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der

Kommission des schweizerischen Ständerath.... über den am

8. August 1861 zwischen der Schweiz und dem Königreich Jtalien abgeschlossenen Postvertrag.

(Vom 21. Januar

1862.

Tit..

Rachdem der am 21. Oktober 1850 in Turin unterzeichnete Bostvertrag zwischen Viemont und der Schweiz , nebst mehreren demselben später hinzugefügten Ergänzungsbestimmungen, im Jahre 1856 abgelaufen war, machte die sardinische Regierung selbst der Schweiz den Vorschlag, die früheren Verträge zu revidiren, um eine gegenseitige Uebereinlunft zu erzielen, die mit den neuen Bedürfnissen der internationalen Begehungen und mit der neuen Gestaltung, welche Jtalien im Verlaufe der Unterhaudlungen angenommen hatte, mehr in Einklang stünde.

Die Schweig ging auf diese Einladung ein, und es wurde endlich am 6. Rovember 1859 ein neuer Vertrag abgeschlossen, der in der Vostverbindung zwischen beiden ...Staaten wesentliche Verbesserungen einführte.

dieser Vertrag ist jedoch. nie von der .italienischen Regierung ratifieirt worden , auch wurde er niemals der Bundesversammlung zur Bestätigung vorgelegt. Es wurde derselbe von den beiden kontrahieren Staaten vom 1. Rovember 185.) an nur provisorisch befolgt und später durch neue Uebereinkünfte ergänzt, welche einige schweizerische Postdienste ans italienischem Gebiete, die Auszahlung durch Bostmandate und mehrere andere Eiuzelpunkte regulirten. .

Aber diese ganze Einrichtung war nur

eine provisorische,

die des

Stempels der Einheit und Gleichartigkeit entbehrte. und obgleich man sie ,mit vollem Rechte als einen Bahren Fortschritt aus der Bahn der Verbesserung der internationalen Beziehungen zwischen der Schweiz nnd den andrängenden Staaten anerkannte , so nu.sste man doch darnach

449 trachten , diesen so wichtigen Zweig der öffentlichen Verwaltung auf einem ausgedehnteren, behaglichern und vor Allem harmonischeren Fusse einzurichten.

Desshalb kann die kommission dem Bundesrathe nur ^ank wissen , dass er durch Vermittlung des schweizerischen Geschäftsträger zu Turin mit der italienischen Regierung neue Unterhandlungen angeknüpst und den Abschluß des Vertrags vom 8. August 1.^61, welcher Gegenstand dieses Berichtes ist, herbeigeführt hat.

Schon bei der ersten Brüsung dieses Vertrags hat die Kommission kein Bedenken getragen , ihn als einen neuen Fortschritt . auf der durch den Vertrag von 1850 betretenen Bahn und als eine wahre Wohlthat für das schweizerische Bnblikum zu begrüssen.

^ie so ausführliche als motivirte Botschaft, in welcher der Bundesxath diesen Vertrag der eidgenössichen Bundesversammlung zur Ratifikation empfiehlt ^), enthebt uns der Vflicht, alle darin enthalteneu Bestimmungen einer umständlichen und kritischen Brüsung zu unterwersen. Jndessen können wir uns nicht enthalten, vor Allem auf den grossen Vortheil aufmerksam zu machen, der sür beide Staaten aus der einzigen Thatsache erwächst, dass durch ihn die verschiedenen provisorischen Bestimmungen, die s^t 1856 das Vostwesen zwischen beiden Rationen regelten, den Charakter der

Stabilität, der Gesezlichkeit und der Gleichförmigkeit angenommen haben.

Was die einzelnen Vunkte des Vertrags und die Vortheile anbelangt, die daraus sowohl für die Eidgenossenschaft als sür das sehweizerische Bublikum entspringen, so wäre es uns nicht wohl moglich, dieselben aus eine bündigere und zugle.ch vollständigere Weise auszuzählen, als es der Bundesrath am plusse seines Berichts gethan hat. ^esshalb halten wir es sür mehr als genügend, den in der oben erwähnten Botschaft kurz zusammengesassten Jnhalt hier wortlieh anzusühren ^), und behalten uns vor, während der Diskussion geeigneten Orts die Tragweite und Bedeutung eines jeden Artikels des Vertrags mündlich hervorzuheben.

Uebrigens hat Jhre Kommission die finanziellen Resultate des neuen Vertrags nicht ausser ^leht gelassen . aber nachdem sie die ihr zur Ver-

fügung gestellten ...lktenstüke geprüft und das Gutachten der Beamten der eidgenössischen Voftverwaltuug eingeholt, hat sie die Ueberzeugung gewinneu konuen , dass die .^..pser , welche derselbe der Buudeskasse auserlegt, uustreitig den ..^ortheilen nachstehen, die er dem Handel, der Jndustrie und dem gemeinen Besten zuwendet.

Zwar wird der grosste Verlust, den unsere Kasse durch die Reduktion von 10 Eeutimen aus die Ta^e eines jeden zwischen beiden Staaten sran-

^ Siehe Bunde.^blatl. ..,. J. 18^1, .^and III, Sei^ 2I7.

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^8.

450 kirten Briefes wird erleiden müssen, für die erste Zeit der Ausübung des Vertrags aus Fr. 20,000 geschäht. aber, abgesehen davon, dass dieser Verlust zum grossen Theile durch die Vermehrung der Einkünfte ersezt wird, auf welche die Schweiz in Folge des gegenseitig angenommenen ^..rundsazes der gleichen Theilung der internationalen Ta^.en angewiesen ist (eines für die Schweiz hochst wichtigen Grnndsazes), fo unterliegt es auch keinem Zweifel, dass der Verlust, von den. es fieh hier handelt, in Zukunft nicht nur vollständig ausgeglichen, sondern auch durch die Zunahme der brieflichen Korrespondenzen, welche die regelmässige, schon so manches Mal konstatirle Folge der Herabsezung der Briestax^e ist, durch einen Ueberfehuss an Einnahmen wird ersezt werden.

^Jedenfalls bleibt es eine unbestreitbare Thatsache, dass die Verminderung der Einnahme, die einzig und allein den Zwek hat, den gegen-

feitigen Verkehr, d. h. das aussehliessliche Jnteresse des Bublikums zu

begünstigen, selbst vorausgesezt, dass sie sieh in irgend einem Masse verwirklichen sollte, beiden kontrahirenden Staaten in gleicher Weife zur Last fallen wird.

Da wir gerade die für die Schweiz so günstige Errungenschaft des Grm.dsazes der Theilung der Ta^eu zu gleichen Tl.eilen erwähnt haben, so ist es unsere Bflicht, nicht m.t Stillschweigen zu übergel^.n, dass, um

dazu zu gelangen, die schweizerischen Delegirte.. ihrerseits sieh genothigt sahen, in eine Herabsezuug der früheren Ta^en zu willigen, die von den.

Transite der verschlossenen Depeschen zwischen Jtalien und Deutschland, und umgekehrt, erhoben wurden. Diese Herabsezung wird, eintretenden-

falls, ein jährliches Defizit von etwa Fr. 6400 herbeisühren. Aber

wir beeilen uns hinzuzufügen, dass sür den Augenblik und .bis zu einem Zeitpunkte, der zu bestimmen sehr schwierig sein dürste, die Schweiz in der Wirklichkeit in dieser Beziehung keinerlei Verlust zu erleiden haben wird, weil die aus Jtalien kommenden, unser Gebiet durchlausenden und nach Deutschland bestimmten Korrespondenzen, und umgekehrt, gegenwärtig dureh offene Depeschen besorgt werden, deren Ta^e mehr als hinreichend ist, uusere Auslagen zu deken und die durch andere Bestimmungen des neuen Vertrags verursachten Einbußen zu vergüten.

Wir wiederholen also mit voller Zuversicht, dass die finanziellen Opfer, die uns durch gegenwärtigen Vertrag auserlegt werden, den ...^ortheilen weit nachstehen, die er der Schweiz zusichert.

Wenn man ferner diesen Vertrag ^ mit demjenigen vergleicht, welcher am 2^. Rovember l 84.) zwischen der Schweiz und Frankreich abgeschlossen wurde, so spricht das Resultat einer solchen Vergleichung ganz zu Gunsten des neuen Vertrags mit Jtalien.

Denn in der That verlangt der Vertrag mit Frankreich

1) anstatt eine Theilung der Ta^en zu gleichen Theilen zuzugesteheu, dass dieselben zwischen den beiden Verwaltungen nach gewissen Proportionen

451 vertheilt werden, die sich nach der auf den respektioen ..gebieten durchlausenen Wegstreke richten.

2) Das Gewicht eines einfachen Briefs ist aus 7...^ Gramm, anstatt aus 10 festgesezt.

3) Die Tax^e eines einfachen Brieses für den ersten Kreis (rayon^ beträgt 20 Centimen, anstatt 10.

4) Dieser erste Kreis beträgt nur 30 Kilometer zwischen dem Abgangs- und dem Bestimmungsbüreau , während man mit Jtalien über einen Kreis von 45 Kilometer, und zwar nicht zwischen den beiden mit.

einander korrespondirenden Büreau^, sondern von dem einen der beide...

Bureau^ bis zu einem bezeichneten Punkte an der ..kränze übereingekommen ist.

5) Ueber diesen Kreis hinaus ist der eiufaehe Brief zwischen der Schweiz und Frankreich auf 40 Centimen ta^irt, d. h. um 10 Centimen hoher als mit Jtalien.

6) Die Transitta^en durch Frankreich find bedeutend hoher, als. d^ durch Jtalien.

7) Dasselbe gilt von den Druksaehen und Waarenmustern.

8) Jn Folge späterer, nach dem Abschlusse des Vertrags mit Frankreich getroffener Uebereinkommnisse hat lezteres das Reeht, alle nicht genügend frankirten Briefe als nicht frankirt zu tax,iren , ohne dabei den Werth der auf der Adrefse angehefteten Briefmarke in Anschlag zu bringen.

Die Differenz ^wisehen der vollständigen Ta^e und dem Werthe dex Briefmarke wird nur dann zurükerftattet , wenn der Umschlag oder der Brief vorgewiesen und hinterlegt wird, was augenscheinlieh mit vielen Umständen und Unannehmlichkeiten verbunden ist. .^un finden wir aber von diesen Uebelftänden keine Spur in dem Vertrage mit Jtalien, dessen

Artikel 13 verfügt, dass ein nicht genügend frankirter Brief als unfran-

kirt betrachtet und als solcher, mit Abzug des W e r t h s der Briefmarke, tax^irt werden soll.

Wir konnten diese Vergleichung noch weiter ausführen, aber wir glauben genug gesagt ^n haben, nm zu beweisen, dass selbst den übrigen internationalen Verträgen gegenüber, der unläugst mit Jtalien abg..schlossene in jeder Begehung der vortheilhastefte ist.

Jndess leidet auch er au ein^r ^ü^., auf die wir die Aufmerksamkeit des Ständeraths lenken müssen, wiewohl Dieselbe durchaus nicht dem Mangel an gutem Willen des einen oder des andern der kontrahirenden.

Staaten Angeschrieben werden kann. Sie besteht darin, dass die .^erwalt.^ug der italienischen Boften, da sie den Trausport von MessagerieArtikeln und Valoren privaten überlassen hat, sich nicht iu der Lag....

befand, in den neuen ^ertrag irgeud eine hierauf bezügliche Bestimmung auszunehmen , ein Umstand , der für die Schweiz allerdings seine Unannehmlichkeiten hat. Jedoch ist uns auch hier die Hoffnung gelassen, dass

452 mit der Zeit die italienischen Bosten, sowie diess in der Schweiz bereits der Fall ist, sich ebenfalls mit der Befordernng von Valoren befassen werden, und ein besonderer Artikel des Vertrags (Art. 34) verordnet in dieser Beziehung, dass, sobald diese vorausgesehene Veränderung eintritt, beide Staaten diese Erleichterung in ihrem internationalen Verkehre ein^ führen sollen.

Einstweilen ist der Artikel 35 dazn bestimmt, dem Bublil.um beider Länder die Möglichkeit zu gewähren, sich mittelst Vostmandaten Geldsummen zu übersenden. ein Versahren, das bereits in Folge eines .^ertrags vom 20. Dezember 1860 provisorisch in Kraft getreten war, das aber durch den neuen Vertrag den Eharakter der Stabilität annehmen wird, der allein geeignet ist, dem Publikum Vertrauen einzufassen und tu einem Verwaltungszweig, welcher Art er auch sein mag, die erforderliehe Ordnung einzuführen.

Zwar beschränkt das dem Vertrage beigefügte Ausführungsreglement das Maximum der Summe eines jeden Mandats auf Fr. 150; aber Jhre Kommission gibt sieh der Hoffnung hin, dass, angesichts der unläugbar günstigen Stimmung, mit welcher der erste Versuch dieses Systems sowol in der Schweiz, als auch in Jtalien begrüsst worden ist, der hohe Bundesrath es sich werde angelegen sein lassen, die italienische Regierung, aus Gründen für das beiderseitige Jnteresse, zur Ausstellung von ausgedehnteren Bestimmungen zu bewegen, sobald das Bedürsniss solche erheischen wird.

Bevor die Kommission ihren Bericht schliesst, hält sie es sür ihre Vflicht, den.. hohen Ständerath die Versicherung zu geben, dass sie es uieht unterlassen hat, die ..^.praehf.^ler einer genauern Vrüsuug ^u unterwerfen, die sieh in dem offiziellen franzosischen Ter^te des Vertrags vorfinden, und denen in der der Botschast des Bundesraths beigesügten An^merknng Erwähnung geschieht. Jhre Kommission hat sie aber so nnbedeutend und so unschuldig gefunden, dass sie ihr sür den Augenblik die Ehre einer Verbesserung nieht zu verdienen scheinen. Zudem findet sieh in der deutsehen llebers^ung teine Spur davon.

Aus den oben angesührten Gründen gibt sich die Kommission die El^re, dem Tit. ^täuderathe einstimmig vor^usehlag.m : a.

dem am 8. August 1861 in Turin zwischen der schweizerischen Eidgeuosseusehast und dem Komgreiche Jtalien abgeschlossenen Bostvertrage, sowie dem Protokolle vom l 6. Dezember 1861, das den Artikel 15 dieses Vertrags in Beziehung auf das Gewicht der Waarenmufter einer Abänderung unterwirft, seiue Geuehmigung ^u ertheilen ;

b.

den Bundesrath zu ermächtigen, den Tag des Jnkrafttretens besagten Vertrags, im Einverständnisse mit der Regierung des Konig-

453 reichs Jtalien, zu bestimmen, sobald die Ratifikationen in regelmassiger Form gegenseitig werden ausgetauscht sein.

B e r n , den 21. Januar 1862.

Die Kommission des schweiz. Ständeraths : Beroldingen, Berichterstatter.

Ed. .Berlin.

Stähelin.

M. Zer.

Romedi.

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den schweizerischen Nationalrath, erstattet von der mit der Prüfung des Postvertrags mit dem Königreich Jtalien beauftragten Kommission.

(Vom 24. Januar 1862.)

Tit..

D..r lezte Vostvertrag zwischen der Schweiz und dem Königreich Sardinien ist vom 21. Oktober 1850 datirt. Derselbe wurde Rameus der Eidgenosseuschast dureh Herrn Laroche-Stehelin von Basel für die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen , nach deren Ablauf er bis auf weitere entgegenstehende Verabredung von einem Jahre zum andern stillschweigend fortdauern sollte.

Mehrte Ergänzungsbestimmungen hatten demselben bereits eine wei.tere Ausdehnung gegeben, als im Jahre 1856 die sardinische Regierung den Abschluß eines neuen Vertrags verlangte. Die demgemäss eingeleiteten

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Kommission des schweizerischen Ständeraths über den am 8. August 1861 zwischen der Schweiz und dem Königreich Italien abgeschlossenen Postvertrag. (Vom 21.

Januar 1862.

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Bundesblatt

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Jahr

1862

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

14

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

22.03.1862

Date Data Seite

448-453

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10 003 658

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