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Bundesblatt

84. Jahrgang.

Bern den 27. Juli 1932.

Band IL

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr, 10 franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr.

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Kreisschreiben des

Bundesrates an die Kantonsregierungen über die Bundeshilfe für die Gebirgsbevölkerung mit besonderer Berücksichtigung der Bundesbeiträge für Bodenverbesserungen.

(Vom 20. Juli 1982.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Wir beehren uns, folgendes Kreisschreiben über die Bundeshilfe für die Gebirgsbevölkerung an Sie zu richten.

I.

1. In Würdigung einer Reihe von Postulaten der Bundesversammlung haben wir uns durch Kreisschreiben vom 4. September 1926 mit Zustimmung der eidgenössischen Kate bereit erklärt, in Erweiterung der bisherigen Subventionspraxis aus dem Kredit für Bodenverbesserungen künftig auch an folgende Werke Bundesbeiträge zu verabfolgen: a. Erstellung von Verkehrswegen in Gebirgsgegenden, die der Verbindung der Gebirgsdörfer mit dem Tale dienen; b. Landwirtschaftliehe Siedlungsbauten, Inbegriffen die Zuleitung von Kraft, Licht und Wasser, die bei Anlass grösserer Güterzusammenlegungen oder zur Besiedelung von bisher ungenügend oder noch nicht bewohnten, grössern, an sich fruchtbaren Gebieten erstellt werden; c. Wohnräume für das Alppersonal und Lokale für die Verarbeitung und Aufbewahrung von Milch und Milchprodukten, die in Verbindung mit Alpstallbauten erstellt werden; d. Eigene Leistungen der Besitzer.

2. Im Zeitpunkte des Erlasses jenes Kreisschreibens war die bekannte Motion Baumberger vom Dezember 1924 bereits hängig, stand aber noch nicht in Behandlung. Zur Vorbereitung und Durchführung der durch die Motion verlangten Erhebungen haben wir dann im April 1927 eine ausserparlamentarische Kommission eingesetzt, worin die an der Frage besonders Bandesblatt. 84. Jahrg. Bd. II, 22

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interessierten Kreise vertreten waren. Im März 1929 hat uns die Kommission den Schlussbericht über ihre Tätigkeit eingereicht. Im Einvernehmen mit.

dem Bundesrat wurde dieser Bericht mit Kreisschreiben vom 7. Juni 1929 durch das Volkswirtschaftsdepartement auch den Kantonsregierungen übermittelt. Dabei wurde mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass das Entvölkerungsproblem mit Massnahmen und Subventionen des Bundes allein nicht gelöst werden könne, sondern dass vor allem die G-ebirgsbevölkerungselbst, sowie die Kantone, Gemeinden, die gemeinnützigen und wirtschaftlichen Organisationen ihre Mitarbeit in hohem Masse zur Verfügung stellen müssen, wenn wirksame Hilfe geleistet werden soll. Nur durch eine nachhaltige Zusammenarbeit aller Beteiligten und wenn die Initiative zur Besserung der Lage von der Bergbevölkerung selbst ausgehe, werde es möglich sein, der Entvölkerung wirksam entgegenzutreten.

Am 14. November 1980 haben wir sodann der Bundesversammlung unsern eigenen, Ihnen bekannten Bericht zur Motion Baumberger unterbreitet. Unserem Antrage entsprechend haben die eidgenössischen Bäte von diesem Berichte in zustimmendem Sinne Kenntnis genommen und den dargelegten Bichtlinien über Massnahmen zugunsten der Gebirgsbevölkerung grundsätzlich zugestimmt, unter Vorbehalt ihrer Stellungnahme zu Kredit begehren und speziellen Vorlagen.

8. Wie in diesem Berichte näher ausgeführt ist, sind schon im Anschlüsse an die Behandlung der Motion Baumberger in der ausserparlamentarischen Kommission eine Beihe von weitern Bundesmassnahraen zugunsten der Gebirgsbevolkerung getroffen worden. So hat das Bundesgesctz vom 22. Dezember 1898 betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund durch das Bundesgesetz vom 5. Oktober 1929 eine zeitgemässe, die Anregungen der Kommission in vollem Umfange berücksichtigende Bevision erfahren. Die Bundesbeiträge für Bodenverbesserungen im weitesten Sinne des Wortes (Ausdehnung auf Verbindungswege von Bergdörfern unter sich und mit dem Tale, auf Wohnräume für das Alppersonal und Einrichtungen für die Milchverwertung, auf Wasserversorgungen, elektrische Anlagen, Telephonleitungen) sind zugunsten der Gebirgsgegenden wiederholt erweitert und erhöht worden, ebenso die Beiträge für die Viehversicherung. Durch die neue* Getreideordnung erfuhr die Mahlprämie eine namhafte Erhöhung
zugunsten der Selbstversorger in Gebirgsgegenden. Der Bundesbeschluss vom 28. September 1928 betreffend eine vorübergehende Bundeshilfe zur Milderung der Notlage in der schweizerischen Landwirtschaft trägt den Besonderheiten der Bergbauernnot Rechnung und bei seiner Durchführung wurden die besondern Bedürfnisse der Bergbevölkerung nach Möglichkeit gewürdigt. Durch das Bundesgesetz vom 14. März 1929 betreffend die Oberaufsicht über die Forstpolizei wurden die Höchstbundesbeiträge für Abfuhrwege und sonstige Einrichtungen für den Holztransport in Gebirgsgegenden von 20 bis auf 40 % erhöht. Im Grundbuchvermessungswesen sind nach Bundesratsbeschluss

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vom 17. Juni 1929 zugunsten der Gebirgsgegenden weitergehende Erleichterungen geschaffen worden. Die Bahntarüe haben im Interesse der Berggegenden Verbesserungen erfahren, auch im Post- und Telephonverkehr sind /u deren Gunsten Erleichterungen geschaffen worden. In der Handelspolitik wird den Positionen, die für die Gebirgsbevölkerung von besonderer Bedeutung sind, den Erzeugnissen der Vieh- und Forstwirtschaft, fortgesetzt die grösste Aufmerksamkeit geschenkt und es werden dabei die Interessen der Alpwirtschaft nachhaltig verfochten. Namhafte Bundesunterstützungen werden sodann der bäuerlichen Heimarbeit, die in einer erfreulichen Entwicklung begriffen ist, zugeführt. Durch das Bundesgesetz vom 15. März 1930 haben die Bundesbeiträge an das Primarschulwesen, besonders zugunsten der Gebirgskantone, eine weitgehende Erhöhung erfahren.

Die Aufwendungen für diese Massnahmen stellen im Zusammenhang mit den bisherigen Leistungen an die Bundesfinanzen grosse Anforderungen, die bei der heutigen Finanzlage druckend empfunden werden.

II.

Nach unserem Berichte vom 14. November 1980 an die Bundesversammlung zur Motion Baumberger wurde unter anderm die künftige Unterstützung folgender weiterer Massnahmen zugunsten von Berggebieten in Aussicht gestellt: Die Versorgung mit elektrischer Energie ( K r a f t - und Lichtzuleitung), die Erstellung von Telephonleitungen und Trinkwasserversorgungen ständig bewohnter Siedelungen.

Unter dem Vorbehalt der Bewilligung der erforderlichen Kredite durch die eidgenössischen Bäte sind wir bereit, in Zukunft an die Erstellungskosten solcher Einrichtungen unter den folgenden Bedingungen Bundesbeiträge aus dem Kredit für Bodenverbesserungen zu gewähren: 1. Versorgung mit elektrischer Energie. Licht- und Kraftzuleitungen: a. Es werden in der Regel nur solche landwirtschaftliche Bergsiedelungen berücksichtigt, die sehr abgelegen, aber ständig oder während des grössten Teiles des Jahres bewohnt sind, soweit die Einrichtungen einem Bedürfnis entsprechen und wirtschaftlich sind; &. Beiträge werden nur an die Kosten der Freileitungen und Transformatorenstationen bewilligt. Die Kosten der Inneninstallation, des Stromes und des Unterhaltes finden keine Berücksichtigung; c. Einrichtungs- und Stromkosten der unterstützten Besitzer sollen durch Konzessionsgebühren und durch Gewinne der
Elektrizitätswerke, an denen Kantone und Gemeinden beteiligt sind, nicht belastet werden.

2. Telephonleitungen. Für die Erstellung von Telephonleitungen in abgelegene grössere Berggebiete können Beiträge gewährt werden an die Kosten: a. des Materialtransportes von der Fahrstraase aus auf die Verwendungsstelle;

312 b. der Entschädigung für Durchleitungsrechte an Private, die an der Errichtung der Telephonstation nicht interessiert sind und die als unbeteiligte Dritte angesehen werden müssen. Entschädigungsansprüche von Gemeinden, Genossenschaften und privaten Nachbarn, die ein Interesse an der Einrichtung einer Telephonstation im Bereiche ihres Grundeigentums haben, werden nicht berücksichtigt.

Voraussetzung für die Subventionierung der vorstehend unter l und 2 genannten Unternehmen durch den Bund ist in allen Fällen die Leistung eines entsprechenden Beitrages 'durch den K a n t o n . Der Bundesbeitrag kann nur ganz ausnahmsweise und beim Vorhandensein zwingender G r ü n d e über die Leistung des Kantons und über 20% hinausgehen.

3. Trinkwasserversorgungen. Bis vor wenigen Jahren wurden nur Wasserversorgungen im Alpgebiet subventioniert, ffiebei handelte es sich zur Hauptsache um Tränkewasser für das Vieh. An Wasserversorgungen ausserhalb des Alp- und Weidegebietes wurden Bundesbeiträge nur ganz ausnahmsweise gewährt an besonders kostspielige, aber für die Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Betriebe unentbehrliche Anlagen, die ohne staatliche Zuschüsse von den Beteiligten nicht erstellt werden konnten (Zuleitung unter künstlichem Druck oder sonst sehr schwierige Verhältnisse). Die Kosten für Feuerlöscheinrichtungen (Druckreservoire, grössere Bohrkaliber, Hydrantenstöcke) und Inneneinrichtungen in den Häusern wurden bei dieser Subventionierung nicht berücksichtigt.

Auf Grund des Kreisschreibens vom 4. September 1926 erfuhr die Subventionspraxis für Wasserversorgungen eine gewisse Erweiterung.

Seither werden Beiträge an die Kosten der Wasserbeschaffung auch für Siedelungsbauten bewilligt, die in Verbindung mit grösseren Güterzusammenlegungen oder in bisher ungenügend oder noch nicht bewohnten, an sich aber fruchtbaren Gebieten erstellt werden.

Das Vorhandensein von Trink- und Brauchwasser ist für land- und alpwirtschafth'che Siedelungen eine Lebensbedingung. Das Problem der Beschaffung von gutem Trinkwasser ist in einzelnen Gebirgsgegenden und im Jura aber öfters sehr schwierig zu lösen. Die Kosten sind manchmal höher, als das Leistungsvermögen der an einem solchen Werke Beteiligten.

In den eng gebauten Gobirgsdörfern, wo die Feuersgefahr besonders gross ist, kann auch die Erstellung
zweckdienlicher Löscheinriehtungen zur dringlichen Massnahme werden. Es sollen deshalb in Zukunft im Sinne des Berichtes zur Motion Baumberger vom 14. November 1930 an die Kosten von Trinkwasserversorgungen mit Feuerlöscheinrichtungen in Gebirgsgegenden, mit Einschluss des Jura, ausnahmsweise Bundesbeiträge aus dem Kredit für Bodenverbesserungen gewährt werden.

Voraussetzungen für eine Unterstützung solcher Anlagen aus dem Bodenverbesserungskredit des Bundes sind:

313 a. Anlagen in einer Gebirgs- oder sonst sehr abgelegenen Gegend des Hügellandes unter schwierigen Verhältnissen, hohe Kosten, wenig bemittelte Bevölkerung und finanziell ungünstig gestellte Gemeinden; b. Eine angemessene Subvention aus dem kantonalen Bodenverbesserungskredit.

Die bisherigen kantonalen Zuwendungen aus den Krediten der Brandversicherung lind der Hygiene dürfen nicht geschmälert werden.

In den Subventionsgesuchen ist über diese Leistungen genaue Auskunft zu geben; c. Die Bemessung des Bundesbeitrages erfolgt von Fall zu Fall nach Prüfung der Verhältnisse und in Anpassung an die besondern Bedürfnisse.

Er wird nach der kantonalen Beitragsleistung aus dem Boden» Verbesserungskredit bemessen und nur ganz ausnahmsweise Über 20 % . hinausgehen können.

III.

Die Erweiterung der Subventionspraxis nach unserem Kreisschreiben vom 4. September 1926 und den seitherigen Anordnungen im Sinne der vorstehenden Ausführungen haben den eidgenössischen Bodenverbesserungskredit in erhöhtem Masse belastet. Hatte die in Erscheinung getretene Landwirtschaftskrise der 1920er Jahre das Interesse der Grundbesitzer für das Bodenverbesserungswesen vorübergehend zu lahmen vermocht, so hat es seither wieder eine Entwicklung in anhaltend aufsteigender Richtung eingeschlagen. Besonders die Projekte für Güterzusammenlegungen, in einzelnen Bergkantonen noch mehr für Alp- und Ortsverbindungswege haben in sehr starkem Masse zugenommen. Infolgedessen sind die Ausgaben des Bundes für Bodenverbesserungen und Strassenbauten während den letzten Jahren nach einer vorübergehenden Verminderung wieder stark gestiegen.

So wurden vom Bünde subventioniert: , .

Zahl der KostenZugesicherte Ausbezahlte Gesuche Voranschläge Bundesbeiträge Bundesbeiträge in Fr.

in Fr.

in Fr.

1924 237 11,915,213 3,008,640 4,868,394 1925 231 8,303,170 2,220,284 4,102,093 1926 280 8,968,294 2,390,365 3,119,274 1927 303 12,076,066 3,112,140 2,840,142 1928 352 13,141,186 3,471,839 2,959,012 1929 509 26,481,628 9,142,353 3,300,745 1980 490 19,149,084 5,670,889 8,520,237 1981 481 24,199,125 7,247,180 4,595,834 Ende 1931 waren 989 subventionierte Unternehmen noch nicht abgerechnet, für die von Seite des Bundes Subventionsverpflichtungen im Betrage von Fr. 16,823,888 bestanden.

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Wenn auch zuzugeben ist, dass für die Auszahlung der zugesicherten Bundeabeiträge bei zahlreichen Projekten eine Verzögerung eintreten wird, weil für die Ausführung der grössern Meliorationsunternehmcn aus technischen und finanziellen Gründen Fristen von mehreren Jahren vorgesehen sind, so müssen wir im Hinblick auf die gegenwärtige Finanzlage des Bundes doch darnach trachten, dass von einer weiteren Erhöhung des Bodenverbesserungskredites in den nächsten Jahren Umgang genommen werden kann. Es wird im Gegenteil eine Herabsetzung unvermeidlich sein.

Die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte und diese selbst dringen schon seit längerer Zeit auf Massnahmen, die im Interesse des finanziellen Gleichgewichtes des Bundes unerlässlich sind. Seither hat sich die Finanzlage verschlechtert, daher sollen auch die Subventionsansätze für Bodenverbesserungen eine Herabsetzung erfahren.

Die Unterstützung der weiter oben erwähnten Massnahmen im Sinne einer Erweiterung des Subventionswesens ist somit nur möglich, wenn die Kantone mithelfen, dass bei den übrigen A u f w e n d u n g e n für Bodenverbesserungen gewisse Einsparungen verwirklicht werden können.

Zu diesem Zwecke wird bei der Prüfung der angemeldeten Werke künftig ein strengerer Masstab anzuwenden sein. Dabei ist der Wirtschaftlichkeit der auszuführenden Unternehmen vermehrte Beachtung zu schenken. Überdies sollen kleinere Projekte noch mehr als bisher ohne staatliche Subventionen ausgeführt werden. In solchen Fällen könnte sich, wie %vir annehmen, die Mitwirkung der kantonalen Kulturingenieure auf die kostenfreie Beratung der Besitzer beschränken.

Verschiedene dieser Punkte wurden in frühern Kreisschreiben, so auch in dem vom 4. September 1926, näher erörtert, und es wird von neuem darauf verwiesen.

IV.

1. Um die Aufwendungen für Bodenverbesserungen im Rahmen der bewilligten Kredite halten zu können und die Bundesbeiträge auf ein erträgliches Mass zu beschränken, haben wir Weisung erteilt, der Prüfung der eingehenden Projekte besondere Aufmerksamkeit zu schenken und Subventionsbegehr en, die den A n f o r d e r u n g e n nicht genügen oder wo die Projekte zui'olge der hohen K o s t e n als u n w i r t s c h a f t l i c h erscheinen, zurückzuweisen.

2. Als weitere Massnahme kommt eine Herabsetzung der Beitragsq u o t e n des Bundes in Betracht. Im Hinblick darauf, dass die meisten Bodenverbesserungsunternehmen geeignet sind, im grossen Ausmasse Arbeit und Verdienst zu bringen, möchten wir aber zurzeit von'einer allgemeinen Herabsetzung der Beitragsquoten tunlichst Umgang nehmen. Dagegen erachten wir eine etwas niedrigere Beitragsquote bei den meisten Bodenverbesserungsarten als möglich, so für Entwässerungen, Bewässerungen, Kanali-

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sationen, Weganlagen, Bäumungen und Keutungen im Flachland, namentlich soweit es sich um Grundbesitzverhältnisse in einem gewissen Wohlstand handelt.

3. Ausserdem bitten wir die Kantone, bis auf weiteres vor allem bloss solche Bodenverbesserungsprojekte zu berücksichtigen, die in besonderem Masse geeignet sind, die Arbeitslosigkeit zu beheben oder ihr vorzubeugen. "Wir bitten Sie, die eingehenden Subventionsgesuche in dieser Hinsicht näher zu prüfen und ihnen je\veilen einen bezüglichen Bericht beizugeben.

4. Die Ausführungskosten der Bodenverbesserungen sind zurzeit immer noch verhältnismäßig sehr gross, bedingt durch hohe Arbeitslöhne und Materialpreise. Diese Tatsache wirkt sich besonders bei den Siedelungsbauten aus.

Die Erstellungskosten der bis anbin subventionierten Bauten belasten die Siedler in manchen Fällen so stark, dass einzelne derselben Mühe haben werden, die ihnen nach Abzug der Subventionen noch verbleibenden Baukosten zu amortisieren und ihr Auskommen zu finden. Um die Siedler von der Errichtung zu kostspieliger Bauten abzuhalten, erachten wir eine entsprechende Normierung und Begrenzung der Beitragsleistung an Siedelungs"bauten für geboten. Damit die Erstellungskosten möglichst tief gehalten werden können, ist auf einfache Bauweise zu halten und darauf hinzuwirken, dass die Ubernehmer der Siedelungen einen möglichst grossen Teil der Arbeiten mit eigenen Arbeitskräften ausführen können.

Gestützt auf die Beobachtungen seit dem Erlass unseres Kreisschreibens "betreffend die Bundesbeiträge an Bodenverbesserungen vom 4. September 1926 werden künftig nur solche Siedelungsbauten subventioniert, die in Verbindung mit Güterzusamraenlegangen oder vorgängig solcher in zusammenlegungsbedürftigen Gebieten oder zur Be&iedelung von bisher ungenügend oder noch nicht bewohnten, an sich aber fruchtbaren Gebieten erstellt werden.

Für Siedelungsbauten, die erst nach der Durchführung einer Güterzusammenlegung erstellt werden, können Bundesbeiträge nur in Aussicht gestellt werden, wenn dabei eine weitergehende Arrondierung möglich und die Erstellung der Bauten für die betreffenden Bodenbesitzverhältnisse von allgemeinem Interesse ist.

Zu einer Siedelung soll in der Begel soviel Kulturland kommen, dass eine mittelgrosse Bauernfamilio beschäftigt werden kann und dabei ihr Auskommen findet. Als
untere Grenze gelten unter normalen Verhältnissen 5 ha Kulturland.

5. Nach Bundesratsbeschluss betreffend die Förderung der Güterzusammenlegungen vom 23. März 1918, nunmehr ersetzt durch den Bundesratsbeschluss vom 5. April 1932, wird der Bundesbeitrag an die Güterzusammenlegungen in jedem einzelnen Falle um den Betrag erhöht, der dadurch mit Bezug auf die Kosten der Grundbuchvermessung über das zusammengelegte

316 Gebiet dem Bunde erspart ·wird. In Übereinstimmung mit der neuern Praxis wird der Beitrag in jedem Falle bloss um die effektiven Ersparnisse erhöht, die am Bundesbeitrag für die Grundbuchvermessungskosten erzielt werden.

Der Ersparnisbetrag wird nach Ausführung des Unternehmens mit der übrigen Subvention als Pauschalbetrag ausbezahlt. Diese Zuschüsse gehen künftig zu Lasten des eidgenössischen Grundbuchvermessungsfonds, gelangen aber wie bisher durch die Abteilung für Landwirtschaft zur Auszahlung.

V.

Soweit nicht ausserordentliche Verhältnisse vorliegen, werden die Bundesbeiträge nach Massgabe vorstehender Darlegungen künftig in der Eegel folgende Ansätze nicht übersteigen:

1. An kleinere Entwässerungen, Bewässerungen, Kanalisationen, Räumungen, Beutungen, sowie an alle Unternehmungen einzelner Grundeigentümer im Flachlande 20 %, 2. An Güterzusammenlegungen und andere grössere, mit besondern Schwierigkeiten verbundene Projekte und an andere Meliorationen in Gebirgsgegenden (Alp- und Juragebiet) 25 % (nicht eingerechnet der Ersparnisbeitrag an Güterzusammenlegungen gemäse Ziffer IV, 5 hiervor).

8. An Siedelungsbauten soll der Bimdesbeitrag in der Regel so bemessen werden, dass an die Baukosten ein Grundbeitrag bis zu Fr. 600 pro ha Siedelungsfläche und hiezu ein Zuschuss bis zu 5 % der wirklichen, nach wirtschaftlichen Erwägungen berechneten Bausumme, bewilligt wird.

In keinem Fall soll an eine Siedelungsbaute ein Bundesbeitrag von mehr als Fr. 12,000 bewilligt werden.

4. Die Beitragsmaxima werden in der Eegel nur gewährt, wenn auch von Seite des Kantons Beiträge von mindestens gleicher Höhe geleistet werden.

Auf Grund früherer Verhandlungen über die Subventionsbegehren aus dem Tessin (Rivendicazioni ticinesi), ferner aus Gebieten mit ähnlichen Verhältnissen in Graubünden und Wallis können im Rahmen der verfugbaren Mittel auch künftig erhöhte Bundesbeiträge bewilligt werden, soweit die unter Ziffer l und 2 genannten Projekte infolge der Vermögenslage der Grundeigentümer ohne solche nicht verwirklicht werden können.

5. Bei allen grossen Meliorationsunternehmen soll in Zukunft die Auszahlung der zugesicherten Bundesbeiträge g e s t a f f e l t und entsprechend den Ausführungsterminen ein Jahresmaximum festgelegt werden, das in der Eegel nicht über Fr. 100,000 hinausgeht. Die Kantone haben mit dem Subventionsgesuch ein detailliertes Bauprogramm einzureichen, sowie einen Ausweis über die Finanzierung. Ferner werden sie um Vorschläge über die vorgesehene Staffelung gebeten.

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6. Für alle vom Bunde subventionierten Bodenverbesserungsunternehmen gelten folgende Bedingungen: a. Die Arbeiten sind in der Eegel öffentlich auszuschreiben. Mit Zustimmung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartenients, Abteilung für Landwirtschaft, kann hievon Umgang genommen werden.

Erfolgt die Ausführung durch den Grundeigentümer selbst oder durch die Meliorationsgenossenschaft in Begie, so dürfen in keinem Fall höhere Kosten in Bechnung gestellt werden, als bei der Ausführung durch einen Unternehmer; b. Per Abteilung für Landwirtschaft ist für alle grösseren Werke eine Zusammenstellung der Übernahmsofferten einzureichen, unter gleichzeitiger Mitteilung, wem die Arbeiten und Materiallieferungen vergeben werden sollen; c. Für subventionierte Unternehmen sollen einheimische Arbeitskräfte und inländisches Material verwendet werden. Ausnahmen können auf stichhaltige Begründung hin durch das Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für Landwirtschaft, bewilligt werden; d. Werden subventionierte Werke innert 15 Jahren nach ihrer Vollendung ganz oder teilweise der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen, so ist die entsprechende Bundessubvention zurückzuerstatten.

VI.

Während den letzten Jahren wurde der eidgenössische Bodenverbesserungskredit von mehreren Kantonen in ganz ausserordentlichem Masse in Anspruch genommen. Damit einher ging auch eine entsprechende Belastung der kantonalen Kredite. Durch die eingegangenen Verpflichtungen sind die einzelnen Kantonen zur Verfügung stehenden Bodenverbesserungskredite sogar auf Jahre hinaus in Anspruch genommen. Die Tilgung der eingegangenen Verpflichtungen erleidet damit Verzögerungen, sofern die kantonalen Kredite nicht entsprechend erhöht werden. Für die Melioranten entstehen dabei erhöhte Kosten, weil sie grössere, in der Eegel hoch verzinsliche Meliorationsschulden eingehen müssen. Schliessh'ch geht damit die Gefahr einher, dass die beteiligten Grundeigentümer die auf sie entfallenden Kostenbetreffnisse nur mit grosser Mühe oder gar nicht mehr aufzubringen vermögen. Solche Zustände müssen vermieden werden. Wir ersuchen deshalb die betreffenden Kantone, in der Gewährung von Beiträgen die gebotene Zurückhaltung zu beobachten und vor allem dafür zu sorgen, dass die eingegangenen Verpflichtungen im Einklang stehen mit den zur V e r f ü g u n g stehenden
Krediten. Um Missständen genannter Art künftig vorzubeugen und zugleich die unerlässliche Entspannung des Bundeskredites für Bodenverbesserungen herbeizuführen, haben wir dem.' Volkswirtschaftsdepartement Weisung gegeben, Subventionsgesuche solcher Kantone, die den Kredit im Verhältnis zu der im eidgenössischen Budget bewilligten Summe bereits in außerordentlicher Weise in Anspruch genommen haben, bis auf weiteres zurückzulegen.

318 Das Volkswirtschaftsdepartemerit wird sich im Sinne dieser Darlegungen mit, den betreffenden Kantonen in Verbindung setzen und die erforderlichen Anordnungen treffen.

Damit im Zusammenhang verweisen wir auf Art. 10 des Buiidesgesetzes vom 22. Dezember 1893 betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund, wonach der Bundesrat die Beiträge des Bundes an die Kantone für Bodenverbesserungen nach Massgabe der im eidgenössischen Voranschlag bewilligten Kredite festsetzt. Es erscheint uns angesichts der gegenwärtigen Lage unorlässlich, dass in der Gewährung von Bundesbeiträgen an neue Projekte künftig die grösste Zurückhaltung geübt wird.

Sollten sich die Verhältnisse für die Bundesfinanzen weiterhin ungunstig gestalten, so raüsste angesichts der heute bereits bestehenden Verpflichtungen für in Ausführung begriffene Bodenverbesserungsunternehmen eine vorübergehende Aussetzung in der Behandlung neuer Subventionsgesuche in Erwägung gezogen werden. Die Entscheidung dieser Frage wird insbesondere davon abhängen, welche weitern Kredite für das Bodenverbesserungswesen durch die Bundesversammlung bewilligt werden können.

VII.

Zum Schluss erinnern wir Sie an die Bestimmung von Art. 9, lit. o des Bundcsgesetzes vom 22. Dezember 1893 betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund, wonach -die kantonale Verwaltung in jedem einzelnen Falle die Verpflichtung zu übernehmen hat, die a u s g e f ü h r t e n Bodenverbesserungsarbeiten gut zu unterhalten, wobei ihr indessen das Eückgriffsrecht auf die beteiligten Gemeinden, Korporationen oder private Grundbesitzer zusteht.

Wir ersuchen Sie daher, künftig der Unterhaltskontrolle durch fachkundige Organe besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Es ist insbesondere auch dahin zu wirken, dass die subventionierten Meliorationswerke durch die Beteiligten sachgemäss unterhalten und durch die kantonalen Fachorgane in einem bestimmten Turnus kontrolliert werden.

D amit sich auch die Organe des Bundes über den Zustand und den Unterhalt der subventionierten "Werke Bechenschaft geben können, ersuchen wir Sie, dem eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement alljährlich bis zum 1. Februar einen Bericht über die Unterhaltskontrollc Ihres mit dem Bodenverbesserungswesen beauftragten Departements einreichen zu lassen.

*

*

Wir benützen auch diesen Anlass,* Sie, getreue, hebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

Bern, den 20. Juli 1982.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Für den B u n d e s p r ä s i d e n t e n : Musy.

Der Bundeskanzler : Eaeslin.

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Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen über die Bundeshilfe für die Gebirgsbevölkerung mit besonderer Berücksichtigung der Bundesbeiträge für Bodenverbesserungen. (Vom 20. Juli 1932.)

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1932

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27.07.1932

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309-318

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