Die Nebenbeschäftigungen von Beamten und die beruflichen Aktivitäten ehemaliger Beamter unter dem besonderen Blickwinkel der Interessenkonflikte Antworten des Bundesrates auf den Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 12. März 1999 vom 12. Januar 2000

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Stellungnahme 1

Einleitung

In ihrem Bericht vom 12. März 1999 über die Nebenbeschäftigungen von Beamten und die beruflichen Aktivitäten ehemaliger Beamter unter dem besonderen Blickwinkel der Interessenkonflikte hat die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) dem Bundesrat zwölf Empfehlungen zur Prüfung vorgelegt (BBl 1999 9734). Sie ersucht den Bundesrat, sie auf Ende 1999 über die Folge, die er dem Bericht und den darin enthaltenen Empfehlungen zu geben gedenkt, zu unterrichten. Im Übrigen fordert die Kommission den Bundesrat auf, in seinem Bericht die Massnahmen zu erläutern, die in Anwendung der Empfehlung der OECD vom 23. April 1998 über die Verbesserung des ethischen Verhaltens im öffentlichen Dienst ergriffen wurden.

Mit der vorliegenden Stellungnahme entspricht der Bundesrat diesem Ersuchen. Die Stellungnahmen zu den einzelnen Empfehlungen werden dabei in den grösseren Zusammenhang der Erneuerung der Personalpolitik des Bundes eingeordnet, an der gegenwärtig gearbeitet wird. Die folgenden Ausführungen ergänzen damit für die angesprochenen Einzelfragen die Botschaft zum Bundespersonalgesetz (BPG) vom 14. Dezember 1998 (BBl 1999 1597) und die Antworten des Bundesrates vom 14. Dezember 1998 auf den Bericht vom 12. Februar 1998 der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte zur Personalpolitik des Bundes (BBl 1999 2895).

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Stellungnahme zu den einzelnen Empfehlungen

2.1

Empfehlungen 1 und 2: Auskünfte der Bundesverwaltung an parlamentarische Kommissionen

Empfehlung 1 Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, dafür zu sorgen, dass in der Bundesverwaltung die «Weisungen vom 29. Oktober 1975 über Auskünfte, Akteneinsichtsgewährung und Aktenherausgabe an die Mitglieder der eidgenössischen Räte, an die parlamentarischen Kommissionen und an die Parlamentsdienste» besser bekannt gemacht und befolgt werden.

Empfehlung 2 Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, spätestens nach der Annahme des neuen Geschäftsverkehrsgesetzes neue Weisungen zur Mitteilung von Auskünften zwischen der Bundesverwaltung und den parlamentarischen Kommissionen zu erarbeiten.

Der Bundesrat ist bereit, auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der geplanten Totalrevision des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) die in den Empfehlungen 1 und 2 er4945

wähnten Weisungen von 1975 zu überprüfen. Im Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 7. Mai 1999 zur parlamentarischen Initiative «Geschäftsverkehrsgesetz. Anpassungen an die neue BV» wird ausgeführt, die mit dieser Initiative angestrebte Partialrevision des GVG beschränke sich strikt auf zwingende Anpassungen an die neue Bundesverfassung. Auf einen späteren Zeitpunkt seien aber in einer Totalrevision des GVG weitere Reformen des Parlamentsrechtes vorzunehmen. Reform- und Klärungsbedarf bestehe insbesondere auch im Zusammenhang mit den Auskunftsrechten der parlamentarischen Kommissionen (BBl 1999 4812). Das Ergebnis der Überprüfung der Weisungen von 1975 wird damit entscheidend vom Ergebnis der Totalrevision des GVG bestimmt. Zu überprüfen wären die Weisungen ferner auch bei der allfälligen Einführung des Öffentlichkeitsprinzips in der Bundesverwaltung, da dadurch der Zugang zu Informationen generell neu geregelt würde.

Bei einer Überarbeitung der Weisungen wird auch zu entscheiden sein, wie sichergestellt werden soll, dass die Verwaltung die überarbeitete Regelung kennt und sie befolgt. Die heute geltenden Weisungen wurden im Bundesblatt publiziert (BBl 1975 II 2155) und sind im «Handbuch der Bundesversammlung», das von den Parlamentsdiensten herausgegeben wird, auch für die Verwaltung leicht zugänglich.

Das Handbuch der Bundesversammlung existiert heute nicht mehr nur in gedruckter Form, sondern kann auch im Internet über die Homepage der Bundesversammlung in der Rubrik «Veröffentlichungen» eingesehen werden. Zusätzliche Massnahmen, um die Weisungen bekannt zu machen, drängen sich vor deren Überarbeitung aus der Sicht des Bundesrates nicht auf. Ratsmitglieder, Kommissionen und Parlamentsdienste können sich jederzeit auf die Weisungen berufen, um ihre Befugnisse wahrzunehmen.

2.2

Empfehlungen 3 und 4: Lehrtätigkeiten

Empfehlung 3 Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, die während der ordentlichen Arbeitszeit ausgeführten Lehrtätigkeiten der Beamten strenger zu kontrollieren. Entsprechende Lehrtätigkeiten dürfen nur bewilligt werden, wenn sie den Interessen des Bundes und nur diesen dienen und mit der übrigen Arbeitslast vereinbar sind.

Empfehlung 4 Die Geschäftsprüfungskommission ersucht den Bundesrat, die Verordnung über die Lehrtätigkeit von Bediensteten der allgemeinen Bundesverwaltung innerhalb kürzester Frist zu revidieren, um sie dem Wortlaut und Sinne von Artikel 15 Absatz 4 Beamtengesetz anzupassen.

Die GPK-N zeigt in ihrem Bericht klar auf, dass die Regelung der Lehrtätigkeit von Bundesbediensteten den Ausgleich von verschiedenen Interessen ermöglichen sollte.

Einerseits ist darauf zu achten, dass die Lehrtätigkeit die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben nicht beeinträchtigt. Andererseits liegt es im Interesse des Bundes, wenn 4946

dafür geeignete Personen Kontakte zu Lehre und Forschung haben, die ihnen in ihrer täglichen Arbeit in der Bundesverwaltung von Nutzen sein können. Aus diesem Grund sieht die heute gültige Regelung vor, dass Bedienstete, die im Interesse des Bundes lehrtätig sind, dafür in bestimmtem Umfang beurlaubt werden können. Die Einzelheiten sind in der Verordnung vom 2. Dezember 1974 über die Lehrtätigkeit von Bediensteten der allgemeinen Bundesverwaltung (Lehrtätigkeitsverordnung, SR 172.221.126) geregelt.

Der Bundesrat ist bereit, die Regelung der Lehrtätigkeiten auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Bundespersonalrechts neu zu ordnen. Lehrtätigkeiten von Bundesangestellten sollen dabei nicht verhindert, aber den allgemeinen Vorschriften unterstellt werden. Eine Bewilligungspflicht kann demnach in den Ausführungsbestimmungen vorgesehen werden, soweit die Lehrtätigkeit die Aufgabenerfüllung zu beeinträchtigen vermag (Art. 21 Abs. 2 Entwurf BPG; Näheres dazu in der nachfolgenden Stellungnahme zu Empfehlung 5). Eine Ablieferungspflicht können die Ausführungsbestimmungen vorschreiben für Fälle, in denen die Lehrtätigkeit auf Grund des Arbeitsverhältnisses mit dem Bund ausgeübt wird (Art. 19 Abs. 2 Entwurf BPG). Beurlaubung für Lehrtätigkeiten wird möglich sein, soweit die Ausführungsbestimmungen zur allgemeinen Vorschrift des BPG über den Urlaub sie vorsehen (Art. 16 Abs. 1 Entwurf BPG).

Die Regelung der Lehrtätigkeiten durch die allgemeinen Vorschriften über Bewilligungspflicht, Ablieferungspflicht und Urlaub wird die Aufhebung der Lehrtätigkeitsverordnung auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Personalrechts mit sich bringen. Eine Änderung der Lehrtätigkeitsverordnung ist unter diesen Umständen nicht mehr angebracht. Sie wäre mit einigem Aufwand verbunden, der besser vermieden wird, um die Kräfte auf die Einführung des neuen Personalrechtes zu konzentrieren.

2.3

Empfehlung 5: Zulässigkeit von Nebenbeschäftigungen

Empfehlung 5 Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, den Grundsatz des Verbots von erwerbsorientierten Nebenbeschäftigungen mit Ermächtigungsvorbehalt durch ein anzeigepflichtiges allgemeines Ermächtigungssystem zu ersetzen. Das Verbot sollte für bestimmte Aufgaben oder Funktionen nach wie vor möglich bleiben.

Die GPK-N führt in ihrem Bericht aus, die heute geltende Regelung der Nebenbeschäftigungen vermöge in verschiedenen Punkten nicht mehr zu befriedigen. So genüge sie vor allem im Fall von Teilzeitbeschäftigung den aktuellen Anforderungen des Arbeitsmarktes nicht mehr und führe zu Problemen hinsichtlich der Handelsund Gewerbefreiheit, auf die sich nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtes auch Beamte berufen könnten. Es müssten deshalb besser nuancierte und liberalere Lösungen für das Problem der Nebenbeschäftigungen gefunden werden.

Der Erlass des neuen Bundespersonalgesetzes wird auch in diesem Bereich Gelegenheit bieten, die bisher geltende Regelung auf ihre Übereinstimmung mit heutigen Anforderungen und Vorstellungen zu überprüfen und den Vorschlägen der GPK-N Rechnung zu tragen. Der Entwurf des Bundesrates zum Bundespersonalgesetz sieht 4947

eine gegenüber den Vorschriften des Beamtengesetzes gestraffte Regelung vor. Sie beschränkt sich auf Artikel 21 Absatz 2 Entwurf BPG, der vorsieht, dass die Ausführungsbestimmungen die Ausübung bestimmter Tätigkeiten und öffentlicher Ämter von einer Bewilligung abhängig machen können, soweit sie die Aufgabenerfüllung zu beeinträchtigen vermögen.

Für die allgemeine Bundesverwaltung soll diese Vorschrift in einer Verordnung des Bundesrates konkretisiert werden. Es ist vorgesehen, jene Tätigkeiten von Bundesangestellten für bewilligungsbedürftig zu erklären, die wegen ihres Umfanges die Leistungsfähigkeit der Angestellten vermindern könnten oder wegen ihrer Art die Gefahr von Interessenkonflikten mit sich bringen. Ausserdem sollen einige typische Situationen aufgeführt werden, in denen die Bewilligung zu verweigern ist (etwa die Beratung oder Vertretung von Dritten durch Bundesangestellte in Angelegenheiten, die zu den Aufgaben ihrer eigenen Verwaltungseinheit gehören).

Eine solche Regelung wird es erlauben, die Besonderheiten jedes einzelnen Falles angemessen zu berücksichtigen. So wird beispielsweise eine Nebenbeschäftigung von Teilzeitbeschäftigten unter dem Gesichtspunkt des Umfanges nicht bewilligungspflichtig sein, solange sie zusammen mit der Teilzeitbeschäftigung beim Bund keine überdurchschnittliche Belastung zur Folge hat. Sollte sie aber die Gefahr von Interessenkonflikten mit sich bringen, müsste unabhängig von ihrem Umfang eine Bewilligung beantragt werden. Im Bewilligungsverfahren wird dann unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zu entscheiden sein, ob die Nebenbeschäftigung so ausgestaltet werden kann, dass die potenziellen Interessenkonflikte im konkreten Fall nicht aktuell werden. Wenn dies nicht möglich sein sollte, wird die Bewilligung zu verweigern sein. In ihrem Bericht stellt die GPK-N fest, dass die Übernahme hoher Verantwortung mit zwingenderen Auflagen verbunden sei, als sie für andere Beschäftigte gelten. Auch dieser Gesichtspunkt wird beim Entscheid über die Bewilligung von Tätigkeiten ausserhalb des Arbeitsverhältnisses mit dem Bund nach der vorgesehenen Regelung berücksichtigt werden können.

2.4

Empfehlung 6: Ausstandsvorschriften

Empfehlung 6 Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, die Einführung von Ausstandsvorschriften für die Bediensteten der allgemeinen Bundesverwaltung zu prüfen.

Die GPK-N weist darauf hin, dass immer häufiger Bedienstete sowohl für den Bund wie für einen privaten Arbeitgeber tätig sind. Dies bringe neben der erwünschten Chance des Erfahrungsaustausches auch die Gefahr von Interessenkonflikten mit sich. Die GPK-N regt in diesem Zusammenhang den Erlass von Ausstandsvorschriften an, die über die Vorschrift von Artikel 10 Verwaltungsverfahrensgesetz hinausgehen. Diese Bestimmung regelt, wann Personen in Ausstand treten müssen, die eine Verfügung zu treffen oder diese vorzubereiten haben. Sie ist nicht anwendbar, wenn die Verwaltungstätigkeit nicht zu einer Verfügung führt.

Wie in der Stellungnahme zu Empfehlung 5 ausgeführt wird, sollen die neuen Vorschriften über Nebenbeschäftigungen die Bewilligungspflicht für Tätigkeiten ausserhalb der Anstellung beim Bund vorsehen, wenn diese Tätigkeiten potenzielle 4948

Interessenkonflikte mit sich bringen. In solchen Fällen ist eine Lösung zu suchen, die tatsächliche Interessenkonflikte vermeidet. Ist dies nicht möglich, so dürfen die Tätigkeiten nicht bewilligt werden.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass zunächst die neuen Vorschriften über die Bewilligungspflicht von Tätigkeiten ausserhalb des Arbeitsverhältnisses mit dem Bund, gekoppelt mit den in Erarbeitung befindlichen berufsethischen Regeln für den Umgang mit Interessenkonflikten, in die tägliche Praxis umgesetzt werden sollen.

Nur wenn sich zeigen sollte, dass dies nicht genügt, wäre der Erlass weiterer Vorschriften zu prüfen. Die erfolgreiche Bewältigung von Interessenkonflikten hängt im Übrigen wesentlich davon ab, dass alle Beschäftigten sich der Problematik genügend bewusst sind und jeweils im Einzelfall angemessene Lösungen suchen. Die Einführung eines Verhaltenskodexes wird nach den Erwartungen des Bundesrates dieses Bewusstsein stärken. Zusammen mit anderen ethischen Fragen wird die Problematik der Interessenkonflikte zudem auch im Führungshandbuch angesprochen werden, das künftig als ein Element der neuen Personalpolitik Beschäftigte mit Führungsfunktionen bei ihrer Tätigkeit unterstützen wird.

2.5

Empfehlungen 7 und 8: Tätigkeiten nach dem Austritt aus dem Bundesdienst

Empfehlung 7 Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, zu veranlassen, dass aus der Bundesverwaltung austretende Beamte systematisch an Inhalt und Einzelheiten des Amtsgeheimnisses erinnert werden.

Der Bundesrat stimmt dieser Empfehlung zu. Am 14. Dezember 1998 wurde den Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte zusammen mit den Antworten des Bundesrates auf den Bericht dieser Kommissionen zur Personalpolitik des Bundes auch der Projektbericht «Organisation des Personalwesens» (POP) unterbreitet. In Ziffer 4.14.1 des Projektberichts wird ausgeführt, dass künftig Vorgesetzten und Mitarbeitenden ein Führungs- beziehungsweise ein Mitarbeiterhandbuch zur Verfügung gestellt werden soll. Darin werden die relevanten Informationen (wie das personalpolitische Leitbild, ein Gesprächsleitfaden für Anstellungen, Checklisten usw.) in ansprechender Form zusammengestellt. Es ist vorgesehen, in das Führungshandbuch eine Checkliste für Austrittsgespräche aufzunehmen. Ein Punkt wird dabei die Information über die Wirkungen des Amtsgeheimnisses nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem Bund sein. Es wird noch zu prüfen sein, ob diese mündliche Information durch die Abgabe eines Merkblattes unterstützt werden soll.

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Empfehlung 8 Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, die Einführung von rechtlichen oder ethischen Bestimmungen zu prüfen, welche dazu dienen, für ehemalige Beamte die Nutzung ihrer vertraulichen Kenntnisse oder ihres in der Verwaltung erworbenen Einflusses einzuschränken, sofern deren berufliche Tätigkeiten eng mit ihrer früheren Beamtentätigkeit verbunden sind.

Ebenfalls zu prüfen wäre, ob für gewisse Funktionen oder Tätigkeitsbereiche Konkurrenzverbote analog zum Obligationenrecht eingeführt werden können.

Die Geschäftsprüfungskommission legt in ihrem Bericht (Ziffer 64) dar, dass in verschiedenen anderen Staaten zum Teil erhebliche Einschränkungen für den Übertritt von Beamten in die Privatwirtschaft bestehen. In ihren Schlussfolgerungen zu diesem Thema (Ziffer 65) führt sie aber auch aus, es wäre unangebracht, vom Bundespersonal einerseits mehr Mobilität und Flexibilität zu fordern und andererseits die Freiheit von Bundesbediensteten, aus der Bundesverwaltung aus- und in die Privatwirtschaft einzutreten, zu beschneiden.

Der Bundesrat lehnt die Einführung von Bestimmungen ab, die Bundesbediensteten den Übertritt in die Privatwirtschaft erschweren würden. Die damit verbundene Einschränkung der Mobilität zwischen öffentlichem und privatem Sektor könnte die Attraktivität des Bundes als Arbeitgeber vermindern. Interessenten für Bundesstellen könnten auf den Eintritt in den Bundesdienst verzichten, wenn ihre Möglichkeiten für einen späteren Wechsel in die Privatwirtschaft eingeschränkt wären. Nur in wenigen Ausnahmefällen, namentlich bei hohen Aufwendungen des Bundes für die Ausbildung von Bediensteten, erscheinen spezielle Regelungen für den Übertritt zu einem anderen Arbeitgeber angebracht.

2.6

Empfehlungen 9 bis 12: Ethik im öffentlichen Dienst

Empfehlung 9 Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, aktive Massnahmen zu treffen, damit in der Bundesverwaltung eine Unternehmenskultur entsteht, die ethisches Verhalten fördert.

Es sind bereits heute verschiedene Aktivitäten von Bundesstellen im Gang, die berufsethische Fragen des öffentlichen Dienstes betreffen. Am 20. Mai 1998 nahm der Bundesrat vom Bericht der Verwaltungskontrolle des Bundesrates (VKB) vom 26.

März 1998 über Korruptionsgefährdungen und Sicherheitsvorkehrungen in der Bundesverwaltung Kenntnis und erteilte den Departementen verschiedene Aufträge.

Diese Aufträge bezogen sich namentlich auf die Ausarbeitung eines Verhaltenskodexes zur Prävention von Korruptionsgefährdungen durch das EFD und auf die Überprüfung des Handlungsbedarfs bezüglich der Sicherheitsvorkehrungen bei korruptionsgefährdeten Tätigkeiten durch alle Departemente.

Auf Grund des Bundesratsbeschlusses vom 20. Mai 1998 ist ein Verhaltenskodex der allgemeinen Bundesverwaltung in Arbeit. Der geplante Kodex soll nicht nur die

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Korruptionsprävention unterstützen, sondern in umfassenderer Weise dazu beitragen, dass über die rechtlichen Bestimmungen hinaus Leitsätze der Berufsethik im Arbeitsalltag verankert werden. Zu diesem Zweck soll er in prägnanter Form Zielvorgaben und Verhaltensregeln enthalten, welche die berufsethischen Anforderungen an das Bundespersonal konkretisieren. Der Bundesrat wird sich im ersten Semester dieses Jahres mit dem Kodex befassen. Dieser soll danach den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der allgemeinen Bundesverwaltung abgegeben und zusammen mit dem personalpolitischen Leitbild der allgemeinen Bundesverwaltung in die Mitarbeiter- und Führungshandbücher aufgenommen werden. Er soll auch in Ausbildungskursen eingesetzt werden.

Im erwähnten Beschluss vom 20. Mai 1998 erteilte der Bundesrat zudem den Departementen den Auftrag, zu überprüfen, ob Handlungsbedarf bezüglich der Sicherheitsvorkehrungen bei korruptionsgefährdeten Tätigkeiten bestehe, und gegebenenfalls Verbesserungen vorzunehmen. Durch diesen Auftrag wurden verschiedene Aktivitäten ausgelöst. So wurde beispielsweise in einem Departement den Ämtern empfohlen, die Korruptionsprävention im jeweiligen Amtsleitbild beziehungsweise in den Führungsrichtlinien zu thematisieren, sofern das noch nicht der Fall war. In einem anderen Departement wurde besonderes Gewicht auf die Verstärkung der Kontrollen im Zusammenhang mit dem Beschaffungswesen gelegt. Ein Generalsekretariat erliess Weisungen zum Verhalten bei Indiskretions- und Bestechungsgefahr, welche auf Grund der praktischen Erfahrung im Sinne einer Wegleitung für das ganze Departement gelten sollen. Als weiteres Beispiel kann ein Bundesamt erwähnt werden, in dem eine Weisung des Direktors erlassen wurde, nach der jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter eine Anti-Korruptions-Charta und Amtsverschwiegenheitserklärung unterzeichnet.

Am 7. Oktober 1999 überwies der Nationalrat anlässlich der Beratung der Revision des Korruptionsstrafrechts (Botschaft vom 19. April 1999, BBl 1999 5497) ein Postulat seiner Kommission für Rechtsfragen betreffend Korruptionsprävention. Es regt die Erarbeitung von Musterregelungen zwecks Korruptionsprävention an und zählt zu prüfende Massnahmen auf. Bei der Bearbeitung dieses Postulats werden die Erfahrungen mit den bisherigen Vorkehrungen auszuwerten sein. Als
Zielvorgabe für mögliche neue Massnahmen kann in diesem Zusammenhang die von der GPK-N angesprochene Kultur der Förderung von ethischem Verhalten dienen.

Empfehlung 10 Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, im Rahmen der Umsetzung des neuen Bundespersonalgesetzes in der Bundesverwaltung eine breit angelegte Sensibilisierungskampagne zu Ethikfragen einzuleiten. Zudem regt sie an, dem Thema Ethik im Legislaturprogramm 1999­2003 einen zentralen Platz einzuräumen.

Die Umsetzung des neuen Bundespersonalrechts wird erhebliche Anstrengungen zur Ausbildung der Personalfachleute und der Vorgesetzten sowie zur Information des gesamten Bundespersonals erfordern. In diesem Rahmen wird sich auch Gelegenheit bieten, berufsethische Fragen zu thematisieren, beispielsweise im Zusammenhang mit dem Verbot der Geschenkannahme oder mit der Bestimmung über das Berufs-, Geschäfts- und Amtsgeheimnis (Art. 19 Abs. 3 und Art. 20 des bundesrätlichen Entwurfs vom 14. Dezember 1998 zu einem Bundespersonalgesetz). Einen Effekt der 4951

Sensibilisierung für berufsethische Fragen erwartet der Bundesrat auch von der Bekanntmachung des in Bearbeitung befindlichen Verhaltenskodexes. Dem Thema Ethik wird damit in der Bundesverwaltung in den nächsten Jahren unabhängig von seiner Aufnahme in das zur Zeit noch nicht definitiv bereinigte Legislaturprogramm 1999­2003 verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Empfehlung 11 Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, in die Leistungsaufträge, welche den Gruppen und Ämtern erteilt werden, bestimmte ethische Regeln aufzunehmen.

Empfehlung 12 Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt dem Bundesrat, die Verwaltungsführung im Rahmen von Leistungsaufträgen auch nach ethischen Aspekten zu beurteilen.

Die Gruppen und Ämter, welche durch Leistungsaufträge und Globalbudgets geführt werden (FLAG-Ämter; Art. 44 RVOG und Art. 38a FHG), gehören trotz dieser Besonderheit zur zentralen Bundesverwaltung im Sinn von Artikel 2 Absatz 1 und 2 RVOG und Artikel 6 und 7 RVOV. Ihr Personal untersteht heute dem Beamtengesetz und wird in Zukunft vom Bundespersonalgesetz erfasst werden. Dementsprechend gilt das personalpolitische Leitbild der allgemeinen Bundesverwaltung auch für die FLAG-Ämter. Dieses Leitbild sieht im Abschnitt «Mitarbeitende» unter dem Stichwort «Leistungsbereit» unter anderem Folgendes vor: «Unsere Mitarbeitenden halten sich an den Verhaltenskodex.» Der zu erlassende Verhaltenskodex mit seinen berufsethischen Regeln wird damit auch für das Personal der FLAG-Ämter massgebend sein. Die Aufnahme besonderer ethischer Regeln in die Leistungsaufträge drängt sich daher nicht auf. Immerhin wird aber bei der Auswertung der Erfahrungen mit dem personalpolitischen Leitbild der Situation dieser Ämter besondere Aufmerksamkeit zu widmen sein. Diese Auswertung hat spätestens auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundespersonalgesetzes zu erfolgen (Ziff. 2.b des Bundesratsbeschlusses vom 18. November 1998 über das Projekt Organisation des Personalwesens, POP).

3

Schlussbemerkung

Sowohl die Thematik der Nebenbeschäftigungen von Beamten wie auch die Fragen im Zusammenhang mit der Berufsethik im öffentlichen Dienst hängen eng mit einem zentralen Anliegen der neuen Personalpolitik des Bundes zusammen, nämlich der Stärkung der Führungsverantwortung der Vorgesetzten und der Eigenverantwortung der Mitarbeitenden. Dies lässt sich am Beispiel der Bewilligungspflicht von Nebenbeschäftigungen zeigen.

In der Stellungnahme zu Empfehlung 5 wird ausgeführt, dass Nebenbeschäftigungen in Zukunft unter anderem dann einer Bewilligung bedürfen, wenn sie die Gefahr von Interessenkonflikten mit sich bringen. Es wird nun zwar einerseits in der Verant4952

wortung der Vorgesetzten liegen, auf Anzeichen für solche Konflikte zu achten und von den Mitarbeitenden die nötigen Auskünfte einzuholen. Andererseits werden aber auch die Mitarbeitenden dazu aufgerufen sein, mögliche Interessenkonflikte festzustellen und mit ihren Vorgesetzten zu besprechen (Grundsatz der Selbstdeklaration). Damit Vorgesetzte wie Mitarbeitende diese Verantwortung wahrnehmen können, brauchen sie ein waches Bewusstsein für berufsethische Fragen.

Im vorliegenden Bericht sind in den Stellungnahmen zu den einzelnen Empfehlungen verschiedene Elemente erwähnt worden, die zu einer bewussten Auseinandersetzung mit ethischen Fragen beitragen können (namentlich die Überprüfung der Korruptionsgefährdungen und Sicherheitsvorkehrungen im Zusammenhang mit dem Bericht der VKB vom 26. März 1998 und der künftige Verhaltenskodex der Bundesverwaltung). Es zeichnet sich damit ein Wandel ab gegenüber der Situation, wie sie von der GPK-N in ihrem Bericht (Ziff. 72, 1) beschrieben wird; nach ihren Feststellungen wird nämlich heute in der Bundesverwaltung noch oft davon ausgegangen, Ethik sei etwas Vorgegebenes und müsse nicht explizit formuliert werden.

Die sich abzeichnende Entwicklung einer bewussten Berufsethik in der Bundesverwaltung kann als Teil eines umfassenderen kulturellen Wandels verstanden werden.

Dieser Wandel ist zwar mit einer Annäherung der Arbeitsverhältnisse an privatwirtschaftliche Formen verbunden. Gleichzeitig soll er aber auch die Besonderheiten des öffentlichen Dienstes berücksichtigen. Besonderheiten ergeben sich namentlich daraus, dass die Verwaltung ­ anders als die Privatwirtschaft ­ mit öffentlichen Mitteln politisch definierte Aufgaben zu erfüllen hat. Eine bewusste Ethik des öffentlichen Dienstes, wie die GPK-N sie fordert, kann dazu beitragen, diese Funktion der Verwaltung erfolgreich zu erfüllen. Der Bundesrat ist überzeugt davon, dass die im vorliegenden Bericht erwähnten Vorkehrungen zusammen mit der umfassenden Erneuerung der Personalpolitik eine gute Grundlage dafür bilden.

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