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Botschaft zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Biologische Vielfalt

vom 25. Mai 1994

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen unsere Botschaft zum Übereinkommen vom 5.Juni 1992 über die Biologische Vielfalt, versehen mit einer interpretierenden Erklärung, und beantragen Ihnen, dem beiliegenden Entwurf eines Bundesbeschlusses zuzustimmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

25. Mai 1994

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Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Stich Der Bundeskanzler: Couchepin

1994-303

Übersicht Die menschlichen Tätigkeiten sind für die zunehmende Zerstörung der Ökosysteme verantwortlich, mit welcher eine markante Beschleunigung des Artenschwunds einhergeht. Ein wichtiger Anteil der bedrohten biologischen Vielfalt findet sich in den Entwicklungsländern der Tropenzonen, wo Armut, Übervölkerung und übermassige Ausbeutung der natürlichen Ressourcen die Umwelt in hohem Masse belasten und sich besonders negativ auf die biologische Vielfalt auswirken.

Die internationale Gemeinschaft ist aktiv geworden, um ein verpflichtendes Instrument zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt sowie zur Teilung der daraus entstehenden Vorteile zu erarbeiten. Anlässlich der Umweltund Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCED), die vom 3.-14. Juni 1992 in Rio de Janeiro staltfand, wurde das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt von 156 Ländern, darunter der Schweiz und der Europäischen Union, unterzeichnet und bis heute schon von mehr als 50 Ländern ratifiziert. Das Übereinkommen trat am 29. Dezember 1993 in Kraft. Die erste Konferenz der Vertragsparteien findet vom 28. November bis 9, Dezember 1994 statt.

Das Übereinkommen setzt sich die drei folgenden Ziele: L Erhaltung der biologischen Vielfalt; 2. nachhaltige Nutzung ihrer Elemente; 3. ausgewogene und gerechte Verteilung der Vorteile, die sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergeben.

Das Übereinkommen verpflichtet alle Vertragsparteien zur Erarbeitung innerstaatlicher Strategien. Es sieht Bestimmungen zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt vor, die grundsätzlich folgendes ntiteinschliessen: Inventar der Bestandteile der biologischen Vielfalt; Erkennung der sie gefährdenden Tätigkeiten und deren weitgehende Verringerung; Erhaltung der genetischen Ressourcen in natürlichen Lebensräumen und Wiederherstellung der geschädigten Ökosysteme, Das Übereinkommen sieht ebenfalls Massnahmen vor, die bei Verwendung genetisch veränderter Organismen die biologische Sicherheit garantieren. Die Frage nach der Notwendigkeil eines Zusalzprotokolls zu diesem Punkt wird an der nächsten Konferenz der Vertragsparteien geprüft werden.

Besonders Industrieländer betreffende, verpflichtende Massnahmen haben zum Ziel, die Weitergabe der für eine nachhaltige Nutzung der biologischen Ressourcen
notwendigen Technologien an Entwicklungsländer zu fördern.

Die Schweiz verfügt formell über ausreichende gesetzliche Grundlagen, insbesondere mit dem Natur- und Heimatschutzgesetz vom I.Juli 1966 (NffG; SR 45\), um die verlangte Durchführung innerstaatlicher Massnahmen zur Bewahrung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt zu gewährleisten. Die Revision des Umweltschutzgesetzes (USG; BBl 1993 // 1445) wird eine wirksame Anwendung derjenigen Massnahmen auf nationaler und internationaler Ebene erlauben, welche die biologische Sicherheit betreffen.

Um das Übereinkommen bei der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Nutzung der genetischen Ressourcen einsetzen zu können, muss die Schweiz die Rahmenbedingungen zur Förderung der Weitergabe von Technologie mittels anreizender und

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kooperativer Massnahmen - unter Wahrung der Regeln zum Schutz des geistigen Eigentums - verbessern.

Das Übereinkommen sieht die Bereitstellung finanzieller Mittel durch die industrialisierten Länder vor, um den Entwicklungsländern zu erlauben, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die Schweiz verfügt - dank eines 1991 vom Parlament zur Regelung von Umweltfragen bewilligten Rahmen- oder Transferkredites von 300 Millionen Franken - über die notwendigen Mittel, um einen bedeutenden Einsatz zu leisten. Der Kredit soll namentlich zur Finanzierung von multi- und bilateralen Programmen auf dem Gebiet der biologischen Vielfalt in den Entwicklungsländern dienen.

Als Industrieland hat die Schweiz die-Pflicht, sich gegenüber der internationalen Gemeinschaft solidarisch zu zeigen und das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt zu unterzeichnen. Unter anderem sind der Zugang zu den biologischen Ressourcen und ihre Erhaltung, ganz besonders im Schlüsselsektor der Biotechnologie, für die Schweizer Industrie von grösster Bedeutung, Es ist demnach für unser Land unverzichtbar, im Rahmen dieses Übereinkommens an den gemeinsamen Bemühungen zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Ressourcen teilzunehmen.

Im Sinne einer optimalen Nutzung administrativer Strukturen sowie der Stärkung ihrer Rolle als Gastland auf dem internationalen Platz Genf ist die Schweiz daran interessiert, dass sich das permanente Sekretariat des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt neben den Sekretariaten anderer Übereinkommen in Genf niederlässt. Es entspricht den Interessen der Schweiz, dass das Übereinkommen möglichst schnell ratifiziert wird.

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Botschaft I II

Allgemeiner Teil Begriffsbestimmung der biologischen Vielfalt

Der Begriff «biologische Vielfalt» ist ein relativ neuer Ausdruck, in dem die drei nachfolgenden Stufen der Variabilität von Lebewesen in ihrem natürlichen Umfeld zusammcngefasst sind: - die genetische Vielfalt, worunter man die Variabilität der Erbmasse der Gene versteht, die es den lebenden Organismen ermöglicht, sich durch neue genetische Kombinationen den Veränderungen der Umgebung anzupassen; - die Artenvielfalt oder spezifische Vielfalt bezieht sich auf das Vorhandensein verschiedener Arten in einem bestimmten Gebiet oder Biotop; - die Vielfalt der Ökosysteme umfasst die verschiedenen in einer bestimmten Region auftretenden Ökosysteme.

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Zustand der biologischen Vielfalt Abnahme der biologischen Vielfalt und deren hauptsächliche Ursachen

Vom Anfang allen Lebens an war das Verschwinden von Arten im Entwicklungsprozess eine natürliche Erscheinung. Die Wissenschaftler sind sich jedoch darüber einig, dass heutzutage die menschlichen Tätigkeiten für die zunehmende Zerstörung der Ökosysteme verantwortlich sind, was wiederum zu einer erheblichen Beschleunigung des Artenschwunds führt.

Man kennt die Zahl der auf unserem Planeten lebenden Arten nicht genau. Die zuverlässigsten Schätzungen sind in einer Studie enthalten, die 1992 gemeinsam vom Weltinstitut für Ressourcen (World Resources Institute, WRI), von der Weltvereinigung für Natur (UICN) und vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) durchgeführt wurde. Diese führt eine Zahl von ungefähr zehn Millionen an.

Das WRI stützt sich auf die Folgen der Zerstörung der natürlichen Lebensräume, wenn es annimmt, dass bis in 30 Jahren 5-15 Prozent der auf unserem Planeten vorkommenden Arten ausgestorben sein könnten. Das entspräche pro Jahr einem Verlust von durchschnittlich 15000-50000 Arten, was wiederum 50-150 Arten pro Tag bedeuten würde.

Verschiedene Faktoren sind für den Erosionsprozess der biologischen Vielfalt verantwortlich: - die immer seltener werdenden natürlichen Lebensräume und deren Aufsplitterung als Folge von Entwicklungsprozessen wie Verstädterung, Nutzungsintensivierung der Landwirtschaft, Trockenlegung von Feuchtzonen oder Abholzung; - die Einfuhr von Arten fremder Herkunft kann das Verschwinden lokaler Arten zur Folge haben, insbesondere bei Insel-Ökosystemen, wo durch neu hinzugekommene Arten die lokalen leicht verdrängt werden oder sogar völlig verschwinden; - die übertriebene Ausbeutung bestimmter Arten wie z, B. des auf Java lebenden Nashorns, auf das bis zu seiner Ausrottung Jagd gemacht wurde; 185

- die Verunreinigung des Bodens, der Gewässer und der Luft, was die Verminderung oder das Verschwinden von Populationen oder besonders empfindlichen Arten zur Folge hat; - die Klimaveränderungen, ein neues und nicht unerhebliches Risiko, da manche Arten nicht fähig sein werden, sich bei Klimaveränderungen genügend schnell anzupassen; - der Synergieeffekt, d. h. das Zusammenwirken mehrerer dieser Faktoren, was zu einem raschen Artenschwund führen kann.

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Situation in der Schweiz

In der Schweiz gingen seit Mitte des letzten Jahrhunderts bis zu 90 Prozent der wertvollsten bzw. artenreichsten Lebensräume verloren. Der negative Trend hält auch heute noch an, denn Siedlung und Infrastruktur beanspruchen weiteren Raum zu Lasten der Natur, während Nutzungsintensivierung und -aufgäbe zu zusätzlichen Verlusten führen. Die Verluste an Lebensräumen wirken sich auf die Artenvielfalt aus: Je nach Kategorie sind zwischen 33 und 95 Prozent der Pflanzen- und Tierarten bereits verschwunden oder gelten als gefährdet bzw. selten. Aus den obenerwähnten Gründen geht der Artenschwund heute noch weiter. Bei den Kulturarten haben einige wenige Hochleistungssorten die ehemalige Artenvielfalt im Feld verdrängt, wenn auch eine gewisse Anzahl lokaler Varietäten in Samenbanken und Kollektionen noch aufbewahrt sind. Eine Erhaltung und Weiterentwicklung mittels traditioneller Nutzung («in situ») kann nur ungenügend sichergestellt werden. Die unbeabsichtigte Einfuhr sowie das Freisetzen von pflanzlichen und tierischen Arten und Unterarten fremder Herkunft können die genetische Basis der einheimischen Wildarten zusätzlich gefährden.

In den Wald-Ökosystemen führte eine umweltgerechte Forstwirtschaft dazu, dass der Zustand als fast natürlich bezeichnet werden kann. Auf die gegen Ende des letzten Jahrhunderts durchgeführte Erneuerung der Schweizer Wälder muss nun eine rege Nutzung und erneute Regenerierung dieser heute «reifen» Wälder folgen.

Während für die damals durchgeführten Aufforstungen Pflanzenmaterial verwendet wurde, das nur wenig den örtlichen Bedingungen angepasst war, werden die jetzigen Jungpflanzen nach ökologischen Gesichtspunkten ausgewählt.

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Situation in den industrialisierten Ländern

In den Industrieländern besteht eine ähnliche Situation wie in der Schweiz. Der Bau verschiedener Infrastrukturen wie Strassen und Staudämme, die Ausdehnung von Siedlungen und Industriezonen sowie die Nutzungsintensivierung in der Landwirtschaft beeinträchtigten zahlreiche natürliche Lebensräume mit der Folge der Verdrängung von Fauna und Flora. Die Flurbereinigung, logische Folge des Entwicklungsprozesses in der Landwirtschaft, führte zur Zerstörung zahlreicher Biotope, da durch die Nivellierung der Landschaft Bäche kanalisiert, Sümpfe ausgetrocknet, Hecken ausgerissen und Feldgehölze gerodet wurden. Die biologische Vielfalt von Süsswasser-Ökosystemen wurde, vor allem durch Eutrophierung des Wassers, stark beeinträchtigt. In gemässigten Klimazonen traten an die Stelle der früheren natürlichen und artenreichen Bewaldungen mit alten Bäumen vermehrt Monokulturen. Die Anforderungen der Landwirtschaft prägten im Laufe der Zeit das Landschaftsbild. Strukturwandel und gewisse Produktionsmethoden führten zur 186

Artenverringerung bei Kulturpflanzen und Nutztierrassen. In Europa ist die Hälfte aller Ende des letzten Jahrhunderts vorkommenden Zuchttierrassen verschwunden.

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Situation in den Entwicklungsländern

Ein Grossteil der biologischen Vielfalt findet sich in den Entwicklungsländern der Tropenzonen, wo Armut, Übervölkerung und übermässige Ausbeutung der natürlichen Ressourcen die Umwelt in einem hohen Mass belasten und sich negativ auf die biologische Vielfalt auswirken.

Die Beeinträchtigung der an biologischer Vielfalt besonders reichen Ökosysteme wie z. B. der Tropenwälder, der Mangrovenwälder oder anderer Feuchtzonen sowie der Korallenriffe hat sich in den letzten Jahren beschleunigt. Eine Studie des WRI schätzt, dass in den letzten Jahrzehnten 49 von 61 in der Tropenzone liegenden Länder mehr als 50 Prozent ihres natürlichen Lebensraumes verloren haben.

Die Tropenwälder, in denen nach Meinung des WRI, der UICN und des WWF zwischen 50 und 90 Prozent aller existierenden Arten vorkommen, sind ganz besonders gefährdet. Die Emährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization of thè United Nations, PAO) schätzt, dass jedes Jahr 200 000 km2 Tropenwälder - fünfmal die Fläche der Schweiz - zerstört werden. Eine Vielzahl der Arten, die diese Tropenwälder bergen, könnte dadurch in den nächsten Jahrzehnten ausgerottet werden.

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Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt

Dreierlei wichtige Gründe rufen zum Erhalt der biologischen Vielfalt auf: - ökologische Gründe: die Bewahrung der gesamten biologischen Vielfalt ist eine unverzichtbare Bedingung für ein normales Funktionieren der Ökosysteme und für die Erhaltung des evolutiven Potentials der Organismen; - ethische Gründe: der Mensch kann sich nicht das Recht anmassen, für seine mehr oder weniger kurzfristigen Bedürfnisse andere Arten auszurotten; - wirtschaftliche Gründe: die biologische Vielfalt unseres Planeten ist ein für die ganze Menschheit nützliches Erbe und stellt für die gegenwärtigen und künftigen Generationen ein bedeutendes Potential an Ressourcen dar.

Die Nutzung der biologischen Vielfalt spielt eine wichtige wirtschaftliche Rolle bei der Herstellung von Nahrungsmitteln, von medizinischen Substanzen und Industrieprodukten. So werden beispielsweise auf dem medizinischen Sektor im westlichen Erdteil 50 Prozent aller Medikamente mit Substanzen auf pflanzlicher Basis oder deren Synthesen hergestellt. In der Landwirtschaft ist eine ausreichende Variation an genetischen Ressourcen zur Zuchtverbesserung von Kulturpflanzen und Nutztieren unabdingbar. Die Entwicklung der Biotechnologie, die wichtige Beiträge im Gesundheitssektor, in der Nahrungsmittelproduktion und im Umweltschutz leisten kann, hängt weitgehend von der Verfügbarkeit von Ressourcen der biologischen Vielfalt ab.

Trotzdem werden der Wert der biologischen Vielfalt und die zu ihrer Erhaltung notwendigen Ausgaben und Lasten bei der Preisfixierung der aus ihr resultierenden Produkte nicht entsprechend berücksichtigt. Die zu ihrem Erhalt notwendigen Aufwendungen sind erheblich. Nach einer ersten Schätzung des UNEP würden sich die dazu von den Entwicklungsländern benötigten Mittel auf 500 Millionen Dollar pro 187

Jahr belaufen. Diese Länder, die mit schweren sozialen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, können solche Ausgaben nicht übernehmen.

Bis zum heutigen Tag war der Zugang zu den Ressourcen der biologischen Vielfalt frei und unentgeltlich. Aber es beteiligen sich in den Entwicklungsländern verschiedene lokale Bevölkerungsgruppen massgebend am Erhalt und an der Verbesserung der biologischen Vielfalt. Dank ihrer Technologien konnten die industrialisierten Länder wiederholt aus den Ressourcen der biologischen Vielfalt Profit ziehen, ohne sich dabei an ihrer Erhaltung zu beteiligen oder diejenigen zu entschädigen, die diese bewahrt und zur Verfügung gestellt hatten. Um zum Erhalt der biologischen Vielfalt anzuregen, ist eine internationale Zusammenarbeit notwendig, die anerkennt, dass diese Bewahrung auch von ihrer nachhaltigen Nutzung abhängt.

Eine solche Zusammenarbeit sollte erlauben, die zur Erhaltung der biologischen Vielfalt unseres Planeten notwendigen Ausgaben gemeinsam zu tragen (Lastenteilung), was im besonderen auch bedeutet, dass alle an den Vorteilen von deren Nutzung teilhaben können.

Der gegenüber den Entwicklungsländern geleistete Solidaritätsbeitrag darf jedoch die Verantwortung der Industrienationen für die auf ihren eigenen Territorien vorkommende biologische Vielfalt nicht verschleiern. In Europa gehen die Reduzierung der Artenvielfalt in der Pflanzen- und Tierwelt und das Verschwinden der natürlichen Lebensräume aufgrund intensiver Nutzung dieser Milieus sowie der natürlichen Ressourcen weiter. Merkliche Fortschritte könnten nur dann erreicht werden, wenn die Voraussetzungen zu einer dauerhaften Pflege und Nutzung der biologischen Vielfalt in die verschiedenen sektoriellen Aktivitäten der Wirtschaft integriert würden, vor allem in die Land- und Forstwirtschaft, im besonderen durch Anreize und untereinander abgestimmte Massnahmen auf internationaler Ebene.

Zu diesem Zweck ist eine verstärkte Zusammenarbeit der industrialisierten Länder nicht nur für die Bewahrung der Arten und Biotope notwendig, sondern auch für eine bessere Berücksichtigung der notwendigen Aufwendungen zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der Ressourcen und der natürlichen Lebensräume während ihrer Bewirtschaftung.

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International geltende Übereinkommen

Die folgenden, international geltenden und von der Schweiz schon ratifizierten Übereinkommen decken bestimmte Aspekte der Erhaltung der biologischen Vielfalt ab wie i. B.: - Das Übereinkommen der UNESCO vom 2. Februar 1971 über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraurn für Wasser- und Watvögel, von internationaler Bedeutung (Ramsar-Konvention; SR 0,451.45). Das Sekretariat dieses Übereinkommens hat seinen Sitz in der Schweiz, in Gland (VD).

- Das Übereinkommen vom 19. September 1979 über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (Berner Konvention; SR 0.455), ausgearbeitet unter der Schirmherrschaft des Europarates.

- Das Übereinkommen des UNEP vom 3. März 1973 über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (Washingtoner Konvention, CITES; SR 0.453), dessen Sekretariat sich in Genf befindet.

- Das Übereinkommen der UNESCO vom 23. November 1972 zum Schutz des Kultur- und Naturgutes der Welt (SR 0.451.41).

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- Der Antarktisvertrag vom 1. Dezember 1959 (SR 0.727).

- Das Übereinkommen vom 2, Dezember 1946 zur Regelung des Walfangs (SR 0.922.74).

Unser Land sieht ebenfalls den Beitritt zum Übereinkommen vom 23. Juni 1979 zur Erhaltung der wandernden wildlebenden Tierarten vor, das im Rahmen des UNEP erarbeitet wurde (Bonner Konvention).

Im Rahmen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) unterzeichnete die Schweiz ebenfalls das 1983 abgeschlossene internationale Engagement über pflanzengenetische Ressourcen, das sich die Förderung des Schutzes dieser Ressourcen zum Ziel setzt und sie für Selektionszwecke zugänglich machen will.

Im weiteren fasste die Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa auf der Konferenz von Helsinki im Juni 1993 einen Beschluss über die Grundsätze zur Erhaltung der biologischen Vielfalt der europäischen Wälder. Dieser Beschluss wurde von mehr als 35 Ländern, darunter der Schweiz, unterzeichnet.

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Besonderer Teil: Übereinkommen über die Biologische Vielfalt Kurze historische Übersicht

Nach fünf Sitzungen mit schwierigen Verhandlungen, die im Juni 1991 begonnen hatten, nahmen die Vertreter von mehr als 100 Ländern, darunter der Schweiz, den Text des Übereinkommens in der Schlussakte von Nairobi am 22. Mai 1992 an.

Anlässlich der Umwelt- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCED), die vom 3.-14. Juni 1992 in Rio de Janeiro stattfand, lag das Übereinkommen zur Unterzeichnung vor.

Es wurde bis heute von 156 Ländern, darunter der Schweiz und der Europäischen Union, unterzeichnet und von mehr als 50 Ländern ratifiziert. Das Übereinkommen trat am 29. Dezember 1993 in Kraft. Eine erste Konferenz der Vertragsparteien findet vom 28, November bis 9. Dezember 1994 statt.

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Inhalt und Ziele des Übereinkommens

Das Übereinkommen umfasst eine Präambel, 42 Artikel und zwei Anhänge.

Die Präambel führt die Grundsätze an. auf die sich das Übereinkommen stützt.

Sie hält im besonderen die Staatshoheit der Länder über ihre natürlichen Ressourcen fest sowie die Anerkennung der Symbiose zwischen den biologischen Ressourcen und den lokalen Bevölkerungsgnippen, die diese Ressourcen nutzen.

Die Präambel anerkennt als besonders wichtigen Grundsatz die Notwendigkeit, den Entwicklungsländern die zur Erhaltung der biologischen Vielfalt erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, was auch einen «angemessenen» Zugang zu den für ihre nachhaltige Nutzung notwendigen Technologien einschliesst.

In Artikel l werden die Ziele des Übereinkommens formuliert: - Erhaltung der biologischen Vielfalt; - nachhaltige Nutzung ihrer Elemente;

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- ausgewogene und gerechte Verteilung der Vorteile, die sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergeben.

Artikel 2 umfasst Begriffsbestimmungen für bestimmte Ausdrücke und Konzepte.

Artikel 3 räumt ein, dass, auch wenn das souveräne Recht jedes Staates auf die Nutzung seiner eigenen Ressourcen anerkannt wird, ein Staat die Verantwortung für die Garantie ihrer nachhaltigen Nutzung trägt.

Artikel 4 definiert den Geltungsbereich des Übereinkommens innerhalb und ausserhalb der nationalen Hoheitsbereiche.

Artikel 5 fordert eine unmittelbare Zusammenarbeit der Vertragsparteien mit anderen Vertragspartnern oder über zuständige internationale Organisationen bei der Erhaltung und nachhaltigen Nützung der biologischen Vielfalt auf Gebieten ausserhalb ihres nationalen Hoheitsbereiches sowie in anderen Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse.

Artikel 6 wendet sich an jede Vertragspartei mit der Auflage, «innerstaatliche Strategien, Pläne oder Programme zu entwickeln, um die Erhaltung und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt abzusichern (...)».

Artikel 7 verpflichtet jede Vertragspartei zur Bestimmung, Überwachung und Bewertung der biologischen Vielfalt.

Artikel 8 formuliert die Massnahmen, die jede Vertragspartei zur In-situ-Erhaltung (innerhalb der natürlichen Lebensräume) zu ergreifen hat, im besonderen den Umgang mit Risiken in Verbindung mit der Anwendung der Gentechnologie sowie die Regelung der Unterstützung der lokalen Bevölkerungsgruppen für ihren Beitrag zur Erhaltung der biologischen Vielfalt.

Artikel 9 legt dar, dass die Ex-situ-Erhaltung (ausserhalb der natürlichen Lebensräume) der Elemente der biologischen Vielfalt vorzugsweise im Ursprungsland durchgeführt werden sollte und dass sie eine Ergänzung zu den In-situ-Erhaltungsmassnahmen darstellen soll.

Artikel 10 legt die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt fest, im besonderen durch den Einbezug ihrer Erhaltung in Entscheidungsprozesse und die Förderung von traditionellen Kulturverfahren, welche eine dauerhafte Pflege der biologischen Vielfalt fördern.

Artikel U ersucht jede Vertragspartei, Massnahmen einzuführen, die als Anreiz zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt dienen.

Die Artikel 12 und 13 fordern die Vertragsparteien auf, Ausbildungs-, Bildungsund Forschungsprogramme
einzurichten und die Öffentlichkeit für die Probleme der Erhaltung der biologischen Vielfalt zu sensibilisieren (Bewusstseinsbildung).

Artikel 14 schreibt vor, dass jede Vertragspartei bei geplanten Vorhaben oder Programmen, von denen anzunehmen ist, dass sie nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben werden, eine Umweltverträglichkeitsstudie durchzuführen hat.

Artikel 15 vereinbart, «dass die Befugnis, den Zugang zu genetischen Ressourcen zu bestimmen, bei den Regierungen liegt» und dass dies «zu einvemehmlich festgelegten Bedingungen» zu erfolgen hat. Der Zugang bedarf «der auf Kenntnis der Sachlage gegründeten vorherigen Zustimmung der Vertragspartei, die diese Ressourcen zur Verfügung stellt, sofern diese Vertragspartei nichts anderes bestimmt hat». Parallel dazu bemüht sich jede Vertragspartei, «Voraussetzungen zu schaffen, um den Zugang zu den genetischen Ressourcen für eine umweltverträgliche Nutzung durch andere Vertragsparteien zu erleichtern (...)»,

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Artikel 16 ordnet an, den Zugang zur Technologie und deren Weitergabe zu erleichtern. Für Entwicklungsländer erfolgt diese Weitergabe «im beidseitigen Einvernehmen auch zu Konzessions- oder Vorzugsbedingungen (...)» und unter Respektierung des geistigen Eigentums.

Artikel 17 beinhaltet den Informationsaustausch und fordert alle Vertragsparteien auf, «den Austausch von (...) Informationen aus allen öffentlich zugänglichen Quellen» zu erleichtern (...), «wobei sie die besonderen Bedürfnisse der Entwicklungsländer berücksichtigen».

Artikel 18 ersucht alle Vertragsparteien, die technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit zu fördern, und schlägt zu diesem Zweck vor, dass die Konferenz der Vertragsparteien darüber entscheiden solle, auf welche Weise ein Austauschzentrum gegründet werden könnte.

Artikel 19 behandelt die Verteilung der aus der Nutzung der genetischen Ressourcen entstehenden Vorteile sowie den die biologische Sicherheil betreffenden Informationsaustausch.

Artikel 20 sieht Verpflichtungen der industrialisierten Länder vor, die den Entwicklungsländern «neue und zusätzliche» finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, um ihnen zu ermöglichen, die vereinbarten vollen Mehrkosten zu tragen, die sich aus der Erfüllung der Massnahmen des vorliegenden Übereinkommens ergeben.

Artikel 21 setzt den Finanzierungsmechanismus des Übereinkommens zur Bereitstellung finanzieller Mittel an Entwicklungsländer fest, was unter Aufsicht der Konferenz der Vertragsparteien erfolgt. Der Weltumweltfonds (Global Environment Facility, GEF) wurde in Artikel 39 des Übereinkommens als vorläufiger Finanzierungsmechanismus vom Inkrafttreten des Übereinkommens bis zur ersten Konferenz der Vertragsparteien benannt.

Artikel 22 regelt das Verhältnis zu anderen völkerrechtlichen Übereinkünften.

Die Artikel 23-25 führen die Organe des Übereinkommens ein, wie die Konferenz der Vertragsparteien, das Sekretariat und das Nebenorgan für wissenschaftliche und technische Beratung.

Artikel 26 verpflichtet jede Vertragspartei, regelmässig Berichte über die Massnahmen zur Durchführung des Übereinkommens vorzulegen.

Die Artikel 27-42 legen die Bedingungen und die zum Funktionieren des Übereinkommens notwendigen Verfahren fest.

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Hauptbestandteile des Übereinkommens und Haltung der Schweiz Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt

Die verpflichtenden Massnahmen des Übereinkommens zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt werden in den voraus beschriebenen Artikeln 6-14 behandelt.

Das Übereinkommen gewährt der In-situ-Erhaltung Vorrang, und zwar mit Massnahmen wie der Erstellung eines Systems von Schutzgebieten und der Wiederherstellung beeinträchtigter Ökosysteme.

Das Übereinkommen verbindet den Schutz der biologischen Vielfalt auch mit ihrer nachhaltigen Nutzung. Zu diesem Zweck schlägt der Artikel 10 vor, dass jede Vertragspartei die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt in 191

innerstaatlichen Entscheidungen mitberücksichtigen muss. In der Präambel wird die entscheidende Rolle der lokalen Bevölkerungsgruppen anerkannt, und der Artikel 10 sieht vor, die Anwendung dieser spezifischen Kenntnisse und Überlieferten Erfahrungen bei der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt zu unterstützen und zu fördern.

Das Übereinkommen anerkennt das Prinzip der differenzierten Verpflichtungen, welches die in den entwickelten Ländern und den Entwicklungsländern ungleich zur Verfügung stehenden Mittel berücksichtigt.

Eine besondere Bedeutung wird der Ausarbeitung von Strategien, von Prioritäten und innerstaatlichen Konzepten beigemessen, um die Durchführung der im Übereinkommen vorgesehenen Massnahmen abzusichern (Art. 6). Hierzu soll die Erhaltung und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt integrierender Bestandteil der verschiedenen davon betroffenen Sektoren werden.

Die Schweiz verfügt formell über ausreichende gesetzliche Grundlagen, um die Bestimmungen des Übereinkommens zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt anzuwenden (s. Ziff. 411). Die Verbesserungen der bestehenden Massnahmen, die den Verlust an biologischer Vielfalt in der Schweiz verringern können, und der wirksame Einsatz des Übereinkommens werden unter Ziffer 412 behandelt.

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Verteilung der aus der Nutzung der genetischen Ressourcen sich ergebenden Vorteile und Weitergabe von Technologie

Das Übereinkommen fördert die Zusammenarbeit einerseits zwischen den industrialisierten Ländern, welche daran interessiert sind, für die Erhaltung und den Zugang zu den Ressourcen der biologischen Vielfalt Verpflichtungen einzugehen, und den Entwicklungsländern andererseits, die eine Kontrolle über ihre biologischen Ressourcen einführen möchten, um sich den Zugang zu Technologie zu erleichtem, welche diese Ressourcen aufwertet.

Im übrigen hätten es die Entwicklungsländer vorgezogen, dass die industrialisierten Länder zur Weitergabe von Technologie des Privatsektors aufgefordert worden wären. Alle Mitgliedländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), darunter die Schweiz, stimmten jedoch gegen diese zwingende Bestimmung; die Bestimmungen des Übereinkommens, welche Verpflichtungen der industrialisierten Länder betreffen, haben somit nur empfehlenden Charakter.

Das Übereinkommen sieht hauptsächlich folgende Massnahmen vor: a. Die Anerkennung der Staatshoheit der Länder über ihre genetischen Ressourcen, was miteinschliesst, dass der Zugang zu diesen Ressourcen, besonders in den Entwicklungsländern - ausser spezieller Verfügung - nur nach vorherigem Einverständnis dieser Länder erfolgen kann. Nach einer solchen Zusage werden die Bedingungen des Zugangs in einer gemeinsamen Vereinbarung festgehalten (Art. 15).

b. Den erleichterten Zugang zu Technologien, die für die Erhaltung und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt unumgänglich sind (Art. 16), einschliesslich der Gentechnologie.

Was die Technologie des Privatsektors anbetrifft, liegt es an den Vertragsparteien, deren Weitergabe durch anreizende Massnahmen zu erleichtem und zu

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unterstützen. Jede Vertragspartei verfügt über genügend Spielraum, um die dafür angemessenen Massnahmen festzulegen. Zur Wahrung des geistigen Eigentums legt der Artikel 16 u. a. dar, dass die Weitergabe von Technologie auf solche Art und Weise durchgeführt werden müsse, «dass das Recht auf geistiges Eigentum sowie dessen angemessener und wirkungsvoller Schutz anerkannt werden».

Artikel 16 sieht ebenfalls vor, dass der Finanzierungsmechanismus des Übereinkommens zum Erwerb von Technologie durch die Entwicklungsländer benützt werden kann.

c. Massnahmen zur Aufteilung der Vorteile, welche sich aus den von Entwicklungsländern zur Verfügung gestellten genetischen Ressourcen ergeben; Zusammenarbeit, insbesondere bei der Weitergabe von Techniken, Kenntnissen und Informationen, die zur Entwicklung des Potentials ihrer Ressourcen notwendig sind (An. 16, 17, 18, 19).

Die Schweiz befürwortet die Bestimmungen des Übereinkommens über die Weitergabc von Technologie, welche die Grundlage zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen den Entwicklungsländern und den Schweizer Institutionen des öffentlichen oder privaten Sektors, im speziellen auf dem Gebiet der Nutzung der genetischen Ressourcen, schaffen werden. Die Schweiz ist gewillt, die Bestimmungen unter Anerkennung der Grundsätze und Regeln zum Schutz des geistigen Eigentums anzuwenden, die eine wichtige Bedingung für einen wirksamen Vollzug der Weitergabe von Technologie darstellen, sind doch Forschung und private Investoren impliziert.

Die Stellung des Bundesrates zum Recht des geistigen Eigentums, im speziellen auf den Gebieten der Gentechnologie und der Organismen, ist in einem im August 1993 veröffentlichten Bericht des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements zusammengefasst. Dieser Bericht mit dem Titel «Biotechnologie und Patentrecht.

Die Patentierbarkeit von Erfindungen betreffend Organismen» enthält folgende Elemente: - Indem er die Entwicklung auf dem Gebiet der Gentechnologie unterstützt, spricht sich der Bundesrat allgemein zugunsten der Patentierbarkeit der Erfindungen auf dem Gebiet der Organismen aus. Davon ausgeschlossen sind jedoch «die Erfindungen, deren Nutzung gegen die menschliche Würde, die persönliche Freiheit und die Würde der Kreatur vcrstösst oder die auf einschneidende Weise die Umwelt und damit die biologische Vielfalt
gefährden, (...)».

- Was die Entwicklungsländer betrifft, unterstützt der Bundesrat «differenzierte» Lösungen. «Diese Lösungen erlauben ein Abwägen zwischen den verschiedenen Interessen, wie dem Schutz von Erfindungen über das Recht des geistigen Eigentums, dem Schutz der Rechte, die sich aus der Erhaltung und Pflege der traditionellen genetischen Ressourcen der Entwicklungsländer ergeben, sowie dem Prinzip der Notwendigkeit der Erhaltung der Artenvielfalt (...)».

- In der Stellungnahme des Bundesrates wird deutlich gemacht, dass «der in den industrialisierten Ländern übliche Schutz des geistigen Eigentums durch Patente die Anerkennung und Ausgestaltung anderer Rechte nicht ausschliesst, insbesondere der und der Rechte der Entwicklungsländer auf Beteiligung an den Vorteilen, die sich aus der Durchführung des Übereinkommens über biologische Vielfalt ergeben könnten. Diese Rechte sind im Prinzip anerkannt, und die Schweiz unterstützt alle Bemühungen zu ihrer Ausgestaltung (...).

In diesem Sinne sind die Möglichkeiten einer Entschädigung der Nutzung der 7 Bundesblatl 146. Jahrgang. Bd. III

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natürlichen Ressourcen durch die Industrie, die Verteilung der Gewinne und deren angemessene Verwendung genau zu prüfen.» - Ausserdem stützt sich «die Stellungnahme (des Bundesrates) bezüglich der Entwicklungsländer auf die GATT-TRIPS-Abmachungen (englische Abkürzung des Kapitels über allgemeine Abmachungen betreffend Zolltarife und den Handel, welches das geistige Eigentum betrifft: General Agreement on Tariffs and Tradc and Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights), auf das Übereinkommen über die biologische Vielfalt und das internationale FAO-Engagement über pflanzengenetische Ressourcen».

Das GATT-TRIPS-Abkommen erlaubt seinen Vertragspannern, auf die Patentierbarkeit von Pflanzensorten und Tierrassen, nicht aber auf diejenige von Mikroorganismen zu verzichten. Was Gewächs-Varietäten anbetrifft, sind die Mitgliedstaaten gehalten, ein Schutzsystem nach dem Schema «sui generis» (differenzierter, der Art angepasster Schutz) in ihrer Gesetzgebung vorzusehen. Den Mitgliedländern steht damit hinreichend Spielraum zur Ausgestaltung eines ihren Bedürfnissen angepassten Systems zum Schutz des geistigen Eigentums zur Verfügung.

Das internationale FAO-Engagement auf dem Gebiet der pflanzengenetischen Ressourcen formuliert Leitprinzipien zur Nutzung und zum Austausch von phytogenetischen Ressourcen. Es sieht im besonderen die Anerkennung des Konzeptes «Rechte der Landwirte» («farmers' rights») vor. Die Rechte der Landwirte basieren auf der Anerkennung des Beitrags der ländlichen Gemeinschaften zur Erhaltung der genetischen Ressourcen und stellen einen völlig integrierten Bestandteil der Ziele des Übereinkommens dar.

Im übrigen sollten die Verfügungen des Übereinkommens über die Zusammenarbeit in Forschung und Technik bei der nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt in erster Linie eine Erhöhung der Kompetenzen in den Entwicklungsländern und die Weitergabe von ihren Bedürfnissen entsprechender Technologie erlauben.

Die Texte der Absätze 2 und 5 des Artikels 16 des Übereinkommens über den Zugang zu Technologie und den Schutz des geistigen Eigentums können unterschiedlich ausgelegt werden und sind umstritten. Aus diesem Grund hat die Schweiz anlässlich der Unterzeichnung des Übereinkommens am 12. Juni 1992 eine Erklärung unterbreitet, die eine genaue Darlegung ihrer Auslegung der
Verfügungen des Übereinkommens über die Weitergabe von Technologie und den Schutz des geistigen Eigentums enthält. Um diese zu vervollständigen, wird die Schweiz bei der Ratifikation des Übereinkommens eine weitere, interpretierende Erklärung vorlegen (folgt dieser Botschaft unter Anhang 1). Deren Text entspricht dem Wortlaut einer von der Europäischen Union abgegebenen Erklärung (siehe Ziff. 6: Verhältnis zum Europäischen Recht).

Im Gegensatz zu einem Vorbehalt zielt eine von einem Staat unterbreitete, interpretierende Erklärung nicht darauf ab, die Rechtswirkung gewisser Verfügungen eines Übereinkommens bei deren Anwendung auf diesen Staat auszuschliessen oder zu modifizieren. Die Erklärung der Schweiz soll folgendes bewirken: - sie gibt öffentlich die Besorgnis unseres Landes über gewisse Zweideutigkeiten (Ambiguitäten) im Text des Übereinkommens und, damit verbunden, über Schwierigkeiten bei dessen Interpretation bekannt; - sie setzt ein politisches Zeichen gegenüber den in der Schweiz betroffenen Kreisen und gegenüber den anderen Vertragsparteien und legt unsere Auslegung der zweideutigen und umstrittenen Bestimmungen genau dar;

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- sie verdeutlicht gegenüber den in der Schweiz betroffenen Kreisen und gegenüber den anderen Vertragsparteien den auf internationaler Ebene in bezug auf Weiterführung und Vollzug des Übereinkommens vertretenen Standpunkt der Schweiz.

In der Stellungnahme des Bundesrates (siehe oben) wird ebenfalls das Recht der Entwicklungsländer und ihrer Bevölkerungsgruppcn auf Anerkennung ihrer Beteiligung an den Vorteilen der Nutzung der genetischen Ressourcen erwähnt. Im Sinne dieser Erklärung anerkennt die Schweiz die Notwendigkeit der Ausgestaltung solcher Rechte zur Durchführung der Ziele des Übereinkommens, die eine Entschädigung für die Erhaltung, die Verbesserung und die Zurverfügungstellung genetischer Ressourcen durch die Entwicklungsländer und deren Bevölkerungsgruppen anstreben. Folglich verpflichtet sie sich, an der Ausgestaltung und Durchsetzung dieser Rechte mitzuarbeiten.

Im Sinne des 3. Beschlusses der Konferenz von Nairobi vom 22. Mai 1992 zur Annahme des Übereinkommens verpflichtet sich die Schweiz, im Rahmen des Übereinkommens und anderer betroffener Foren an der Erarbeitung eines operationeilen Systems zur Schaffung der Rechte der Landwirte mitzuwirken.

233

Biologische Sicherheit

Artikel 19 (Abs. 3) des Übereinkommens lädt die Vertragsparteien ein, auf der ersten Konferenz der Vertragspartner die Notwendigkeit eines Protokolls über die biologische Sicherheit zu prüfen. Dieses Protokoll würde insbesondere eine vorherige Zustimmung in Kenntnis der Sachlage enthalten sowie angemessene Verfahren «im Bereich der sicheren Weitergabe, Handhabung und Verwendung der durch Biotechnologie hervorgebrachten lebenden modifizierten Organismen, die nachteilige Auswirkungen auf die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt haben können».

Diese Verfahren bestehen darin, bei der Ausfuhr von genetisch modifizierten Organismen die Zustimmung der zuständigen Behörden des Emptangerlandes durch Übermittlung aller verfügbaren Informationen über die möglichen nachteiligen Auswirkungen, die sich aus der Verwendung dieser Organismen ergeben könnten, zu erhalten.

Die Schweiz unterstützt den Vorschlag zu einem derartigen Protokoll, das durch seine gesetzlich zwingende Form folgende Vorteile bietet: - eine Verstärkung der Harmonisierung der Sicherheitsvorschrifteh auf internationaler Ebene, um u. a. Zollbehinderungen im internationalen Handel zu vermeiden und eine erhöhte Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit zu schaffen; - eine bessere Beachtung des Umweltaspektes im Rahmen des Handelsverkehrs mit genetischen Ressourcen.

234

Finanzielle Mittel und Finanzierungsmechanismus

In Artikel 20 des Übereinkommens über «finanzielle Mittel» werden die industrialisierten Länder zu keinerlei spezifischen Beiträgen verpflichtet, doch legt der Artikel fest, dass sie «die Zusatzkosten» oder Mehrkosten zu tragen haben, die sich aus den im Übereinkommen enthaltenen, gegenüber den Entwicklungsländern zu leistenden Verpflichtungen ergeben. Die genaue Höhe dieser Beiträge wird auf der 195

ersten Konferenz der Vertragsparteien festgesetzt werden, wobei «die gesamten vereinbarten Mehrkosten» als Berechnungsbasis dienen.

Artikel 21 weist darauf hin, dass ein Finanzierungsmechanismus im Übereinkommen einzurichten ist. Dieser Mechanismus arbeitet «unter Aufsicht und Leitung der Konferenz der Vertragsparteien [...], welche die Politik, die Strategie, die Programmprioritäten» sowie die Kriterien zur Zuteilung und Nutzung der. Ressourcen bestimmt.

Nach Artikel 39 wurde der Weltumweltfonds (Global Environment Facility, GEF) als Finanzierungsmechanismus eingesetzt, dies bis zur ersten Konferenz der Vertragsparteien, wo über dessen ständige Einrichtung entschieden werden wird.

Die Länder der OECD, darunter die Schweiz, waren immer daran interessiert, dass die GEF der Finanzierungsmechanismus des Übereinkommens wird. Die GEF verwaltet derzeit wichtige multilaterale Umweltprojekte. 42 Prozent der im Fonds enthaltenen Mittel werden für Projekte auf dem Gebiet der biologischen Vielfalt genutzt. Von 1991 bis 1993 führte die GEF eine Pilotphase durch und wurde dabei mit 800 Millionen Dollar (1,2 Milliarden Franken) aus freiwilligen Beiträgen gespeist. Während dieser Phase leitete die Schweiz dem Zentralfonds 60 Millionen Franken zu und finanzierte für 20 Millionen als besonders interessant beurteilte Projekte mit. Die GEF besteht aus einer Dreierorganisation aus Weltbank (World Bank), Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) und UNEP, was ihr erlaubt, von den Kompetenzen der drei Organisationen zu profitieren.

In der bei der Unterzeichnung des Übereinkommens vorliegenden Erklärung gab die Schweiz ihre eigene Auslegung der Artikel 20 und 21 zur finanziellen Zusammenarbeit wie folgt an: «Die zu erschliessenden Ressourcen und das zu ihrer Verwaltung notwendige System werden auf ausgewogene Weise die Bedürfnisse und Interessen der Entwicklungsländer sowie die Möglichkeiten und Interessen der entwickelten Länder berücksichtigen.» Parallel dazu befürwortete die Schweiz schon immer das Prinzip der Additionalität, d. h. die finanzielle Unterstützung der Entwicklungsländer in globalen Umweltfragen zusätzlich zu bereits bestehenden Fonds für Entwicklungshilfe. Zu diesem Zweck stimmte die Schweiz 1991 einem Rahmenkredit von 300 Millionen Franken für Umweltfragen in den Entwicklungsländern zu,
welcher schon zum obigen Zweck verwendet worden ist oder noch dazu verwendet werden wird (siehe Ziff. 441: Finanzielle Auswirkungen).

Zur Vermeidung eines Doppelangebots und im Sinne einer wirkungsvolleren Nutzung des Fonds sprach sich die Schweiz gegen einen zusätzlichen Finanzierungsmechanismus aus und unterstützt die Einsetzung der GEF als dauerhaften Finanzierungsmechariismus des Übereinkommens.

Aufgrund vorgebrachter Kritik wurde die GEF umstrukturiert; nach dem Abschluss dieser Umstrukturierung wird sie die Interessen der Entwicklungsländer, besonders bei Entscheidungsprozessen, besser wahrnehmen können. Im Rahmen dieser Umstrukturierung der GEF hat die Schweiz aktiv darauf hingewirkt, dass die Position der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens bei Entscheidungen über Bedeutung und Anwendung der finanziellen Mittel gestärkt wurde.

196

3

Interesse der Schweiz an der Ratifikation des Übereinkommens

In Ziffer 13 wurden ökologische, ethische und wirtschaftliche Gründe kurz erwähnt, die zur Erhaltung der biologischen Vielfalt aufrufen. Durch die Ratifikation des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt übernimmt die Schweiz diese Begründungen. Ihre Tragweite für unser Land wird in den nachfolgenden Punkten genauer dargelegt: Aus ökologischer Sicht: - Das Übereinkommen betrifft die biologische Vielfalt in ihrer Gesamtheit (Ökosysteme, Arten, Gene).

- Das Übereinkommen macht den Schutz der biologischen Vielfalt und deren Pflege und Nutzung voneinander abhängig.

- Durch seinen integralen Ansatz sichert das Übereinkommen die Erhaltung sowie die wirtschaftliche und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt weltweit.

Aus ethischer Sicht: - Das Übereinkommen erlaubt es, den negativen Einfluss der menschlichen Tätigkeiten auf die Gesamtheit der Arten zu vermindern, und es entspricht der ethisch begründeten Notwendigkeit, die verschiedenen existierenden Formen der Lebewesen um ihrer selbst willen zu erhalten, Aus wirtschaftlicher Sicht: - Der Zugang zu den Ressourcen der biologischen Vielfalt und deren Erhaltung sind für die Lebensmittel- und Pharmaindustrie unseres Landes, besonders auf dem Schlüsselsektor der Gentechnologie, von grosser Bedeutung. Es ist demnach für die Schweiz vordringlich, sich im Rahmen des Übereinkommens an den Bemühungen um Harmonisierung der beim Zugang zu den genetischen Ressourcen angewandten Praktiken sowie am Informationsaustausch über biologische Sicherheit zu beteiligen.

- Indem es den Schutz des geistigen Eigentums bei der Weitergabe von Technologie anerkennt, begünstigt das Übereinkommen auf internationaler Ebene die Entwicklung von Minimalstandards zum Schutz des geistigen Eigentums, die für die Weitergabe von Technologie unerlässlich und für die Schweizer Industrie wünschenswert sind.

Aus politischer Sicht: - Der Rückgang der biologischen Vielfalt stellt eine grosse Gefahr für das ökologische Gleichgewicht dar, weshalb sich die Erarbeitung verbindlicher Vereinbarungen zur dauerhaften Gewährleistung der Erhaltung der biologischen Vielfalt durch die internationale Gemeinschaft aufdrängt. Als reiches Land trägt die Schweiz zusammen mit anderen industrialisierten Landern eine besondere Verantwortung an den weltweiten ökologischen Problemen. Gerade die
industrialisierten Länder verbrauchen einen erheblichen Teil der natürlichen Ressourcen und produzieren pro Kopf den grössten Anteil an umweltbelastenden Stoffen.

- Die Schweiz zeigt sich gegenüber der internationalen Gemeinschaft solidarisch und bestätigt ihre aktive Rolle auf dem Gebiet des Umweltschutzes. Sie beteiligt sich an den Anstrengungen im Interesse der Erhaltung der biologischen Vielfalt in den Entwicklungsländern.

197

- Nach dem Bericht vom 29. November 1993 über die Aussenpolitik der Schweiz in den neunziger Jahren (BEI 7994 I 153) ist die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen eines der vorrangigen Ziele unserer Aussenpolitik, Die Erhaltung der biologischen Vielfalt stellt einen integrierenden Teil dieser Bestrebungen dar. Der Bericht weist zudem darauf hin, dass «sich die Bemühungen unserer Aussenpolitik auf die Teilnahme am follow-up der Konferenz von Rio konzentrieren werden [...]». Die Ratifikation des Übereinkommens über die biologische Vielfalt reiht sich in den gleichen Konzeptablauf ein.

- Würde die Schweiz sich diesen Bestrebungen auf internationaler Ebene nicht anschliessen, hätte dies zur Folge, dass sie sich von den meisten Partnern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), zu denen auch alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union gehören, die ihrerseits die Ratifizierung des Übereinkommens vorbereiten, isolieren würde.

Auch wenn das Übereinkommen noch gewisse Ungenauigkeiten enthält, bedeutet es doch den Beginn von Bestrebungen zu einer dauerhaften Erhaltung und Nutzung der biologischen Vielfalt. Bei zukünftigen Arbeiten wird es möglich sein, dem Übereinkommen einen besser definierten Rahmen zu geben, im besonderen durch die mögliche Ausarbeitung von Zusatzprotokollen auf Gebieten wie der biologischen Sicherheit, der Weitergabe von Technologie und der Anerkennung des Beitrags der lokalen Bevölkerungsgruppen bei der Verbesserung und Erhaltung von genetischen Ressourcen. Durch ihren Beitritt zum Übereinkommen sichert sich die Schweiz die Möglichkeit, aktiv an der schon laufenden Konkretisierung und Umsetzung des Übereinkommens teilzuhaben und ihren Standpunkt vollumfänglich geltend machen zu können.

4

Auswirkungen auf die Schweiz

Formell verfügt die Schweiz über genügende rechtliche Grundlagen, um die nationalen Verpflichtungen für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt an die Hand zu nehmen. Die entsprechenden detaillierten Erklärungen finden sich in den Ziffern 41-43 und beziehen sich auf die drei Aktivitätsbereiche des Übereinkommens.

Hinsichtlich der finanziellen Konsequenzen - behandelt in Ziffer 44 - verfügt die Schweiz dank des durch das Parlament im Jahre 1991 gesprochenen Rahmenkredites zugunsten der globalen Umwelt bereits über die notwendigen Mittel für ein wirkungsvolles Engagement.

Die Auswirkungen auf den Personalbedarf werden in Ziffer 443 dargelegt. Eine zusätzliche Stelle erscheint unabdingbar.

In Ziffer 45 werden das Interesse an der Kandidatur von Genf über die Aufnahme des Sekretariats des Übereinkommens sowie die Politik, welche die Schweiz in diesem Bereich weiterführen will, behandelt.

41 411

Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt in der Schweiz Gesetzliche Grundlagen

Seit 1962 ist der Natur- und Heimatschutz in Artikel 24s«ics der Bundesverfassung verankert. Auf dieser Grundlage sind zweckmässige Rechtsbestimmungen für die 198

Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt erlassen worden. Sie finden sich in erster Linie im Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG, SR 451) und im Bundesgesetz vom 20. Juni 1986 über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (JSG, SR 922.0). Bestimmungen, die der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt dienen, finden sich auch im Raumplanungs-, Umweltschutz-, Gewässerschutz-, Fischerei-, Forst- und Landwirtschaftsrecht.

Das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über den Wald (WaG, SR 927.0) hat u. a.

zum Ziel, den Wald als natürlichen Lebensraum zu erhalten. Bei Pflege, Nutzung und Aufforstung ist die natürliche Zusammensetzung des Waldes zu fördern. Es besteht die Möglichkeit der Aussonderung von Waldreservaten, und in bestimmten Fällen kann im Interesse der Erhaltung der biologischen Vielfalt auf jegliche Nutzung verzichtet werden.

Im Bereich der Landwirtschaft erlaubt der neue, am 9. Oktober 1992 angenommene Artikel 31fr des Landwirtschaftsgesetzes (SR 910.1; AS 1993 1571) der Eidgenossenschaft, Zuschüsse zur Verwendung landwirtschaftlicher Nutzflächen im Rahmen des ökologischen Ausgleichs zu bewilligen und damit einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der biologischen Vielfalt zu leisten.

412

Massnahmen zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt

Aufgrund der oben erwähnten Rechtsgrundlagen sind in der Schweiz auf Bundesebene bereits zahlreiche Tätigkeiten im Gange, welche Anforderungen des Übereinkommens - namentlich jenen in den Artikeln 6, 7, 8, Buchstaben a, b, c, d, e, f, i, j und k, 9, Buchstabe c, 10, 11 und 13 - nachkommen. Sie sind im folgenden kurz aufgezählt.

Gegenwärtig wird ein Landschaftskonzept erstellt; ferner ist eine Studie zum Aufbau einer umfassenden Systematik für die Erhaltung und Revitalisierung von Natur und Landschaft auf der gesamten Fläche in Bearbeitung. Namentlich in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft spielt hier der ökologische Ausgleich eine entscheidende Rolle.

Inventare von Biotopen, rote Listen von gefährdeten Arten, ökologische Kennarten für die Bewertung von Lebensräumen, Verbreitungsatlanten und Arten-Schutzkonzepte geben Auskunft über den heutigen Zustand der biologischen Vielfalt und erlauben die Ergreifung von dringlichen Massnahmen zum Schutz wichtiger Lebensräume und gefährdeter Arten. Die Landwirtschafts- und Forstgesetzgebung unterstützen diese Bemühungen in der Rur bzw. im Wald. Möglichst alle Angaben werden in Datenbanken gespeichert. Ein Monitoring-Programm für Moorinventare ist im Aufbau und soll auf alle andern Inventare und Listen sukzessive ausgedehnt werden.

Erste Wiederaussetzungsprogramme laufen in Zusammenarbeit mit privaten Organisationen, welche zugleich wichtige Aufgaben bei der Erhaltung von wildlebenden Tier- und Pflanzenarten erfüllen.

Der anhaltende Lebensraum- und Artenverlust (vgl. Ziff. 12) zeigt aber deutlich, dass die Schweiz derzeit zentrale Forderungen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt nur ungenügend erfüllen kann. Aus diesem Grund sind insbesondere die Vollzugsbereitschaft und die Vollzugsmöglichkeiten namentlich bei folgenden Massnahmen zu verbessern: 199

- die Grundsätze der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt bei landschafts- bzw. umweltwirksamen Entscheiden sind konsequent zu berücksichtigen; - Anstrengungen zum Schutz von Lebensräumen und Arten, insbesondere zur Verwirklichung des ökologischen Ausgleichs in der Landwirtschaft, sind zu intensivieren, einschliesslich der Erarbeitung des hierzu notwendigen Grundlagenwissens und des Aufbaus eines langfristigen Überwachungssystems (Monitoring, Erfolgskontrolle); - Information und Meinungsbildung bis in die beruflichen Ausbildungsgänge hinein sind zu intensivieren, unter gezielter Förderung alternativer Wege in Technik, Landwirtschaft und Medizin; - die Anstrengungen zum Schutz der traditionellen Kulturarten (Pflanzen und Tiere) mittels bäuerlicher Nutzung («in situ») sind verstärkt zu unterstützen; - Waldreservate sind einzurichten sowie mittels eines Projektes die Bezeichnung von Reservaten mit genetischen Ressourcen des Waldes an die Hand zu nehmen.

Die Anpassung des forstlichen Pflanzmaterials an die örtlichen Gegebenheiten ist zu verwirklichen.

Zur sachgerechten Sicherstellung dieser Massnahmen muss der Bund einerseits selber aktiv werden und andererseits die Anstrengungen der Kantone und privater Verbände unterstützen.

42

Weitergabe von Technologie

Zur Umsetzung des Übereinkommens muss die Schweiz die Rahmenbedingungen für die Weitergabe von Technologie mittels nachfolgender Massnahmen verbessern: - Ein Inventar von in der Schweiz zur Verfügung stehender Technologie zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt und der dafür zuständigen Organe ist zu erstellen.

- An interessierte Partner sind Informationen über die Zugangsmöglichkeiten zu dieser Technologie, insbesondere zu der durch das Recht des geistigen Eigentums geschützten, weiterzugeben.

- Förderungsmassnahmen sind einzuführen, um die Weitergabe von Technologie durch den Privatbereich anzuspornen.

- Die Finanzierung von Lizenzen oder der Erwerb von Technologie sind zu unterstützen, damit diese den Entwicklungsländern zu günstigen Bedingungen zur Verfügung gestellt werden können.

- Über Zusammenarbeit und Entwicklungsbeiträge ist die Schaffung von Kompetenzen und Infrastrukturen zu fördern, die den Entwicklungsländern eine angepasste Einführung und Verwendung derjenigen Technologie erlaubt, die der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt dient.

- Zusammenarbeitsverträge zwischen Schweizer Unternehmen und Unternehmen aus Entwicklungsländern sind zu fördern. Zu diesem Zweck sollten Pilotprojekte über das Sammeln und die Nutzung genetischer Ressourcen mit der Beteiligung von Firmen des Privatsektors und den Institutionen der Entwicklungsländer begonnen werden.

Die Umsetzung dieser Massnahmen erfordert keine gesetzlichen Änderungen.

200

43

Biologische Sicherheit

Am 17. Mai 1992 stimmten Volk und Stände dem Artikel 24novics der Bundesverfassung über die Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie zu. Dieser Artikel anerkennt in Absatz 3 ausdrücklich den Schutz der genetischen Vielfalt von Pflanzenund Tierarten als eine der zahlreichen Aufgaben des Bundes im Rahmen der Vorschriften über die Nutzung genetischer Techniken.

Es ist vorgesehen, diesen Verfassungsartikel im Entwurf des Bundesrates zur Revision des Umweltschutzgesetzes (USO; BB1 1993 II 1445), der gegenwärtig vom Parlament beraten wird, durch folgende Bestimmungen zu konkretisieren: - Artikel 7 Absatz l schliesst explizit Veränderungen des Erbgutes und der natürlichen Zusammensetzung von Lebensgemeinschaften in die Definition von Umweltschäden ein.

- Das dritte Kapitel (Art. 29
- Artikel 29/ verleiht dem Bundesrat die erforderlichen Kompetenzen, nötigenfalls angemessene Massnahmen einzuleiten, die zur Ermöglichung einer in Kenntnis der Sachlage nötigen Zustimmung erforderlich sind, wie dies in Artikel 19 Absatz 3 des Übereinkommens vorgesehen ist.

Nach der Revision des USG wird die Schweiz also über genügende gesetzliche Grundlagen verfügen, um eine wirksame Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens auf dem Gebiet der biologischen Sicherheit sicherzustellen.

44 441

Finanzielle und personelle Auswirkungen Notwendige finanzielle Mittel zur Durchführung des Übereinkommens auf internationaler Ebene

Es handelt sich hier um finanzielle Verpflichtungen der industrialisierten Lander gegenüber den Entwicklungsländern im Rahmen des Übereinkommens, deren genaue Höhe noch nicht festgelegt wurde. Die Schweiz verfügt schon jetzt über die notwendigen Kredite zu einem bedeutenden Engagement. Der 1991 vom Parlament zugestandene Rahmenkredit von 300 Millionen Franken dient der Finanzierung multilateraler und bilateraler Programme zu Fragen der Umwelt in den Entwicklungsländern. Dieser Kredit erlaubte es der Schweiz, ihre Unterstützung während der Pilotphase der GEF (1991-1993) zu gewähren. Ein weiterer Kredit in der Höhe von 60 Millionen Franken wird bereitgestellt werden. Er ist zur Finanzierung der zweiten Pilotphase der GEF (1994-1996) vorgesehen und dient gleichzeitig zur Deckung des in dieser Zeitspanne zu leistenden Mitgliederbeitrags der Schweiz.

Ungefähr 145 Millionen Franken stehen bis Ende 1996 zur Finanzierung bilateraler Tätigkeiten, im besonderen auf dem Gebiet der biologischen Vielfalt, zu Lasten des erwähnten Kredites zur Verfügung.

Um den Verpflichtungen, die sich aus dem Übereinkommen ergeben, weiterhin nachkommen zu können, wird der Bundesrat dem Parlament einen Vorschlag zu einem neuen Rahmenkredit unterbreiten, dessen Höhe in Anlehnung an die internationalen Engagements und die Disponibilitäten der Schweiz bestimmt werden wird.

201

442

Notwendige finanzielle Mittel zur Durchführung des Übereinkommens in der Schweiz

Die für die Umsetzung des Übereinkommens unbefriedigende Situation in der Schweiz wurde bereits erwähnt (vgl. Ziff. 122 und 412). Für eine Trendwende sind namentlich vermehrte Anstrengungen der Kantone und ein zusätzlicher Einsatz von Fachkräften notwendig. Das erfordert erhöhte Finanzmittel. Angesichts der angespannten Finanzlage sollen dafür klare Prioritäten gesetzt werden, um so weit wie möglich mit den in der Finanzplanung vorgesehenen Mitteln auszukommen.

443

Personalbedarf

Das Übereinkommen und die parallel dazu notwendige Verstärkung der Anstrengungen auf nationaler und internationaler Ebene bringen neue zusätzliche Aufgaben mit sich (vgl. Ziff. 122 und 412). Soweit sie die Umsetzung auf nationaler Ebene betreffen, wird man innerhalb des BUWAL eine Lösung finden. Für die Begleitung des Übereinkommens und seiner Folgearbeiten auf internationaler Ebene, die Koordination mit anderen internationalen Instrumenten (vgl. Ziff. 14) sowie die fachliche Betreuung bilateraler Projekte ist jedoch eine zusätzliche Stelle beim BUWAL unumgänglich. Es wird im heutigen Zeitpunkt offengelassen, ob diese Stelle wiederum innerhalb des BUWAL oder zulasten des Kontingentes des EDI oder allenfalls auch - zumindest teilweise - zulasten des Rahmenkredits von 300 Millionen Franken vorgesehen werden soll.

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Unterstützung des Sekretariats: von der Schweiz unternommene Anstrengungen

Die Konferenz der Vertragsparteien wird an ihrer ersten ordentlichen Sitzung ihr Sekretariat unter den dafür in Frage kommenden internationalen Organisationen bestimmen.

Für die Interimsphase wurde mit der Unterstützung der Schweiz ein vorläufiges Sekretariat in Genf eingerichtet. Unser Land beabsichtigt, diese Präsenz in Genf durch ein Aufnahmeangebot für das ständige Sekretariat weiterzuführen. Im übrigen beabsichtigt die Schweiz, ein ähnliches Angebot für die Sekretariate der Konventionen über die Klimaveränderungen und über die Wüstenbildung zu machen.

Diese drei Konventionen ergänzen sich in verschiedener Hinsicht, und die Ansiedlung ihrer Sekretariate am gleichen Ort würde Synergien erzeugen und sich auf die Umsetzung und den effizienten Einsatz vorhandener Mittel vorteilhaft auswirken.

5

Übereinstimmung mit der Legislaturplanung

Das Programm der Legislaturperiode 1991-1995 erwähnt ausdrücklich die Beteiligung an internationalen Tätigkeiten, welche die Lösung von Umweltproblemen mit weltweiter Tragweite - wozu der Rückgang der biologischen Vielfalt gehört anstreben, als eines der Ziele der Schweizer Aussenpolitik. Das Übereinkommen fügt sich nahtlos in dieses Konzept ein.

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6

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Europäische Union verfolgt auf dem Gebiet der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt die gleichen Zielvorstellungen wie die Schweiz.

Dieser Sachverhalt wird global unter der Rubrik «Ziele» des Artikels 130 R des Vertrages der Gemeinschaften über Fragen des Umweltschutzes behandelt. Ende 1992 fasste der Rat der Europäischen Union einen Beschluss zugunsten des 5. Gemeinschaftsprogramms über Umweltpolitik, Umwelteinsatz und nachhaltige Entwicklung. Dieser Beschluss bekräftigt, dass sich die Union und deren Mitgliedstaaten auf positive Weise beim Einsatz von wirksamen Strategien zur Lösung von Problemen wie Gefährdung der biologischen Vielfalt, Klimaveränderungen, Abnahme der Ozonschicht, Wüstenbildung und Waldverlust beteiligen und dass sie in möglichst kurzer Zeit ihren bei der Ratifikation der betreffenden Konventionen eingegangenen Verpflichtungen nachkommen werden (Schlussfolgerung des Umweltrates vom 15J16. Dez. 1992). Die Europäische Union ist an internationalen Übereinkommen, deren Ziele die biologische Vielfalt betreffen - wie die Übereinkommen von Bern oder Bonn - interessiert und beteiligt sich direkt auch am Übereinkommen von Washington, CITES.

Die Europäische Union hat schon Vorgehensweisen und gemeinsame Aktionen zum Schutz von Biotopen und Arten und zur Garantie der biologischen Sicherheit entwickelt. Richtlinien über natürliche Lebensräume erstellen einen gemeinschaftlichen Rahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt mittels der Entwicklung eines geographischen Informationssystems zur Beobachtung des Entwicklungsstands von natürlichen Lebensräumen (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 2 I . M a i 1992 über die Erhaltung natürlicher Lebensräume sowie der wildlebenden Fauna und wildgedeihenden Flora). Hier gilt es auch, die Richtlinie zur Erhaltung von wildlebenden Vögeln (Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979) zu erwähnen.

Auf dem Gebiet der biologischen Sicherheit regeln die Richtlinie zur beschränkten Nutzung von genetisch modifizierten Mikroorganismen (Richtlinie 90/219/EWG des Rates vom 23. April 1990) und die Richtlinie über die absichtliche Verbreitung genetisch modifizierter Organismen (Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990) die Verwendung von genetischen Techniken.

Was speziell das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt
anbelangt, so stimmte der Rat der Europäischen Union auf seiner Sitzung vom 25. Oktober 1993 dem Entscheid zu, der die Ratifikation des Übereinkommens durch die Europäische Union befürwortet (Veröffentlichung des Entscheids in Abi. Nr. L 309 vom 13. Dez. 1993, Seite 1). Im Artikel 2 des Entscheids wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Union eine interpretierende Erklärung vorlegen wird, deren Inhalt in Tragweite und Terminologie von der bei der Unterzeichnung des Übereinkommens vorgelegten Erklärung der Schweiz abweicht. Im Sinne einer konformen Auslegung durch die Schweiz und die Europäische Union, was die Wahrung der Regeln und Prinzipien des geistigen Eigentums einerseits und der herkömmlichen Wirtschaftsmechanismen andererseits anbelangt, wird die Schweiz eine interpretierende Erklärung ähnlich derjenigen der Europäischen Union vorlegen. Ihr Text ist dieser Botschaft angefügt. Die Schweiz wird somit dem Übereinkommen zu gleichen Bedingungen wie die Europäische Union beitreten, was erlauben wird, mögliche wirtschaftliche Diskriminierungen gegenüber anderen industrialisierten Ländern zu vermeiden.

203

Weiter gilt es noch auf die seit 1962 begonnene Tätigkeit des Europarates zur Erhaltung von Natur und Landschaft, die über sein Direktionskomitee zum Schutz und zur Pflege der Umwelt und der natürlichen Lebensräume erfolgt, hinzuweisen.

Unter anderem führte diese Tätigkeit 1970 zum Europäischen Jahr des Naturschutzes und zur Erarbeitung des Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (SR 0.455), das am 19. September 1979 in Bern zur Unterschrift vorlag und am 1. Juni 1982 in Kraft trat (Übereinkommen des Europarats Nr. 104). Das Übereinkommen strebt die Erhaltung der wildgedeihenden Flora und wildlebenden Fauna sowie von deren natürlichen Lebensräumen an, setzt sich die Förderung der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit zum Ziel und widmet seine ganz spezielle Aufmerksamkeit ansässigen oder wandernden Tierarten, die gefährdet oder von Ausrottung bedroht sind.

Der Beitritt zum Übereinkommen steht auch Nichtmitgliedstaaten des Europarates offen. Bis heute wurde es von der Europäischen Union und von 27 Staaten, darunter der Schweiz, ratifiziert.

Dieser Sachlage kann entnommen werden, dass die Ratifikation des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt durch die Schweiz in eine internationale Strategie einzureihen ist, die von der Europäischen Union unterstützt wird.

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Verfassungs- und Gesetzeskonformität

Die Genehmigung des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt stützt sich auf Artikel 8 der Bundesverfassung, wonach der Bund befugt ist, mit ausländischen Staaten Verträge abzuschliessen. Artikel 85 Ziffer 5 der Bundesverfassung ist Grundlage für die Befugnis der Bundesversammlung zur Genehmigung von Verträgen. Das Übereinkommen kann gekündigt werden; es hat nicht den automatischen Beitritt zu internationalen Organisationen zur Folge und bewirkt keine multilaterale Rechtsvereinheitlichung. Das Übereinkommen muss damit nach Artikel 89 Absatz 3 der Verfassung keinem fakultativen Referendum unterworfen werden.

8

Konsultation betroffener Kreise

Anlässlich einer Konferenz und mittels einer kurzfristig durchgeführten schriftlichen Umfrage war der Entwurf zu dieser Botschaft den hauptsächlich interessierten Kreisen, wie Vertretern aus Nicht-Regierungskreisen und Industrie, die an den Vorbereitungsarbeiten von Rio teilgenommen hatten, vorgelegt worden. Die meisten abgegebenen Meinungen und die Diskussion drehten sich um die «interpretierende Erklärung» (siehe Anhang 1), welche die Schweiz bei der Ratifikation vorlegen will.

Einige Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) sprachen sich aus Furcht vor einer Abschwächung des Übereinkommens gegen eine interpretierende Erklärung aus, andere NGOs schlugen vor, dass der Schutz des geistigen Eigentums von der Anerkennung und Ausgestaltung anderer Rechte, im besonderen den «Rechten der Landwirte», abhängig gemacht werden sollte (siehe Ziff. 232).

Die Industriekreise würden dem Vorschlag zu einer interpretierenden Erklärung der Vereinigten Staaten, die eine Verstärkung des Schutzes des geistigen Eigentums vorsieht, den Vorzug geben. Ihre Vertreter erklärten sich jedoch bereit, die Erklärung der Europäischen Union, falls keine Abänderungen vorgenommen werden, anzunehmen.

204

6817

Bundesbeschluss zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Biologische Vielfalt

Entwurf

vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 8 der Bundesverfassung, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 25. Mai 1994'*, beschliesst:

Art. l ' Das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 5. Mai 1992 über die Biologische Vielfalt, das von der Schweiz am 12. Juni 1992 in Rio de Janeiro unterzeichnet wurde, sowie eine der Botschaft beigefügte interpretierende Erklärung (Anhang 1) werden genehmigt.

2 Der Bundesrat wird ermächtigt, das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt bei gleichzeitiger Vorlage der interpretierenden Erklärung zu ratifizieren.

Art. 2 Dieser Beschluss untersteht nicht dem Staatsvertragsreferendum.

" BB1 1994 III 182

205

Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Biologische Vielfalt. BB

Anhang l

Erklärung anlässlich der Ratifikation des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt Die Schweiz bekräftigt im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten die Bedeutung, die sie dem Technologietransfer und der Biotechnologie beimisst, um die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt sicherzustellen. Die Beachtung der Rechte des geistigen Eigentums ist ein wesentliches Element für die Durchführung von Politiken zum Technologietransfer und zu Koinvestitionen.

Für die Schweiz werden der Technologietransfer und der Zugang zur Biotechnologie im Sinne des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt in Übereinstimmung mit dessen Artikel 16 sowie unter Einhaltung der Grundsätze und Regeln für den Schutz des geistigen Eigentums, insbesondere der von den Vertragsparteien dieses Übereinkommens unterzeichneten oder ausgehandelten multilateralen Vereinbarungen, erfolgen.

Die Schweiz wird die Inanspruchnahme des durch das Übereinkommen geschaffenen Finanzierungsmechanismus fördern, um den freiwilligen Transfer von Rechten des geistigen Eigentums schweizerischer Unternehmen, insbesondere die Gewährung von Lizenzen, durch normale Handelsmechanismen und -entscheidungen zu unterstützen, wobei ein angemessener und wirksamer Schutz der Eigentumsrechte sichergestellt wird.

206

Übereinkommen über die Biologische Vielfalt

Übersetzung '>

Präambel Die Vertragsparteien -- im Bewusstsein des Eigenwerts der biologischen Vielfalt sowie des Wertes der biologischen Vielfalt und ihrer Bestandteile in ökologischer, genetischer, sozialer, wirtschaftlicher, wissenschaftlicher, erzieherischer, kultureller und ästhetischer Hinsicht sowie im Hinblick auf ihre Erholungsfunktion, ferner im Bewusstsein der Bedeutung der biologischen Vielfalt für die Evolution und für die Bewahrung der lebenserhaltenden Systeme der Biosphäre, in Bestätigung dessen, dass die Erhaltung der biologischen Vielfalt ein gemeinsames Anliegen der Menschheit ist, in Bekräftigung dessen, dass die Staaten souveräne Rechte über ihre eigenen biologischen Ressourcen haben, sowie in Bekräftigung dessen, dass die Staaten für die Erhaltung ihrer biologischen Vielfalt sowie für die nachhaltige Nutzung ihrer biologischen Ressourcen verantwortlich sind, besorgt darüber, dass die biologische Vielfalt durch bestimmte menschliche Tätigkeiten erheblich verringert wird, eingedenk des allgemeinen Mangels an Informationen und Kenntnissen über die biologische Vielfalt sowie der dringenden Notwendigkeit, wissenschaftliche, technische und institutionelle Voraussetzungen für die Bereitstellung des Grundwissens zu schaffen, das für die Planung und Durchführung geeigneter Massnahmen erforderlich ist, in Anbetracht dessen, dass es von lebenswichtiger Bedeutung ist, die Ursachen der erheblichen Verringerung der biologischen Vielfalt oder des erheblichen Verlusts an biologischer Vielfalt an ihrem Ursprung vorherzusehen, zu verhüten und zu bekämpfen, sowie in Anbetracht dessen, dass in den Fällen, in denen eine erhebliche Verringerung der biologischen Vielfalt oder ein erheblicher Verlust an biologischer Vielfalt droht, das Fehlen einer völligen wissenschaftlichen Gewissheit nicht als Grund für das Aufschieben von Massnahmen zur Vermeidung oder weitestgehenden Verringerung einer solchen Bedrohung dienen sollte, ferner in Anbetracht dessen, dass die Grundvoraussetzung für die Erhaltung der biologischen Vielfalt darin besteht, die Ökosysteme und natürlichen Lebensräume in situ zu erhalten und lebensfähige Populationen von Arten in ihrer natürlichen Umgebung zu bewahren und wiederherzustellen, " Übersetzung des französischen Originaltextes.

207

Biologische Vielfalt

ferner in Anbetracht dessen, dass Ex-situ-Massnahmen, vorzugsweise im Ursprungsland, ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, in Anerkennung der unmittelbaren und traditionellen Abhängigkeit vieler eingeborener und ortsansässiger Gemeinschaften mit traditionellen Lebensformen von biologischen Ressourcen sowie in Anerkennung dessen, dass eine gerechte Aufteilung der Vorteile aus der Anwendung traditioneller Kenntnisse, Innovationen und Gebräuche im Zusammenhang mit der Erhaltung der biologischen Vielfalt und der nachhaltigen Nutzung ihrer Bestandteile wünschenswert ist, sowie in Anerkennung der wichtigen Rolle der Frau bei der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt sowie in Bestätigung der Notwendigkeit einer vollen Beteiligung der Frau auf allen Ebenen der politischen Entscheidung und Umsetzung im Bereich der Erhaltung der biologischen Vielfalt, unter Betonung dessen, wie wichtig und notwendig es ist, internationale, regionale und weltweite Zusammenarbeit zwischen Staaten und zwischenstaatlichen Organisationen und dem nichtstaatlichen Bereich bei der Erhaltung der biologischen Vielfalt und der nachhaltigen Nutzung ihrer Bestandteile zu fördern, in Anerkennung dessen, dass die Bereitstellung neuer und zusätzlicher finanzieller Mittel und ein angemessener Zugang zu einschlägigen Technologien für die Fähigkeit der Welt, dem Verlust an biologischer Vielfalt zu begegnen, von erheblicher Bedeutung sein dürfte, femer in Anerkennung dessen, dass besondere Vorkehrungen erforderlich sind, um den Bedürfnissen der Entwicklungsländer gerecht zu werden, einschliesslich der Bereitstellung neuer und zusätzlicher finanzieller Mittel und eines angemessenen Zugangs zu einschlägigen Technologien, in dieser Hinsicht Kenntnis nehmend von den besonderen Bedingungen der am wenigsten entwickelten Länder und der kleinen Inselstaaten, in Anerkennung dessen, dass zur Erhaltung der biologischen Vielfalt erhebliche Investitionen erforderlich sind und dass von diesen Investitionen zahlreiche Vorteile für die Umwelt, die Wirtschaft und den Sozialbereich erwartet werden, in der Erkenntnis, dass die wirtschaftliche und soziale Entwicklung und die Beseitigung der Armut die ersten und vordringlichsten Anliegen der Entwicklungsländer sind, in dem Bewusstsein, dass die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen
Vielfalt für die Befriedigung der Nahrungsmittel-, Gesundheits- und sonstigen Bedürfnisse einer wachsenden Weltbevölkerung von ausschlaggebender Bedeutung sind und dass dazu der Zugang zu genetischen Ressourcen und zu Technologien sowie die Teilhabe daran wesentlich sind, in Anbetracht dessen, dass die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt letztlich die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Staaten stärken und zum Frieden unter den Menschen beitragen werden, in dem Wunsch, die bestehenden internationalen Vorkehrungen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und zur nachhaltigen Nutzung ihrer Bestandteile zu verbessern und zu ergänzen,

208

Biologische Vielfalt

entschlossen, die biologische Vielfalt zum Nutzen heutiger und künftiger Generationen zu erhalten und nachhaltig zu nutzen sind wie folgt übereingekommen: Artikel l Ziele Die Ziele dieses Übereinkommens, die in Übereinstimmung mit seinen massgeblichen Bestimmungen verfolgt werden, sind die Erhaltung der biologischen Vielfalt, die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile und die ausgewogene und gerechte Aufteilung, der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile, insbesondere durch angemessenen Zugang zu genetischen Ressourcen und angemessene Weitergabe der einschlägigen Technologien unter Berücksichtigung aller Rechte an diesen Ressourcen und Technologien sowie durch angemessene Finanzierung.

Artikel 2 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Übereinkommens schliesst «biologische Ressourcen» genetische Ressourcen, Organismen oder Teile davon, Populationen oder einen anderen biotischen Bestandteil von Ökosystemen ein, die einen tatsächlichen oder potentiellen Nutzen oder Wert für die Menschheit haben; bedeutet «biologische Vielfalt» die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter unter anderem Land-, Meeres- und sonstige aquatische Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören; dies umfasst die Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen den Arten und die Vielfalt der Ökosysteme; bedeutet «Biotechnologie» jede technologische Anwendung, die biologische Systeme, lebende Organismen oder Produkte daraus benutzt, um Erzeugnisse oder Verfahren für eine bestimmte Nutzung herzustellen oder zu verändern; bedeutet «domestizierte oder gezüchtete Arten» Arten, deren Evolutionsprozess der Mensch beeinflusst hat, um sie seinen Bedürfnissen anzupassen; bedeutet «Ex-situ-Erhaltung» die Erhaltung von Bestandteilen der biologischen Vielfalt ausserhalb ihrer natürlichen Lebensräume; bedeutet «genetische Ressourcen» genetisches Material von tatsächlichem oder potentiellem Wert; bedeutet «genetische Ressourcen zur Verfügung stellendes Land» das Land, das genetische Ressourcen bereitstellt, die aus In-situ-Quellen gewonnen werden, einschliesslich Populationen sowohl wildlebender als auch domestizierter Arten, oder die aus Ex-situ-Quellen entnommen werden, unabhängig davon, ob sie ihren Ursprung in diesem Land haben oder nicht; bedeutet «genetisches Material» jedes
Material pflanzlichen, tierischen, mikrobiellen oder sonstigen Ursprungs, das funktionale Erbeinheiten enthält; bedeutet «In-situ-Bedingungen» die Bedingungen, unter denen genetische Ressourcen in Ökosystemen und natürlichen Lebensräumen und - im Fall domestizierter

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oder gezüchteter Arten - in der Umgebung, in der sie ihre besonderen Eigenschaften entwickelt haben, leben; bedeutet «In-situ-Erhaltung» die Erhaltung von Ökosystemen und natürlichen Lebensräumen sowie die Bewahrung und Wiederherstellung lebensfähiger Populationen von Arten in ihrer natürlichen Umgebung und - im Fall domestizierter oder gezüchteter Arten - in der Umgebung, in der sie ihre besonderen Eigenschaften entwickelt haben; bedeutet «Lebensraum» den Ort oder den Gebietstyp, an beziehungsweise in dem ein Organismus oder eine Population von Natur aus vorkommt; bedeutet «nachhaltige Nutzung» die Nutzung von Bestandteilen der biologischen Vielfalt in einer Weise und in einem Ausmass, die nicht zum langfristigen Rückgang der biologischen Vielfalt führen, wodurch ihr Potential erhalten bleibt, die Bedürfnisse und Wünsche heutiger und künftiger Generationen zu erfüllen; bedeutet «Ökosystem» einen dynamischen Komplex von Gemeinschaften aus Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen sowie deren nicht lebender Umwelt, die als funktionelle Einheit in Wechselwirkung stehen; bedeutet «Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration» eine von souveränen Staaten einer bestimmten Region gebildete Organisation, der ihre Mitgliedstaaten die Zuständigkeit für die durch dieses Übereinkommen erfassten Angelegenheiten übertragen haben und die im Einklang mit ihren internen Verfahren ordnungsgemäss ermächtigt ist, dieses zu unterzeichnen, zu ratifizieren, anzunehmen, zu genehmigen oder ihm beizutreten; bedeutet «Schutzgebiet» ein geographisch festgelegtes Gebiet, das im Hinblick auf die Verwirklichung bestimmter Erhaltungsziele ausgewiesen ist oder geregelt und verwaltet wird; schliesst «Technologie» die Biotechnologie ein; bedeutet «Ursprungsland der genetischen Ressourcen» das Land, das diese genetischen Ressourcen unter In-situ-Bedingungen besitzt.

Artikel 3 Grundsatz Die Staaten haben nach der Charta der Vereinten Nationen und den Grundsätzen des Völkerrechts das souveräne Recht, ihre eigenen Ressourcen gemäss ihrer eigenen Umweltpolitik zu nutzen, sowie die Pflicht, dafür zu sorgen, dass durch Tätigkeiten, die innerhalb ihres Hoheitsbereichs oder unter ihrer Kontrolle ausgeübt werden, der Umwelt in anderen Staaten oder in Gebieten ausserhalb der nationalen Hoheitsbereiche kein Schaden zugefügt wird.

Artikel 4
Geltungsbereich Vorbehaltlich der Rechte anderer Staaten und sofern nicht in diesem Übereinkommen ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, finden seine Bestimmungen in bezug auf jede Vertragspartei Anwendung a) auf Bestandteile der biologischen Vielfalt in Gebieten, die innerhalb ihres nationalen Hoheitsbereichs liegen; 210

Biologische Vielfalt

b)

auf Verfahren und Tätigkeiten, die unter ihrer Hoheitsgewalt oder Kontrolle entweder innerhalb ihres nationalen Hoheitsbereichs oder ausserhalb der nationalen Hoheitsbereiche durchgeführt werden, unabhängig davon, wo diese Verfahren und Tätigkeiten sich auswirken.

Artikel 5 Zusammenarbeit Jede Vertragspartei arbeitet, soweit möglich und sofern angebracht, mit anderen Vertragsparteien unmittelbar oder gegebenenfalls über zuständige internationale Organisationen bei der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt in bezug auf Gebiete ausserhalb der nationalen Hoheitsbereiche sowie in anderen Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse zusammen.

Artikel 6 Allgemeine Massnahmen zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung Jede Vertragspartei wird entsprechend ihren besonderen Umständen und Möglichkeiten a) nationale Strategien, Pläne oder Programme zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt entwickeln oder zu diesem Zweck ihre bestehenden Strategien, Pläne und Programme anpassen, in denen unter anderem die in diesem Übereinkommen vorgesehenen Massnahmen, die für die jeweilige Vertragspartei von Belang sind, zum Ausdruck kommen; b) die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt, soweit möglich und sofem angebracht, in ihre diesbezüglichen sektoralen oder sektorenübergreifenden Pläne, Programme und Politiken einbeziehen.

Artikel 7 Bestimmung und Überwachung Jede Vertragspartei wird, soweit möglich und sofern angebracht, insbesondere zu den in den Artikeln 8-10 vorgesehenen Zwecken a) unter Berücksichtigung der in Anlage I enthaltenen, als Anhalt dienenden Liste von Kategorien Bestandteile der biologischen Vielfalt bestimmen, die für deren Erhaltung und nachhaltige Nutzung von Bedeutung sind; b) durch Probennahme und andere Verfahren die nach Buchstabe a bestimmten Bestandteile der biologischen Vielfalt überwachen, wobei diejenigen, die dringender Erhaltungsmassnahmen bedürfen, und diejenigen, die das grossie Potential für eine nachhaltige Nutzung bieten, besonders zu berücksichtigen sind; c) Vorgänge und Kategorien von Tätigkeiten bestimmen, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt haben oder wahrscheinlich haben, und durch Probennahmen und andere Verfahren deren Wirkungen überwachen; d) mit Hilfe eines beliebigen Systems die aus den Bestimmungs- und Überwachungstätigkeiten nach den Buchstaben a, b und c gewonnenen Daten führen und organisieren.

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Artikel 8 In-situ-Erhaltung Jede Vertragspartei wird, soweit möglich und sofem angebracht, a) ein System von Schutzgebieten oder Gebieten, in denen besondere Massnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt notwendig sind, einrichten; b) erforderlichenfalls Leitlinien für die Auswahl, Einrichtung und Verwaltung von Schutzgebieten oder Gebieten, in denen besondere Massnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt notwendig sind, entwickeln; c) biologische Ressourcen von Bedeutung für die Erhaltung der biologischen Vielfalt sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Schutzgebiete regeln oder verwalten, um ihre Erhaltung und nachhaltige Nutzung zu gewährleisten; d) den Schutz von Ökosystemen und natürlichen Lebensräumen sowie die Bewahrung lebensfähiger Populationen von Arten in ihrer natürlichen Umgebung fördern; e) um den Schutz der Schutzgebiete zu verstärken, die umweltverträgliche und nachhaltige Entwicklung in den angrenzenden Gebieten fördern; f) beeinträchtigte Ökosysteme sanieren und wiederherstellen sowie die Regenerierung gefährdeter Arten fördern, unter anderem durch die Entwicklung und Durchführung von Plänen oder sonstigen Managementstrategien; g) Mittel zur Regelung, Bewältigung oder Kontrolle der Risiken einführen oder beibehalten, die mit der Nutzung und Freisetzung der durch Biotechnologie hervorgebrachten lebenden modifizierten Organismen zusammenhängen, die nachteilige Umweltauswirkungen haben können, welche die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt beeinträchtigen könnten, wobei auch die Risiken für die menschliche Gesundheit zu berücksichtigen sind; h) die Einbringung nichtheimischer Arten, welche Ökosysteme, Lebensräume oder Arten gefährden, verhindern, diese Arten kontrollieren oder beseitigen; i) sich bemühen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die gegenwärtigen Nutzungen mit der Erhaltung der biologischen Vielfalt und der nachhaltigen Nutzung ihrer Bestandteile vereinbar sind; j) im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften Kenntnisse, Innovationen und Gebräuche eingeborener und ortsansässiger Gemeinschaften mit traditionellen Lebensformen, die für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt von Belang sind, achten, bewahren und erhalten, ihre breitere Anwendung mit Billigung und unter Beteiligung der Träger dieser
Kenntnisse, Innovationen und Gebräuche begünstigen und die gerechte Teilung der aus der Nutzung dieser Kenntnisse, Innovationen und Gebräuche entstehenden Vorteile fördern; k) notwendige Rechtsvorschriften oder sonstige Regelungen zum Schutz bedrohter Arten und Populationen ausarbeiten oder beibehalten; 1) in den Fällen, in denen nach Artikel 7 eine erhebliche nachteilige Wirkung auf die biologische Vielfalt festgestellt wurde, die entsprechenden Vorgänge und Kategorien von Tätigkeiten regeln oder beaufsichtigen; m) bei der Bereitstellung finanzieller und sonstiger Unterstützung für die unter den Buchstaben a bis l vorgesehene In-situ-Erhaltung zusammenarbeiten, insbesondere zugunsten der Entwicklungsländer,

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Artikel 9 Ex-situ-Erhaltung Jede Vertragspartei wird, soweit möglich und sofern angebracht, in erster Linie zur Ergänzung der In-situ-Massnahmen a) Massnahmen zur Ex-situ-Erhaltung der Bestandteile der biologischen Vielfalt, vorzugsweise im Ursprungsland dieser Bestandteile, ergreifen; b) Einrichtungen für die Ex-situ-Erhaltung und die Forschung in bezug auf Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen, vorzugsweise im Ursprungsland der genetischen Ressourcen, schaffen und unterhalten; c) Massnahmen zur Regenerierung und Förderung gefährdeter Arten sowie zu ihrer Wiedereinführung in ihren natürlichen Lebcnsraum unter geeigneten Bedingungen ergreifen; d) die Entnahme biologischer Ressourcen aus ihrem natürlichen Lebensraum für Zwecke der Ex-situ-Erhaltung so regeln und beaufsichtigen, dass Ökosysteme und In-situ-Populationen von Arten nicht gefährdet werden, es sei denn, dass besondere vorübergehende Ex-situ-Massnahmcn nach Buchstabe c notwendig sind; e) bei der Bereitstellung finanzieller und sonstiger Unterstützung für die unter den Buchstaben a bis d vorgesehene Ex-situ-Erhaltung sowie bei der Schaffung und Unterhaltung von Einrichtungen für die Ex-situ-Erhaltung in Entwicklungsländern zusammenarbeiten.

Artikel 10 Nachhaltige Nutzung von Bestandteilen der biologischen Vielfalt Jede Vertragspartei wird, soweit möglich und sofern angebracht, a) Gesichtspunkte der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Ressourcen in den innerstaatlichen Entscheidungsprozess einbeziehen; b) Massnahmen im Zusammenhang mit der Nutzung der biologischen Ressourcen beschliessen, um nachteilige Auswirkungen auf die biologische Vielfalt zu vermeiden oder auf ein Mindestmass zu beschränken; c) die herkömmliche Nutzung biologischer Ressourcen im Einklang mit traditionellen Kulturverfahren, die mit den Erfordernissen der Erhaltung oder nachhaltigen Nutzung vereinbar sind, schützen und fördern; d) ortsansässige Bevölkerungsgruppen bei der Ausarbeitung und Durchführung von Abhilfemassnahmen in beeinträchtigten Gebieten, in denen die biologische Vielfalt verringert worden ist, unterstützen; e) die Zusammenarbeit zwischen ihren Regierungsbehörden und ihrem privaten Sektor bei der Erarbeitung von Methoden zur nachhaltigen Nutzung biologischer Ressourcen fördern.

Artikel 11 Anreizmassnahmen Jede Vertragspartei beschliesst,
soweit möglich und sofern angebracht, wirtschaftlich und sozial verträgliche Massnahmen, die als Anreiz für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung von Bestandteilen der biologischen Vielfalt dienen.

Artikel 12 Forschung und Ausbildung Die Vertragsparteien werden unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der Entwicklungsländer 213

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a)

b)

c)

Programme der wissenschaftlichen und technischen Bildung und Ausbildung in der Bestimmung, Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt und ihrer Bestandteile einrichten beziehungsweise weiterführen sowie Unterstützung für solche Bildung und Ausbildung für die besonderen Bedürfnisse der Entwicklungsländer gewähren; die Forschung unterstützen und fördern, die zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt, insbesondere in den Entwicklungsländern, beiträgt, unter anderem im Einklang mit den Beschlüssen der Konferenz der Vertragsparteien, die aufgrund der Empfehlungen des Nebenorgans für wissenschaftliche, technische und technologische Beratung gefasst worden sind; in Übereinstimmung mit den Artikeln 16, 18 und 20 die Nutzung wissenschaftlicher Fortschritte auf dem Gebiet der Erforschung der biologischen Vielfalt zur Erarbeitung von Methoden zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Ressourcen fördern und dabei zusammenarbeiten.

Artikel 13 Aufklärung und Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit Die Vertragsparteien a) fördern und begünstigen das Bewusstsein für die Bedeutung der Erhaltung der biologischen Vielfalt und die dafür notwendigen Massnahmen sowie die Verbreitung dieser Thematik durch die Medien und ihre Einbeziehung in Bildungsprogramme; b) arbeiten gegebenenfalls mit anderen Staaten und internationalen Organisationen bei der Erarbeitung von Programmen zur Aufklärung und Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit in bezug auf die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt zusammen.

Artikel 14 Verträglichkeitsprüfung und möglichst weitgehende Verringerung nachteiliger Auswirkungen (1) Jede Vertragspartei wird, soweit möglich und sofern angebracht, a) geeignete Verfahren einführen, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung ihrer geplanten Verhaben, die wahrscheinlich erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben, vorschreiben, mit dem Ziel, diese Auswirkungen zu vermeiden oder auf ein Mindestmass zu beschränken, und gegebenenfalls die Beteiligung der Öffentlichkeit an diesen Verfahren ermöglichen; b) geeignete Regelungen einführen, um sicherzustellen, dass die Umweltfolgen ihrer Programme und Politiken, die wahrscheinlich erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben, gebührend berücksichtigt werden; c) auf der Grundlage der Gegenseitigkeit die Benachrichtigung, den Informationsaustausch und Konsultationen über Tätigkeiten, die unter ihrer Hoheitsgewalt oder Kontrolle ausgeübt werden und die wahrscheinlich erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die biologische Vielfalt in anderen Staaten oder in Gebieten ausserhalb der nationalen Hoheitsbereiche haben, dadurch fördern, dass sie, sofern angebracht, den Abschluss bilateraler, regionaler oder multilateraler Übereinkünfte unterstützen; d) im Fall einer akuten oder ernsthaften Gefahr oder eines unmittelbar drohenden oder schwerwiegenden Schadens, die ihren Ursprung in einem Gebiet unter 214

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ihrer Hoheitsgewalt oder Kontrolle haben, für die biologische Vielfalt im Hoheitsbereich anderer Staaten oder ausserhalb der nationalen Hoheitsbereiche die potentiell betroffenen Staaten sofort über diese Gefahr oder diesen Schaden unterrichten sowie Massnahmen zur Verhütung oder möglichst weitgehenden Verringerung dieser Gefahr oder dieses Schadens ergreifen; e) einzelstaatliche Vorkehrungen für Notfallmassnahmen bei Tätigkeiten oder Ereignissen natürlicher oder anderer Ursachen, die eine ernsthafte oder akute Gefahr für die biologische Vielfalt darstellen, fördern und die internationale Zusammenarbeit zur Ergänzung dieser einzelstaatlichen Bemühungen unterstützen sowie, sofern dies angebracht ist und von den betroffenen Staaten oder Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration vereinbart wird, gemeinsame Notfallpläne aufstellen, (2) Die Konferenz der Vertragsparteien prüft auf der Grundlage durchzuführender Untersuchungen die Frage der Haftung und Wiedergutmachung einschliesslich Wiederherstellung und Entschädigung bei Schäden an der biologischen Vielfalt mit Ausnahme der Fälle, in denen diese Haftung eine rein innere Angelegenheit ist.

Artikel 15 Zugang zu genetischen Ressourcen (1) In Anbetracht der souveränen Rechte der Staaten in bezug auf ihre natürlichen Ressourcen liegt die Befugnis, den Zugang zu genetischen Ressourcen zu bestimmen, bei den Regierungen der einzelnen Staaten und unterliegt den innerstaatlichen Rechtsvorschriften.

(2) Jede Vertragspartei bemüht sich, Voraussetzungen zu schaffen, um den Zugang zu genetischen Ressourcen für eine umweltverträgliche Nutzung durch andere Vertragsparteien zu erleichtern, und keine Beschränkungen aufzuerlegen, die den Zielen dieses Übereinkommens zuwiderlaufen.

(3) Für die Zwecke dieses Übereinkommens gelten als von einer Vertragspartei nach diesem Artikel oder den Artikeln 16 und 19 zur Verfügung gestellte genetische Ressourcen nur diejenigen, die von Vertragsparteien, die Ursprungsländer dieser Ressourcen sind, oder von den Vertragsparteien, die diese Ressourcen in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen erworben haben, zur Verfügung gestellt werden.

(4) Der Zugang, sofern er gewährt wird, erfolgt zu einvernehmlich festgelegten Bedingungen und vorbehaltlich dieses Artikels.

(5) Der Zugang zu genetischen Ressourcen bedarf der auf
Kenntnis der Sachlage gegründeten vorherigen Zustimmung der Vertragspartei, die diese Ressourcen zur Verfügung stellt, sofern diese Vertragspartei nichts anderes bestimmt hat.

(6) Jede Vertragspartei bemüht sich, wissenschaftliche Forschung auf der Grundlage genetischer Ressourcen, die von anderen Vertragsparteien zur Verfügung gestellt wurden unter voller Beteiligung dieser Vertragsparteien und nach Möglichkeit in deren Hoheitsgebiet zu planen und durchzuführen.

(7) Jede Vertragspartei ergreift, sofern angebracht, in Übereinstimmung mit den Artikeln 16 und 19 Gesetzgebungs-, Verwaltungs- oder politische Massnahmen, erforderlichenfalls durch den in den Artikeln 20 und 21 festgelegten Finanzierungsmechanismus, mit dem Ziel, die Ergebnisse der Forschung und Entwicklung und

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die Vorteile, die sich aus der kommerziellen und sonstigen Nutzung der genetischen Ressourcen ergeben, mit der Vertragspartei, die diese Ressourcen zur Verfügung gestellt hat, ausgewogen und gerecht zu teilen. Diese Aufteilung erfolgt zu einvernehmlich festgelegten Bedingungen.

Artikel 16 Zugang zur Technologie und Weitergabe von Technologie (1) In der Erkenntnis, dass Technologie auch Biotechnologie umfasst und dass sowohl der Zugang zur Technologie als auch die Weitergabe von Technologie unter den Vertragsparteien für die Erreichung der Ziele dieses Übereinkommens wesentlich sind, verpflichtet sich jede Vertragspartei, vorbehaltlich dieses Artikels den Zugang zu Technologien, die für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt von Belang sind oder die genetische Ressourcen nutzen, ohne der Umwelt erhebliche Schäden zuzufügen, für andere Vertragsparteien sowie die Weitergabe solcher Technologien an andere Vertragsparteien zu gewährleisten oder zu erleichtern.

(2) Der Zugang zur Technologie und die Weitergabe von Technologie nach Absatz l werden in bezug auf Entwicklungsländer unter ausgewogenen und möglichst günstigen Bedingungen, darunter im beiderseitigen Einvernehmen auch zu Konzessions- oder Vorzugsbedingungen, gewährt oder erleichtert, erforderlichenfalls in Übereinstimmung mit dem in den Artikeln 20 und 21 festgelegten Finanzierungsmechanismus. Handelt es sich um Technologie, die Gegenstand von Patenten oder anderen Rechten des geistigen Eigentums ist, so erfolgen dieser Zugang und diese Weitergabe zu Bedingungen, die einen angemessenen und wirkungsvollen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums anerkennen und mit ihm vereinbar sind. Die Anwendung dieses Absatzes muss mit den Absätzen 3, 4 und 5 in Einklang stehen.

(3) Jede Vertragspartei ergreift, sofern angebracht, Gesetzgebungs-, Verwaltungsoder politische Massnahmen mit dem Ziel, Vertragsparteien, insbesondere denen, die Entwicklungsländer sind, wenn sie genetische Ressourcen zur Verfügung stellen, zu einvernehmlich festgelegten Bedingungen den Zugang zu Technologie oder die Weitergabe von Technologie, die diese Ressourcen nutzt, einschliesslich Technologie, die durch Patente und sonstige Rechte des geistigen Eigentums geschützt ist, zu gewähren, erforderlichenfalls über die Bestimmungen der Artikel 20 und 21,
und zwar in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und im Einklang mit den Absätzen 4 und 5 dieses Artikels.

(4) Jede Vertragspartei ergreift, sofern angebracht, Gesetzgebungs-, Verwaltungsoder politische Massnahmen, um dafür zu sorgen, dass der private Sektor den Zugang zu der in Absatz l bezeichneten Technologie, ihre gemeinsame Entwicklung sowie ihre Weitergabe zum Nutzen sowohl der Regierungsinstitutionen als auch des privaten Sektors von Entwicklungsländern erleichtert, und beachtet dabei die in den Absätzen l, 2 und 3 enthaltenen Verpflichtungen.

(5) In der Erkenntnis, dass Patente und sonstige Rechte des geistigen Eigentums einen Einfluss auf die Durchführung dieses Übereinkommens haben können, arbeiten die Vertragsparteien vorbehaltlich des innerstaatlichen Rechts und des Völkerrechts in dieser Hinsicht zusammen, um sicherzustellen, dass solche Rechte die Ziele des Übereinkommens unterstützen und ihnen nicht zuwiderlaufen.

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Artikel 17 Informationsaustausch (1) Die Vertragsparteien erleichtern den Austausch von für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt massgeblichen Informationen aus allen öffentlich zugänglichen Quellen, wobei sie die besonderen Bedürfnisse der Entwicklungsländer berücksichtigen.

(2) Dieser Informationsaustausch umfasst den Austausch der Ergebnisse der technischen, wissenschaftlichen und sozio-ökonomischen Forschung sowie Informationen über Ausbildungs- und Überwachungsprograrnme, Fachwissen, indigènes Wissen und traditionelle Kenntnisse an sich und in Verbindung mit den in Artikel 16 Absatz l bezeichneten Technologien. Er umfasst auch, soweit durchführbar, die Rückführung von Informationen.

Artikel 18 Technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit (1) Die Vertragsparteien fördern die internationale technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt, erforderlichenfalls durch die zuständigen internationalen und nationalen Institutionen.

(2) Jede Vertragspartei fördert die technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit mit anderen Vertragsparteien, insbesondere Entwicklungsländern, bei der Durchführung dieses Übereinkommens, unter anderem durch die Erarbeitung und Durchführung nationaler Politiken. Bei der Förderung einer solchen Zusammenarbeit soll dem Ausbau und der Stärkung nationaler Möglichkeiten durch Erschliessung der menschlichen Ressourcen und Schaffung von Institutionen besondere Aufmerksamkeit zugewendet werden.

(3) Die Konferenz der Vertragsparteien bestimmt auf ihrer ersten Tagung, wie ein Vcrmittlungsmechanismus zur Förderung und Erleichterung der technischen und wissenschaftlichen Zusammenarbeit eingerichtet werden soll.

(4) Die Vertragsparteien unterstützen und entwickeln im Einklang mit ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Politiken Methoden der Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Nutzung von Technologien, einschliesslich indigcner und traditioneller Technologien, zur Verwirklichung der Ziele dieses Übereinkommens. Zu diesem Zweck fördern die Vertragsparteien auch die Zusammenarbeit bei der Ausbildung von Personal und dem Austausch von Sachverständigen.

(5) Die Vertragsparteien fördern im gegenseitigen Einvernehmen die Einrichtung von gemeinsamen Forschungsprogrammen
und Gemeinschaftsunternehmen zur Entwicklung der Technologien, die für die Ziele dieses Übereinkommens von Belang sind.

Artikel 19 Umgang mit Biotechnologie und Verteilung der daraus entstehenden Vorteile (1) Jede Vertragspartei ergreift, sofern angebracht, Gesetzgebungs-, Verwaltungsund politische Massnahmcn, urn für die wirksame Beteiligung derjenigen Vertragsparteien, insbesondere unter den Entwicklungsländern, welche die genetischen Ressourcen für biotechnische Forschungsarbeiten zur Verfügung stellen, an diesen

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Arbeiten zu sorgen, die nach Möglichkeit in diesen Vertragsparteien durchgeführt werden sollen.

(2) Jede Vertragspartei ergreift alle durchführbaren Massnahmen, um den vorrangigen Zugang der Vertragsparteien, insbesondere unter den Entwicklungsländern, zu den Ergebnissen und Vorteilen aus den Biotechnologien, die sich auf die von diesen Vertragsparteien zur Verfügung gestellten genetischen Ressourcen stützen, auf der Grundlage der Ausgewogenheit und Gerechtigkeit zu fördern und zu erleichtern. Dieser Zugang erfolgt zu einvemehmlich festgelegten Bedingungen.

(3) Die Vertragsparteien prüfen die Notwendigkeit und die näheren Eimelheiten eines Protokolls über geeignete Verfahren, insbesondere einschliesslich einer vorherigen Zustimmung in Kenntnis der Sachlage, im Bereich der sicheren Weitergabe, Handhabung und Verwendung der durch Biotechnologie hervorgebrachten lebenden modifizierten Organismen, die nachteilige Auswirkungen auf die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt haben können.

(4) Jede Vertragspartei übermittelt selbst alle verfügbaren Informationen über die Nutzung und die von ihr vorgeschriebenen Sicherheitsbestimmungen für den Umgang mit diesen Organismen sowie alle verfügbaren Informationen über die möglichen nachteiligen Auswirkungen der einzelnen betroffenen Organismen für die Vertragspartei, in die diese Organismen eingebracht werden sollen, oder verpflichtet jede natürliche oder juristische Person in ihrem Hoheitsbereich, welche die in Absatz 3 bezeichneten Organismen zur Verfügung stellt, solche Informationen zu übermitteln.

Artikel 20 Finanzielle Mittel (1) Jede Vertragspartei verpflichtet sich, im Rahmen ihrer Möglichkeiten finanzielle Unterstützung und Anreize im Hinblick auf diejenigen innerstaatlichen Tätigkeiten, die zur Verwirklichung der Ziele dieses Übereinkommens durchgeführt werden sollen, im Einklang mit ihren innerstaatlichen Plänen, Prioritäten und Programmen bereitzustellen.

(2) Die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, stellen neue und zusätzliche finanzielle Mittel bereit, um es den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, zu ermöglichen, die vereinbarten vollen Mehrkosten zu tragen, die ihnen aus der Durchführung von Massnahmen zur Erfüllung von Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen entstehen, und aus seinen Bestimmungen
Nutzen zu ziehen; diese Kosten werden zwischen einer Vertragspartei, die Entwicklungsland ist, und der in Artikel 21 bezeichneten Einrichtung im Einklang mit einer Politik, einer Strategie, mit Programmprioritäten und Zuteilungskriterien sowie einer als Anhalt dienenden Liste der Mehrkosten vereinbart, die von der Konferenz der Vertragsparteien aufgestellt werden. Andere Vertragsparteien einschliesslich der Länder, die sich im Übergang zur Marktwirtschaft befinden, können freiwillig die Verpflichtungen der Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, übernehmen. Für die Zwecke dieses Artikels erstellt die Konferenz der Vertragsparteien auf ihrer ersten Tagung eine Liste von Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, und von anderen Vertragsparteien, die freiwillig die Verpflichtungen der Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, übernehmen. Die Konferenz der Vertragsparteien überprüft diese Liste in regelmässigen Abständen und ändert sie, soweit erforderlich. Freiwillige 218

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Beiträge aus anderen Ländern und Quellen wären ebenfalls erwünscht. Bei der Erfüllung dieser Verpflichtungen wird berücksichtigt, dass die Mittel angemessen und vorhersehbar sein und rechtzeitig eingehen müssen und dass eine Lastenteilung unter den in der Liste aufgeführten beitragsleistenden Vertragsparteien wichtig ist.

(3) Die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, können auch finanzielle Mittel im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Übereinkommens auf bilateralem, regionalem oder multilateralem Weg zur Verfügung stellen, welche die Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, in Anspruch nehmen können.

(4) Der Umfang, in dem Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, ihre Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen wirksam erfüllen, wird davon abhängen, inwieweit Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, ihre Verpflichtungen aus dem Übereinkommen betreffend finanzielle Mittel und die Weitergabe von Technologie wirksam erfüllen, wobei voll zu berücksichtigen ist, dass die wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie die Beseitigung der Armut für die Entwicklungsländer erste und dringlichste Anliegen sind.

(5) Die Vertragsparteien tragen bei ihren Massnahmen hinsichtlich der Finanzierung und der Weitergabe von Technologie den speziellen Bedürfnissen und der besonderen Lage der am wenigsten entwickelten Länder voll Rechnung.

(6) Die Vertragsparteien berücksichtigen ferner die besonderen Bedingungen, die sich in den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, insbesondere kleinen Inselstaaten, aus der Abhängigkeit von der biologischen Vielfalt, aus deren Verteilung und aus deren Vorkommen ergeben.

(7) Sie berücksichtigen auch die besondere Lage von Entwicklungsländern, insbesondere derer, die im Umweltbereich am empfindlichsten sind, z. B. die Länder mit trockenen und halbtrockenen Zonen, Küsten- und Bergregionen.

Artikel 21 Finanzierungsmechanismus (1) Für die Bereitstellung finanzieller Mittel im Rahmen dieses Übereinkommens in Form unentgeltlicher Zuschüsse oder zu Vorzugsbedingungen für Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, wird ein Mechanismus eingerichtet, dessen wesentliche Elemente in diesem Artikel beschrieben werden. Der Mechanismus arbeitet für die Zwecke des Übereinkommens unter Aufsicht und Leitung der Konferenz der Vertragsparteien und ist dieser
gegenüber verantwortlich. Die Arbeit des Mechanismus wird durch die Einrichtung ausgeführt, die von der Konferenz der Vertragsparteien auf ihrer ersten Tagung beschlossen wird. Für die Zwecke des Übereinkommens bestimmt die Konferenz der Vertragsparteien die Politik, die Strategie, die Programmprioritäten und die Zuteilungskriterien für den Zugang zu solchen Mitteln und für ihre Verwendung. Die Beiträge müssen so gestaltet sein, dass die in Artikel 20 bezeichneten Mittel vorhersehbar und angemessen sind und rechtzeitig eingehen, der Höhe der benötigten Beträge entsprechen, die in regelmässigen Abständen von der Konferenz der Vertragsparteien beschlossen wird, und die Bedeutung der Lastenteilung unter den in der in Artikel 20 Absatz 2 genannten Liste aufgeführten bcitragsleistenden Vertragsparteien berücksichtigen. Die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, sowie andere Länder und Geldgeber

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können auch freiwillige Beiträge leisten. Der Mechanismus arbeitet mit einer demokratischen und transparenten Leitungsstruktur.

(2) Im Einklang mit den Zielea dieses Übereinkommens bestimmt die Konferenz der Vertragsparteien auf ihrer ersten Tagung die Politik, die Strategie, die Programmprioritäten sowie detaillierte Kriterien und Leitlinien für die Berechtigung zum Zugang zu den finanziellen Mitteln und zu ihrer Verwendung, wozu auch eine rcgelmässige Überwachung und Bewertung dieser Verwendung gehört. Die Konferenz der Vertragsparteien beschliesst Vorkehrungen zur Durchführung des Absatzes l nach Konsultationen mit der Einrichtung, der die Erfüllung der Aufgaben des Finanzierungsmechanismus anvertraut ist.

(3) Die Konferenz der Vertragsparteien überprüft spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens und danach in regelmässigen Abständen die Wirksamkeit des nach diesem Artikel eingerichteten Mechanismus einschliesslich der in Absatz 2 genannten Kriterien und Leitlinien. Auf der Grundlage dieser Überprüfung ergreift die Konferenz der Vertragsparteien erforderlichenfalls geeignete Massnahmen, um die Wirksamkeit des Mechanismus zu verbessern.

(4) Die Vertragsparteien prüfen die Möglichkeit der Stärkung bestehender Finanzinstitutioncn, damit diese finanzielle Mittel für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt zur Verfügung stellen.

Artikel 22 Verhältnis zu anderen völkerrechtlichen Übereinkünften (1) Dieses Übereinkommen lässt die Rechte und Pflichten einer Vertragspartei aus bestehenden völkerrechtlichen Übereinkünften unberührt, ausscr wenn die Wahrnehmung dieser Rechte und Pflichten die biologische Vielfalt ernsthaft schädigen oder bedrohen würde.

(2) Die Vertragsparteien führen dieses Übereinkommen hinsichtlich der Meeresumwelt im Einklang mit den Rechten und Pflichten der Staaten aufgrund des Seerechts durch.

Artikel 23 Konferenz der Vertragsparteien (1) Hiermit wird eine Konferenz der Vertragsparteien eingesetzt. Die erste Tagung der Konferenz der Vertragsparteien wird vom Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens einberufen. Danach finden ordentliche Tagungen der Konferenz der Vertragsparteien in regelmässigen Abständen statt, die von der Konferenz auf ihrer ersten
Tagung festgelegt werden.

(2) Ausserordentliche Tagungen der Konferenz der Vertragsparteien finden statt, wenn es die Konferenz für notwendig erachtet oder eine Vertragspartei schriftlich beantragt, sofern dieser Antrag innerhalb von sechs Monaten nach seiner Übermittlung durch das Sekretariat von mindestens einem Drittel der Vertragsparteien unterstützt wird.

(3) Die Konferenz der Vertragsparteien vereinbart und beschliesst durch Konsens eine Geschäftsordnung für sich selbst und für jedes gegebenenfalls von ihr einzusetzende Nebenorgan sowie eine Finanzordnung für die Finanzierung des Sekretariats.

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Auf jeder ordentlichen Tagung verabschiedet sie einen Haushalt für die Finanzperiode bis zur nächsten ordentlichen Tagung.

(4) Die Konferenz der Vertragsparteien prüft laufend die Durchführung dieses Übereinkommens; zu diesem Zweck a) legt sie die Form und die Zeitabstände für die Übermittlung der nach Artikel 26 vorzulegenden Informationen fest und prüft diese Informationen sowie die von Nebenorganen vorgelegten Berichte; b) prüft sie die nach Artikel 25 abgegebenen wissenschaftlichen, technischen und technologischen Gutachten über die biologische Vielfalt; c) prüft sie und beschliesst gegebenenfalls Protokolle nach Artikel 28; d) prüft sie und beschliesst gegebenenfalls nach den Artikeln 29 und 30 Änderungen des Übereinkommens und seiner Anlagen; e) prüft sie Änderungen von Protokollen sowie von Anlagen solcher Protokolle und empfiehlt, wenn sie sich dafür entscheidet, den Vertragsparteien des betreffenden Protokolls, die Änderungen zu beschliesscn; f) prüft sie und beschliesst gegebenenfalls nach Artikel 30 weitere Anlagen des Übereinkommens; g) setzt sie die zur Durchführung des Übereinkommens für notwendig erachteten Ncbcnorgane ein, insbesondere zur Abgabe wissenschaftlicher und technischer Gutachten; h) nimmt sie über das Sekretariat Verbindung zu den Exekutivorganen von Übereinkünften auf, die sich mit Angelegenheiten im Rahmen des Übereinkommens befassen, um geeignete Formen der Zusammenarbeit mit ihnen festzulegen; i) prüft und ergreift sie im Licht der bei der Anwendung des Übereinkommens gewonnenen Erfahrungen weitere Massnahmen, die zur Erreichung seiner Zwecke erforderlich sind.

(5) Die Vereinten Nationen, ihre Sonderorganisationen und die Internationale Atomenergie-Organisation sowie jeder Staat, der nicht Vertragspartei dieses Übereinkommens ist, können als Beobachter auf den Tagungen der Konferenz der Vertragsparteien vertreten sein. Jede andere Stelle, ob staatlich oder nichtstaatlich, die auf Gebieten im Zusammenhang mit der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt fachlich befähigt ist und dem Sekretariat ihren Wunsch mitgeteilt hat, auf einer Tagung der Konferenz der Vertragsparteien als Beobachter vertreten zu sein, kann zugelassen werden, sofern nicht mindestens ein Drittel der anwesenden Vertragsparteien widerspricht. Die Zulassung und Teilnahme von
Beobachtern unterliegen der von der Konferenz der Vertragsparteien beschlossenen Geschäftsordnung.

Artikel 24 Sekretariat (1) Hiermit wird ein Sekretariat eingesetzt: es hat folgende Aufgaben: a) Es veranstaltet die in Artikel 23 vorgesehenen Tagungen der Konferenz der Vertragsparteien und stellt die entsprechenden Dienste bereit; b) es nimmt die ihm aufgrund eines Protokolls übertragenen Aufgaben wahr; c) es erarbeitet Berichte über die Ausübung seiner Aufgaben im Rahmen dieses Übereinkommens und legt sie der Konferenz der Vertragsparteien vor;

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d)

es stimmt sich mit anderen einschlägigen internationalen Stellen ab und trifft insbesondere die für die wirksame Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen verwaltungsmässigen und vertraglichen Vorkehrungen; e) es nimmt sonstige Aufgaben wahr, die ihm von der Konferenz der Vertragsparteien zugewiesen werden.

(2) Auf ihrer ersten ordentlichen Tagung bestimmt die Konferenz der Vertragsparteien das Sekretariat aus der Reihe der bestehenden massgeblichen internationalen Organisationen, die ihre Bereitschaft bekundet haben, die in diesem Übereinkommen vorgesehenen Sekretariatsaufgaben wahrzunehmen.

Artikel 25

Nebenorgan für wissenschaftliche, technische und technologische Beratung (1) Hiermit wird ein Nebenorgan zur Abgabe wissenschaftlicher, technischer und technologischer Gutachten eingesetzt, das die Konferenz der Vertragsparteien und gegebenenfalls deren andere Nebenorgane zu gegebener Zeit in bezug auf die Durchführung dieses Übereinkommens berät. Dieses Organ steht allen Vertragsparteien zur Teilnahme offen; es ist fachübergreifend. Es umfasst RegierungsVertreter, die in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsgebiet fachlich befähigt sind. Es berichtet der Konferenz der Vertragsparteien regelmässig über alle Aspekte seiner Arbeit.

(2) Dieses Organ untersteht der Konferenz der Vertragsparteien und wird im Einklang mit den von dieser festgelegten Leitlinien sowie auf ihr Ersuchen a) wissenschaftliche und technische Beurteilungen des Zustands der biologischen Vielfalt vorlegen; b) wissenschaftliche und technische Beurteilungen der Auswirkungen der nach diesem Übereinkommen ergriffenen verschiedenartigen Massnahmen ausarbeiten; c) innovative, leistungsfähige und dem Stand der Technik entsprechende Technologien und Know-how im Zusammenhang mit der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt bestimmen und Möglichkeiten zur Förderung der Entwicklung solcher Technologien oder zu ihrer Weitergabe aufzeigen; d) Gutachten zu wissenschaftlichen Programmen und zur internationalen Zusammenarbeit bei der Forschung und Entwicklung im Zusammenhang mit der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt abgeben; e) wissenschaftliche, technische, technologische und methodologische Fragen beantworten, die ihm von der Konferenz der Vertragsparteien und ihren Nebenorganen vorgelegt werden.

(3) Die weiteren Einzelheiten der Aufgaben, des Mandats, der Organisation und der Arbeitsweise dieses Organs können von der Konferenz der Vertragsparteien festgelegt werden.

Artikel 26 Berichte Jede Vertragspartei legt der Konferenz der Vertragsparteien in Zeitabständen, die von dieser festzulegen sind, einen Bericht über die Massnahmen, die sie zur Durchführung dieses Übereinkommens ergriffen hat, sowie über die Wirksamkeit dieser Massnahme bei der Verwirklichung seiner Ziele vor.

222

Biologische Vielfalt

Artikel 27 Beilegung von Streitigkeiten (1) Im Fall einer Streitigkeit zwischen Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens bemühen sich die betroffenen Parteien um eine Lösung durch Verhandlungen.

(2) Können die betroffenen Parteien eine Einigung durch Verhandlungen nicht erreichen, so können sie gemeinsam die guten Dienste einer dritten Partei in Anspruch nehmen oder um deren Vermittlung ersuchen.

(3) Bei der Ratifikation, der Annahme oder der Genehmigung dieses Übereinkommens oder beim Beitritt zum Übereinkommen oder jederzeit danach können ein Staat oder eine Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration gegenüber dem Verwahrer schriftlich erklären, dass sie für eine Streitigkeit, die nicht nach Absatz l oder 2 gelöst wird, eines der folgenden Mittel der Streitbeilegung oder beide als obligatorisch anerkennen: a) ein Schiedsverfahren nach dem in Anlage II Teil l festgelegten Verfahren; b) Vorlage der Streitigkeit an den Internationalen Gerichtshof.

(4) Haben die Streitparteien nicht nach Absatz 3 demselben oder einem der Verfahren zugestimmt, so wird die Streitigkeit einem Vergleich nach Anlage II Teil 2 unterworfen, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren.

(5) Dieser Artikel findet auf jedes Protokoll Anwendung, sofern in dem betreffenden Protokoll nichts anderes vorgesehen ist.

Artikel 28 Beschlussfassung über Protokolle (1) Die Vertragsparteien arbeiten bei der Ausarbeitung von Protokollen zu diesem Übereinkommen und der Beschlussfassung darüber zusammen.

(2) Protokolle werden auf einer Tagung der Konferenz der Vertragsparteien beschlossen.

(3) Der Wortlaut eines vorgeschlagenen Protokolls wird den Vertragsparteien mindestens sechs Monate vor der betreffenden Tagung vom Sekretariat übermittelt.

Artikel 29 Änderung des Übereinkommens oder von Protokollen (1) Änderungen dieses Übereinkommens können von jeder Vertragspartei vorgeschlagen werden. Änderungen eines Protokolls können von jeder Vertragspartei des betreffenden Protokolls vorgeschlagen werden.

(2) Änderungen dieses Übereinkommens werden auf einer Tagung der Konferenz der Vertragsparteien beschlossen. Änderungen eines Protokolls werden auf einer Tagung der Vertragsparteien des betreffenden Protokolls beschlossen. Der Wortlaut einer vorgeschlagenen Änderung des Übereinkommens oder,
sofern in einem Protokoll nichts anderes vorgesehen ist, des betreffenden Protokolls wird den Vertragsparteien der betreffenden Übereinkunft mindestens sechs Monate vor der Tagung, auf der die Änderung zur Beschlussfassung vorgeschlagen wird, vom Sekretariat übermittelt. Das Sekretariat übermittelt vorgeschlagene Änderungen auch den Unterzeichnern des Übereinkommens zur Kenntnisnahme.

(3) Die Vertragsparteien bemühen sich nach Kräften um eine Einigung durch Konsens über eine vorgeschlagene Änderung dieses Übereinkommens oder eines Proto223

Biologische Vielfalt

kolls. Sind alle Bemühungen um einen Konsens erschöpft und wird keine Einigung erzielt, so wird als letztes Mittel die Änderung mit Zweidrittelmehrheit der auf der Sitzung anwesenden und abstimmenden Vertragsparteien der betreffenden Übereinkunft beschlossen und vom Verwahrer allen Vertragsparteien zur Ratifikation, Annahme oder Genehmigung vorgelegt.

(4) Die Ratifikation, Annahme oder Genehmigung von Änderungen wird dem Verwahrer schriftlich notifiziert. Nach Absatz 3 beschlossene Änderungen treten zwischen den Vertragsparteien, die sie angenommen haben, am neunzigsten Tag nach Hinterlegung der Ratifications-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde durch mindestens zwei Drittel der Vertragsparteien dieses Übereinkommens oder der Vertragsparteien des betreffenden Protokolls, sofern in dem Protokoll nichts anderes vorgesehen ist, in Kraft. Danach treten die Änderungen für jede andere Vertragspartei am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem diese Vertragspartei ihre Urkunde über die Ratifikation, Annahme oder Genehmigung der Änderungen hinterlegt hat.

(5) Im Sinne dieses Artikels bedeutet «anwesende und abstimmende Vertragsparteien» die anwesenden Vertragsparteien, die eine Ja-Stimme oder eine NeinStimme abgeben.

Artikel 30 Beschlussfassung über Anlagen und Änderung von Anlagen (1) Die Anlagen dieses Übereinkommens oder eines Protokolls sind Bestandteil des Übereinkommens beziehungsweise des betreffenden Protokolls; sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist, stellt eine Bezugnahme auf das Übereinkommen oder seine Protokolle gleichzeitig eine Bezugnahme auf die Anlagen dar.

Diese Anlagen beschränken sich auf verfahrensmässige, wissenschaftliche, technische und verwaltungsmäßige Angelegenheiten.

(2) Sofern in einem Protokoll in bezug auf seine Anlagen nichts anderes vorgesehen ist, findet folgendes Verfahren auf den Vorschlag weiterer Anlagen dieses Übereinkommens oder von Anlagen eines Protokolls, die Beschlussfassung darüber und das Inkrafttreten derselben Anwendung: a) Anlagen des Übereinkommens oder eines Protokolls werden nach dem in Artikel 29 festgelegten Verfahren vorgeschlagen und beschlossen; b) eine Vertragspartei, die eine weitere Anlage des Übereinkommens oder eine Anlage eines Protokolls, dessen Vertragspartei sie ist, nicht zu genehmigen vermag, notifiziert dies
schriftlich dem Verwahrer innerhalb eines Jahres nach dem Zeitpunkt, zu dem dieser mitgeteilt hat, dass die Anlage beschlossen worden ist. Der Verwahrer verständigt unverzüglich alle Vertragsparteien vom Empfang jeder derartigen Notifikation. Eine Vertragspartei kann ihren Einspruch jederzeit zurückziehen; die Anlage trifft daraufhin für diese Vertragspartei vorbehaltlich des Buchstabens c in Kraft; c) nach Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt, zu dem der Verwahrer mitgeteilt hat, dass die Anlage beschlossen worden ist, tritt diese für alle Vertragsparteien des Übereinkommens oder des betreffenden Protokolls, die keine Notifikation nach Buchstabe b vorgelegt haben, in Kraft.

(3) Der Vorschlag von Änderungen von Anlagen dieses Übereinkommens oder eines Protokolls, die Beschlussfassung darüber und das Inkrafttreten derselben 224

Biologische Vielfalt

unterliegen demselben Verfahren wie der Vorschlag von Anlagen des Übereinkommens oder von Anlagen eines Protokolls, die Beschlussfassung darüber und das Inkrafttreten derselben.

(4) Bezieht sich eine weitere Anlage oder eine Änderung einer Anlage auf eine Änderung dieses Übereinkommens oder eines Protokolls, so tritt die weitere Anlage oder die geänderte Anlage erst in Kraft, wenn die Änderung des Übereinkommens oder des betreffenden Protokolls selbst in Kraft tritt.

Artikel 31 Stimmrecht (1) Sofern in Absatz 2 nichts anderes vorgesehen ist, hat jede Vertragspartei dieses Übereinkommens oder eines Protokolls eine Stimme.

(2) Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration üben in Angelegenheiten ihrer Zuständigkeit ihr Stimmrecht mit der Anzahl von Stimmen aus, die der Anzahl ihrer Mitgliedstaaten entspricht, die Vertragsparteien dieses Übereinkommens oder des betreffenden Protokolls sind. Diese Organisationen üben ihr Stimmrecht nicht aus, wenn ihre Mitgliedstaaten ihr Stimmrecht ausüben, und umgekehrt.

Artikel 32 Verhältnis zwischen diesem Übereinkommen und seinen Protokollen (1) Ein Staat oder eine Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration kann nicht Vertragspartei eines Protokolls werden, ohne Vertragspartei dieses Übereinkommens zu sein oder gleichzeitig zu werden.

(2) Beschlüsse aufgrund eines Protokolls werden nur von den Vertragsparteien des betreffenden Protokolls gefasst. Eine Vertragspartei, die das Protokoll nicht ratifiziert, angenommen oder genehmigt hat, kann als Beobachter an jeder Sitzung der Vertragsparteien des betreffenden Protokolls teilnehmen.

Artikel 33 Unterzeichnung Dieses Übereinkommen liegt für alle Staaten und alle Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration vom S.Juni 1992 bis zum 14. Juni 1992 in Rio de Janeiro und vom 15. Juni 1992 bis zum 4. Juni 1993 am Sitz der Vereinten Nationen in New York zur Unterzeichnung auf.

Artikel 34 Ratifikation, Annahme oder Genehmigung (1) Dieses Übereinkommen und jedes Protokoll bedürfen der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung durch die Staaten und durch die Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration. Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Verwahrer hinterlegt.

(2) Jede in Absatz l bezeichnete Organisation, die Vertragspartei dieses Übereinkommens oder eines
Protokolls wird, ohne dass einer ihrer Mitgliedstaaten Vertragspartei ist, ist durch alle Verpflichtungen aus dem Übereinkommen beziehungsweise dem Protokoll gebunden. Sind ein oder mehrere Mitgliedstaaten einer solchen Organisation Vertragspartei des Übereinkommens oder des betreffenden Protokolls, so entscheiden die Organisation und ihre Mitgliedstaaten über ihre jeweiligen Verantwortlichkeiten hinsichtlich der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem 8 Bundesblatl 146. Jahrgang. Bd. III

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Übereinkommen beziehungsweise dem Protokoll. In diesen Fällen sind die Organisation und die Mitgliedstaaten nicht berechtigt, die Rechte aufgrund des Übereinkommens oder des betreffenden Protokolls gleichzeitig auszuüben.

(3) In ihren Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden erklären die in Absatz l bezeichneten Organisationen den Umfang ihrer Zuständigkeiten in bezug auf die durch dieses Übereinkommen oder das betreffende Protokoll erfassten Angelegenheiten. Diese Organisationen teilen dem Verwahrer auch jede massgebliche Änderung dès Umfangs ihrer Zuständigkeiten mit.

Artikel 35 Beitritt (1) Dieses Übereinkommen und jedes Protokoll stehen von dem Tag an, an dem sie nicht mehr zur Unterzeichnung aufliegen, Staaten und Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration zum Beitritt offen. Die Beitrittsurkunden werden beim Verwahrer hinterlegt.

(2) In ihren Beitrittsurkunden erklären die in Absatz l bezeichneten Organisationen den Umfang ihrer Zuständigkeiten in bezug auf die durch dieses Übereinkommen oder das betreffende Protokoll erfassten Angelegenheiten. Diese Organisationen teilen dem Verwahrer auch jede massgebliche Änderung des Umfangs ihrer Zuständigkeiten mit.

(3) Artikel 34 Absatz 2 findet auf Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, die diesem Übereinkommen oder einem Protokoll beitreten, Anwendung.

Artikel 36 Inkrafttreten (1) Dieses Übereinkommen tritt am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der dreissigsten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

(2) Jedes Protokoll tritt am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der in dem betreffenden Protokoll festgelegten Anzahl von Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunden in Kraft.

(3) Für jede Vertragspartei, die nach der Hinterlegung der dreissigsten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde dieses Übereinkommens ratifiziert, annimmt oder genehmigt oder ihm beitritt, tritt das Übereinkommen am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch die betreffende Vertrags.partei in Kraft.

(4) Jedes Protokoll tritt, sofern in dem Protokoll nichts anderes vorgesehen ist, für eine Vertragspartei, die das Protokoll nach dem Inkrafttreten gemäss
Absatz 2 ratifiziert, annimmt oder genehmigt oder ihm beitritt, am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem diese Vertragspartei ihre Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde hinterlegt, oder zu dem Zeitpunkt, zu dem dieses Übereinkommen für diese Vertragspartei in Kraft tritt, falls dies der spätere Zeitpunkt ist.

(5) Für die Zwecke der Absätze l und 2 zählt eine von einer Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration hinterlegte Urkunde nicht als zusätzliche 226

Biologische Vielfalt

Urkunde zu den von den Mitgliedstaaten der betreffenden Organisation hinterlegten Urkunden.

Artikel 37 Vorbehalte Vorbehalte zu diesem Übereinkommen sind nicht zulässig.

Artikel 38 Rücktritt (1) Eine Vertragspartei kann jederzeit nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem dieses Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist, durch eine an den Verwahrer gerichtete schriftliche Notifikation von dem Übereinkommen zurücktreten.

(2) Der Rücktritt wird nach Ablauf eines Jahres nach dem Eingang der Notifikation beim Verwahrer oder zu einem gegebenenfalls in der Rücktrittsnotifikation genannten späteren Zeitpunkt wirksam.

(3) Eine Vertragspartei, die von dem Übereinkommen zurücktritt, gilt auch als von den Protokollen zurückgetreten, deren Vertragspartei sie ist.

Artikel 39 Vorläufige finanzielle Regelungen Unter der Voraussetzung ihrer völligen Umstrukturierung nach den Erfordernissen des Artikels 21 ist die Globale Urnweltfazilität des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen, des Umweltprogramms der Vereinten Nationen und der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung vorläufig die Einrichtung nach Artikel 21 für die Zeit vom Inkrafttreten dieses Übereinkommens bis zur ersten Tagung der Konferenz der Vertragsparteien oder bis die Konferenz der Vertragsparteien eine Einrichtung nach Artikel 21 bestimmt.

Artikel 40 Vorläufige Regelungen für das Sekretariat Das vom Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen zur Verfügung zu stellende Sekretariat ist für die Zeit vom Inkrafttreten dieses Übereinkommens bis zur ersten Tagung der Konferenz der Vertragsparteien vorläufig das Sekretariat nach Artikel 24 Absatz 2.

Artikel 41 Verwahrer Der Generalsekretär des Vereinten Nationen übernimmt die Aufgaben des Verwahrers dieses Übereinkommens und seiner Protokolle.

Artikel 42 Verbindliche Wortlaute Die Urschrift dieses Übereinkommens, dessen arabischer, chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, wird beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt.

227

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Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.

Geschehen zu Rio de Janeiro am 5. Juni 1992.

Es folgen die Unterschriften

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Anlage I Bestimmung und Überwachung 1. Ökosysteme und Lebensräume: solche, die über eine grosse Vielfalt, zahlreiche endemische oder bedrohte Arten oder Wildnis verfügen, die von wandernden Arten benötigt werden, die von sozialer, wirtschaftlicher, kultureller oder wissenschaftlicher Bedeutung sind oder die repräsentativ oder einzigartig sind oder mit entscheidenden evolutionären oder anderen biologischen Vorgängen im Zusammenhang stehen; 2. Arten und Gemeinschaften: solche, die bedroht sind, die wildlebende Verwandte domestizierter oder gezüchteter Arten sind, die von medizinischem, landwirtschaftlichem oder sonstigem wirtschaftlichen Wert sind, die von sozialer, wissenschaftlicher oder kultureller Bedeutung sind, die für die Erforschung der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt, z. B. als Indikatorarten, von Bedeutung sind; 3. beschriebene Genome und Gene von sozialer, wissenschaftlicher oder wirtschaftlicher Bedeutung.

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Anlage II

Teil l Schiedsverfahren

Artikel l Die antragstellende Partei notifiziert dem Sekretariat, dass die Parteien die Streitigkeit nach Artikel 27 einem Schiedsverfahren unterwerfen. In der Notifikation sind der Gegenstand des Schiedsverfahrens sowie insbesondere die Artikel des Übereinkommens oder des Protokolls anzugeben, deren Auslegung oder Anwendung strittig ist. Können sich die Parteien nicht über den Streitgegenstand einigen, bevor der Präsident des Schiedsgerichts bestellt ist, so legt das Schiedsgericht den Gegenstand fest. Das Sekretariat leitet diese Informationen an alle Vertragsparteien des Übereinkommens oder des betreffenden Protokolls weiter.

Artikel 2 (1) In Streitigkeiten zwischen zwei Parteien besteht das Schiedsgericht aus drei Mitgliedern. Jede der Streitparteien bestellt einen Schiedsrichter, und die beiden so bestellten Schiedsrichter ernennen einvernehmlich den dritten Schiedsrichter, der Präsident des Schiedsgerichts wird. Dieser darf nicht Staatsangehöriger einer der Streitparteien sein, nicht seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet einer dieser Parteien haben, nicht im Dienst einer von ihnen stehen und sich in keiner anderen Eigenschaft mit der Streitigkeit befasst haben.

(2) In Streitigkeiten zwischen mehr als zwei Parteien bestellen die Parteien mit demselben Interesse einvemehmlich einen Schiedsrichter.

(3) Freigewordene Sitze werden in der für die erste Bestellung vorgeschriebenen Weise besetzt.

Artikel 3 (1) Ist der Präsident des Schiedsgerichts innerhalb von zwei Monaten nach der Bestellung des zweiten Schiedsrichters nicht ernannt, so ernennt ihn der Generalsekretär der Vereinten Nationen auf Ersuchen einer der Parteien innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten.

(2) Hat eine der Streitparteien innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags einen Schiedsrichter nicht bestellt, so kann die andere Partei den Generalsekretär davon in Kenntnis setzen, der die Ernennung innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten vornimmt.

Artikel 4 Das Schiedsgericht fällt seine Entscheidungen in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen, den betreffenden Protokollen sowie dem Völkerrecht.

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Artikel S Sofern die Streitparteien nichts anderes vereinbaren, gibt sich das Schiedsgericht eine Verfahrensordnung.

Artikel 6 Das Schiedsgericht kann auf Ersuchen einer der Parteien unerlässliche einstweilige Schutzmassnahmen empfehlen.

Artikel 7 Die Streitparteien erleichtern die Arbeit des Schiedsgerichts und werden insbesondere mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln a) ihm alle sachdienlichen Schriftstücke vorlegen, Erleichterungen einräumen und Auskünfte erteilen und b) ihm die Möglichkeit geben, soweit nötig Zeugen oder Sachverständige zu laden und ihre Aussagen einzuholen.

Artikel 8 Die Parteien und die Schiedsrichter sind verpflichtet, die Vertraulichkeit aller ihnen während der Verhandlungen des Schiedsgerichts vertraulich erteilten Auskünfte zu wahren.

Artikel 9 Sofern das Schiedsgericht nicht wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls etwas anderes beschliesst, werden die Kosten des Gerichts von den Streitparteien zu gleichen Teilen getragen. Das Gericht führt über alle seine Kosten Buch und legt den Parteien eine Schlussabrechnung vor.

Artikel 10 Jede Vertragspartei, die an dem Streitgegenstand ein rechtliches Interesse hat, das durch die Entscheidung des Falles berührt werden könnte, kann mit Zustimmung des Gerichts dem Verfahren beitreten.

Artikel 11 Das Gericht kann über Widerklagen, die mit dem Streitgegenstand unmittelbar im Zusammenhang stehen, verhandeln und entscheiden.

Artikel 12 Das Schiedsgericht entscheidet sowohl in verfahrensrechtlichen als auch in materiellen Fragen mit der Mehrheit seiner Mitglieder.

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Artikel 13 Erscheint einer der Streitparteien nicht vor dem Schiedsgericht oder unterlässt sie es, sich zur Sache zu äussem, so kann die andere Partei das Gericht ersuchen, das Verfahren fortzuführen und seinen Schiedsspruch zu fällen. Abwesenheit oder Versäumnis einer Partei, sich zur Sache zu äussem, stellt kein Hindernis für das Verfahren dar. Bevor das Schiedsgericht seine endgültige Entscheidung fällt, muss es sich vergewissern, dass das Begehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht begründet ist.

Artikel 14 Das Schiedsgericht fällt seine endgültige Entscheidung innerhalb von fünf Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem es vollständig gebildet wurde; hält es jedoch eine Verlängerung dieser Frist für notwendig, so darf diese weitere fünf Monate nicht überschreiten, Artikel 15 Die endgültige Entscheidung des Schiedsgerichts hat sich auf den Streitgegenstand zu beschränken und ist zu begründen. Sie enthält die Namen der Mitglieder, die teilgenommen haben, sowie das Datum der endgültigen Entscheidung. Jedes Mitglied des Gerichts kann der endgültigen Entscheidung eine Darlegung seiner persönlichen oder abweichenden Meinung beifügen.

Artikel 16 Der Schiedsspruch ist für die Streitparteien bindend. Er unterliegt keinem Rechtsmittel, sofern nicht die Streitparteien vorher ein Rechtsmittelverfahren vereinbart haben.

Artikel 17 Meinungsverschiedenheiten zwischen den Streitparteien über die Auslegung oder Durchführung der endgültigen Entscheidung können von jeder Partei dem Schiedsgericht, das die Entscheidung gefällt hat, zur Entscheidung vorgelegt werden.

Teil 2 Vergleich Artikel l Auf Antrag einer der Streitparteien wird eine Vergleichskommission gebildet.

Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, besteht die Kommission aus fünf Mitgliedern, zwei von jeder beteiligten Partei bestellten Mitgliedern und einem von diesen Mitgliedern einvernehmlich gewählten Präsidenten,

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Biologische Vielfalt

Artikel 2 Bei Streitigkeiten zwischen mehr als zwei Parteien bestellen die Parteien mit demselben Interesse ihre Mitglieder für die Kommission einvernehmlich. Sind zwei oder mehr Parteien mit unterschiedlichen Interessen vorhanden oder besteht Unstimmigkeit darüber, ob sie dasselbe Interesse haben, so bestellen sie ihre Mitglieder getrennt.

Artikel 3 Sind innerhalb von zwei Monaten kommission nicht alle Mitglieder den, so nimmt der Generalsekretär die den Antrag gestellt hat, diese zwei Monaten vor.

nach dem Antrag auf Bildung einer Vergleichsder Kommission von den Parteien bestellt worder Vereinten Nationen auf Ersuchen der Partei, Bestellungen innerhalb einer weiteren Frist von

Artikel 4 Ist der Präsident der Vergleichskommission innerhalb von zwei Monaten nach Bestellung des letzten Mitglieds der Kommission nicht ernannt worden, so ernennt der Generalsekretär der Vereinten Nationen auf Ersuchen einer Partei innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten den Präsidenten.

Artikel 5 Die Vergleichskommission entscheidet mit der Mehrheit ihrer Mitglieder. Sofern die Streitparteien nichts anderes vereinbaren, bestimmt die Kommission ihr Verfahren. Sie legt einen Lösungsvorschlag zu der Streitigkeit vor, den die Parteien nach Treu und Glauben prüfen.

Artikel 6 Bei Uneinigkeit darüber, ob die Vergleichskommission zuständig ist, entscheidet die Kommission.

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Biologische Vielfalt

Resolutionen der Konferenz von Nairobi über die Beschlussfassung des Textes des Übereinkommens /. Resolution

Vorläufige finanzielle Regelungen Die Konferenz, nach Aufnahme und Genehmigung des Textes dieses Übereinkommens über die Biologische Vielfalt am 22. Mai 1992 in Nairobi, mit der Überlegung, dass für die Zeit zwischen der Auflage des Übereinkommens zur Unterschrift und seinem Inkrafttreten Massnahmen für eine rasche und wirkungsvolle Umsetzung der einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens '/M treffen sind, in der Meinung, dass zu diesem Zweck für die genannte Zeitspanne finanzielle Unterstützung und ein Finanzierungsmechanismus erforderlich sind, 1. ersucht die Globale Umweltfazilität (GEF) des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP), des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) und der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (World Bank), den Betrieb des Finanzmechanismus nach Artikel 21 für die genannte Zeitspanne, sowie entsprechend Artikel 39, bis zur ersten Tagung der Konferenz der Vertragsparteien vorläufig sicherzustellen; 2, bittet UNDP, UNEP, World Bank, die regionalen Entwicklungsbanken sowie die übrigen Organisationen und Institutionen der Vereinten Nationen, wie die Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) und die Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO), die zur unverzüglichen Umsetzung des Übereinkommens erforderlichen finanziellen und übrigen Mittel für die genannte Zeitspanne und bis zur ersten Tagung der Konferenz der Vertragsparteien vorläufig zur Verfügung zu stellen.

So angenommen am 22. Mai 1992

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Biologische Vielfalt

2. Resolution

Internationale Zusammenarbeit im Bereich der Erhaltung der biologischen Vielfalt und der nachhaltigen Nutzung ihrer Bestandteile bis zum Inkrafttreten des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt Die Konferenz, nachdem sie dem Text des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt zugestimmt und ihn am 22. Mai 1992 in Nairobi angenommen hat, in der Meinung, dass Vorbereitungsarbeiten erforderlich sind, damit das Übereinkommen nach Inkrafttreten rasch Wirkung entfalten kann, in der Meinung auch, dass eine Teilnahme aller Regierungen, insbesondere jener, die an der Konferenz über die Beschlussfassung des Textes des Übereinkommens teilgenommen haben, an den Verhandlungen über die vorläufigen Regelungen wünschbar ist, indem sie mit Befriedigung von den unter der Schirmherrschaft des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) im Rahmen einer ersten Serie von Ländermonographien mit nationaler, bilateraler und multilateraler Unterstützung bereits geleisteten Arbeiten zur Kenntnis nimmt, im Bewusstsein der zur Zeit laufenden Gcmeinschaftsprogramme von UNEP und anderen Organisationen, die in jeder Region zu einer Beteiligung breiter Kreise an den Untersuchungen über die Möglichkeit zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und der nachhaltigen Nutzung ihrer Bestandteile geführt haben, anerkennend, dass die Erstellung nationaler Monographien über die biologische Vielfalt den ersten systematischen Versuch darstellt, die Staaten bei der Zusammenstellung der Grundinformationcn über ihre biologische Vielfalt zu unterstützen und dass dies die Grundlage für die nationalen Aktionsprogramme zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und der nachhaltigen Nutzung ihrer Bestandteile darstellt, 1. lädt alle Staaten sowie die zugelassenen Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration ein, für die Umwelt- und Entwicklungskonferenz in Rio de Janeiro oder die erste danach sich bietende Gelegenheit die Unterzeichnung des Übereinkommens und anschliessend seine Ratifikation, Annahme oder Genehmigung oder aber den Beitritt zum Übereinkommen ins Auge zu fassen; 2. lädt den UNEP-Verwaltungsrat ein, sich an seinen Exekutivdirektor zu wenden, mit der Bitte, ab 1993 Sitzungen eines zwischenstaatlichen Komitees für das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt zur Prüfung folgender Punkte einzuberufen: a) Hilfestellung an
die Regierungen, die es wünschen, bei der weiteren Vorbereitung der für die nationalen Strategien und Aktionspläne im Bereich der biologischen Vielfalt so wichtigen nationalen Monographien, namentlich: i) die grundlegenden Elemente der biologischen Vielfalt, die für deren Erhaltung und die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile wichtig sind, erkennen und einordnen; dazu gehört auch das Sammeln und Auswerten aller zur wirksamen Überwachung dieser Elemente notwendigen Angaben; 235

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ii)

b)

c)

d)

e)

f) g)

h)

236

Abläufe und Tätigkeiten, die negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben oder möglicherweise haben könnten, erkennen und einordnen; iii) die möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen, die sich aus der Erhaltung der biologischen Vielfalt und der nachhaltigen Nutzung der biologischen und genetischen Ressourcen ergeben könnten, einschätzen und diese Ressourcen bewerten; iv) vorrangige Massnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und der nachhaltigen Nutzung ihrer grundlegenden Bestandteile vorschlagen; v) eine Überarbeitung der Richtlinien-Entwürfe für die nationalen Monographien über die biologische Vielfalt prüfen und nötigenfalls anregen; vi) die näheren Einzelheiten der Unterstützung für Staaten, die Monographien erstellen, besonders der Entwicklungsländer festlegen; Organisation der Arbeiten zur Aufstellung eines wissenschaftlichen und technischen Forschungsprogramms über die biologische Vielfalt und die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile, einschliesslich möglicher provisorischer institutioneller Regelungen über eine wissenschaftliche Zusammenarbeit der Regierungen im Hinblick auf eine rasche Umsetzung der Bestimmungen des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt noch vor dessen Inkrafttreten; Prüfung von Notwendigkeit und näheren Einzelheiten eines Protokolls zur Festlegung geeigneter Verfahren, insbesondere einer vorherigen Zustimmung in Kenntnis der Sachlage im Bereich der sicheren Weitergabe, Handhabung und Verwendung der durch Biotechnologie hervorgebrachten lebenden modifizierten Organismen, die nachteilige Auswirkungen auf die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt haben können; die näheren Einzelheiten der Weitergabe, insbesondere an die Entwicklungsländer, von Technologien zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und zur nachhaltigen Nutzung ihrer Bestandteile sowie der technischen Zusammenarbeit zur Stärkung der nationalen Fähigkeiten in diesen Bereichen; die Leitlinien gemäss Artikel 21 des Übereinkommens für jene Einrichtung bereitstellen, die für die Zeit zwischen der Auflage des Übereinkommens zur Unterschrift und seinem Inkrafttreten mit dem Betrieb des Finanzmechanismus betraut wird; die näheren Einzelheiten festlegen, welche eine rasche Anwendung der Bestimmungen von Artikel 21 ermöglichen; Bestimmung von Politiken, Strategien und
Programmprioritäten sowie von detaillierten Kriterien und Leitlinien für die Berechtigung zum Zugang zu den finanziellen Mitteln und zu ihrer Verwendung, wozu auch eine regelmässige Überwachung und Bewertung dieser Verwendung gehört; finanzielle Auswirkungen der Unterstützung von Aktionen internationaler Zusammenarbeit sowie, bis zum Inkrafttreten des Übereinkommens, entsprechende Regelungen, im besonderen die freiwilligen Geld- und Naturalleistungen, die für den Betrieb eines vorläufigen Sekretariats sowie die Sitzungen des Komitees für das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt erforderlich sind;

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i)

weitere Vorbereitungen im Hinblick auf die erste Tagung der Konferenz der Vertragsparteien; 3. ersucht im weitem den Exekutivdirektor des UNEP, bis zum Inkrafttreten des Übereinkommens die Aufgaben des Sekretariats vorläufig wahrzunehmen und ersucht ihn, für die Errichtung und den Betrieb des vorläufigen Sekretariats um die aktive und uneingeschränkte Mitwirkung der Organisation für Ernährung und Landwirtschaft der Vereinten Nationen (FAO) und der Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur der Vereinten Nationen (UNESCO) nachzusuchen, aber auch um die vollständige Zusammenarbeit mit den Sekretariaten der einschlägigen Übereinkommen, der Beratungsgruppe für die internationale Agrarforschung, der Weltorganisation für Natur sowie den übrigen betroffenen internationalen Organisationen, dies gemäss den einschlägigen Beschlüssen der Umwelt- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen; 4. lädt FAO und UNESCO ein, Schaffung und Tätigkeit des vorläufigen Sekretariats voll zu unterstützen; 5. ersucht den UNEP-Exckutivdirektor überdies um einen finanziellen Beitrag an die Kosten der Vorbereitung und Durchführung der Sitzungen, sofern die Globale Umweltfazilität (GEF) über die notwendigen Mittel verfügt; 6. lädt alle Regierungen ein, einen grosszügigen Beitrag zur Finanzierung des vorläufigen Sekretariats und der einwandfreien Durchführung der Sitzungen des Komitees für das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt zu leisten und den Entwicklungsländern finanzielle Unterstützung zu gewahren, die ihnen volle Mitwirkung ermöglicht; 7. fordert im weitem die Regierungen auf, an den Sitzungen über die auf nationaler Ebene getroffenen Massnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und der nachhaltigen Nutzung ihrer Bestandteile gemäss den Bestimmungen des Übereinkommens zu informieren, auch wenn dieses noch nicht in Kraft ist; 8. fordert auch die Sekretariate der wichtigen internationalen und regionalen Umwelt-Übereinkommen, -Verträge und -Organisationen auf, dem Komitee Informationen über ihre Tätigkeit zukommen zu lassen, und lädt den Generalsekretär der Vereinten Nationen ein, die einschlägigen Punkte der Agenda 21, welche an der Umwelt- und Entwicklungskonfcrenz der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro angenommen worden sind, zu nennen.

So angenommen am 22. Mai 1992

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Biologische Vielfalt

3. Resolution

Beziehung zwischen dem Übereinkommen über die Biologische Vielfalt und der Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft Die Konferenz, die am 22. Mai 1992 den Text des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt gebilligt und angenommen hat, anerkennt, dass die Völker der Erde einen grundlegenden und ständigen Bedarf an Nahrung, Unterkunft, Kleidung, Brennstoff, an Zierpflanzen und an medizinischen Substanzen haben, unterstreicht, dass das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt auf die Erhaltung und die nachhaltige Nutzung der biologischen Ressourcen ausgerichtet ist, anerkennt den Nutzen, den die Völker der Erde durch Pflege und Verbesserungen den genetischen Ressourcen von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen zur Dekkung ihrer Grundbedürfnisse haben zukommen lassen, sowie die von Institutionen geleisteten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten über genetische Ressourcen, erinnert daran, dass dank breit angelegter Konsultationen innerhalb internationaler Organisationen und Gremien eine eingehende Auseinandersetzung geführt und ein Konsens gefunden werden konnte über die dringenden Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und nachhaltigen Nutzung der phytogenetischen Ressourcen, die zur Ernährung und in der Landwirtschaft genutzt werden, stellt fest, dass der Vorbereitungsausschuss der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung vorrangige Politiken und Programme zur Erhaltung und nachhaltigen «In-situ»-Nutzung bei landwirtschaftlicher Bewirtschaftung und bei «Ex-situ»-Nutzung der phytogenetischen Ressourcen für Emährungszwecke und eine nachhaltige Landwirtschaft empfiehlt, welche in Strategien und Programmen für eine nachhaltige Landwirtschaft einbezogen sind und spätestens im Jahr 2000 angenommen sein werden. Diese Vorgehensweise sollte auf nationaler Ebene folgendes beinhalten: a) Erstellung von Aktionsplänen oder -programmen zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung von phytogenetischen Ressourcen für Ernährungszwecke und eine nachhaltige Landwirtschaft, falls dies nach den über die jeweiligen Länder erstellten Monographien über die erwähnten Ressourcen nötig ist; b) Förderung, je nach Notwendigkeit, der Diversifizierung der Kulturen in der Landwirtschaft sowie der Einführung von neuen, zur Ernährung dienenden Pflanzenarten; c) Förderung der Verwendung von wenig bekannten,
jedoch nützlichen Pflanzen- und Kulturarten und, falls nötig, die Durchführung diesbetreffender Forschungen; d) Verstärkung der nationalen Kapazitäten im Sinne einer Nutzung der phytogenetischen Ressourcen für Ernährung und eine beständige Landwirtschaft sowie der Pflanzenzucht und Samenvermehrung, sowohl durch dafür spezialisierte Einrichtungen als auch durch landwirtschaftliche Genossenschaften;

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Biologische Vielfalt

e)

möglichst baldige Realisierung der weltweit ersten Regenerierung und Duplikation von bestehenden «Ex-situ»-Kollektioncn unter sicheren Bedingungen; f) Erstellung eines Netzes von «Ex-situ»-Basiskollektionen; stellt u. a. fest, dass das Komitee zur Vorbereitung der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung folgendes empfiehlt: a) Verstärkung des Weltsystems zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der phytogenetischen Ressourcen für Emährungszwecke und eine nachhaltige Landwirtschaft, die von der Organisation der Vereinten Nationen für Ernährung und Landwirtschaft in enger Zusammenarbeit mit dem Internationalen Rat für phytogenetische Ressourcen, der internationalen Beratungsgruppe für Agrarforschungen und anderen zuständigen Organisationen verwaltet wird; b) Förderung der 1994 stattfindenden, vierten technischen internationalen Konferenz über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung von phytogenetischen Ressourcen für Ernährungszwecke und eine nachhaltige Landwirtschaft in Hinsicht auf die Annahme des ersten Lageberichts über die Weltsituation und des ersten Weltaktionsplans zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der erwähnten Ressourcen; c) Angleichung des Weltsystems zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der phytogenetischen Ressourcen für Emährungszwecke und eine beständige Landwirtschaft in Hinsicht auf den Ausgang der Verhandlungen über das Übereinkommen über die biologische Vielfalt; erinnert an die vom Komitee zur Vorbereitung der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung erhaltenen Vereinbarung über die zu ergreifenden Massnahmen zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung von tiergcnetischen Ressourcen für eine nachhaltige Landwirtschaft; 1. bestätigt die grosse Bedeutung der Richtlinien des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt zur Erhaltung und Nutzung der genetischen Ressourcen, die den Ernährungs- und Agrarsektor interessieren; 2. stellt die dringende Anfrage, Massnahmen zu prüfen, die eine Komplementarität und eine Zusammenarbeit zwischen dem Übereinkommen über die Biologische Vielfalt und dem Weltsystem zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der phytogenetischen Ressourcen für Emährungszwecke und eine nachhaltige Landwirtschaft erlauben würden; 3. erkennt die Notwendigkeit einer Unterstützung bei der Ausführung sämtlicher vorgesehener Tätigkeiten
auf dem Gebiet von Programmen zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der phytogenetischen Ressourcen für Emährungszwecke und eine nachhaltige Landwirtschaft und auf dem Gebiet der Erhaltung und Nutzung von tiergenetischen Ressourcen für eine nachhaltige Landwirtschaft im Zusammenhang mit der Agenda21, deren Annahme auf der Umwelt- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro vorgeschlagen werden soll; 4. erkennt u. a. die Notwendigkeit, Lösungen zu den meisten sich aufdrängenden Fragen über die phytogenetischen Ressourcen im Rahmen des Weltsystems zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der phytogenetischen Ressourcen für Ernährungszwecke und eine beständige Landwirtschaft zu finden, insbesondere was

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Biologische Vielfalt

- den Zugang zu «Ex-situ»-Kollektionen, die nicht in Übereinstimmung mit dem vorliegenden Übereinkommen erstellt wurden, - und das Recht der Landwirte betrifft.

So angenommen am 22. Mai 1992

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Biologische Vielfalt vom 25. Mai 1994

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1994

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

25

Cahier Numero Geschäftsnummer

94.040

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

28.06.1994

Date Data Seite

182-240

Page Pagina Ref. No

10 053 057

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