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Aus den Verhandlungen der schweiz. Bundesversammlung.

Die am 30. Juli 186l vertagte ordentliche Zession ist am 13.

Januar 1862 wieder sorlgesezt worden.

Die Sizungeu der beiden Rathe werden von ihren Präsidien Ansprachen erofsnet.

Der Präsident gendes .

des Nationalrathes,

Herr K arre r,

mit

sprach Fol-

Meine Herren .

Jn der Sommersizung des Jahres 186l beschlossen die beiden R.ithe die Vertagung, so wie die Fortsezung der Simung im Jänner 1862.

Jn Folge Dieses Beschlusses sind beide Rathe heute wieder zusammen getreten zur Behandlung der rükstandigeu, so wie der noch einlangenden Geschäfte.

Das Traktandenverzeichniss ist Jhnen mitgetheilt worden, und Sie werden aus selbigem entnommen haben, dass zahlreichem .Geschäfte aus ihre Erlediguug warten.

Jn meinem am Ende der Sommersizung au Sie gerichteten Schlug worte sprach ich die Erwartung aus, uns Allle iu. Jänner 1862 wieder in der Bundesstadt versammelt zu sehen. .Dieser Wunsch ist, so weit es die Mitglieder des Nationalrathes betrisst, anch wirklich iu Erfüllung gegangen. dagegen haben wir deu Verlust zweier Mitglieder des ..Stände- ^

raths und eines Mitglieder des Bundesgerichtes zu beklagen , welehe der

unerbittliche Tod ans der Mitte .ihrer tiefbetrübten Familien hinweggerasst hat. Alle drei haben ihren.. engern und weitern Vaterlande nach Krusten gedient und verdienen es, dass wir ihrem Andenken einige Worte der AnErkennung und Liebe widmen.

Das Jahr l 86 l ist entgegen manchen nieht unbegründeten Besürchtnngen für unser theures Vaterland friedlich abgelaufen. Dennoeh ist dersenige Friede nieht vorhanden, welcher allein den Volkern Bestattet, an der Ausbildung ihrer geistigen und korperliehen Kräfte nut Vertrauen und Ausdauer werkthätig zu sein ; im Gegentheil herrscht überall eine Unbehagluhkeit, welche Handel und Wandel iähmt und den Glauben an bessere Reiten einstweilen nieht auskommen lasst. Dessen ungeachtet ist das Bild, welches nns unser Vater and bietet, immer noch eiu freund-

liehes uud glükliches im Vergleich mit den Zuständen, wie sie ander-

wärts sich gestaltet haben, und an diesem glüklieheru Zustande mogen unsere staatliehen Verhältnisse und der denselben als Grundlage dienende Grundsaz der Freiheit und G l e i c h . b e r e c h t i g u u g das Seinige beige-

tragen haben. Die Freiheit ist es, die Gleichberechtigung Aller, und der

vernünftige und praktische Sinn der einzelnen Bürger, welcher die ^..ei^ heit^neht zur Ziellosigkeit, sondern zur Gerechtigkeit werden lässt, diese^ sind es^ welche bei aller Verschiedenheit der Sprache, der Religion und der. Sitten und Gewohnheiten zu e i n e m Volke machen. Desshalb dieso erhebende Kundgebnug deseidgenosstsel.^n ^ffi^iersv^r..ius in Lugano ; desshalb ^i.. andauernde erhebende Haltung Genfs, deshalb das Zusammenstehen aller Eidgenossen. bei ^lnlass der furchtbaren Heimsnehnng vo^

Glarus, dessl..alb das bei jedem ..^lnlass sich geltend machende Gefühl der.

^nsamm.mhorigkeit in Freud und .Leid .

Wenn aber auch unsere .Zustande im .^rgleich mit andern .Ländern befriedigend sein mogen, und wenn a^.ch für den ^luge.^b.ik uns keine sofortige Gefahr zu drohen scheint, so .väre es d^nno h unklug, in unserer Wachsamkeit lässig ^u werben. Di.^ vergangenen und namentlich die ^wei legten Jahre haben uns gelehrt, w^er auf behend... Vortrage, noch ans ein gegebenes Wort unbedingt zu bauen; der einige Hort für uns ist.

das Vertrauen aus die eigene ^rast und ein strenges Einhalten au unser... Recht. ,,Mnth für alte Recht.. kommt alleu ..^olkern zu, ihr...

,,Massregeln zu nehmen zur rechten ^eit , nur den verständigen ; wer bis .,aus die Roth wartet, von dem geschieht .^lles leidenschaftlich^ übereilt, übertrieben,.^ sagt unser Geschichtschreib^r Müller. Wir habe.. bei unsere Beschlüssen in der Sommersi^ung in diesem Sinne gehandelt. Fahren wir fort, in diesem .^inne zu handeln, und ^ir ^...rden d.^r ^^.^^.st und ihren Vrüsungen mit Rnhe, ^tigkeit und ^..o^.rsi.h^. entg^^.^s^h^..^. ^ Jndem ich Sie, m .i.... Herren .^oll.gen, ^n .^er ...^undessta^t willkommen heisse, erklär.. ich d.e ^o^t.. ^.i.lst.. ^r ordentlichen ^izung von l8^l^2 erofsnet.

^ie Ansprache des Präsidenten vom ..^tän^erath tautet also .

Meine Herren Ständeräthe l Als der Ständerath nach einer Sizun^ von vier Wochen a^n 2.)^ Juli des abgeflossenen Jahres seine Berathuugen vertagte, blieben no.ch.

u.ehrere wichtige Geschäfte unerledigt. Es waren theils solche , über welche zwischen beiden ^esezgebenden Räthen Verständigung erzielt werden konnte, theils solche, welche bei dem Umstaude, dass vielen Mitgliedern ihre kantonalen ^lmtspfliehten e^n längeres Verweilen in der Buudesstadt nicht mehr erlaubten, noch gar uieht in Berathung genommen werden konnten. ^u leztern gehören vorzüglich^ der Gesezesenlwurs betreffend die Revision der ^Bostta^en , so wie jener die Eisenbahn- und eoneedirten Vrivattelegraphen, b...i welch' beiden Entwürfen dem ........tanderathe d^ Priorität der Berathnug zukommt. Durch den Eintritt unsers b^s^rige^ ^ Kollegen Hrn. Dr. Dubs in den Bundesrath entstand in den .^ou.mis^ sionen, welche diese Geseze vorzuberathen hatten, eine Lüke, die d.a.^.

Präsidium durch andere Mitglieder ergänzte Diese Gesezesentwürse si^

^)0 nun in der Zwischenzeit nnd absehliesslieh .noch in der legten Woche vor^erathen worden uud liegen ^ur definitiven Dnrchberathung bereit.

Wie Sie aus dem vor einigen Tagen uns ^gestellten Traktanden^..er^eiehniss entnommen haben, werden vom Bundesrath mehrere neue Gesehäste vorgelegt, die ebenfalls in der gegenwärtigen Session ihre Erledigung finden sollen. Als das namentlich mit Rüksi..ht auf die Bundesfinanzen nichtigste Trakta..dnm darf wohl das ^Ansuchen des Standes St. fallen um ^eine Bnudessubsidie für die Rheinkorrektion bezeichnet werden. Wenn die daherige Ausgabe in dem Masse, wie sie gewünscht wird, auf mehrere Jahre hinaus das Bndget des Bundes auch empfindlich belasten wird, so

ist sie gleichwohl nach meiner Ansieht mit Rüksieht auf Art. 2l der Bun.^

desverfassung gerechtfertigt , ^enn hier und bei einem ähnliehen offene liehen Werke iu einem westlichen Kanton, sur welches .wahrscheinlich noch in gegenwärtige Simung ebenfalls ein Beitrag nachgesucht werden wird , ^ilt es ^..r Hebung einer grosseu Kalamität, unter welcher ein Bnndes.glied. sehon seit Jahren schwer gelitten und die sieh jährlich ^u wiederholen droht, durch kraftige Mitwirkung des Bundes beizutragen. .Diese Unterstü^ung wird sich würdig derjenigen anreihen , die ^ie im legten ^ommer mehreren Kantonen zur Vollendung ihres ^trasseuue^s und zur Er-

stellnug militärischer Verbind.mgsstrass.m bewilligt haben. Bestreben wir uns Alle, diese Berathnugsgege..st..iude mit Umsicht, mit reifer Brüsnng

der vorwaltenden Verhältnisse und mit steten. Hinbllk auf das, was den.

Vaterland am meisten frommt, ^u erledigen .

Seit der Vertagung unserer Siznng haben sich mit unseren westlichen Rachbar verschiedene Konflikte erhoben , welche der vielseitig waltenden Missstimmung unserer Bevolkerun^ gegen denselben n^nen ^toff lieferten.

.^ind solehe bei eineni lebhasten Gränzverkehre , ^vie er ^wischen ^rankx^ich uud der Schweiz besteht, fast unvermeidlich uud daher in der Regel nicht von grosser Bedeutung , so musste gleiehwohl deren schnelle Auseiu....uderfolge überraschen und der Vern..uthung Ran^n geben , dass sie kaun.

unabsichtlich entstanden seien. Durch die Weisheit und Entschiedenheit ^es Bundesrathes und durch loyales Entgegenkon^uen von ...^eite der sran^osischen Regierung hat bereits einer dieser Anstände eine für die Schweiz ehrenvolle Erledigung gefunden , uud ein ^weiter steht den. Vernehmen uaeh einer befriedigenden ^osuug nahe. Roch^ ist hingegen ein dritter, allerdings ^..r ^ wichtigste Konflikt ..bezüglich der Verlegung des Schweizergebietes im Dappentl^al durch franzosische Gendarmerie unedle-

^igt. Da indessen das Hoheitsrecht des Kantors Waadt aus dieses Ge-

^iet durch süus völkerrechtliche Verträge. und dnrch 46sährigen unbestritten uen Besi^ sankt^onirt ist, so dürsen .vir wohl m.t Zuversieht erwarten, es werde dem Bundesrathe gelingen , ohne unsere gerechten Ansprüche im mindesten preiszugeben , unserm Recht volle und bleibende Anerkennung ^u verschaffen.

.)l

Doch sicherlich ein weit grosseres Unheil , als solche Konflikte mit dem Auslande, die auch in der ^uknnsk kaum ausbleiben werden , an sich sin^, wäre es sür unser Vaterland, wenn dieselben den Grund des ^erwürsuisses unter den Bürgern des ebenen Landes bilden und .^en An.ass zu gegenseitigen Anklagen bieten würden.

Mogen wir aneh über die Art und Weise, wie solche Anstände ihre Erledigung finden sollen, abweichender Meinung sein . mogen die Einen ein entschiedenes Vorgehen, die Andern kluge Mässigung für das geeignete Mittel halten , nnsre Ehre und nationale Selbstständigkeit zu wahren, so haben weder die Verfechter der einen noch der andern Ansicht ein Recht, die Vertreter der andern Anschauung des Mangels an Patriotismus oder gar der ^mpathie mit dem Auslande anzuklagen. Jeder Schweizer ist dem andern die Ueber^ Beugung schuldig , dass auch ihm des Vaterlandes Wohl über Alle.^ gehe, dem er sein Ho.hstes und Bestes sreudig zu opfern sähig sei. W..r aber in dem stolzen W..hne steht, nur er ..md seine Gesinnungsgenossen be-

fassen die ächte Vaterlandsliebe und die richtige Einsicht in dasjenige, was

ihm noth th..k . der dürste vielleicht im entscheidenden Moment an Opferwilliget und persönlichem Muthe Manchem nachstehen, dessen Bürgertuenden er früher mißtraute. Daher sei die gegenseitige Ahtnng der Ueberzeugu..g unser erstes Bestreben , indem nur sie jene Eintracht unter den Bürger.. eines Bandes zu begründen und zu unterhalten vermag, die in den Tagen der Gefahr stark und unüberwindlich macht l Jn dem kurzen Zeiträume von fünf Monaten, seitdem wir unsere Siznng vertagten, hat .^er Ständerath zwei seiner Mitglieder durch den Tod verloren. Während Herr W e n g e r , der Abgeordnete von Waadt, bereits an der Schwelle des Greiseualters stand, und desseu Ableben schon im vorigen Sommer von uns befürchtet ward, wnrde Herr Viee-Landammann A f s o l t e r vo.. .^.olothurn nach . kurzer Krankheit in der Vollkraft seiner Jahre seiner zahlreichen Familie und seinem Heimathkantou entrissen. Beide haben auf die Reugestaltung und den Fortschritt ihrer Kantone wesentlichen^ l^in..

fluss geübt ; jener vorzüglich in dem vorlezten Deeennium , dieser in den lezten sechs Jahren seines Lebens, wo er mit seinem gegenwärtig schwer kranken Freunde wie in der Beamtung , so an Einfluss au der Spize seines Kantons gestanden hat. Bewahren wir den heimgegangenen Kollegen, mit denen viele von uns seit Jahren in dieser eidgenössischen Stellung gewirkt und sreundschastliche Beziehungen unterhalten haben, ein wohlwollendes Andenken l Jndem ieh ...^ie, Herren Ständeräthe, beim Beginn unsers neuen Tagewerkes noch sreundlich willkommen heisse, erkläre ieh die zweite Abtheilung der ordentlichen ^izung des Ständeraths von 1861 für eroffnet.

92 Jm Ständerath sind als ueugewahlte Mitglieder erschienen .

Für ^ürich.

,,

Herr Vrosessor Dr. J. J.

.)iütt.ma.... , von

Reg^.nsberg , in ^ür.eh.

Bern:

.,

,, ^ Sehw^ .

,,

..

^ug .

,,

,,

Solothurn .

,,

,, Basel-Landsehast .

,,

,,

Aargau.

,,

. ,.,

Waadt.

,,

Grossralh Joh. Ulrich . L e u m a n n , von ^angnau, in Lo^vvl.

Regiernngsrath Joseph v. H e l t l i n g e n , ^ von und in Schw..^.

..^.le.l. Doctor Kaspar K e i s e r , V.^epräsident des ^rossen Rathes, von und in ^ng.

Re^erungsrath Aman^ Jecker, von Mümli^w.^l , in Solothnrn.

^andrath ...lutou v. Blarer, von und in ^ ^Aefch.

Grossrath Fridolin S täub le, Fürsprecher, von und in Mahden.

^rossrath lavier G o t t o f r e v , ^ürspre^er, von Eehallens, in Lausanne.

Jn Erse^ung des wegen Krankheit abwesenden Herrn V ig i er, von ^olothurn, ist .für die ^aner der gegenwartigen Session Herr Ed. Häberlin, von Weinselden, zum Vizepräsidenten des Ständerathes gewählt worden.

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18.01.1862

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