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Schweiz. Konsulates in L i v o r n o über das Jahr 18^1.

(Vom 30. Januar 1862.)

Aa deu h o h e n Bundesrath.

Tit. l Wie das vorhergehende, gehort das eben verflossene Jahr 1861 Uebergangsperiode der politischen Neugestaltung Jtaliens, welche auch eingreifende Veränderung der früher bestandenen Handelsbeziehungen schen den verschiedenen, ehemals durch Zolle abgesonderten Theilen neuen Konigreichs nach sich zieht.

zur eine zwides

T o s k a n a , nun Provinz, ist reich an Landesprodukteu versehiedener Art, welche vorzugsweise über Livorno, dem einzigen ..Seehasen von Bedeutung, ausgeführt werden. Die aufgehobenen Douanen gegen den Kirchenstaat, Modena und Varma ermoglieheu nun einen Austausch im Jnnern, der natürlich unserem hiesigen Handel viele Waaren entzieht, während aus dem gleichen Grunde Sendungen nach eutsernten Provinzen wieReapel, Sizilien u. stattfinden, welche in frühern Reiten nur selten vorkamen.

Der Verschleiß von schweizerischen Mauufaeturwaareu war hier dieses Jahr aus zwei Ursachen kleiner als früher, wovou die eine permanent bleiben wird, die andere aber vorübergehend ist. Die hohen Zölle im neapolitanischen unter der frühen Regiernng unterhielten einen sehr ausgebreiteten Schmuggel, der durch bedeutende Waarensendungen nach dem Freihafen von Eivitaveeehia, von wo aus kleme Fahrzeuge ihren Weg in's Neapolitanische fanden, genährt wurde. Die Einführung des neuen sardinischen Zolltarifs hat diesem Erwerbszweig denHals gebrochen. Die Consumation von Schweizerwaareu ist nicht kleiner geworden, sondern eher grosser, da solche billiger verzollt werden, nur u..ird das Geschäft jetzt von der Schweiz direkt nach Reapel und den andern südlichen Seehäfen gemacht, was ans den Rapporten der betreffenden Consulate hervorgehen wird. Die andere Ursache ist vorübergehend, und besteht im Mangel an Eisenbahnverbindungen gegen Bologna, Aneona u. Lettere Stadt, ebenfalls Freihafen, versorgt nun in wenigen Stunden die Bedürfnisse des Landstrichs jenseits der Apenninen,

558 während von hier der Transport no.h langsam und thener ist. Sind die Ver^ bindnugen hergestellt, so wird auch iener Handel wieder lebhafter, da Livorno mit grosseren Waareulagern den Käufern mehr Auswahl bietet.

B e d r uckt e b a u m w o l l e n e ..... a s - u n d K o p f t ü eh e r.

Dies bleibt stets der bedeutendste Artikel und bildet eirea ^ des gauzeu Umsa^es in Schwe^erwaareu. Er vertheilt sich in viele Genres, sowohl.

solid als salschsärbige und Fautasie-Tüeher. Vom Glarnerproduet gehen nur

3 Grossen, nämlich ....^ Viertel (24^ breit und 22^ lang franz. Maass), 7^ Viertel und .) Viertel) Aechte .^ und ^ finden gar keinen Absa^,

während in den Fantasie ^ Artikeln (meistens .^..ommersa.l^n) alle Grossen und .Qualitäten gehen. Dem Artikel uso Merinos hat die Eoneurrenz von Annee..., und Bout einigen Eintrag gethan, indem er dort ans besseren. Tuch und einige Brodent billiger erstellt wird. Die Kuppenartikel finden wegen zu hohen Breisen weit weniger Verschleiss als.srüh^ hingegen hat die schottische Eoneurren^ in ordinären Waaren in den legten Jahren an Bedeutung verloren. Baumwollene Rastücher mit Battist-Appret gehen wieder besser.

G e w o b e n e R a s t ü eh e r, M a d r a s, in soliden Farben finden stets Abzug nach dem Jnnern, obschon die inländische Fabrikation nicht müssig bleibt. Falschrothe gehen nicht mehr.

Der Verkauf der bunten T o g g e n b u r g e r und A a r g a u e r Gewebe, wie .Colonnine, Eoutils, baumwollene Hosenstoffe, baumwollene Tischzenge ist nicht mehr bedeutend.

Ganze gute 34^ Eolouuine in ^wei kleinen blau und weissen i^ sind die Eorreutesten.

B a u m w o l l e n e S c h i r m s t o s s e verkaufen stch immer in ziemlicher Qualität, da deu^ inländischen Fabrikaten die Nachahmung noch nicht ge.^ Iungen ist. Die Engländer haben uns mit ihren glatten Stoffen und . dem ...^.eidenappxet geschadet; doch ist dies ein Fabrikat, das iu der Schweiz auch erstellt werden konnte und welches unsere Fabrikanten nicht aus dem Auge verlieren sollten.

G h i u g a m s haben keinen Absa^ mehr. Die ueuen Genres aus Saehseu, etwas theuerer, aber auch schoner, haben sie verdrängt.

B r i n t a n i e r s werden ebenfalls nur wenig mehr vertauft. Die Levantiner-Häuser beziehen sie direkt.

G l a t t e und b r o c h i r t e M o u s s e l i u e s werden hier wenig verkaust. Die Sehweizer^Reiseuden versorgen das Jnland direkt..

Der neue Zoll hat deu iuländischeu Eonsun.. von S t i c k e r e i e n ver^uindert, da er bei den geringern Waaren iu einzelnen .Fällen sogar

den Werth derselben übersteigt ; hingegen findet stets einiger Al.^.g nach

der Levante und besonders nach Marono statt. Der Hauptverkauf besteht iu St. Galler Waareu, welche die sächsischen au Geschmack .^er Dessins,

Ausführung und Billigkeit übertreffen.

Ju r o h e n . w e i s s e u u n d g e f ä r b t e n B a u u . w o l l e u t ü . h e r u sind wir von den Engländern verdrängt ; selbst Sarseuets , die früher in

55.^ ziemlichen ...Quantitäten verkaust wurden . sind je^t ein unbedeutender ..lrtikel geworden , da nun das ordinäre^uttertueh im Jnlande angefertigt und die bessere Qualität von den Engländern billiger und sehoner ge^ liefert wird.

Den Leinendrills schadet die inländische Eoneurrenz bedeutend..

Die hiesige Waare ist grober, aber stärker und billiger, zudem werden viel weniger Drillkleider als früher getragen.

Jn ordinären gewobenen B a u m w o l l e n s h a w l s in ^, ^, ^, ^, ^ und .^ besteht h^er ein lebhafter Verkauf. Dieselben kommen aus der Gegend von H o f (Bauern). Sollten die Sehweizerfabrikanten nicht eben so viel leisten konnen wie jene ^ Jch machte schon in emem früheren Rapport aus diese Fabrikation aufmerksam.

Von R o t h g a r n wurde seit einigen Jahren nichts mehr von dort

h.eher gesandt. Jm Jnlaud gedeiht diese Jndustrie und droht das El-

berfelderprodukt nach und uaeh ganz zu verdräugeu.

Türkisch rot he Tücher.

Hierin hat sich der Verkauf eher vermehrt als verringert , und es hat die Schwe^ die Eoneurren^ von keinem Lande zu befürchten. Stoff, Farbe und Druck werden aber stets schlechter.

Ein Fabrikant sucht den andern hierin ^u übertreffen , bis endlich die Eonsumeuten des Artikels überdrüssig werden und ^u etwas Anderm übergehen. Der Hauptverkauf besteht in M o u c h o i r s mit weiss allein und mit weiss und schwar^ ^ in illuminirteu uu^d Ramages ist der Verschleiss geringer. Jn b e d r u c k t eu Jndieuueu wird hier rein nichts mehr gemacht. von glatten gehen sowohl die ^ als auch die ^ breiten.

Der Verkauf von den gesärbteu Jndienuen, wie grün, blau, gelb, falschroth hat vollständig aufgehort.

J u d i e n n e n ^ T a p i s und J u d i e n u e n - 2 blen.

Erstere werden nun wieder mehr al.^ese^t. Es wird viel mehr als sruher auf eiue gute Qualität und ein schones Blau gesehen, wenn auch der Breis etwas hoh..r ist, lettere haben wegen geringer Qualität au Abs..^ verloreu , doch wird sich in Zukunft eine gute Mittel^ualität immer verkaufen.

E a s s i n e t s (.^igogn^ualität) haben ln den le^en 2 Jahren ihren hochsteu Buukt erreicht, uud es wurde hier wirklich ziemiieh viel, alles Schwei^erprodukt verkauft. Das englische war zu ger^.g , ^a^ prenssifche uud sächsische zu thener^ do.h wird der ^erkauf dieses Artikels dnreh die Eoneurren^ des Julaudes in den nächsten Jahren s.^hr leiden. Es werdeu nun hier beinahe gan^ wollene , wenn auch sehr grobe , so doch sehr starke Stosse um beinahe den gleichen Breis sabrieirt. Die ganz wollenen Sorten gehen wegen zu starkem Zoll nicht.

Ju s e i d e n e n Fichus (Mareellines) besteh^ im Sommer ein ziemlieh reger Verkauf, hauptsächlich in 24,^ welche sowohl wegen passenden

'560 Dessins, als auch in Bezug auf Ausführung in Zürich am besten ge..nacht werden.

Von Uhren und andern B i j o u t e r i e n , gegerbtem .^albs- und ^ lanz l. ed er fand ein reg..lmässig..r Verkauf statt, so anch in K a se.

Die hiesige Ausfuhr nach der Schweiz bleibt unbedeutend. Gegen ^.nde des Jahres wurden einige Bartien Schweinefett für SchweizerRechnung gekauft.

Der hiesige Handel war im Jahr 1861 nicht fehr belebt. Livorno unterhält mit Amerika einen bedeutenden Verkehr, der nun seit längerer

^eit beinahe stockt. Die hiesige Olivenölernte ist sehr gering ausgefallen,

und es wird daher nur ganz wenig von diesem Artikel ausgeführt. Hiezn .kommen noch die unvollständigen Eisenbahnverbindungen, während Genua mit den Legationen schon lange durch ...Schienen verbunden ist. Alle diese Umstände wirken hemmend auf den hiesigen Handel.

Von . L i v o r n o , als einem Freihasen, können die italienischen Vrodukte nicht frei in's vereinigte Königreich ^urückgesichrt werden. Die Re^iernng tritt daher dem hiesigen Handelsstand einen passenden Vla^ zur Errichtung eines Entrepots sür die italienischen Erzeugnisse ab , welche .un.... von verschiedeneu theilen des Staats zugeführt werden. Es hat sich noch keine Gesellschaft, welche dieses Projekt zur Aussül..rnng bringen ^oll, eonstitnirt.

Das Gerügt, dass Livorno ansl..oren werde, ein Freihasen zu sein .und Genua gleichgestellt werden soll, wo die unverzollte. Waaren in einem Entrepot zusammengedrängt sind, erhält sich, und man fand jüngst, dass einige osfentliche Aenssernngen des ^inanzministers, der ein Livorneser Bürger ist, darauf hindeuteten. Die Befürchtung dürfte sich verwirkl.i^.en , aber u..r in entfernter ^eit , da die Regierung sich scheuen wird, d^e Unzufriedenheit der Besser der Bankhäuser und einiger dadurch lei^ d^ender Jnduftrien zu erregen.

Au Eisenbahnen wurde ziemlich viel gearbeitet , besonders stark an der Linie von Livorno bis Ehiarone dicht an der römischen Grenze , so dass deren Eröffnung bald erwartet wird, von jenem Bnukt bis Eivitavecchia ist noch nichts projektirt. Die Fortsetzung der Bahn von Siena nach dem Süden ist nicht bedeutend vorgeschritten, Torrita ist der äusserste dem Vermehr übergebene Bunkt.

Die Linie gegen Genna ist von Vietrasanta bis ^nereeta vorgerückt .und wird im Laufe von 18.^2 bis Massa geführt werden.

An der Eisenbahn ^loren^Are^o^erugia , welehe in diejenige von Aneona nach Rom mündet, wird fleissig gearbeitet, und man sieht deren Vollenduug in nicht zu weiter Ferne entgegen.

Der Durehsteehung der Appeuinen stellen sich grosse Terrainschwierigke.iten entgegen und sind der Art, dass es schwierig ist, den Zeitpunkt der Vollendung ^r Bahn von Bistoja nach Bologna voraus ^n bestimmen.

561 Unsere Scheidemünze besteht in Lire Aliane im Werthe gleich den franzosischen Franken , hingegen eursixen nach wie vor die toseanischen Thaler zum fi^en Eurse von Fr. 5. 60 per Thaler.

Es liefen im Jahre 1861 im Hafen von .Livorno 1520 Dampfschiffe mit einem Tonneugehalt von 388,652 ein, wovon 770 mit italienischer, 6l 6 ,, franzofiseher, l 20 ,, englischer Flagge.

Die Zahl der Segelschiffe beträgt 5823 , mit einem Tonnengehalt von 474,338, wovon

Die

4770 ll)6 137 330

italienische, frauzosische, englische,^ griechische,

13^ ostreichisehe ^e.

Gesammtbemanuu^g aller Schisse zusammen belauft

7.),037 Seelente.

sieh aus

Es wurden im vergangenen Jahre 1,201,205 ^äcke Korn hier eingeführt. DerVorr.ath am 3l. Dezember beträgt 235,526 gegen 288,755 Endes .^es Jahres 1860. Ferner wurden immportirt:

10,707 Säcke Gerste,

60,184 ,, Pferdebohnen, 165,000 ,. verschiedene Getreidesorten, und es bleiben davon in Allem 3l ,^75 am Markt.

Die im vergangenen Herbst in Florenz stattgefunden^ Jndustrie- und Kunstausstellung brachte viel Leben und Verkehr nach jener ^tadt.

Die Bedeutung jenes nationalen Unternehmens wird im Rapport der eidgeubfsisehen Eommifsäre naher beleuchtet werden.

Die italienischen ^taatspapiere litten mehr als die andern unter der allgemeinen Entwertung. Die letzte 5 .^ Anleihe wird wenig über 65 notirt, Zinsen vom 1. Jnli. D^e frühere toseanische Anleihe von 30 Millionen erhielt sich ungefähr aus ihren. früheren Standpunkt, weil deren jährlicher Rembnrs rasch vorschreit..t ; hingegen ging diejenige von 12 Millionen mit Hypothek auf die Eisenberg- und Hammerwerke auf Elba und Folloni aus 88 zurück.. Die toseanischen 3 ^ Eonsoli^.es, ob.^ wohl dnreh Regiernngsbesehluss in bedeutenden Summen zur Loskaufung der Grundzinse verwandt, sind dennoeh ^u 41 ... 42 ^^, käuflich.

A^ch die Eisenbahn ^Aktien folgten dieser weichenden Tenden^ und stehen h.^te wie folgt: Livornese^ Eisenbahn, Rn^niessung vom 1. J^l. mit 5 ^^ Garantie der Regierung 68^ ^^. Schuldschein derselben mit Garantie der Regierung für die Auslosung und 3 .^ Zinsen 43^ .^ 44.

....^ieneser ...^ahn von Empoli ^.r romischen Grenze 53 à 54 ^.

..^.....d^bta^.

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562 Rur die Aktien der toseanisehen Rationalbank stiegen fortwahrend

und sind nun L. it. 1560 per Aktie von L. it. 1000 notirt. Rutzuiessung vom 1. Januar 1861. Die Dividende für 1860 betrug l 2 ^^, Prozent , und die diesjährige wird nicht viel kleiner erwartet. Der Zinsfuss der Bank war vom 1. bis ..3. Jauuar 5^ ^, vom 14. Januar bis

2. April 6 ^ und seither 5 ^. Bei privaten ist das Geld stets etwas billiger gewesen.

Jch drücke auch dies Jahr wie in srühern Rapporten mein Bedauern aus, keine wichtigen Veräuderuugen der Beziehungen zwischen der Schweiz und Toseana hervorheben zu konnen. Trotzdem dieselben für unsern Handel nicht von hervorragender Bedeutung sind, so ist dennoch der hiesige Platz stets von vielen jungen ...Schweizer.. zur Ausbildung ihrer kaufmännischen Kenntnisse besucht.

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schweiz. Generalkonsulates in N e a p e l fur das Jahr 18^1.

(Vom 8. Februar 1862.)

Au d e n hohen Bundesrath.

.Titl Mein Handelsbericht sur das Jahr 18^0^) hat bereits die gnten Wirkungen vom Inkrafttreten des piemoutesischen Zolltarifs fur den Einsuhrhandel nach Unteritalien erortert. Unbestreitbar hat die Lage. worin

sich das Jnnere des Laudes im Jahr 1861 befand. sowie die dnrch das

Räuberunwesen verursachte Unsicherheit und die sortwährend fühlbare Finanzkrise der normalen Entwiklung der Geschaste bedeutend geschadet. Allein

^) Siehe Bundesblatt v o .n J .. h r

B n d II , Seite 1.^.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Schweiz. Konsulates in Livorno über das Jahr 1861. (Vom 30. Januar 1862.)

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Jahr

1862

Année Anno Band

2

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28

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

19.06.1862

Date Data Seite

557-562

Page Pagina Ref. No

10 003 741

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