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Bundesblatt

SO. Jahrgang.

Bern, den 18. Januar 1928.

Band I.

Erscheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr 10 franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli * de. in Bern.

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Botschaft

:

des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des am 16. November 1927 zwischen der Schweiz und Finnland abgeschlossenen Vertrages zur Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren.

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(Tom 13. Januar 1928.)

Finnland hat, wie die Schweiz, die obligatorische Gerichtsbarkeit des Ständigen Internationalen Gerichtshofes für die Kategorien von Streitigkeiten juristischer Art, die in Artikel 36 seines Statutes aufgeführt sind, anerkannt.

Die beiden Länder sind somit gegenwärtig einer Ordnung unterworfen, die mit Rücksicht auf die weite Passung der Enumerativklausel dieses Artikels des Gerichtsstatutes ihnen bereits ausgedehnte Verpflichtungen auf. dem Gebiete der Erledigung von Streitigkeiten im Gerichtsverfahren auferlegt.

Trotzdem hat die finnische Regierung den Wunsch geäussert, einen Vertrag zwischen den beiden Staaten entstehen zu sehen, der nach Art des schweizerischitalienischen Vertrages, ohne Vorbehalt und Bedingungen, den Grundsatz des obligatorischen Gerichtsverfahrens in Verbindung mit einem vorgängigen Vergleichsverfahren zur Anwendung bringt.

Das aus Artikel 36 des Gerichtsstatutes sich ergebende System war uns bisher, insbesondere unter nicht benachbarten Staaten, als weitgehend genug für die Erledigung von Streitigkeiten im obligatorischen Gerichtsverfahren erschienen. .Wir hatten uns, daher darauf beschränkt, Vergleichsverträge mit gewissen Staaten, die wie Finnland dem Protokoll betreffend die obligatorische Rechtsprechung des Haager Gerichtshofes beigetreten waren, abzuschliessen.

Nachdem jedoch das durch den Beitritt zum Protokoll erreichte Ergebnis durch verschiedene Verträge der Schweiz mit Staaten, welche die obligatorische Rechtsprechung, des Gerichtshofes im allgemeinen nicht anzuerkennen vermochten, überschritten worden war, sind wir zu der Überlegung gelangt, dass es kaum logisch .wäre, aus Erwägungen praktischer Opportunität nicht Hand zu bieten zum Abschlüsse von Verträgen von gleicher Tragweite mit Staaten, die durch Unterzeichnung des obenerwähnten Protokolls gerade darauf gehalten hatten, sich an die Spitze der Bewegung zugunsten einer friedlichen Erledigung internationaler Streitigkeiten zu stellen. Die Sache der Schiedsgerichtsbarkeit Bundesblatt. 80. Jahrg. Bd. I.

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38 und damit auch diejenige des Friedens, kann überdies nur gewinnen durch den Abschluss einer möglichst grossen Zahl von Verträgen, welche die obligatorische Anrufung von Eichtern und Schiedsrichtern vorsehen, und zwar nicht nur für gewisse Kategorien bestimmter Streitigkeiten juristischer Art, sondern auch für alle andern Anstände, selbst solche wesentlich politischer Natur.

Der Bundesrat nahm daher die Eröffnungen der finnischen Eegierung günstig auf. Nach kurzen Besprechungen, die eine vollständige Übereinstimmung der Anschauungen zwischen den Parteien ergaben, wurde der vorgesehene Vertrag am 16. November abhin vom Vorsteher des Politischen Departementes und dem finnischen Gesandten in der Schweiz, Herrn Baphael Brich, unterzeichnet.

Dieses Abkommen ist in technischer Beziehung dem am 20. September 1924 zwischen der Schweiz und Italien abgeschlossenen Vertrage zur Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren ähnlich. Es sieht ein vorgängiges Vergleichsverfahren vor für alle Streitigkeiten, die sich zwischen den beiden vertragschliessenden Parteien erheben und auf diplomatischem Wege binnen angemessener Frist nicht erledigt werden können (Art. l, Abs. 1), Die Aufgabe, einen Vergleich zwischen den Parteien herbeizuführen, ist einer ständigen Kommission von fünf Mitgliedern anvertraut, die auf die gleiche Art und unter den gleichen Bedingungen gebildet wird wie die ähnlichen, zwischen der Schweiz und andern Staaten bereits bestehenden Kommissionen (Art. 3bis 5).

Das Vergleichsverfahren gibt zu keinen besondem Bemerkungen Anlass.

Die dasselbe ordnenden Bestimmungen sind fast ganz identisch mit den in dein schweizerisch-italienischen Vertrag enthaltenen. Sie sind in einem oder zwei Punkten einlässlicher. So hat der neue Vertrag in seinem Artikel 10 die durch unseren Vertrag mit Italien eingeführte Bestimmung, wonach die Vergleichskommission ihre Entscheidungen mit einfacher Stimmenmehrheit trifft, ihrer Bedeutung nach genauer umschrieben. Er bestimmt nämlich, dass die Kommission sich über die Streitigkeit als solche nur aussern kann, wenn alle ihre Mitglieder bei der Sitzung anwesend sind.

Falls der Vergleichsversuch mißlingt, d. h. falls die von den Vermittlern formulierten Sclilichtuugävorschläge nicht von jeder der streitenden Parteien angenommen werden, wird die
Streitigkeit auf Ersuchen einer Partei dem Ständigen Internationalen Gerichtshof unterbreitet (Art. 15). Der Vertrag unterscheidet in dieser Beziehung zwischen den Streitigkeiten, die unter eine der in Artikel 36 des Gerichtsstatutes vorgesehenen Kategorien fallen, und solchen, die nicht darunter fallen. Die Streitigkeiten der ersten Gruppe können ohne weiteres, infolge ihres vorwiegend juristischen Charakters, der Zuständigkeit des Gerichtshofes unterstellt werden. Was die zweite Gruppe von Streitigkeiten anbetrifft, so können sie sich zu einer juristischen Würdigung nur teilweise oder gar nicht eignen. Um aber dem Gerichtshofe die Erledigung des Streites zu ermöglichen, haben die vertragschliessenden Parteien ihn zum

39 ·voraus beauftragt, nach Billigkeitsgründen zu urteilen, soweit eine einschlägige Eechtsregel nicht bestehen sollte. Nach Artikel 38 seines Statutes kann der Gerichtshof in der Tat ex aequo et bono nur entscheiden, -wenn die Parteien einverstanden sind. Der schweizerisch-italienische Vertrag enthält eine etwas andere Formel. Sein Artikel 15, Absatz 2 bestimmt: «Falls nach Ansicht des Gerichtshofes der Streitfall nicht rechtlicher Natur sein sollte, so kommen die Parteien überein, dass darüber ex aequo et bono zu entscheiden ist.» Es folgt daraus, dass die Befugnis des Gerichtshofes, nach Billigkeitserwägungen zu urteilen, nach dem schweizerisch-italienischen Vertrage von der Natur der Streitigkeit abhängt, während diese Befugnis nach dem Vertrage mit Finnland, selbst wenn der Streit nur beiläufig ein juristisches Element enthalten sollte, das Fehlen jeder strikten Eechtsregel zur Voraussetzung hat. Bei dem letzteren System wird die Bechtsregel, sofern eine solche vorhanden ist, den Richter immer binden.

Wie aus den vorstehenden kurzen Erwägungen hervorgeht, besteht das wesentliche Merkmal des Ihnen zur Genehmigung unterbreiteten Vertrages darin, die endgültige Erledigung jeder Streitigkeit zu sichern, die in dem vorgängigen Vergleichsverfahren nicht hat beigelegt werden können. Er entspricht somit in jeder Hinsicht unseren Auffassungen mit Bezug auf das Vergleichs- und Gerichtsverfahren. Er erscheint als neue und glückliche Kundgebung unserer Politik auf dem Gebiete der friedlichen Erledigung internationaler Streitigkeiten und zugleich als bester Beweis für die ausgezeichneten Beziehungen, die zwischen der Schweiz und Finnland bestehen.

Wir zweifehl deshalb nicht daran, dass Sie den Vertrag genehmigen werden, indem Sie den beigefügten Entwurf eines Bundesbeschlusses gutheissen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Anreicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern, den 13. Januar 1928.

Namens des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Schulthess.

Der Bundeskanzler:

Kaeslin.

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(Entwurf.)

Bimdesfoesclüuss betreffend

die Genehmigung des am 16. November 1927 zwischen der Schweiz und Finnland abgeschlossenen Vertrages zur Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 13. Januar 1928.

beschliesst :

Art. 1.

Der am 16. November 1927 zwischen der Schweiz und Finnland abgeschlossene Vertrag zur Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren wird genehmigt.

Art. 2.

Der Bundesrat wird mit dem Vollzüge dieses Beschlusses beauftragt.

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Vertrag zwischen

der Schweiz und Finnland zur Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren.

Der Schweizerische Bundesrat

und der Präsident der Republik Finnland, geleitet von dem Wunsche,' die zwischen der Schweiz und Finnland beo · stehenden freundschaftlichen Bande zu festigen und im Interesse des allgemeinen Friedens die Entwicklung des auf die internationalen Streitigkeiten angewandten Vergleichs- und Gerichtsverfahrens zu begünstigen, entschlossen, in den Beziehungen zwischen den beiden Ländern den durch die Resolution des Völkerbundes vom 22. September 1923 betreffend Einsetzung zwischenstaatlicher Vergleichskommissionen eingeführten Grundsätzen eine möglichst ausgedehnte Anwendung zu geben, sind übereingekommen, zu diesem Zwecke einen Vertrag abzuschliessen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt.

der Schweizerische Bundesrat: Herrn Bundespräsident Giuseppe Motta, Vorsteher des Politischen Departe mentes, der Präsident der Republik Finnland: Seine Excellenz Herrn Raphaël W. Erich, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister von Finnland in der Schweiz, die, nachdem sie sich ihre Vollmachten mitgeteilt und sie in guter und gehöriger Form befunden haben, über folgende Bestimmungen übereingekommen sind: · ] Artikel 1.

Die Vertrags chliessenden Teile verpflichten sich, alle Streitigkeiten irgendwelcher Natur, die sich zwischen ihnen erheben sollten und die auf diplomatischem Wege nicht haben beigelegt werden können, vorgangig jedem gerichtlichen Verfahren, einem Vergleichsverfahren zu unterwerfen.

: Es steht jeder der vertragschliessenden Parteien zu, den Zeitpunkt zu bestimmen, von dem an das Vergleichsverfahren an die Stelle der diplomatischen Verhandlungen treten kann.

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Die Streitigkeiten, für deren Beilegung. eine besondere Gerichtsbarkeit durch andere zwischen den vertragschliessenden Parteien in Kraft stehende Verpflichtungen vorgesehen ist, werden jedoch direkt bei dem entsprechenden Gericht anhängig gemacht.

Artikel 2.

Handelt es sich um eine Streitigkeit, die nach der Gesetzgebung einer der Parteien in die Zuständigkeit einer Gerichtsbehörde fällt, so kann die belangte Partei es ablehnen, dass die Streitigkeit einem Vergleichsverfahren und gegebenenfalls einem Gerichtsverfahren unterworfen werde, solange sie nicht den Gegenstand einer definitiven Entscheidung dieser Gerichtsbehörde gebildet hat. Falls die klägerische Partei diese Gerichtsentscheidung anzufechten, gedenkt, so muss die Streitigkeit spätestens ein Jahr nach dieser Entscheidung dem Vergleichsverfahren unterworfen werden.

Artikel 3.

Binnen sechs Monaten nach Austausch der Batifikationsurkunden des gegenwärtigen Vertrages bilden die vertragschliessenden Teile eine ständige Vergleichskommission von fünf Mitgliedern.

Die Parteien ernennen, jede für sich, nach freier Wahl je ein Mitglied und berufen die drei übrigen Mitglieder im gemeinsamen Einverständnisse. Diese drei Mitglieder sollen nicht Angehörige der vertragschliessenden Staaten sein, noch sollen sie auf deren Gebiet ihren Wohnsitz haben oder in deren Dienste stehen.

Aus der Mitte der gemeinschaftlich zu berufenden Mitglieder wird der Präsident der Kommission im gemeinsamen Einverständnisse ernannt.

Die Kornmissionsmitglieder werden für drei Jahre ernannt. Unter Vorbehalt eines entgegenstehenden Einverständnisses der Parteien können die gemeinsam berufenen Mitglieder nicht während der Dauer ihres Mandates abberufen werden.

Artikel 4.

Im Falle von Ableben oder Eücktritt eines der Mitglieder der Vergleichskommission ist seine Ersetzung für den Best der Dauer seines Mandates vorzunehmen, wenn möglich innert der drei folgenden Monate und jedenfalls, sobald ein Streitfall der Kommission unterbreitet wird.

Falls eines der gemeinsam durch die vertragschliessenden Teile berufenen Mitglieder der Vergleichskornmission zeitweise durch Krankheit oder irgendwelchen andern Umstand verhindert sein sollte, an den Arbeiten der Kommission teilzunehmen, kommen die Parteien überein, einen Stellvertreter zu bezeichnen, der vorübergehend dessen Platz
einnehmen wird. Wenn die Ernennung dieses Stellvertreters nicht, binnen drei Monaten nach dem zeitweiligen Freiwerden des Sitzes erfolgt, so wird gemäss Artikel 5 des gegenwärtigen Vertrages verfahren.

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Wenn beim Ablaufe,des Mandates eines Mitgliedes der Kommission dessen Ersetzung nicht vorgenommen -wird, so gilt sein Mandat für einen Zeitabschnitt ·von drei Jahren als erneuert; die Parteien behalten sich jedoch vor, das Amt des Präsidenten beim Ablaufe der dreijährigen Frist einem andern der im gemeinsamen Einverständnis ernannten Kommissionämitglieder zu übertragen.

Ein Mitglied, dessen Mandat ·während der Dauer eines 'Verfahrens erlischt, nimmt weiterhin an der Prüfung des Streitfalles teil bis zur Beendigung des "Verfahrens, auch wenn sein Nachfolger bezeichnet worden ist.

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, Artikel 5 .

; Findet die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Mitglieder der Vergleichskommission oder des Präsidenten innerhalb der vorgesehenen Frist von sechs Monaten oder, im Falle einer Ersatzwahl, innerhalb dreier Monate nach Freiwerden des Sitzes nicht statt, so erfolgen die Ernennungen, auf Ersuchen einer Partei, durch den Präsidenten des Ständigen Internationalen Gerichtshofes oder, wenn dieser Angehöriger eines der vertragschliessenden Staaten ist, durch den Vizepräsidenten oder, wenn dieser sich in derselben Lage befindet, durch das älteste Mitglied des Gerichtshofes.

'· Artikel 6.

Innerhalb eines Zeitraumes von vierzehn Tagen nach dem Tage, da einer .

der vertragschliessenden Teile eine Streitigkeit der "Vergleichskommission unterbreitet hat, kann jede der Parteien für die Behandlung dieser Streitigkeit das von ihr ernannte ständigeMitglied durch eine auf diesem Gebiete besonders sachkundige Persönlichkeit ersetzen.

Die Partei, die von diesem Eechte Gebrauch machen will, wird unverzüglich die andere Partei davon verständigen; diese ist befugt, innerhalb des Zeitraumes von vierzehn Tagen nach Empfang der Mitteilung von dem gleichen Hechte Gebrauch zu machen.

Jede Partei behält sich indessen das Eecht vor, unverzüglich einen Stellvertreter zu ernennen zur zeitweiligen Ersetzung des von ihr bezeichneten ·ständigen Mitgliedes, das wegen Krankheit oder aus irgendwelchem anderen Grunde vorübergehend an der Teilnahme a.n den Kommissionsarbeiten verhindert sein sollte.

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: Artikel 7.

: Der ständigen Vergleichskbmniission liegt ob, die Schlichtung der Streitigkeit zu erleichtern, indem sie in unparteiischer und gewissenhafter Prüfung den Sachverhalt aufhellt und Vorschläge für die Beilegung
der Streitigkeit macht gemäss den Vorschriften des Artikels 12 des gegenwärtigen Vertrages.

Die Anrufung der Kommission erfolgt durch ein dahinzielendes Begehren, das von einem der vertragschliessenden Teile an deren Präsidenten gerichtet wird. Dieses Begehren wird von der Partei, welche die Eröffnung desVergleichs. Verfahrens verlangt, gleichzeitig der Gegenpartei notifiziert.

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Artikel 8.

Unter Vorbehalt anderweitiger Vereinbarung tritt die Kommission an dem von ihrem Präsidenten bezeichneten Orte zusammen.

Artikel 9.

Das Verfahren vor der Vergleichskommission ist kontradiktorisch.

Die Kommission setzt selbst das Verfahren fest, wobei sie, falls nicht einstimmig ein anderweitiger Beschhiss gefasst wird, die Bestimmungen in Titel III des Haager Abkommens vom 18. Oktober 1907 zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle berücksichtigt.

Die Verhandlungen der Kommission sind geheim, es sei denn, dass diese .im Einverständnisse mit den Parteien anders beschliesst.

Artikel 10.

Unter Vorbehalt einer anderweitigen Bestimmung des gegenwärtigen Vertrages fasst die ·Vergleichskommission ihre Beschlüsse mit Stimmenmehrheit.

Jedes Mitglied verfügt über eine Stimme! Wenn nicht alle Mitglieder anwesend sind, entscheidet die Stimme des Präsidenten im Falle von Stimmengleichheit. Nur wenn alle Mitglieder anwesend sind, kann die KommissionBeschlüsse fassen, welche die Streitigkeit als solche betreffen.

Artikel 11.

Die vertragschliessenden Parteien lassen der Vergleichskommission alle nützlichen Auskünfte zukommen und fördern in jeder Hinsicht und in möglichst weitgehendem Masse die Erfüllung ihrer Aufgabe.

Artikel 12.

Die Vergleichskommission erstattet ihren Bericht binnen sechs Monaten, nachdem sie in einer Streitigkeit angerufen worden ist, es sei denn, dass die vertragschliessenden Teile diese Frist im gemeinsamen Einverständnisse verlängern.

Der Bericht enthält einen Vorschlag zur Beilegung der Streitigkeit, sofern die Verhältnisse es gestatten.

Die Ansicht der in der Minderheit gebliebenen Mitglieder wird in dem Bericht angeführt.

Jeder Partei wird eine vom Präsidenten unterzeichnete Ausfertigimg desBerichtes vorgelegt.

Der Kommissionsbericht hat weder in bezug auf den Tatbestand noch hinsichtlich der rechtlichen Erwägungen die Bedeutung eines Schiedsspruches.

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Ai-tikel 13.

Binnen einer angemessenen Frist, die jedoch drei Monate nicht überschreiten soll, teilen die Parteien sich gegenseitig sowie dem Präsidenten der Vergleichskommission mit, ob sie die Schlussfolgerangen des Berichtes und die darin enthaltenen Vorschläge annehmen.

Die Parteien haben darüber im gemeinsamen Einverständnisse zu entscheiden, ob der Kommissionsbericht und das Verhandlungsprotokoll vor Ablauf der Frist, innerhalb der sie sich zu den in dem Berichte formulierten Vorschlägen auszusprechen haben, veröffentlicht werden dürfen.

Artikel 14.

Während der tatsächlichen Dauer des Verfahrens erhalten die Mitglieder der Vergleichskommission eine Entschädigung, deren Höhe von den vertragschliessenden Teilen festzusetzen, ist.

Jede Partei kommt für ihre eigenen Kosten auf. Die Kosten für die Kommission werden von den Parteien zu gleichen Teilen getragen.

Artikel 15.

Nimmt einer der vertragschliessenden Teile die Vorschläge der Vergleichs-: kommission nicht an oder äussert er sich nicht innerhalb der im Berichte der Kommission festgesetzten Frist dazu, so kann jeder von ihnen verlangen, dass die Streitigkeit dem Ständigen Internationalen Gerichtshof unterbreitet werde gernäss der Verpflichtung, die sie durch Annahme der fakultativen Bestimmungdes Artikels 86 des Statuts des Gerichtshofes übernommen haben. Die vertragschliessenden Teile bleiben bis zum Ablaufe des gegenwärtigen Vertrages durch diese Verpflichtung gebunden, selbst falls diese in der Zwischenzeit für einen oder für beide Teile ein Ende nehmen sollte.

Die vertragschliessenden Teile kommen überdies überein, dass, falls die Streitigkeit nicht unter eine der vier in Artikel 36, Absatz 2, des Statuts des.

Gerichtshofes aufgezählten Kategorien von Streitigkeiten juristischer Art fällt, jeder von ihnen trotzdem verlangen kann, dass die Streitigkeit vor den Ständigen Internationalen Gerichtshof gebracht wird, der sie ex aequo et bono entscheiden wird, insofern keine einschlägige Eechtsregel bestehen sollte.

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.Artikel 16.

Die vertragschliessenden Teile setzen in jedem Einzelfall eine besondere Schiedsordnung fest/worin der Streitgegenstand, die etwaigen dem Ständigen Internationalen Gerichtshöfe zu übertragenden besonderen Befugnisse sowie alle sonstigen zwischen den Parteien vereinbarten Einzelheiten genau bestimmt ^ werden.

46 Die Schiedsordnung wird durch Notenaustausch zwischen den Regierungen der vertragschliessenden Teile festgesetzt.

Zu deren Auslegung ist in allen Stücken der Gerichtshof zuständig. .

Kommt die Schiedsordnung nicht innerhalb von drei Monaten zustande, nachdem einer Partei ein Antrag auf Einleitung eines Gerichtsverfahrens unterbreitet worden ist, so kann jede Partei auf dem Wege eines einfachen Begehrens den Gerichtshof anrufen.

Artikel 17.

Stellt der Ständige Internationale Gerichtshof fest, dass eine von einem Gericht oder irgend einer andern Behörde einer vertragschliessenden Partei .getroffene Entscheidung ganz oder teilweise mit dem Völkerrecht in Widerspruch steht, können aber nach dem Verfassungsrechte dieser Partei die Folgen ·der Entscheidung durch Verwaltungsmassnahmen nicht oder nicht vollständig beseitigt werden, so ist der verletzten Partei auf andere Weise eine angemessene Genugtuung zuzuerkennen.

Artikel 18.

Der vom Ständigen Internationalen Gerichtshofe gefällte Spruch ist von den Parteien nach Treu und Glauben zu erfüllen.

Über Schwierigkeiten, zu denen seine Auslegung Anlass geben könnte, entscheidet der Gerichtshof, den jede Partei zu diesem Zwecke auf dem Wege ·eines einfachen Begehrens anrufen kann.

Artikel 19.

Während der Dauer des Vergleichs- oder Gerichtsverfahrens enthalten sich die vertragschliessenden Teile jeglicher Massnahme, die auf die Zustimmung zu den Vorschlägen der Vergleichskommission oder auf die Erfüllung des Spruches des Ständigen Internationalen Gerichtshofes nachteilig zurückwirken kann.

Artikel 20.

Allfällige Streitigkeiten über die Auslegung oder Durchführung des gegenwärtigen Vertrages sind, unter Vorbehalt anderweitiger Vereinbarung, unmittelbar auf dem Wege eines einfachen Begehrens dem Ständigen Internationalen Gerichtshofe zu unterbreiten.

Artikel 21.

Der gegenwärtige Vertrag soll ratifiziert werden. Die Eatifikationsnrkunden sollen sobald als möglich in Bern ausgetauscht werden.

Der Vertrag tritt mit dem Austausche der Ratifikationsurkunden in Kraft.

.Er gilt für die Dauer von zehn Jahren, gerechnet vom Tage des Inkrafttretens an. Wird er nicht sechs Monate yor Ablauf dieser Frist gekündigt, so gilt er als für einen neuen Zeitraum von fünf Jahren verlängert, und so fort für je einen Zeitraum von fünf Jahren.

47

Ist im Zeitpunkte des Ablaufe de» gegen1« artigen "Vertrages ein Vergleich»·oder Gerichtsverfahren anhängig, so nimmt dieses seinen Fortgang gemäss den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages oder irgendeines andern Abkommens, das die vertragschließenden Teile im gegenseitigen Einvernehmen an dessen Stelle gesetzt haben sollten.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten den gegenwärtigen Vertrag unterzeichnet.

So geschehen, in doppelte! Urschrift, zu Bern, am 16. November 1927.

L. S. (»ig.) Motta.

L. S. (>ig.1 R. W. Erich.

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Aus den Yerhandlungen des Buiidesrates.

(Vom 9. Januar 1928.)

Herrn C. F. Bertschinger wird der nachgesuchte Rücktritt vom Amte ·eines schweizerischen Honorarvizekonsuls in Chicago unter Verdankung ·der geleisteten Dienste gewährt.

Es werden folgende Wahlen bei der Eidgenössischen Technischen Hochschule getroffen : 1. als ordentlicher Professor für allgemeine Geschichte : Herr Dr. Karl Meyer, von Buchs (Luzern), Professor an der Universität Zürich; 2. als ordentlicher Professor für Schweizergeschichte und schweizerische Verfassungskunde : Herr Dr. Gottfried Guggenbühl, von Küsnacht und Zürich, Privatdozent an der Eidgenössischen Technischen Hochschule und Lehrer an der Kantonsschule Zürich ; 3. als ordentlicher Professor für spezielle Zoologie: Herr Dr. Max Kupfer, von Zürich, Titularprofessor an der Eidgenössischen Technischen Hochschule ; 4. als ordentlicher Professor für theoretische Physik ; Herr Dr. Wolfgang Pauli, von Wien, Titularprofessor an der Universität Hamburg.

Herr Dr. Francois von Weiss, von Mont-le-Grand, Essertines und Bern wird zum schweizerischen Berufsvizekonsul in Köln ernannt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

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1928

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.01.1928

Date Data Seite

37-47

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