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Botschaft des

Eundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des am l, Dezember 1927 abgeschlossenen Niederlassungs- und Rechtsschutzabkommens zwischen der Schweiz und Griechenland, (Vom 12. März 1928.)

I.

Jahrzehnte hindurch waren die Beziehungen zwischen der Schweiz und Griechenland1 durch das vorlaufige Handelsabkommen zwischen den beiden Staaten vom 10. Juni 1887 beherrscht, das den Warenaustausch sowie die Behandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen, die im Gebiete des Gegenkontrahenten niedergelassen sind, auf der Grundlage der Meistbegünstigung regelte. Diese vorlaufige Vereinbarung, welche die Parteien mit dem Vorbehalt abgeschlossen hatten, die Verhandlungen über einen vollständigen und endgültigen Handelsvertrag fortzusetzen, und welche von beiden Vertragsteilen jederzeit auf Jahresfrist gekündigt werden konnte, blieb bis zum 10. September 1926 in Kraft; auf diesen Tag war das Abkommen nach mehrfachen Verlängerungen von der hellenischen Regierung endgültig gekündigt worden.

Wie der Bundesrat in seinem Geschäftsberichte für 1926, Seite 505, ausgeführt hat, konnte die vorläufige Vereinbarung von 1887, soweit sie die Handelsbeziehungen betraf, durch ein vorlaufiges Handelsabkommen ersetzt v/erden, das, am 29. November 1926 zu Athen unterzeichnet und bereits am folgenden Tage in Kraft erwachsen, der differentiellen Behandlung erfreulicherweise ein Ende setzte, die Griechenland während einiger Wochen der schweizerischen Einfuhr hatte zuteil werden lassen.

Gleichzeitig mit den Handelsvertragsverhandlungen war die schweizerische Gesandtschaft in Athen beauftragt worden, die Besprechungen über ein Abkommen zur Regelung der im Gebiete des andern Vertragsteils niedergelassenen Angehörigen der beiden Staaten auf der Grundlage der Meistbegünstigung fortzusetzen. Obwohl die hellenische Regierung nach Ablauf des vorläufigen Handelsabkommens von 1887 die Schweizer nach wie vor im Genüsse ihrer bisherigen Rechte beliess, so wäre es der arbeitsamen und gedeihenden

617 ÎSchweizerkolonie doch nicht möglich gewesen, sich unter günstigen Verhältnissen weiter zu entwickeln, wenn anders die Bedingungen ihres Aufenthaltes in Griechenland nicht vertraglich festgesetzt worden wären. Die Verhandlungen .hierüber konnten erst nach ziemlich langwierigen Besprechungen zu Ende .geführt werden. Um die mannigfachen Schwierigkeiten aus dem Wege zu räumen, ·die sich aus den tiefgreifenden Ereignissen der letzten Jahre ergeben, hat die Hellenische Republik ihre Verfassung einer vollständigen Umgestaltung unterworfen und nimmt nunmehr eine allgemeine Eevision der innern Gesetzgebung in Angriff. Es war denn auch nicht ganz leicht, einzelnen Vertragsbestimmungen ·eine Fassung zu geben, die sich einerseits als klar genug erwies, um beiden Teilen ·die wünschenswerten Sicherheiten zu bieten, anderseits aber die nötige Geschmeidigkeit besass, um die Handlungsfreiheit der Gesetzgeber nicht unnützerweise
II.

Das Niederlassungs- und Rechtsschutzabkommen zwischen der Schweiz ·und Griechenland, dessen Wortlaut dieser Botschaft beigegeben ist, besteht ··aus 13 Artikeln und einem Schlussprotokoll, das einen integrierenden Bestandteil des Abkommens bildet. Diese Bestimmungen bedürfen folgender Erläuterungen :

Artikel l sichert den Angehörigen eines jeden der beiden Staaten das Recht, im Gebiete des andern Staates im Eahmen der Landesgesetze und Verordnungen über den Aufenthalt und die Niederlassung der übrigen Ausländer Wohnsitz zu nehmen, ohne dass sie deswegen zu höhern Abgaben und Lasten verhalten wären als die der meistbegünstigten Nation angehörenden Ausländer. Nach »dem Schlussprotokoll bleibt jeder der vertragschliessenden Teile frei, die Zulassung der Staatsangehörigen des andern Teils auf seinem Gebiete von der Vorweisung eines von seinen diplomatischen oder konsularischen Vertretern .gehörig beglaubigten Passes abhängig zu machen, so lange hierüber zwischen ihnen keine besondere Abmachung zustande gekommen ist.

Artikel 2 gewährt den Angehörigen eines jeden der beiden Teile, soweit sie zum Aufenthalt auf dem Gebiete des andern Teils zugelassen sind, das Recht, -dort gleich den Angehörigen der meistbegünstigten Nation jede Art von erlaubter Berufstätigkeit auszuüben, ohne dass sie deswegen zu andern oder höhern Steuern und Lasten verhalten wären als die der meistbegünstigten Nation -angehörenden Ausländer. Auf Verlangen der Schweiz sind indessen die Wander.gewerbe, der Hausierhandel sowie das Aufsuchen von Warenbestellungen bei Personen, die weder Gewerbe noch Handel betreiben, ausgenommen worden.

ÉBundesblatt. 80. Jahrg. Bd. 1.

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618 Nach Artikel 3 können die Angehörigen eines jeden der Vertragsteile im Gebiete des andern bewegliches und unbewegliches Vermögen aller Art erwerben und besitzen, soweit die Landesgesetze den Erwerb und den Besitz derartigen Vermögens durch Ausländer zulassen. Wie bekannt, macht die schweizerische Gesetzgebung in dieser Hinsicht keinen Unterschied zwischen Inländern und Ausländern. Dies ist auch der Fall in Griechenland, soweit es sich um die Gebiete handelt, die bereits vor 1918 zu Griechenland gehört haben. Dagegen können Ausländer im grössten Teile der von Griechenland seither erworbenen Gebiete nach Massgabe eines am 22. Juni 1927 in Kraft erwachsenene Gesetzes unbewegliches Vermögen mit Ausnahme von Hypotheken1 nur im Wege der Erbfolge oder auf Grund einer besondern behördlichen Bewilligung erwerben. Diese auf politischen Erwägungen beruhende Einschrän-1 kung ist für die Schweiz nicht von wirklicher Bedeutung, da sie die erworbenen Rechte nicht antastet.

Den Angehörigen der beiden Staaten werden für ihr bewegliches und unbewegliches Vermögen keine höhern oder andern Steuern und Abgaben auferlegt als den Angehörigen der meistbegünstigten Nation, und sie können unter den nämlichen Bedingungen wie diese den Erlös aus dem Verkauf ihres Vermögens ausführen.

Artikel 4 sichert den Angehörigen jedes der beiden Vertragsstaaten auf dem Gebiete des andern den vollen Schutz der Gesetze hinsichtlich ihrer Person und ihres Vermögens. Sie haben freien Zutritt zu den Gerichten und können unter den nämlichen Bedingungen wie die Angehörigen der meistbegünstigten Nation die Hilfe der Behörden in Anspruch nehmen.

Was die Sicherheitsleistung für Prozesskosten und das Armenrecht anbelangt, so kommen die beiden Staaten durch Artikel 5 überein, gegenseitigdie Artikel 17 bis 22 des Haager Abkommens über den Zivilprozess vom 17. Juli 1905 anzuwenden und sie den beiderseitigen Staatsangehörigen zugute kommen zu lassen.

Artikel 6 bestätigt den Grundsatz der Unverletzlichkeit des Domizils.

Durchsuchungen und Haussuchungen dürfen in Lokalen, soweit sie im Besitze von Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile sind, die im Gebiete des andern Wohnsitz haben, nur unter den von den geltenden Landesgesetzen und Verordnungen vorgeschriebenen Bedingungen und Formen stattfinden.

Nach Artikel 7 dürfen
die Angehörigen eines jeden der beiden Staaten nur aus einem Grunde von öffentlichem Nutzen oder allgemeinem Interesse enteignet werden, und zwar nur soweit dies unter den nämlichen Bedingungen für die Inländer zulässig ist und gegen die gleichen Entschädigungen, die diesen zugestanden werden.

Artikel 8 befreit die Angehörigen eines jeden der beiden Staaten auf dem Gebiete des andern vom Militärdienst in Kriegs- und Friedenszeiten, von jeder Beitragsleistung, die an Stelle des persönlichen Dienstes tritt, sowie von allen.

619 administrativen Ämtern und Verrichtungen. Sie sind nur zu den militärischen Kequisitionen und Leistungen verhalten, die den Angehörigen der meistbegünstigten Nation auferlegt werden können, und haben in diesem Falle Anspruch auf die nämlichen Entschädigungen, wie sie unter den gleichen Bedingungen den Inländern oder den letztgenannten Ausländern zugestanden werden.

Nach Artikel 9 dürfen die Angehörigen eines jeden der beiden Staaten im Gebiete des andern in keinem Falle andern oder hohem Lasten, Steuern, Abgaben oder Beitragsleistungen irgendwelcher Art unterworfen werden als die Angehörigen der meistbegünstigten Nation.

Artikel 10 bezieht sich auf die Liquidation der Hinterlassenschaften dej" Angehörigen des einen der vertragschliessenden Teile, die im Gebiete des andern Teils sterben, ohne bekannte Erben zu hinterlassen, und setzt die Massnahmen fest, welche die Ortsbehörden in Verbindung mit den diplomatischen oder konsularischen Vertretern des andern Vertragsteils für die Sicherung der Erbmasse und die Übergabe an die Berechtigten zu treffen haben.

Vorbehaltlich der Rücksicht auf die öffentliche Ordnung und unter der Voraussetzung, dass sie nach der Gesetzgebung des Landes, wo sie ihren Wohnsitz haben, rechtsgültig errichtet sind, können die Handels-, Industrie- und Finanzgesellschaften, einschliesslich der Transport- und Versicherungsgesellschaften, die im Gebiete des einen der vertragschliessenden Teile bestehen, nach Artikel 11 im Gebiete des andern Teils Zweigunternehmungen gründen und dort ihre Tätigkeit unter Beobachtung der Landesgesetze ausüben: sie haben das Recht, vor Gericht aufzutreten; es wird ihnen die nämliche steuerliche Behandlung zuteil wie den Gesellschaften, die im Gebiete der meistbegünstigten Nation errichtet sind.

Artikel 12 gewährt einem jeden der \ertragschliessenden Teile das Eecht, in den Städten und Ortschaften des andern Teils, wo die Errichtung von Konsularvertretungen zulässig ist, Konsuln zu ernennen, und regelt die den Konsularvertretern zustehenden Vorrechte und Immunitäten auf der Grundjläge der Meistbegünstigung.

Artikel 13 enthält den Ratifikationsvorbehalt und die Kündigungsbestimmungen. Das Abkommen wird für ein Jahr abgeschlossen, soll aber weiter in Kraft bleiben, solange es nicht vom einen oder andern der vertragschliessenden Teile durch eine
sechs Monate zuvor erfolgte Mitteilung gekündigt worden ist.

Im Gegensatze zu den von der Schweiz in jüngster Zeit abgeschlossenen Niederlassungsverträgen enthält das schweizerisch-griechische Niederlassungsund Rechtsschutzabkommen keine Schiedsklausel. Die Aufnahme einer solchen Klausel schien unnötig; denn bekanntlich hat die Schweiz mit der hellenischen Republik am 21. September 1925 einen durchaus unbedingten Vertrag zur Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren abgeschlossen. Dieser Vertrag, dem die Bundesversammlung mit Bundesbeschluss vom 25. Juni 1926 zugestimmt hat, ist noch nicht in Kraft erwachsen, da seine Behandlung durch das griechische Parlament verschiedener Umstände halber

620 verzögert worden ist ; es darf indessen angenommen werden, dass diese Behandlung in Bälde erfolgen und dass der Austausch der Eatifikationsurkunden zum Vertrage für die Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren vor dem Austausche der Eatifikationsurkunden zum Niederlassungsimd Eechtsschutzabkommen stattfinden werde.

III.

Das Abkommen, das wir Ihnen zur Genehmigung empfehlen, dürfte an der rechtlichen Lage der Schweizer in Griechenland und der Griechen in der Schweiz nichts Wesentliches ändern; es bestätigt im allgemeinen die Eechte und Vorrechte, deren sie sich bisher zu erfreuen hatten. Die Vereinbarung soll die allgemeinen Grundsätze der ihnen beiderseits eingeräumten Behandlung festlegen und ihnen auf den verschiedensten Gebieten den Genuss der Meistbegünstigung sichern. Das Abkommen vom 1. Dezember 1927 kann nur dazu beitragen, die zwischen der Schweiz und Griechenland bestehenden ausgezeichneten Beziehungen zu erleichtern und noch enger zu gestalten.

Wir bitten Sie somit, den nachstehenden Entwurf eines Bundesbeschlusses gutheissen zu wollen.

Bern, den 12. März 1928.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Schultliess.

Der Vizekanzler:

Leimgruber.

(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung des am 1. Dezember 1927 abgeschlossenen Niederlassungs- und Rechtsschutzabkommens zwischen der Schweiz und Griechenland.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 12. März 1928, beschliesst: Art. 1.

Das am 1. Dezember 1927 abgeschlossene Niederlassungs- und Bechtgschutzabkommen zwischen der Schweiz und Griechenland wird genehmigt.

Art. 2.

Der Bundesrat wird mit der Vollziehung des gegenwärtigen Beschlusses beauftragt.

621 Übersetzung.

Niederlassung'»- und Rechtsschutzabkommen zwischen

der Schweiz und Griechenland Der Schweizerische Bundesrat und der Präsident der Hellenischen Republik, von dem Wunsche geleitet, die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu fördern, haben beschlossen, ein Niederlassungs- und Eechtsschutzabkomme« zu treffen, und haben zu diesem Zwecke zu ihren beiderseitigen Bevollmächtigten ernannt : Der Schweizerische Bundesrat: Herrn Eugène Broyé, schweizerischen Geschäftsträger ad interini in Athen, und Der Präsident der Hellenischen Republik: Seine Exzellenz Herrn André Michalakopoulos, Minister der Auswärtigen Angelegenheiten, die, hierzu gehörig ermächtigt, folgende Bestimmungen vereinbart haben: Artikel 1.

Die Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile haben das Becht, im Kahmen der Gesetze und Vorschriften über die Einreise, die Bewegungsfreiheit und den Aufenthalt aller übrigen Ausländer in das Gebiet des andern Teils einzureisen, sich dort zu bewegen und aufzuhalten.

Hinsichtlich der für Aufenthalt oder Niederlassung zu tragenden Abgaben und Lasten aller Art sollen die Staatsangehörigen der beiden Teile die Behandlung der meistbegünstigten Nation erfahren.

Artikel 2.

Unter Beobachtung der geltenden Gesetze und Verordnungen sollen die Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile, die zum Aufenthalt oder zur Niederlassung auf dem Gebiete des andern Teils zugelassen sind oder inskünftig zugelassen werden, in allen Stücken hinsichtlich der Ausübung ihres Gewerbes und Berufes, des Betriebs von Handels- und Industrieunternehmungen, des erlaubten Handels und Verkehrs auf gleichem Fusse behandelt werden wie die Angehörigen der meistbegünstigten Nation. Sie haben dafür keine andere oder höhere Steuer, Abgabe oder Last irgendwelcher Art zu entrichten oder zu tragen als die Angehörigen der meistbegünstigten Nation.

622 Vorstehende Bestimmungen finden keine Anwendung auf die Wandergewerbe, den Hausierhandel und das Aufsuchen von Warenbestellungen bei Personen, die weder Gewerbe noch Handel betreiben.

Artikel 3.

Die Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile haben volle Freiheit, im Gebiete des andern Teils bewegliches und unbewegliches Vermögen zu besitzen und solches Vermögen durch Kauf, Schenkung, Erbfolge, letztwillige Verfügung oder auf irgend eine andere Art unter den nämlichen Bedingungen zu erwerben, wie sie nach den Gesetzen des Landes, wo sich das Vermögen befindet, für die Angehörigen irgend eines andern Staates vorgesehen sind. Sie können unter den nämlichen Bedingungen darüber verfügen ·wie diese letztern. In keinem der vorerwähnten Fälle unterliegen sie andern toder höhern Lasten, Steuern oder Abgaben irgendwelcher Bezeichnung als die Angehörigen der meistbegünstigten Nation nach Massgabe der jeweiligen im Lande geltenden Bestimmungen.

Unter Beobachtung der Landesgesetze können die Staatsangehörigen «ines jeden der vertragschliessenden Teile den Erlös aus dem Verkauf ihres Eigentums und ihrer Vermögenswerte überhaupt ausführen, ohne deswegen zur Entrichtung von. andern oder höhern Abgaben verhalten zu sein als die Ange'hörigen der meistbegünstigten Nation im gleichen Falle.

Artikel 4.

Unter Beobachtung der Landesgesetze und Verordnungen sollen sich die Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile in Ansehung ihrer Person und ihres Vermögens vollständigen Schutzes und völliger Sicherheit erfreuen. Sie haben sowohl als Kläger wie als Beklagte freien Zutritt zu allen Gerichts- und Verwaltungsstellen, und es kommen ihnen überhaupt hinsichtlich alles dessen, was sich auf die Bechtspflege bezieht, die nämlichen Eechte und Vorrechte zugute wie den Angehörigen der meistbegünstigten Nation. Sie sind auf alle Fälle befugt, nach den Landesgesetzen hierzu gehörig ermächtigte Anwälte oder Vertreter für die Wahrnehmung ihrer Interessen selbst zu wählen.

Artikel 5.

Die Artikel 17 bis 22 des Haager Abkommens über den Zivilprozess vom 17. Juli 1905 sollen in Griechenland zugunsten der Schweiz und der schweizerischen Staatsangehörigen und in der Schweiz zugunsten von Griechenland "und der griechischen Staatsangehörigen Anwendung finden.

Artikel 6.

In keinem Falle sollen
in den Häusern, Lagerräumen, Fabriken oder irgendwelchen andern Lokalen im Besitze derjenigen Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile, die im Gebiete des andern Teils niedergelassen sind, Haussuchungen oder Durchsuchungen, eine Nachprüfung oder Durchsicht

623 der Bücher, Papiere oder Kechnungen vorgenommen werden, es sei denn unter den von den geltenden Landesgesetzen und Verordnungen vorgeschriebenen Bedingungen und Formen.

Artikel 7.

Die Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile können auf dem Gebiete des andern Teils hinsichtlich ihres Eigentums nicht enteignet oder, auch nur vorübergehend, in dessen Genuss beschränkt werden, es sei denn aus einem Grunde von öffentlichem Nutzen oder von allgemeinem Interesse und soweit dies unter den nämlichen Bedingungen für die Inländer zulässig ist.

Entschädigungen, zu denen diese Enteignungen berechtigen, werden unter >den Bedingungen gewährt, die zugunsten der Inländer vorgesehen sind.

Artikel 8.

Die Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile sind im Gebiete des andern Teils in Kriegs- und Friedenszeiten vom Militärdienste jeder Art und von jeder Geld- oder Naturalleistung befreit, die an Stelle des persönlichen Dienstes tritt.

In Kriegs- und Friedenszeiten sind sie nur zu den militärischen Leistungen und Requisitionen, die den Angehörigen der meistbegünstigten Nation auferlegt sind, verhalten, und zwar in demselben Umfang und nach den nämlichen Grundsätzen wie diese letztern. Entschädigungen, zu denen diese Massnahmen berechtigen, werden unter den Bedingungen gewährt, die im gleichen Falle für die Inländer oder für die Angehörigen der meistbegünstigten Nation vorgesehen sind.

Die Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile sind von allen richterlichen oder administrativen Ämtern und Verrichtungen jeder Art befreit.

Artikel 9.

In keinem Falle sollen die Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile im Gebiete des andern Teils andern oder höhern Lasten oder Zöllen, Steuern, Abgaben oder Beitragsleistungen irgendwelcher Art unterliegen als die Angehörigen der meistbegünstigten Nation nach Massgabe der jeweiligen .Steuerbestimmungen.

Artikel 10.

Stirbt ein Staatsangehöriger des einen der vertragschliessenden Teile im Gebiete des andern Teils, ohne bekannte Erben oder Testamentsvollstrecker .zu hinterlassen, so sollen die Behörden des Sterbeorts davon den diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Heimatlandes benachrichtigen, damit er den Beteiligten die nötigen Aufschlüsse zugehen lassen kann.

Die zuständigen Behörden des
Sterbeortes oder des Ortes, wo sich Eigentum des Erblassers befindet, sollen in Ansehung dieses Vermögens alle Sicherungsmassregeln treffen, welche die Landesgesetzgebung für die Erbschaften von Inländern vorschreibt. Sie können die Vermittlung der diplomatischen oder

624 konsularischen Vertreter des Heimatstaates des Erblassers in Anspruch nehmen-., um die gesetzmässigen Mitteilungen an die Erben an ihre Bestimmung gelange» und den Berechtigten den Erlös aus der Hinterlassenschaft zukommen zu lassen.

Für die Staatsangehörigen eines der vertragschliessenden Teile, die im.

Gebiete des andern Teils sterben, richtet sich die Erbfolge nach dem im Zeitpunkte des Ablebens geltenden Heimatrechte des Erblassers, soweit es sich darum handelt, festzustellen, welches die gesetzlichen Erben und ihre Anteile; sind und in welchem Umfange sie auf einen Pflichtteil Anspruch haben.

Artikel 11.

Die Handels-, Industrie- Landwirtschafts- und Finanzgesellschaften einschliesslich der Transport- und Versicherungsgesellschaften, die nach den Gesetzen des einen der vertragschliessenden Teile rechtsgültig errichtet sind und auf seinem Gebiet ihren Sitz haben, werden im andern Lande rechtlich anerkannt, sofern sie keinen unerlaubten oder unsittlichen Zweck verfolgen; vorbehaltlich der Erfüllung der nach den geltenden Landesgesetzen und Verordnungen dieserhalb vorgeschriebenen Formalitäten können sie ihre Geschäftedorthin ausdehnen, dort Eechte erwerben, sie ausüben und ihre wirtschaftliche Tätigkeit entfalten. Unter Beobachtung der Landesgesetze und Verordnungen haben sie freien und leichten Zutritt zu allen Gerichts- und Verwaltungsstellen, sei es als Kläger oder Beklagte.

Die genannten Gesellschaften sollen in allen Stücken die Behandlung erfahren, die gleichartigen Gesellschaften der meistbegünstigten Nation zuteil wird; sie unterliegen namentlich keinen andern oder höhern steuerlichen Auflagen oder Abgaben irgendwelcher Bezeichnung und Art als die Gesellschaften der meistbegünstigten Nation nach Massgabe der jeweilen geltenden steuerlichen Bestimmungen.

Artikel 12.

Jeder der vertragschliessenden Teile kann Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsnln oder Konsularagenten ernennen, die in den Städten und Ortschaften des andern Teils, wo die Errichtung von Konsularvertretungen zulässig ist, Amtssitz haben.

Um ihr Amt antreten zu können, müssen die Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten von der Kegierung des Empfangsstaates, das Exequatur oder eine andere gültige Ermächtigung erhalten haben. Die Eegierung, die das Exequatur oder eine sonstige entsprechende Ermächtigung
erteilt hat, ist berechtigt, sie unter Angabe der Gründe zurückzuziehen.

Die Konsularbeamten der beiden Länder sollen die nämlichen Bechte,.

Freiheiten und Immunitäten gemessen, wie sie jetzt oder inskünftig den Konsularbeamten gleichen Grades und gleicher Art der meistbegünstigten Nation eingeräumt werden.

625.

Artikel 13.

Das gegenwärtige Abkommen soll ratifiziert und die Katifikationsurkunden sollen sobald als möglich in Athen ausgetauscht werden.

Das Abkommen tritt am Tage des Austausches der Batifikationsurkunden in Kraft und gilt für die Dauer eines Jahres. Wird das Abkommen von keinem der vertragschliessenden Teile mindestens sechs Monate vor Ablauf des erwähnten Zeitraums von einem Jahre gekündigt, so bleibt es weiterhin in Kraft bis zur Kündigung, wobei die Kündigung erst nach Ablauf einer Frist von sechsMonaten wirksam werden soll.

Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten das gegenwärtige Abkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

So geschehen, in doppelter Urschrift, zu Athen, den 1. Dezember 1927, L. S. (gez.) Eugène Broyé.

L. S. (gez.) A. Michalakopoulos.

Schlussprotokoll.

Bei der Unterzeichnung des heute zwischen der Schweiz und Griechenland abgeschlossenen Niederlassungsabkommens haben die unterzeichneten Bevollmächtigten vereinbart, dass, ungeachtet von Artikel l des genannten Abkommens, jeder der vertragschliessenden Teile frei bleiben soll, die Zulassung der Staatsangehörigen des andern Teils auf seinem Gebiete von der Vorweisung eines von seinen diplomatischen oder konsularischen Vertretern gehörig visierten Passes abhängig zu machen, solange diese Frage nicht im Wege einer besondem Abmachung zwischen ihnen geregelt worden ist.

Geschehen, in doppelter Urschrift, zu Athen, den I.Dezember 1927.

gez. Eugène Broyé.

gez. A. Michalakopoulos.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des am 1. Dezember 1927 abgeschlossenen Niederlassungs- und Rechtsschutzabkommens zwischen der Schweiz und Griechenland. (Vom 12. März 1928.)

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14.03.1928

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