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Botschaft des

Bundesrathe.... an die h. Bundesversammlung, betreffend Ermächtigung zum Abschluss von Uebereinkünften mit der königl. niederländischen Negierung.

(Vom 29. Januar 1862.)

Tit..

Wie uur sehon in dem Berichte über unsere Gesebästsführuug pro 1860, Abtheilung Handels- und Zolldepartement, ,. augedeutet haben, befinden sieh mehrere Staaten Europas gegenwärtig iu einer Beriode der Umgestaltung ihrer Zollsysteme, welch ledere sieh besonders seit den durch die Verbreitung der Eisenbahnen total veränderten Verkehrsverhältnissen je länger je unhaltbarer erwiesen. Der im Jahr 1860 zwischen England und Frankreich vereinbarte Handelsvertrag kann als ein Beispiel der Einwirkung dieser Rustaude augesehen werden, indem er sür lezt..ru Staat einen vollständigen Systemwechsel in Zollangelegenheiten in sieh sasst. Es war zu erwarten, dass dieser bedeutungsvolle Sehritt Frankreichs nicht ohne Einflnss aus audere Länder bleiben werde, und wirklieh ist eiusweileu Belg i eu, im Jahr l 86 l, diesem Beispiele gefolgt durch Abschluss eines Haudelsvertrages mit Frankreich , der die gleichen Fortschritte auf der Bahn einer freisiunigern Handelspolitik beurkundet, wie der erstgenannte Vertrag. Weitere Unterhandlungen zwischen verschiedenen Staaten sollen gegenw.irtig im Gange sein. Wir sind dieser Bewegung mit grosser Ansmerksamkeit gefolgt , von der Ansicht ausgehend , die Schweiz , deren bedeutender, dnreh die bestehenden niedrigen Zolle in keiner Weise beein-

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trächtigter Markt den.. ..luslande Vortheile sichext , wie sie wohl sobald kein anderer Staat in so weit gehender Weise einem andern einräumen wird , habe ein um so begründeteres Recht , die Gleichstand luug hinsichtlich der ^olle in andern .Landern mit den meist begünstigten Rationen auch für sich in ^lnsprnch zu nehmen, als sie überdiess selbst diese GleichBehandlung längst grundsäzlich handhabt. Zahlreiche Schr.tte sind in Folge dessen von uns angeordnet worden, über deren Ergebniss wir später im Falle sein werden ein^uberiehten.

Um sich über die Bedürsnisse und Wünsche der schweizerischen Fabrikation und des schweizerischen Exporthandels in Beziehung auf unsere diessälligen Verhältnisse zum Auslande uäher zu unterrichten , veranstaltete unser Handels- und ^olldepartement im Dezember 1860 und Juli 18^1 eine Zusammenkunft von Fachmännern aus der Zahl der Mitglieder der Bundesversammlung, mit dem Ersuchen an sie, sich über alle obschwebenden handelspolitischen Fragen einlässlich zu äussern. Als Ergebniss der daherigen Verhandlungen konstatiren wir unter Anderm den bedeutenden Aufschwung des europäischen Verkehrs uach und von dem Osten Asiens während des legten Dezenniums, an welchem Verkehre die Schweiz

in sehr erheblicher Weise betheiligt ist. Die gegenwärtige Bedeutung dieses Handels geht auch aus dem Berichte des der k. preussischen Expedition nach jenen Gegenden beigegebenen k. sächsischen Handelskommissärs hervor, der den Verkehr von Schanghai in Ehina allein aus jährlich eirea

1000 Millionen ^ranken schäzt. Daraus erhellt das Bedürfnis^, in .^.ft-

asien mit thunlieher Beförderung für die Errichtung sehweizeriseh..r Kon^ sulate zu sorgen.

Jm Weitern wurde ^in jenen Znsammenkünsten namentlich auch betont, wie wünsehenswerth es für die Jnteressen der Sehwei^ fein würde, zu trachten, sieh mogliehft eng an H o l l a n d anzufchliesseu , dessen politische Stellung und geographische Lage, dessen freie Jnstitutionen , niedrige ^olle , bedeutende Marine und reiche Kolonien alle die Bedingungen in sich fassen, welche dem Verkehr von zwei Volkern gegenseitiges Gedeihen sichern. Da^u komme noch , dass Holland in Ostasien eine aehtungg.^bietende, einflussreiche ^telluug einnehme, wol^l geeignet, auch zu Gunsten der ^lngehorigen eines durch sreundsehastliehe Bande mit ihm verknüpften Staates mit Erfolg zu intervenire^ und denselben genügenden ...^chuz zu sichern.

Wir sehliessen uns dieser ^luschauungsweise mit Ueberzeugung an, und fügen noch bei, dass Holland weder auf dem europäischen Kontinente, noeh auf den überseeischen Märkten mit den Produkten der Schweiz in Konkurrent steht. Hinwieder verspricht die Begünstigung des sehweizerisehen Handels der holländischen Marine wesentliche Vortheile , und den holländischen Kolonialprodukten bietet sich in der Schweiz ein bedeutender Markt. Eine grossere Annäherung beider .^..aaten befördert demnach di...

280 gegenseitigen Jnteressen, und darin liegt wohl der hauptsächlichste Faktor, um eine engere Verbindung wünschenswert^ erscheinen zu lassen.

Von diesen Gründen geleitet, sahen wir uns veranlasst, nach vorausgegangenen , günstig ausgefallenen konfidentiellen Erkundigungen , den 30. September 1861 an die königl. niederländische Regierung die offizielle Anfrage zu stellen , ob sie geneigt wäre , mit der Schweiz in Unterhandlung sür einen Riederlassungs-, Handels- und Konsular -Vertrag zu treten , der auf dem Vrinzip der gegenseitigen Gleiehbehandlung mit den Angehörigen der meistbegünstigten Ration beruhen würde. Der k. niederländisehe Generalkonsul in der Schweiz, Herr Kommandeur F ä f ^ , antwortete hierauf, mit Rote vom 6. Januar 1862, seine h. Regierung sei zum Abschluss eines solchen Vertrages, der sich aus die von der Schweiz gewünschten Grundsäze stüzte, ganz geneigt, nur mochte noch in Ueberlegung gezogen werden, ob der gleiche Zwek nicht auch durch den Austausch einer einfachen Erklärung erreicht werden konnte, worin man sich gegenseitig Gleichbehandlung mit der meistbegünstigten Ration zusteherte. Die k. niederländische Regierung glaube, es wäre diess eiu kürzeres, die weitläufigen Details der Unterhandlung eines sormlichen Staatsvertrages beseitigendes Verfahren. Was die Zulassung schweizerischer Konsulate in den k. niederländischen überseeischen Besizungen betreffe, so lasse sich dieses Verhältniss dann durch eine Spezialkonvention reguliren, deren Jnhalt den durch Holland mit mehreren andern Staaten abgeschlossenen gleichartigen Konventionen, z. B. derjenigen vom 27. Juli 1857 mit dem Grossherzogthum Baden vereinbarten, nachgebildet würde.

Wir haben diese . Vorschläge der k. niederländischen Regierung in reifliche Erwägung gezogen, und finden vorteilhaft, sondern auch liberal und lenden Gesinnung getragen. Wirklieh schen Regierung beantragte Austausch

dieselben^ nicht nur annehmbar und von einer der Schweiz wohl.volkürzt der von der k. niederländieiner einsachen Erklärung, dahin

gehend, dass die beiden Regierungen die gegenseitigen Angehörigen in Zollen,

Steuern, Riederlassungssragen ..e., kurz in allen Theilen, bei sich den Angehörigen der meistbegünstigten Ration gleich behandeln wollen, das Verfahren gegenüber der Unterhandlung eines formlichen Staatsvertrages bedeutend ab, und sichert nichts desto weniger der Schweiz alle Vortheile zu, die zu erreichen in ihrem Jnteresse liegt.

Die Schweiz kann beim Abschluß von Handelsverträgen mit andern Staaten, im Hinblik aus ihre eigenen niedrigen Zolle, nicht leicht erhebliehe Konzessionen gewähren; sie ist desshalb anch nicht in der Lage, ansnahmsweise für sich besonders günstige Bedingungen zu beanspruchen.

Als leitendes Vrinzip für sie muss es somit sein, die Zusichernng der gegenseitigen Gleichbehandlung mit den meistbegünstigten Rationen anzu-

streben. Es dars desshalb, im Hinblik aus die noch bevorstehenden gleichartigen Verhandlungen mit andern Staaten, als ein günstiges Ereigniss

281 angesehen werden, dass dieses Brinzip auch in vorliegendem Falle zur Geltung und Anerkennung gebracht werden kann.

Es ist wahr, neue, materielle, greifbare Vortheile werden der Schweiz.

ans dem Austausche einer solchen Erklärung keine erwachsen, da, so viel

hierseits bekannt ist, in Holland gegenwärtig eine ungleiche Behandlung

gegenüber den Angehörigen einzelner Staaten nicht besteht.

Dagegen sind von einem derartigen Akte anderweitige günstige Einwirkungen zu erwarten. Die .Schweiz wäre nämlich dann sicher gestellt , dass für die Dauer der Erklärung keiner andern Ration Vortheile in den Riederlanden eingeräumt werden, in deren Mitgennss sie nicht sogleich ebenfalls treten würde. Diess ist in sofern von Wichtigkeit, als der bedeutende Handel oer Schweiz mit Holland für fo lange keine Differentialzölle, durch welche die Konkurrenz so sehr ersehwert wird, zu befürchten hätte. Ferner läge^ darin ein weiterer Stritt der Annäherung zwischen beiden Ländern, die, wie wir vorstehend gezeigt haben, sehr zu wünschen ist und ganz im Jnteresse der beseitigen Angehörigen liegt.

Die von der k. niederländischen Regierung vorgeschlagene .^orm, au der Stelle eines eigentlichen ^taatsvertrages über Riederlassnngs - nnd Handelsverhältnisse nur eine einfache Erklärung auszuwechseln, enthält für die Schweiz keine Reuerung, indem sie von ihr auch schon gewählt wurde, so z. B. bei Anlass der in Reapel zu Ungunsten der schweizerischen Fabrikate bestandenen Disferenzialzölle, wo, von uns dazu ermächtigt , das Handels^ und Zolldepartement den 24. ^ebruar 1860 eine ähnliche Deklaration ausstellt.., die Gleichbehandlung der Reapolitaner mit den Angelegen der in der Schweiz am meisten begünstigten Ration zusagend,

deren Auswechslung dann den 3. April 1860 in Reapel stattfand und die den 6.^13. Juli 1860 von der h. Bundesversammlung ratifiât

worden ist. ^) Es

erheben sich also auch in dieser Beziehung keine Be-

denken gegen die Vorschläge Hollands.

Damit Sie, Tit., sich über unsere Ansiehten in Bezug auf den Tert der auszuwechselnden Erklärung im Klaren befinden, legen wir hier ^wei Entwürfe einer solchen Erklärung bei. Ueber die endliehe Feststellung der Redaktion hat man sieh dann allerdings noeh mit der k. niederländisehen Regierung zu verständigen ; es dars sedoch vorausgeht werden, dass keine wesentlichen Veränderungen, und in keinem ^alle solche eintreten würden, welche den Sinn und Geist der ...^ache beträfen.

Wir kommen nun aus die vorerwähnte , von Holland beantragte Konsularkonvention zu sprechen, die den Zwek haben soll, die Errichtung schweig Konsulate in den konigl. niederländischen überseeischen Bedungen zu ermöglichen.

Jn der Einleitung zu unserm gegenwärtigen Berichte haben wir auf die grosse Bedeutung hingewiesen, welche der Handel mit Ostasien (Sunda-

^ Siehe eldg. .^sezsamml..ng. Band ^I, Seite 528 nnd 52^.

282 .Jnfeln, Philippinen, Siam, Ehina und Japan) in neuerer Zeit erreicht hat.

Für diesen Handel bildet B a t a v i a , die Hauptstadt von niederländisch .Indien, einen der bedeutendsten Zwischenstappelplä^e, den anch die grosse

privilegirte niederländische Handelsgesellschaft, ^ie Maatschapph, zu einem ihrer Hauptsize gewählt hat. Dort wenigstens sollte die baldige Errich-

tung eines schweiz. Konsulates ermöglicht werden, welche der Handelsstand dringend wünscht und angelegentlieh bevorwortet, und dessen Abgang bisher schon oster sehr bedauert wurde.

Hiezn ist aber der Abschlnss ^iner Konsularkonvention mit Holland unumgänglich nothwendig, da ohne eine solche die k. niederländische .Regierung die Aufstellung von Konsuln ten in ihren überseeischen Bedungen nicht zng.bt.

Die von der k. holländischen Regierung als Rorm vorgelegte Konsularkonvention. mit dem Grossher^ogthum Baden ist den von Holland mit andern ..Staaten vereinbarten derartigen Uebereinkommen, z. B. dem mit Belgien, gleichlautend, nur dass die Artikel, welche Marineverhältuisse .berühren, weggelassen sind. Das Brosekt bietet, vom schweiz. Standpunkte aus, keinen Anlass zu Ausstellungen, nur müssten wir wünschen, dass der Art. 5., welcher dem betreffenden Generalkonsul oder Konsul das ^echt ^ur Ernenuung von Vizekousuln en.ränmt, ganz weggelassen wür^e, ^weil es für die Schweig, welche in dieser Richtung s. ^. unangenehme ^rfahrungen in Brasilien gemacht hat, weder wünschenswerth, noch nothwendig erscheint, einem ihrer Generalkonsuln oder Konsuln das Recht der Ernennung von Konsularageuteu einzuräumen. Di.. k. niederländische

Regierung dürste übrigens voraussichtlieh g^gen die Streichung^ dieses Ar-

^ikels wol keine Einwendung erheben. Es ist in Bezug auf dieses ^rojekt noch zu bemerken, dass Holland damit der Schweig Konzessionen anbietet, ohne eigentliche Gegenleistungen ^u sordern, wodurch die Uebereinkunst denu.a..h un. so empfehlenswerter erscheint.

Beide mit Holland auszuwechselnden projektirten Aktenstüke, die ^Erklärung in Niederlassung- und Handelsangelegenheiten sowol, als die .Konsularkouvention konuuen nun aber in ihrer Wirkung formliehen Staats-

^ertragen gleich ; sie unterliegen desshalb der Ratifikation der h. Bundes-

Versammlung, ^ie aber in der gegenwärtigen S^nng nicht mel^.r eingeholt werden konnte, wenn die ..^riginalakten vorgelegt werden wollten. Run ^.ber wurde sür die Regulirung der Ried.^rlassungs- und Handelsbeziehungen ^.v.sehen Holland und der Schweiz die ^orm einer Erklärung hauptsäehIich desshalb gewählt, um die .^ache mogliehst ^u besordern. Es liegt ^iess sowol in den Wünschen der k. niederländischen Regierung, als im Jnteresse der Schweiz, und die gleichen Grunde sprechen auch für den beforderlichen Abschluß der prosektirteu Konsnlarkonveution.

Diese Gründe veranlassen uns daher, die allerdings noeh im Stadium der Unterhandlung befindliche Angelegenheit den h. Räthen jezt schon, in ihrer gegenwärtigen .^izung, um so unbedenklicher vorzulegen, als die

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Unterhandlung sich nur no..h mit de^n Wortlaut, nicht aber mehr mit dem Sinn und G..ist der Saehe selbst zu beschäftigen hat.

Moge die Wünsehbarkeit einer baldigen definitiven Erledigung der Sache aneh von Jhnen anerkannt werden und Sie bewegen , uns zu ermächtigen, sie vor der künftigen Sommerstznng in Vollziehung zu se.^.n, und namentlich ein schweizerisches Konsulat in B a t a v i a vorher zu errichten.

Wir schliessen daher unfern gegenwärtigen Berieht mit folgenden Anträgen : ^..ie h. Bundesversammlung wolle uns bevollmächtigen : 1. Gegenüber d^r R.^erung S. M. des Konigs der Niederlande eine Erklärung über R..gnlirung der Niederlassung^- nnd Handelsverh..ltnisse, im ^..inne der hier beiliegenden .^rosekte, endgültig auszustellen und gegen eine gleichlautende Erklärung Hollands anszuwechseln.

2. Mit der gleichen Regier....^ eine Konsularkonveution endgültig abzuschließen, welche, unter ...lnslassnng des Art. 5, der hier vorlieg...nden, zwischen dem Koni^reieh der Niederlande und dem Grossherzogthnm Baden vereinbarten gleichlanten würde.

Wir legen hier noch den Entwnrs eines hieraus bezüglichen BundesBeschlusses bei^ und erneuern Jhnen, Tit., die Versicherung unserer vollkommenden Hochachtung.

Bern, den 2.). Januar 1862.

Jm Ramen des fchwe^. Bundesrathes, ...^er B u n d e s p r ä s i d e n t :

Stampai.

^er Kanter der Eidgenossenschaft: ^ie.^.

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