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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Verlängerung der Frist für die Behandlung des Volksbegehrens für die Verkürzung der Arbeitszeit (Vom 27. November 1962)

Gemäss Artikel 29, Absatz 3 des Geschäftsverkehrsgesetzes vom 23.März 1962 beehren wir uns, Ihnen Bericht und Antrag über die Verlängerung der Frist für die Behandlung des Volksbegehrens für die Verkürzung der Arbeitszeit zu unterbreiten.

1. Am 5.April 1960 haben der Schweizerische Gewerkschaftsbund in Bern und die Vereinigung schweizerischer Angestelltenverbände in Zürich der Schweizerischen Bundeskanzlei die Unterschriftenbogen zum Volksgbegehren für die Verkürzung der Arbeitszeit eingereicht. Wir stellten mit Bericht vom 6. Mai 1960 (BBl1960 11570) das Zustandekommen des Volksbegehrens fest. Die eidgenössischen Eäte haben in der Sommersession 1960 dem Bericht zugestimmt und uns beauftragt, über das Volksbegehren Bericht zu erstatten.

2. In der Botschaft vom 30. September 1960 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz) (BBl1960 II909) sahen wir uns veranlasst, auf das erwähnte Volksbegehren hinzuweisen. Wir vertraten die Auffassung, die Frage der Höchstdauer der normalen Arbeitszeit, auf welche sich das Volksbegehren beschränkt, könne nur im Rahmen einer Gesamtregelung der Arbeits- und Euhezeit entschieden werden, wie sie mit dem Arbeitsgesetz herbeigeführt werden soll. Daher beantragten wir Ihnen, die Vorlage für das Arbeitsgesetz ohne Verzug in Beratung zu ziehen und die Behandlung des Volksbegehrens vom 5. April 1960 einstweilen zurückzustellen.

Der Nationalrat, dem das Arbeitsgesetz zur Erstbehandlung zugewiesen wurde, hat am 13.März 1962 ohne Gegenantrag beschlossen, auf die Vorlage

1420 einzutreten, und damit stillschweigend unserer Auffassung zugestimmt, es sei zum Volksbegehren erst nach der Behandlung des Arbeitsgesetzes Stellung zu nehmen.

II 1. Im Zeitpunkt der Einreichung des Volksbegehrens galt noch das Bundesgesetz vom 27. Januar 1892 über das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen betreffend die Eevision der Bundesverfassung. Artikel 8 dieses Gesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes vom S.Oktober 1950 bestimmt folgendes: «Ist das Partialrevisionsbegehren in der'Form eines ausgearbeiteten Entwurfes gestellt, so haben die eidgenössischen Bäte innert dreier Jahre nach Einreichung der Initiative darüber Beschluss zu fassen, ob sie dem Initiativentwurf, so wie derselbe lautet, zustimmen oder nicht.» Nach dieser Bestimmung müssten somit die eidgenössischen Eäte spätestens am S.April 1968 über das Volksbegehren Beschluss fassen.

2. Das Initiativengesetz von 1892/1950 sieht lediglich eine Frist vor für die Behandlung eines Volksbegehrens auf Partialrevision der Bundesverfassung.

Demgegenüber enthält das neue Geschäftsverkehrsgesetz vom 28. März 1962 (AS 1962, 778), das nunmehr das Verfahren bei Volksbegehren nach deren Einreichung regelt, darüber hinaus noch eine Fristbestimmung für den Bericht und Antrag des Bundesrates. Nach Artikel 29 dieses Gesetzes hat der Bundesrat der Bundesversammlung Bericht und Antrag jeweils spätestens ein Jahr vor Ablauf der dreijährigen Frist zu unterbreiten, und zwar gilt diese Frist gemäss der Übergangsbestimmung von Artikel 61 auch für die beim Inkrafttreten des Gesetzes, d.h. am I.Dezember 1962, noch hängigen Volksbegehren. Im Falle des Volksbegehrens für die Verkürzung der Arbeitszeit liegt es nun auf der Hand, dass die Bestimmung, wonach wir unsern Bericht ein Jahr vor Ablauf der dreijährigen Frist zu erstatten haben, nicht mehr eingehalten werden kann, da die Frist am S.April 1962, also fast acht Monate vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes, abgelaufen gewesen wäre. Ebenso ist es im heutigen Zeitpunkt nicht mehr möglich, die Bundesversammlung vor Ablauf der gesetzten Frist - also wiederum vor dem S.April 1962 -davon zu benachrichtigen, dass wir infolge besonderer Verhältnisse nicht in der Lage sind, die Frist einzuhalten.

8. Trotzdem ist es unter den gegebenen Umständen unumgänglich, die dreijährige Frist um ein Jahr zu
verlängern, wobei die eidgenössischen Eäte immer noch die Möglichkeit haben werden, das Volksbegehren ohne unsern Bericht in Beratung zu ziehen, falls wir nicht in der Lage sein sollten, rechtzeitig einen solchen vorzulegen. Ob die eidgenössischen Eäte von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch machen müssen, wird sich erst nach der Behandlung des Arbeitsgesetzes im Ständerat erweisen, da sich das Initiativkomitee vorbehalten hat, je nach dem Ausgang der Gesetzesberatung das Volksbegehren zurückzuziehen.

1421 Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen empfehlen wir Ihnen, unserem Antrag auf Verlängerung der Frist für die Behandlung des Volksbegehrens für die Verkürzung der Arbeitszeit bis zum S.April 1964 zuzustimmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 27. November 1962.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, 'Der B u n d e s p r ä s i d e n t : P. Chaudet

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Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Verlängerung der Frist für die Behandlung des Volksbegehrens für die Verkürzung der Arbeitszeit (Vom 27.

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13.12.1962

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