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Aus den Verhandlungen des schweizer. schen Bundesrathes.

(Vom 11. Juli 18^9.)

Die von der königl. . sardinischen Gesandtschaft eingegebenen Noten vom 8. dieß (siehe Seite 188 hievor) hat der Bundesrath folgendermaßen erwidert : ,,Den geschäzten Noten vom 8. l. Mts. hat der schweizerische Bun..

desrath mit Vergnügen .entnommen. daß, wie er es übrigens nicht anders .

erwartete, seine Reklamationen vom 24. niid 27. Juni abhin. die Redak..

tion des in Tiirin erseheinenden offiziellen Bülletin, die Verhältnisse der in Julien niedergelassenen Schweizer und die in Mailand angeschlagene Proklamation detreffend. in anerkennenswerter Weise Rechnung theils. schön getragen worden ist, tbeils künftig getragen werden soll.

Die Fassung der eingelangten Noten gibt inzwischen dem Bundesrathe zu einigen Bemerkungen Veranlassung , die einerseits feine frühern Reklamationen aufzuklären vermögen und die er andererseits in Wahrung seiner Würde und seiner internationalen Stellung ni.cht glaubt vorenthalten zu sollen.

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^ Was die voni königlichen Ministerium in Beziehung.auf die. Redaktion des offiziellen Bütletin geäußerte Ansicht betrifft, so hat der Bundesrath

allerdings deßhalb Beschwerde geführt, weil die Erzählung der Vorgänge

in Perugia i m m e r urid w i e d e r h o l t von S c h w e i z e r n spricht und so der Annahme Raum verschafft, als ob eigentliche kapituiirte Schweizerregimenter in päpstlichen Diensten .ständen, in der Weise, wie dieß leider nur zu lange in verschiedenen europäischen Staaten und zulezt noch im

Königreich Beider Sizilien der Fall gewesen ist. Es war mithin Pflicht des Bundesrathes, den Ungrund dieser Annahme darzuthun und bestimmt nach..

zuweisen, daß weder die Schweiz. noch einzelne Kantone in Kapitulationsverhältnissen zu Roin stehen, und daß die fälschlich unter dem Namen Schweizerregimenter in päpstlichen Diensten befindlichen Truppen nichts weiter seien, als eigentliche Fremdenregimenter, zu denen die.Schweiz nur das kleinere Kontingent liefere. Es hat sich in der That herausgestellt, daß gerade das in Perugia in Aktion befindlich gewesene erste Fremdenregiment aus den verschiedensten Nationalitäten : Belgiern, Franzosen, Deutsehen. Jta-.

lienerü. Savoyarden, selbst Jrländern, zusammengefegt ist und daß die Schweizer dabei nicht ganz .nit einem Dritttheil vertreten sind. Durch diesen Nachweis hoffte der Bundesrath den übeln Eindriik zu verwischen.

welchen die Annahme hervorbringen mußtet als ob es ausschließlich oder vorzugsweise S c h w e i z e r gewesen seien, deren sich die päpstliche Regierung znr Niederhaltung einer Volksdemonstration als Werkzeug bedient hat. Er hoffte die ungünstige Stimmung zu beschwichtigen. welche in Folge einer

^ ...^gegründeten ...^oraussezung auf Angehörige der Schweiz sich zu entladen schien, die ^bei dem fremden Militärdienste in keiner Weife betheiligt sind, die vielmehr ruhig nnd friedlich in den verschiedenen Städten Jtaliens ^ ihren ^Gewerben nachgehen und die denselben Rechtsfchiiz in Anspruch nehmen können. welchen die Schweiz den bei ihr niedergelassenen Bürgern Jtaliens eben so freigebig als nachhaltig gewährt. Wenn daher , wie man nach der verehrten Note mit Zuversicht erwarten kann, die Redaktion de.s offiziellen Bülletin angewiesen wird, Schweizerreginienter und Frem.^ denreginienter nicht zu identi^ziren nnd den Haß der einheimischen Bevölkerung durch eine unangemessene Darstellung auf die Schweiz uiid deren in^ Jtalien angesessene Bürger .hinzuwenden. so ist der Zwek erreicht, welchen der Bundesrath in seiner Note vom 24. v. Mts. im Ange gehabt und den er dein königlichen Ministerium zu gerechter Würdigung und damit zur Beseitigung des Uebelstandes unterbreitet hat.

,,Von größerer Bedeutung. von ungleich erheblicherer Tragweite ist aber in den Augen des Bundesrathes ein Passus ain Schlusse der beiden Noten vont 8. l. Mts., in welchem geradezu die Anficht ausgesprochen wird. als ob so wo l die Eidgenossenschaft , wie auch ^einzelne schweizerische Kantone iin Laufe der gegenwärtigen Krisis die Neutralität nicht gleichmäßig und gewissenhaft beobachtet, sondern gegentheils eine gewisse Partei-

lichkeit zu Gunsten Oesterreichs an den Tag gelegt hätten.

,,Der Bundesrath will es nicht bergen, daß diese Bemerkung ihn nicht bloß überrascht, sondern auch schmerzlich berührt hat, daß sie einen um so peinlicheren EindrIIk zurüklassen m..ßte, als die Eidgenossenschaft fich bewußt ist, einen solchen Vorwurf, der von einer Kränkung sich in Nichts unterscheidet, in keiner Weise verdient zu haben. Es ist dem Bundesrathe sreilich n.cht entgangen, daß einzelne seiner Maßregeln in der Bevölkerung der Nachbarstaaten eine ungünstige nnd schiefe und damit ungerechte Beurteilung gefunden haben. Er durfte aber voraussehen, daß wenigstens die R e g i e r u n g e n von Einseitigkeit sich frei halten und daß sie seine Handlungsweise von dem höhern Standpunkte aus würdigen werden, den die Verhältnisse der Schweiz vorgezeichnet habeu, und d..r von ihr, wie fie glaubt, konsequent festgehalten worden .ist.

,,Wenn die Bevölkerung, ausgehend von Voriirtheilen und von einer bloß ^oberflächlichen Kenntniß der Umstände, zu einem fliesen Urtheile gelangt, wenn die Begriffe von Neutralität und Konvenienz nicht hinlänglich unterschieden und aus einander gehalfen werden, so kann das nicht Wunder nehmen. vielmehr ist lediglich daraus zu. resigniren, daß die Zeit und eine

nachfolgende ^ unparteiifebe Würdigung das Urtheil berichtigen und die

Stimmung wieder ausgleichen werde. Allein zu den Regierungen, die doch die Verhältnisse allseitiger würdigen können. denen eine unbefangenere Anschauungsweise zu Gebote steht, sollte man sich versehen dürfen, daß sie Einflüsterungen kein Gehör geben werden, durch die ein so nachtheiliges Licht auf den Nachbarstaat geworfen wird. Der Bundesrath. als Exekutive der Eidgenossenschaft, darf ohne Ueberhebung^ die Aberkennung in Au^ru^

^ nehmen, daß er seinem Programme vom 14. ^..ärz d. J. ..wl.ll.onin^u treu geblieben und nach bestem Wissen und Gewissen nachgekommen ist.

Er glaubt, von der unparteiischen Geschichte tas Zeugniß gewärtigen zu können. daß er das von ihm angenommene Prinzip der Neutralität all..n

kriegführenden Mächten gegenüber vollkommen gleichmäßig gehandhabt, daß

er dabei weder nach rechts, noch nach links geschont, daß er keinen nnwür.^ digen Sympathien Gehör geschenkt, daß er insbesondere auch seine Treue demjenigen Staate gegenüber nicht gebrochen habe, mit welchem die Schweiz seit ei..er Reihe von Jahren in den besten srenndnachbarlichen Verhältnissen lebt. welche^ ihr durch seine Lage, durch seine politischen Jnstitutionen und seine sozialen Bestrebungen so nahe gebracht ist, und für dessen glükliche Zukunft sie nur die aufrichtigsten Wünsche hegen kann.

Von diesem Staate durfte fie am wenigsten besorgen, ein Verkennen ihrer Absichten und ihrer Handlungen zu befahren; sie durfte, wenn von irgend Jemandem, fo vo^ diesem Nachbarstaate vielmehr einer richtigen, durch nichts präokkupirten Auffassung seiner Stellung sich versichert halten.

Sollte sie sich hierin getäuscht haben, so müßte sie dieß lebhaft beklagen, und dieß um so niehr^ weil eine gegentheilige Auffassung, wie sie bestimmt versichern darf, lediglich aus Mißverständnissen beruhen müßte. Der Bnndesrath würde aber besorgen, feiner Stellung nicht zu genügen, die Würde und Ehre der fehweizerifchen Nation nicht gehörig zu wahren, wenn er den Vorwurs der Parteilichkeit ungerügt hinnähme , wenn er nicht ent..

schiede.ie V..rwahr..ng gegen die Supposition einlegte, als ob die Schweiz den Verpflichtungen^ welche ihr als einem neutralen Staate ausliegen.

u cht in allen Theelen nachgekommen wäre, als ob sie diese Verpflichtungen einen Augenblik hätte mißkennen können. Es ist de.u Bundesrathe, welcher die ga.ize Situation mit dem ihr gebührenden Ernste überwachte, auch vou Seite der Kantone oder von Seite eidgenössischer Behörden .nicht eine einzige Thatsache bekannt geworden, welche den Vorwurf der Parteinahme zu rechtfertigen vermöchte. Sorten derartige Handlungen von irgend einer eidgenössischen Autorität wirklich begangen worden und zur Kenntniß der königlichen ^ Regierung^gelangt sein. so hätte der Bundesrath ohne Zweifel eine dießsäl.lige Mittheilung erwarten dürfen, indem sich darin das Vertrauen ausgesprochen hätte, daß die Schweiz keine Handlung diilden werde, durch welche die. freundschaftlichen Beziehungen z.. Sardinien irgend alterirt werden könnten. Ein ^lkt der Hostilität gegen Sardinien ist ihm aber bis zu diesem Au^enblike von keiner Seite signalisât worden. Die vom Bundesrathe
eingehaltene Politik liegt Jedermann offen vor Augen und fo kann er verladen, daß übelwollenden Ergüssen einher sei^eligen Presse oder ungerechtfertigten Klagen einer ungenügend unterrichteten Bevölkerung kein größeres (.^e.vicht beigemessen werde, als dieselben unter Umständen verdienen.

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^ ,,Der schweizerische Bundesrath konnte und durfte diese wenig angenehme Angelegenheit nicht mit Stillschweigen übergehen ; denn wenn er auch auf jedes weitere .Verdienst verachtet. so hofft ex doch, daß die Anerkeu^

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.^..iug ihm ni^ ausbleiben werde, .^ er die übernommenen Verpflichtungen ohne Gefährde Niemandem^ zu lieb und Niemandem zu leid wahrgenommen habe,. und daß er auch den leisesten Vorwurf nicht verdiene, welcher dahin abzielen könnte . als h.'.be er in seinein Verfahren den kriegführenden Mächten gegenüber die Wage nicht vollkommen gleichmäßig gehalten.

,,Jndein der schweizerische Bundesrath nicht ermangeln wollte. theils zur Wahrung seiner eigenen Ehre, theils zur Beseitigung jeglichen Miß..

verständiges, das in kritischen Reiten doppelt gefährlich und daher gleich in seinem Entstehen aufzuhellen ist, diese bestimmte Erklärung abzugeben, glaubt er in seiner Erwartung nicht zu irren, daß dieselbe vermögend sein werde, etwaige unbegründete Urtheile zu berichtigen und seine Situation

auch der königliehen Regierung gegenüber vollständig aufzuklären.^ ',,Er benuzt gleichzeitig diesen Anlaß, ..e.^

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(Vom 13. Juli 1859.^ Jn Folge des zwischen dem Kaiser der Franzosen und dem Kaiser.

von Oesterreich abgeschlossenen Friedens hat der Bundesrath an die BundesversanIinlung nachträglich nachstehenden Bericht erstattet: .

Tit.!

^ ^,,Jn Ergänzung desjenigen Berichts, welchen wir unterm 1. l. Mts^ über die politischen Verhältnisse Jhnen zu erstatten diedre hatten,. sehen wir uns zu der weitern Mittheilung veranlaßt, daß nach übereinstimmenden, hieher gelangten Anzeigen anI^ll. dieß der Friede zwischen dem .Kaiser der Franzosen und dem Kaiser von Oesterreich zum ^ibsehlusse g....

kommen ist.

Ueber die Richtigkeit dieser Angabe kann k..um ..in Zweifel bestehen, obschon noch eine offizielle Mittheilung zu gewärtigen ist. Dieser wichtige Vorgang veränderte natürlich die Situation wesentlich, und wir waren daher in der Lage, diejenigen außerordentlichen Maßnahmen wieder aufzuheben, die wir im Jnteresse der Neutralität und der Selbstständigkeit der Eidgenossenschaft seit dem 14. März i. J. getroffen haben, und von denen Jhnen jeweilen rechtzeitig Kenntniß gegeben worden ist.

Demgemäß haben wir heute beschlossen : ^ 1) Die im Kanton Graubünden aufgestellte Brigade zu entlassen ; 2). die auf Waffen gelegte Beschlagnahme wieder auszuheben, und die sequestri^ Gegenstände den refpektiven Eigenthümern zur Verfügung

zu stellen ;

3) den durch Schlußnahme vom 2l. März erhöhten Ausfuhrzoll aus .Pferde wieder aufzuheben,.

4) die in der Bekanntmachung vom 20. Mai veröffentlichten Maßnahmen, . im Jnteresse einer wirksamen Gränzpolizei , außer Kraft treten u.al..

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die Handhabung der Gränzpolizei wieder an die betreffenden Kantou.^ ..

übergehen zu lassen; ..)). die Ablieferung der von den sardinischen Dampfschiffen zurükbehalteneu Schiffskanonen an ihre Eigenthümer zu bewilligen.

Jn dieser Beziehung bemerken wir, daß^ die sequestrirt gewesenen sardinischen Dampfschiffe bereits durch Verfügung vom 4. Juli wieder srei gegeben worden sind , nachdem von der sardinischen Regierung die offizielle .Erklärung erfolgt war. diese Schiffe während des gegenwärtigen Krieges zu keinen Kriegszweken gegen den Feind verwenden zu wollen.

Jm Fernern fügen wir bei, daß die Entlassung der noch im Kanton Tessin befindlichen^ Truppen bereits früher von uns grundsäzlich beschlossen worden ist, und daß unter den. jezigen Verhältnissen ^dex Vollziehung dieser Maßregel kein Hinderniß mehr im Wege stehen dürfte.

. ,,Judem wir die Ehre haben , Sie hievon zu verständigen , benuzen wir diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkoininenen Hochachtung zu verficher^ ^

Der Bundesrath hat. beschlossen, die vom Großen Rathe d.es Kantons Graubünden unterm 8. Juni abhin ertheilte einjährige Fristverlängerung für den Beginn der Erdarbeiten an der Eisenbahn^ von Ehur bis^ zur Tessinergränze auf dem Lukmanier der Bundesversammlung zur Genehu1iguug zu empfehlen.

^in Patent für den Handel mit Schießpulver hat erhalten : .Herr J. Rast, Gemeinderathsschreiber in Hochdorf, Kts. Luzexn.

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