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Bundesblatt

84. Jahrgang.

Bern, den 19. Oktober 1932.

Band II,

Erscheint wöchentlich

Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr, 60 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli £ de. in Bern,

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Postulat Huber vom 10. Dezember 1930 betreffend Finanzgebarung im Militärwesen.

(Vom

11. Oktober 1932.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

1. Bei der Beratung des Voranschlages für das Jahr 1931 hat der Nationalrat folgendes Postulat des Herrn Huber angenommen: «Der Bundesrat wird eingeladen, dem Nationalrat darüber Bericht u n d Antrag vorzubringen, o b nicht i n d e r Finanzgebarung das Militärwesen nach gleichen Grundsätzen zu behandeln sei wie andere Departemente und ob insbesondere der Grundsatz der Universalität des Voranschlages nicht auch für das Militärbudget durchzuführen sei.» Wir beehren uns, Ihnen folgende Darlegungen zu unterbreiten: 2. Bevor wir auf den Hauptgedanken des Postulates: die Universalität des Budgets und die Gleichbehandlung der Finanzgebarung des eidgenössischen Militärdepartements mit den übrigen Departementen -- des nähern eintreten, möchten wir in Kürze einzelne bei der Begründung des Postulate vorgebrachte Bemerkungen erörtern.

Es wurde dort gesagt, dass schon in den Jahren 1922 und 1924 auf anderem Wege als durch den Voranschlag des Militärdepartements militärische Ausgaben vorgesehen worden seien; diese Ausgaben seien unter den Notstandskrediten aufgeführt worden in einem Betrage von 80 Millionen Pranken. -- Es ist richtig, dass damals, also vor beiläufig 10 Jahren, der erwähnte Betrag aus Notstandskrediten für militärische Zwecke verwendet worden ist. Aber es wäre nicht richtig anzunehmen, dass die Verwendung von Notstandskrediten zu militärischen Zwecken vom Bundesrate in Umgehung der eidgenössischen Eäte angeordnet worden wäre. Es verhielt sich damit vielmehr wie folgt: Bundesblatt.

84. Jahrg. Bd. II.

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Vorab sei einmal festgestellt, dass die Notstandskredite durch die eidgenössischen Bäte selber ausgesetzt worden sind; sie haben unter diesem Titel am 13. Oktober 1921 dein Bundesrate 66 Millionen zur Verfügung gestellt und am 13. Oktober 1922 weitere 50 Millionen (vgl. A. 8. 37 747 und 38 585). Die Botschaft vom 7. Oktober 1921 selber und das ihr beigegebene provisorische Programm gaben den eidgenössischen Räten Aufschluss über die Verteilung des Kredites von 66 Millionen unter die verschiedenen Departemente und insbesondere auch darüber, dass dem Militärdepartement 28 Millionen zugedacht waren für Hoch- und Tief bauten und für «Beschaffung von Kriegsmaterial durch Aufträge an die einheimische notleidende Industrie» (vgl. Bbl. 1921, IV 461 ff. insbesondere 474/5).

Vom Kredit von 50 Millionen waren durch den Bundesbeschluss vom 18. Oktober 1922 von vornherein 10 Millionen ausgeschieden «für Arbeiten, die auf Rechnung des Bundes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit unternommen werden», und in der zugehörigen Botschaft vom 1. September 1922 (Bbl. 1922 III98 ff. insbesondere 110 f.) wurde ausgeführt, dass zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sich als besonders geeignet die Arbeitsaufträge erwiesen haben, die zu vergeben das Militärdepartement in der Lage sei; ira Anschluss hieran gab die Botschaft eingehend Auskunft, um welche Bestellungen es sich hiebei handeln werde. In der Folge wurden denn auch die fraglichen 10 Millionen dem Militärdepartement zur Verfügung gestellt. Es darf hervorgehoben werden, dass die 10 Millionen nicht einfach zu den im normalen Wege bewilligten Krediten hinzu verbraucht, sondern dass sie weitgehend zur Entlastung der Kriegsmaterialbudgets der Jahre 1928 und 1924 herangezogen wurden.

Die Budgetbotschaften für diese zwei Jahre geben hierüber Aufschluss. Die Entlastung betrug für 1928 Fr. 8,131,620 » 1924 » 873,000 Total rund Fr. 4,000,000 Ferner ist zu bemerken, dass von den 10 Millionen 2% Millionen Franken für die Revision der während des Krieges hergestellten Infanterie- und Artilleriemunition verwendet und dadurch die Voranschläge der Jahre 1928 und folgende entlastet worden sind. Die Notwendigkeit und Zweckmässigkeit dieser Revision ist ebenfalls in der Botschaft dargelegt worden.

Richtig ist allerdings, dass die Notstandskredite nicht durch die Verwaltungsrechnung des
Militärdepartements gedeckt oder getilgt worden sind, sondern durch die Kapitalrechnung. Aber das gleiche Verfahren wurde für die Anteile aller übrigen Departemente an den Notstandskrediten angewendet.

Zum mindesten kann daher gesagt werden, dass das Militärdepartement keine Vorzugsstellung genossen hat. Wenn ihm ein grosser Teil der Notstandskredite überwiesen wurde, so geschah das deshalb, weil, wie schon in der Botschaft vom 1. September 1922 angedeutet ist, es sozusagen allein in der Lage war,

645 der notleidenden Industrie und damit auch der notleidenden Arbeiterschaft Aufträge und Verdienst zuzuhalten.

Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt sich, dass die eidgenössischen Räte über das eingeschlagene Verfahren genauestens unterrichtet worden sind und ihm ihre Zustimmung gewährt haben.

Ferner wurde in der Begründung zum Postulat ausgeführt, seit 1925 habe man noch andere Methoden angewendet, um das Militärbudget niedrig zu halten und man habe Bekleidung und Ausrüstung der Armee nicht mehr ausschliesslich auf dem Weg der Kreditbewilligung besorgt, sondern das Militärdepartement habe einfach die Reserven geplündert. Hierüber ist folgendes zu sagen: Während des Aktivdienstes wurden die Reserven an Bekleidung, Waffen und Ausrüstung sehr stark geäufnet. Wäre die Schweiz damals in den Weltkrieg verwickelt worden, so hätte sie diese Reserven dringend nötig gehabt.

Nach Friedensschluss aber musste auf einen allmählichen Abbau der Reserven hingearbeitet werden, weil diese in dem damals vorhandenen Umfange für normale Verhältnisse zu gross und bei allzu langer Lagerung dem Verderben ausgesetzt waren. Zu diesem Zwecke haben wir bereits mit Botschaft vom 18. Februar 1919 den eidgenössischen Räten die vorübergehende Ausserkraftsetzung des Art. 90 und des Absatzes 2 des Art. 158 der Militärorganisation von 1907 und Ersetzung durch eine abgeänderte Fassung beantragt (s. A. S. 35 259).

Der neue Art. 90 sagt ausdrücklich: «Die Einkleidung der Rekruten und ihre Ausrüstung mit Gepäck erfolgt bis auf weiteres aus den vom Bunde zur V e r f ü g u n g gestellten Reserven auf den Waffenplätzen.» Und der Art. 158, Abs. 2 bestimmt in der neuen Fassung: «Die Kantone beschaffen bis auf weiteres ... die Kleider ... nur noch für 50 % der kantonalen und der eidgenössischen Truppen , , , Die Einkleidung sämtlicher Rekruten und ihre Ausrüstung mit dem Gepäck erfolgt bis auf weiteres aua der Reserve des Bundes.» Die eidgenössischen Räte haben der Vorlage des Bundesrates mit Beschluss vom 5. April 1919 zugestimmt und die soeben erwähnten Bestimmungen haben Gesetzeskraft erhalten.

Wenn der Bundesrat also die Reserven herangezogen hat, so war er dazu nicht nur berechtigt, sondern durch einen Erlass der gesetzgebenden Behörden verpflichtet.

Dem Masse nach ist allerdings der Bundesrat in der Folge noch weiter gegangen,
indem er nicht nur 50 % der Rekrutenkleider und Ausrüstungen aus den Reserven entnommen hat, sondern bis zu 75 %. Aber auch hierüber waren die eidgenössischen Räte durch die Akten zum Kriegsmaterialbudget, das ihnen im Juni jeden Jahres unterbreitet wird, orientiert. Wir möchten darum ausdrucklich feststellen, dass die Reserven nicht «hinten herum verbraucht» worden sind. Der Bundesrat hat durchaus offen gehandelt. Es erhellt aber aus den vorstehenden Darlegungen auch, dass dieses Vorgehen nicht etwa nur seit 1926, d. h. seit Annahme des auf Festlegung der Militärausgaben

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auf 85 Millionen Franken gerichteten Postulats eingeschlagen wurde, sondern dass die gesetzliche Basis dazu schon im Jahr 1919 gelegt worden war.

Dass der Abbau der Beserven bis zur äussersten, mit den Interessen der Landesverteidigung vereinbaren Grenze betrieben worden war und nicht mehr weitergeführt werden durfte, hat der Bundesrat in der Botschaft vom 4. November 1930 betreffend Spezialkredit für Kriegsmaterialbeschaffung unumwunden selber dargelegt. Er hat dort aber auch die Gründe angegeben, aus denen er die Reserven so stark in Anspruch genommen hat : sie lagen ganz wesentlich in dem Bestreben, dem Postulat der eidgenössischen Bäte nachzukommen, durch das die Ausgaben für das Militärwesen auf 85 Millionen begrenzt worden waren. Es wird dem Bundesrat selber zur Genugtuung gereichen, wenn er keinen Baubbau mehr betreiben muss; Voraussetzung dazu ist nur, dass die Bäte ihm die nötigen Kredite zur Ausrüstung der Bekruten zur Verfügung stellen.

Im übrigen hält er dafür, dass kein Hindernis besteht, die Beserven heranzuziehen, wenn und soweit ihr Stand das gestattet. So äufnen sich beispielsweise die Reserven an Kavallerie-Beitzeugen ziemlich rasch, weil die Kavalleristen beim "Übertritt zur Landwehr ihr Beitzeug abzugeben haben. Mit geringen Kosten lässt sich die Grosszahl dieser Beitzeuge wieder aufrüsten.

Es wird niemand fordern, dass sie nachher ungebraucht in den Zeughäusern lagern oder mit grossem Verlust verkauft werden -- sofern ein Verkauf überhaupt möglich -- und dass andrerseits Jahr für Jahr für sämtliche KavallerieRekruten neue Reitzeuge beschafft werden, was bei den heutigen Preisen pro Jahr eine Summe von nicht weniger als Fr. 875,000 erfordert. Wenn auf der einen Seite klar ist, dass das nötige Kriegsmaterial und insbesondere die zur Ausrüstung der Rekruten nötigen Gegenstände beschafft werden müssen, so wäre es auf der andern Seite sinnlos, Material über den Bedarf hinaus anzuschaffen. Zweifellos wäre es auch unrichtig und technisch überhaupt unmöglich, den Wert der wiederverwendeten Gegenstände erneut in das Ausgabenbudget einstellen zu wollen, da dadurch geradezu ein und derselbe Gegenstand mehrmals im Budget erscheinen und es belasten würde. Das einmal angeschaffte Material wird in das Inventar und damit in die Vermögensrechnung des Bundes aufgenommen und ein Verbrauch
solchen Materiales bedeutet demnach keine Ausgabe der Verwaltungsrechnung sondern eine Inventarverminderung der Kapitalrechnung, Die parlamentarische Kontrolle über die Reserven und ihre Heranziehung zur Ausrüstung der Rekruten, der sich der Bundesrat und sein Militärdepartement in keiner Weise entziehen wollen, ist deswegen nicht ausgeschlossen, nur genügt hiezu die Prüfung von Budget und Rechnung allein nicht. Sie kann aber bei der Behandlung des Kriegsmaterialbudgets anhand der Akten ohne weiteres ausgeübt werden. Auch die periodisch alle 2, für das Korpsmaterial und die Truppenmunition alle 4 Jahre abgeschlossenen Inventare können zur Kontrolle herangezogen werden.

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8. Was nun die Universalität oder Einheitlichkeit des Voranschlages anbetrifft, so kann der Bundesrat vor allem auf die verschiedenen Erklärungen hinweisen, die er mehrfach in den Budgetbotschaften oder durch den Chef des Finanzdepartements in den Bäten abgegeben hat. Wir verweisen insbesondere auf die Botschaft zum Voranschlag 1930, wo unter Abschnitt II (Seite II) einlässlich von der Universalität des Voranschlages gesprochen wird. Der Bundesrat hat dort wie auch anderwärts festgelegt, dass inskünftig der Grundsatz der Universalität oder Einheitlichkeit des Budgets und der Eechnung konsequent durchgeführt und damit alle ausserordentlichen Voranschläge mit direkter Belastung der Kapitalrechnung ausgeschlossen sein müssen.

Das gilt auch für das Militärdepartement und auch seine Finanzgebarung wird inskünftig danach eingerichtet sein.

Der Grundsatz hat nicht immer in voller Schärfe Geltung gehabt, so dass in der Vergangenheit sich hin und wieder Abweichungen davon finden. Sie sind übrigens nicht so überaus häufig, wie etwa angenommen wird. Im Bereiche der Militärverwaltung treten sie eigentlich nur bei grossen, ausserordentlichen Materialbeschaffungen auf. Den typischsten Fall aus den letzten Jahren bildete wohl der Bundesbeschluss vom 19. Juni 1925 betreffend Einführung eines leichten Maschinengewehres, durch den dem Bundesrate ein Kredit von 16,s Millionen «auf Kapitalrechnung)) bewilligt wurde (A. S. 41 427). Die daherigen Ausgaben wurden ausschliesslich über Kapitalrechnung im «Abschlusskonto mit Gewinn- und Verlustrechnung» verbucht; sie erscheinen in keiner Form, weder in den Voranschlägen zu den Verwaltungsrechnungen noch in diesen selbst. Die Gründe, welche zu solchem Vorgehen bewogen haben mögen, liegen wohl in der Erwägung, dass das Kriegsmaterial, um dessen Beschaffung es sich handelte, zum mindesten mit einem Teil seines Wertes als Aktivum in der Kapitalrechnung, beim Inventarbestand, wieder erscheine und dass es daher nur folgerichtig sei, wenn auch die bezüglichen Ausgaben auf Kapitalrechnung erfolgen. Ferner konnte durch Verbuchung über Kapitalrechnung das laufende Verwaltungsbudget vor sprunghaften Auf- und Abwärtsbewegungen bewahrt werden. Wie dem aber auch sei, jedenfalls steht heute der Bundesrat auf dem Standpunkt, dass derartiges Deckungsverfahren über Kapitalrechnung nicht
mehr stattfinden darf.

Es sind übrigens nicht nur Ausgaben militärischer Natur, die über Kapitalrechnung verbucht wurden. So wurden z. B. auch die ausserordentlichen Kreditbewilligungen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit von 1921 und 1922, von denen wir oben in anderm Zusammenhange schon gesprochen haben, genau in gleicher Weise behandelt ; auch dort erfolgten die Ausgaben zu Lasten des Abschlusskontos der Kapitalrechnung, ausserhalb der Voranschläge und der Verwaltungsrechnungen. Die Militärverwaltung nahm also auch in diesem Gebiete keine Sonderstellung ein.

Jn einem gewissen Sinne werden im übrigen Ausnahmen vom Universalitätsprinzip immer dann eintreten, wenn durch besondere Umstände eine Kreditbewilligung nicht mit dem ordentlichen Budget erfolgen kann. Das

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wird namentlich dann geschehen, wenn dringende Verhältnisse ausserordentlichen Massnahmen rufen, wie das gerade in der gegenwärtigen Krisenzeit schon der Fall gewesen ist und auch fernerhin sein kann. Wir erinnern an den Krisenkredit, den die eidgenössischen Eäte im Dezember letzten Jahres dem Bundesrat zur Verfügung gestellt haben, an das Postulat der Geschäftsprüfungskommission, das einem besondern Kredit ruft mit dem doppelten Zweck der raschen Arbeitsbeschaffung und der Auffüllung unserer Eeserven u. a. m.

Ferner wird es immer wieder nötig werden, dass der Bundesrat in Ausführung von Art, 87 der Militärorganisation den eidgenössischen Eäten die Einführung neuen Materials und die Bewilligung der hiezu erforderlichen Kredite beantragen muss ; das kann nicht mit dem Budget geschehen, erfordert vielmehr eine Sondervorlage. In beiden Fällen -- es lassen sich wohl noch andere denken -- findet die erstmalige Kreditbewilligung nicht im Bahrnen des ordentlichen Voranschlages statt. Zur Aufrechterhaltung des Grundsatzes der Universalität ist daher in solchen Fällen für Überführung der ausserordentlichen Kreditbewilligung in den Voranschlag und in die Verwaltungsrechnung zu sorgen. Das kann geschehen durch Einstellung in die Nachtragskredite, wenn es sich um verhältnismässig kleine Summen handelt, oder durch ratenweise Verteilung grösserer Gesamtkredite auf die Voranschläge der kommenden Jahre. Auf diese Möglichkeit ist schon in der obenerwähnten Botschaft zum Voranschlag 1980 hingewiesen. Dabei braucht die Ausgabe nicht unbedingt beim betreffenden Departemente eingestellt zu werden, es kann vielmehr, ohne Verletzung des Grundsatzes der Universalität, die Überführung des Gesamtkredites in den ordentlichen Voranschlag durch Einstellung entsprechender Tilgungsquoteu im Abschnitt I des Ausgabenbudgets «Verzinsung und Tilgung» geschehen. So ist z. B. verfahren worden bezüglich der Vergütung von 35 Millionen für «ausserordentliche Leistungen der S. B. B. in den Kriegsund Nachkriegsjahren» und bezüglich des Gesamtkredites von 20 Millionen für Beschaffung von Flugzeugmaterial (vgl. Verwaltungsrechnung 1981 Seite 28).

Mit dieser Feststellung ist eine Frage berührt, die zu erörtern im Interesse der wünschbaren Abklärung sich empfehlen mag. Es ist nämlich schon etwa unter Berufung auf den Grundsatz der Universalität
des Voranschlages verlangt worden, und ein ähnliches Verlangen scheint sich auch aus der Begründung des Herrn Nationalrat Huber zu seinem Postulat im Zusammenhalt mit den damaligen Anträgen der Minderheit der Finanzkommission zu ergeben, dass das Budget des Militärdepartements die sämtlichen Militärausgaben umfassen müsse, dass nirgend anderswo im Voranschlag Atisgaben militärischer Natur enthalten sein dürfen. Wir halten diese Auffassung nicht für richtig. Jedenfalls lässt sie sich nicht aus dem Grundsatz der Universalität begründen; sie entspricht auch nicht dem, was bei andern Departementen geschieht.

Das Budget der Eidgenossenschaft stellt eine Einheit dar. Schon nach verfassungsrechtlichem Grundsatz geht der Entscheid über die Geschäfte vom Bundesrat als Behörde aus. Der Grundsatz der Universalität ist daher gewahrt, wenn er im Gesamtbudget durchgeführt worden ist. Er verlangt aber nicht,

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dass das Budget jedes einzelnen Departements nun seinerseits ausschliesslich die sämtlichen Ausgaben des betreffenden Departements vorsehe. Das ist übrigens für andere Departemente des Bundesrates nie verlangt worden, trotzdem auch ihre Budgets nicht die Gesamtheit der für ihre Zwecke gemachten Aufwendungen enthalten. So finden sich die Bauausgaben nicht nur des Militärdepartements im Voranschlag des Departements des Innern (Direktion der eidgenössischen Bauten), sondern auch diejenigen des Politischen Departements, des Finanz- und Zolldepartements, des Volkswirtschaftsdepartements und des Bundesgerichts. Ferner sind die Ausgaben für die Personalversicherung, die Dienstaltersgeschenke und den verwaltungsärztlichen Dienst, sowie für Posttaxen und Telephongebühren für alle Departemente gleichermassen im 4. Abschnitt des Voranschlages eingestellt. Und ebenfalls für alle Departemente bestimmt sind die bei der Bundeskanzlei vorgesehenen Kredite für Drucksachen und Bureaumaterialien. Der Grundsatz der Universalität des Budgets erleidet dadurch keinen Abbruch. Es liegt aber auch keine Ausnahmebehandlung des Militärdepartements vor.

Herr Nationalrat Huber hat in der Begründung seines Postulates insbesondere auch die Frage des Separatkontos «Erlös aus altem Kriegsmaterial» erörtert, und es ist uns nicht unbekannt, dass dieser Separatkonto und seme Verwendung da und dort einen Stein des Anstosses darstellt. Es mag darum angezeigt sein, seine Entstehung und Entwicklung hier etwas näher zur Darstellung zu bringen. Seine Entstehung verdankt er dem Verkauf einer grössern Anzahl von Vetterligewehren Mod. 1869 mit Munition und Lederzeug im Jahre 1894. Laut Staatsrechnung 1894, Seite 57 wurden Fr. 829,699.09 als «Erlös aus alten Gewehren und Munition» eingestellt. In den folgenden Jahren wurde der Verkauf alter Waffen fortgesetzt, und nachdem mit den Kantonen, denen ein Teil des Erlöses zukam, abgerechnet war, verblieben Ende 1896 Fr. 925,524, von denen der Bundesrat im Geschäftsbericht 1896 S. 148/9 sagt, er werde sie zur Vermehrung der Bestände an Handfeuerwaffen Kai. 7,s mm verwenden.

In der Folge wurde der Erlös aus Verkauf alter Waffen jeweilen dem Separatkonto gutgeschrieben und dieser anderseits zur Beschaffung von Kriegsmaterial herangezogen, zum Teil mit ausdrücklicher Gutheissung durch das Parlament.
Am 18. Juni 1904 verfügte der Bundesrat, dass inskünftig der Erlös aus sämtlichen von der Kriegsmaterialverwaltung veräusserten Gegenständen an Kriegsmaterial dem Separatkonto zugeführt werden solle. Und durch die Inventarverordnung vom 18. Dezember 1922 ist, wie in der Begründung des Postulates Huber erwähnt wurde, festgelegt, dass der Erlös aus verkauftem Kriegsmaterial zu Neuanschaffungen verwendet werden kann Und dass hierüber das Militärdeparternent im Einvernehmen mit dem Finanz- und Zolldepartement besondere Vorschriften aufstelle. Derartige Vorschriften bestehen zur Zeit nicht, sie werden in der Praxis dadurch ersetzt, dass beabsichtigte Entnahmen aus dem Separatkonto jeweils dem Bundesrat zum Entscheide

650 unterbreitet werden. Eine willkürliche Verwendung durch das eidgenössische Militärdepartement ist somit ausgeschlossen.

Der Vollständigkeit halber sei noch beigefügt, dass eine Zeitlang noch andere Einnahmen und Ausgaben als die aus dem Verkauf und der Beschaffung von Kriegsmaterial sich ergebenden verbucht wurden, so diejenigen, die mit dem Verbrauch und dem Ersatz der Munition zusammenhängen, diejenigen für die Sprengstoffe, für den Ersatz von Motorwagen und ähnliches. In letzter Zeit sind diese Dinge zum weitaus grössten Teil aus dem Separatkonto herausgenommen und in besondere Konti verwiesen worden.

Wir haben hier zweifellos einen Fall vor uns, in welchem der Militärverwaltung eine Sonderstellung eingeräumt worden ist. Trotzdem empfehlen wir dringend die Beibehaltung des Separatkontos in seiner jetzigen Form.

Vor allem darf darauf hingewiesen werden, dass alle Ausgaben für Kriegsmaterial, das hier in Frage steht, ursprünglich von den eidgenössischen Bäten sind bewilligt worden, betreffe es nun Gewehre, Geschütze, Fuhrwerke oder anderes. Kann aus diesen Gegenständen, wenn sie für die Armee nicht mehr brauchbar und nur noch als Altmaterial verkäuflich sind, ein Erlös erzielt werden, so erscheint es jedenfalls nicht als unzulässig, ihn zur Ausfüllung der in der Ausrüstung der Armee entstandenen Lücken zu verwenden. Die den in Frage stehenden Geldmitteln ursprünglich gegebene Bestimmung bleibt und eine Vermehrung der Ausgaben der laufenden Rechnung tritt nicht ein, da die den Ausgaben zugrunde liegenden Kredite ja im Laufe der Zeit bereits von der Bundesversammlung bewilligt worden sind.

Ganz abgesehen aber von diesen Erwägungen ist das Separatkonto für die Ausrüstung unserer Armee von ganz ungewöhnlicher Bedeutung. Damit kommen wir auf den Punkt zu sprechen, der nach unserer Auffassung die Sonderstellung des Separatkontos durchaus rechtfertigt. Wir gehen in dem, was wir der Öffentlichkeit über unsere militärischen Vorbereitungen sagen, weiter als irgendein anderer Staat. Es gibt aber doch Dinge, die man besser nicht von allem Anfang an durch Botschaften, Katsverhandlungen usw. jedermann bekannt gibt. Hier in der Stille das Eichtige zu tun, ist oft eine unbedingte Notwendigkeit und wird uns eben durch den Separatkonto ermöglicht. Es handelt sich dabei, wie schon der Chef des Militärdepartements
in der Beratung über das Postulat Huber erklärt hat, hauptsächlich um die Durchführung von Versuchen kleinern und grössern Umfanges, die unbedingt notwendig sind, über die aber vorläufig der unabgeklärten Sachlage wegen besser nicht in der Öffentlichkeit gesprochen wird. Wir dürfen mit gutem Grund behaupten, dass das Vorhandensein des Separatkontos in den schwierigen Zeiten seit Schluss des Weltkrieges für unsere Landesverteidigung von sehr grossem Wert war und dem Bundesrat erlaubt hat, seine Aufgabe in einer Weise zu erfüllen, die ohne den Fonds gar nicht möglieh gewesen wäre.

Bekanntlich ist zur Vorbereitung der Flugzeugvorlage und für Schulund Übungsmaterial im Laufe der Jahre eine Summe von beiläufig 5 Mil-

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lionen entnommen worden. Darüber wurde in der Botschaft vom 13. Dezember 1929 betreffend Beschaffung von Flugzeugen usw. einlässlich Auskunft gegeben und beantragt, die fragliche Summe dem Separatkonto zurückzuvergüten. Die eidgenössischen Bäte haben diesem Antrage durch ihren Beschluss vom 30. Juni 1930 stattgegeben und damit die Existenz und den Weiterbestand des Separatkontos sanktioniert. Wir glauben annehmen zu dürfen, dass sie noch heute der gleichen Auffassung sind und den Bundesrat nicht eines Mittels berauben wollen, dessen er im Interesse der Landesverteidigung dringend bedarf.

Sie werden um so eher an dem damaligen Entscheid festhalten dürfen, als das Separatkonto ihrer Kontrolle nicht entzogen ist. Einmal gibt die Kapitalrechnung im Abschnitt «Verschiedene Kreditoren» über den Gesamtzuwachs und den Gesamtabgang im Separatkonto Aufschlusg. Ferner stehen die zugehörigen Belege den Finanzkommissionen und der Finanzdelegation jederzeit zur Verfügung. Wir erklären uns auch ausdrücklich bereit, mit den Akten zur Staatsrechnung alljährlich Eechenschaft abzulegen über alle Anschaffungen, die im Rechnungsjahre gemacht worden sind.

Wenn schliesslich der Prüfung der Frage gerufen wird, ob nicht in der Finanzgebarung (Voranschlag, Bechnung, ausserordentliche Kredite, Nachtragskredite, Inventare UBW.) das Militarwesen nach gleichen Grundsätzen zu behandeln sei wie andere Departemente, so können wir erklären, dass der Bundesrat prinzipiell die im Postulat vertretene Auffassung teilt. Man wird aber dabei nicht übersehen können, dass Budget und Rechnung des Militärdepartements der Natur der Dinge nach inhaltlich sehr verschieden sind von denjenigen der andern Departemente und dass schon rein äusserlich gewisse Unterschiede sich nicht werden vermeiden lassen. Eine nähere Betrachtung der Budgets der verschiedenen Departemente zeigt in der Tat, dass bei den meisten derselben die Ausgaben sich hauptsächlich in drei grosse Gruppen teilen lassen: Personalausgaben, andere Verwaltungskosten und Beiträge. Das Budget des Militärdepartements dagegen weist neben den auch bei ihm sehr beträchtlichen Personalausgaben noch Auslagen verschiedenster Art auf, denen etwas Ähnliches bei andern Departementen nicht gegenübersteht. Wir erwähnen vor allem die Kosten für die militärischen Schulen und Kurse, die auf Grund
von Einheitspreisen pro Mann und Tag berechnet werden, in welchen Preisen die sämtlichen mit dem Unterricht verbundenen Auslagen, mit alleiniger Ausnahme der Unterkunft, eingerechnet sind (Sold, Verpflegung, Pferdekosten, Brennstoffe für die Motorfahrzeuge, Munition usw.). -- Weil andere Departemente derartige Organisationen und Auslagen nicht kennen, erweist sich gerade dieses Gebiet als eine Besonderheit des Militärbudgets mit einer ihm allein eigenen Art der Kreditberechnung. Dabei sei hervorgehoben, dass der Budgetabschnitt «Unterricht», der von den Schulen und Kursen handelt, nicht viel weniger als die Hälfte der Gesamtbudgetsumme des Militärdepartements ausmacht (Budget 1982 annähernd 41,5 Millionen auf 96,s Millionen), und dass der Umsatz der Vorräte an Munition, Fourrage, Konserven usw.

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mittels der Unterrichtskredite bewerkstelligt wird, in der Weise, dass die Schulen und Kurse das von ihnen Verbrauchte aus den Schulkrediten bezahlen und die zuständigen Verwaltungsstellen hernach aus diesen Zahlungen für den Ersatz sorgen. Das geschieht durch Vermittlung der auf Bundesbeschluss beruhenden Vorschusskonti Fourrage und Armeeproviant, der Depotkonti Munition und des Erneuerungsfonds für Motorfahrzeuge.

Neben den Schulen und Kursen seien als weitere besondere Aufgaben der Militärverwaltung noch erwähnt die Beschaffung des Kriegsmaterials, einschhesslich Bekleidung und Ausrüstung, wobei der Dualismus zwischen Bund und Kantonen nicht vereinfachend wirkt -- die ausgedehnte Versuchstätigkeit der technischen Organe des Departements, ferner der Betrieb der Festungen, der Bemontierungsanstalten (Pferderegieanstalt und Kavallerie-Bemontendepot), der Militärversicherung und der Militär-Sanatorien usw. Der Beispiele wären noch viele, es mag an den erwähnten genügen, um die gewaltige Mannigfaltigkeit der Militärverwaltung darzutun und zu zeigen, dass ihr Rechnungswesen notwendigerweise vom Schema eines normalen DepartementsBudgets sich unterscheiden muss.

Das alles aber kann selbstverständlich nicht hindern, dass die Grundsätze der Finanzgebarung überall die nämlichen sein müssen und wir glauben im Verlaufe unserer Erörterungen dargetan zu haben, dass dem in allen wesentlichen Punkten so ist, auch für das Militärdepartement, und dass insbesondere auch der Fundamentalgrundsatz der Universalität des Voranschlages, mit einer kleinen Ausnahme, auch hier gilt.

Bei Beratung des Budgets 1931 im Dezember 1980 sind auch zwei Fragen, die mehr die formale Gestaltung des Budgets betreffen, zur Sprache gekommen, nämlich die Behandlung der Ausgaben und Einnahmen bezüglich der Kavalleriepferde und die Nichtaufnahme der Voranschläge und der Eechnungen der Militärwerkstätten. Über diese beiden Fragen hat das Finanz- und Zolldepartement im Auftrag des Bundesrates der Finahzkommission des Nationalrates mit Schreiben vom 4. Mai 1931 einlässlich Auskunft gegeben. Es braucht daher wohl auf diese Fragen, hinsichtlich deren der Bundesrat zu keiner andern Auffassung gelangt ist, nicht zurückgekommen zu werden.

In sachlicher Beziehung sei nur noch festgestellt, dass die Ausgaben der Militärwerkstätten nicht etwa zu
den übrigen Militärausgaben hinzukommen, sondern dass vielmehr die Gelder, welche die Waffenfabrik und die Konstruktionswerkstätte zur Herstellung von Waffen und von anderem Kriegsmaterial brauchen, durch das Kriegsmaterialbudget oder durch Sonderkredite (vgl.

die Vorlage betreffend leichte Maschinengewehre und betreffend Flugzeuge) bewilligt werden, während die Kosten für Herstellung der Munition im Unterrichtsbudget in den Einheitspreisen der Schulen und Kurse sowie bei den Krediten für das ausserdienstliche Schiesswesen enthalten sind. Die Auslagen der Werkstätten zu den Auslagen der Verwaltungsrechnung hinzuzufügen, würde die doppelte Verrechnung ein und derselben Auslage bedeuten. Nur

653 wenn einer der Betriebe mit einem Ausfall abschliessen würde, müsste dieser aus der Verwaltungsrechnung gedeckt werden. Dann würde er aber auch in der Verwaltungsrechnung ausgewiesen, wie das beispielsweise Jahr für Jahr für die Pferderegieanstalt zutrifft (vgl. Kapitel IV. C. der Rechnung des Militärdepartements). Und ferner sei betont, dass den Finanzkommissionen der eidgenössischen Bäte bereits im Jahr 1981 mit den Voranschlägen der Militärwerkstätten ausführliche Angaben über jeden einzelnen Posten sowohl der Betriebsrechnung als auch der Gewinn- und Verlustrechnung geliefert worden sind und dass dies auch fernerhin geschehen wird.

Wir beantragen Ihnen, von dem vorstehenden Bericht in zustimmendem Sinne Kenntnis zu nehmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 11. Oktober 1932.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Motta.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Postulat Huber vom 10.

Dezember 1930 betreffend Finanzgebarung im Militärwesen. (Vom 11. Oktober 1932.)

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