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des schweiz. Konsulates in Bremen über das Jahr 18^1.

(Vom 1. Januar 1862.)

An den hohen Bundesrath.

Tit..

Weun in den politischen Verhältnissen Europas , in dem nun beendeten Jahre , der Zustand des bewaffneten Friedens ausrecht erhalten wurde - eiu Zustand , welcher bekanntlich den Staatsfinanzen wenig frommt un.... aus das gesammte Volkswirthschaftsleben , wenn nicht die zerstörende Wirkung des Krieges , so doch noch weniger die segensreiche des vollen Redens zu äussern vermag, so kann es nicht Wunder nehmen, dass aneh der Handel von diesem Zustande ganz wesentlich berührt wurde und in seinen Kombinationen ostere Storung erlitt.

Die traurigen Ereignisse in der neuen Welt aber grissen bei Weitem am markigsten in das Getriebe des Welthandels eiu. Mag sein , dass einzelne grossartige, ja beispiellose Gewinne, welche der Handel in gewissen Gebieten zeitweilig günstigen Eonjuneturen abbringen konnte , eben diesen Störungen zu danken sind ; jedenfalls ist es nicht zu verkennen, dass die durch jene Umwälzungen herauf beschworenen merkantilischen Verluste von weit grosserer Bedeutung sind.

Unser Platz war so glücklich, sich wenigstens die vereinzelt austretenden Vortheile der Situation in hohem Grade zu Nutze machen zu konnen.

Es mag diess Resultat bei deu intimen Beziehungen Bremens zu dem Zustande der in Selbstzerstörung begriffenen nordamerikanischeu ...Staaten aus den exsten Blick besremdeu, und fern sei es, zu behaupten, dass nicht einige Geschäsftsbranchen , worunter namentlieh das Vermitteluugs- und Aussendungsgeschäft deutscher und schweizerische.: Jndustrie - Gegenstände na.h Nordamerika anzuführen , bedeutend beeinträchtigt wurden und schwere Opsex bringen mussten, und dass nicht die Fortdauer der bestehenden Zustände Bremen in allgemeine Mitleidenschaft versehen müsste; allein Zweifelsohne hat gerade Bremen unter der Situation weniger gelitten, als mancher andere Platz des Kontinents , und das allgemeine Bild des

534 Bremer Handels im

Lichte.

vorigen

Jahre

erscheint in unerwartet

günstigem

Die beiden Hauptstapelartikel Bremens, T a b a k und B a u m w o l l e , in denen mau sich in Voraussicht der spateren Verkehrsstockung in den Vroduetionsläu^ern besonders ^versorgt hatte, sind diejeuigeu, welche den Importeuren und Handlern die reichsten Früchte trugen.

B a u m w o l l e , welche wir ^. B. im Januar sür midgl. RewOrleans hier 16 .^ Grote, in Liverpool 7 ^ Den. uotirten, war im Deeember nicht unter 25 Gr. resp. l2 Den. zu kaufen.

Dass bei diesem unerhörten Breisaussehwunge des Rohstoffs die Lage der Industrie eine immer bedenklichere wurde, war um so ...atürlicher, als derselben nieht nur eines ihrer Hauptabsa^gebiete, A m e r i k a , sast ganz verschlossen war, sondern auch der ^lbsa^ aus .den asiatischen Märkten unter mancherlei Einflüssen litt , und ungenügend sür eine der Steigerung des Rohstoffes auch nur annähernd entsprechende Hebung der preise der Fabrikate war. Eine Einschränkung des Verbrauchs wurde nach und nach zur Notwendigkeit ; sie begann in England im September, und war bis zum Schluss des Jahres aus 34 .^ gestiegen. Der Gesammtverbrauch in England wird auf 2,114,000 Ballen gegen 2,550,470 Ballen im Jahre vorher angegeben.

So glänzend aber das vergangene Jahr für den Baumwollenhaudel war , so traurig war es eben sür. die J n d u st r i e im Aligemeinen ; es mag ein Trost in dem Gedanken liegen , dass die je^ige Be^ sehränkung der Baumwollfabrikation eine wesentliche Abnahme der Lager der Fabrikate zur Folge haben und sich so ein um so gesunderes Geschäft sür später anbahnen wird.

Bremen

hatte

in B a u m w o l l e im legten Jal.re eine Einsuhr

von 139,766 Ballen und eine Ausfuhr vou 138,542 Ballen; es sind diess zwar kleinere Zahlen als im Vorjahr,

dennoch aber eonstatiren sie,

dass die hiesige Tätigkeit in der Vexm.ittelung des Baumwollenhandels

nicht nur nicht zurückgeblieben, sondern eher gewachsen ist, da sieh obigen Zahlen noch eine grosse Anzahl Vaxthien anreihen, welche von andern Märkten dem Jnlande durch hiesige Versender zugeführt wurden, aus welche diese durch die gegen das Ende des Jahres hier eintretende rasche Abnahme der Lager mehr und mehr angewiesen wurden. Die im legten Jahre (Monat) auch von hier staltgehabte Rücksendung von Baumwolle nach ^ew-^ork erwähne ich als eine denkwürdige Handelsanomalie.

Ueber die spezielle Ausfuhr vou Baumwolle nach der Schweiz werde ich nur erlauben, i u B e g l e i t d e r st a t i st i s ..h .. n T a b e l l e n , über die Ein- und Auss.chr Bremens demnächst zurückzukommen.

B r e m eu s T a b ... k h a n d e l , einem der ältesten und bedeutendsten Geschäftszweige, ist der amerikanische Bürgerkrieg entschieden günstig ge-

535 wesen ; denn durch die Blonde der südlichen Hasen der bereinigten Staaten wurde .eine fast beispiellose Preissteigerung jener (der nord...

amerikanischen Sorten) in Europa veranlag, die sich unsere Handelswelt in reichem Masse zu Rut^e zu machen wusste. Die ..^esammtein^ fuhr stellt sieh aus 860.831 Eentner Retto und die Ausfuhr auf 677,770 Zentner.

.

Die Ernten des Jahres 1861 in ^entuck.... und Mailand sowohl, als an eh hauptsachlich in Virilen müssen .durch die Kriegsbewegungen sehr gelitten haben, so dass selbst, wenn die gau^e Keutuck^ und Mari..land - Ernte ihren Weg zu den verschiedenen Eonsumtionspla^en finden sollte, doch eine fernere Breissteigerung für alle Sorten sehr wahrschein-

lieh wird, indem die ..^irgin^-Erute für die europaischen Markte bei der

Unmöglichkeit der Ausführung ganz wegfallen wird.

Jft aber das ...^eschaft in diesen Tabaksorten hier ...m Bla^e ein besonders gewinnbringendes gewesen, und haben dieselben hier eine so bedeutende Breiserhohung erfahren, so ist dieses ^e^lere in den Broduktionsländern und den Verschiffungshafen doch noch mehr der Fall. Die Breise find in Amerika je^t in Eents hoher, wie hier in Gxoten, geben also sür^s Erste noch gar keine Aussicht aus vorteilhafte Beziehungen. Darauf folgt, dass der Bremische Markt den verderblichen Einfluss des nordameri-^ kauischen Bürgerkrieges nun erst, aber um so schwerer empfinden wird.

Das A s s e e u r a n ^ G e s c h ä f t , welches hier durch 21 hiesige Eompagnien , durch 1l) Agenturen auswärtiger Gesellschasten (worunter die Schweizer Helvetia) und durch verschiedene Brivat - Asseeuradeurs vertreten ist , erlangte durchschnittlich eiu befriedigendes Resultat ; die gesammte Versicherungssumme von 6.) Millionen Thaler Gold steht mit der des Vorjahres auf ziemlich gleicher Hol.^e.

Bei der R h e d e r e i kann die Bevorzugung der neutralen Flagge im Frachtenmarkt unseren Schissen sowohl hiusichtlich der Beschäftigung, als a^ch hinsichtlieh der guten Frachtraten zu gute, und es wurde durch diese der Aussall , welchen die Bremer flagge im A^swauderergesehaft und iu der sonst gewohnten herbstliehen Beschäftigung i... Baumwollen-

transport zu erleiden hatte, theilweise ausgeglichen.

Das A u s w a u d e .. e r - G e s ch ä f t hat durch die amerikanische Krisis, welche eher die Auswanderung von Amerika nach.. Europa als umgekehrt beorderte, bedeutenden Abbruch gelitten, die Zahl der über Breme.^na^.h Amerika A...sgeu^.derteu betragt nur 17,5.)7 Bersoneu in 10.) .^ehiffen gegen 29,378 Bersonen in 157 Schiffen im Vorjahre.

Eine grosse A^ahl Schweizer (vou Amerika zurückgewanderten, der ^ewerbtreibeudeu^Klasse angehörenden Bersonen) hat fi^ bei dem hiesigen Eonsnlate pr^iseutirt . so viel iu meinen .frästen, habe ich denselben mit Rath^ und Hülfe ^.r ^^te gestanden. Die dem Bremischen Handel dienende

.536 f l o t t e besteht heute aus 483 Fahrzeugen (Seeschiffe) mit zusammen 113,432 Lasten ; davon fahren unter der Flagge von

Bremen

253 Seeschiffe mit 82,868 Last, unter der

Oldenburger

l 92

.Hannover

38

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,, 25,45.)

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5,105 ^,

Unter den 253 Schiffen hiesiger Flagge befinden sich .) Schrauben Dampfschiffe mit 7882 Last, dem norddeutschen Llohd gehor.g.

Der Llopd hat im Rovember den dritten Schranbendampfer H a n s a mit 22l7 Last (wohl das grosste der ganzen deutschen Handelsmarine) in die Rew^orker Fahrt gestellt, nnd lässt ein viertes bauen, wodurch eine

.regelmässige Bostpatet^Dampss.hisfahrt, alle 14 Tage von Bremen und Rew-^or.. abgehend, iu^s Leben tritt.

Die F a b r i k t h ä t i g k e i t hat , mit .^nsuahme durch grossere theils die hohen Tabakspreise , theils das .^ushoreu des sur die hiesige kräftige Etablissements vertretene Zweige, kein lohnendes Jahr gehabt;

Eigarrenfabril^.tion einen nicht unbedeutenden Theil ausmachenden Ei^arren-Er.ports nach Amerika, haben sie bedeutend assieirt.

Die G e l d v er h a l t ni s s e waren hier wahrend de... ganzen .Jahres normal. Abermals hat si.h die für Bremen segensreiche Wirksamkeit der ,,Bremer Bank^ bewährt ; die stattgehabten, zum Theil grossen Diseonto- Schwankungen anderer Borsen gingen hier fast spurlos vorüber, und der hochste Diseouto-Sa^ der Bank war nur sehr kurze Zeit 5 ^ , der Dnrchschnittseonto 3 ^..^ .^. Die Bank wird ihren Aetionären für das verflossene Jahr 14 ^ per .^letie oder 5 ^ ^ im Februar auszahlen.

Der B a u d e r E i s e n b a h n n a ch B r e m e r h a s e u ist voll^ndet, und es soll dieselbe den 23. d. Mts. dem Verkehr übergebeu werden.

Sie wird als ein glückliches Ereigniss zu begrüssen sein ; der schienen-

strang zwischen Bremen und den Docks in Bremerhafen bildet das le^te ^lied in der grossen Kette der Verbindungsbahnen zwischen der Wassermüudung und dem adriat.schen Meere.

Jm innigen Zusammenhange steht damit das Vrojekt, die Einfuhr-

^.eise , welche dem Staat Bremen ...irka 290,00..) Thaler Gold ehrlich einbrachte (^ ^ des Werlhs aller seewärts importirter Waare^.) und als unhaltbar erklärt werden muss , ab^schafseu, und dagegen eine U m^ sa^steuer einzuführen , wovon ich mir erlaube , das G u t ach.t e n d e r H a n d e l s k a m m e r einzusenden. Die Gese^vorlage soll demnächst .^or die hiesige Bürgerschaft gebracht werden , und ich werde später dar..ns zurückkommen.

Diese Aenderung eines der wichtigsten Bunkte des Bremischen Steuer.veseus ist vielleicht nur der Ansang zu noch tiefgehenderen Reformen desselben. Es gilt dabei für den Bremischen Handelsstand, mit frischem

537 Muthe sich in das Neue zu fügen, selbst da, wo es Gutes und Werthgewordenes zerstört, und im kühnen Anschluß an den notwendigen Wechsel Herr der Umstände zu bleiben. Einen R ückb l i ck auf das Jahr 1861 in eommereieller Beziehung, herausgegeben von den hiesigen Unterhändlern, habe ich mir erlaubt bereits einzusenden.

Jm Vorstehenden bezweckte ieh hauptsächlich, einen Berieht über Bremens Handel im Allgemeinen zu geben, und ich werde meinen Berieht ü b e r B r e m e n s H a n d e l s p e z i e l l m i t d e r S c h w e i z i n e i n e r b e s o n d e r n A b h a n d l u n g einsenden.

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Zweiter Bericht des

schweiz. Konsulates in Bremen für das Jahr 18^.....

(Vom 26. April 1862.)

Tit. l Mit Gegenwärtigem beehre ieh mich, Jhnen die tabellarische Ueberficht des Bremischen Handels im Jahre 1861, zusammengestellt von der

Behorde für die Handelsstatistik, zu überreichen.

Der Vergleich des Einsuhr- als auch des Aussuhr-Werthes zeigt für das letzte Jahr keine Zunahme im Verkehr zwischen der Schweiz und Bremen, bleibt vielmehr gegen das Vorjahr zurück, indem der Totalwerth der Einfuhr Bremens ans der Schweiz im Jahre 186l nur Goldthaler 92,t32 beträgt, ohne den Werth der Durchfuhr zu rechnen, gegen Gold-

thaler 162,742 im Jahr 1860 ^).

Der Werth der Aussuhr von Bremen naeh der Schweiz betrug im

Jahr 1861 Goldthaler 920,380 gegen 933,331 Thaler Gold im Vorjahre.

^) Siehe Bundesblatt .... .^. 18^1, Band II, Seite 1.^ Bundesblatt. Jahrg. .^v. Bd. II.

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Bericht des schweiz. Konsulates in Bremen über das Jahr 1861. (Vom 1. Januar 1862.)

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