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B Bricht der

ständeräthlichen Commission, betreffend den Gesezesvorschlag über die Eisenbahn- und konzessionirten Privattelegraphen.

(Vom 24. Januar 1862.)

Tit..

Mit Botschaft von. 8. Juli brachte der Bundesrath den Gesezesentwurf, betreffend die Eisenbahn- und konzessionirten Privattelegraphen der Bundesversammlung zur Kenntniss. Die von Jhnen zur Prüfung dieses Gegenstandes niedergesetzte kommission versammelte sich am l 8. Oetober in Luzern und unterstellte denselben einer einläßlichen Berathung.

Sie machte indessen bald die Wahrnehmung, dass dieser Gesetzentwurf Bestimmungen enthalte, welche ihn nur schwer ausführbar erscheinen lassen und bestrebte sieh, ihn durch zweckmässige Abänderungen zu verbessern.

Nachdem sie den Entwurs durehberatheu und zum Theil umgearbeitet hatte,.

entschloß sie sieh, über den Berieht und die neuen Redaktionen in einer zweiten später abzuhaltenden Simung einzutreten.

Mittlerweile war dieser Entwurf auch Gegenstand der Berathung.

der Eiseubahngesellschasten geworden. Eine am 23. Rov..mber in Lausaune abgehaltene, von süns schweizerischen Eisenbahngesellschaften beschickte Konferenz beschloss ein Memoire zu erlassen, dessen Zweck es war, nachzuweisen, dass die Eisenbahngesellschaften einen ausschließlich nnr ihrem Dienste gewidmeten Drath bedürfen , und dass demnach die Besordernug von Brivatdepeschen auf dem laut Bundesgesez von. 28. Juli 1852 über den Bau uud Betrieb von Eisenbahnen dem Eisenbahndienst eoueedirten besondern Drath, wie es von dem Gesetzentwurf vorgesehen zu sein scheint, uumoglich sei. Diesem, Jhrer Kommission mitgetheilten. Memoire, solgte unterm 26. Dezember ein an dieselbe gerichtetes Schreiben des Direktoriums der schweig Eeutralbahu , erlassen im Rame.. dieser Gesellschaft und sechs anderer fehweiz. Eisenbahngesellschaften , in welchem der Wunsch ausgedrückt wurde: ,,es moge der fragliche Gesetzentwurf von der h. Bundesversammlung an den Bundesrath mit dem Auftrage zurückgewiesen werden, sich mit den Bahnverwaltungen über diejenigen

488 ^Mittel zu verständigen , welche am besten geeignet sind , den Zweck des Gese^esentwurfs zu erfüllen, ohne die Sicherheit und Regelmässigkeit des Bahnbetriebes zu gefährden^. diesem Wunsche war ^...gleich die Er-

klärnng der Bereitwilligkeit beigefügt, ans näher bezeichneten Grundlagen

.die beabsichtigte Einrichtung fordern zu helfen.

Die ernsten Einsprachen , welche sich gegen die weitere legislative Behandlung des Gesetzentwurfes erhoben, so wie die Schwierigkeiten der Materie an sieh mussten Jhre .kommission veranlassen, um so gründ.

licher aus den Entwurf einzutreten und sieh vor Allem die Frage .^. stellen, ob die artikelweise Beratl.mng desselben einen erspriesslichen Abschluß voraus.sehen lasse, oder ob es nicht angemessener sei, den Gegenstand zu neuer Vorlage an den Bnudesratl.. zurückzuweisen.

Jhre Kommission entschied sich für das Lettere und gibt sich die .Ehre, in Kür^e die Motive ihres weiter unten näh..r zu präeistrenden Antrages aus einander zu se^en.

Wenn der vorliegende Gesetzentwurf nur flüchtig durchgangen und namentlich das zweite, demselben vorangestellte Motiv in Betracht g^ogen .wird, so muss man zu der Ansicht gelangen, dass es sich hier besonders darum handeln soll, ^die Telegraphen der Eisenbahnverwaltungen auch dem Bublitum zugänglich zu machen^. Wirst man aber ein.m Blick auf die Art der Entstehung dieses Gesetzentwurfes und untersucht man die einzelnen Artikel etwas näher, so erficht man, dass in erster Linie Mittel ^egen den Missbrauch der Eisenbahntelegraphen in Besor.^rnng von De.peschen von privaten gesunden, sodann ^orge für die Erhaltung entsprechender Einnahmen, nicht in fiskalischem, sondern im Jn^resse der Erhaltung un... ^ortentwickelung des öffentlichen Telegraphenwesens im Allgemeinen, getragen und ^ugl.^.h allerdings aueh auf Erleichterung des ^telegrafischen ^er^ehrs durch Benutzung der Eisenbahubürea^ Bedacht genommen werden sollte. ^it Beaufsichtigung dieser verschiedenen Gesichtspunkte wurde vo^. der Telegraphendirektiou ein Gese^es^ntwurf ausgearbeitet, der, so wie der später vom Vostdepartemeut bearbeite^, etwas modifieirte Entwurs, allerdings dem im Auge gehabten Zweck besser zu entsprechen schien, als der Eutwurf des Bundesrathes, den wir in seiner Fassung, wie oben bemerkt worden ist, nicht fur ausführbar gehalten haben, noch ehe uns die Einsprachen der Gesellschaften ^ur Kenntniss gelangt sind und der desshalb auch die beabsichtigten Zwecke nicht erreichen wird.

Diess gel..t aus folgendem hervor .

Der Art. 1 beabsichtigt, die Dieustdepes.hen genauer zu desiniren und dem bisher stattgesnndenen Missbrauche, nach welchem wohl h^.fig t.nstatthaster W^se die Eisenbahntelegraphen in gau^ anderen als in Dienstinteressen verwendet .vorden sind, zu steuern. Ein nahe liegendes

Mittel zur Erreichung dieses Zweckes besteht nun allerdings darin , dass

den Eisenbahnbüreau^ gestatttet wird, auch solche Depeschen im Jnleresse

489 Dritter ^. befordern, welche, wenn sie anders ihren ^weck erreichen sollen, auf den Bahnhosen ausgegeben und daselbst e^pedirt werden müssen.

Verbietet man nun aber den Eisenbahnbüreau^ in Zukunft solche Depefchen ...ls D i e n lt d e p e sche n zu besordern und verpflichtet man sie nicht zugleich, ste als ^rivatdepeschen abzunehmen, so ist es augenscheinlich, dass solche Mittheilungen entweder .vie bisher missbräuchlieh als ^ienstdepesehen befordert oder gar nicht mehr abgenommen werden Jm le^tern Falle verliert das Publikum einen Vortheil, den es bisher gehabt hat, und in

beiden ^....len gewinnt die össentliche Verwaltung nichts. Run stellt es

aber der Art. 2 in das freie Ermessen der Eisenbahngesellschaften, Vrivatdepeschen zu befordern oder nicht zu befördern. ..geschieht das Erstere, so bezeichnet der Bundesrath die Stationen und se^t die Bedingungen .fest. Wenn nun auch angenommen werden darf. dass der Bundesrath hierin nur im Einverstän..niss mit den Gesellschasten handeln werde, so .^stimmten h.nwieder die Art. 4 und 5, dass für solche durch die Gesellsehasten beförderten und an den Adressaten abgegebenen Brivatdepeschen nur die ordentliche Ta^e gefordert werden und dass, selbst ohne Rücksieht

ans die Wortwahl, die betreffende Gesellschaft für ihre Betheiligung an der Spedition nnr Rp. 5l), resp. Rp. 25 beziehen darf. Ueber das Ver-

hältniss von Dienstdepesehen und Vrivatdepeschen in Be^ng ans die Briorität der Beforderm.g , enthalt der Gese.^esent.vurs keine Bestimmungen.

Auch lasst er gänzlich im Unklaren, auf welche Weise die abgenommenen Brwatdepeschen bis an ihren Bestimmungsort weiter bessert werden sollen, ob durch die ^rathe .^er Gesellsehasten oder durch den ^rath der offentlichen Verwaltung. sobald derselbe erreicht werden kann.

Raeh Art. 8 sollen dann wieder die Bahnstationen, denen die Beförderung von Vrivatdepeschen gestattet u.ur.^ üb...r ihre ^ienst^ und Brivatdepescheu Rechnung stellen, wovon si. dispensât sind, wenn sie von .^er ^rmä.htignng, Vriv^tdepesehen zu befördern. keinen Gebrauch machen. Es ist augen^ scheinlieh , dass es unter solchen Verhältnissen keine Eisenbahngesellschast vortheilhaft finden könnte. sich zur Beförderung von Vrivatdepeschen herbeiZulassen, und dass das Gese^ demnach gerade in Be^ug auf denjenigen Vnnkt, der für das verkehrende ^ubliknm von dem grössten Jnteresse ist, ein todtgebornes Kind bleiben n.usst...

Reben dem Art. l , welcher die ..Definition der ^ienstdepeschen und das Verbot, andere als solche dnrch die Bahutelegraphen zu befördern,

enthalt und neben den Art. 2, 4, 5, ^ und 8, welche speziell die Besör-

derung von Brivatdepeschen durch lettere beschlagen, enthält der Gese^sVorschlag in ^en Art. 3 un^ 7 Bestimmungen, die ans die Eontr^lirung der Eisenbahnverwaltnngen Be^ug habeu, und für sich augewendet werden können, wenn auch keine Gesells.hast sich mit der Beförderung von Vrivatdepesehen befassen wollte.

Endlich enthält ..er Art. .) die Bestimmung, dass der Bundesrath neue Eoueessio..e.u behuss Errichtung von Telegraphen ertheilen kann und der Art. l l) die ^trafbestimmnngen ge^en Uebertretnngen des Ges.^^es.

..^....nd^bl^. Jahr.^. .^lv. ^d. t.

^t

^0 So lassen steh denn die Motive, welche ursprünglich zur Bearbeitung des Gesetzesentwurfes Veranlassung gegeben haben , in den einzelnen Bestimmungen desselben wieder erkennen, ohne dass indessen gesagt werden dürste, dass der Gesetzesvorschlag ein gelungener sei..

Fassen wir die Mängel des Gesetzesentwurses zusammen, so ergibt sich 1 . dass er überhaupt der wünschbaren ..Klarheit mit Be^ug anf da...., was durch denselben erzielt werden soll, entbehrt, indem er namentlich die Bestimmungen über Eontrole und Beorderung von Brivatdepeschen durch die Eisenbahngesellschaften nicht gehorig ans einander hält.

2. dass er zwar die Beorderung von Brivatdepeschen als Dienstdepescheü durch die Gesellschaften zu verhindern sucht, das beste und wirkfamste Mittel aber, diesem Missbrau h zu steuern, nämlich die Besorderung von Brivatdepeschen als solcher durch die Ge^.llschasten nicht vorschreibt, sondern dem freien Ermessen derselben anheimstellt, 3. dass er solche Bedingungen an die Beförderung von Brivatdepeschen durch die Gesellschasten knüpst, dass voraussichtlich nicht eine einzige derselben von der durch Art. 2 eingeräumten Freiheit Gebrauch machen und demnach entweder der alte Missbrauch fortbestehen oder dem Bublikum mit Rücksicht anf die Benutzung der Eisenbahntelegraphen einen Raehtheil erleiden, resp. diejenigen Vortheile nicht erlangen wird, die durch subsidiäre Benutzung der Eisenbahntelegraphen erlangt werden können ; 4. dass es ^. Z. an den nothigen Ausschlüssen darüber ^bricht, ob der den Gesellschaften durch das Bundesgesetz über Bau und Betrieb der Eisenbahnen eoneedirte ^...rath, wie die Gesellschasten behaupten, überhaupt für die Beförderung von Brivatdepesehen nieht verwendbar sei oder ob, wie der Gesetzesvorschlag vorauszusetzen scheint, eine solche Verwendung stattfinden konne; 5. dass zwar eine Vermehrung der Eontrole über die Benutzung der Dienstdräthe durch die Gesellschaften am Platze sein mag, dass sie aber, wie bei Bearbeitung des Gesetzesvorschlages allseitig und wohl mit Recht angenommen worden zu sein scheint, doch nur in Verbindung mit solchen Einrichtungen gebracht werden sollte, welche zugleich den telegraphischen Verkehr erleichtern, daher die bloss auf die Vermehrung der Eontrole abzielenden Bestimmungen des Gesetzesentwurfes allein die Erlassung eines besondern Gesetzes
kaum rechtfertigen würden.

Jn diesen Ausstellungen an dem Gesetzesentwurs liegen nun ^u gleicher Zeit die Gründe, warum die Kommission glaubt, der h. Ständerath würde besser thun , statt in eine artikelweise Berathung des Entwurses einzutreten, denselben au den Bundesrath zu neuer Vorlage ^urück..

^uweiseu.

Bei neuer Bearbeituug dieses Gegenstandes dürften folgende Gesichtspunkte Berücksichtigung finden :

491 1. Vor Allem ist es gewiss als ein grosse... Fortschritt zu betrachten, wenn ..Depeschen, die ihrer besondern Beschaffenheit nach zweckmässig nur aus Bahnhöfen oder Stationsplätzen. aufgegeben werden , oder nach solchen bestimmt sind , durch die Bahntelegraphen befordert werden tonnen.

Ebenso ist es von arossem Vortheil, wenn an Orten, an welchen sich kein öffentliches, sondern nur ein Eisenbahntelegraphenbüreau befindet. eine Depesche aufgegeben oder abgenommen werden kann.

2. Eine solche Einrichtung kann ...ber nur getroffen werden, nachdem man sich zum Voraus davon überzeugt hat, einmal, dass bei der.

beabsichtigten Verwendung der Eisenbahndräthe der Bahndienst in keiner Weise gestört und sodann, dass bei der Expedition der Brivatdepeschen durch die Gesellschaften auch diejenige Regelmässigkeit und Schnelligkeit stattfinden werde, welche von telegraphischen Mittheilungen erwartet ....erden d..rf.

3.

Um hierüber Sicherheit zu erlangen, seheint es der Kommission

unerlasslich, dass aller weitern gesetzgeberischen Tätigkeit vorgängig die Bahngesellschaften über die Art, wie sich solche Einrichtungen zweetmässig treffen lassen und wie sie für ihre ...aherigen Leistungen zu entschädigen sind, gehört werden.

4.

Jst dieser Zweck erreicht, so ist es nothwendig, ein allgemein

verbindliches Gesetz zu erlassen. und es nicht bloss in die Willkühr der Bahngesellsehasten zu stellen, Vrivatdepesehen zu befördern.

5. Die Feststellung der Regeln , unter welchen die öffentliche und die Eisenbahntelegraphie in einander zu greisen haben, wird dann auch am besten die Mittel an die Hand geben, die Eontrole über die letztere, so weit es nöthig scheinen mag, zu verbessern.

^. Endlich nehmen wir an, dass bei allen diesen Reuerungen daraus Rücksieht genommen werde, der öffentlichen Telegraphenverwaltung so ^iele Einnahmen zu siehern, dass sie, wie von dem Herrn Telegraphendirektor in einem seiner Rapporte sehr richtig augeführt worden ist, in den ^tand gesetzt bleibt, die bestehenden Einrichtungen zu verbessern, das Retz auszudehnen und die Vortheile zu erhöhen, welche in der Leichtigkeit, ^ieherh^it und Wohlfeilheit telegraphischer Mittheilnngen liegen. Die Telegraphenverwaltung befindet sich hier in einer ganz andern Lage als die .^ostverwaltung. Wahrend die letztere auch die fiskalischen Jnteressen der Kantone im ^luge haben muss, welche ein Recht ans die Erträgnisse des Regals besitzen, so kann die erstere, ohne alle R..benrücksiehten nur dem einen Zwecke leben: den telegraphischen Verkehr in allen Richtungen zu vervollkommnen und ^u erleichtern. .^ie wird diesen Zweck aber besser erreichen, wenn sie ihre Ausgaben durch ihre eigenen Einnahmen decken kann, als wenn sie aus ^ubsidien aus der Bundeskasse verwiesen würde, welche sofort Veranlassung zur Beschränkung der Eredite und zum Rufe nach wohlfeilern Einrichtungen geben müsste.

492 Wir schlössen, indem wir Jhnen, Tit., folgenden Beschlussesantxag zur Annahme empfehlen : Der s c h w e i z e r i s c h e S t ä n d e r a t h , nach Brüsnng des vom Bundesrath unterm 8. Juli v. J. eingebrachten Gese^entwurses , betreffend die Eisenbahn - und koneedirten Vrivattelegrapheu, in Betracht : dass die sussidiare Benn^ung der Telegraphenbüreaur^ der EisenbahnGesellschaften zur Besorderung von Vrivatdepeschen und die Erlassung eines bezüglich^., allgemein verbindliehen Gesezes wünschbar erscheint, dass dieser Zweck voraussichtlich nur dann vollständig erzielt werden kann , wenn vor Erlassung des Gesezes die Eiseubahngesellsehasten über die ^u treffenden Einrichtungen gehort werden , dass a..ch eine Verbesserung der Eontrole über die Benutzung der den Gesellschaften koneedirten besondern Dienstdräthe angemessen erscheint ; dass der vorliegende Gese^esentwurs dem beabsichtigten Zwecke nicht hinreichend entspricht,

beschliesst: es sei der h. Bundesrath eingeladen , unter Berücksichtigung der vorangestellten Motive eineu neuen Gesetzentwurf einzureichen.

B e r n , den 24. Januar 1862.

Die Mitglieder der Kommission : .^en.^rd .^er.

Aepli.. Berichterstatter.

.^r.^rie ^eudre.

..^os. ^eber. von Glarns.

.^eroldin^en.

^.^o^e. Der S^nder.^h ha^ unterm 25. Januar den Antrag seiner .^om^ mission zum Beschlusse erhoben.

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Bericht der ständeräthlichen Commission, betreffend den Gesezesvorschlag über die Eisenbahn- und konzessionirten Privattelegraphen. (Vom 24. Januar 1862.)

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28.03.1862

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