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Beilagen.

# S T #

Kreisschreiben des

Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen, betreffend Erleichterung der Einbürgerung von Ausländern.

(Vom 28. März 1899.)

Getreue, Hebe Eidgenossen !

In der Sitzung vom 9. Dezember 1898 hat der schweizerische Nationalrat ein Postulat folgenden Inhalts angenommen : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatten, ob es nicht Mittel und Wege gebe, um die Einbürgerung in der Schweiz wohnender Ausländer zu erleichtern."

Zur Begründung dieses Postulates wurde im wesentlichen angebracht : Die bedenkliche Erscheinung, daß zufolge der letzten Volkszählung in der Schweiz rund eine Viertelmillion Ausländer dauernd sich aufhalten und daß, zumal in den größern Grenzstädten, die ausländische Bevölkerung die einheimische nachgerade zu überflügeln drohe, lasse auf Mittel und Wege zur Abhülfe denken.

Man dürfe füglich sagen, daß jeder neunte Mann ein Ausländer sei. Welch verderbliche Erwerbskonkurrenz von dieser Seite, d. h. von seiten der vom persönlichen Militärdienst befreiten Ausländer den im wehrpflichtigen Alter befindlichen Schweizerbürgern drohe, liege auf der Hand, von politischen Gefahren gar nicht zu sprechen. Das einzig zulässige .und zweckmäßige Mittel zur Abhülfe sei wohl das, durch Erleichterung der Bürgerrechtsaufnahme die sich dazu überhaupt eignenden Elemente der schweizerischen Nation zu assimilieren. Man sollte insbesondere danach trachten, Bundesblat. 53. Jahrg. Bd. H.

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498 in der Schweiz geborne Kinder von Ausländern zu naturalisieren.

Es sei doch ein höchst beklagenswerter Mißstand, wenn Personen, die nach Geburt, Erziehung, Domizil und ganzer wirtschaftlicher Thätigkeit de facto Schweizer seien, vom Ausland als Bürger beanspruch und zum ausländischen Militärdienst herangezogen würden, weil, seien es zu hoch geschraubte Einbürgerungstaxen, sei es die Unmöglichkeit der Verlegung des Domizils in den Bereich einer liberaleren Gesetzgebung, ihrer Naturalisation schwer zu überwindende Hindernisse in den Weg legen. Angesichts von cirk 90,000 solcher in der Schweiz geborenen Ausländer lohne sich's wohl der Mühe, diesen Punkt speciell ins Auge zu fassen und im Zusammenhang mit der ganzen Frage einläßlich zu prüfen.

Im weitern wurde ausgeführt, daß ein wirksames Mittel, dio Einbürgerungen in der Schweiz zu erleichtern, darin bestünde, dio für die bundesrätliche Naturalisationsbewilligung festgesetzte Kanzleitaxe (Fr. 35) herabzusetzen.

Der Bundesrat versprach, diese Frage gründlich zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatten. Er verfehlte indessen nicht, darauf hinzuweisen, daß Übelstände, wenn solche wirklich vorhanden seien, jedenfalls nicht der Bundesgesetzgebung, noch auch der bundesrätlichen Praxis zugeschrieben werden dürfen. In der That beschränkt sich die Kompetenz des Hundes auf diesem Gebiete auf die vorgängige Bewilligung zur Erwerbung eines Kantons- und Gemeindebürgerrechts, Sache der Kantone ist es, das Bürgerrecht selbst zu erteilen.

Zwei Bedingungen sind es, welche jeder Ausländer nach dem Hundesgesetz vom 3. Juli 1876 erfüllen muß, um die bundesrätliche Bewilligung zu erlangen : J. Er muß seit mindestens zwei Jahren in der Schweiz seinen ordentlichen Wohnsitz haben.

2. Seine Verhältnisse gegenüber dem bisherigen Heimatstaate sollen so beschaffen sein, daß voraussichtlich aus seiner Einbürgerung der Eidgenossenschaft keine Nachteile erwachsen werden.

Das Bundesgesetz vom 3. Juli 1876 ist erlassen worden, um den schweren Übelständen zu steuern, welche bei dem Schacher, der früher mit dem Schweizerbürgerrecht getrieben wurde, zu Tage getreten waren. Wir verweisen diesfalls auf die Botschaft des Bundesrates vom 2. Juni 1876 (Bundesbl. 1876, II, 897). Us könnte daher keine Rede davon sein, heute das Bundesgesetz vom ·'. Juli 1876 abzuschaffen oder seine Bestimmungen wesentlich

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abzuschwächen, um damit den frühem Mißbrauchen Thilr und Thor zu öffnen.

Wir glauben auch nicht, daß die für jede Bürgerrechtsbewilligung erhobene Kanzleigebühr von Fr. 35 viele davon abhalte, um die Erteilung des Schweizerbürgerrechts eirizukommen.

Die Quelle des gerügten Mißstandes -- wenn und soweit überhaupt von einem Mißstand gesprochen werden darf -- wäre also jedenfalls auf kantonalem Gebiete m suchen.

Wir sind nun gerne bereit, die Frage nach allen Seiten hin gründlich zu prüfen, um eventuell Vorschläge darüber zu machen, wie Abhülfe zu schaffen sei. Zu diesem Zwecke gelangen wir an Sie mit dem Gesuche, Sie wollen uns über die Lage der Dinge iu Ihrem Kanton und insbesondere über folgende Punkte Aufschluß geben : 1. Trifft das bei Begründung des erwähnten Postulates entworfene Bild für Ihren Kanton zu und in welchem Maße? Wie verhält sich insbesondere in Ihrem Kanton die Zahl der schweizerischen Bevölkerung /,u der Zahl der ansässigen Ausländer?

2. Wie viele Ausländer sind im Jahre 1898 um die Erteilung des Bürgerrechts in Ihrem Kanton eingekommen? Wie viele haben es erhalten, und wie verteilen sich die eingebürgerten Personen auf die einzelnen Gemeinden Ihres Kantons?

3. Welches sind die Bedingungen, dio ein Ausländer in Ihrem Kanton erfüllen muß, um eingebürgert zu werden? Ist es wesentlich diesen Bedingungen zuzuschreiben, wenn so wenige Ausländer sieh in Ihrem Kanton einbürgern lassen?

4. Halten Sie es für wünschenswert, daß die Erwerbung des Kantons- und Gemeindebürgerrechts in Ihrem Kanton den Auslandern erleichtert werde. Wenn ja, welches wären Ihrer Ansicht nach die hierzu geeigneten Mittel?

5. Auf welche Weise könnte nach Ihrem Dafürhalten auf dem Wege der B u n d e s g e s e t z g e b u n g die Erleichterung der Bürgerrechtserwerbung herbeigeführt worden?

Das sind einige Fragen, auf deren Beantwortung wir im Hinblick auf das die Erleichterung der Bürgerrechtsaufnahme bezweckende Postulat des Nationalrates Wert legen müssen. Damit wollen wir aber nicht das Thema erschöpft haben. Wenn Ihnen bei der Prüfung dieser Frage neue Gesichtspunkte auftauchen, so würden wir Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie dieselben in Ihrem Berichte einläßlich erörtern und uns überhaupt alle Auf-

500 Schlüsse erteilen wollten, welche geeignet sind, den Gegenstand aufzuklären und Mittel und Wege zur Abhülfe zu zeigen.

Wir benutzen diesen Anlaß, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 28. März 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Antworten der Kantone.

1. Ziir-icli.

Wir beehren uns hiermit, Ihr Kreisschreiben vom 28. März 1899 betreffend Erleichterung der Einbürgerung von Ausländern in der Schweiz zu beantworten. Wir folgen dabei Ihrer Fragestellung.

7jii 1. Es darf gewiß als eine auffallende Thatsache bezeichnet werden, daß die Bundesverwaltung -- wiederholt vom Kanton Zürich und ändern Kantonen auf die Notwendigkeit neuer Erhebungen über die schweizerischen Bevölkerungsverhältnisse hingewiesen und um deren Vornahme angelegentlich aber vergeblieh ersucht -- nun sozusagen am Vorabend einer , eidgenössischen Volkszählung ihrerseits an die Kantone gelangt, um von ihnen Aufschlüsse zu erhalten, die sie selbst sollte gewähren können.

Wenn wir heute gleichwohl die gestellte Frage genauer zu beantworten vermögen, als dies nach der letzten eidgenössischen Zahlung geschehen könnte, so wird uns dies ermöglicht durch die vom Fremdenpolizeibureàu ausgeübte Kontrolle der Ausweisschriften, welche von Ausländern bei den Gemeinderatskanzleiea deponiert werden.

Der Jahresbericht unserer Direktion der Justiz und Polizei über ihre Verrichtungen im Jahre 1898 enthält in dieser Beziehung folgende Angaben : vjDie vom kantonalen Fremdenpolizeibüreau geführte Statistik über den Zuwachs und Abgang der Ausländer 'ergab, dass'am

502

31. Dezember 1898 sich im Kanton Zurich 70,278 Ausländer aufhielten, für welche Ausweisschriften abgegeben worden waren (1897: 71,046). Sie verteilen sich ihrer Nationalität und Heima t nach wie folgt: 1897.

1898.

. . . . 45,249 45,087 Deutschland .

15,162 Italien , . . . 13,967 Oesterreich-Ungarn . . . . .

6,848 6,900 Frankreich . . . .

1,101 1,010 . . . .

956 907 Rußland 313 Amerika . . .' .

331?

England . .

272 216 . . . .

226 Dänemark .

196 . . . 210 228 Liechtenstein 156 . . . 198 Nord-Amerika Rumänien .

15» . . . .

170 Holland 131 . .

149 90 Spanien : . . . , . . .

105 Belgien . . . .

95 98 . . .

62 57 Türkei 46 Schweden . . . . . . .

57 Norwegen . . . . . . .

57 53 46 Serbien . . . .

52 Bulgarien . . . . .

38 51 47 49 Griechenland . . . . . . .

29 Portugal . . . .

31 22 Asien . . . .

26 6 Australien . . . .

7 Afrika . . . .

5 5 -- Luxemburg . . . .

3 1 Montenegro . . . .

1 Total

70,278

71,046

Von diesen Ausländern wohnten 48,005 in der Stadt Zürich, 3,553 in Winterthur und 18,720 in den übrigen Gemeinden dos Kantons."

Danach ist im Kanton Zürich jede sechste Person und in der Stadt Zürich annähernd jede dritte Person fremder Nationalität !

Die gestellte Frage ist also zu bejahen in dem Sinno, daß das Bild, welches bei Begründung des nationalrätlichen Postulates

503 entworfen wurde, im Kanton Zürich von der Wirklichkeit überboten wird.

Wir fügen noch einige nur auf die Stadt Zürich bezügliche Materialien bei, welche die Zuwachsverhältnisse der schweizerischen und der ausländischen Bevölkerung illustrieren, wie sie sich ergeben durch : 1. Mehrzuzug: Überschuß der Zugezogenen] über die Weg?

gezogenen.

2. Geburtenüberschuß: Überschuß^ der lebend Gehörnen über die Gestorbenen.

3. Einbürgerungen.

Die Daten sind den Arbeiten des statistischen Amtes der Stadt> sowie den städtischen Geschäftsberichten entnommen.

1\ Mehrzuzug-1893--1898.

'Ausländer.

Schweizer.

1893 . 4527 6563 . 4626 1894 5496 1895 . 3914 7618 1896 . 5806 5268 1897 . 2746 1453 1898 . 1380 --447 (negativ) i n 6 Jahren . . . . 22999 25951 Jahresdurchschnitt . . 3833 4325 in Prozentanteilen . . 47 °/o 53»/o 2. Geburtenüberschußfl893--1898.

9 Schweizer.

Ausländer.

1893 . . . . 6 2 6 609 1894 . . . . 7 9 3 721 1895 . .' . .

787 773 1896 . . . . 1183 987 1897 . .' . . 1216 1018 1093 1898 . . . . 1228 in 6 Jahren .

5833 5201 972 867 Jahresdurchschnitt .

in Prozentanteilen .

58 % 47 % Die Prozentanteile unter Nr. l und Nr. 2 gleichen sich also gegenseitig aus, was aber bei den größern absoluten Zahlen unter Nr. l keine vollständige Kompensation bedeutet, wie nachstehende Snmmation der Zahlengruppen l und 2 darthut.

504

Zuwachs der stadtzürcherischen Bevölkerung von J898 -- 189$ durch Mehrzuzug plus Geburtenüberschuß :

1893 1894 1895 1896 1897 1898

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

Schweizer.

Ausländer.

5153 5419 4701 6989 3982 2608

7172 6217 8391 6255 2471 646

i n 6 Jahren . . . . 28852 31152 Jahresdurchschnitt . . 4805 5192 in Prozentanteilen . . 48°/o 52°/o Im Durchschnitt von 6 Jahren ist also die ausländische Bovölkeruug je um 387 Personen mehr angewachsen als die schweizorische; für das Jahrzehnt gäbe das eine Verschiebung des schon unbefriedigenden -- Verhältnisses zu ungunsteil dcH schweizerischen Bevölkerungsteiles der Stadt um gegen 4000 Köpfe.

Dabei ist wohl zu berücksichtigen, daß der ausländische Mehrzuzug seit 1895 im Abnehmen . und anno 1898 sogar in einem Mehrwegzug übergegangen, der Geburtenüberschuß der Ausländer aber im steten Steigen begriffen ist (wie übrigens derjenige der Schweizer auch). Wir weisen auf diesen Punkt namentlich deshalb hin, weil das fragliche Postulat speciell die Einbürgerung der in der Schweiz geborenen Ausländer ins Auge faßt.

3. Einbürgerungen von Ausländern 1894--1897 : 1894 . . . . 180 1895 . . . . 130 1896 . . . . 277 1897 . . . . 199 in 4 Jahren . . . . . . 786 im Jahresdurchschnitt . . . 196 Das macht vom ausländischen Durchschnittszuwaehs der städtischen Bevölkerung für die gleichen 4 Jahre, welcher sich auf 5843 Personen stellt (gegen 5192 im (> jährigen Durchschnitt), nur 3,4% aus; volle 96,o % des Mehrzuzuges und Geburtenüberschusses der Ausländer blieben also fremder Nationalität.

Zu 2. Zur Beantwortung dieser Frage erlauben wir uns, zunächst auf das Ihrem politischen Departemente am 7. Februar 1899 von unserer Direktion des Innern zugestellte Verzeichnis

505 der im Jahr 1898 in das Landrecht des Kantons Zürich aufgenommenen Ausländer samt Begleitschreiben zu verweisen.

Es ist daraus zu entnehmen, daß im Jahr 1898 im Kanton Zürich 272 Ausländer um Aufnahme in das Landrecht eingekommen sind, von denen 189 das Kantonsbiirgerrecht erhalten haben, während die übrigen 83 abgewiesen wurden. (Eine Aufnahme wurde nachträglich wieder aufgehoben.)

Die Aufgenommenen verteilen sich auf die einzelnen Gemeinden wie folgt : 1. Bezirk Zürich: 102 (Zürich 84, Höiigg l, Örlikon 6, Schlieren 2, Seebach 7, Wytikon 2).

2. Bezirk Affoltern: 7 (Wettsweil).

3. Bezirk Horgen : 7 (Adlisweü l, Hütten l, Oberrieden 2, Kichtersweil l, Thalweil l, Wäderisweil 1).

4. Bezirk Meilen: 3 (Meilen l, Stäfa l, Ütikon 1).

5. Bezirk Hinweil : 13 (Dürnten l, Fischenthal 2, Hinweil 2.

liuti t, Wald 2, Wetzikon 5).

6. Bezirk Winterthur: 29 (Dägerlen l, Elsau 2, Nefteriliach l, Oberwinterthur l, Schlatt 2, Seuzach l, Töß 3, Veitheim 2, Winterthur 12, Wülflingen 3, Zeli 1).

7. Bezirk üster: 2 (Dübendorf l, Egg 1).

8. Bezirk Pfäffikon: 2 (Weißlingen l, Wildberg 1).

9. Bezirk Andelfingen : (5 .(Kl.-Andelfingeu 1 5 Ober-Stammheim 2, Unter-Stammheim l, Volken 2).

10. Bezirk Biilach: 6 (Glatlfelden l, Höri 3, Kloten l, Winkel 1).

11. Bezirk üielsdorf: 11 (Affoltern b. Z. <>, Boppelsen 2, Oberweningen l, Regensberg l, Regensdorf 1).

Total Kanton Zürich 188.

Zu 3. Um im Kanton Zürich eingebürgert zu werden, hat der Ausländer, wie auch der Biirger eines andern Kantons rechtsgültige Ausweise über seine bisherigen Heimats- und Familienverhältnisse, den Besitz der Handlungsfähigkeit und eines unbescholtenen Rufes beizubringen.

Er bezahlt eine Einkaufsgebiihr, die aus .einer Gebühr für das Gremeindebürgerrecht und der sogenannten Landrechtsgebühr besteht. Die ersterc ist für den Ausländer wie für den Kantonsund Schweizerbürger gleichmäßig auf Fr. 100--500 gesetzlich limitiert 5 die den Ausländer allein treffende Landrechtsgebühr ist

506 durch die Novelle vom 15. Juli 1888 zum Geineindegeselz voir ursprünglichen 50 auf Fr. 200--500 erhöht worden. Für den Ausländer betragen also die hiesigen Kinkaufsgebühren zusammen im Minimum 300 und im Maximum Fr. 1000 Dabei stolli; os der Gemeinde frei, von den nicht in der Schweiz geborenen Ausländern höhere Gebühren zu verlangen und es wird hiervon von verschiedenen Gemeinden ausgiebiger Gebrauch gemacht.

Diese Bedingungen müssen vom Ausländer erfüllt sein, damit er eingebürgert werden kann ; aber der Kanton ist nicht verpflichtet, ihn ins Bürgerrecht aufzunehmen, auch wenn dieso Bedingungen erfüllt sind. Einzig in der Schweiz geborene Ausländer haben ein Recht auf Einbürgerung wie die Schweizerb urger, aber unter den genannten Bedingungen.

Ob es wesentlich diesen Bedingungen zuzuschreiben ist, daß so wenige Ausländer sich in unserem Kanton einbürgern lassen?

Jedenfalls darf man die Schuld nicht denjenigen Bedingungen beimessen, welche gewissermaßen so selbstverständlich sind, daß sich daran kaum etwas ändern läßt, wie der Ausweis über Heimatsund Familienverhältnisse-, Besitz der Handlungsfähigkeit und eines unbescholtenen Rufes. Wenn die erwähnten Einschränkungen die Einbürgerung kaum wesentlich erschweren, so kann neben der Anhänglichkeit an die Heimat nur noch die Höhe der Einkaufsgebühr als Hindernis in Betracht kommen. Ermäßigung derselben vermehrt, Erhöhung derselben vermindert die Zahl dei' Einbürgerungen. Betrug bei 50 Fr. Landrechtsgebühr die Zahl der Einbürgerungen von Ausländern im Jahre 1887: Iti3 und noch im Jahre 1888: 170, so ist sie im folgenden, nachdem die Erhöhung in Kraft getreten war, auf 95 zurückgegangen, um freilich weiterhin wieder zu steigen, entsprechend der Zunahme der Bevölkerung überhaupt, wie sie seither namentlich in der Stadt Zürich so rapid eingetreten ist. Insofern also muß zugegeben werden, daß die Höhe der Einkaufsgebühr am geringen Verhältnis der ausländischen Einbürgerung nicht unbeteiligt ist.

Zu 4. Die Verschiedenheit der Staatsangehörigkeit macht sich hauptsächlich in drei Richtungen geltend, und nach jeder derselben erscheint speciell die Eigenschaft als Ausländer für das Staatsleben von Nachteil, der um so empfindlicher wird, je größer die Verhältniszahl der ausländischen zur inländischen Bevölkerung ist.

Einmal rechtlich. Indem das Bundesgesetz betreffend die civilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter

auf die Ausländer, welche in der Schweiz ihren Wohnsitz haben, entsprechende Anwendung findet, werden dem Ausländer, welcher in einem Schweizerkanton niedergelassen ist, mit Bezug auf seine Angelegenheiten aus dem Gebiete des Personen-, Familien- und Erbrechtes dieselben Landesrechte zugesichert, die für diese Verhältnisse dem niedergelassenen Schweizer zustehen, und sowie diesem noch sein heimatliches Recht reserviert ist, so dem Ausländer das betreffende ausländische Recht. Der Status der Kinder eines Deutschen, Oesterreichers etc. in der Schweiz richtet sich nach deutschem, österreichischem Rechte und wird von deutschen, österreichischen Gerichten entschieden 5 für die Erbfolge in seinem Nachlasse kann er letztwillig sein Heimatsrecht als maßgebend erklären u. s. w. Auch richtet sich die persönliche Handlungsfähigkeit prinzipiell nach dem Rechte des Staates, dem die Ausländer angehören. Soweit aber ausländisches Recht gilt, erleidet die Staatshoheit des Inlandes Abbruch, und je zahlreicher das Ausland vertreten ist, um so mehr wird sein Recht im Inlande herrschend, und je vielfacher hinwieder die fremden Nationalitäten im Inland, uni so mehr artet dessen Rechtszustand aus ia Rechtsunsicherheit.

Politisch sodann sind wie in der Schweiz überhaupt (von ganz singulären Ausnahmen abgesehen), so in unserem Kanton die Ausländer rechtlos. Zählen sie doch hier wie noch anderwärts nicht einmal mit bei Bemessung der Volksvertretung. Jedenfalls aber entbehren sie der aktiven Rechte, des Stimm- und Wahlrechtes, und es entgeht damit den Staatseinrichtungen ihrerseits eine wirksame Unterstützung. Wenn der demokratische Staatsgedanke in Volkswahl und Volksgesetzgebung das Unterpfand der Treue der Bürger erblickt zu Behörde und Gesetz, und wenn diese um so sicherer ruhen, je vollständiger die Grundlage volksmäßiger Stimm- und Wahlberechtigung, so verliert, je größer anderseits die Zahl derer, die davon ausgeschlossen sind, um so mehr die öffentliche Ordnung an innerer Festigkeit. Wenn die Ausländer als Inländer aufgenommen werden, so teilen sie nicht nur deren Rechte, sondern auch deren Interessen.

In militärischer Hinsicht wird das Verhältnis der Ausländer zum Inland vollends kritisch. Die Ausländer haben bei uns keinen Militärdienst zu leisten, die meisten sind durch die Staatsverträge auch von der Leistung
des Militärpflichtersatzes befreit; insoweit sind sie günstiger gestellt als die eigenen Bürger, in zweifacher Beziehung. Nicht nur sind sie einer Last gegenüber dem Staat enthoben, sondern sie laufen speciell den dienstpflichtigen Bürger«

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iiueli io der Arbeitskonkurrenz deu Rang ab, indem sie selber dienstfrei sind; pflegt doch nicht bloß der Private, sondern wohl das Gemeinwesen selber als Arbeitsgeber bei Anstellungen aut dienstfreies Personal zu sehen. Soweit aber die Stellen mit Ausländern besetzt sind, wird durch einen Ruf der Inhaber in don Dienst des fremden Landes die inländische Wirtschaft bloßgestellt und geschwächt. Und wenn gar die Schweiz in einen Krieg verwickelt würde, wäre möglich, daß der Großteil unserer Ausländer an demselben beteiligt erschiene.

Soweit sieh die Zahl der ausländischen Bevölkerung absolut und im Verhältnis zur inländischen genommen in deu üblichen Grenzen hält, erscheinen auch bei uns besondere Maßnahmen nicht gerechtfertigt; anders wenn sie diese Grenzen überschreitot und in solchem Maße wie speciell in der Stadt Zürich, wo je die dritte Person Ausländer ist.

Mögen andere Kantone bei sich wenig Bedürfnis nach Änderung der diesbezüglichen Verhältnisse finden, so wird dasselbe au unserem Orte lebhaft empfunden, und der Stadtrat Zürich begrüßt die Anregung der Bundesbehörden um so mehr, als das unnatürliche Maß des Verhältnisses der hiesigen ausländischen Bevölkerung ihn schon früher dazu mahnte, nach einem Mittel zur Abhülfe zu suchen, das er ebenfalls in der Erleichterung der Einbürgerung fand. Aber das Interesse ist kein blo3 lokales und auch kein kantonales mehr, wo sich die Zahl der Ausländer aucli absolut genommen an einem Orte so sehr angehäuft hat, daß sie der Gesamtheit der Bevölkerung ganzer Kantone gleichkomml.

Das Aufsehen des Bundes selber rechtfertigt sich deshalb, weil die gleiche Erscheinung in gleichem, wo nicht noch bedenklicherem Maße auch in anderen Kantonen, beziehungsweise Städten der Schweiz zu Tage tritt. Es erscheint also die angeregte Maßnahme nicht allein' wünschenswert, und zwar im Interesse des gesamten Landes, sondern mit Rücksicht auf die dargestellten Folgen der Erscheinung als notwendig.

Fragt man aber vom Standpunkte des Kantonsrechtes nach den geeigneten Mitteln, um die Erwerbung des Bürgerrechtes den Ausländern zu erleichtern, so wäre für unsern Kanton jedenfalls einmal auf die ursprünglichen bezüglichen Bestimmungen im Gomeindegesetz zurückzugehen. Es wären also die Laridrechtsgebührcn wieder von 20U--500 auf Fr. 50 zu reduzieren. Auch die Gemeindebürgerrechtsgebühr
ließe sich wohl herabsetzen, zwar nicht für Ausländer allein, sondern zugleich auch für Schweizer-, beziehungsweise Kantonsbürger; hat doch der Stadtrat Zürich selber

509

in einem Vorschlage an den Großen Stadtrat folgende Herabsetzung der Bürgereinkaufsgebühr der Stadt Zürich im Gesetzeswege beantragt: auf Fr. 400 für ausländische Familien, Fr. 100 für alleinstehende Schweizer.

Sodann ließe sich auch das Recht der Ausländer auf Einbürgerung erweitern. Besitzen dasselbe bisher nur die in der Schweiz geborenen Ausländer, so dürften desselben, und das erscheint als der Hauptfall der Erleichterung, auch diejenigen Ausländer teilhaftig gemacht werden, die durch die Thatsache längern Wohnsitzes im Lande mit demselben bleibend und dauernd verbunden erscheinen. Ist dabei immer noch vorausgesetzt, daß im übrigen diese Bedingungen der Einbürgerung, speciell die der Einkaufsgebühr, erfüllt würden, so könnte u. a. auch hiervon noch abgegangen und das Bürgerrecht unentgeltlich erteilt werden, wie es der Stadtrat Zürich iin erwähnten Vorschlage beantragt hatte. Nur müßte dann auch den Schweizerbürgern unter mindestens gleichen Umständen die Unentgeltlichkeit gewährt und speciell die Klausel des Gegenrechtes, die infolge eines Initiativbegehrens in das Gemeindegesetz (§ 25, Abs. 3 am Ende) aufgenommen wurde, wieder fallen gelassen werden. Nach dem Vorschlage des Stadtrates Zürich würde das Bürgerrecht unentgeltlich verliehen: Niedergelassenen, die als Mitglieder von Behörden, als Beamte, Angestellte oder Arbeiter 5 Jahre im Dienste des Bundes, des Kantons oder der Stadt gestanden haben (Ausländern jedoch nur, wenn sie in der Schweiz geboren sind) ; ferner Ausländern, die in Zürich geboren sind und in den letzten 10 Jahren ununterbrochen hier gewohnt haben. Immerhin versteht es sich bei jeder Art von Gewährung eines Rechtes auf Einbürgerung, daß der Bewerber subsistenzfahig sei, wie denn die Thatsache der Unterstützungsbedürftigkeit schon bisher auch den Schweizer- und Kantonsbürger von diesem Rechte ausschließt. -- Möchte man immerhin die Bedingungen noch mehr erleichtern und das Recht noch mehr erweitern, ein Zwang zur Einbürgerung' in dem Sinne, daß der Ausländer unter gewissen Umständen schlechthin als Bürger eingeschrieben und behandelt würde, ließe sich, mit Rücksicht darauf, daß internationale Komplikationen geschaffen werden könnten, jedenfalls nur durch Bundesrecht einführen. Damit kommen wir zur Frage der Erleichterung der Bürgerrechtserwerbung auf dem Wege der Bundesgesetzgeburig.

Zu 5. Vom Standpunkte der geltenden Bundesgesetzgebnng scheint der Bund seinerseits eine Erleichterung der Bürgerrechts-

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erwerbung nicht ermöglichen zu können. Nachdem die frühere Bundesverfassung, hauptsächlich mit, .Rücksicht darauf, daß die einzige aufgestellte Bedingung (Entlassung aus dem frühern Staatsverbande) nicht genügend erschien, geändert worden ist, hat das Bundesgesetz betreffend die Erteilung des Schweizerbürgerrechtes es als seine Aufgabe betrachtet, weitere Bedingungen, ohne welche, das Bürgerrecht nicht erteilt werden kann, aufzustellen. Von diesen Bedingungen aber soll nicht abgegangen werden. Dennoch ist der Bundesgesetzgebung möglich, einige Erleichterungen eintreten zu lassen. Wenn der Witwe, der geschiedenen Ehefrau, sowie den Kindern eines aus dem schweizerischen Staatsverbande entlassenen Schweizerbürgers die unentgeltliche Wiederaufnahme in das Schweizerbürgerrecht zugesichert wird, so könnte das gleiche Recht weiter auch Frauenspersonen, welche das Schweizerbürgerrecht durch Heirat verloren haben, für den Fall der Auflösung der Ehe, und ihren Kindern eingeräumt werden, wie es Baselstadt für sich gethan hat. Dadurch würde ein weiterer und wohl nicht unerheblicher Bruchteil von Ausländern der Erleichterung der Naturalisation beziehungsweise Renaturalisation von Bundesrechts wegeu teilhaftig. Auch die Ermäßigung der Gebühr für die bundesrätliche Bewilligung würde dem gleichen Zwecke dienen: für eine bloße Kanzleigebühr wären statt Fr. 35 auch Fr. 10 genug.

Warum aber sollte die Bundesgesetzgebung nicht einen weitern Standpunkt einnehmen, als bloß den, die notwendigen erschwerenden Bedingungen aufzustellen? -- W a r u m sollte sie nicht selber die im übrigen wünschbare Erleichterung eintreten lassen? Haben seinerzeit Erfahrungen derart, daß es mit der Einbürgerung von Ausländern zu leicht genommen wurde, zum bezüglichen Rechte der Bundesgesetzgebung geführt, so spricht dieBundesverfassung nun einmal schlechthin von "Bedingungen " tür die Erteilung des Bürgerrechtes an Ausländer, welche, durch die Bundesgesetzgebung geordnet werden sollten, so daß darunter auch erleichternde Bedingungen verstanden werden können, und wenn seither das Bedürfnis, ja die-Notwendigkeit, eingetreten ist, daß im übrigen den Ausländern die Einbürgerung erleichtert werde, so erscheint daraus der Bundesgesetzgebung nicht weniger das Recht als selbst die Pflicht zu erwachsen, auch in dieser Beziehung Ordnung zu schaffen,
ohne daß es seitens der Bundcsverfassung eines weitereu Auftrages bedürfte. Wie wir uns diese Erleichterung denken, liegt in der Darstellung dessen, was sich con Kantons wogen thun ließe, ausgesprochen: was der Kanton

511 Ihun könnte, sollte eben von. Bundes wegen geschehen. Jedenfalls dürfte die Bundesgesetzgebung, wie sie einmal Minimalforderungen für die Einbürgerung aufgestellt hat, damit es mit dieser nicht zu leicht genommen werde --, so nun Maximalforderungen aufstellen, um eine den Verhältnissen unangemessene, ja verhängnisvolle Erschwerung der Einbürgerung verhindern. -- Auch schiene es dem Wortlaute der Bundesverfassung nicht zu widersprechen, den Ausländern unter Urnständen selbst ein Recht auf Einbürgerung einzuräumen. Wie die .^Bedingungen1*, von denen darin die Rede, nicht bloß als erschwerend, sondern auch als erleichternd aufgefaßt werden können, so könnten sie so gestaltet werden, ·daß sie, wenn erfüllt, dem Bewerber' ein Recht, auf Einbürgerung verleihen. Als solche Umstände denken wir uns, wieder wie unter dem Standpunkte des Kantonsrechtes, Geburt im Inland oder ein längerer Wohnsitz darin oder eine gewisse Dauer öffentlicher Anstellung. Mit der Einführung der Unentgcltlichkeit der Einbürgerung in näher zu begrenzenden Fällen wäre noch mehr geholfen, wie sie sich auch zugleich mit dem Recht auf Einbürgerung selbst als eine erleichternde Bedingung derselben statuieren ließe. Für die Rückwirkung des Inhaltes eines solchen Bundesgesetzes auf das Einhürgerungsrecht auch der Schweizerund Kantonsbürger, die naturgemäß, ohne rechtlich gefordert worden zu müssen, nicht ausbleiben könnte, schiene der Bund in keiner Weise verantwortlich, und sie würde auch nur /u begrüßen sein.

Was den Zwang gegen den Ausländer zur Einbürgerung, wäre es auch nur in der bedingten Form der Optionspflicht, anbelangt, so müssen wir uns sagen, daß die Schweiz die gleichen Prätensionen wie aridere Staaten im Recht der Naturalisation erheben könnte und auch sollte, um den Kampf um widerstreitende Rechte unter den gleichen Bedingungen führen und zu ihrem Anteil gelangen zu können.

Wenn begründete Bedenken entgegenstehen sollten, die Erleichterung der Einbürgerung von Ausländern auf dem Gesetzeswege herzustellen, so wäre die Bundesverfassung seihst zu ändern.

Wir glauben indes, daß die Bundesgesetzgebung die Frage der Erleichterung der Einbürgerung für Ausländer, die im Vordergrunde steht, zu löserji vermag.

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3. Bern.

Wir beehren uns, die in Ihrem Kreisschreiben vom 28. Mär& gestellten Fragen betreffend die Erleichterung der Einbürgerungin der Schweiz wohnender Ausländer zu beantworten wie folgt: 1. Das bei Begründung des bezüglichen Postulates im Nationalrat entworfene Bild von dem in den größern Grenzstädten bestehenden Mißverhältnis zwischen der Zahl der ausländischen und der einheimischen Bevölkerung trifft für den Kanton Bern nicht zu, indem die Zahl der in demselben ansäßigen Ausländer im Verhältnis zu der Zahl der schweizerischen Bevölkerung bloß.

2,8% beträgt. Nach der Volkszählung von 1888 beläuft sich die Wohnbevölkerung des Kantons Bern auf 536,679 Personen, davon entfallen 15,024 auf Ausländer.

2. Im Jahr 1898 sind dem Großen Rat 37 Naturalisationsgesuche eingereicht worden, denen ohne Ausnahme entsprochen wurde, wovon jedoch zwei gegenwärtig noch nicht in Wirksamkeit getreten sind. Dagegen hat der Regierungsrat 9 Gesuche um die Bewilligung zur Erwerbung des Ortsbürgerrechts abgewiesen, weil die Mehrzahl der Bewerber nicht im Kanton Bern ansäßig war und die übrigen den gesetzlichen Erfordernissen in Hinsicht auf Domizil und Leumund nicht Genüge leisteten. Die vom Großen Rat erteilten 37 Naturalisationen betreffen 21 Familien und 1(> einzelstehende Personen, zusammen 111 Personen, die sich auf 28 Gemeinden des Kantons verteilen.

3. Die Einbürgerung Kantonsfremder (Schweizerbürger anderer Kantone und Ausländer) richtet sich im Wesentlichen noch immer nach der Fremdenordnung vom 21. Dezember 1816, deren Vorschriften in Titel VIII, der von der Naturalisation der Fremden handelt, folgendes bestimmen : ,, § 73. Zur Naturalisation oder Erhaltung des bernischeu Landrechts wird die Anschaffung eines Ortsburgerrechts in dem Kanton Bern wesentlich erfordert.

,,.§ 74. Kein Kantonsfremder soll ein Burgerrecht in dem Kanton Bern erwerben können, er habe denn eine ausdrückliche Bewilligung dazu von unserm Kleinen Rat (Regierungsrat) erhalten, welche nur mit zwei Drittel Stimmen erteilt werden kann. (Gemäß § 26 des Gesetzes vom 25. Januar 1847 ist die Zweidrittelmehrheit für die Erteilung dieser Bewilligung nicht mehr erforderlich.)

513

,, § 75. Zu dieser Bewilligung wird erfordert, daß der Petent seine freie, ehrliche Herkunft und gute Aufführung, welcher Religion er zugethan sei, wie auch, daß seine Aufnahme sowohl in Absicht auf seinen Beruf als sein Vermögen dem Lande zum Nutzen diene, durch glaubwürdige Zeugnisse bescheinige.

,,§ 76. Die Bewilligung wird jeweilen nur auf sechs Monate erteilt, innerhalb welcher Zeit der Fremde sich angelegen sein lassen wird, die Zusicherung der Aufnahme in ein beliebiges Ortsbürgerrecht zu erlangen und eine rechtskräftige Bescheinigung derselben unserm Kleinen Rat (Regierungsrat) einzugeben.

,,§ 77. In jeder von einer Gemeinde, infolge obigen Artikels, einem Fremden zuzustellenden Zusicherung der Aufnahme in ihr Burgerrecht soll die bestimmte Erklärung enthalten sein und hernach in dem Burgerbriefe selbst wiederholt Werden : dass die Gemeinde sich zur Unterstützung und Verpflegung des. Anzunehmenden sowohl als seiner Nachkommenschaft, im Fall der Verarmung des einen oder des ändern, nach Maßgabe der bestehenden Armenordnung verpflichte.

,,§ 78. Der Kleine Rat (Regierungsrat) wird dann untersuchen und sich den Bericht erstatten lassen, ob diejenige Gemeinde, die den Fremden in ihr Burgerrecht aufnehmen will, vermögenshalber im stände sei, ihn und die Seinigen im Fall der Verarmung zu ernähren und dem Staat diesorts die nötige Sicherheit gewähre.

,,§ 79. Wenn unser Kleine Rat (Regierungsrat) auf diesen eingezogenen Bericht hin alle Umstände für die Naturalisation günstig findet, so wird er über den Access vor uns entscheiden und insofern derselbe mit zwei Drittel Stimmen erteilt worden, uns das Naturalisationsbegehren samt allen daherigen Schriften zur Willfahr oder Abweisung vorlegen.

,, Die Behandlung der Naturalisationsbegehren findet in unsern ordentlichen Monatssitzungen statt, und für die Willfahr werden zwei Drittel Stimmen durch das geheime Mehr erfordert. (Diese Zweidrittelsmehrheit ist für die Erteilung der Naturalisation beibehalten, Art. 60, litt, a, des Großratsreglementes vom 7. März 1894.)

fl Wenn die Naturalisation erteilt worden, so soll die Gemeinde, welche dem Fremden die Zusicherung der Aufnahme in das Burgerrecht erteilt hat, dessen berichtet und sie aufgefordert werden, seinen Burgerbrief nach dem vorgeschriebenen Formular Bundesblatt. 63. Jahrg. Bd. II.

33

514

auszufertigen und unserm Kleinen Rat (Regierungsrat) durch den Oberamtmann einzusenden.

,,§ 80. Sobald dieser Burgerbrief in gehöriger Form eingelangt sein wird, so soll auch der Naturalisationsakt in unserm Namen ausgefertigt und dem Fremden, auf geleisteten Eid der Treue und des Gehorsams in die Hände unseres betreffenden Oberamts, zugestellt werden. (Diese Eidesleistung findet nicht mehr statt.)

,,§ 81. Für die Erteilung der vorläufigen Bewilligung unseres Kleinen Rates (Regierungsrat), § 74, hat der Fremde zu entrichten (nebst der Stempelgebühr), laut Tarif für die Staatskanzlei vom 18. Dezember 1865, Fr. 40, ,,für den Naturalisationsakt des Großen Rates, laut dem nämlichen Tarif, Fr. 500. " Die neue Staatsverfassung des Kantons Bern enthält in Art. (54 folgende, auf das Gemeindebürgerrecht bezügliche Bestimmungen : ,,Das Gemeindebürgerrecht bildet die Grundlage des Kantonsbürgerrechts.

,,Die Bestimmungen über den Erwerb des Bürgerrechts und den Verzicht auf dasselbe, sowie über den öffentlich-rechtlichen Inhalt des Gemeindebürgerrechts, sind Sache der Gesetzgebung.

,,Vorbehalten bleiben die bundesrechtlichen Vorschriften über das Schweizerbürgerrecht.''· Ferner ist in Art. 68, letztes Alinea, der nämlichen Verfassung bestimmt: ,,Die Aufnahme neuer Mitglieder steht den Bürgerschaften und bürgerlichen Korporationen ausschließlich zu.a Diese Vorschriften bilden noch gegenwärtig die gesetzlichen Grundlagen für den Erwerb des Gemeinde- und Kantonsbürgerrechts. Die Aufnahme in den Gemeinde- und Kantonsverband beruht auf der Freiwilligkeit, ein Zwang kann diesfalls nicht ausgeübt werden.

Außer den obenerwähnten Gebühren, welche für den Erwerb des Kantonsbürgerrechts zu bezahlen sind, hat der Bewerber zu Händen der Gemeinde, in welcher er sich einbürgert, eine Einkaufssumme zu entrichten, deren Festsetzung der freien Vereinbarung überlassen ist, jedoch nicht unter Fr. 300 betragen darf.

Die Höhe der Einkaufssumme wird im vorkommenden Falle auch davon abhängen, ob die betreffende Gemeinde Nutzungsgut besitzt oder nicht. Die Einkaufssumme fällt, mit Ausnahme von 20%, die dem Schulgute zukommen, dem Ortsarmengute zu, sofern die betreffende Gemeinde nicht bürgerliche Armenpflege führt.

518

Die Bedingungen und die finanziellen Leistungen, welche nachdem oben Gesagten eia Ausländer im Kantoa Bern zu erfüllen hat, um eingebürgert zu werden, scheinen uns nicht zu- schwer zu sein, mit Rücksicht auf die Vorteile:, die ihm durch die Einbürgerung in Hinsicht auf Vormundschaft und Armengenössigkeit erwachsen werden. Da zu dem bei der Prüfung der Erfordernisse zur Bürgerrechtserwerbung, bezw. Erteilung der dazu nötigen Bewilligung (§ 74 und 75 oben), in Fällen, wo der Bewerber im Kanton Bern geboren und ständigen Aufenthalt in demselben nachweist, gemäß bestehender Übung der Vermögensnachweis nicht wesentlich in Betracht fällt, so glauben wir nicht, dass jene Bedingungen und Leistungen den Grund dafür abgeben könnten,, daß die Einbürgerung von Ausländern im hiesigen Kanton keine größere Zahl aufweist.

4. Unter diesen Umständen erachten wir es für kein dringendes Bedürfnis, die Erwerbung des Gemeinde- und Kantonsbürgerrechtsim Kanton Bern den Ausländern noch mehr zu erleichtern,, besonders auch deswegen, weil es unbillig erscheinen würde, diese günstiger zu stellen, als die Schweizerbürger anderer Kantone,, die hinsichtlich ihrer Einbürgerung den obenerwähnten Vorschriften ebenfalls unterworfen sind.

5. Wir sind deshalb nicht in der Lage, Ihnen Vorschläge zu unterbreiten darüber; wie im Wege der Bundesgesetzgebung die Erleichterung der Bürgerrechtserwerbung herbeigeführt werden könnte, sondern halten dafür, dass die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 3. Juli 1876 ausreichend seien.

3. Luzern.

Unter Bezugnahme, auf die vom Schweiz. Nationalrat unterm 9. Dezember 1898 erheblich erklärte, M o t i o n b e t r . die Erl e i c h t e r u n g d e r E i n b ü r g e r u n g v o n A u s l ä n d e r n haben Sie mit Kreisschreiben vom 2'8; März abhin an die Kantonsregierungen eine Reihe von Fragen gestellt. Wir, beehren, uns, dieselben hiermit unsern Kanton betreffend in der Reihenfolge Ihrer Fragestellung zu beantworten.

Ad 1. Bei einer Wohnbevölkerung von 135,360 Personen betrug die Zahl der bei der Volkszählung von 1888 im Kanton

816

sich aufhaltenden Ausländer 3034 = 23 pro mille. Es ist dies ein Verhältnis, das nichts Beunruhigendes hat und insbesondere keine Gefahr bietet, daß die einheimische Bevölkerung von der ausländischen überflügelt werde.

Ad 2. Über die erfolgten Einbürgerungen von Ausländern wurden seit längerer Zeit Ihrem Justiz- und Polizeidepartement resp. dem politischen Departement alljährlich Verzeichnisse eingesandt. Gemäß dem Verzeichnisse für 1898 sind in diesem Jahr in unserm Kanton fünf Ausländer (Einzelstehende und Familien) mit 19 Personen naturalisiert worden. Die Eingebürgerten verteilen sich auf folgende Gemeinden : zwei Familien mit zusammen 9 Personen auf Luzern, ein Einzelstehender auf Sursee, ein solcher auf Nottwil und eine Familie mit 8 Personen auf Wikon.

Wie unseres Wissens in unserm Kanton noch kein Bürgerrechtsgesuch eines Ausländers abgewiesen worden ist, sofern der Betreffende die Bewilligung des h. Bundesrates besaß und sich ein Gemeindebürgerrecht gesichert hatte, so ist auch im Jahre 1898 vom luzernischen Großen Rat allen daherigen Gesuchen, die an ihn gelangten, entsprochen worden.

Ad 3. Die Bedingungen, die ein Ausländer im Kanton Luzern erfüllen muß, um eingebürgert zu werden, sind folgende : a. Zunächst hat sich der Berwerber ein Gemeindebürgerrecht zu sichern. Über die daherigen Bedingungen bestehen keine gesetzlichen Vorschriften, vielmehr ist es dem freien Ermessen der Gemeinden anheimgestellt, ob und unter welchen Bedingungen sie einen Ausländer als Bürger aufnehmen wollen. Von den im Jahre 1898 Eingebürgerten hatte eine Familie von 5 Personen der betreffenden Gemeinde eine Einkaufssumme von Fr. 1500, eine solche von 4 Personen Fr. 1800, und eine dritte von 8 Personen Fr. 2000 zu bezahlen. Einer der Einzelstehenden bezahlte Fr. 571.43, ein anderer nichts.

b. Für die Erteilung des Kantonsbürgerrechts ist an die Armenkasse des Kantons eine Gebühr zu bezahlen, die vom Großen Rat bestimmt wird. Im Jahre 1898 mußten bezahlen: die Familie von 5 Personen (sehr vermöglich} Fr. 1000, die andere von 4 Personen Fr. 600, die dritte von 8 Personen Fr. 400. Ein Einzelstehender bezahlte Fr. 250, ein anderer Fr. 100.

Wir sind nun nicht der Ansicht, daß die Bedingungen, wie sie bei uns üblich sind, einem Ausländer, der ernstlich die Einbürgerung wünscht, von der Erwerbung des Bürgerrechts abhalten

517

könnten. Allerdings ist die Gesamtausgabe für das Gemeindeund Kantonsbürgerrecht zuweilen nicht unerheblich; allein sie ist in keinem Falle so groß, daß sie für einen Bewerber, der auch nur ein verhältnismäßig bescheidenes Vermögen besitzt, unerschwinglich wäre. Immerhin ist es möglich, und sogar wahrscheinlich, daß sich mehr Ausländer einbürgern würden, sofern keine oder nur eine ganz geringe Einkaufssumme bezahlt werden müßte.

Ad 4 und 5. Unseres Erachtens liegt für unsern Kanton nicht gerade ein Bedürfnis vor, die Gesetzgebung in der Weise abzuändern, daß den Ausländern die Einbürgerung allgemein erleichtert würde. Wie bereits angedeutet, könnte dies dadurch geschehen, daß entweder die Zwangseinbiirgerung vorgeschrieben, oder daß wenigstens die Einkaufssumme auf ein Minimum reduziert würde. Nun aber halten wir weder das eine noch das andere für zweckmässig, viel weniger für notwendig. Abgesehen nämlich davon, daß, wie angeführt, die Ausländer keinen bedeutenden Prozentsatz der Gesamtbevölkerung unseres Kantons ausmachen, darf wohl den Gemeinden nicht zugemutet werden, jeden beliebigen Ausländer unentgeltlich oder gegen ganz geringe Taxen als Bürger aufnehmen zu müssen, nachdem die erstem verpflichtet sind, die Bürger im Verarmungsfalle zu unterstützen.

In Anbetracht dessen ist es gewiß billig, daß den Gemeinden volle Freiheit darüber gelassen wird, ob und wie sie einem Ausländer das Bürgerrecht erteilen wollen, eventuell, daß für jene gewisse Kautelen hinsichtlich der Bürgerrechtsverleihung bestehen.

Immerhin glauben wir, daß die Frage geprüft werden sollte, ob nicht die in der Schweiz geborenen Kinder von Ausländern, sofern die Mutter der erstem Schweizerin ist, ohne weiteres das Schweizerbürgerrecht erhalten sollten. Immer häufiger kommt der Fall vor, daß Italiener, welche des Verdienstes wegen in die Schweiz kommen, sich hier mit Schweizerinnen verheiraten.

Stirbt dann der Vater und kann sich die Familie nicht durchbringen, so bleibt derselben nichts übrig, als ihre Heimat in Italien aufzusuchen, wo sie das Bürgerrecht besitzt, aber wo ihr alles, Leute, Sprache, Sitten völlig fremd ist. Es scheint uns ein Gebot der Humanität zu sein, vorzusorgen, daß solches nicht mehr vorkommt und das kann unseres Erachtens nur erreicht werden, wenn eben die in der Schweiz geborenen Kinder einer
schweizerischen Mutter das Schweizerbürgerrecht eo ipso erlangen, oder wenigstens für letzteres optieren können.

Wenn wir auch, abgesehen von dem oben erwähnten Falle, nicht der Meinung sind, daß iür unsern Kanton ein« Neuregelung

518

der Bttrgfii'rechtsverhftltnisse im Sinne der erleichterten Erwerbung des Bürgerrechtes notwendig sei, so geben wir doch gerne zu, daß in ändern Kantonen die Verhältnisse andere sind und wir möchten nicht ein Hindernis sein, wenn eine allgemeine Neuordnung auf dem Wege der Bundesgesetzgebung sich als notwendig erweist.

4.

Uri.

Mittelst Kreisschreiben vom 28. März abbin ersuchen Sie uns, über die zufolge einem vom schweizerischen Nationalrat angenommenen Postulat aufgeworfene Frage der Erleichterung der Einbürgerung von Ausländern in der Schweiz Ihnen unsere Ansicht kund zu geben und gleichzeitig über herwärtige Einbürgerungsverhältnisse Auskunft zu erteilen.

Wir beehren uns, Ihnen hierauf Folgendes mitzuteilen : Laut Volkszählung vom 1. Dezember 1888 betrug die Zahl der in unserm Kanton wohnhaften Ausländer 576. Ein wesentlicher Zuwachs ist seither nicht eingetreten. Es trifft somit auf 30 Schweizerbürger nur einen Ausländer, weshalb das bei Begründung des erwähnten Postulates entworfene Bild auf unsern Kanton keine Anwendung findet.

Im Jahre 1898 ist nur ein Ausländer (Italiener) mit Frau und acht Kindern um die Erteilung des Bürgerrechtes eingekommen.

Derselbe hat von der Landesgemeinde das Bürgerrecht auch anstandslos erhalten gegen Entrichtung einer Gebühr von Fr. 500.

Zur Erlangung des Kantonsbürgerrechtes ist die vorherige Erwerbung eines Gemeindebürgerrechtes notwendig. Laut Gesetz beträgt die Einkaufsgebühr in das Kantonsbürgerrecht mindestens Fr. 200, in das Gemeindebürgerrecht Fr. 500. Das Bürgerrecht kann auch ausnahmsweise unentgeltlich erteilt werden.

Bezüglich der in beiliegendem Gesetz vom 4. Mai 1884 enthaltenen Vorschriften über die Erwerbung des Bürgerrechtes von Uri sind uns nie Klagen zugekommen und erachten wir es auch nicht für wünschenswert, dass den Ausländern gegenüber eine Erleichterung der bestehenden Bedingungen geschaffen werde.

519

£5. Sch\vyz.

Auf Ihr Kreisschreiben vom 28. März 1899 haben wir folgendes zu erwidern : Ad 1. Die Befürchtung, dass in den grössern Grenzstädten den im militärpflichtigen Alter befindlichen Schweizerbürgern von Seiten der vom persönlichen Militärdienst befreiten Ausländern Erwerbskonkurrenz, und dass die ausländische Bevölkerung die einheimische zu überflügeln drohe, erscheint auch uns gerechtfertigt.

Für unsere Verhältnisse trifft dies bisanhin in erheblichem Maße noch nicht zu.

Auf 31. Dezember 1898 befanden sich 410 Ausländer als Niedergelassene und 2301 als Aufenthalter in herwärtigem Kanton.

Erstere bilden nach der Volkszählung 0,8 °/o der Wohnbevölkerung, letztere 4,5%.

Ad 2. Im Jahre 1898 sind in herwärtigem Kauton 3 Ausländer um die Erteilung des Bürgerrechts eingekommen und haben dasselbe auch erhalten. Alle 3 sind in der Gemeinde Küßnacht eingebürgert.

Ad 3. Ausländer, welche sich in hiesigem Kanton einbürgern wollen, haben vorerst die bundesrätliche Bewilligung hierfür beizubringen. Im fernem haben sie ein Gemeindebürgerrecht zu erwerben und daraufhin beim Kantonsrat um die Erteilung des Kantonsbürgerrechtes einzukommen. Diese letztere Erteilung darf erst erfolgen, wenn der Betreffende im Besitze eines Gemeindebürgerrechtes ist. Anderseits wird die Erteilung des Gemeindebürgerrechtes auch erst dann rechtskräftig, wenn der Erwerb des Kantonsbürgerrechtes hinzugekommen ist.

Die Festsetzung der Einkaufsgebühr an die Gemeinden ist denselben überlassen. Der Kantonsrat bestimmt ebenfalls in jedem einzelnen Falle die Gebühr, welche gegen Erteilung des Kantonsbürgerrechtes an die Staatskasse zu entrichten ist. Sie beträgt durchschnittlich Fr. 400.

Nach unserem Dafürhalten ist es keineswegs diesen Bedingungen zuzuschreiben, dass wenige Ausländer sich bei uns einbürgern lassen.

Ad 4. Dass in herwärtigem Kanton die Erwerbung des Kantons- und Gemeindebürgerreehteso den Ausländern erleichtert werde, halten wir nicht für wünschenswert.

520 Ad 5. Die Beantwortung dieser Frage fällt mit unserer Antwort auf die Frage ad 4 dahin.

Schließlich erlauben wir uns die Bemerkung, daß für die Regelung der Einbürgerung im allgemeinen die bestehenden eidgenössischen Vorschriften vom 3. Juli 1876 genügen; alles weitere ist auch für die Zukunft den Kantonen und Gemeinden zu überlassen. Die bezüglichen Verhältnisse und Bedürfnisse der Grenzkantone und namentlich der Grenzstädte sind von denen der innern Kantone so verschieden, daß es unmöglich sein wird, sie nach gleichen Grundsätzen zu behandeln. Im fernem haben die Gemeinden und die Kantone die Folgen der Einbürgerung zu tragen, somit erscheint es als gerechtfertigt, denselben die Feststellung der Bedingungen für Aufnahme in ihr Bürgerrecht zu überlassen.

6. Unter\vald.en ob cLem "Wald..

Mittelst verehrlichem Kreisschreiben vom 28. März abbin ersuchen Sie uns unter Hinweis auf ein vom schweizerischen Nationalrat unterm 9. Dezember 1898 angenommenes Postulat betreffend die Einbürgerung von Ausländern und Hebung daheriger Übelstände, uns in Sachen über einige Fragen auszusprechen. Wir beehren uns, Ihnen diesfalls Folgendes mitzuteilen : Ad 1. In unserm Kanton mit seiner unbedeutenden Industrie und seinem schwachen Verkehr ist die Zahl der niedergelassenen Ausländer eine geringe. Infolgedessen wurden bisan auch ganz wenige Einbürgerungsgesuche gestellt, den gestellten aber bisan, soweit an uns, fast immer entsprochen. So wurde im Jahre 1897 die zahlreiche Familie eines Italieners, der sich hier bereits seit 3 Jahrzehnten klaglos aufgehalten, unbeanstandet und gegen mäßige Taxe ins Landrecht aufgenommen. Das Gemeindebürgerrecht hat derselbe aber nicht in seiner Wohngemeinde erworben. Etwaige Mißverhältnisse hinsichtlich allzustarker Überhandnähme der Ausländer gegenüber den Schweizerbürgern haben wir in Obwalden bisan nicht wahrgenommen.

Ad 2. Im Jahre 1898 haben sich in unserm Kanton keine Ausländer zur Einbürgerung angemeldet; es kamen daher auch keinerlei Gesuche zur Erledigung.

521

Ad, 3. In anserai Kanton bestehen keinerlei specielle Bestimmungen über Einbürgerung von Ausländern. Art. 25 der Kantpnsverfasaung sagt einzig, daß, wer sich um Erteilung des Landrechtes bewerben wolle, sich über die Zusicherung eines Gemeindebürgerrechtes ausweisen müsse. Die Einkaufstaxen sind natürlich je nach den Familienverhältnissen verschiedene und hängt insbesondere die Höhe der Gemeindetaxe auch davon ab, ob der Petent oder die Petenten gleichzeitig auch das Corporationsbürgerrecht oder nur das Gemeindebürgerrecht verlangten.

Ad 4. Angesichts der hierorts waltenden Verhältnisse finden wir es auch nicht für wünschenswert oder gar notwendig, die Erwerbung des Kantons- oder Gemeindebürgerrechtes den Ausländern zu erleichtern und kann deshalb auch davon abgesehen werden, uns über hierzu geeignete Mittel auszusprechen.

Ad 5. Ebenso halten wir es angesichts der hierorts waltenden Verhältnisse nicht für notwendig, daß hier der Bund auf dem Gesetzgebungswege intervenire. Die Grundlage für den Erwerb dea Schweizerbürgerrechtes ruht im Gegensatze zu den Verhältnissen anderer Staaten im Erwerb eines Gemeindebürgerrechtes. Und hier sind die lokalen Verhältnisse derart grundverschieden, daß es sehr schwierig sein dürfte, diesfalls verbindliche, einheitliche Vorschriften mit Erfolg zu erlassen. Wenn jene Orte, an welchen sich hauptsächlich die Ausländer anstauen und welches in der Regel die größern Industrie- und Handelscentren sind, diesfalls zeitgemäß vorgehen, so dürften die obwaltenden Übelstände sich unschwer heben oder wenigstens nicht fühlbarer werden. Für alle schweizerischen Gemeinden aber die gleichen Bestimmungen hinsichtlich Gewährung des Bürgerrechtes aufzustellen, geht aus dem oben angedeuteten Grunde der ganz verschiedenartigen Verhältnisse einfach nicht wohl an.

Schließlich verhehlen wir nicht, daß an dem nun bedenklich gewordenen Anwachsen der Ausländer die als eine Folge der Niederlassungsverträge mit ändern Staaten sich ergebende Niederlassungsfreiheit wesentliche Schuld trägt, welche Mederlassungsverträge mit Rücksicht auf die geringe territoriale Ausdehnung der Schweiz naturgemäß für die mitkontrahierenden größern Staaten auch gj-össere Vorteile bieten, besonders wenn sie dann von der Schweiz eben noch viel loyaler gehandhabt werden, als von den ändern kontrahierenden Staaten.

522

7/. UnterAvalden nid dem "WaldAis Antwort auf Ihr Kreisschreiben vom 28. März abhin betreffend Erleichterung der Einbürgerung von Ausländern teilen wir Ihnen mit: Ad 1. Die Begründung, welche zu einem Postulat des Nationalrates vom 9. Dezember 1898 über diesen Gegenstand geführt hat, trifft für unsern Kanton nicht zu. Es mögen sich im Ganzen etwa 30 Ausländer als Niedergelassene im Kanton aufhalten, während zur Zeit der letzten eidgenössischen Volkszählung von 1888 unter der gesamten Wohnbevölkerung von 12,558 Seelen sich 618 Ausländer, teils als Niedergelassene, teils als Aufenthalter vorfanden.

Ad 2. Im Jahre 1898 kam kein Ausländer um die Erteilung des Bürgerrechtes in unserem Kantone ein.

Ad 3. Die Aufnahme in hiesiges Bürgerrecht steht laut Artikel 39 der Kantons-Verfassung der Landesgemeinde zu, und die Aufnahme darf nur ausgesprochen werden, wenn der Bewerber sich vor dem Landrate über die Zusicherung eines hiesigen Armenrechtes ausgewiesen hat. Gewöhnlich wird auch eine Einbürgerungstaxe an die Staatskasse auferlegt. Der Erwerb eines Armeubürgerrechtes mag allerdings dazu beitragen, daß sich seit Jahrzehnten wenige ausländische Personen zur Aufnahme in das Kantonsbürgerrecht angemeldet haben.

Ad 4 imd 5. Für unsere Verhältnisse genügen die jetzigen, verfassungsgemäßen Vorschriften und wir halten überhaupt für passend, wenn über dieses Kapitel von Bundeswegen nicht Icgiferiert wird, sondern wenn die Kantone hinsichtlich der Erteilung des Kantonsbürgerrechtes freie Hand haben.

8. Grlarus.

Mittelst geschätztem Kreisschreiben vom 28. März 1899 laden Sie die Kantonsregierungen ein, sich über das Postulat betreffend die Erleichterung der Einbürgerung der in der Schweiz wohnenden Ausländer auszusprechen.

Wir beehren uns, die in dem erwähnten Kreisschreiben enthaltenen Fragen wie folgt zu beantworten :

523

Ad 1. Nach der 1888er Volkszählung hatte der Kanton GHarus eine Bevölkerung von 33,825 Seelen, wovon Bürger der Wohngemeinde 21,574 Bürger anderer Gemeinden des Wohnkantons . . . .

4,887 Schweizerbürger anderer Kantone 6,084 Ausländer 1,280 Die letztern repräsentieren also nicht ganz 4 °/o der Gesamtbevölkerung. Infolge dieser nicht gerade erheblichen Zahl von Ausländern haben sien hierseits die Übelstände, welche die Veranlassung des Postulates bildeten, bisher nicht fühlbar gemacht.

Ad 2. Im Jahre 1898 sind keine Ausländer um die Erwerbung des glarnerischen Landrechtes eingekommen.

Ad 3. Die Bedingungen, welche hierseits an die Erwerbung des Landrechtes und des Gemeindebürgerrechtes geknüpft sind, sind in den §§ 4--16 des Gesetzes vom Land- und Tagwenrecht enthalten. Wir schließen ein Exemplar dieses Gesetzes bei. Für die Bewilligung des Kantonsbürgerrechts wird gewöhnlich eine Einkaufstaxe von Fr. 300 verlangt. Die Bestimmungen über die Einbürgerung in den Gemeinden sind sehr verschieden und in einigen Gemeinden so gestellt, daß namentlich dem Ausländer die Erwerbung des Bürgerrechtes nur mit großen finanziellen Opfern möglich ist. Gesetzlich geregelt sind die Einkaufstaxen speciell in der Gemeinde Glarus und zwar folgendermaßen: Kantons- u. SchweizerNichtschweizer nach.

bürger nach einer Niederlassung einer Niederlassung unter 10 | über 10 unter 10 | über 10 Jahren Jahren Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

In die Tagwenskasse .

Für jeden Sohn über 18

600

300

600

300

Jahren . . . . .

Für jeden Sohn unter 18 Jahren In den Armenhausfonds Für jeden Sohn . . .

In den Waisenhausfonds Für jeden Sohn . . .

In den Armenfonds. .

In den Kirchenfonds seiner Konfession . . . .

In den Schulfonds . .

In den Pfrundfonds. .

200

100

200

100

100 300 -- 300 -- 200

50 300 -- 300 -- 200

100 300 50 300 50 200

50 300 50 300 50 200

-- -- 100

-- -- 100

100 100 100

100 100 100

524

Bei der Souveränität der Gemeinden in Bezug auf die Einbürgerung ist es dem Staate unmöglich, hier Wandel zu schaffen und haben in einigen Einkaufsfallen die Gerichte die Einkaufssumme feststellen müssen. Wenn sich wenige Ausländer in unserm Kanton einbürgern lassen, so glauben wir, diesen Umstand hauptsächlich den besondern Verkehrs- und Erwerbsverhältnissen unseres Kantons zuschreiben zu sollen.

Ad 4. Wie schon oben angedeutet, besitzen die Gemeinden unseres Kantons die Kompetenz, innerhalb den verfassungsmäßigen Schranken die Bestimmungen betreffend die Einbürgerung festzustellen, und würde ein Gesetz, welches die Gemeinden dieses Souveränitätsrechtes entkleiden wollte oder auch nur einen Eingriff in dieses Recht enthalten würde, aller Voraussicht nach von der Landsgemeinde abgelehnt. Die hiesigen Verhältnisse lassen aber unseres Erachtens eine Erleichterung der Einbürgerung nicht als so notwendig erscheinen, wie in ändern Kantonen und namentlich in den Grenzstädten. Was die vom Staate für die Erwerbung des Kantonsbürgerrechtes festgesetzte Einkaufstaxe anbelangt, so kann die Taxe von Fr. 300 kaum als zu hoch bezeichnet werden.

Ad 5. Von einer Änderung der Bundesgesetzgebung im Sinne einer Erleichterung der Einbürgerung darf unseres Erachtens füglich Umgang genommen werden, da die im Bundesgesetz vom 3. Juli 1876 enthaltenen Bedingungen die Einbürgerung in keiner Weise erschweren. Sache der Regierungen derjenigen Kantone, in welchen die gerügten Übelstände thatsächlich vorhanden sind, dürfte es sein, die zur Beseitigung dieser Übelstände notwendige Erleichterung der Einbürgerung herbeizuführen. Zu weitern Bemerkungen in Sache finden wir uns nicht veranlaßt.

O. Zug-.

In Beantwortung Ihres Rundschreibens vom 28. März abhin betreffend Erleichterung der Einbürgerung von in der Schweiz wohnenden Ausländern haben wir Ihnen Folgendes' zu melden : Ad Frage 1. Diesfalls verweisen wir auf den beigelegten Rechenschaftsbericht, Abteilung Inneres, über das Jahr 1896. Seite 14, Tabelle VI.

525

Ad Frage 2. Im Jahre 1898 wurden von 3 Ausländern Gesuche um Aufnahme in das Kantonsbürgerrecht gestellt und denselben entsprochen. Davon war einer Neubürger von Zug und zwei solche von Neuheim.

Ad Frage 3. Betrefi der Bedingungen, die ein Ausländer in unserm Kanton zu erfüllen hat, um in das Bürgerrecht aufgenommen zu werden, verweisen wir auf das beiliegende Gesetz vom 15. Oktober 1851.

Was die Taxen für das Gemeindebürgerrecht anbetrifft, so sollen dieselben sehr verschieden sein. Die Gemeinden sind in Bestimmung derselben vollständig frei. Die Praxis betreffend Festsetzung der kantonalen Taxen war bisher die, daß für Bewerber, welche nicht im Kanton Zug wohnen, das Maximum, für solche aber, die seit längerer Zeit im Kanton ansässig waren, geringere oder die Minimaltaxen zur Anwendung kommen.

Ob die Höhe dieser Taxen oder anderweitige Gründe dazu beitragen, daß sich nicht mehr Ausländer im Kanton Zug einbürgernlassen, entzieht sich unserer Beurteilung.

Ad Frage 4. Ein eingentlich fühlbares Bedürfnis der Erleichterung der Einbürgerung von Ausländern ist mit Bezug der hierorts in Betracht kommenden Verhältnisse nicht zu konstatieren.

Immerhin ist das obcitierte Gesetz betreffend Erteilung des Kantonsbürgerrechtes in Revision erklärt worden. Die bezüglichen Vorarbeiten sind im Gange und bleibt das Ergebnis der Beratung abzuwarten.

IO. Freitnirg.

Durch Kreisschreiben vom 28. März 1899 teilten Sie uns mit, daß der Nationalrat in seiner Sitzung vom 9. Dezember 1898 folgendes Postulat angenommen habe : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatten, ob es nicht Mittel und Wege gebe, um die Einbürgerung in der Schweiz wohnender Ausländer zu erleichtern. '· Wir halten uns an die Reihenfolge der bezuglich dieses Berichtes an uns gestellten Fragen.

526

Ad 1. Die zur Unterstützung des nationalrätlichen Postulats vorgebrachten Gründe fallen für den Kanton Freiburg, in welchem nur sehr wenige Fremde leben, nur in ganz unwesentlichem Maße in Betracht. Wir begreifen es, daß in Kantonen, in denen dio einheimische Bevölkerung von den Fremden majorisiert zu werden droht, die Lage eine anormale ist.

Wenn wir uns aber auf den rein freiburgischen Standpunkt stellen, so konstatieren wir, dass die anderwärts signalisierte Gefahr in unserm Kanton nicht besteht und daß, soweit es uns betrifft, die unsrer Prüfung unterstellte Frage ohne aktuelle Bedeutung ist.

Nach der eidgen. Volkszählung von 1888 ist denn auch unser Kanton derjenige, welcher von allen den schwächsten Prozentsatz niedergelassener Fremder zeigt: 19%.

Ad 2. Im Jahre 1898 haben nur 2 Ausländer das f'reiburgische Bürgerrecht begehrt und erhalten. Von den 2 Gesuohstellem wurde der eine Bürger der Gemeinde Courgevaux (Seebezirk), der andere ist Bürger der Stadt Freiburg.

Ad 3. Um freiburgischer Bürger zu werden, muß der Kantonsfremde ein Gesuch an den Staatsrat richten und sich darüber ausweisen : a. daß er seine bürgerliche Handlungsfähigkeit oder eine genügende Ermächtigung besitzt; b. daß er während wenigstens zweier Jahre in der Schweiz und in der Regel im Kauton gewohnt hat ; c. daß eine Gemeinde des Kantons ihn als Bürger aufnehmen will ; d. daß sein Vermögensstand oder seine Hülfsmittel anzunehmen gestatten, daß er nicht der öffentlichen Wohlthätigkeit zur Last fallen werde; e. daß er, wie auch die in sein Gesuch einbezogeoen Familienglieder, einen guten, von der Behörde seiner Wohngemeinde bescheinigten Leumund genieße; f. daß er, wenn Ausländer, vom Bundesrate die1 Ermächtigung zur Erwerbung des Sehweizerbürgerrechts erhalten hat.

Der Staatsrat übermittelt- das Gesuch, nach vorgängiger Prüfung, mit- seinem Gutachten dem Großen Rat.

Die Akten werden einer Specialkommission zu Prüfung überwiesen ; auf ihren Bericht hin erteilt oder verweigert der Große Rat die Einbürgerung,

527

Die Einbürgerung erstreckt sich auf die Gattin des Gesuchstellers und auf seine minderjährigen Kinder, abgesehen von allfälligen von der Bundesbehörde formulierten Vorbehalten.

Die Einbürgerungsgebühr zu gunsten des Staates beträgt für Schweizer höchstens Fr. 400, für Ausländer höchstens Fr. 800.

Für Gesuchsteller, welche eine freiburgische Kantonsangehörige geheiratet haben, wird die Gebühr um die Hälfte ermäßigt.

Sie wird vom Staatsrate bestimmt, welcher in jedem einzelneu Falle der Vermögenslage des Gesuchstellers, dem Umstände, daß er im Kanton Domizil hat, und der Zahl seiner an der Einbürgerung beteiligten Familienglieder Rechnung trägt.

Das Bürgerrecht kann gratis und als Ehrengeschenk an Kantonsfremde, welche bemerkenswerte Dienste leisteten oder sich außerordentliche Verdienste erwarben, verliehen werden.

Di& für die Art der Erwerbung eines Gemeindebürgerrechts aufgestellten Kegeln bilden den Inhalt der Artikel 233--244 unseres Gesetzes vom 19. Mai 1894 über die Gemeinden und Pfarreien; wir führen diese Bestimmungen hier an : Art. 233. Wer sich in einer Gemeinde als Bürger aufnehmen lassen will, muß hierfür dem. Gemeinderat ein schriftliches Begehren einreichen. Der Kantonsfremd.e, sgll überdies vermittelst, der vorgewiesenen Aktenstücke erhärten, daß er seit wenigstens zwei Jahren in der Schweiz, und in der Regel im Kanton wohnhaft gewesen ist.

Bevor der Gerneinderat das gestellte Begehren der in Art. 10 dieses Gesetzes vorgesehenen Gemeindeversammlung unterbreitet, hat er sich zu versichern, daß der Gesuchsteller hinsichtlich der Sittlichkeit und der Existenzmittel hinreichende Gewähr bietet, und dieses in seinem Gutachten zu erwähnen.

Art. 234. Die erforderlichen Sittlichkeits-Bedingungen sind nicht erfüllt: wenn auf dem Gesuchsteller ein kriminalisches oder zuchtgerichtliches Urteil lastet; wenn er seiner bürgerlichen Rechte bar und gesetzlich gebrandmarkt ist; wenn seine Aufführung gegen die Sittlichkeit verstößt; wenn er öfters wegen Übertretung der polizeilichen Gesetze und Réglemente bestraft worden ist.

Art. 235. Der Gesuchsteller soll überdies den Ausweis leisten, daß seine Vermögensverhältnisse oder seine Hülfsquellen

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vermuten lassen, er werde der öffentlichen Unterstützung nicht zur Last fallen.

Art. 236. Die Gemeinden können die Erlangung des Bürgerrechtes den Freiburgern nicht verweigern, welche die in den vorstehenden Artikeln geforderte Sicherheit leisten.

In Streitfällen kann der Rekursweg an den Staatsrat betreten werden.

Art. 237. Die Gemeindeversammlung entscheidet über Aufnahmsgesuche von Kantonsfremden mit dem absoluten Stimmenmehr der anwesenden Mitglieder. Zur Abweisung des Gesuches genügt die gehörig begründete Einsprache des Drittels der Mitglieder, wenn einer der im vorstehenden Art. 234 erwähnten Verwerfungsgründe besteht.

Das Rekursrecht an den Staatsrat bleibt vorbehalten.

Art. 238. Das Maximum des Aufnahmspreises wird vom Staatsrat, infolge eines gemeinderätlichen und oberamtlichen Gutachtens, für alle Gemeinden des Kantons im Verhältnis der mit der Einbürgerung verbundenen Vorteile nach Klassen auf Fr. 800, 1,200, 1,500, 2,000 und Fr. 2,500 festgesetzt.

Art. 239. Das Maximum des Aufnahmspreises wird zu gunsten desjenigen, der eine Gemeindebürgerin geheiratet hat, von rechtswegen auf die Hälfte herabgesetzt.

Art. 240. In der Aufnahme sind notwendigerweise die unverheirateten, in der Haushaltung des Gesuchstellers lebenden Kinder inbegriffen.

Es können jedoch diejenigen davon ausgeschlossen werden, welche sich in einem der im obigen Art. 234 vorgesehenen Fälle befinden.

Über den Preis hinaus wird für jedes Kind gezahlt: a. unter dem Alter von 15 Jahren YIO des Aufnahmspreises; b. über diesem Alter Y» des Aufnahmspreises.

Art. 241. Die Kinder des Gesuchstellers, welche selbst Vorsteher eines abgesonderten Geschäftes oder einer Familie sind, aber gleichwohl in der Haushaltung ihres Vaters leben, werden nur auf ihr ausdrückliches Verlangen und vermittelst Entrichtung der gesetzlichen Aufnahmssumme, welche für sie und ihre Kinder wenigstens auf die Hälfte herabgesetzt wird, ins Gemeindebürgerrecht aufgenommen.

Art. 242. Eine Familie von minderjährigen, durch ihren Vormund vertretenen Waisen kann ebenfalls zur Aufnahme ins

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Bürgerrecht zugelassen werden. Das älteste Kind allein zahlt den vollen Aufnahmspreis ; seine Geschwister genießen die Begünstigung der im vorstehenden Art. 240 vorgesehenen Herabsetzung.

Art. 243. Der Aufnahmspreis wird kapitalisiert, und zwar ein Drittel zu gunsten des Gemeindeseckels, ein Drittel zu gunsten des Schulfonds, und ein Drittel zu gunsten des Armenseckels.

Art. 244. Die Gemeindeversammlung kann mit einer Mehrheit von 2/s der anwesenden Mitglieder dem Gesuchsteller immer eine Ermäßigung des Aufnahmspreises bewilligen. Sie kann sogar einem Gesuchsteller, dessen Aufnahme mit wirklichen Vorteilen verbunden ist, oder welcher wichtige Dienste geleistet hat, den Aufnahmspreis gänzlich erlassen. Diese Dienstleistungen müssen einläßlich erwähnt werden.

Wir glauben nicht, daß man wesentlich diesen Bedingungen die Thatsache zuschreiben dürfe, daß die Einbürgerungen von Fremden in unserm Kanton wenig zahlreich sind. Man muß vielmehr den Grund dieses Umstandes in der sehr geringen Zahl der in unserm Gebiete wohnenden Ausländer suchen.

Es ist zu beachten, daß im Kanton Freiburg, wie in ändern Schweizerkantonen, die B ü r g e r g e m e i n d e der Hauptfaktor auf dem Gebiete des Armenwesens ist; daher sind auch alle Einbürgerungsfragen wesentlich Gemeindesache und die höheren kantonalen Behörden, Staatsrat und Großer Rat, treten erst in letzter Linie auf den Plan, um gewissermaßen die Resultatefdieser in der Hauptsache der Gemeinde zugehörenden Angelegenheiten festzulegen. So darf man sich denn nicht allzu sehr verwundern, wenn unsere Bürgergemeinden kaum darein einwilligen werden, ihre Thore zahlungsunfähigen Individuen zu öffnen. Denn indem sie neue Leute aufnehmen, übernehmen sie eine Verantwortlichkeit für die Zukunft; sie verpflichten sich zur Unterstützung ihrer Angehörigen, wenn diese eines Tages in Not geraten sollten. Aus diesem Grunde nehmen unsere Gemeinden vorher eine genaue Prüfung der Vermögenslage der Gesuchsteller vor und verlangen von ihnen, als Einkaufsgebühr, die Zahlung eines Betrages, der zu dem Werte der Gemeindegüter, welche sie besitzen, im Verhältnis steht. Immerhin ist das Maximum der Einkaufssumme vom Staatsrat für alle Gemeinden des Kantons festgesetzt worden, wie es in dem oben aufgeführten Artikel 238 des Gemeindegesetzes gesagt ist.

Ad 4. Die hier zu berücksichtigende Frage ist, ob man die Einbürgerungen erleichtern oder sie gegenteils erschweren soll.

Bundesblatt. 58. Jahrg. Bd. H.

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ö 30

Gewiß, wenn es auf der einen Seite wichtig ist, die Erwerbung unseres Bürgerrechts nicht -- aus Gründen bloßen Interesses -- für Leute zu erleichtern, welche keine Zuneigung zur Schweiz haben, welche unser Land nicht genügend kennen und unser Heimatsrecht nur begehren, um im Auslande davon Vorteile zu genießen, so muß man sich auf der ändern Seite wohl hüten, die Assimilierung guter Elemente zu erschweren. Zu diesem Behufe müssen wir unsere kantonalen Einrichtungen mit der neuen Ordnung der Dinge in Einklang setzen, welche hauptsächlich die Folge der größern Erleichterung des Verkehrs ist. Da die Kantono der Niederlassung der Fremden keine Schranken mehr setzen können, so müssen sie durch Maßnahmen einer weisen Toleranz trachten, die niedergelassenen Bewohner, die schließlich ihr Aufenthaltsland ebenso sehr wie ihr Heimatland lieben, sich einzuverleiben und in ihren Schoß aufzunehmen. Dies hat der Kanton Freiburg begriffen ; er hat zu zwei verschiedenen Malen, das letzte Mal in ganz neuer Zeit, im Jahre 1890, seine Gesetzgebung im Sinne der Erleichterung der Einbürgerungen abgeändert und hat gleichzeitig alte fiskalische Schranken niedergeworfen, welche keine Existenzberechtigung mehr hatten. In Freiburg so gut wie anderswo fühlten wir damals die Notwendigkeit, unsere Reihen neuen Mitbürgern zu öffnen, im eigenen Interesse unsrer heimatlichen Bevölkerung. Wir dürfen auch behaupten, ohne Widerrede fürchten zu müssen, daß unser Kanton in dieser Beziehung eine sehr weitherzige Praxis befolgt hat, sobald der das Bürgerrecht Nachsuchende die nötigen Bedingungen betreffend Morulität und gesellschaftliche Stellung erfüllte. Wir werden stets bereit sein, so viel als möglich den Zutritt zur freiburgischen Staatsangehörigkeit zu erleichtern, jedes Mal, wenn eine nützliche Änderung in unsoikantonales Einbürgerungsgesetz eingeführt werden kann, ohne die gegenwärtige Organisation unseres Bürgerrechts- und Unterstützungswesens von Grund aus umzuwälzen. Wenn es also wünschenswert scheinen kann, daß auf dem Gebiete des Gomeindewesens noch ein Schritt vorwärts gethan werde, so muß man gestehen, daß dies keine leichte Sache ist; denn das Bürgerrecht, wie wir oben gesagt, enthält für die Gemeinden unseres Kantons die Verpflichtung zur Unterstützung und oft auch, für die Bürger, ein Nutznießungsrecht von einer gewissen
Tragweite. Wir fassen unsere Ansicht in die Erklärung zusammen, daß gegenwärtig J3de diesbezügliche Reform für unsern Kanton unnötig ist, daß wir aber zur Vornahme einer solchen bereit sind, sobald die Notwendigkeit dazu sich fühlbar macht.

Ad 5. Zum Schlüsse ersuchen Sie uns um Prüfung der Angern essenheit und, eventuell, der Art der Abänderung der Bundesgesetzgebung mit Rücksicht auf die Erleichterung der Erwerbung des Schweizerbürgerrechts. Uns scheint, daß man nicht durch.ein neues Bundesgesetz die Übelstände wird beseitigen können, welche sich in verschiedenen Teilen der Schweiz, besonders an der Grenze, infolge des Zuströmens von Ausländern fühlbar machen. Die Wirksamkeit des Mittels, zu welchem man Sie veranlassen will, scheint uns sehr fraglich. Die Verhältnisse in den Kantonen sind eben so verschieden, daß ein neues Bundesgesetz;, welches man unter dem Eindrucke gewisser beunruhigender, nur an bestimmten Punkten der Schweiz in Betracht kommender Thatsachen ausarbeiten würde, sehr Gefahr liefe, dieser Verschiedenheit nicht hinlänglich Rechnung zu tragen.

Unsrer Ansicht nach liegt das beste Mittel, die von Ihnen berührte nationale Gefahr zu beschwören, in den Händen der Kantone, denen das Recht und die Pflicht obliegen, ihre Institutionen mit den neuen Bedürfnissen unsrer Zeit in Übereinstimmung zu setzen. Wenn daher einige derselben die Notwendigkeit fühlen, auf speciellc Art und Weise die Einbürgerung der.Fremden zu erleichtern, so können sie von sich selber aus dazu gelangen und es bedarf dafür keines Dazwischentretens der Bundesgewalt.

Das Bundesgesetz vom 3. Juli 1876 stellt unseres Erachtens der Erwerbung des Schweizerbürgerrechts keine ernstlichen Hindernisse entgegen.

Dies sind die Betrachtungen, welche wir, in Beantwortung Ihres Cirkulars, Ihnen übermitteln zu sollen glaubten.

11. Solothurn.

Wir beehren uns, Ihrem Kreisschreibon vom 28. März 1899 entsprechend, die in demselben speciell erwähnten Fragen zu beantworten. Vorerst erklären wir uns einverstanden mit Ihrer Ansicht, daß eine Abänderung des Bundesgesetzes vom 3. Juli 1876 nicht anzustreben ist. Die in demselben zur Erwerbung des Schweizerburgerrechts enthaltenen Bedingungen können nicht abgeschwächt werden, ohne ändern Übelständen zu rufen. Die Höhe der Kanzleitaxe -- Fr. 35 --- hat unseres Erachtens keinen Einfluß.

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auf die Einbürgerung; eine Herabsetzung derselben würde wohl kaum als eine Erleichterung im Sinne des im Nationalrat gestellten Postulates betrachtet werden können.

In Bezug auf die einzelnen von Ihnen aufgestellten Punkte teilen wir Ihnen mit: 1. Im Kanton Solothurn ist eine Überwucherung der ausländischen Elemente, wie es in der Begründung der Motion dargestellt worden, keineswegs vorhanden. Nach der letzten Volkszählung befanden sich in 47 Gemeinden k e i n e Ausländer, in 57 Gemeinden l bis 10 Ausländer, in 22 Gemeinden 10 bis 100 Ausländer; nur in 6 industriellen Gemeinden befinden sich mehr als 100 Ausländer, meistens Arbeiter, nämlich in: Schönenwerd . . . . 110 auf 1123 Einwohner Nieder-Gerlaflngen . . . 113 ., 926 ,, Biberist 153 'n 1816 ,, Grenchen 190 ,, 4505 ,, Ölten 343 ,, 4899 ,, Solothurn 622 ,, 8317 ,, Aus diesen Zahlen ergiebt sich, daß kein Mißverhältnis zwischen der inländischen und ausländischen Bevölkerung besteht.

2. Im Jahre 1898 sind 9 Gesuche von Ausländern für 14 Personen eingereicht worden, welchen allen entsprochen worden.

Davon wohnten nur 6 Gesuchsteller mit 10 Personen im Kanton und drei Gesuchsteller wohnten in ändern Kantonen, nämlich l in Zürich und 2 mit 3 Personen in Basel. 5 Personen wurden an ihrem Wohnorte eingebürgert, 4 in Schönenwerd, 4 in Solothurn.

Außer ihrem Wohnorte wurden eingebürgert in Brunnenthal 2, Bettlach 2, Niederwil l, Holderbank 2, Kammersrohr l und Rohr 1.

Wir fügen dieser Darstellung noch bei, daß in den letzten vier Jahren -- 1895 bis 1898 -- 41 Gesuche von Ausländern eingereicht wurden. Ein Gesuch wurde abgewiesen und 40 Gesuchen für 82 Personen wurde entsprochen. Von den Gesuchstellern wohnten 10 nicht im Kanton Solothurn, sondern je l in Nidwaiden, Schwyz und Luzern, je 2 in Zürich und Bern und 3 in Basel. Für die außer Kanton Wohnenden und die weniger als ein Jahr im Kanton Wohnenden beträgt die Gebühr für die Aufnahme ins Kantonsbürgerrecht Fr. 1200. Die mehr als ein Jahr im Kanton Wohnenden haben Fr. 800 und für minderjährige Kinder je ein Fünftel der Taxe zu bezahlen.

583

Aus diesen Thateachen wird man den Schluß ziehen dürfen, daß nicht immer die Höhe der Taxe ausschlaggebend ist bei den Gesuchstellern. Die Herabsetzung der Aufnahmsgebühren nützt den Gesuchstellern nichts, wenn die zuständigen Behörden ihre Einbürgerung überhaupt nicht wollen.

3. Die in Ziffer 3 gestellten Fragen sind bereits schon in voriger Darstellung beantwortet. Immerhin sind wir der Ansicht, daß in herwärtigem Kanton verhältnismäßig nicht wenige der wirklich ansäßigen Ausländer sich einbürgern. Maßgebend für den Entschluß zur Einbürgerung ist doch vorzugsweise der materielle Vorteil, den die Eingebürgerten durch dieselbe erlangen. Wo kein solcher zu erwarten ist, zeigen sie auch kein Interesse für das Bürgerrecht.

4. Wir halten es angezeigt, daß die Erwerbung des KantonsBürgerrechts den Ausländern erleichtert werde und zwar namentlich den im Kanton Wohnenden. Es sind in diesem Sinne bereits Anträge im Kantonsrat gestellt worden. In dem in nächster Zeit zur Beratung gelangenden Gemeindegesetz werden Vorschläge zur Erleichterung des Erwerbs des Kantons-Bürgerrechts im allgemeinen, also auch für die Ausländer aufgenommen werden. In Bezug auf die Erleichterung des Erwerbs des Gemeindebürgerrechts wird man auch auf dem Gesetzgebungswege nicht viel erreichen können, da die Gemeinden wohl nicht gezwungen werden können, Ausländer als Bürger anzunehmen, namentlich dort nicht, wo den Gemeinden die ganze Unterstützungspflicht für ihre verarmten Bürger zufällt.

5. Daß die Bundesgesetzgebung in irgend einer Weise in die Verhältnisse der Gemeinden eingreifen könnte, glauben wir nicht.

Vornehmlich in den Gemeinden aber scheinen uns die Schwierigkeiten für die Einbürgerung der Ausländer zu liegen und nicht in den Bestimmungen für Erwerb des Kantonsbürgerrechts, wenigstens nicht in unserm Kanton.

Wir sind deshalb der Ansicht, die Kantone und zwar namentlich diejenigen, welche unter einem Mißverhältnis der ausländischen Bevölkerung zur inländischen zu leiden haben, werden von sich aus successive Abhülfe treffen müssen und für sich auch die geeigneten Mittel finden.

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12. Basel-Stadt.

In Erwiderung auf Ihr Kreisschreiben vom 28. Mär/, '1899 betreffend die Erleichterung der Einbürgerung in der Schweiz wohnender Ausländer beantworten wir zunächst die von Ihnen gestellten Fragen.

1. Hier ist nur eine approximative Beantwortung möglich.

Die genaue Feststellung de;- Verhältniswahl würde eine bedeutende Arbeit erfordern, die einer kantonalen Volkszählung gleichkäme ; es wäre nicht thunlich,? nur ein Jahr vor der nächsten eid<>;eO russischen Volkszählung eine solche Zahlung vorzunehmen.

Bei der eidgenössischen Volkszählung von 1888 betrug die Gesamtbevölkerung unseres Kantons 73,749 Seelen, wovon Schweizer 48,148 = 65%, Ausländer 25,601 = 35%.

Nach den Berechnungen unseres Kontrollbureaus zählte unser Kanton am 31. Dezember '1898 103,615 Seelen. Von diesen dürften sein Schweizer 6o°/o = «7,350, Ausländer 35% = 3(>,2(if>.

Wir haben keinen Grund, anzunehmen, daß ia den letzten zehn Jahren die Niederlassung der Ausländer in einem erheblich hohem Prozentsatz erfolgt sei als in den vorhergehenden Jahren.

2. Im Jahre 1898 bind in unserin Kanton um Erteilung des Bürgerrechtes eingekommen : In" der Stadt Basel 144 Bewerher mit 540 Augehörigen, zusammen (>8!> Personen.

In der Gemeinde Kielien 3 Bewerber mit 11.

Angehörigen, zusammen 14 Im (ranzen ulso

703 Personen.

Erhalten haben das Bürgerrecht in der iStudt Uasel : 10:? Bewerber mit 284 Angehörigen, zusammen . H87 Personen.

In der Gemeinde Riehen ein Bewerber mit zwei Angehörigen, zusammen ;j ., Im Ganzen also

390 Personen.

3. Die Bedingungen, die ein Ausländer erfüllen muß, um im hiesigen Kanton eingebürgert /,n. werden, sind dem beiliegenden

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Bürgerrechtsgesetze vom 27. Januar 1879 zu entnehmen, das zur Zeit gilt.

4. Wir anerkennen durchaus, daß eine Erleichterung der Einbürgerung von Ausländern wünschenswert sei. In der Absicht, eine solche Erleichterung auch wirklich eintreten zu lassen, haben wir den Entwurf eines neuen Bürgerrechtsgesetzes für unsern Kanton ausgearbeitet, welcher das Recht der Inanspruchnahme des Bürgerrechts allen Nichtbürgern bis zum 45. statt bis zum 25. Altersjahr einräumt, sofern die Voraussetzungen des bisherigen § 6 vorliegen. In diesem Entwurf ist auch eine Vereinfachung der formellen Behandlung der Bürgerrechtsbegehren vorgesehen.

5. Bei Behandlung dieser Frage treten wir zugleich auf die allgemeinen Erörterungen Ihres Kreisschreibens ein.

Wir halten vor Allem dafür, daß eine wesentliche Erleichterung des Bürgerrechtserwerbs geschaffen würde, wenn die Kantone vorschreiben könnten, daß durch Geburt im Kanton und continuierlichen Aufenthalt in demselben während einer bestimmten Zeitdauer das kantonale Bürgerrecht erworben wird, vorbehaltlich der Option nach eingetretener Mehrjährigkeit. Diese Möglichkeit ist durch- das Bundesgesetz ausgeschlossen, da Ausländer nur dann als Bürger aufgenommen werden können, wenn sie ihre Verhältnisse gegenüber ihrem Heimatstaat geordnet haben. Es sollte daher geprüft werden, ob nicht durch nderung des Bundesgesetzes, eventuell durch Verträge mit den Nachbarstaaten Remedur geschaffen werden könnte.

Eine Besserung der Verhältnisse durch vertragliche Vereinbarung wäre aber auch in ändern Richtungen erwünscht.

Zunächst in Bezug darauf, daß es zur Zeit unmöglich ist, von Österreich - Ungarn Entlassungszusicherungen zu erhalten. Jeder österreichisch-ungarische Bewerber um ein Schweizerbürgerrecht erhält auf sein Gesuch um Zusich'erung der Entlassung, für den Kali der Aufnahme stets die definitive Entlassung, wird also im Falle der Abweisung heimatlos. Allerdings ist in solchen Fällen die Renaturalisation zu erlangen;" sie ist aber mit Umständlichkeiten verbunden, die manchen Österreicher von der Bewerbung abschrecken.

Von Seiten Deutschlands wird den Gesuchen um Entlassungszusicherung in der Regel anstandslos entsprochen. Doch liegt eine Schwierigkeit darin, daß die Entlassung zwischen dem 15.

und dem 25. Jahre ohne Bewilligung der Kreisersatzkommission nicht gewährt wird, und daß diese Bewilligung, wenn der Petent

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das 17. Jahr erreicht hat, nur in Ausnahmefällon erteilt wird.

Dieses Verfahren beruht offenbar auf der Erwägung, daß diese jungen Leute ein Schweizerbürgerrecht nur deswegen zu erwerben wünschen, weil sie dadurch sich dem deutschen Militärdienst entziehen können. Eine Erwägung, die unseres Erachtens überall da nicht zutrifft, wo der Betreffende in der Schweiz geboren und erzogen und damit in Wahrheit schon Schweizer geworden ist.

Wir wiederholen, daß wir eine Hebung dieser Übelstände durch den Abschluß geeigneter Verträge begrüßen würden.

Was endlich die Kanzleigebühr für die vom Bundesrat erteilte Naturalisationsbewilligung anbetrifft, so halten wir, im Gegensatz zu der im Kreisschreiben ausgesprochenen Meinung, dafür, daß die Höhe dieser Gebühr allerdings eine ziemliche Zahl von Bewerbern abschreckt. Die bundesrätliche Bewilligung zum Erwerb eines Schweizerbürgerrechts ist das erste Erfordernis, das ein Ausländer beibringen muß, um sich um ein Kantonsbürgerrecht überhaupt bewerben zu können. Wird seine Bewerbung aber abgewiesen, so hat er die Fr. 35 nutzlos ausgegeben. Es ist dies ein Übelstand, dem auf zwei Wegen begegnet werden könnte : entweder der Bundesrat bezieht die Kanzleigebühr postnumerando, d. h. nur von Denjenigen, welche wirklich Schweizerbürger geworden sind ; oder er ermäßigt die Gebühr auf einen Betrag, den auch ein unbemittelter Potent leicht aufbringen und eventuell verschmerzen kann.

13. I3asel-Landscliaft.

Mittelst Kreisschreibens vom 28. März 1899 haben Sie uns eingeladen, uns über das vom schweizerischen Nationalrat angenommene Postulat auszusprechen, ob nicht die E i n b ü r g e r u n g der in der Schweiz wohnenden A u s l ä n d e r zu erleichtern sei.

Wir beehren uns nun, die an uns gestellten Fragen in nachstehendem zu beantworten.

Ad 1. In unserm Kanton ist das Verhältnis der schweizerischen Bevölkerung zu der Zahl der ansäßigen Ausländer folgendes : Auf 59,134 Schweizerbürger kommen 4354 ansäßige Ausländer (7,3 °/o). In 20 Gemeinden sind letztere gar nicht vertreten ; deren größte Zahl weisen selbstverständlich die der Stadt Basel benachbarten Gemeinden auf.

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Schon aus diesen Zahlen geht hervor, daß das zur Begründung des Postulates entworfene Bild für unsern Kanton keineswegs zutrifft.

Ad 2. Im Jahre 1896 sind 6 ausländische Familien mit 27 Köpfen um Erteilung des herwärtigen Kantonsbürgerrechts eingekommen und sämtliche haben dasselbe erhalten. Die Aufgenommenen verteilen sich auf zwei Gemeinden.

Ad 3. Gemäß Gesetz betreffend den Erwerb des Kantonsund Gemeindebürgerrechts und den Verzicht auf dasselbe d. d.

9. April 1877 können Ausländer ins Kantonsbürgerrecht aufgenommen werden, wenn sie folgende Ausweise beibringen: a. den Ausweis über den Erwerb des Schweizerbürgerrechtes 5 b. über ihre bisherigen Heimats- und Civilstandsverhältnisse ; c. über unbescholtenen Leumund ; d. über den Besitz bürgerlicher Rechte und Ehren (bei Bevormundeten ist die vormundschaftliche Einwilligung erforderlich).

Unterm 31. Januar 1887 hat sodann der Landrat gewissermaßen als Wegleitung für sich grundsätzlich beschlossen, daß er in der Regel das Kantonsbürgerrecht nur erteilen werde, wenn der Fêtent außer der Erfüllung der im Gesetz von 1877 vorgeschriebenen Bedingungen sich ferner ausweist : 1. über die Gründe, welche ihn zur Bewerbung um das Bürgerrecht bestimmen; 2. über die Fähigkeit, sich und seine Familie zu erhalten; 3. über einen abgelaufenen längern Aufenthalt im Kanton und über die Absicht, in demselben bleibend seinen Sitz zu nehmen.

Die Bürgerrechtserteilung erstreckt sich ipso jure auch auf die Ehefrau und die minderjährigen Kinder.

Die Gebühr für den Einkauf in das Kantonsbürgerrecht beträgt für einen Ausländer im Maximum Fr. 400. Dieselbe kann vom Landrate ermäßigt oder ganz erlassen werden : a. wenn die Ehefrau des Petenten vor ihrer Heirat Kantonsbürgerin war oder wenn Vater und Mutter das Kantonsbürgerrecht besitzen oder besessen haben ; b. wenn der Potent bei erwiesener klagloser Aufführung mehrere Jahre im Kanton gewohnt hat; c. wenn die Petentin eine Witwe ist, die vor ihrer Heirat Kantonsbürgerin war.

538 Zu dieser kantonalen Gebühr kommt dann noch diejenige für Erwerbung des Gemeindebürgerrechts, deren Fixierung den Gemeinden vollständig überlassen ist; sie bewegt sich gewöhnlich zwischen Fr. 400 bis Fr. 1000, und zwar variiert diese Summe je nach der Größe des Bürgernutzens in den einzelnen Gemeinden. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß es namentlich den in unserm Kantone geltenden Vorschriften, sodann aber auch der in einzelnen Gemeinden zu Tage tretenden Abneigung gegen die Aufnahme neuer Bürger, zuzuschreiben ist, wenn sich bei uns wenig Ausländer einbürgern lassen.

Ad 4. Davon, daß die Erwerbung des Kantons- und Gemeindebürgerrechts in unserm Kanton speciell den Ausländern erleichtert werde, kann schon deshalb keine Rede sein, weil auch die Schweizerbürger, die das basellandsehaftliche Kantonsbürgerrecht erwerben wollen, ganz dieselben Bedingungen zu erfüllen habon wie die Ausländer, mit der einzigen Ausnahme, daß die kantonale Einkaufsgebühr im Maximum nur Fr. 200, also die Hälfte von derjenigen für Ausländer beträgt.

Ad 5. Nach unserm Dafürhalten sind es nicht die Vorschriften der Bundesgesetzgebung, welche die Ausländer abhalten können, sich in der Schweiz naturalisieren zu lassen, sondern vielmehr die Vorschriften der bezüglichen kantonalen Gesetze. Diejenigen Kantone nun, in denen Übelstände wegen des Mißverhältnisses der ausländischen zur einheimischen Bevölkerung zu Tage treten, haben es daher in der Hand, durch Abänderung ihrer Gesetzgebung Wandel zu schaffen.

14. ScLiafHiausera.

In Beantwortung Ihres Kreisschreibens vom 28. März 189i), .^Erleichterung der Einbürgerung in der Schweiz wohnender Ausänderu betreffend, beehren wir uns, Ihnen die nachfolgenden Ausführungen zukommen zu lassen. Unsere Antwort hat sich deshalb etwas verzögert, weil wir die Ansicht unserer Gemeindebehörden über Ihre Fragen einholten, um so einen Überblick zu erhalten, wie sich die Bevölkerung im großen und ganzen zu der Frage der Erleichterung der Einbürgerung von Ausländern stellt.

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Die politischen Umwälzungen, welche der 1866er Krieg für Mittel- und Süddeutschland, der deutsch - französische Krieg von 1870 für Elsaß und Lothringen mit sich führten, gaben Veranlassung für viele mit der Neugestaltung ihres bisherigen Vaterlandes Unzufriedene, sich zu expatriieren und in der Schweiz ein neues Heimatrecht zu erwerben. Namentlich der Krieg von 1866 bewog zahlreiche Süddeutsche, insbesondere Bürger von Frankfurt a./M., in unserem Kanton das Bürgerrecht zu erwerben, hauptsächlich wohl in der Absicht, sich der Militärpflicht ihres Landes zu entziehen. Anwälte und Agenten kamen dieser Tendenz nur zu gerne entgegen, und es entwickelte sich dieser Bürgerrechtshandel zu einem lukrativen Geschäfte, an dem auch die Gemeinden Gefallen fanden, weil durch die Bürgeraufriahmen ihren Gemeindefonds namhafte Beiträge zuflössen. Das Unschickliche und Unehrenhafte eines solchen Handels mit dem Bürgerrecht wurde mit der Zeit doch erkannt und führte zu dem eidgenössischen Bundesgesetz von 1876, dessen Sie in Ihrem Kreisschreibeu Erwähnung thun. Dieses Gesetz verlangte, daß jemand, der das Schweizerbürgerrecht erwerben wolle, sich über einen zweijährigen Aufenthalt ausweisen müsse. Was seitens der Bundesbehörden für die Erwerbung des Schweizerbürgerrechtes als richtig empfunden wurde, das erschien auch bei der Aufnahme ins Kantonsbürgerrecht als angezeigt, und es lehnte daher unser Großer Rat, welchem die Erteilung des Kantonsbürgerrechtes zusteht, die Aufnahme solcher Personen ab, welche nicht im Kanton wohnten oder sonst, z B. dadurch, daß sie eine Kantonsbürgeriu geheiratet hatten, mit demselben Beziehungen hatten. Immerhin wurde nicht ängstlich an diesem Princip festgehalten, sondern Ausnahmen bewilligt, wenn die Umstände dies rechtfertigten. So wurde z. lì. zwei Ausländern, Söhnen einer Schaffhauseriu, die sich in der Schweiz aufhielten, im Hinblick auf die ursprüngliche Nationalität der Mutter das Bürgerrecht gewährt und ein Italien«', Angestellter der Gotthardbahn, welcher eine Schaffhauseriu geheiratet hatte, wurde ins Kantonsbürgerrecht aufgenommen, ubschon er nicht im Kanton wohnte. Dagegen wurde den Gesuchen von Ausländern, welche längere oder kürzere Zeit an einem Orte der Schweiz außerhalb unsei-es Kantons wohnten und die nun das schaffhauserische Kantonsbürgerrecht erwerben wollten,
nicht entsprochen. Der Große Rat hielt in diesen Fällen für richtig, daß diese Ausländer sich am Orte ihrer Niederlassung, wo sie bekannt sind und gewürdigt werden können, ein Bürger-recht erwerben sollen, nicht aber in unserem Kanton, zu dem sie keine Beziehungen hüben und den um Erteilung des Bürgerrechtes O

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anzugehen für sie keinen Grund voi'lag, wenn nicht derjenige, daß die Aufnahme ins Bürgerrecht im allgemeinen eine leichte und billige ist. So entgegenkommend man sich im allgemeinen zu den Gesuchen von Ausländern um Erteilung des KantonsbUrgerrechtes verhielt, so dürfte dies nach den früher gemachten Erfahrungen eben doch nicht schrankenlos geschehen und die Aufnahme gewährt werden, ohne daß die Person des Ausländers bekannt war. Andernfalls bestand die Gefahr, Individuen als Mitbürger zu erhalten, welche unserem Lande wenig zur Ehre gereichten oder sogar Schwierigkeiten verursachten.

Bei Erlaß des Gemeindegesetzes vom Jahre 1892 wurden die Grundsätze über die Erteilung des Kantonsbürgerrechtes neu normiert und in den §§ 92--100 niedergelegt. Wir legen diesem Schreiben ein Exemplar des Gesetzes bei und nehmen daher Umgang davon, diese Bestimmungen hier zu reproduzieren. Wir begnügen uns, darauf zu verweisen, daß diese Bestimmungen durchaus die Tendenz haben, die Aufnahme von Ausländern in das Kantonsbürgerrecht zu erleichtern und die gleiche Tendenz machte sich in der Praxis bei der Anwendung des Gesetzes geltend.

Es ist nicht zu verkennen, daß die Thatsachen, welche, wie Sie in Ihrem Kreisschreiben erwähnen, zur Begründung des nationalrätlichen Postulates ausgeführt wurden, richtig sind und zu Bedenken Veranlassung geben können. Was die Zahl der sich in der Schweiz aufhaltenden Ausländer anbetrifft, so sind wir auf Grund unserer Wahrnehmungen der Ansicht, daß heute die Zahl der Ausländer eine bedeutend größere ist als zur Zeit der letzten Volkszählung und weit mehr als eine Viertelmillion betragen wird.

Gewiß ist es auch richtig, daß der Umstand, daß diese Leute dem Inlande keine Militärlasten zu leisten haben, für diese einen wirtschaftlichen Vorteil bedeutet gegenüber der einheimischen Bevölkerung, welche Militärleistungen zu verrichten hat und im Konkurrenzkampf den Inländern zu hindern geeignet ist. Allein gegen die Einwanderung als solche ist nichts zu machen; sie ist eine Folge der Entwicklung der Industrie und des Handels und muß, insofern sie diese hebt, sogar begrüßt werden. Daß sie mit diesen beiden Faktoren im engsten Zusammenhang steht, ergiebt sich gerade daraus, daß es die Industriecentren sind, wo sich der Ausländer niederläßt, während die ländlichen Ortschaften nur einen ganz
minimen Zufluß erhalten. Als Grenzkanton giebt der unsrige ein typisches Bild, wie sich diese Einwanderung der Ausländer gestaltet und speciell die Stadt Schaffhausen, als eine Grenz- und zugleich Industriestadt zeigt deutlich, wie im Laufe weniger Jahrzehnte

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die ausländische Bevölkerung angewachsen ist und daß die Thatsache, daß die ausländische Bevölkerung die einheimische überflügelt, in einigen Jahrzehnten vorhanden sein dürfte. Wir legen Ihnen, weil gerade die Verhältnisse der Stadt Schaffhausen für Sie Interesse bieten können, eine Abschrift des bezüglichen Berichtes des Stadtrates bei und ebenso die von den ändern Gemeinden erteilten Antworten. Dabei bemerken wir aber, daß die Fragen nicht immer gleich aufgefaßt und beantwortet worden sind, so daß sie keine genügend sichere Grundlage für eine genaue Statistik bilden können.

Haben wir oben ausgeführt, daß der Zufluß auswärtiger Elemente mit Rücksicht auf die Industrie nur zu begrüßen ist, so verkennen wir doch nicht, daß die Bedenken, wie sie bei Aufstellung des Postulates geäußert wurden, begründete sind, und daß sowohl in politisch socialer und konfessioneller Beziehung aus dieser Anhäufung fremder Elemente Schwierigkeiten mancher Art für unser Land entstehen, und daher die Absicht, diese fremden Elemente auf die eine oder andere Art in einheimische zu verwandeln, gerechtfertigt erscheint.

Wenn als ein solches Mittel die Erleichterung der Einbürgerung vorgeschlagen wird, so können wir im allgemeinen damit einverstanden sein, insofern dies bei uns ja schon geschehen ist. Dagegen können wir uns nicht verhehlen, daß eine noch weitergehende Erleichterung auf den Widerstand der ländlichen Bevölkerung stoßen würde ; wir verweisen in dieser Beziehung auf die beigelegten Antworten der Gemeinden. Bezüglich der Naturalisation der in der Schweiz geborenen Kinder hegen wir das Bedenken, daß sich ohne die Einwilligung der Eltern eine solche Maßregel nicht wird ausführen lassen und daß, was die im Auslande lebenden Schweizer sehr unangenehm berühren dürfte, das Ausland zu Reciprocitätsmaßregeln übergehen könnte.

Was nun die von Ihnen aufgestellten speciellen Fragen anbetrifft, so haben wir darauf folgendes zu berichten : Ad 1. Aus der beigelegten Tabelle ist zu entnehmen, daß die Zahl der im Kanton sich aufhaltenden Ausländer 4755 beträgt. Die schweizerische Bevölkerung beträgt 35,935.

Wie schon bemerkt, sind nur wenige dieser Ausländer auf dem Lande niedergelassen, die meisten in der Stadt und den übrigen industriellen Ortschaften (Neuhausen, Thaingen, Stein).

Was speciell die Bevölkerung der Stadt Schaffhausen anbetrifft, lassen sich dem Berichte des Stadtrates folgende Zahlen entnehmen:

542

Niedergelassene Schweizer ,, Ausländer

. . . .

. . . .

2,i)()5 i ., 7 -r'852 / d '°

Gt'sam tbeoölkeruny : Niedergelassene ,

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12,275 l * A

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Aufenthalter

2,o8o (

'

Niederyelassene Bevölkerung in Prozenten :

Schweizer Ausländer

9,500 = 77 % 2,776 = 23 °/o Alt fendi alte r :

Schweizer Ausländer

1,317 = 51 % 1,268 = 49% Totalbevölkerunr/ :

Schweizer Ausländer

10,810 = 72% 4,044 = 28 %

Ad 2. Im Jahre 1898 wurden in das Bürgerrecht aufgenommen 24 Petenten, und zwar in der Stadt 10 Schweizerbürger und 10 Ausländer (Deutsche) ; in den Landgemeinden 4 Ausländer (Deutsche). Ein Petent wurde abgewiesen, 2 Kantonshürger wurden aus dem hiesigen Bürgerrecht entlassen.

Ad 3. Die Bedingungen, an welche die Aufnahme in das Kantonsbiirgerrecht geknüpft ist, ergeben sich aus dem Gemeindegesetz. Es mag in einzelnen Fällen vorkommen, daß die Gebühren für den Ervverb eines Gemeindebürgerrechtes der Grund sind, warum von dein Erwerb eines Bügerrechtes abgesehen wird.

Der Hauptgrund liegt aber nicht in diesen Gebühren, sondern darin, daß der Entscheid über die Erteilung oder Verweigerung des Bürgerrechtes den Bürgergemeindcn zusteht, und gar mancher, welcher sonst gerne ein Bürgerrecht erwerben wurde, davon zurückschreckt, über sich eine Ballotage dieser Art ergehen zu lassen.

Namentlich in der Stadt Schaffhausen giebt es eine große Zahl Niedergelassener, Schweizer sowohl als Ausländer, welche eille Requisite für den Erwerb unseres Bürgerrechtes besitzen und die wohl zweifellos aufgenommen würden, welche sich aber nicht entschließen können, ein bezügliches Gesuch dem Entscheide der Gemeinde zu unterbreiten.

543 Ad i. In dieser Beziehung verweisen wir auf die von den Gemeindebehörden in dem betreffenden Fragenschema erteilten Antworten. Anschließend bemerken wir, daß nach unserer Meinung weder die im Bundesgesetz von 1876 aufgestellten Bedingungen für den Erwerb des Schweizerbürgerrechtes, noch die vom Bunde erhobene Kanzleigebühr von Fr. 35 ein Umstand sind, durch den die Erwerbung des Schweizerbürgerrechtes wesentlich beeinträchtigt wird.

Ad 5. Die Beantwortung dieser Frage ist schwierig. So wünschenswert wir selbst es erachten, daß der Erwerb eines kantonalen Bürgerrechtes den Ausländern erleichtert werde, so läßt sich doch nicht verschweigen, daß vielerorts, namentlich in den ländlichen Gemeinden, eine Apathie gegen die Aufnahme der Ausländer herrscht, und daß diese, welche nicht in der Lage sind, die der Schweiz aus dem Anwachsen der ausländischen Bevölkerung erwachsenden Schwierigkeiten zu würdigen, wenig Neigung besitzen, für die Erteilung des Bürgerrechtes an Ausländer besondere Erleichterung ziv gewähren.

Vielleicht könnte ein eidgenössisches Gesetz, wodurch ein eigentliches schweizerisches Bürgerrecht geschaffen würde, hierin Wandel schaffen und dieses Recht dann als Grundlage dienen für die Gemeinde- und Kantonsbürgerrechte.

1£>. -A.ppenzell .Aju.sserrh.oclen.

Wir Jiaben die Ehre, Ihr Kreisschreiben vom 28. März abbin betreffend E r l e i c h t e r u n g d e r E i n b ü r g e r u n g i n d e r S c h w e i z mit folgendem zu beantworten: Ad Frage 1. Das in der Begründung des Postulates entworfene Bild trifft für Appenzell Außerrhoden nicht zu. Die Zahl der schweizerischen Bevölkerung verhält sich zur Zahl der ansäßigen Ausländer nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1888 wie 51,973:2136 = 24:1. Voraussichtlich hat sich dieses Verhältnis seit der letzten Volkszählung auf Kosten der schweizerischen Bevölkerung etwas -- doch nicht wesentlich -- ungünstiger gestaltet.

544

Ad Frage 2. Im Jahre 1898 sind 8 Ausländer um ein herwärtiges Bürgerrecht eingekommen. 7 Petenten haben es erhalten, der eine nicht und zwar, deshalb nicht, weil ihm eines der wichtigsten Requisite fehlte, nämlich der Wohnsitz im Kanton während wenigstens einem Jahre. (Art. 2, litt, b des Landrechtsgesetzes.) Die eingebürgerten Personen verteilen sich auf folgende Gemeinden : Herisau 3, Trogen 3, Schwellbrunn 1.

Ad Frage 3. Wir gestatten uns, diesfalls auf das beiliegende Gesetz betr. die Erwerbung des Landrechtes vom 28. April 1878 zu verweisen. Dieses Gesetz scheint dem Bedürfnis zu genügen.

Die Behörden haben hinsichtlich der Höhe der Einkaufsgebühr Spielraum. In den letzten 10 Jahren ist die Tendenz zu etwelchen Reduktionen der früher üblichen Einkaufsgebühren wahrzunehmen.

Für die 7 Petenten von 1898 kam die Einkaufsgebühr in das G e m e i n d e - und K a n t o n s b ü r g e r r e c h t wie folgt zu stehen : l unentgeltlich, l auf Fr. 1300, l auf Fr. 1100, l auf Fr. 900 und 3 auf Fr. 400. Bei Feststellung der Einkaufsgebühren fallen bei Verheirateten namentlich in Betracht die Heimatangehörigkcit der Frau und die Zahl der Kinder.

Ad Frage 4. Die hierseitigen Behörden pflichten der allgemeinen Tendenz zur Erleichterung der Einbürgerung bei. Die Praxis der Behörden läßt dies genugsam erkennen. Die Erleichterung findet namentlich dann Anwendung, wenn die Qualität des Bewerbers solches rechtfertigt. Unsere gesetzlichen Bestimmungen genügen. Eine einheitliche Schablone ist wegen der sehr verschiedenen Verhältnisse in den Kantonen kaum zu finden. Basel und Genf sind naturgemäß in anderer Lage als Appenzell.

Ad Frage 5. Bundesgesetz und bundesrechtliche Praxis sind unseres unmaßgeblichen Erachtens nicht zu hart. Diesfallsige Erleichterungen sind nicht Bedürfnis.

10. Appenzell Innerrlioden.

Ihr geehrtes Kreisschreiben vom 28. März a. c., betreffend die Frage, ob es nichf Mittel und Wege gebe, um die Einbürgerung in der Schweiz wohnender Ausländer zu erleichtern, beehren wir uns, mit Folgendem zu beantworten.

545 Wir verkennen keineswegs die Mißstände, welche bei Begründung des bezüglichen Postulates im Nationalrate geltend gemacht worden sind : unserer Ansicht nach sind jene Mißstände aber lokale Erscheinungen, welche namentlich in Grenzkantonen und größern Verkehrscentren sich geltend machen, während z. B.

in Gebirgskantonen und in solchen von hervorragend agrikolem Charakter solche Erscheinungen, wie sie in der Frage namhaft .gemacht wurden, weniger oder gar nicht fühlbar sind. Wir können auch in Bezug auf unsern Kanton sagen, daß das bei Begründung des Postulates entworfene Bild für uns nicht zutrifft, indem auf unsern Kanton nur eine Anzahl von 42 männlicher Ausländer entfallt, welche für die aufgeworfene Frage kaum in Betracht fallen dürfte. Damit wäre Punkt l Ihres Kreisschreibens erledigt.

Ad 2, Im Jahre 1898 hat sich k e i n Ausländer um die Erteilung des Bürgerrechtes in unserm Kanton beworben.

Ad 3. Nach unserer Kantonsverfassung erteilt die Landsgemeinde das sogenannte Landrecht oder Kantonsbürgerrecht nach Erfüllung der nach Bundesgesetzgebung vorgeschriebenen Bedingungen auf Antrag des Großen Rates hin und gegen eine vom Bewerber je nach waltenden Verhältnissen (Anzahl der Familienglieder, Berufsart etc.) angebotene Einbürgerungstaxe. Diese Verfassungsvorschrift erschwert allerdings die Einbürgerung, indem die Landsgemeinde mit Rücksicht auf die im Lande bestehenden, nicht ganz unbeträchtlichen Bürger- und Korporationsguter, deren der Neueingebürgerte teilhaftig wird, bisher nicht allen Bewerbungen entsprochen hat. Es ist das ein Grund, warum wenig Anmeldungen eingehen. Ein weiterer liegt aber in der geringen Anzahl der im Kanton sich aufhaltenden Ausländer selbst. Der Grund dieser schwachen Einwanderung liegt eben in den ländlichen Verhältnissen, welche eine geringe Ausdehnung der Industrie, dagegen meistens bäuerliche Beschäftigung aufweisen.

Ad 4. Die Wünschbarkeit der Erleichterung der Einbürgerung von Ausländern macht sich aus den bereits angeführten Gründen bei uns nicht fühlbar. Sollte eine Erleichterung doch angestrebt werden, wozu wir wohl Hand bieten könnten, dürfte dieselbe nach unserer Ansicht einzig darin bestehen, daß die Kompetenz zur Erteilung des Landrechtes von der Landsgemeinde an den Großen Rat überginge, und wären wir bereit, für eine event. Verfassungsrevision diesen Punkt als ein Revisionspostulat aufzustellen ; ob sieh · indessen die Landsgemeinde zur Begebung dieses Rechtes Bundesblatt. 63. Jahrg. Bd. II.

35

546

bereit erklären würde, entzieht sich für heute noch unserer Beurteilung.

Ad 5. Wie wir bereits angeführt, sind die namhaft gemachten Mißstände lokaler Natur und demgemäß zu korrigieren, d. h. diejenigen Kantonsbehörden, auf deren Gebiete sich solche Erscheinungen bemerkbar machen, haben je nach Umfang und Bedürfnis die denselben erforderlichen Schutzmaßregeln zu treffen, und scheint es uns deshalb, daß es kaum wohl angehe, bei der Verschiedenartigkeit der Verhältnisse einheitlich zu legiferieren, und wären wir daher auch nicht im Falle, hierfür irgend welche Wegleitung geben zu können.

rr. St. Gallen.

Mit Kreisschreiben vom 28. März d. J. an sämtliche Kantonsregierungen laden Sie uns zur Meinungsäußerung ein über die Berechtigung und Tragweite des vom schweizerischen Nationalrate am 9. Dezember 1898 angenommenen Postulates betreffend die Erleichterung der Einbürgerung von in der Schweiz wohnenden Auslandern.

Wir erlauben uns, unserer Antwort die in Ihrem Kreisschreiben enthaltenen Fragen zu Grunde zu legen.

1. Die Frage, ob das bei Begründung des erwähnten Postulates entworfene Bild für unseren Kanton und eventuell in welchem Maße zutreffe, müssen wir bejahen. Unser Kanton zählt zu den Grenzkantonen, ein Umstand, der zur Folge hat, daß sich das ausländische Element stärker als anderswo ansetzt, es gilt dies ganz besonders von der Stadt St. Gallen, wo nach der letzten Volkszählung von 1888 beinahe V* der Wohnbevölkerung auf das ausländische Element entfällt ; dieselbe Erscheinung weist der Flecken Rorschach auf. Mit Rücksicht auf diese nicht erst in der letzten Zeit, sondern schon vor 20 Jahren konstatierte Thatsache sah sich der Regierungsrat schon im Jahre 1886 veranlaßt, dem Großen Rate die Revision des aus dem Jahre 1835 stammenden Gesetzes über Erwerbung und Verlust des Gemeinde- und Kantonsbürgerrechtes durch Vorlage eines neuen Gesetzesentwurfes (Beilage I), welcher hauptsächlich die Erleichterung der Einbürgerung von seit langer Zeit im Kanton ansäßigen Nichtbürgern (Ausländer) bezweckte, zu beantragen. Die in jene Zeit fallende Bewegung für die Vornahme einer kantonalen Verfassungsrevision bestimmte

547 jedoch den Großen Rat zur Verschiebung der Angelegenheit.

Anläßlich der Beratung der neuen Kantonsverfassung vom Jahre 1890 machten sich die erwähnten Bestrebungen neuerdings wieder geltend, ohne jedoch irgendwie im Sinne des obenerwähnten regierurigsrätlichen Vorschlages erledigt zu werden, da die Opposition seitens der im Kanton St. Gallen zahlreich vorhandenen, mit kleinerem und größerem Genossengute ausgestatteten Ortsgemeinden gegen eine Konzession im Sinne der Erleichterung der Aufnahme von Neubürgern so stark war, daß das Werk der Verfassungsrevision sonst gefährdet worden wäre. Die neue Verfassung brachte also leider in dieser Richtung nicht die wünschenswerte Neuerung und Verbesserung, und es dauern die vom Regierungsrate im Jahre 1886 bezeichneten Übelstände, wie sie in der bezüglichen Botschaft vom 13. November 1886 (Beilage II) hervorgehoben sind, hinsichtlich Überflutung unseres Kantons mit fremdem, ausländischem, der einheimischen Bevölkerung im Erwerbe starke Konkurrenz bietendem Elemente nicht nur in gleichem, sondern wie das Ergebnis der eidgenössischen Volkszählung vom Dezember 1888 (Beilage III, Bevölkerungstabelle des Kantons St. Gallen) darstellt, in noch erhöhtem und fühlbarerem Maße an.

Wir können uns in Bezug auf die nähere und einläßlichere Begründung der hohen Wünschbarkeit der Erleichterung der Einbürgerung auf die Ausführungen der erwähnten regierungsrätlichen Botschaft (Beilage II) beziehen, indem jener Standpunkt auch heute noch im wesentlichen von uns eingenommen wird und mit Rücksicht auf die Verhältnisse auch eingenommen werden muß.

Nach der auf Grund der eidgenössischen Volkszählung vom 1. Dezember 1888 gefertigten Bevölkerungstabelle unseres Kantons (Beilage III, S. 8) betrug das ausländische Element (18,111) im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung cirka 12,6 °/o, ein Verhältnis, das sich heute, d. h. nach 10 Jahren seit der letzten Volkszählung, .aller Wahrscheinlichkeit nach noch ungünstiger gestaltet hat.

2. Im Jahre 1898 sind im herwärtigen Kantone 42 Gesuche um Frteilung des Bürgerrechtes eingereicht worden, welchen entsprochen worden ist. Diese 42 Gesuche repräsentieren oder umfassen im ganzen 116 Personen, denen also das herwärtige Bürgerrecht zu teil wurde. Die eingebürgerten Personen verteilen sich folgendermaßen auf die nachstehend genannten 16
Gemeinden unseres Kantons : Stadt St. Gallen 42, Untereggen l, Rorschach 14, Rheineck 3, Ebnat 5, Oberhelfenswü 14, Brunnadern 3, Krinau 10, Bütschwil l, Lütisburg 4, Kirchberg. 2, Ganterswil 3, Jonschwil 4, Flawil 4, Zuzwil l, Straubenzell 5 Personen.

548 3. Die Bedingungen für die Einbürgerung von Ausländern in unserm Kanton sind die nämlichen wie für diejenige von Angehörigen anderer Kantone, nur mit dem einzigen selbstverständlichen Unterschiede, daß die Ausländer sich a priori über den Besitz der bundesrätlichen Bewilligung zum Erwerbo des schweizerischen Bürgerrechtes auszuweisen haben. Die Bedingungen für die Aufnahme in das henvärtige Bürgerrecht, über welche in Bezug auf das Gemeindebürgerrecht die Versammlung der Ortsbürger der betreffenden Gemeinde frei entscheidet, bestehen darin, (Art. 36 der Kantonsverfassung vom 16. November 1890, Art. l und folgende des Gesetzes über Erwerbung und Verlust des Gemeinde- und Kantonsbürgerrechtes vom 23. April 1835, sowie Art. l des Gesetzes betreffend die Verteilung der Einkaufstaxen für das Gemeindebürgerrecht vom 2. Februar 1843 -- Beilage IV --) dass der Bewerber eigenen Rechtes sei oder bei Abgang obiger Eigenschaft die Zustimmung der betreffenden Vormundschaftsbehörde erhalten habe, daß der ortsbürgorliche Einbürgerungsbeschluss von der Bürgerversammlung der politischen Gemeinde bestätiget werde und daß endlich dem Bewerber auch die Aufnahme in das Kantonsbürgerrecht vom Großen Rate bewilligt werde, da die Erteilung des Gemeindobürgerrechtes ohne die Zusicherung des Kantonsbürgerrechtes wirkungslos ist. Diese Bedingungen erseheinen unseres Erachtens an und für sich nicht rigoros. Der Grund, daß die Einbürgerungen nicht zahlreicher erfolgen, liegt vielmehr in den hohen Einkaufstaxen, welche die der Aufnahme von Neubürgern abgeneigten Ortsgemeinden, nach den Erfahrungen- der letzten 10 Jahre etwa den vierten Teil aller Ortsgemeinden des Kantons ausmachend, verlangen.

4. Wir halten es für wünschenswert, daß die Erwerbung des Kantons- und Gemeindebürgerrechts im herwärtigen Kanton den Ausländern erleichtert werde. Das geeignetste Mittel hierfür wäre die Aufstellung einer mäßigen Taxgrenze für die Einkaufstaxe, sowie die Verpflichtung der Ortsgemeinden /ur unentgeltlichen Aufnahme von Ausländern nach einer bestimmten Reihe von Jahren, während welchen der betreffende Ausländer in seiner Wohngemeiude gewohnt hat, im Sinne des regierungsrätlichen Gesetzesentwurfes (Art. 3--6) vom 30. Oktober 1886 laut Beilage I. Dio Aussichten für eine Regelung dieser Angelegenheit in der vorgeschlagenen Form auf
kantonalem Gebiete scheinen uns aber heute ebenso ungünstige zu sein wie zur Zeit der Verfassungsrevision vom Jahre 1890, indem die Großzahl der Ortsgemeinden hiervon, obwohl eine Vermehrung und Erneuerung des ortsbürgerlichon

549 Elementes mancherorts bei vorurteilsfreier Beurteilung als sehr angezeigt erachtet werden muß, leider nichts wissen will und einem diesfallsigen Vorgehen mit aller Macht entgegenarbeiten würde. Es bliebe für unseren Kanton -- wenigstens für den gegenwärtigen Zeitpunkt -- nichts anderes übrig, als entsprechende Änderungen im Sinne der Erleichterung der Einbürgerung von der Bundesgesetzgebung -- welcher in konkreto das verfassungsmäßige Recht jedoch erst noch eingeräumt werden müßte -- zu erhoffen.

5. Es muß aber hier gleich bemerkt werden, daß diesem Wunsche unseres Erachtens bedeutende und mächtige Hindernisse im Wege stehen, an deren Beseitigung wir zur Zeit in der That ebensowenig denken können, wie an diejenigen auf kantonalem Boden. Es hält deshalb auch sehr schwer, Mittel und Wege anzugeben, mittelst welcher die Erleichterung der Bürgerrechtserwerbung durch die Bundesgesetzgebung herbeigeführt werden kann. Es könnte höchstens die Frage aufgeworfen werden, ob die im Bundesgesetze betreffend die Erteilung des Schweizerbürgerrechtes und den Verzicht auf dasselbe vom 3. Juli 1876 gestellte Bedingung des Nachweises eines mindestens 2jährigen ordentlichen Wohnsitzes von Ausländern im Sinne einer Reduktion erleichtert und ob die für jede Bürgerrechtsbewilligung zu erhebende Kanzleitaxe von Fr. 35 entweder ganz fallen gelassen oder angemessen reduziert werden solle. Bezüglich dei1 ersteren Bedingung geht unsere Ansicht dahin, daß an der 2jährigen Frist unter allen Umständen festgehalten werden müßte, hinsichtlich der Kanzleigebühr halten wir eine Ermäßigung bezw. Festsetzung der Taxe auf höchstens Fr. 20 für angezeigt, ohne jedoch damit den Glauben zu verbinden, daß dadurch der leichteren Einbürgerung ein wesentlicher Vorschub geleistet sei.

Obwohl wir die Schwierigkeiten, welche der Beseitigung der unbestrittenen Übelstände entgegenstehen, nicht verkennen, erlauben wir uns doch, Sie zu ersuchen, auf eine Abhülfe durch die Bundesgesetzgebung bedacht zu sein. Wir werden unsererseits auch nicht ermangeln, bei gegebenem Anlasse zu prüfen, ob und inwieweit eine wenn auch nur teilweise Abhülfe durch die kantonale Gesetzgebung geschaffen werden könne, indem wir hoffen, daß die vorhandenen Mißverhältnisse immer allgemeiner gefühlt werden und daher die Stimmung für die Herbeiführung besserer Zustände eine günstigere werden wird.

550

IS. Grraubu.nd.en.

In Antwort auf Ihr geschätztes Kreisschreiben vom 28. März 1899, betreffend E i n b ü r g e r u n g vou A u s l ä n d e r n , beehren wir uns, an Hand der dort gestellten Fragen, Ihrer hohen Behörde folgendes mitzuteilen : 1. Vom Standpunkt der hierseitigen Verhältnisse liegt eine Notwendigkeit, die Einbürgerung der hier ansäßigen Fremden zu erleichtern, nicht vor.

Andere statistische Angaben über die Zahl der im Kanton ansäßigen Fremden, als diejenigen, welche sich aus der eidgenössischen Volkszählung ergeben, besitzt der Kanton Graubünden nicht.

2. Im Jahr 1898 haben sich 6 Ausländer, ausschließlich Italiener, um das bündnerische Bürgerrecht beworben und dasselbe erlangt. Über das Nähere giebt die dem politischen Departement unterm 28. Februar 1899 eingesandte Liste Auskunft.

3. Der um Erteilung des Kantonsbürgerrechts Einkommende hat, nebst der Bescheinigung über die eventuelle Aufnahme in ein Gemeindebürgerrecht, noch folgende Ausweise beizubringen : 1. den Taufschein für sich sowohl als für die allfällig sich mit ihm einkaufenden Familienglieder; 2. einen Wohlverhaltungsschein aus den Orten seines Aufenthaltes während der letzten 6 Jahre ; 3. einen Ausweis, daß er ein reines Vermögen von wenigstens Fr. 2000 besitzt und das ihn, nebst dem, sei es sein Vermögen, sei es sein Erwerb, in den Fall setze, für seinen und seiner Familie ehrlichen Unterhalt zu sorgen; 4. einen Ausweis, daß er während der letzten zwei Jahre sich ununterbrochen im hiesigen Kanton aufgehalten hat.

Der Große Rat ist berechtigt, in außerordentlichen Fällen von der Beibringung einzelner der obigen Requisite zu dispensieren ; die kantonale Einbürgerungstaxe beträgt Fr. 600.

Diese Bedingungen sind nicht so drückend, daß ihnen wesentlich zuzuschreiben wäre, wenn verhältnismäßig wenige Ausländer sich in unserem Kanton einbürgern. Die Schwierigkeit liegt wohl bei den Gemeinden, welche in den meisten Fällen nur ungern

551 neue Bürger aufnehmen und in der Regel für die Einbürgerung hohe Taxen verlangen.

4. Wir halten es allerdings für wünschenswert, wenn die Gemeinden sich entschließen könnten, überhaupt etwas weitherziger in der Öffnung des Bürgerrechtes zu sein. Dies gilt aber in erster Linie in Hinsicht auf die niedergelassenen Schweizerbürger, weniger mit Rücksicht auf die Ausländer. Als einzig geeignetes Mittel zur Erreichung dieses Zweckes muß eine dahinzielende k a n t o n a l e Gesetzgebung bezeichnet werden. Leider ist zur Zeit noch wenig Aussicht vorhanden, daß das Volk einem diesbezüglichen Gesetzesentwurf seine Genehmigung erteilen würde.

5. Die Bundesgesetzgebung bildet unseres Erachtens kein Hindernis für die Bürgerrechtserwerbung. Die von derselben aufgestellten Bedingungen sind angezeigt und die Gebühr nicht hoch.

19. .A-ar-gau.

Zum Zweck der Vorbehandlung eines vom Nationalrat angenommenen Postulates betreffend'die E r l e i c h t e r u n g der Einb ü r g e r u n g von A u s l ä n d e r n ersuchen Sie uns mit Kreisschreiben vom 28. vorigen Monats um die Beantwortung einiger darauf bezüglicher Fragen.

"Wir beehren uns, diese Prägen zu beantworten, wie folgt: Ad 1. Die Ausländer machen nur einen kleinen Bruchteil der Gesamtbevölkerung unseres Kantons aus, nach der eidgenössischen Volkszählung von 1888 nur 2,7 %. Am zahlreichsten sind sie naturgemäß in den Grenzbezirken am Rhein (Rheinfelden 13°/o, Zurzach 4 °/o und Laufenburg 4 %), hier aber wieder speciell an den bedeutenden Orten. So weisen auf Rheinfelden Stadt 31 %, Laufenburg 25%, Kaiserstuhl 21%, Zurzach 10%. Im Innern des Kantons treten die Ausländer ebenfalls aus leichterklärlichen Gründen am stärksten in den industriellen Centren auf, so in Aarau mit 9,5%, in Baden mit 11,5%, in Bremgarten mit 7%.

Ad 2. Im Jahre 1898 haben sich im Kanton Aargau 10 Ausländer um das Kantonsbürgerrecht beworben, das letztere ist auch an sämtliche Bewerber erteilt worden.

552

Die neu eingebürgerten Ausländer verteilen sich auf die einzelnen Bezirke und Gemeinden wie folgt : Bezirk Aarau: Ober-Entfelden 1.

Bezirk Bremgarten: Eggenwyl 1.

Bezirk Brugg : Brugg 2.

Bezirk Rheinfelden : Rheinfelden 2, Möhlin l, Olsberg l, Schupfart l, Stein 1.

Ad 3. Die Einkaufssumme für den Erwerb eines Gemcindcbürgerrechts schwankt, je nach dem Bürgergut bezw. der Größe des Bürgernutzens der betreffenden Gemeinde, zwischen Fr. 500 und Fr. 3000. Die kantonale Einkaufssumme beträgt nach dem noch in Kraft bestehenden Gesetz vom 8. November 1889 für Ausländer Fr. 750 bis Fr. 1200.

Es ist ohne Zweifel wesentlich der Höhe der Bürgereiukaufssummen und der Naturalisationsgebühren zuzuschreiben, daß die Einbürgerungen in unserm Kanton wenig zahlreich sind. Der Große Rat erließ im Jahr 1892 auf unsern Antrag ein neues Gesetz, wonach die Naturalisationsgebühr für die Ausländer auf Fr. 500 bis 1000 und bei zehnjährigem Aufenthalt im Kanton auf Fr. 200 bis 500 ermäßigt werden sollte. Dieses Gesetz wurde indessen in der Volksabstimmung verworfen. (Siehe Beilage.)

Ad 4. Wir sind der Meinung, daß die Einbürgeruug der Ausländer erleichtert werden soll, es kann dies bei uns nur durch ein neues kantonales Gesetz geschehen. Wir haben zur Vorlage eines solchen von unserm Großen Rate bereits Auftrag erhalten und es beschäftigt sich gegenwärtig unsere Justizdirektion mit der Bearbeitung eines bezüglichen Entwurfes. Es ist wiederum, wie im Jahre 1892, beabsichtigt, die Einbürgerung durch wesentliche Herabsetzung der Naturalisationstaxen zu erleichtern. Ob auch eine gleichzeitige Ermäßigung der Bürgereinkaufssummen erreicht werden könnte, ist allerdings sehr problematisch.

Ad 5. Die Bundesgesetzgebung kann nach hierseitiger Ansicht bezüglich der Erleichterung der Bürgerrechtserwerbungen nicht wohl in Frage kommen, denn die im Bundesgesetz enthaltenen Grundsätze können und dürfen nicht preisgegeben werden. Der Schwerpunkt der Frage liegt in den finanziellen Bedingungen der Einbürgerung und hierüber entscheiden unzweifelhaft zur Zeit die Kantone.

553 2O. Tlitirg'ari.

Unter Bezugnahme auf das in der Sitzung vom 9. Dezember vorigen Jahres vom schweizerischen Nationalrate angenommene Postulat: ,,Der Bundesrat wird eingeladen, zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatten, ob es nicht Mittel und Wege gebe, um die Einbürgerung in der Schweiz wohnender Ausländer zu erleichtern,ct erklären Sie sich mit geschätztem Kreisschreiben vom 28. März dieses Jahres bereit, diese Frage nach allen Seiten hin gründlich zu prüfen und eventuell Vorschläge zu machen, und wünschen zu diesem Zwecke von uns Auskunft über die Lage der Dinge in unserm Kanton zu erhalten.

An Hand der gestellten Fragen beehren wir uns, diesem Wunsche nachzukommen, wie folgt: 1. Bei Beantwortung der Frage, wie sich in unserm Kanton die Zahl der schweizerischen Bevölkerung zu der Zahl der ansässigen Ausländer verhalte, sind wir auf die Ergebnisse der eidgenössischen Volkszählung vom 1. Dezember 1888 angewiesen, wonach in der Gesamtzahl von 105,091 Einwohnern 10,345 Ausländer Inbegriffen sind. Wie die Volkszählung im Jahre 1900 ergeben wird, hat seither die Zahl der Ausländer erheblich zugenommen.

2. Im Jahre 1898 kamen 27 Ausländer um die Erteilung des Bürgerrechtes ein ; davon wurden 5 schon von den betreffenden Gemeinden abgewiesen, die übrigen mit einem Personalbestand von 96 aufgenommen. 16 Ausländer erwarben das Bürgerrecht ihrer Wohngemeinde, 6 dasjenige einer ändern Gemeinde; sie verteilen sich auf die Bezirke Arbon (1), Bischofszell (2), Frauenfeld (7), Kreuzungen (5), Münchweilen (3), Steckborn (2) und Weinfelden (2). Während z. B. im Bezirke Kreuzungen Jahr für Jahr die meisten Niederlassungsbewilligungen an Ausländer erteilt werden -- im Jahre 1897 = 103 -- fanden im Jahre 1898 nur 5 Einbürgerungen statt.

3. Für Personen, welche nicht schon ein schweizerisches Gemeindebürgerrecht besitzen, also für Ausländer, ist zur Anmeldung für ein Gemeindebürgerrecht der einjährige ordentliche Aufenthalt im Kanton erforderlich. Der Beworber hat seinem Gesuche beizulegen : einen Familienschein, ein amtliches Leumundszeugnis und eine zureichende Beurkundung, daß er in bürgerlichen Rechten und Ehren stehe. Ausländer haben sich zudem darüber auszuweisen, daß sie über den Bezug der Einkaufsgebühren hinaus noch ein steuerbares Vermögen von Fr. 2000 eigentümlich besitzen.

554 Für Personen, welche anerkanntermaßen einen einträglichen Beruf ausüben, kann diese Ausweisung auf Fr. 1000 beschränkt werden.

Die Einkaufstaxen belaufen sich, je nach dem Umfange der mit dem Bürgerrechte verbundenen Nutzungsberechtigung, auf Fr. 50 bis 1000. Gemeinden, welche kein eigenes Vermögen haben, oder keine regelmäßigen Nutzungen abgeben können, sind nur zum Bezug einer Einkaufsgebühr von 50 -- 80 Fr. berechtigt. Zu der Einkaufstaxe in das Gemeindebürgerrecht kommt für jeden Bewerber noch eine Einkaufstaxe in den Kirchspielsarmenfonds von Fr. 50 hinzu. Das Gemeindebürgerrecht wird erst nach erfolgter Aufnahme in das Kantonsbürgerrecht endgültig erworben. Der Kantonsbürgerrechtsbewerber hat mit seinem diesfälligen Gesuche dem Regierungsrate einzureichen : die von ihm für die Erwerbung des Gemeindebürgerreehts beigebrachten Zeugnisse, einen Ausweis aus dem Gemeindeprotokoll über dessen Aufnahme in das betreffende Gemeindebürgerrecht, und eine Bescheinigung der Gemeindeverwaltung und der betreffenden konfessionellen und genossenschaftlichen Fondspflege, daß für Zahlung der Einkaufsbeträge Sicherheit geleistet sei ; dazu kommt für Ausländer selbstverständlich die bundesrätliche Einbürgerungsbewilligung. Kein Gesuch soll an den Großen Rat gebracht werden, wenn der Bewerber nicht für das Maximum der ihn betreffenden Einkaufstaxen Bürgschaft zu leisten im Stande ist. Für den Einkauf in das Kantonsbürgerrecht ist eine Taxe von Fr. 30 -- 400 zu entrichten. Die Höhe dieser Taxe richtet sich nach der Herkunft des Bewerbers -- ob Schweizerbürger oder Ausländer -- nach den Vermögensvcrhältnissen und nach der Dauer des Aufenthaltes im Kanton.

Wenn die Einkaufstaxen sowohl in das Gemeinde- als in das Kantonsbürgerrecht an und für sich im Hinblick auf die Taxen anderer Kantone kaum als zu hohe bezeichnet werden können -- für volljährige ledige Söhne, welche keine eigene Erwerbsthätigkeit ausüben, reduzieren sich die Taxen, insofern der pjinkauf des Vaters oder der Mutter auch auf sie Anwendung fi nden soll, überdies auf die Hälfte -- so liegt doch eine wesentliche Erschwerung der Einbürgerung von Ausländern in dem Umstände, daß keine Gemeinde zur Aufnahme eines Ausländers gesetzlich verpflichtet ist, wie denn auch die Kantonsverfassung nur den Schweizerbürgern das Recht der Einbürgerung gewährleistet. Es
giebt eine größere Anzahl von Bürgergemeinden, welche grundsätzlich -- sei es aus Vorurteilen, Ängstlichkeit oder Egoismus (Sorge für Intakterhaltung der bisherigen Nutzungen) -- keinem Ausländer das Bürgerrecht erteilen, auch dann nicht, wenn er

555 lange Jahre in der Gemeinde gewohnt hat. Auch einem im Kanton geborenen und großjährig gewordenen Ausländer kann es daher begegnen, daß ihm die Aufnahme in den Bürgerverband seiner Wohngemeinde versagt wird und er an mehreren Thüren anklopfen muß, bis er irgendwo Einlaß erhält. Gewöhnlich ist dann die Aufnahme in eine andere Gemeinde als diejenige des Wohnortes mit erheblichen Mehrleistungen unter dem Titel sogenannter ,,Schenkungen"1 verbunden. Diesem Mißbrauch kann nicht leicht gewehrt werden, weil er einerseits nicht geradezu ungesetzlich ist und anderseits manchem Ausländer nur auf diesem Wege die Einbürgerung ermöglicht wird.

4. Im Hinblick auf das zur Begründung des nationalrätlichen Postulates vom 9. Dezember 1898 angebrachte und auf die verhältnismäßig große Zahl der Ausländer in unserm Kanton, die so ziemlich den Satz bestätigt, daß in der Schweiz jeder neunte Mann ein Ausländer sei, halten wir es für wünschenswert, daß auch bei uns die Erwerbung des Gemeinde- und Kantonsbürgerrechts den Ausländern erleichtert werde. Diese Erleichterung erblicken wir nicht sowohl in einer Reduktion der Einkaufstaxen überhaupt, als vielmehr darin, daß ein Ausländer, der die gesetzlichen Voraussetzungen der Einbürgerungen erfüllt, in jeder Gemeinde des Kantons auf erfolgte Anmeldung hin als Bürger soll aufgenommen werden m ü s s e n , und daß die Einkaufstaxen um die Hälfte h e r a b z u s e t z e n sind, wenn er in der Gemeinde, in welcher er sich einbürgern will, eine bestimmte Anzahl Jahre unklagbar gewohnt hat. Von den Bedingungen, welche ein Ausländer erfüllen muß, um eingebürgert zu werden, würden wir den vorgängigen einjährigen, ordentlichen Aufenthalt im Kanton beibehalten, die z w a n g s w e i s e Einbürgerung nach zehnjährigem Wohnsitz in der betreffenden Gemeinde eintreten lassen, im übrigen aber von einem Ausländer nicht mehr verlangen, als von dem Angehörigen eines ändern Kantons, nämlich -- außer dem Familienschein -- ein amtliches Leumunds- und Ehrenfähigkeitszeugnis, von einem Vermögensausweise bei genügender Erwerbsfähigkeit dagegen absehen, wie das übrigens in praxi bereits zu geschehen pflegt. Nach dem jetzigen Gesetze ist die Einkaufstaxe um die Hälfte herabzusetzen, wenn der Bewerber sich wenigstens 25 Jahre unklagbar in der Gemeinde aufgehalten hat. Diese Vergünstigung, die bisher
nur den Kantons- und Schweizerbürgern zu teil wurde, müßte auch auf Ausländer Anwendung finden. Bei einer diesbezüglichen Gesetzesrevision möchten wir aber noch einen Schritt weiter gehen und die Reduktion der Taxe schon nach 20jährigem Aufenthalt

556

-- dann selbstverständlich auch für Schweizerbürger -- eintreten lassen.

5. Erklären wir uns nach dem Gesagten zu einer Revision unserer kantonalen Gesetzesbestimmungen, die Einbürgerung der Ausländer betreffend, eventuell und soweit dies von uns abhängt, bereit, so müssen wir immerhin auf die Schwierigkeiten hinweisen, die einer solchen Revision entgegentreten, und die darin bestehen, daß die Ansichten über die Notwendigkeit dieser Erleichterung weit auseinander gehen, und daher die einen die Bedingungen der Einbürgerung lieber noch erschweren, die ändern -- vielleicht nicht einmal die Mehrheit -- dagegen sie möglichst günstig gestalten möchten. Es wäre deshalb von großem Werte, wenn die Erleichterung der Bürgerrechtserwerbung auf dem Wege der Bundesgesetzgebung herbeigeführt werden könnte. Dabei teilen wir Ihre Ansicht, daß die für jede Einbürgerungsbewilligimg erhobene Kanzleigebühr von Fr. 35 nicht viele von der Bewerbung um das Schweizerbürgerrecht abhalten werde ; wir würden es aber immerhin begrüßen, wenn bei der zweimaligen Bewerbung diese Kanzleigebühr angemessen reduziert würde: denn wenn binnen zwei Jahren von der ersten Bewilligung kein Gebrauch gemacht wurde, so lag die Schuld wohl in den meisten Fällen nicht au den Bewerbern, sondern an dem Umstände, daß die Aufnahme eines Ausländers in ein Gemeinde- und Kantonsbürgerrccht häufig auf Anstände und Schwierigkeiten der verschiedensten Art stößt und viel Zeit verloren gehen kann, bis endlich eine Gemeinde zur Aufnahme sich herbeiläßt. Wenn das Bundesgesetz vom 3. Juli 187(5 erlassen worden ist, um den schweren Übelständen zu steuern, welche bei dem Schacher, der früher mit dem Schweizerbürgerrecht getrieben wurde, zu Tage getreten waren, so sollte im Hinblick auf die aus volkswirtschaftlichen und politischen Gründen wünschenswerte Erleichterung der Einbürgerung der in der Schweiz wohnenden Ausländer einerseits und auf die Hindernisse, welche derselben in manchen Kantonen entgegenstehen, anderseits, durch eine Revision dieses Bundesgesetzes, speciell des Art. 4 desselben, dafür gesorgt werden, daß es nicht mehr in das Ermessen der Kantone bezw. ihrer Gemeinden gestellt ist, ob sie einem Ausländer die Aufnahme erteilen wollen oder nicht, sondern daß sie bei Erfüllung gewisser Bedingungen seitens des Bürgerrechtsbewerbers zur Aufnahme verpflichtet sind.

557

öl. Tessin.

Nach genauer Prüfung Ihres geehrten Kreisschreibens vom 28. März abbin, betreffend die Einbürgerung der in unserm Kanton wohnenden Ausländer, beehren wir uns, Ihnen folgendes mitzuteilen : 1. Wie in der übrigen Schweiz, so sind auch in unserm Kanton die niedergelassenen Ausländer und speciell diejenigen italienischer Nationalität zahlreich. Unser Kanton zählte bei der letzten Volkszählung vom Jahre 1888 17,553 wie folgt auf die 8 Bezirke verteilte Italiener: Bellinzona 2464, Lugano 5645, Elenio 294, Leventina 1547, Locamo 2853, Mendrisio 3762, Riviera 728 und Vallemaggia 270. Diese schon sehr große Zahl ist gewiß, obgleich wir das Verhältnis nicht genau angeben können, seit der letzten Volkszählung noch gewachsen, in der Weise, daß das ausländische Element in unserm Kanton einen guten Sechstel der Bevölkerung ausmacht. Unter diesen Ausländern, wovon ein guter Teil unsern Kanton seit langer Zeit bewohnt, linden wir Leute von allen möglichen Berufsarten; wenige leben bei uns aus Renten. Wenn man den aktiven Anteil, welchen sie an unserm ökonomischen Leben nehmen, in Betracht zieht, so steht außer Zweifel, daß es für unsern Kanton von unbestreitbarem Interesse wäre, ihnen ihre Einbürgerung so viel wie möglich zu erleichtern.

2. Im verflossenen Jahre 1898 wurden 65 Einbürgerungsgesuche eingereicht und gewährt, die sich auf eine Gesamtzahl von 246 Personen erstreckten.

Im Vergleich mit den vergangenen Jahren konstatieren wir, daß die Zahl der Einbürgerungsgesuche bedeutend gestiegen ist ; denn während im Jahre 1893 20 und im Jahre 1894 10 Einbürgerungen bewilligt wurden, waren es anno 1895 28, anno 1896 45, anno 1897 54 und 1898 65. Von den im Jahre 1898 eingebürgerten 65 Familien fallen 3 auf Piandera, 22 auf Berzona, 3 auf Locamo, 10 auf Bellinzona, l auf Pedrinate, 8 auf Russo, 5 auf Caslano, 2 auf Coldrerio, l auf Darò, 4 auf Roveredo, l auf Campo Elenio, l auf Ghirone, l auf Moleno, l auf Cerentino und l auf Viganello. Was die Aufenthaltsorte dieser 65 Familien betrifft, so verteilen sich diese auf 26 Gemeinden.

3. Die Bedingungen, welche die Ausländer bei Erlangung des tessinischen Kantonsbürgerrechtes zu erfüllen haben, sind eher drückend. Einem Ausländer, welcher sich um das Kantonsbürgerrecht bewirbt, muß zunächst von einer Gemeinde des Kantons

558

eine formelle Bürgerrechtsbewilligimg erteilt worden sein; für einen derartigen Beschluß ist die Zustimmung von 3/3 der an der Versammlung teilnehmenden Gemeindebürger erforderlich.

Diese Bewilligung, für welche eine Minimaltaxe von Fr. 200 vorgeschrieben ist, kommt den Bewerber fast nie auf weniger als Fr. 400 zu stehen, und oft weit höher. Außer einem durch die Behörde der Heimatgemeinde oder derjenigen des Ortes, wo er sich am längsten aufhielt, ausgestellten Leumundszeugnis, sowie einer Bescheinigung, daß er nie gerichtlich bestraft worden ist, muß der Bewerber wenigstens eine der nachfolgenden Bedingungen aufweisen : a. im Kanton geboren sein; b. dort ein nützliches Gewerbe betreiben; c. dort unbewegliche Güter im Werte von wenigstens Fr. 4000, frei von jeglicher Hypothek, besitzen; d. dort wenigstens seit 2 Jahren ununterbrochen wohnhaft sein ; e. mit einer Tessinerin verheiratet sein.

Er muß außerdem dem Kanton eine Minimaltaxe von Fr. 200 bezahlen ; für die seit weniger als 5 Jahren im Kanton wohnhaften Bewerber darf die Taxe nicht unter Fr. 1000 betragen. Für diejenigen, welche seit mehr als 10 Jahren im Kanton wohnhaft sind, darf diese Taxe Fr. 3000 nicht überschreiten ; für die ändern kann sie bis auf Fr. 6000 steigen.

Jede kantonale Einbürgerung wird als nichtig betrachtet, wenn der Eingebürgerte nicht binnen 3 Monaten, vom Beschlüsse des Großen Rates an gerechnet, die ihm auferlegte Taxe bezahlt und den Schwur vor dem Staatsrat leistet.

4. Es steht außer Zweifel, daß, wenn die Anforderungen unseres kantonalen Einbürgerungsgesetzes, speciell in finanzieller Hinsicht, weniger drückend wären, die Zahl der Einbürgerungen weit höher sein würde. Bei dem gegenwärtig in Kraft stehenden System kommt eine Einbürgerung im Tessin immer mindestens auf Fr. 600--800 zu stehen. Da nun die Großzahl derjenigen, welche das Schweizerbürgerrecht zu erwerben wünschen, Arbeiter, Krämer und Bauern sind, so ist begreiflich, daß viele wegen der zu übernehmenden Lasten auf die Ausführung ihres Wunsches verzichten.

5. Wenn man in Betracht zieht, daß viele unter den sich in unserm Kanton aufhaltenden Ausländern dort geboren sind und immer dort gewohnt haben, so könnte als angezeigt erscheinen, denjenigen, welche im Kanton geboren sind, dort die Volljährig-

559 keit erreicht und immer gewohnt haben, auf einfaches Gesuch hin unentgeltlich oder gegen Bezahlung einer ganz kleinen Gebühr das tessinische Bürgerrecht zu erteilen. Eine solche Bestimmung könnte allerdings nicht anders als kraft eines allgemeinen, vom Großen Rate erlassenen Gesetzes zur Anwendung gebracht werden.

6. Wenn man auf dem Wege der eidgenössischen Gesetzgebung, abgesehen von der verfassungsrechtlichen Seite der Frage, die Erwerbung des Schweizerbürgerrechts erleichtern will, so glauben wir, auf nachfolgende, schon bei ändern Nationen in Kraft stehende Grundbestimmungen hinweisen zu sollen : a) die in der Schweiz geborenen und auf unserm Gebiet wohnhaften Kinder eines Ausländers und einer Schweizerin, welche bei Erreichung des 20. Altersjahres nicht formell -auf das Schweizerbürgerrecht verzichten, indem sie für eine andere Nationalität optieren, sind als schweizerische Staatsangehörige zu betrachten^ b) die in der Schweiz geborenen und daselbst wohnhaften Kinder eines Ausländers, den im litt, a) vorgesehenen Fall der Option ausgenommen, sind als Schweizer zu betrachten.

Ein großes Hindernis für die Verwirklichung obiger Vorschläge müßte immerhin in der Frage, welcher Gemeinde der in solcher Weise Neueingebürgerte als Bürger angehören solle, erblickt werden ; denn die Gemeindezugehörigkeit ist ein Recht, das die Tessiner Gemeinden in der Regel sehr ungern gewähren, hauptsächlich aus dem Grunde, weil nach unserer Gesetzgebung die öffentliche Armenunterstützung ausschließlich der Heimats- und nicht der Wohnsitzgemeinde zur Last fällt.

22. ATaaclt.

Vom Nationalrat zur Berichterstattung eingeladen ,,über die Mittel zur Erleichterung der Einbürgerung der in der Schweiz wohnenden Ausländer11 hat Ihre Behörde mit Kreisschreiben vom 28. März abhin die Kantonsregierungen ersucht, ihr über einige in Form von Fragen unterbreitete Punkte die nötige Auskunft zu geben.

Wir haben die Ehre, Ihnen nachstehend unsere Antworten zu übermitteln.

560 Frage 1. Trifft das bei Begründung des erwähnten Postulates entworfene Bild für Ihren Kanton zu und in welchem Maße ?

Wie verhält sich insbesondere in Ihrem Kanton die Zahl der schweizerischen Bevölkerung zu der Zahl der ansässigen Ausländer?

Antwort. Unserm Kanton fehlen die nötigen Erhebungen, um diese Frage genau beantworten zu können. Seit der eidgenössischen Volkszählung von 1888 besitzt er nur teilweise Nachrichten von einzelnen Ortschaften.

Frage 2. Wie viele Ausländer sind im Jahre 1898 um die Erteilung des Bürgerrechts in Ihrem Kauton eingekommen? Wie viele haben es erhalten, und wie verteilen sich die eingebürgerten Personen auf die einzelnen Gemeinden Ihres Kantons?

Antwort. Unserm Kantone gingen im Jahre 1898 33 Einbürgerungsgesuche zu. Es wurde allen entsprochen.

Diese 33 Gesuche umfassen insgesamt 97 Personen, welche sich wie folgt nach den verschiedenen Gemeinden verteilen : Aufnahmen.

Personen.

29 .

.

.

10 Lausanne . . . .

3 5 Chesset . . . . . . .

. . .

2 10 Les Planches 2 Morges . . . . . . . 2 2 Paudex . . . . . . .

2 St-Prex . . . . . . . 2 13 . . .

1 1 Aigle 6 Belmont s. Lausanne . . . 1 4 Bougy . . .

1 9 Coinsins . . . . . . . 1 1 Corsier . . . . . . .

1 Eclépens . . . . . . . 1 4 1 Epalinges . . . . . . . 1 . . .

1 4 Etoy . . .

1 1 Gressy La Tour de Peilz . . . .

1 1 Nyon L . . . 1 Yverdon . . . . . . . 1 3 Total

33

W

Frage 3. Welches sind die Bedingungen, die ein Ausländer in Ihrem Kanton erfüllen muß, um eingebürgert zu werden? Ist

561 es wesentlich diesen Bedingungen zuzuschreiben, wenn so wenige Ausländer sich in Ihrem Kanton einbürgern lassen?

Antwort. Der Ausländer der sich einbürgern lassen will, hat das Bürgerrecht einer Gemeinde des Kantons zu erwerben und eine Einbürgerungsgebühr von wenigstens Fr. 200 bis höchstens Fr. 1000 zu gunsten des Kantonsspitals zu bezahlen.

Infolge dieser Bedingungen haben die im Jahre 1898 Eingebürgerten für Erwerbung des Bürgerrechts bezahlt: Fr. 34,320 den Gemeinden, resp. ihrem Armengut, für die Erlangung des Gemeindebürgerrechts; Fr. 12,750 dem Kanton, als Einbürgerungsgebühren, zu gunsten des Kantonsspitals.

Sicherlich sind diese Einbürgerungsbedingungen in unserm Kanton ziemlich beschwerliche, und gewiß muß man ihnen die relativ geringe Anzahl der sich einbürgernden Ausländer zuschreiben.

Frage 4. Halten Sie es für wünschenswert, daß die Erwerbung des Kantons- und Gemeindebürgerrechts in Ihrem Kanton den Ausländern erleichtert werde? Wenn ja, welches wären Ihrer Ansicht nach die hierzu geeigneten Mittel?

Antwort. Wir haben oft bedauert, daß die Erwerbung des Kantons und Gemeindebürgerrechts für die in unserm Kanton n i e d e r g e l a s s e n e n Ausländer nicht leichter ist, namentlich für diejenigen, welche eine Liegenschaft hier besitzen oder welche hier geboren sind, oft von einer waadtländischen Mutter, oder welche an der Spitze eines Geschäftes oder industriellen Unternehmens stehen.

Der Kanton könnte -- und wir glauben, daß er hierzu geneigt ist --· das Minimum der zu gunsten des Kantonsspitals geforderten Einkaufsgebühr herabsetzen ; was er aber nicht leicht, um -nicht zu sagen gar nicht thun kann, das ist, von den Gemeinden zu verlangen, daß sie Ausländern ihr Bürgerrecht zu herabgesetzten Gebühren verleihen.

In unserm Kanton begreift dieses Recht für die Gemeinde die Pflicht zur Unterstützung im höchsten Grade in sich. Anderseits enthält es für den Bürger das Miteigentumsrecht und oft die Mitnutznießung von Gütern von einer gewissen Bedeutung. Bei der von unsrer Verfassung im weitesten Sinne garantierten Selbständigkeit der Gemeinden ist von dieser Seite nicht viel zu erhoffen.

Bundesblatt. 53. Jahrg.

Bd. II. <·

36

562 Frage 5. Auf welche Weise könnte nach Ihrem Dafürhalten auf dem Wege der B u n d e s g e s e t z g e b u n g die Erleichterung der Bürgerrechtserwerbung herbeigeführt werden?

Antwort. Da die Selbständigkeit der Kantone und die Bundesgesetzgebung über das Heimatlosenwesen gegebene Faktoren sind, so sehen wir nicht recht ein, auf welche Weise der Bund die Erwerbung des Schweizerbürgerrechts erleichtern könnte, ohne unsere ganze jetzige Organisation auf dem Gebiet des Bürgerrechtes und des Unterstützungswesens über den Haufen zu werfen.

23. "Wallis.

Mit Zuschrift vom 28. März abhin teilten Sie uns das vom Nationalrate am 9. Dezember des Vorjahres angenommene Postulat mit, welches lautet: ,,Der Bundesrat wird eingeladen, zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatten, ob es nicht Mittel und Wege gebe, um die Einbürgerung in der Schweiz wohnender Ausländer zu erleichtern.tt Indem Sie dem Postulat die Gründe, die es veranlaßten, folgen lassen, erklären Sie sich bereit, die Frage nach allen Seiten hin zu studieren, und Sie ersuchen uns um Auskunft über verschiedene Fragen, welche wir, die in Ihrem Kreisscliroiben beobachtete Reihenfolge innehaltend, nachstehend zu beantworten uns beehren.

Ad 1. Nach der letzten Volkszählung vom Jahre 1888 zählte unser Kanton: 79,085 in ihrer Heimatgemeinde wohnende Walliser, 17,909 außerhalb ihrer Heimatgemeinde wohnende Walliser, 2,052 Schweizer aus ändern Kantonen, 2,939 Ausländer.

Total 101,985 Personen.

Dieses Verhältnis, welches nicht einmal 3 °/o Fremde zur schweizerischen Bevölkerung aufweist, kann nicht die geringste Gefahr bringen ; wir finden daher, daß die zur Begründung des Postulates vorgebrachten Punkte für unsern Kanton nicht zur Geltung kommen.

563 Ad 2. Die Zahl der das Bürgerrecht nachsuchenden und erlangenden Ausländer betrug 9, welche 47 Personen repräsentierten. Sie verteilen sich auf die verschiedenen Gemeinden wie folgt: Bovernier 4; Guttet 2; St-Leonard 1; Mex 1; B'eschel 1.

J.of 3. Unser noch jetzt gültiges Gesetz vom 17. November 1840 schreibt vor, daß der Fremde zur Erlangung des Kantonsbürgerrechts ein fünfjähriges Domizil im Kanton verzeigt, die Einwilligung einer Gemeinde erhalten hat, gute Leumundszeugnisse vorweist und eine Einbürgerungsgebühr von Fr. 400 bis 1000 bezahlt.

Wir glauben nicht, daß man, soweit es unsern Kanton betrifft, die Erwerbung des Bürgerrechts noch mehr erleichtern solle und daß es für den Bund am Platze sei, auf diesem Gebiete gesetzgeberisch einzugreifen. Wir finden, es wäre sehr gefährlich, Ausländer einzubürgern zu trachten, welche sich nicht für immer in unserm Kanton niederlassen wollen und welche nur Schweizer zu werden suchen würden, um sich ihren Verpflichtungen gegen ihren Heimatstaat zu entziehen. Die Lage in den verschiedenen Kantonen ist übrigens eine so verschiedene, daß eine Bundesgesetzgebung über das Bürger-recht von sehr bestrittenem Nutzen wäre; wenn einige derselben das Bedürfnis fühlen, die Einbürgerung der Ausländer auf specielle Weise zu erleichtern, so können sie dies aus eigener Initiative bewerkstelligen und ohne daß die Dazwischenkunft des Bundes dafür nötig wäre.

34. uVeu.enbu.x-g.

Wir beehren uns, Ihr Kreisschreiben vom 28. März abhin zu beantworten, welches uns zur Meinungsäußerung über das am 9. Dezember 1898 vom Nationalrat angenommene Postulat einlud, nach dessen Wortlaut ,,der Bundesrat eingeladen wird, zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatten, ob es nicht Mittel und Wege gebe, um die Einbürgerung in der Schweiz wohnender Ausländer zu erleichtern. "· Wir beantworten Ihre Fragen in der Reihenfolge, wie sie uns gestellt worden sind.

Fraye 1. Trifft das bei Begründung des erwähnten Postulates entworfene Bild für Ihren Kanton zu und in welchem Maße? Wie verhält sich insbesondere in ihrem Kanton die Zahl der schweizerischen Bevölkerung zu der Zahl der ansäßigen Ausländer?

564 Nach den zur Begründung des Postulats vorgebrachten Erläuterungen würden die in der Schweiz domizilierten Ausländer ungefähr die Zahl von 250,000 erreichen und so 10°/o der Gesamtbevölkerung ausmachen.

Unsere letzte kantonale Volkszählung, welche im Januar 1899 stattfand, ergab auf ein Gesamttotal von 122,169 Einwohnern 12,097 Landesfremde. Das mittlere Verhältnis dieser letztern zur Bevölkerung ist also 9,9 % und steht in merkwürdiger Übereinstimmung mit dem Prozentsatz der ganzen Eidgenossenschaft. Seit 1840 hat sich dieser mittlere Prozentsatz um 3,° erhöht, wie dies aus folgender Übersicht zu ersehen ist: Durchschnitt GesamtJahr.

u.^?:*-""der bevölkerung. Ausländer. Ausländer.

1840 1850 1860 1865 1870 1875 1880 1885 1890 1895 1896 1897 1898 1899

62,740 72,033 87,847 89,704 95,352 99,585 101,095 105,768 108,925 115,957 116,726 118,675 120,245 122,169

4,213 5,302 8,743 8,340 9,339 9,916 9,463 9,524 9,915 10,677 10,847 11,424 11,693 12,097

6,7 % V% 9,9 «/O 9,4 % 9,8 %

9,, % 9,4 %

9% 9.1 % 9.2 % 9.3 »/o 9.6 »/O 9.7 %

9,, %

Die ausländische Bevölkerung hat von 1850 bis 1860 eine wesentliche Vermehrung erfahren (2,5 %), welche offenbar eine Folge des Baues der Eisenbahnen war. Im Jahre 1860 erreichte der Durchschnitt die Höhe von 9,9 %; im Jahre 1865 fiel er auf 9,4 °/o- Aber 1870 stieg er, infolge der durch den deutschfranzösischen Krieg verursachten Einwanderung, neuerdings auf 9,8%, dann im Jahre 1875 auf 9,9%, um im Jahr 1880 wieder auf 9,4% und 1885 auf 9% zu sinken.

Seit diesem letztern Jahr ist die Durchschnittszahl unmerklich, aber stetig gestiegen; im Januar 1899 betrug sie 9,9%.

In den seit 1840 verflossenen 58 Jahren hat, mit Ausnahme der oben erwähnten Periode (1850--1885), der Durchschnitt der ausländischen Bevölkerung eher eine geringere Zunahme erfahren,

565 als diejenige der Gesamtbevölkerung war. Wenn sie irn Verhältnis der Zahlen von 1840 zugenommen hätte, so würde sie jetzt 13,o* % der gesamten Bevölkerung betragen. Auf Grundlage der Zahlen von 1885 betrüge sie 10,s°/o.

Aus den vorstehenden Zahlen glauben wir den Schluß ziehen zu dürfen, daß die zur Unterstützung des Postulates angeführten Gründe für den Kanton Neuenburg nicht in Betracht fallen.

Frage 2. Wie viele Ausländer sind im Jahre 1898 um die Erteilung des Bürgerrechtes in Ihrem Kanton eingekommen? Wie viele haben es erhalten, und wie verteilen sich die eingebürgerten Personen auf die einzelnen Gemeinden Ihres Kantons?

Alle uns im Jahre 1898 übermittelten Einbürgerungsgesuche von Ausländern wurden günstig aufgenommen. Ob allfällig Gemeinden Aufnahmsgesuche abwiesen, ist uns nicht bekannt.

Die nachfolgenden Tabellen geben die Anzahl der als Neuenburger aufgenommenen und naturalisierten Personen nicht nur für 1898, sondern für den Zeitraum vom 1. Januar 1888 bis zum 1. Juni 1899, sowie ihre Verteilung auf die verschiedenen Gemeinden des Kantons.

I.

Jahr,

Zahl der Gesuche.

1888 1889 1890 1891 1892 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899

20 24 67 43 31 24 34 30 24 26 19 26 Total

368

Zahl 'der aufgenommenen î.und eingebürgerten Personen.

44 92 218 113 95 67 124 85 81 73 65 62

1,119

566

n.

Gemeinden.

Zahl der aufgenommenen und eingebürgerten Personen,

.

Neuchâtel . .

La Coudre .

.

Hauterive Saint-Biaise .

Marin-Epagnier .

Thielle-Wavre .

Cornaux .

Cressier Enges Landeron-Combes . .

Lignières Boudry Cortaillod . . . .

Colombier . . . .

Auvernier . . . .

Peseux Corcelles-Cormondrèche Bôle Rocheforfc . . . .

Brot-Dessous . . .

Bevaix Gorgier St-Aubin-Sauges . .

Fresens Montalchez . . . .

Vaumarcus-Vernéaz Môtiers Couvet Travers Noiraigue.

. . . .

Boveresse . . . .

Fleurier

212 10 2 36 5 7 8 -- -- -- 15 l 10 15 -- 5 6 5 l -- 12 2 -- 6 19 36 4 -- 18

Gemeinden,

Zahl der aufgenommenen und eingebürgerten Personen.

Buttes . . . .

La Côte-aux-Fées .

Saint-Sulpice Les Verrières Les Bayards Cernier . . . . .

.Chézard-St-Martin .

Dombresson . . .

Villiers . . . .

Le Pâquier .

Savagnier Fenin -Vilars-Saules Fontaines . . . .

Engollon .

Fontainemelon .

Les Hauts-Geneveys .

Boudevilliers....

Valangin Goffrane Les Geneveys s/Coffrane Montmollin . . . .

Le Loclc L e s Brenets . . . .

Le Cerneux-Péquignot L a Brévine . . . .

La Chaux-du-Milieu .

Les Ponts-de-Martel .

Brot-Plamboz · . . .

La Chaux-de-Fonds .

L e s Eplatures . . .

Les Planchettes. · . · .

La Sagnre · . - . · . · .

7

2 27

24 4 8 l l 2

20 -- -- l l 145 :5 7 3 20 15 -- 382 8 'Ì

· Frage 3. "Welches sind die Bedingungen^ die ein Ausländer in Ihrem Kanton erfüllen muß, um eingebürgert zu werden? Ist es ·wesentlich diesen Bedingungen zuzuschreiben, wenn so wenige Ausländer sich in Ihrem Kanton einbürgern lassen?

567

Der Fremde, welcher das neuenburgische Bürgerrecht zu erhalten wünscht, muß ('Artikel 3 des bezüglichen Gesetzes) nachweisen : 1. daß er Inhaber einer Niederlassungsbewilligung ist und im Kanton sein wirkliches und seit wenigstens einem Jahr andauerndes Domizil hat; 2. daß er vorher von der Gemeinde seines Wohnsitzes aufgenommen worden ist und die Aufnahmsgebühr bezahlt hat; 3. daß er einen guten Leumund genießt und den öffentlichen Verpflichtungen regelmäßig nachgekommen ist.

Die einem Ausländer bewilligte Einbürgerung erstreckt sich auf seine Ehefrau und seine minderjährigen Kinder, sofern nicht für diese vom Bundesrat ein förmlicher Vorbehalt gemacht wurde.

Die Einkaufssumme schwankt zwischen Fr. 25 und Fr. 200.

Sie wird in jedem einzelnen Falle vom Staatsrate festgesetzt, unter Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse und der Hülfsmittel des Bewerbers. Überdies beziehen wir für jede Einbürgerung eine Kanzleigebühr von Fr. 25, ohne Rücksicht auf die Anzahl der eingebürgerten Personen.

Der Fremde kann nur in der Gemeinde seines Wohnsitzes aufgenommen werden.

Die Aufnuhmsgebühr ist durch einen Tarif nach der Dauer des Wohnsitzes bestimmt; sie wechselt von Fr. 300 bis zu Fr, 1000, dazu noch Fr. 50 für jedes minderjährige Kind. (8. den bezüglichen Beschluß.)

Für die im Kanton geborenen Fremden, die immer darin wohnten, ist sie aufs Minimum festgesetzt, nämlich auf Fr. 300 nach 20jährigem Wohnsitz beträgt sie 400 .. 15 ., ..

,'.' 500

l,

10

·n

2

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600 80

°

bei weniger als 2 Jahren beträgt sie das Maximum von ., 1000 Es wird keine Gebühr bezogen von Frauen neuenburgischer Herkunft, welche Witwen von Ausländern sind ; wenn aber das Gesuch minderjährige Kinder umfaßt, so muß für jedes derselben eine Gebühr von Fr. 50 bezahlt werden.

Vor dem Jahre 1888 bezog der Staat für jede Einbürgerung einzig eine Gebühr von Fr. 50. Was die Aufnahmsgebühren betrifft, so bestimmten die Gemeinden dieselben nach ihrem Belieben, und in den meisten Fällen waren sie niedriger, als sie es nach

568 dem jetzigen Tarif wären ; anderseits konnten die Fremden ' sich in einer Gemeinde nach ihrer Wahl aufnehmen lassen, und der thatsächliche Wohnsitz im Kanton war nicht gefordert. Vermutlich aus diesen Gründen waren die Einbürgerungen von 1879 bis 1887 zahlreicher als in den späteren Jahren. Während dieses Zeitraums betrug die Zahl der aufgenommenen und eingebürgerten Personen im Durchschnitt etwa 90; von 1882 bis 1887 wurde die Zahl von 100 regelmäßig erreicht und überschritten.

Das Mittel von 1888 bis 1898 betrug 96 ; seit 1895 ist die Zahl der eingebürgerten Fremden beständig unter diesem Durchschnitt geblieben.

In der gleichen Periode 1888--1898 schwankte die Zahl der Personen, welche die neuenburgische Staatsangehörigkeit erwarben, zwischen 4,5 und 20°/oo der im Kanton wohnenden fremden Bevölkerung.

Es ist sicher, daß die Einbürgerungsgesuche in unserm Kanton weniger zahlreich sind als früher; immerhin ist die wirkliche Verminderung weniger beträchtlich als die durch Vergleichung obiger Zahlen enthaltene, denn die Zahlen vor 1888 umfassen, wie wir es schon sagten, eine gewisse Anzahl von Fremden, welche ihr Domizil nicht im Kanton Neuenburg hatten.

Es ist auch augenscheinlich, daß die Einbürgerungen in unserm Kanton nicht mit der Zunahme der ausländischen BevölkerungSchritt halten, aber wir glauben nicht, daß dies den von den Bewerbern zu erfüllenden Formalitäten beigemessen werden dürfe, denn diese sind auf ein Minimum dessen, was man verlangen kann, reduziert. Dagegen nehmen wir an, daß es zum einen Teil davon herrühre, daß die Gesamtsumme der durch eine Einbürgeruüg bedingten Auslagen im Allgemeinen höher ist als die früher bezogenen Gebühren, besonders für die erst seit einigen Jahren im Kanton wohnenden Personen. Auch daraus glauben wir anderseits diese Thatsache erklären zu können, daß eine große Zahl von ausländischen Familienvätern, obgleich durch allerlei Bande an die Schweiz gefesselt, ihrem Mutterlande treu zu bleiben und dessen Staatsangehörigkeit beizubehalten wünschen und die Einbürgerung nur für diejenigen unter ihren Kindern verlangen, welche sonst zu einem langen Militärdienst in ihr Heimatland einberufen würden.

Es ist wirklich zweifellos, daß sehr oft die Sorge, ihre Kioder dem Militardieust zu entziehen, das treibende Motiv ist, welches die in der Schweiz wohnenden Ausländer zu deren Eiubürgerung veranlaßt.

569

Frage 4. Halten Sie es für wünschenswert, daß die Erwerbung des Kantons- und Gemeindebürgerrechts in Ihrem Kanton den Ausländern erleichtert werde ? Wenn ja, welches wären Ihrer Ansicht nach die hierzu geeigneten Mittel?

Wir beantworten diese Frage in verneinendem Sinne aus dem schon unter Ziffer l angeführten Grunde, d. h. weil wir nicht dafür halten, daß bei der gegenwärtigen Lage die Aufrechterhaltung des status quo für uns irgendwelche Gefahr biete.

Wenn wir später, infolge einer rapiden und un verhältnismäßigen Zunahme der niedergelassenen Ausländer, zur Anerkennung der Notwendigkeit, die Einbürgerung zu erleichtern, gelangen sollten, so würden wir vor allem die Frage der Herabsetzung der Aufnahms- und Einkaufsgebühren prüfen.

Fraga 5. Auf welche Weise könnte nach Ihrem Dafürhalten auf dem Wege der B u n d e s g e s e t z g e b u n g die Erleichterung der Bürgerrechtserwerbung herbeigeführt werden?

Um die Einbürgerung der Ausländer zu erleichtern, hat der Bund nur die zwei zur Begründung, des Postulates aufgeführten Mittel zur Verfügung, nämlich: a. die Herabsetzung der Taxe, welche er für die bundesrätliche Bewilligung fordert ; b. die Ausarbeitung eines Gesetzes, nach welchem als Schweizer zu betrachten wären alle Ausländer, welche gewisse, noch näher zu bestimmende Bedingungen der Geburt und des Wohnsitzes erfüllen, ähnlich wie Frankreich und Italien dies geordnet haben.

Wir lassen das erste dieser beiden Mittel außer Betracht, denn sicherlich ist es nicht eine so geringe Gebühr wie die von der Eidgenossenschaft bezogene, welche als ein ernstliches Hindernis für Leute angesehen werden kann, welche sich aus Sympathie und Zuneigung zu der Schweiz einzubürgern wünschen, oder für solche, welche diese Einbürgerung aus Interesse anstreben, besonders zum Zwecke, einen lange dauernden Militärdienst in Frankreich oder anderswo zu vermeiden, in eine Verwaltung einzutreten, u. s. w.

Das zweite Mittel wäre wirksamer, aber wir könnten es nicht befürworten. Die Eidgenossenschaft thäte nicht gut daran, zu den Maßregeln zu greifen, zu welchen Frankreich und Italien behufs Bekämpfung ihrer Entvölkerung ihre Zuflucht nahmen, welche bei ersterein von einer Minderzahl von Geburten, bei letzterem TOR der Auswanderung herrührt. Nicht der Zwang ist das Mittel,

570 durch welches man in nutzbringender Weise das schweizerische Element verstärkt und wodurch man dazu gelangt, die bei uns gastfreundliche Aufnahme suchenden Ausländer uns zu assimilieren.

Wir wollen die schweizerische Nationalität nicht Leuten aufdrängen, welche Franzosen oder Italiener bleiben und nicht zu unsorm Volke gehören wollen ; wir wollen sie nicht gegen ihren Willen an uns ketten ; lassen wir ihnen die Freiheit, ihre Nationalität zu behalten, so lange sie wollen, und warten wir ab, bis sie selber ihre Aufnahme in die schweizerische Volksfamilie nachsuchen.

Übrigens bedroht die Gefahr, die bei Begründung des Postulates erwähnt wurde, nicht die Eidgenossenschaft, sondern einzig diejenigen Kantone, in welchen die ausländische Bevölkerung zur einheimischen schweizerischen in einem Mißverhältnisse steht. Es ist daher an den betroffenen Kantonen, sich mit dieser Sachlage zu beschäftigen und die zur Änderung und Verbesserung derselben nötigen Maßnahmen zu treffen. Diese Aufgabe fällt nicht dem Bunde zu, und es hieße zu weit gehen, wenn man von ihm verlangen würde, zu der unter litt, b hievor vorgeschlagenen Maßregel zu schreiten, denn die Annahme eines in diesem Sinne verfaßten Gesetzes würde für alle Kantone und alle Gemeinden die Verpflichtung nach sich ziehen, die Ausländer, welchen das Schweizerbürgerrecht kraft dieses Gesetzes verliehen würde, aufzunehmen Vind einzubürgern, und zwar auch dann, wenn ihre Aufnahme nicht wünschenswert wäre. Denn man könnte ja die Anwendung eines solchen Gesetzes nicht nur auf eine Kategorie von Ausländern beschränken, nämlich auf diejenigen, deren Einbürgerung uns Vorteil brächte ; das Gesetz müßte in gleicher Weise für alle Anwendung finden, welche sich in den von ihm vorgesehenen Verhältnissen befinden, wie auch ihre Moralität und ihre Finanzlage beschaffen seien, und es würden hieraus, speciell für die Gemeinde, Mißstände sich ergeben, welche gewiß keinem entgehen, der den in allen schweizerischen Gemeinden der Eigenschaft eines Ortsbürgers beigemessenen Wert und auch die eifersüchtige Sorgfalt kennt, mit welcher man in den meisten Gemeinden die Thore dem ausländischen Element verschließt.

£20. Genf.

Wir beehren uns, Ihnen den Empfang Ihres Kreissehreibeiis vom 28. März 1899 zu bescheinigen, betreffend das unter dem

S'il 9. Dezember l898 vom Nationalrat angenommene Postulat, welches den Bundesral einladet, über die Mittel zur Erleichterung der Einbürgerung der in der Schweiz wohnenden Ausländer Bericht zu erstatten.

In Nachachtung Ihres Wunsches beauftragten wir unser Departement des Innern mit der Prüfung dieser Sache, und wir unterbreiten Ihnen nachstehend die Antworten auf die an uns gestellten Fragen.

I. Die zur Unterstützung des Postulates aufgeführten Gründe haben für unsern Kanton Geltung, da er durch seine Lage an der Grenze das fremde Element beträchtlich zunehmen sieht.

Unsere letzte Volkszählung giebt für den ganzen Kantou folgende Resultate : Genfer 43,378, Schweizer aus ändern Kantonen 32,133, Ausländer 49,233, wovon 33,531 Franzosen.

II. Im Jahre 1898 gelangten 308 Einbürgerungsgesuche von Ausländern an den Staatsrat.

Wir bemerken, daß diese Zahl derjenigen der Aufnahmen nicht entspricht, weil nicht alle diese Gesuche ihre Erledigung im gleichen Jahre finden können, in welchem sie gestellt wurden.

Wir geben Ihnen nachstehend die Ziffer der im Jahre 1898 ins Bürgerrecht aufgenommen Fremden, und in der Beilage Nr. l finden Sie ihre Verteilung nach Gemeinden.

Es wurden im Jahre 1898 171 Ausländer naturalisiert.

III. Der Ausländer hat zur Erlangung des Bürgerrechts folgende Bedingungen zu erfüllen. Er muß: a. sein 20. Altersjahr vollendet haben; b. eine Aufenthalts- oder eine Niederlassungsbewilliguug besitzen : c. während der zwei letzten Jahre vor Stellung seines Einbürgerungsgesuches ununterbrochenes Domizil im Kanton gehabt haben ; d. Inhaber der bundesrätlichen Ermächtigung zur Erwerbung des Schweizerbürgerrechtes sein.

Das genferische Gesetz über die Einbürgerung vom 21. Oktober 1885, abgeändert den 23. März 1887, 25. Mai 1889 und 20.

Januar 1892 (Beilage Nr. 2), scheint uns für diejenigen, welche sich einzubürgern wünschen, große Erleichterungen zu bieten.

Die Einkaufssummen (Artikel 15) sind für jedermann zugänglich, da sie den mit ihrer Festsetzung betrauten Behörden den ziemlich weiten Spielraum von Fr. 50 bis zu Fr. 1000 lassen. Im allgemeinen werden nur solche Bewerber abgewiesen, welche von

572 zweifelhafter Moralität sind oder eine den Institutionen unseres Landes feindliche Gesinnung an den Tag legen. Die hier gebornen Ausländer der 2. Generation genießen die ihnen durch den Artikel 19 der Genfer Verfassung vom 24. Mai 1847 (Beilage Nr. 3) verliehenen Vorrechte, im Sinne der unentgeltlichen Aufnahme.

IV. Ja. Wir glauben, Ihre Aufmerksamkeit ganz speciell darauf lenken zu sollen, daß es passend ist, die Einbürgerung der bei uns gebornen Ausländer zu erleichtern.

Herr Staatsrat Fazi, überzeugt von der gewaltigen Bedeutung dieser Frage für unsern Kanton, hatte unserm Großen Rate einen Gesetzesentwurf (Beilagen Nr. 4 und 5) vorgelegt.

Wenn der Bundesrat nichts dagegen einzuwenden hat.j HO o o könnte dieser Entwurf unsrer gesetzgebenden Behörde neuerdings unterbreitet werden. Es würde sich darum handeln, die hier gebornen Ausländer zu ermächtigen, bei erlangter Volljährigkeit für die genferische und schweizerische Nationalität zu optieren. Jetzt steht es so, daß ein in Genf geborner und bis zu seiner Volljährigkeit ununterbrochen hier wohnender Ausländer faktisch Genfer geworden ist, er wünscht auch oft nichts anderes, als sich naturalisieren zu lassen; aber er wird nun zum Militärdienst in sein Heimatland einberufen. Bei seiner Rückkehr hat er sozusagen einen neuen Kontrakt mit seiner Heimat abgeschlossen, und nur schwer entschließt er sieh jetzt, die Einbürgerung zu verlangen.

So sind die besten Elemente, aus denen sich unsre Bevölkerung ergänzen könnte, gerade diejenigen, die uns nun zu entgehen drohen. Um diesen Übelständen zu steuern, wäre es daher wohl am Platze, den bei uns gebornen Fremden das Optionsreoht zu verleihen, oder sogar weiterzugehen und sie von Amtes wegen einzubürgern, sofern sie nicht durch eine ausdrückliche Erklärung ihr ursprüngliches Heimatrecht beizubehalten verlangen.

V. Wir haben Ihnen keinen Vorschlag zu machen.

Immerhin machen wir Sie darauf aufmerksam, daß die früheren Genferinnen, Witwen oder Abgeschiedene von Fremden, welche ihr Bürgerrecht wieder zu erwerben wünschen, der eidgenössischen Gebühr von Fr. 35 unterworfen sind wie die Ausländer. Wäre es nicht am Platze, diese Personen von der erwähnten Gebühr zu befreien?

573

Bevölkerung der Schweiz.

(Volkszählung vom 1. Dezember 1888.)

Ausländer.

Schweiz.

Gesamtbevölkerung.

Kantone.

Davon in Auf je der Schweiz 100 EinGeborene. wohner.

Im ganzen.

1

Zürich . . .

Bern Luzern . . .

Uri Schwyz . . .

Obvvalden .

Nidwaiden .

Glarus . . .

Zug Freiburg Solothurn .

Baselstadt .

Baselland .

Schaffhausen .

Appenzell A.-Rh.

Appenzell I.-Rh.

St. Gallen . .

Graubünden Aargau . . .

Thurgau Tessin . . .

Waadt . . .

Wallis . . .

Neuenburg .

Genf

.

336,083 536,353 .

135,326 17,226 .

50,256 15,058 12,509 33,847 .

23,018 118,938 85,347 73,252 61,797 37,807 53,997 .

.

12,887 .

227,213 94,761 .

193,829 104,394 . 1 126,538 .

247,014 101,892 .

107,871 105,207

Total

33,983 13,109 15,024 · 7,805 3,034 ' 1,203 533 !

253 1,614 !

583 456 115 616 139 1,280 543 863 354 2,303 1,171 2,568 1,266 25,210 8,029 2,183 4,815 4,986 1,877 2,136 934 295 127 18,111 6,327 7,564 2,889 5,364 2,597 3,274 10,040 18,283 7,798 6,934 17,871 1,610 2,939 9,852 5,042 13,188 39,910

2,912,420 (ft)229,650

89,350 (= 38,9 % von ")

i 10,i 1 ·' 2,8 ! 2,2 ' 3,i : 3,2 · 3,o . 4,9 i : 3,8 , 3,7 i l,, i i 3,o j i 34,4 !

! 7,8 : 13,2 : 4,o 2,8 1 8,0

1

| 8,0 ; l 2,8 l 9,6

14,4 , 7,2 | 2,9

9,1 37,8 7,886 1

574

Volkszählung Tom 1. Dezember 1900.

(Vorläufige Ergebnisse.)

Ausländer.

Schweiz.

Kantone.

\: Zürich Bern Luzern Uri Schwyz Obwalden Nidwaiden Glarus Zua.

Freiburg Solothurn .

Baselstadt Baselland . . .

Sehaffhausen Appenzell A.-Kii Appenzell I.-Rh S t . Gallen . . . .

Graubünden Aargau Thurgau Tessin Waadt Wallis ! Neuenburg' . . .

Genf

Gesamtbevblkerung.

. . .

. . .

. . .

. . .

. . .

. . .

Total

432,004 591,307 147,028 19,759 55,499 15,291 13,029 32,297 25,227 128,332 100,863 112 842 68,694 41,626 55,394 13,486 251,138 105,254 206,756 113,535 138,243 285,050 114,357 126,681 133,644 3,327,336

Auf je 100 Einwohner.

16,4 4,3 4,5 7,4 5,4

3,8 4,7 4,8

8,1 3,6 4,2

38,o 11,0 18,6 4,8 2,6

11,6 14,8 4,9

13,4

22,7 12,o 7,4

10,6

40,3 11,8

I

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Kreisschreiben des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen, betreffend Erleichterung der Einbürgerung von Ausländern. (Vom 28. März 1899.)

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1901

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2

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13

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27.03.1901

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497-574

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