672

# S T #

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Revision des Bundesgesetzes über die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffahrt-Unternehmungen vom 1. Juli 1875.

(Vom 1. März 1901.)

Tit.

I.

Schon am 18. August 1896 hat der Bundesrat eine Botschaft an die Bundesversammlung gerichtet, welche sich auf eine teilweise Abänderung des Eisenbahnhaftpflichtgesetzes bezog. Der damals ausgearbeitete Gesetzesentwurf war veranlaßt durch die Motion der Herren Nationalräte Dr. Brenner und Genossen Diese Motion hatte zum Zwecke, die Eisenbahnhaftpflicht bei Nachweis eines Verschuldens irgendwelcher Art gegenüber der Eisenbahnunternehmung durch Herübernahme des Art. 54 des Obligationenrechts mit der Haftpflicht des gemeinen Rechtes in Übereinstimmung zu bringen.

Der Bundesrat hatte nach Annahme der Motion den angeführten Gesetzentwurf vorgelegt, welcher, der gemachten Anregung Folge gebend, nur einige wenige Änderungen am Gesetze vornahm. Immerhin hatte schon der damalige Entwurf den Kreis der klagberechtigten Personen, der im gegenwärtigen Gesetze ein beschränkter ist, gemäß dem Obligationenrecht weitergezogen und in Art. 5 aus Obligationenrecht 53, Absatz 2, einen neuen Absatz 4

673

gemacht (Verstümmelung oder Entstellung bei Körperverletzung, welche das Fortkommen des Verletzten erschweren).

Wir verweisen für die Einzelheiten auf die damalige Botschaft des Bundesrates (vgl. Bundesbl. 1896, III, 825).

Bei der Beratung der Kommission des Nationalrates, welcher die Priorität erhalten hatte, zeigte sich aber, daß das Gesetz afe Ganzes revisionsbedürftig erscheine. Damals (März 1897) war auch die Frage des Zustandekommens der Versicherungsgesetzgebung noch keine abgeklärte. Wäre das Gesetz über die Kranken- und Unfallversicherung zu Stande gekommen, so hätte jedenfalls das Eisenbahnhaftpflichtgesetz an praktischer Bedeutung erheblich verloren, da sämtliche Eisenbahnangestellte unter die Versicherung gefallen wären.

Der Nationalrat faßte deshalb arn 25. September 1897 den Beschluß, den Entwurf an den Bundesrat zurückzuweisen mit der Beifügung : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Verhältnisse und nach Prüfung der vorliegenden Anträge mit thunlichster Beförderung eine neue Vorlage betreffend die Revision des Eisenbahnhaftpflichtgesetzes vom 1. Juli 1875 auszuarbeiten und den Räten zu unterbreiten. a Der Ständerat trat am 25. September 1897 diesem Beschlüsse bei.

Das mit den Vorarbeiten betraute eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement holte zunächst ein Gutachten des Herrn Nationalrat Prof. Dr. Rössel ein, der sich als Mitglied der nationalrätlichen Kommission in hervorragender Weise bethätigt hatte.

Die verdankenswerte Arbeit des Herrn Prof. Dr. Rössel enthält zwei Entwürfe, einen für den Fall der Annahme, einen ändern für den Fall der Verwerfung des Versicherungsgesetzes. Der letztere ist bei der durch die Ablehnung der Versicherungsgesetze in der Volksabstimmung geschaffenen Sachlage dem dieser Botschaft beigegebenen Entwurfe zu Grunde gelegt worden.

II. Allgemeine Erwägungen.

Das Eisenbahnhaftpflichtgesetz ist das älteste unserer Haftpflichtgesetze. Als Quelle hat ihm wesentlich das deutsche Reichshaftpflichtgesetz vom 7. Juni 1871 gedient. Diesem Gesetze war

674

die strengere Haftung der Eisenbahnunternehmungen für Betriebsunfälle und im ganzen auch der Umfang der zu leistenden Entschädigung entnommen. Der Gedanke, der schon im preußischen Eisenbahngesetz von 1838 seinen Ausdruck gefunden hat, war dabei der, daß die Eisenbahnunternehmung, ganz abgesehen von vertraglichem oder außervertraglichem Verschulden, rein aus der Thatsache des entstandenen Schadens haftet. Schon bei der Entstehung des deutschen Gesetzes hat man die Haftpflicht auf ein präsumptives Verschulden der Bahngesellschaft zurückführen wollen und seither hat der belgische Schriftsteller Sainctelette in seinem Buche : de la responsabilité et de la garantie versucht, die Eisenbahnhaftpflicht auf Vertrag zurückzuführen.

Wir halten trotz dieser ändern Erklärungsversuche, die dem deutschen Gesetze zu Grunde liegende Auffassung für die richtige; denn weder durch präsumptives Verschulden noch durch die Vertragstheorie, welche der Eisenbahn allerdings ungefähr denselben Entlastungsbeweis ermöglicht, wie bei der Haftpflicht ex lege, wird die Zufallshaftung und die Haftung gegenüber Personen, welche mit der Bahngesellschaft in keinem Vertragsverhältnis stehen, in so einfacher Weise erklärt. Wir können aber diese theoretische Streitfrage um so eher aus dem Spiele lassen, als der Gedanke der Haftpflicht aus dem Gesetz (ohne Rücksicht auf Vertrag oder Verschulden) in der schweizerischen Gesetzgebung eine reiche und eigenartige Entwicklung durchgemacht hat.

Auf diesem Gedanken beruhen die Fabrikhaftpflicht, wie sie zunächst im Fabrikgesetz vom 23. März 1877 provisorisch in dessen Art. 5, dann im Fabrikhaftpflichtgesetz vom 25. Juni 1881 in definitiver Form zur Ausführung gelangte, und die gewerbliche Haftpflicht, wie sie im Gesetz über Ausdehnung der Haftpflicht vom 26. April 1887 niedergelegt wurde.

Im Eisenbahnhaftpflichtgesetz, das am Anfangspunkte der Entwicklungsreihe steht, wurde noch unterschieden zwischen der Haftpflicht aus dem Betrieb und der Haftpflicht aus dem Eisenbahnbau. Während für die erstere das neue Prinzip der Haftung aus dem Gesetz aufgenommen wurde, blieb man für die Haftung aus dem Eisenbahnbau bei dem gemeinrechtlichen Grundsatze stehen, wonach Nachweis eines Verschuldens verlangt wurde.

Zwar ist darauf zu verweisen, daß der Entwurf des Bundesrates (Bundesbl. 1874, I, 899)
schon eine Gleichstellung des Baue's mit dem Betriebe in Beziehung auf die Natur der Haftpflicht vorgesehen hatte, und daß erst in der nationalrätlichen Kommission (Bundesbl. 1874, III, 279) der Standpunkt, der dann im Gesetze

675

Aufnahme fand, hervortrat. Die nationalrätliche Kommission führte damals aus: ,,Bezüglich der Verletzungen, die beim Bau einer Bahn entstehen, glaubte sich die Kommission vollständig auf den Boden des gemeinen (allgemein verbindlichen) Rechtes stellen zu können.

Der Eisenbahnbau steht, was die Erdarbeiten betrifft, mit dem gewöhnlichen Straßenbau völlig auf gleicher Linie; ebenso sind die Eisenbahnhoehbauten in nichts verschieden von den übrigen Hochbauten. Unter solchen Umständen kann man unmöglich über die Haftbarkeit bei Verletzungen für diese gleichartigen Bauten verschiedene Rechtsgrundsätze aufstellen Nach Ansicht der Kommission soll daher die Eisenbahnunternehmung bei Bauten nur im Falle von V e r s c h u l d u n g haften, wie das für jeden ändern Bauunternehmer gleichmäßig gilt.a Es wurde also eigentlich von der Kommission des Nationalrates nicht bestritten, daß der Eisenbahnbau große Gefahren mit sich bringe, sondern es wurde die Ausnahmsstellung, in welche die Eisenbahnen gegenüber ändern Bauunternehmern durch die besondere Haftung gelangen würden, hervorgehoben und aus diesem Grunde die beschränktere Haftung aus Verschulden empfohlen.

Jetzt liegt die Sache aber in Beziehung auf die Ausnahmestellung umgekehrt. Heute besteht dadurch, daß die Bahnunternehmungen der gemeinrechtlichen Haftpflicht mit Nachweis des Verschuldens unterstellt sind, eine Ausnahmestellung zu ihren Gunsten. Nach Art. l, Ziffer 2, litt, a, des Bundesgesetzes vom 26. April 1887 betreffend Ausdehnung der Haftpflicht untersteht der Haftpflicht: der Eisenbahn-, Tunnel-, Straßen-, Brücken-, Wasser- und Brunnenbau11.

Es besteht heute ebensowenig wie damals ein Grund, den Eisenbahnbau einer besondern Regelung zu unterwerfen, wenn es sich um daraus entstehende, gegen die Eisenbahnunternehmung erhobene Ansprüche handelt. Deshalb ist es heute geboten, den Bau dem Betriebe gleichzustellen.

Da in Art. 2, Absatz 3, des Bundesgesetzes über Ausdehnung der Haftpflicht Art. l des Eisenbahnhaftpflichtgesetzes vorbehalten wird, so haben wir gegenwärtig folgenden Zustand : Geschieht beim Eisenbahnbau ein Unfall, so hat der Verletzte eine Klage : a. gegen die konzessionierte Eisenbahnunternehmung. Diese Klage muß aber auf den Nachweis des Verschuldens gestützt

676

werden. Die Unternehmung hat das Verschulden der beim Bau beschäftigten Personen zu vertreten. Es ist voller Schadenersatz nach den Bestimmungen des Eisenbahnhaftpflichtgesetzes zu leisten; b. gegen den Bauunternehmer. Die Klage braucht nur den Unfall beim Eisenbahnbau nachzuweisen. Der Umfang des Schadenersatzes ist beschränkt auf das Maximum von Fr. 6000, es sei denn, daß eine strafrechtlich verfolgbar« Handlung des Unternehmens als Ursache des Unfalls festgestellt werden kann.

Es bestehen also für den äußerlich genommen jedenfalls identischen Thatbestand des Unfalls beim Eisenbahnbau zwei Klagen, welche ganz verschieden sind in Beziehung auf die Person des Beklagten, auf ihr Fundament und auf den Umfang des zu erlangenden Schadenersatzes. Dabei ist noch zu bemerken, daß, wenn der beim Eisenbahnbau Geschädigte ein Dritter, d. h.

kein Arbeiter oder Angestellter ist, er nur die Klage aus dem Eisenbahnhaftpflichtgesetz gegen die Eisenbahnunternehmung, gegen den Bauunternehmer aber nur eine Klage aus Art. 50 ff. O.-R. hat.

Auch in Beziehung auf den Regreß der Eisenbahnunternehmung gegen den Bauunternehmer können recht verwickelte Fragen entstehen (vgl. v. Salis, der Haftpflichtanspruch jetzt und in Zukunft, Zeitschrift des bernischen Juristenvereins, XXXIII, S. 437 ff.).

Es ist kein zureichender Grund gegeben, warum die Klage gegen die Eisenbahngesellschaft vom Nachweis eines Verschuldens abhängig, diejenige gegen den Bauunternehmer ohne diesen Nachweis zulässig sein soll, sondern es ist durchaus gerechtfertigt, diese Klagen in ihrer Begründung gleichzustellen. Man konnte sich nur fragen, ob nicht eine Beschränkung des Umfanges des Schadensersatzes nach den Bestimmungen des Fabrikhaftpflichtgesetzes für die Eisenbahngesellschaften aufzunehmen sei. Wir halten dies bei der Natur der Eisenbahnhaftpflicht nicht für erforderlich. Die Beschränkung der industriellen Haftpflicht im Fabrikhaftpflichtgesetz ging wesentlich von dem Opportunitätsstandpunkte aus, daß die Industrie eine höhere Belastung nicht zu ertragen vermöchte, ein Gesichtspunkt, der bei den Eisenbahnunternehmungen nicht zutrifft, besonders wenn man an die allmählich eintretende Verstaatlichung des schweizerischen Eisenbahnnetzes denkt.

Deshalb ist im Entwurfe der Bau der Eisenbahnen dem Betriebe vollständig gleichgestellt.

077

In einem ändern Punkte ist ebenfalls eine Ausdehnung der Haftpflicht im Entwurfe enthalten, welche aber nur eine teilweise Neuerung mit Beziehung auf den Umfang der Schadensersatzpflicht enthält. Die mit dem Betriebe im Zusammenhang stehenden Hülfsarbeiten, die bisher in Art. 4 des Gesetzes über die Ausdehnung der Haftpflicht behandelt waren, sind in Art. l mitberücksichtigt. Diese Änderung hat zur Folge, daß der Anspruch aus derartigen Verletzungen nicht mehr an das Maximum von Fr. 6000 gebunden bleibt.

Eine weitere grundsätzliche Neuerung ist, daß die Bemessung des Schadensersatzes mit den Grundsätzen des Obligationenrechtes in Übereinstimmung gebracht wird.

Bei Erlaß des Gesetzes von 1875 besaßen wir noch kein einheitliches Obligationenrecht; es existierte als Vorbild nur das deutsche .Reichshaftpflichtgesete, dem man sich, um der Vorteile der deutschen Rechtsprechung teilhaftig zu werden, möglichst genau anschloß. Es ist anzunehmen, daß, wenn im Jahre 1875 schon ein einheitliches Obligationenreeht bestanden hätte, man die Grundsätze der Schadensbemessung diesem entsprechend aufgestellt hätte.

Der gegenwärtige Zustand ist nach zwei Richtungen hin unbefriedigend.

Einmal ist im Falle des Todes der Kreis der klageberechtigten Personen zu eng gezogen, wenigstens im Vergleich mit dem Obligationenrecht. Art. 5, Absatz 2, des Eisenbahnhaftpflichtgesetzes giebt ein Recht zur Klage nur denjenigen Hinterbliebenen, denen der Getötete Unterhalt zu gewähren v e r p f l i c h t e t ist. Eine im Momente des Unfalls bestehende Alimentationspflicht ist also die Voraussetzung des Klageanspruches.

Das hatte zur Folge, daß, je nach den Bestimmungen des kantonalen Familienrechtes, die Klageberechtigung sich sehr verschieden gestalten konnte, ja daß in demselben Kanton (Bern, alter und neuer Kantonsteil), wenn zwei Gesetzgebungen mit verschieden geregelter Alimentationspflicht bestanden, auch ein ganz verschiedener Rechtszustand betreffend Haftpflichtklagen herrschen konnte.

Man könnte an ein voraussichtlich in nicht zu weiter Ferne stehendes Inkrafttreten der eidgenössischen Civilgesetzgebung denken, durch welches die Frage der Alimentationspflicht einheitlich geregelt werden würde. Aber es scheint uns überhaupt nicht zutreffend, die Schadensersatzvejpflichtung bei Tod des Ver-

678

letzten an die Voraussetzung nur gesetzlicher Alimentationspflicht zu binden. Schaden erleidet jeder, der seinen Unterhalt durch den Tod seines Versorgers verliert, ob dieser gesetzlich zu seiner Unterhaltung verpflichtet war oder dieselbe thatsächlich leistete.

Die Dampfschiffahrtsunternehmungen haben wir im Texte des Gesetzes nicht besonders erwähnt, sondern am Schluß gesagt, daß das Gesetz auf diese Anwendung findet. Der Text wird dadurch redaktionell bedeutend entlastet.

Nicht aufgenommen haben wir die Ordnung des Verhältnisses für den Fall, daß der Vorletzte oder Getötete versichert war. Die Lösung der daraus entstehenden Fragen wird richtiger der Gerichtspraxis, eventuell dem in Aussicht stehenden Versicherungsgesetz zu überlassen sein.

Für die sonstigen Änderungen verweisen wir auf die specielle Begründung des Entwurfes.

III.

Art. 1. Diese Bestimmung faßt die drei Gruppen möglicher Unfälle zusammen: Bau; Betrieb ; Hülfsarbeiten, welche mit dem Betriebe im Zusammenhang stehen.

Diese alle sollen in Zukunft nach dem Entwürfe der gleichen Haftpflicht unterliegen. Die Rodaktion ist im übrigen wesentlich dem Art. 2 des Gesetzes von 1875 entnommen; wir haben es vorgezogen, den Grundgedanken der Haftpflicht, der die ganze Materie dominiert, in einem Artikel zusammenzuziehen.

Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob es erforderlich sei, den Begriff ^Eisenbahn10 näher zu definieren. Wir halten aber dafür, daß durch die Praxis genügend festgestellt ist, daß jede Anstalt, welche den Transport auf einer Schienenanlage ausführt, unter den Begriff Eisenbahn fällt (vgl. Mackenroth, Nebengesetze zum Obligationenrecht, Anmerkung 5 zu Art. l des Gesetzes von 1875).

Bezüglich des Entlastungsbeweises schlagen wir eine redaktionelle Änderung bei dem Verschulden Dritter vor. In Art. 2 des Gesetzes von 1875 wird gesprochen vom ,,Verschulden dritter, bei der Transportanstalt nicht angestellter Personen"1.

679 Dann wird in Art. 3 ausgeführt, daß die Transportanstalt sich nicht auf das Verschulden eines j e d e n Dritten berufen kann, sondern das Verschulden gewisser Personen, welche für sie keine Dritten sind, zu vertreten hat. Zugleich wird der Transportanstalt der Regreß auf diese Personen vorbehalten.

Der Ausdruck ^angestellte Personen"1 paßt aber in der gegenwärtigen Fassung nicht mehr ganz, da auch der Bau unter der gleichen Norm steht. Der Bauunternehmer steht zwar in einem Vertrags Verhältnis zur Eisenbahngesellschaft, in der Regel ist dieses aber kein Anstellungsverhältnis.

Wir haben es deshalb vorgezogen, nur vom Verschulden Dritter zu sprechen und einen zweiten Absatz beizufügen, in welchem unter Beibehaltung der definitiven, in Art. 3 des Gesetzes von 1875 die dort bezeichneten Personen von dem Begriff ,,Drittea ausgeschlossen werden.

Die Regreßfrage ist an den Schluß des Gesetzes in Art. 14 verwiesen.

Art. 2. Die Fassung schließt sich redaktionell genau an Art. 52 des Obligationenrechtes an. Da wir jetzt 'ein einheitliches Obligationenrecht besitzen, so ist es naheliegend, daß die Grundsätze des gemeinen Rechtes auch auf diese Art von Schadensersatz angewendet werden. Einer der Hauptzwecke der Motion Brenner war es ja, diese Übereinstimmung zwischen dem gemeinen Recht und der Specialgesetzgebung herzustellen. Wir sehen deshalb auch gänzlich davon ab, an der Redaktion des Obligationenrechtes irgend welche Änderungen vorzuschlagen.

Art. 3. Ebenso ist Art. 3 redaktionell an Art. 53 des Obligati.onenrechtes angeschlossen.

Art. i behandelt den Fall eines Verschuldens des Verletzten oder Getöteten, das aber den Unfall nicht ausschließlich verursacht hat. Dieser Fall war im bisherigen Gesetze nicht ausdrücklich enthalten, ist aber von der Gerichtspraxis als Minderungsgrund der Entschädigung anerkannt worden. Wir halten dafür, daß an der Hand der Praxis diese allgemeine Fassung gegenüber der mehr specialisierten des Fabrikhaftpflichtgesetzes von 1881, Art. 5, litt, b, genügt. Wie weit speciell für die Eisenbahnarbeiter und Angestellten die Übertretung eines Réglementes zur Begründung eines Mitverschuldens genügt, kann nicht allgemein, sondern nur nach den Verhältnissen des einzelnen Falles entschieden werden.

680

Art. 5 und 6 beschlagen die iu Art. 4 des gegenwärtigen Gesetzes behandelten Fälle des Ausschlusses der Klage, wobei jetzt eine Unterscheidung gemacht werden soll.

Art. 5 betrifft die Ablehnung des Haftpflichtanspruches, wenn der Verletzte oder Getötete sich durch eine verbrecherische oder unredliche Handlung in Berührung mit der Transportanstalt gebracht hat. Es ist durchaus gerechtfertigt, daß der Dieb, der sich in einen Eisenbahnwagen einschleicht und einen Unfall erleidet, oder der Passagier, der mit einem abgelaufenen Retourbillet fährt, keinen Anspruch auf Schadenersatz haben.

Art. 6 behandelt den Fall der bloßen Übertretung polizeilicher Vorschriften. Hier soll sich die Bahn durch den bloßen Nachweis der Thatsache, daß eine Übertretung polizeilicher Vorschriften stattgefunden hat, von der Haftpflicht nicht befreien können, sondern sie muß im fernem beweisen, daß ein Kausalzusammenhang zwischen der Übertretung und dem Unfälle besteht. Wir halten nicht dafür, daß ein zureichender Grund gegeben sei, im Falle einer Reglementsübertretung eine Umkehrung der Beweislast eintreten zu lassen. Auch wird die Bahngesellschaft viel eher in der Lage sein, den ihr im Entwurfe auferlegten Beweis zu leisten, als der Verletzte den Beweis für das Gegenteil führen kann.

Art. 7 entspricht der in der Motion Brenner gegebenen Anregung, die Fälle des Verschuldens der Transportanstalt mit Art. 54 des Obligationenrechtes in Übereinstimmung zu bringen.

Wir haben den Art. 7 nach den die ordentliche Haftpflicht betreffenden Fällen gesetzt, weil hier nicht nur der Umfang des zu leistenden Schadensersatzes, sondern auch die Grundlage der Klage eine andere ist. Hier fällt dem Kläger der Beweis des Verschuldens der Bahn ob. Der Umstellung wegen haben wir es für erforderlich erachtet, hier die Vertretung des Verschuldens für die in Art. l genannten Personen zu wiederholen.

Von einer Definition des Begriffes vAngehörigera haben wir abgesehen ; einmal weil im Obligationenrocht keine solche enthalten ist, andererseits weil man durch eine Legaldefinition hier leicht den Kreis der klageberechtigten Personen zu eng begrenzen könnte. Denn es lassen sich Fälle denken, bei denen der Thatbestand so beschaffen wäre, daß auch Personen, welche dem Getöteten nicht nur durch Verwandtschaft oder Adoption verbunden wären, als Angehörige erscheinen würden.

L

681

. Art. 8 entspricht dem Art. 6 des gegenwärtigen Gesetzes mit der aus Art. 8 des Fabrikhaftpflichlgesetzes entnommenen Ergänzung, daß der Rektifikationsvorbehalt auch zu gunsten der Transportanstalt, nicht nur zu ihrem Nachteile ausgesprochen werden kann.

Bezüglich der Entscheidung des Richters über A versai- oder Rentenentschädigung ist vorgesehen, daß er hierfür nicht an die Anträge der Parteien gebunden ist. Es ist mit Hinblick auf die auf dem Boden der Verhandlungsmaxime stehenden kantonalen Prozeßgesetzgebungen angemessen, dies bestimmt auszusprechen.

Art. 9 und 10. Diese Artikel decken sich in ihrem Inhalte mit Art. 8 und 9 des bestehenden Gesetzes.

Art. 11. Hier ist die Verjährungsfrage reguliert. Wir schlagen vor, den Stillstand, die Hinderung und Unterbrechung der Verjährung nach den Bestimmungen des Obligationenrechts festzusetzen. Damit halten wir aber dafür, daß der besondere, im gegenwärtigen Gesetze vorgesehene Fall des Ruhens der Verjährung bei Unbeantwortetbleiben einer Reklamation des Verletzten wegfallen darf. Die Unterbrechungsarten des Obligationenrechts genügen, besonders wenn man die zweijährige Frist beibehält, vollkommen, um die Rechte des Verletzten zu wahren.

An der Dauer der Verjährungsfrist mit zwei Jahren möchten wir festhalten, anstatt dieselbe auf ein Jahr zu beschränken.

Allerdings verzichten wir damit auf die Einheitlichkeit der Verjährungsfrist im Haftpflichtrechte. Aber eine nur einjährige Dauer erscheint uns aus zwei Gründen als zu kurz. Einerseits werden häufig bei Eisenbahnunfällen Vergleichsunterhandlungen geführt, welche nicht immer sehr rasch zum Abschluß gelangen ; ist dann das Resultat ein negatives, so bleibt nur wenig Zeit zur gerichtlichen Anhängigmachung der Klage. Andrerseits sind die Klagen aus Eisenbahnunfällen, was die Materialbeschaffung für die Begründung der Klage betrifft, nicht immer die einfachsten ; es vergeht Zeit, bis die Prozeßführung wirksam angehoben werden kann.

Dabei geben wir zu, daß unsere Argumentation durch die neuere Praxis des Bundesgerichtes, wonach auch schon die Ladung zum Aussöhnungsversuche in Eisenbahnhaftpflichtfällen die Verjährung unterbricht (B. G. E. Bd. XXI, 426). was ja nach dem Entwurfe durch Aufnahme der Bestimmungen des Obligationenrechts 'für die Verjährungsunterbrechung sanktioniert würde, einigermaßen an Gewicht verloren hat.

682 Bezüglich des Beginnes der Verjährung der Rektifikationsansprüche haben wir uns der im Fabrikhaftpflichtgesetz enthaltenen Losung angeschlossen, entgegen einem Entscheide des Bundesgerichts (vgl. B. G-. E. Bd. XX, p. 429, Zeitschrift des bernischen Juristenvereins Bd. XXXI, p. 5 ff.). Demgemäß beginnt die Verjährung mit dem ersten Urteil als letzter Prozeßhandlung neu zu laufen.

Die Lösung erscheint als die konsequentere, weil der Rektifikationsanspruch kein neues Klagrecht ist, sondern seinen Grund aus der beim Unfall erlittenen Verletzung herleitet. Es kann deshalb keine längere Verjährung platzgreifen, als sie bei Haftpflichtansprüchen, überhaupt besteht. Diese ist aber zwei Jahre; also ist die Sache nach zwei Jahren vom Urteil als der letzten prozessualischen Handlung definitiv erledigt. Zudem ist der Zeitpunkt des Beginns der Verschlimmerung des Gesundheitszustandes (oder der Besserung), von dem man sonst die Verjährung beginnen lassen müßte, thatsächlich nur mit Schwierigkeiten bestimmt feststellbar.

Auch gewinnen wir damit eine einheitliche Lösung dieser Streitfrage für beide Gebiete der Haftpflicht.

Art. 12. Die Ansprüche gegen die Transportanstalt gehören schon jetzt zu den unpfändbaren Vermögensstücken des Schuldners und die Praxis hat auch die aus der Entschädigungssumme angeschafften Vermögenswerte als unpfändbar bezeichnet (vgl. Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs Art. 92, Ziffer 10, und Kommentar von Weber & Brüstlein, II. Auflage, zu diesem Artikel, Anmerkung 10; von Jäger, Anmerkung 20).

Es sollte aber auch die Unübertragbarkeit ausgesprochen werden. Es sind manche Fälle denkbar und haben sich in der That auch schon in der Praxis ergeben, welche zeigen, daß die Veräußerbarkeit ein Nachteil ist, der beseitigt werden sollte.

So ist aus der bernischen Praxis ein Fall bekannt, in welchem ein in communauté légale des französischen Rechtes lebender Ehemann bei der Scheidung die Entschädigungssumme, welche er von einer Eisenbahngesellschaft für den Verlust seiner beiden Beine erhalten hatte, mit seiner Ehefrau teilen mußte, indem das Gericht annahm, daß diese Summe nicht zu den biens propres des Ehemannes gehöre, sondern in die Gütergemeinschaft gefallen sei (vgl. B. G. E. Bd. XXI, p. 749).

Auch in diesem Punkte würde durch Einführung der Unübertragbarkeit die Übereinstimmung mit dem Fabrikhaftpflichtgesetze herbeigeführt (vgl. Art. 7 daselbst).

683 Art. 13 enthält zunächst konform mit Art. 12 des gegenwärtigen Gesetzes das Verbot der Wegbedingung der Grundsätze der Haftpflicht durch Reglement oder Vertrag. Zur Vervollständigung ist hier aus dem erweiterten Haftpflichtgesetze (Art. 9, Absatz 2) die Anfechtbarkeit von Verträgen aufgenommen, welche nach dem Unfälle abgeschlossen werden, aber in offenbarer Benachteiligung des Verletzten oder des Anspruchberechtigten diesen eine völlig unzulängliche Entschädigung zubilligen. Am Wortlaute des Haftpflichtgesetzes ist nur der nicht zutreffende Ausdruck ^Rechtsnachfolger"- in ,,Anspruchsberechtigtea geändert worden.

Die aus dem Gesetz klagberechtigten Personen brauchen nicht notwendig Rechtsnachfolger des Verletzten zu sein.

Art. 14 wahrt den Eisenbahnunternehmungen den Regreß auf dritte Personen, durch deren Verschulden ein Unfall herbeigeführt wird. Das Verschulden kann ein vertragliches oder ein außervertragliches sein.

Art. 15 ist neu. Es wird hier in Ausdehnung des Art. 8 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1872 (A. S. Bd. XI, p. 1), der jetzt in Art. 12, Absatz 4, des Bundesbahnengesetzes vom 15. Oktober 1897 in seinem Wortlaute wiederholt ist (A. S.

Bd. XVI, p. 553 ff.), ein Gerichtsstand des Unfalls geschaffen, ·welcher mit demjenigen des citierten Art. 8 und mit den sonst bestehenden fora konkurriert. In der Regel genügt ja die Bestimmung des Eisenbahngesetzes, wonach jeder Kantonseinwohner bei dem von der Gesellschaft verzeigten Domizile in seinem Kanton klagen kann. Ein bei Gelegenheit des Mönchensteiner Unfalls in Basel vorgekommene Prozeß beweist aber, daß doch nicht alle vorkommenden Modalitäten getroffen werden (vgl.

B. G. E. Bd. XVIII, p. 454). Insbesondere der nicht im Kanton wohnende Schweizer oder Ausländer erhält durch die vorgeschlagene Bestimmung einen vom Sitz der Gesellschaft verschiedenen, ihm unter Umständen bequemeren Gerichtsstand. Der Bahnunternehmung geschieht dadurch kein Nachteil, wenn sie ·denjenigen Gerichten unterworfen wird, deren Bezirke durch ihre Linien durchschnitten werden; andererseits unterliegen die vorkommenden Streitfälle der Höhe des Streitwertes wegen in der Regel der Berufung an das Bundesgericht, so daß die Einheit ·der Rechtsprechung gewahrt bleibt.

Art. 16 entspricht dem Art. 11 des gegenwärtigen Gesetzes, indem er das Prinzip der freien Beweiswürdigung aufstellt mit «iner auf den Eid bezüglichen Beschränkung.

6S4

Die in Art. 11 des gegenwärtigen Gesetzes gewählte Fassung ,,ohne an die Beweisgrundsätze der einschlagenden Prozeßgesetze gebunden zu sein" ist so allgemein, daß darunter jeder Reehtssatz des Prozeßrechtes, welcher die Beweiskraft eines Beweismittels regelt, fällt. Wenn nun in einer Prozeßordnung, wie das noch in einer Keine kantonaler Prozeßordnungen und im Bundescivilprozeß der Fall ist, vorgeschrieben ist, daß die durch Eid einer Partei erhärteten Thatsachen als rechtlich wahr anzusehen sind, so greift das Gesetz damit in die freie Bildung der Überzeugung des Richters ein, indem es ihm vorschreibt, unter welchen Voraussetzungen er eine Thatsache als wahr anzusehen habe. Der Richter muß, auch wenn er persönlich vom Gegenteil überzeugt wäre, eine durch Eid bekräftigte Thatsache als wahr annehmen.

Wir wollen uns hier uicht über die Tragweite des in verschiedenen Bundesgesetzen (Obligationenrecht, passim ; Betrei^ bungs- und Konkursgesetz, Art. 289 ; Urheberrechtsgesetz von 1883, Art. 12, Absatz 2, und anderen) enthaltenen Grundsatzes der thatsächlichen Würdigung ,,nach freiem Ermessena des Richters gegenüber dem kantonalen Prozeßrecht aussprechen ; aber* wir glauben, annehmen zu dürfen, daß der Bundesgesetzgeber nicht so weit gehen wollte, die Zulässigkeit des Parteieides in Prozessen dieser Art auszuschließen, denn die Beseitigung des Eides als Beweismittel setzt eine andere Gestaltung des Beweisrechtes überhaupt voraus, welche herbeizuführen nicht in seiner Macht lag. Wir halten deshalb einen Vorbehalt zu gunsten des Eides als Beweismittel für erforderlich, obgleich wir zugeben, daß in der Praxis die Sache niemals streitig geworden ist.

Wir verweisen darauf, daß auch in dem deutschen Haftpflichtgesetz vom 7. Juni 1871, welches noch aus einer Zeit stammt, in welcher eine einheitliche Civilprozeßordnung in Deutschland nicht existierte, in § 6, Absatz 2, ein solcher Vorbehalt in folgender Fassung enthalten war: ,,Die Vorschriften der Landesgesetze über den Beweis durch Eid, sowie über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden und gerichtlicher Geständnisse bleiben unberührt" 1 .

Wir halten den Vorbehalt nur bezüglich des Eides für erforderlich. Es steht nichts entgegen, dem Richter die freie Würdigung der Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde in Haftpflichtprozessen zu überlassen. Das Geständnis ist überhaupt kein Beweismittel, sondern wenn eine Thatsache zugestanden ist, so entfällt die Nòt^ wendigkeit einer Beweisführung. Sollte damit im Zusammenhang

685 eine unrichtige Verteilung der Beweislast vorgenommen worden sein, so kann hier das Bundesgericht eingreifen, da es diese Präge als zum materiellen Recht gehörig betrachtet (B. G. E., Bd. XVIII, S. 298). Die Frage aber, ob ein Geständnis vorliege oder nicht, gehört zur freien Würdigung des gesamten Prozeßstoffes, welche dem Richter nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung unabhängig von den Vorschriften des kantonalen oder eidgenössischen Prozeßrechtes zustehen muß. Von der Behandlung der Frage der Präjudizialität des Administrativ- und Strafurteils haben wir Abstand genommen. Administrativurteile kommen in Haftpflichtsachen kaum vor, da der Haftpflichtauspruch als Civilsache dein Civilrichter untersteh!;; die Frage der Präjudizialität des Strafurteils ist durch die bundesgerichtliche Praxis in zutreffendem Sinne gelöst (vgl. B. G. E., Bd. XIX, S. 541, und XX, S. 207, Erwägung 5), so daß die Lösung, welche von der absoluten Nichtpräjudizialifcät ausgeht, eher geeignet wäre, eine gewisse Unsicherheit zu erzeugen. Das Strafurteil ist für dert Civilrichter soweit verbindlich, als es das Vorhandensein oder Mchtvorhandensein einer strafbaren Handlung feststellt ; wie weit sich aus der Handlung, die Gegenstand des strafgerichtlichen Verfahrens bildet, civilrechtliche Folgen ergeben, ist durch den Civilrichter, sei es im Adhäsionsprozeß, sei es im Civilprozeß, festzustellen.

: Es sind uns übrigens aus der Haftpflichtpraxis keine Fälle .bekannt, in welchen die Präjudizialität des Strafurteils zu Schwierigkeiten Veranlassung gegeben hätte.

Art. 17 erklärt die Art. H und 7 des erweiterten Haftpflichtgesetzes auf die Schadensersatzanspriiche aus Eisenbahnhaftpflicht anwendbar.

Bezüglich des Art. 6, welcher die Kantone zur Erteilung des Armenrechtes und Einführung eines raschen Prozeßverfahrens verpflichtet, bedarf es keiner näheren Begründung.

Dagegen ist betreffend des Art. 7 des erweiterten Haftpüichtgesetzes (Armenrecht vor Bundesgericht) darauf aufmerksam, zu machen, daß der Stand der Gesetzgebung heute ein anderer ist als zur Zeit des Erlasses des damaligen Gesetzes. An die Stelle des Bundesgesetzes betreffend das Verfahren beim Bundesgericht bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, vom 22. November 1850/13. Juli 1855 (A.. S. II, 77), sind die Bestimmungen des Organisationsgesetzes vom 22. März 1893 getreten, welche eine allgemeine Regelung des Armenrechtes vor der Bundesinstanz enthalten. Man Bundesblatt. 53. Jahrg. Bd. I.

47

686 *

könnte sich zur Not mit diesen Bestimmungen begnügen. Wir haben die Anwendung des Art. 7 des erweiterten Haftpflichtgesetzes nur deshalb vorgesehen, weil dadurch einerseits die Einheitlichkeit für alle Haftpflichtprozesse hergestellt wird, andrerseits der letzte Satz dieses Artikels bezüglich der Wirkungen des Armenrechtes etwas weiter geht als die Bestimmung des Art. 212 des Organisationsgesetzes. Praktische Bedeutung hat diese Vorschrift eigentlich nur für Prozesse, die direkt vor dem Bundesgerichto instruiert werden, und solche giebt es in Eisenbahnhaftpflichtsachen nicht, sondern nur für Postunfälle. Wenn aber unser Vorschlag zu Art. 19 (Aufhebung von Art. 48, Ziffer 2, des Bundesgesetzes über die Bundesrechtspflege, vom 22. März 1893, für die auf Grund von Eisenbahnunfällen gegen den Bund geführten Prozesse) angenommen wird, sind diese Klagen vor Bundesgericht in Zukunft gänzlich beseitigt.

Art. 18. Enthält den Grundsatz der Nichtrückwirkung des neuen Gesetzes auf unter der Herrschaft des alten Gesetzes vorgekommene Unfälle.

Art. 19. Ziffer l erklärt das Gesetz anwendbar auf den Betrieb der Dampfschiffahrtsunternehmungen. Wir haben uns schon im Eingang darüber ausgesprochen, daß durch diese Anordnung der Art. l besonders in der Redaktion entlastet wird.

Ziffer 2 behandelt die Haftbarkeit des Bundes.

Litt, a betrifft die P o s t u n f ä l l e . Das Gesetz wird anwendbar erklärt, soweit die Eidgenossenschaft nach Maßgabe des Postregalgesetzes vom =3. April 1894 haftet. Diese Beschränkung scheint uns erforderlich, da die Haftpflicht der Post nicht eine der Eisenbahnhaftpflicht vollkommen gleiche ist. Sie ist zwar in der Hauptsache derselben nachgebildet, aber es ergeben sich, doch einzelne Differenzen (vgl. 20, 21, 22, 23 des Postregalgesetzes).

Litt. 6 bestimmt die Haftpflicht des Bundes, wenn eine Eisenbahnlinie gemäß dem Bundesgesetz vom 15. Oktober 1897 (A. S. XVI, 553) auf ihn übergegangen ist. Schon Art. 11 dieses Gesetzes erklärt die jeweilige Bundesgesetzgebung in Eisenbahnsachen auf die Bundesbahnen anwendbar. Es bildet also litt, b nur eine speciellere Ausführung dieses allgemeinen Grundsatzes. Der Zeitpunkt, von welchem an die Haftpflicht des Bundes eintritt, wird sich nach Art. 6 dieses Gesetzes richten. Dort ist bestimmt: ,,der Übergang des Eigentums an den vom Bunde erworbenen Eisenbahnen erfolgt jeweilen auf den konzessions-

687

^gemäßen oder vertraglich festgesetzten Termin, ohne daß dazu die Beobachtung einer für den Eigentumsübergang sonst vorgeschriebenen Form erforderlich isttt.

Es erscheint uns der Natur der Sache entsprechend, daß von dem Zeitpunkt an in welchem der Bund Eigentümer wird, -er auch die Lasten übernimmt. Denn wir nehmen an, daß er in der Regel auch von diesem Zeitpunkte an über die Einnahmen -aus dem Bahnbetrieb verfügen kann.

Zweckmäßig ist es jedenfalls, den Zeitpunkt, von welchem an die Haftpflicht auf den Bund übergeht, genau zu bestimmen, -damit in Prozeßfällen der Kläger weiß, an wen er sich zu wenden hat.

Eine Erleichterung für die von Unfällen betroffenen Personen ·bietet auch die Bestimmung, daß die Klage gegen den Bund, beziehungsweise gegen die Verwaltung der Bundesbahnen gerichtet werden kann in den Fällen, in denen Unfälle sich ereignen ·auf Bahnen, welche gemäß Art. 5 des Bundesbahnengesetzes vom Bunde betrieben werden. Ein finanzielles Risiko entsteht dadurch für die Bundesbahnverwaltung nicht, da dieselbe sich bei Übernahme des Betriebes jederzeit gegen die Haftpflichtfolgen decken kann.

Litt, c behandelt den im Bundesbahnengesetz, Art. l, vorgesehenen Fall, daß der Bund eine Dampfschiffunternehmung übernimmt.

Eine Neuerung bietet der vorletzte Absatz von Art. 19, indem darin Art. 48, Ziffer 2, des Organisationsgesetzes über die Bundesrechtspflege für Haftpflichtprozesse gegen den Bund als nicht anwendbar bezeichnet wird. Die citierte Gesetzesbestimmung erklärt das Bundesgericht als einzige Instanz zuständig in allen civilrechtlichen Streitigkeiten : .,,Zwischen Korporationen oder Privaten als Kläger und dem Bunde als Beklagten, sofern der Streitwert einen Hauptwert von wenigstens Fr. 3000 hat.",' Diese Bestimmung ist allerdings durch das Bimdesbahnengesetz, Art. 12, Absatz 6, eingeschränkt, indem dort die Kompetenz des Bundesgerichtes als einziger Instanz auf Fälle mit Streitwert von wenigstens Fr. 30,000 vorbehalten wird. Aber in .Haftpflichtsachen kommen (wir erinnern an die Mönchensteiner und Zollikofner Unfälle) Entschädigungsbegehren von Fr. 30,000 -vor. Und die Postbetriebsunfälle werden durch den angeführten .Art. 12 des Bundesbahnengesetzes nicht getroffen; sie bleiben

688

also in der ausschließlichen Kompetenz des Bundesgerichtes. Dann ist besonders hervorzuheben, daß dieser sachliche Kompetenzgrund einen ausschließlichen 'Gerichtsstand vor Bundesgericht herbeiführt (vgl. Zeitschrift des bernischen Juristenvereins, Bd. XXVII, S. 495), so daß die kantonalen Gerichte keine Gerichtsbarkeit besitzen. Dazu ist es eine alte Klage des Bundesgerichtes, daß die vor ihm instruierten Prozesse am meisten zur Be- oder Überlastung der einzelnen Mitglieder beitragen. Diese Klage würde aber noch in verstärktem Maße ertönen, wenn ein gewisser Prozentsatz der Haftpflichtprozesse aus Eisenbahnurifällen sich in Prozesse, deren Instruktion direkt vor dem Bundesgerichte erfolgen müßte, verwandeln würde.

Es besteht unseres Erachtens unter den heutigen Verhältnissen kein Grund, warum man die Ausnahmegerichtsbarkeit des Bundesgerichtes als direkt erkennendes Gericht über das bestehende Maß ausdehnen sollte, im Gegenteil ist sie eher überall da zu beschränken, wo keine besondern Gründe vorliegen, den kantonalen Gerichten die erstinstanzliche Beurteilung zu entziehen.

Die einheitliche Rechtsanwendung ist durch das Rechtsmittel der Berufung hinreichend gesichert : dazu kommt, daß das Verfahren vor Bundeggericht nach dem Bundescivilprozeß von 1850 ein ziemlich schwerfälliges ist, dessen Anwendung in Streitigkeiten gegen den Bund in sonderbarem Widerspruch stehen würde da7Ai, daß man von den Kantonen die Einführung eines beschleunigten Verfahrens in Haftpflichtprozesseu verlangt. Gerade die Beweisführung in Haftpflichtprozessen ist häufig eine umständliche und komplizierte, die sich leichter vor den kantonalen Gerichten an Ort und Stelle, als vor dem Bundesgerichte, welches seine Instruktionsrichter aussenden muß, vollzieht. So gelangen wir zu dein Schlüsse, daß dieser ausschließliche Gerichtsstand des Bundes vor Bundesgericht in allen Haftpflichtstreitigkeiten aus Eisenbahn- und Postbetrieb zu beseitigen ist.

Der letzte Absatz des Art. 19 verweist endlich für die Klageanstellung auf die Bestimmung des Bundesbahngeset/es. In der Regel wird sich die Klage gegen die Kreisdirektion zu richten haben, in deren Bezirk der Unfall sich ereignet hat.

Art. 20 enthält die Aufhebungsbestimmungen.

Hier ist zunächst hervorzuheben, daß die Aufhebung des Art. 4 des erweiterten Haftpllichtgesetzes die Aufhebung des Entschädigungsmaxi m ums für Unfälle aus Hülfsarbeiteu des Betriebes bedeutet. Wenn man .bei dem Grundsatze bleibt, daß für Eisen-

689 bahnhaf'tpflichtfälle ein Maxiraum der Entschädigung nicht bestehen soll, so scheint es uns angemessen, auch für die Hülfsarbeiten, welche mit dem Betriebe im Zusammenhange stehen, kein Maximum autzunehmen. .Diese Haftpflicht wird in der Regel Arbeitern oder Angestellten der Bahn zu gute kommen, und es ist kein Grund gegeben,einzelne Kategorien desselben besser zu stellen als andere. Für die Bahnunternehmungen, die sich durch Versicherung decken, kann die ökonomische Tragweite für die Erhöhung der Haftpflicht keine bedeutende sein.

Ferner kann hier noch die Frage aufgeworfen werden, ob man in Aufhebung einzelner Bestimmungen des erweiterten Haftpflichtgesetzes noch weiter gehen und auch die Haftpflicht des Bauunternehmers gegenüber dem Arbeiter gänzlich beseitigen will.

Wir halten aber dafür, daß die Klage des Arbeiters gegen den Bauunternehmer aus dem erweiterten Haftpflichtgesetz fortbestehen sollte, und es der Wahl des Verletzten oder seiner Angehörigen überlassen bleiben sollte, ob er die eine oder andere Klage ergreifen will. Nun decken sich freilich die Eisenbahnhaftpflicht und die der Fabrikhaftpflicht angepaßte erweiterte Haftpflicht nicht vollständig 5 insbesondere ist der Umfang der einen und der ändern ein verschiedener. Es kann aber füglich dem Berechtigten die Entscheidung darüber überlassen werden, durch welche Art der Klage er seine Interessen am besten zu wahren .glaubt.

B e r n , den 1. März 1901.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Blngier.

690

(Entwurf.)

Bundesgesetz betreffend

die Eisenbahnha ftpflicht

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom.

1. März 1901, beschließt: Art. 1. Wenn beim Bau oder Betrieb einer Eisenbahn oder bei Hülfsarbeiten, welche mit dem Betriebe im Zusammenhang stehen, ein Mensch getötet oder körperlich verletzt wird, so haftet der Inhaber der konzessionierten Unternehmung für allen daraus entstandenen Schaden, sofern er nicht beweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt, durch Verschulden Dritter oder durch Verschulden des Getöteten oder Verletzten verursacht ist» Als Dritte im Sinne dieses Artikels sind nicht anzu sehen das Personal der Eisenbahnunternehmung oder diejenigen Personen, deren sie sich zum Betriebe des Trans-portgeschäftes oder zum Bau der Bahn bedient.

Art. 2. Der Schadenersatz umfasst im Falle des Todesdie verwendeten Kosten, namentlich diejenigen der Beerdigung. Ist der Tod nicht sofort eingetreten, so ist namentlich;

691 auch für die Kosten der. versuchten Heilung und die Nachteile der Arbeitsunfähigkeit Entschädigung zu leisten. Haben andere Personen durch den Tod ihren Versorger verloren.

so ist auch für diesen Schaden Ersatz zu leisten.

Art. 3. Bei Körperverletzung geht der Anspruch des Verletzten auf Ersatz der Kosten und auf Entschädigung . für die Nachteile gänzlicher oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit. Überdies kann der Richter bei einer Verstümmlungoder Entstellung, durch welche das Fortkommen des Verletzten erschwert wird, auch dafür eine Entschädigung zusprechen.

Art. 4. Trifft den Getöteten oder Verletzten ein Teil der Schuld an dem Unfall, so kann der Richter die Ersatzpflicht unter Würdigung aller Umstände nach Verhältnis ermäßigen.

Art. 5. Jeder Schadenersatzanspruch ist ausgeschlossen wenn der Verletzte oder Getötete sich durch eine verbrecherische oder unredliche Handlung mit der Transportanstalt in Berührung gebracht hat.

Art. 6. Hat sich der Verletzte oder Getötete durch wissentliche Übertretung polizeilicher Vorschriften in Berührung mit der Transportanstalt gebracht, so kann der Schadenersatz abgelehnt werden, wenn ein Kausalzusammenhang zwischen der Übertretung und dem Unfälle nachgewiesen wird.

Art. 7. Ist ein Verschulden der Eisenbahnunternehmungoder der in Art. l, Absatz 2, genannten Personen nachweisbar, so kann der Richter unter Würdigung der besondern Umstände, namentlich in Fällen von Arglist oder grober Fahrlässigkeit dem Verletzten oder, wenn dieser gestorben ist, dessen Angehörigen, auch abgesehen von dem«

692 Ersatz nachweislichen Schadens, eine angemessene Geldsumme zusprechen.

Art, 8. Der Schadenersatz ist in Form einer Kapitalsumme oder einer jährlichen Rente zu bestimmen. Der Richter ist bei der Festsetzung der einen oder ändern Entschädigungsart an die Anträge der Parteien nicht gebunden, sondern entscheidet hierüber nach seinem Ermessen. Sind im Zeitpunkte der Urteilsfällung die Folgen einer Kürperverletzung nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, so kann der Richter ausnahmsweise für den Fall des nachfolgenden Todes oder einer Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Verletzten einen Vorbehalt auf Erhöhung der Entschädigung im Urteile aufnehmen.

Den gleichen Vorbehalt kann der Richter auch zu gunsten der Transportanstalt machen für den Fall, daß sich die Folgen des Unfalls wesentlich günstiger gestalten sollten, .ils angenommen wurde.

Art. 9. Die Eisenbahnunternehmung hat auch für Beschädigung, Zerstörung oder Verlust von Gegenständen, die der Betroffene unter seiner eigenen Obhut mit sich führte, Schadenersatz zu leisten, wenn die Beschädigung oder der Verlust mit dem Unfall im Zusammenhang stehen.

Abgesehen von diesem Falle ist sie für die Beschädigung und den Verlust von Gegenständen, die weder als Frachtgut noch als Reisegepäck aufgegeben worden sind, nur dann schadenersatzpflichtig, wenn ihr ein Verschulden nachgewiesen wird.

Art. 10. Der Schadenersatz wird im Falle des Art. 9 nach dem wirklichen Werte der beschädigten, zerstörten oder verlorenen Gegenstände bestimmt. Eine höhere Entschädigung kann nur zugesprochen werden, wenn ein Verschulden der Transportanstalt nachgewiesen ist.

693 Art. 11. Die durch dieses Gesetz begründeten Schadenersatzklagen verjähren in zwei Jahren, welche von dem Tage, an welchem die Tötung oder Verletzung erfolgt ist, und im Falle von Art. 9 vom Zeitpunkte der Beschädigung^ Zerstörung oder des Verlustes an gerechnet werden.- Dieselbe Verjährungsfrist gilt für die aus Art. 8, Absatz 2, sich ergebenden Begehren auf Erhöhung oder Herabsetzung der Schadenersatzsumme ; sie läuft vom Tage der Eröffnung des ausgefällten Urteils hinweg. Für den Stillstand, die Hinderung und die Unterbrechung der Verjährung gelten ·die Grundsätze des Obligationenrechts (Art. 153 ff.).

Art. 12. Die aus diesem Gesetz gegen die Transportanstalt entstehenden Ansprüche aus Verletzung oder Tötung -sind unübertragbar.

Art. 13. Réglemente, Bekanntmachungen oder besondere Übereinkommen, welche die Haftbarkeit der Transportanstalt zum voraus ausschließen oder einschränken, haben keine rechtliche Wirkung. Zudem kann jeder Vertrag, kraft dessen eine offenbar unzulängliche Entschädigung dem Verletzten odor den Anspruchsberechtigten zugesprochen oder ·entrichtet worden ist, angefochten werden.

Art. 14. Den Eisenbahrigesellschat'ten bleibt der Rückgriff' vorbehalten gegenüber Personen, welche durch ihr Verschulden einen Unfall verursacht haben, aus welchem Schadenersatzansprüche gegen die Eisenbahnunternehmung geltend gemacht wurden.

Art. 15. Schadenersatzklagen aus diesem Gesetze können bei dem Gerichte des Ortes, au welchem sich der Unfall ereignet hat, angebracht werden.

Art. 16. Der Richter urteilt bei allen Ansprüchen, ·'welche aus diesem Gesetze gegen die Transportanstalt geltend

694 gemacht werden, nach freiem Ermessen, ohne an die Beweisregeln der einschlagenden Prozeßgesetze gebunden zu sein.

Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Feststellung einer Thatsache durch den Eid einer Partei (zugeschobener oder richterlich auferlegter Eid).

Art. 17. Die Art. 6 und 7 des Bundesgesetzes vom 26. April 1887, betreffend die Ausdehnung der Haftpflicht finden auf die durch dieses Gesetz gegen die Eisenbahnunternehmung gegebenen Klagen Anwendung.

Art. 18. Die Unfälle, welche sich vor dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Gesetzes ereignen, sind nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1875 zu beurteilen.

Art. 19. Das gegenwärtige Gesetz ist anwendbar: 1. Auf den Betrieb der Dampfschiffahrtsunternehmungen; 2. gegenüber dem Bund : «. für alle Unfälle beim Postbetrieb, soweit die eidgenössische Postverwaltung nach Maßgabe des Bundesgesetzes über das Postregal vom 5. April 1894 haftet; b. als Eisenbahnunternehmer, für die gemäß Art. (> des Bundesgesetzes vom 15. Oktober 1897 betreffend die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der schweizerischen Eisenbahnen in das Eigentum des Bundes übergehenden und für die gemäß Art. 5 des genannten Gesetzes vorn Bunde betriebenen Eisenbahnlinien ; dem Bunde beziehungsweise der Verwaltung der Bundesbahnen bleibt das Recht vorbehalten, sich den Rückgriff auf den Eigentümer der zum Betriebe gemäß Art. 5 des genannten Gesetzes übernommenen Linien durch Vertrag zu sichern ;

695

e. als Dampfschiffahrtsunternehmer, wenn er gemäß Art. l des Bundesgesetzes vom 15. Oktober 1897eine Dampfschiffahrtsunternehmung übernimmt.

Für die unter Ziffer 2 erwähnten Klagen gegen den" Bund findet Art. 48, Ziffer 2, des Bundesgesetzes über die Organisation, der Bundesrechtspflege vom 22. März 189$ keine Anwendung.

Die unter Ziffer 2, litt, b und c, erwähnten Klagen sind gemäß den Bestimmungen des angeführten Bundesgesetzes vom 15. Oktober 1897 gegen die zuständige Verwaltungsstelle der Bundesbahnen zu richten (vgl. Art. 12 und 35.

Ziffer l und 17, des genannten Gesetzes).

Art. 20. Alle mit dem gegenwärtigen Gesetz in Widerspruch stehenden Gesetze, Verordnungen und Réglemente aufgehoben, insbesondere werden aufgehoben: 1. Das Bundesgesetz vom 1. Juli 1875 betreffend die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffahrtunternehmungen bei Tötungen und Verletzungen; 2. Art. 4 des Bundesgesetzes vom 26. April 1887 betreffend die Ausdehnung der Haftpflicht, soweit er sich auf die mit dem Betriebe einer Eisenbahn- oder Dampfschiffahrtunternehmung im Zusammenhangstehen- · den Hülfsarbeiten bezieht; 3. Art. 48, Ziffer 2, des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893.

soweit es die in Art. 19, Ziffer 2, dieses Gesetze* erwähnten Klagen betrifft; 4. Art. 12 des Bundesgesetzes vom 15. Oktober 1897 betreuend die Erwerbung und den Betrieb der Bundesbahnen und die Organisation der Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen, soweit es die direkte Anhebung von Klagen nach Art. 19, Ziffer 2, gegen die Verwaltung der Bundesbahnen vor Bundesgericht betrifft.

696

Art. 21. Der Bandesrat wird beauftragt, auf Grundlage "der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmungen über Bundesgesetze und ßundesbesehlüsse, die Bekanntmachung dieses Bundesgesetzes zu veranstalten und den Zeitpunkt von dessen .Inkrafttreten festzusetzen.

697

# S T #

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Rvision des Bundesbeschlusses vom 4 April 189 (A. S.

n. F. XV, 130) und Beitragszusicherung an die von der Lehrerschaft der eidgenössischen polytechnischen Schule zu errichtende "Witwen- und "Waisenkasse.

(Vom 5. März 1901.)

Wir beehren uns, Ihnen anmi die in unseren .Botschaften zu den Budgets für 1900 und 1901 (Bundesbl. 1899, V, 191 und 1900, IV, 289) angekündigte Vorlage für Revision des Bundesbeschlusses von 1895, betreffend Erhöhung des Jahreskredites für das eidgenössische Polytechnikum, sowie für Zuerkennung eines jährlichen Beitrages an die von der Lehrerschaft dieser Anstalt .zu errichtende Witwen- und Waisenkasse zu unterbreiten.

Unsere Anträge über diese zwei Gegenstände erscheinen in dem hiernach angeschlossenen Entwurf Bundesbeschluß zusammengefaßt und wir haben zur Erläuterung und Begründung derselben folgendes anzubringen :

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Revision des Bundesgesetzes über die Haftpflicht der Eisenbahn- und DampfschiffahrtUnternehmungen vom 1. Juli 1875. (Vom 1. März 1901.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1901

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

10

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.03.1901

Date Data Seite

672-697

Page Pagina Ref. No

10 019 528

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.