigen parlamentarischen Organs vorgesehen. Mit den heute bestehenden Kommunikationsmitteln sollte es keine Schwierigkeiten darstellen, eine parlamentarische Delegation von sechs Mitgliedern innert 24 Stunden zur Stellungnnahme einzuladen, und es sind kaum Fälle vorstellbar, in denen der Bundesrat noch schneller handeln muss und kann. Es ist ja durchaus möglich, dass sich die Mitglieder der Finanzdelegtion im Rahmen einer Telefonkonferenz verständigen.

2.3.3

Dringliche Nachtragskredite, für die ein von der Bundesversammlung beschlossener Verpflichtungskredit vorliegt

Wenn es sich bei der dringlich zu beschliessenden Ausgabe um die Freigabe eines Zahlungskredites handelt, welcher zwar im Voranschlag nicht vorgesehen war, der allerdings durch einen von der Bundesversammlung beschlossenen Verpflichtungskredit gedeckt ist, dann kann der Bundesrat unter Zustimmung der Finanzdelegation beschliessen, auch wenn der Kredit aufgrund seiner Höhe an sich von der Bundesversammlung bewilligt werden müsste. In diesem Fall hat sich die Bundesversammlung bei der Beschlussfassung über den Verpflichtungskredit grundsätzlich für das Vorhaben in Kenntnis der Kosten ausgesprochen. Nun kann es sein, dass ein solches Vorhaben vielleicht schneller voranschreitet und im Voranschlag nicht genügend Mittel für das laufende Jahr vorgesehen sind. In Artikel 18 Absatz 2 FHG soll der Bundesrat mit Zustimmung des zuständigen parlamentarischen Organs deshalb die Möglichkeit erhalten, die finanziellen Mittel, die von der Bundesversammlung bewilligt sind, vorzeitig freizugeben, ohne noch einmal die gesamte Bundesversammlung einberufen zu müssen. So müsste zum Beispiel für die Freigabe eines Kredites analog zu demjenigen von 350 Millionen Franken für Jugoslawien, welcher im Jahre 2001 von der Finanzdelegtion bewilligt wurde, auch inskünftig nicht die Bundesversammlung einberufen werden, obwohl der Betrag die der Finanzdelegation neu gesetzte Höchstlimite überschreitet. Gemäss dem Entwurf für ein neues Währungshilfegesetz (BBl 2003 4775) hat die Bundesversammlung in einem Rahmenkredit die für solche Aktionen notwendigen Mittel zu bewilligen. Es liegt also, wenn im konkreten Fall Geld zur Verfügung gestellt wird, ein von der Bundesversammlung bewilligter Verpflichtungskredit vor.

2.3.4

Maximale Kredithöhe

In Artikel 18 Absatz 1 und in Artikel 31 Absatz 3 des Finanzhaushaltgesetzes soll neu die Höhe festgelegt werden, ab welcher eine Kreditsprechung die Zustimmung der Bundesversammlung erfordert.

Die Initianten haben gefordert, dass die Zustimmung der Bundesversammlung erforderlich ist, wenn es um Beträge geht, welche 100 Millionen Franken überschreiten. Diese Limite wird als zu tief betrachtet. Die Festlegung dieser Limite 2793

könnte zur Folge haben, dass die Bundesversammlung in gewissen Jahren bis zu dreimal zu einer ausserordentlichen Session zusammentreten müsste. Es wird hier deshalb vorgeschlagen, die Limite so zu setzen, dass gewichtige Beträge erfasst werden, die Bundesversammlung aber nicht durch ausserordentliche Sessionen überfordert wird. Die Limite wird deshalb bei 250 Millionen Franken angesetzt. Die Auflistung unter Ziffer 1.4.3.1 zeigt, dass in der untersuchten Periode zwischen 1990 und 2003 fünf von der Finanzdelegation gemäss Artikel 18 FHG bewilligte Kredite den Betrag von 250 Millionen überschritten haben. Allerdings fallen darunter die zwei Fälle der Darlehen an die Arbeitslosenversicherung, welche gemäss heutigem Recht nicht mehr über die Finanzrechung laufen. Auch eine Kreditbewilligung im Sinne der Hilfe an Jugoslawien müsste inskünftig nicht vor die Bundesversammlung (vgl. oben Ziff. 2.3.3).

Bei den Verpflichtungskrediten wäre die Limite nur einmal überschritten gewesen, und zwar beim Swissair-Kredit im Jahre 2001.

Die Fälle zeigen, dass es sich hier nicht nur vom Betrag her um bedeutende Kredite handelte, sondern dass auch die Materie zu Diskussionen Anlass gegeben haben dürfte. Eine Genehmigung dieser Kredite durch die Bundesversammlung ist durchaus gerechtfertigt.

Eine Minderheit schlägt vor, den Betrag nicht in absoluten Zahlen im Finanzhaushaltgesetz festzuhalten, sondern in Prozenten des aktuellen Budgets. Die Angaben sollten in Prozent der Einnahmen des Bundes im laufenden Jahr gemäss Voranschlag gemacht werden. Somit sei eine klare Bezugsgrösse vorgegeben und es könne vermieden werden, dass die Beträge im Gesetz der Entwicklung der Inflation angepasst werden müssten.

3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

3.1

Bundesgesetz über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Bewilligung von dringlichen Nachträgen und Zusatzkrediten)

Art. 18 Abs. 1 Neu wird festgelegt, bis zu welcher Höhe die Finanzdelegation Zahlungskredite dringlich beschliessen kann. Im Weiteren wird die Formulierung entsprechend der verfassungsmässigen Kompetenzordnung so gewählt, dass die Finanzdelegation als Trägerin der delegierten Kompetenz klar hervorgeht. Der Bundesrat hat in dringlichen Fällen seine Anträge auf Kreditbegehren nicht an die Bundesversammlung, sondern an das vom Gesetz hierfür bezeichnete Organ zu stellen. Der Passus «vor der Bewilligung eines Nachtragskredites durch die Bundesversammlung» wird gestrichen, da neu von einer abschliessenden Kompetenzdelegation ausgegangen wird. Ebenso wird auf die ­ verfassungsmässig nicht vorgesehene ­ Möglichkeit verzichtet, dass der Bundesrat Ausgaben ohne Zustimmung des zuständigen parlamentarischen Organs beschliessen kann.

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Art. 18 Abs. 2 Wenn die gesetzlich vorgesehene Limite bei einem dringlichen Kredit überschritten wird, hat die Bundesversammlung zu entscheiden. Zusätzlich wird festgehalten, dass die Kompetenzdelegation auch gilt, wenn zwar die Limite überschritten wird, allerdings ein bereits von der Bundesversammlung bewilligter Verpflichtungskredit besteht, sei dieser nun im Rahmen des Budgets oder im Rahmen eines gesonderten Bundesbeschlusses beschlossen worden. Der zweite Satz sieht vor, dass eine ausserordentliche Session einzuberufen ist, wenn die Räte nicht tagen.

Art. 31 Abs. 3 Auch bezüglich des in Artikel 31 Absatz 3 geregelten Verfahrens betreffend dringliche Verpflichtungskredite ist die Limite einzusetzen, bis zu welcher die Finanzdelegation Kredite beschliessen kann. Der Passus «vor der Bewilligung des erforderlichen Verpflichtungskredites» ist zu streichen, da auch hier zum Konzept der abschliessenden Kompetenzdelegation übergegangen wird. Analog zu Artikel 18 Absatz 1 wird auch hier auf eine alleinige Ausgabenbeschlusskompetenz des Bundesrates verzichtet.

Art. 31 Abs. 4 (neu) Die Bundesversammlung hat auch bei den Verpflichtungskrediten ihre Kompetenz wahrzunehmen, wenn die Limite, bis zu der sie ihre Kompetenz delegiert hat, überschritten ist.

4

Auswirkungen

4.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Allfällige Verfahrenskosten, welche sich durch die zusätzliche Einberufung der Räte ergeben, dürften ein bescheidenes Ausmass annehmen, da solche zusätzlichen Sitzungen, wie oben aufgezeigt, die Ausnahme bleiben dürften.

4.2

Vollzugstauglichkeit

Unter Ziffer 2 wurde dargelegt, dass es im heutigen Kommunikationszeitalter durchaus möglich sein sollte, die entsprechenden parlamentarischen Organe kurzfristig aufzubieten. Es können so nach wie vor dringliche Kredite von grösserem Ausmass gesprochen werden, und die Handlungsfähigkeit des Staates leidet nicht.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Vorlage steht in keiner speziellen Beziehungen zum europäischen Recht.

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6

Rechtliche Grundlagen

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die verfassungsmässige Grundlage für das Finanzhaushaltgesetz findet sich in Artikel 167 der Bundesverfassung, welcher die Kompetenzen der Bundesversammlung im Bereich der Finanzen begründet. Unter anderem hat die Bundesversammlung die Ausgaben des Bundes zu beschliessen. Diese Kompetenz wird nun für dringliche Fälle und in limitierter Form gemäss Artikel 153 Absatz 3 der Bundesverfassung an eine parlamentarische Kommission (auch die Finanzdelegation ist eine parlamentarische Kommission) delegiert.

6.2

Erlassform

Es handelt sich hier um wichtige Fragen der Organisation und des Verfahrens der Bundesbehörden, welche gemäss Artikel 164 Absatz 1 Buchstabe g der Bundesverfassung auf Gesetzesstufe zu regeln sind.

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