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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Fritz Mumenthaler, geboren 1867, von Ryken in Niederwyl, Kanonier der Positionskompagnie Nr. 7.

(Vom 8. Dezember 1887.)

Tit.

Mumenthaler, Frite, Arbeiter in der Maschinenwerkstätte in Ölten, nahm an der diesjährigen Artillerierekrutenschule VI Thun Theil. In der Nacht des 11. August 1887, am Vorabend vor der Entlassung der Schule, wurde Mumenthaler durch seine Kameraden, welche sich damit belustigten, sich gegenseitig Bettstücke an den Kopf zu werfen, aufgeweckt. Sein Bettnachbar mußte sich entfernen und Mumenthaler hörte sagen, derselbe sei zu betrunken, um seinen Platz wieder zu finden. Diese Gelegenheit wollte Mumenthaler benutzen, um zum Naehtheil seines Nachbars die Leintücher und Bettdecken, deren er selbst beraubt worden, wieder zu erhalten.

Beim Ansichziehen der Bettdecke des Nachbars durch Mumenthaler fiel ein Geldbeutel, den Ersterer unter dem Kopfkissen versteckt hatte, zu Boden. Mumenthaler widerstand der Versuchung nicht, er öffnete den Geldbeutel und entnahm demselben zwei Geldstücke, nämlich ein Goldstück von Fr. 20 und ein deutsches Zehnpfennigstück. Gleich nach der That von seinen Kameraden, welche Rechenschaft darüber verlangten, was er beim Bett des Nachbars zu schaffen habe, überrascht, ließ er das Goldstück, das er in der Hand gehalten, fallen. Er wurde sofort verhaftet und gestand den Diebstahl ein. In der Voruntersuchung, wie vor Gericht, betheuerte Mumenthaler, daß er nur die Absicht gehabt, dem in der Dunkelheit geöffneten Geldbeutel Fr. 2 zu entnehmen, daß er, nachdem

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er ein Zündhölzchen angezündet und dann konstatirt, daß er ein Goldstück behändigt habe, willens gewesen sei, das letztere zurückzuerstatten. In dem Moment aber, wo er im Bette seines Nachbars den Geldbeutel suchte, um das Geldstück wieder darin zu versorgen, wurde er von seinen Kameraden überrascht und festgenommen. Mögen diese Details richtig oder unrichtig sein, so viel ist sicher, daß die Umstände, unier denen der Diebstahl stattgefunden, beweisen, daß Mumenthaler ohne Vorbedacht gehandelt hat.

Mumenthaler wurde des erwähnten Vergehens wegen vom Kriegsgericht der III. Division unterm 2. September dieses Jahres ohne Beizug von Geschwornen, im Sinne der Art. 131 und 132 e des Militärstrafgesetzbuches nach dem Antrag des Auditors zu 6 Monaten Getangniß, abzüglich der Untersuchungshaft, verurtheilt.

Derselbe richtete an den Bundesrath sofort ein Begnadigungsgesuch. Dieses wurde als verfrüht abgewiesen. Heute erneuert er sein Begnadigungsgesuch bei der Bundesversammlung, nachdem er beinahe 2/s der Strafe verbüßt.

Mumenthaler hat seine Eltern frühzeitig verloren und darunter hat naturgemäß auch seine Erziehung gelitten. Immerhin ist von früher her nichts Nachtheiliges über ihn bekannt und dessen gute Aufführung in der Gefangenschaft läßt erwarten, daß die ihm gewordene scharfe Lektion ihm zur Lehre dienen werde.

In Anbetracht des jugendlichen Alters des Gesuchstellers und der übrigen vorerwähnten Verhältnisse, speziell des Umstaudes, daß die Bedingungeu, unter denen der Diebstahl stattfand, jeden Vorbedacht ausschließen, beantragen wir Ihnen, Tit., Sie möchten dem Fritz Mumenthaler den Rest der Strafe in Gnaden erlassen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtimg.

B e r n , den 8. Dezember 1887.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Droz.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Fritz Mumenthaler, geboren 1867, von Ryken in Niederwyl, Kanonier der Positionskompagnie Nr. 7. (Vom 8. Dezember 1887.)

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10.12.1887

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