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Ans den Verhandlungen der schnitz. Bundesversammlung.

Ain 2. Juli 1860 sind die gesezgebenden Räthe der schweiz. Eidgenoffenschast zur ordentlichen Sommersession zusammengetreten.

Der abtretende Präsident des Nationalrathes. Hr. Perser im Hof, hielt folgende Eröffnungsrede :

Tit. !

Als Sie bei unserIu lezten Zusammensein nicht den Schluß, sondern nur die Vertagung der Sizung aussprachen , giengen Sie von der Vorausseznng aus. es dürfte die Frage, welche damals den Gegenstand Jhxer Beratungen bildete. wol vor der ordentlichen Versammlung dieses Jahres Veranlassung zu einem nochmaligen Zusammentritt der eidgenössischen Räthe geben. Diese Voraussezung ist nicht in Erfüllung gegangen. Aber wenn auch bisanhin bei der seitherigen tatsächlichen Entwiklung der Savoyerfrage den Ansprüchen und Jnteressen der Schweiz nicht in einer Weise Rechnung getragen worden ist. wie sie es inI Hinblik auf ihre völkerrechtliche Stellung zu erwarten berechtigt war, so hat die Bundesexekutive hierin doch keine Veranlassung gefunden, den Boden der diplomatischen Verhandlung zu verlassen und weiter gehende Maßregeln einzuleiten.

Die Bundesversammlung wird die sachbezüglichen Mitteilungen des Bundes..

rathes ihrer Prüfung unterstellen. Aber wenn wir auch bis dahin unser Votum in dieser Angelegenheit suspendiren , so darf doch immerhin heute schon die Ueberzeugung ausgesprochen werden, daß die große Mehrheit des Schweizervolks mit einer Politik einverstanden ist. welche Fragen, wie die vorliegende. nicht als solche betrachtet, von denen Sein oder Nichtfein des Vaterlandes abhängig zu machen ist.

Jch will Jhre Geduld nicht durch eine weitere Ausführung dieser Anschauungsweise auf die Probe stellen; wol aber kann ich mich nicht enthalten, eines Momentes zu gedenken, welches bei der durch die Savoirfrage hervrgerufenen innern Bewegung zu Tage getreten ist.

Erlauben Sie mir vorher einen Augenblik auf England hinzweisen.

.Dort wird parlamentarische Freimütigkeit und rücksichtslose öffentliche Kritik der eigenen rechtlichen und politischen Stellung gerade in Fragen der äußern Politik in einem Maße geübt, wie nirgends anderswo, und es find nicht etwa nur politische Schwäzer, welche sich vernehmen lassen, nein, es sind unter den großen Staatsmännern in der Regel die größten, welche in dieser Weise, und zwar gerade in den schwierigsten Momenten, ihrem Lande die größten Dienste leisten. Dabei ist es aber noch nie

:^ vorgekommen, daß man ihneu d e ß h a l b Verlezung der Laudesinteressen oder Kleinmütigkeit vorgeworfen hätte.

Jn nnserin Lande hat es anders tönen wollen; und ich gehe wol nicht zu weit, wenn ich sage, daß wir Republikaner in Bezug auf objek.^.

tive und gerechte Würdigung abweichender Standpunkte und gegnerischer Ansichten noch zu lernen, noch fortzuschreiten haben.

Und doch, Tit.! sollte eine solche Würdigung wol möglich sein.

Stehen wir im Wesen doch Alle auf dem gleichen Boden. Wir haben Alle den festen Willen, daß auch nicht der k l e i n s t e Flek unseres schweizeri..

scheu Bodens uns entrissen werden dürfe: wir Alle find bereit, einzustehen

für die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit unseres Vaterlandes,

entschlossen, wo immer es sich um s c h w e i z e r i s c h e s Gebiet handelt, unsere völkerrechtliche Stellung als den Ausfluß unserer freien Selbstbestimmung zu wahren.

^Tit. ! Angesichts der schwülen Gewitterluft, welche über Europa liegt, möchte ich auf diesem Boden zur S a m m l u n g rufen, überzeugt, daß auch das Schweizervolk diesen Ruf verstehen, ihin, wenn uns Ge..

fahr drohen sollte, mit Freuden folgen wird.

Mit diesem Rufe lade ich Sie ein, rüstig und eifrig an die Arbeit zu gehen. Jch erkläre die ordentliche Sizung des Jahres 1860 als eröffnet.

Jm N a t i o n a l r a t h wurde gewählt: zum Präsidenten:

Hr. ..^r. J. B. W e d e r , von Oberried, in St. Gallen.

,, Vizepräsidenten zu Stimmenzählern:

Hr. Jules M a r t i n ,

Vivis.

von Grandson , in

Hr. Louis konstant L a m b e l e t , von Verrières, in Neuenburg.

., Fxauz W i r z , von und in Sarneu (Obwalden....

,, Joh. Georg K r e i s . von und in Zihl-

schlacht (Thurgau).

,, ^r. Samuel Fre..., von und in Gonteufchwvl (Aargau).

Der Ständerath wählte zum Präsidenten: Hrn. Emil W e l t i , von Zurzach, in Aarau.

..

Vizepräsidenten: Hrn. l^r. J. J. B .um e r , von und in Glarus.

^l0 zii Stininienzählern :

Hrn. Niklaus H e r m a n n , von und in Sach..

selu (Obwalden).

... Jules Philippin, von und in Reuenburg.

Als neu gewählte Mitglieder der Räthe find .erschienen : a. Jin N a t i o n a l r a t h : Hr. Alexander Muhe im. Landammann, von und in Altdorf, gewählt vom .^lV. eidg.

Wahlkreis am 6. Mai d. J.

,, Wolfgang Hengg^.ler, .^..Statthalter..

von Unteregeri, in Zürich, gewählt am

l7. Juni d. J. im .^. eidgen^scheu

Wahlkreis.

h. Jm S t ä n d e r a t h : für Freiburg: Hr. Frédéric G e u d r e , Großrath, vou und in Freiburg.

,, ..^asel. Stadt: Hr. 1^r. Georg F e l b e r , Alt-Staatsschreiber, von und in Bafel.

,, Appeuzell J. R.^. : Hr. A l o i s B r o g e r , Landesfiatthalter, vou

und in Appenzell.

...

..

Graubünden: Hr. Johann A r p a g a u s , von und in Eiimbels.

Tefsin: Hr. Sebastiano B e r o l d i n g e n , Großrath, von Mendristo, in Lugano.

^ .

,, A^nbrogio B e r t o n i , Großrath, vou uud in

Lottigna.

.. Neuenburg: Hr. Ludwig Denzler, eidg. Oberst und Staats...

rathspräsident, von Zürich, in Neuenburg.

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Aus den Verhandlungen der schweiz. Bundesversammlung.

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