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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Ankauf und Ausbau der Benzintankanlage Peyer A.-G. in Kehrsatz.

(Vom 19. März 1928.)

Wie der Betriebsstoff der Dampflokomotive, die Kohle, so muss auch der Betriebsstoff der Explosionsmotoren, das Benzin, aus dem Ausland beschafft ·werden. Während aber die Kohlenreserven unserer Eisenbahnen mit Dampfbetrieb in den Stationsanlagen im Freien auf der Erde gelagert werden können, ist die Lagerung der Benzinvorräte nur in feuersicheren Tankanlagen möglich.

Für die Lagerung der Vorräte an mittelschwerem Benzin für die Motorfahrzeuge, soweit sie für den Instruktionsdienst und für den Friedensbedarf eidgenössischer Betriebe sowie für die erste Periode eines Aktivdienstes erforderlich sind, wurde vorgesorgt durch Erstellung von Tankanlagen im Landesïnnern.

Für das L e i c h t b e n z i n , das für die Flugmotoren verwendet werden muss, ·waren Ende 1920 erst vier kleine Tanks mit insgesamt 12,000 Liter Fassungsvermögen vorhanden. Seither wurde die Zahl dieser Anlagen vermehrt.

Die Fliegertruppe bedarf gegenwärtig rund 900,000 Liter Benzin pro Jahr. Dieser Bedarf wird bedeutend zunehmen mit der weiteren Zunahme der übenden Piloten entsprechend der Durchführung des Bundesbeschlusses vom 18. Dezember 1924 betreffend «die Organisation des Heeres» und insbesondere mit der Einführung von Flugmotoren, deren Pferdestärke doppelt so gross ist als bei unsern gegenwärtigen.

Im Kriege bedürfen die durch die Truppenordnung vorgesehenen Flugzeuge, wenn sie mit Motoren von 400 PS und darüber ausgerüstet sind (schwächere Motoren werden bei den heutigen Kriegsflugzeugen von keiner Armee mehr verwendet), rund 30,000 Liter Benzin pro Tag, wenn nur mit einem Durchschnitt von einer Flugstunde pro Tag und Flugzeug der durch die Truppenordnung beschlossenen 5 Fliegerabteilungen gerechnet wurde. Doch muss mit mindestens zwei Flugstunden pro Tag und Kriegsflugzeug gerechnet werden,

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"was den Tagesbedarf auf rund 60,000 Liter erhöht. Dazu kommt noch das Leichtbenzin, das für die Ausbildung des Pilotenersatzes benötigt wird. Für diesen Bedarf reichen die in den vorhandenen Tanks gelagerten Mengen von Leichtbenzin nicht; sie wären in einigen wenigen Tagen erschöpft.

Bisher hat sich die Leitung des Flugwesens damit beholfen, dass sie für ihre Vorräte in Benzintankanlagen, die Privatfirmen gehören, Baum mietete.

Allein es war nur in zwei unterirdischen Anlagen etwas Eaurn verfügbar. Das hatte zur Folge, dass die Vorräte an Leichtbenzin hauptsächlich in einer überirdischen Anlage untergebracht werden mussten. Im Frieden verursacht das einen nicht unbedeutenden jährlichen Benzinverlust durch Verdunsten. Viel wichtiger ist aber, dass diese Anlage im Kriegsfälle ein sehr gunstiges Ziel fi-.r Bombenabwurf bildet, so dass wenige Treffer die Anlage zerstören und den Verlust des darin untergebrachten Benzins verursachen würden. Für eine rechtzeitige Evakuation fehlt aber die Möglichkeit der Unterbringung in unterirdischen Anlagen.

Der gemietete unterirdische Fassungsraum befindet sich zum Teil in der Benzintankanlage K e h r s a t z , die 1922 in durchaus moderner Weise erstellt worden ist. Der Besitzer will sie verkaufen; er hat im Juli 1927 eine bindende Offerte gemacht, zugleich aber auch auf andere Verkaut'sgelegenheiten hingewiesen. Die Lage von Kehrsatz ist für die Lagerung des über Brig, Genf.

Pontarlier, Delle und Basel importierten Benzins, das aus Asien, dem Gebiet des schwarzen Meeres und aus Amerika kommt, ausserordentlich günstig; günstig ist sie auch für die Versorgung der Fliegerwaffenplätze Thun und Lausanne und verschiedener feldmässiger Flugplätze. Die Tankanlage Kehrsatz hat eigenen Geleiseanschluss und grenzt an eine Strasse I. Klasse. Das Areal hat einen Flächeninhalt von 6659 m2. Das Anschlussgeleise hat eine Länge von zirka 200 Meter.

Die Anlage bietet zuverlässigen Schutz gegen Brandgefahr und Verdunstung; sie ist einfach und sicher in der Bedienung; über die Einzelheiten geben die Akten Auskunft.

Das Gutachten der Direktion der eidgenössischen Bauten sagt: «Die Gebäulichkeiten machen einen guten Eindruck und geben sowohl im Äussern als im Innern keinen Anlass zur Beanstandung, sei es in bezug auf Konstruktion oder Wahl der Baumaterialien. Der Unterhalt
der Gebäude darf im allgemeinen als gut bezeichnet werden. Für die Instandstellung der zum Teil beschädigten Überzüge der Betonböden im Erdgeschoss, für die Behebung einiger Mängel an den Dächern und diverser kleinerer Ergänzungsarbeiten ist ein Betrag von Fr. 2000 vorzusehen. Die Abstellgeleise, zirka 200 m, sind Eigentum der Firma Pever A.-G. und befinden sich in gutem Zustande. Wasser ist zugeleitet aus einer privaten Wasserversorgung und genügend vorhanden, ebenso auch elektrischer Licht- und Kraftstrom.

Eine Umzäunung um das Areal fehlt. Sollte eine solche Ihrerseits als nötig erachtet werden, so wäre hierfür ein Betrag von zirka Fr. 10.000 in Rechnung zu stellen.»

858 Von grosser Bedeutung ist die Möglichkeit der Vergrösserung des Passungsvermögens der Anlage.

Es liegt ein Projekt des jetzigen Inhabers aus dem Jahre 1924 vor, laut welchem mit einem Kostenaufwand von nur Fr. 100,000 das Fassungsvermögen verdreifacht werden könnte, wobei die vorhandenen technischen Einrichtungen jsamt der Gasüberlagerung besser ausgenützt würden. Eine Begutachtung dieses Projektes durch eine Spezialfirma bestätigte die Möglichkeit und Zweckmässigkeit, erhöhte aber den Kostenanschlag um Fr. 5000, d. h. auf Fr. 105,000.

Das Gutachten dieser Firma bestätigte im fernem, dass auf dem angebotenen Areal neben dem Anschlussgeleise eine zweite Erweiterung erstellt werden kann, wodurch die Anlage instand gesetzt würde, den gesamten Vorrat, der gegenwärtig in oberirdischen Kesseln lagern muss, aufzunehmen.

Eine starke Vermehrung oder Erweiterung der dem Bunde gehörenden unterirdischen Tankanlagen zur Unterbringung von Leichtbenzin für die Fliegertruppe ist nicht nur notwendig, um den Mobilmachungsbedarf unterbringen zu können, sondern sie ist auch aus finanziellen Bucksichten geboten.

Der Preis pro 100kg Leichtbenzin unverzollt differierte im Verlaufe dieses Jahrzehnts zwischen Fr. 100 und Fr. 25. Sogar die Preisschwankungen innerhalb eines Jahres sind oft sehr gross. Es liegt daher im finanziellen Interesse des Bundes, dass die jährlichen Benzineinkäufe, die zum Ersatz des der Kriegsreserve entnommenen Jahresbedarfes für den Unterricht der Fliegertruppe dienen, jeweilen im Zeitpunkt der niedrigsten Preislage abgeschlossen werden.

Das erfordert aber einen genugenden unterirdischen Fassungsraum, der uns fehlt.

Der Übergang der Tankanlage Kehrsatz in andern Besitz mit Wegfall des bis jetzt daselbst gemieteten Baumes wäre für den Benzinersatz der Fliegeriruppe sehr nachteilig. Man wurde fast ganz von oberirdischen Anlagen abhängig und hätte im Mobilmachungsfalle, d. h. bei Eintritt der Gefährdung durch Bombenabwurf, keine Gelegenheit zu ihrer Evakuation.

Der Ankauf der Anlage entspricht somit einem dringenden Bedürfnis und nützt eine überaus gunstige Gelegenheit aus. Gleichzeitig empfiehlt sich die Bewilligung des zur Erweiterung des Fassungsvermögens sowie des für die notwendigen kleinen Instandstellungsarbeiten und die Erstellung einer Umzäunung erforderlichen Kredites.
Die Grundsteuerschatzung beträgt Fr. 331,620.

Der verlangte Kaufpreis beträgt für die bestehende Anlage (ohne Mobiliar) samt dem dazu gehörenden Terrain im Umfange von 6659 m2, dem Abstellgeleise von 200 m Länge und dem Anteil an einer privaten Wasserversorgung Fr. 243,200, für das Mobiliar wird Fr. 6000 verlangt.

Da die Bern-Lötschberg-Simplonbahn die Zugsgeschwindigkeit auf der Gurbetalbahn durch Einbau schwererer Schienen erhöhen will und 1928 die Strecke Wabern-Kehrsatz umbaut, muss die Anschlussweiche des Abstellgeleises der Tankanlage Kehrsatz gleich schwere Schienen erhalten wie das

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«offene Geleise, was zu Lasten des Besitzers des Abstellgeleises fällt und nach Mitteilung der Bahnverwaltung- zirka Fr. 4500 kostet.

Die Erweiterung des Passungvermögens kostet Fr. 235,000.

Es ergibt sich folgende Kostenberechnung: 1. Ankauf der bestehenden Anlage (ohne Mobiliar) Fr. 248,200 '2-. Erweiterung des Fassungsvermögens » 285,000 S. Instandstellung und Umzäunung » 12,000 4. Mobiliar, Ersatz der Weiche. Fertigungskosten Unvorhergesehenes » 14,800 Fr. 505,000 Gegenwärtig sind von der Anlage Kehrsatz einige Kessel vom Kommando -des Fliegerwaffenplatzes Dübendorf gemietet.

Die übrigen Kessel und die sonstigen Lokalitäten sind von der Firma Peyer A.-G. an die Petroleum-Import Cie., Zürich, Depot Bern, verpachtet.

Dieser Gesellschaft war auch ein Vorkaufsrecht eingeräumt, auf das sie aber im November 1927 definitiv verzichtet hat. Geht nun die Anlage in den Besitz der eidgenössischen Militärverwaltung über, so hat sie es in der Hand, ·diesen Pachtvertrag, für den eine Kündigungsfrist von 6 Monaten vorgesehen ist, fortbestehen zu lassen; denn es hat sich bisher in keiner Weise als nachteilig erwiesen, dass die Petroleum-Import Cie. und das Kommando des Fliegerwaffenplatzes gleichzeitig Mieter waren. Erstere hat hauptsächlich fässer· weisen Versand und kann daher die Abfüllvorrichtungen in Fässer ausnützen; letzteres hat dagegen hauptsächlich Versand in Bahn-Zisternenwagen oder Motor-Tankwagen und braucht diese Abfüllvorrichtungen selten. Das Pachtverhältnis hat zudem den Vorteil, dass sich an Wochentagen während der Arbeitszeit stets ein Angestellter der Pqtroleum-Import Cie. in der Anlage befindet und dass diese Gesellschaft wie bisher gegen eine kleine Entschädigung das Abfüllen ankommender Bahn-Zisternenwagen in die Tanks und das Auffüllen abgehender Bahn-Zisternenwagen besorgt.

Sollte später dieser Pachtvertrag gekündigt und die Anlage nur durch ·das Kommando des Fliegerwaffenplatzes benützt werden, so wäre kein be_eonderer Angestellter für die Bedienung der Anlage notwendig, obgleich über dem Gebäude eine Dienstwohnung erstellt werden kann. Es ist nämlich beabsichtigt, die Anlage dem Kommando des Fliegerübungsplatzes Thun zu unterstellen. Müssen dann von der Grenze eintreffende Zisternen-Bahnwagen in die Tankanlage abgefüllt oder muss aus ihr Benzin für den Transport nach Thun,
Lausanne oder anderen Flugplätzen in Zisternen-Bahnwagen oder Eeservoir-Motorwagen abgefüllt werden, so genügt es, wenn das Kommando dés Fliegerübungsplatzes Thun das notige Personal für einige Stunden nach Kehr«atz detachiert.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen empfehlen wir Ihnen nachstehenden Bundesbeschluss, der einem dringenden Bedürfnis entspricht, -zur Annahme.

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Wir benützen den Anlass, Sie unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 19. März 1928.

Im Namen des schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:.

Schulthess.

Der Vizekanzler:

Leimgruber.

(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

den Ankauf einer Benzintankanlage.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 19. März 1928, beschliesst:

Art. 1.

Für den Ankauf einer Benzintankanlage bei Kehrsatz, die Erweiterung ihres Passungsvermögens, die Umzäunung des Areals und kleinere Instandstellungsarbeiten wird ein Kredit von Fr. 505,000 bewilligt.

Art. 2.

Dieser Beschluss tritt, weil nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 8.

Der Bundesrat wird mit dessen Vollzug beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Ankauf und Ausbau der Benzintankanlage Peyer A.-G. in Kehrsatz. (Vom 19. März 1928.)

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21.03.1928

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