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des

schweizerischen Konsuls in Palermo (Hrn.

von Zurich) über das Jahr

Hirzel 1867.

(Vom 10. Juni 1868.)

An den hohen Bundesrath.

Tit..

Das verflossene Jahr war sür Sizilien eines. der ungleichsten unseres Jahrhunderts. Wie mein Berieht vom 9. Juli v. J. erwähnt, sind die unheilvollen Wirkungen der herrsehenden Trokenheit und des andauernden, Alles versengenden Seiroeeowindes nicht ausgeblieben.

Quellen, Bäche und Flüsse versiegten, Seuchen traten aus und bereiteten Menschen und Vieh den Untergang. Während das von der Ratur sonst so begünstigte Land in gewohnlichen Jahren im Exporthandel mit seinen Brodukteu seinen Reichthum findet, trat jezt die Notwendigkeit heran, alle Lebeusbedürsnisse vom Ausland zu beziehen und sich durch den Ankauf von fremdem Getreide, Mehl, Schlachtvieh, Oel u. s. w.

finanziell zu erschöpfen. Um so tiefgreifender waren die Folgen der Kalamität, als die zwei vorhergegangenen Jahre, ebeusalis durch Miss-

erndten, das Land in grosses Elend gestürzt hatten. Durch die unglüklichen Verhältnisse mag wohl die Unzusriedenheit des Volkes angesaeht

worden sein, das sich zur Erforschung der wirkliehen Ursache keine Mühe

gibt und sich durch die Einflüsterungen der der Regierung feindselig

gesinnten Barteien zu solchen Ruhestorungeu hiureissen lässt, wie wir sie im September 1866 erleben mußten. Den weisen Vorsichtsmassregeln der Regierung und der Muuizipalbehorden hatten wir es zu verdanken, dass im verflossenen Jahre Ruhe und Friedeu und polizeiliche Ordnuug

133 Ausrecht erhalten blieben und die Hungersnoth nicht denjenigen Grad^ erreichte, wie in Algier, Tunis und Marokko. Natürlich litten unter.

diesen Verhältnissen Handel und. Wandel unbeschreiblich . der Absaz von^ auswärtigen Jndnstriewaaren war gering und überdiess, aus leieht. begreiflichen Gründen, mancherlei Gefahren ausgesezt, indem sie. auf Kredit verkauft werden und der Kleinhandel während der Hungersnoth und, Theuerungsperiode in's Stoken gerieth. Dazu kam noch der^ Umstand,.

dass während der Eholerazeit (vom Mai l 867 bis zum Schlusse des Jahres) aller Verkehr zu gewissen Zeiten stillstand und der Detailhandel in Folge der grossen Zahl von Todesfällen und des herrschenden Elends ^us viele Ausstäude verzichten musste und hierdurch in bedeutende Ver^ luste gerieth. Jn unserer Stadt, die 170,00^) Einwohner besizt, wovon nahezu .^ie Halste beim Austreten der Seuche die flucht ergriffen.

hatte, belies sich die Z.chl ihrer Opser aus ungesähr 3000. nachdem die Eholera alle Theile .^ieiliens heimgesucht, ist ste endlieh im Verlause

^des regnerischen und kalten Winters wieder verschwunden.

Eine. weitere Kalamität war das Zwangspapier, .velches längere ^eit hindurch gegen Gold und ^ib..r oder gegen Wechsel aus's Ausland 14 bis 15 Vrozent, ja sogar gegen kupferne Scheidemünze 10 bis 12 Vrozent Agio verlor. ^ür eine von hoherer Gewalt so sehr heim.gesuchte Bevölkerung mussten diese unnatürlichen Geldverhältnisse wahrhast unerträglich sein und der von der pariser Borse auf die italienischen sünsprozentigen Renten ansgeübte Druk, in ^olge dessen sie geraume Zeit ans ungefähr 45 Brodent .^..rniedergehalten wurden, hat dem allgemeinen Wohlstand des Landes unberechenbare Wunden geschlagen.

Gegenwärtig ist die italienische Rente an genannter Vorse zu 52 bis 52. 75 ..^xozent notirt, was freilich noch keinen grossen Trost bietet, immerhin aber als ein Zeichen des wiederkehrenden Vertrauens iu die Finanzzustände Jtaliens für den Privatmann, der sein Vermogen in solchen Renten augelegt hat, von grosser Wichtigkeit ist.

Unter den erwähnten Umständen hat sich begreiflicherweise der Verkehr mit schweizerischen Judustrie.vaaren in ^ieilieu auf das Alleruoth^ wendigste beschränkt.

Sieilianische Exporterzeugnisse, die in ^er Schweiz konsumirt werdeu, waren der geringen Produktion wegen durchschnittlich theuer. Die Hauptartikel sieilianischen Ursprungs werden unr in geringen Guanti.^äten direkt bezogen, meistens wird die .^chu^eiz von Marseille, Genua, Venedig und Triest aus dan.it versehen. ^ien.liche ...^..nantitäten von ^rothen nnd Marsalaweinen dienten für den Schweizer^Konsum, ^üdsrücht^, Sumak u. dgl. werden grossteutheils a^.^ den genannten .^eepläzen bezogen , ebenso Schwefel , wovon nicht unbedeutende Vartieen für die chemischen Fabriken der Schweiz Verwendung finden. Lezterer Artikel, der snx ^ieilien eine überaus wichtige Quelle seines Reichthums

Bund^bIatt. ^...hrg.^X. Bd. III.

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.^4 .bildet, wurde im verflossenen Jahre wegen der Verheerungen der Eholer...

im Jnnern der Jnsel in weit geringerer Quantität erzengt, als diess in ^ewohnlichen Jahren der Fall ist, wo die Ausbeute aus 4 Millionen Schweizerzentner geschäht wird. Diese betrug im verflossenen Jahre kaum 3 Millionen Schweizerzentner, welche in .Verbindung mit den Vor^ xäthen des vorlebten Broduktionsjahres zur Befriedigung des auslandifchen Bedarfes ausgereicht haben. Ein Lagervorrath für die neue Broduktionsepoehe ist aber nicht vorhanden. Die preise werden aus diesem Grunde sest bleiben und sich je nach der Qualität aus Fr. 13 bis.

Fr. 14^ per 100 Kil., spesenfrei und verzollt an Bord geladen, behaupten. Die Verwendung^ des Schwefels gegen die Traubenkrankheit^ hat sich auch in diesem Jahr in ^ausgezeichneter Weise bewährt und es.

darf mit Bestimmtheit angenommen werden, dass nicht weniger als 1,200,000 Schweizerzentner zu diesem Zweke nach Südfrankreich, Spanien, Jtalien, nach den weinbauenden legenden Griechenlands und der Levante gehen. hierunter ist der ebenfalls bedeutende Verbrauch Si^iliens nicht inbegrifsen , wo nur durch Schwefelung der Reben die

Weinlese ermöglicht wird.

Die Baumwollenpflanznng ^lieb im verflossenen Jahre der niedern preise wegen vernachlässigt, im Frühjahr 1868 aber ist wieder ^iemlich^ viel angesäet worden.

Der Tabakbau ist wieder erlaubt und wird im künftigen Jahre^ .einen bedeutenden Umsang erreichen.

Als Gegensa^ zu dem kläglichen Bilde, welches ich von dem verflossenen Jahre zu entwersen genothigt war, habe ich nun die Genug.thuung, ein reiches Erndtejahx als in Aussicht stehend anznkünden.

Die Getreidefelder bieten durch das ganze Land den reichsten Segen dar und dürsen als gesichert betrachtet werden , so dass ^ieilien das^ Glük häbeu wird, einen grossen Theil seiner Broduktiou an da.^ Ausland verkaufen zu konnen.

Ebenso hoffnuugsvolle Aussichten bieten die Oel^ und Mandel^ bäun.e . auch der Weinstok lässt nichts zu wünschen übrig. Man sieht daher vertrauensvoll einer gluklicheren Zukunft entgegen, welche wohl sür die Wunden, die von den überstandenen .^ehljahren geschlagen wor^

.den sind, Heilung bringen wird. Die .^ofsnung ift eine berechtigte,

dass die bevorstehenden vielversprechenden Erndten in alle Schichten der Gesellschaft neues Lebeu giessen und auch sür ^die schweizerischeu Erzeuguisse einen gesicherten Absaz erofsneu werden.

Troz gekommen, wesen und sind, dass

all' dem Elend , das in .den. lezten Jahreu über Sizilien muss jeder unparteiische Beobachter gesteheu, dass im Schulossentliehen Uuterrieht unglaubliche Fortschritte gemacht worden serner von Seite der Regierung und einer .Anzahl reicher

135 Grundbesizer Allem ausgeboten wird, um die Landwirthschaft emporzubringen, deren Schäze mit mehr Sorgfalt als bisher auszubeuten und die vielen durch Kauf in Brivathände übergegangenen Kirchengüter künftighin besser zu bewirtschaften und ihren Ertrag möglichst zu steigern.

Die projektirten Eisenbahnen sollen in Bälde zur Ausführung gelangen, so dass man sich der Hoffnung hingibt, nach Ablauf der nächsten 6 Jahre von Balexmo durch das Zentrum Siziliens nach Catania, Messina, Lieata und Girgenti aus den Schienen zu fahren.

Der Handel wird in Folge dessen einen unermesslichen Ausschwung nehmen. Das Vostwesen zu Land und zur See ist bereits in lobenswerther Weise porangeschritten.

Verschiedene Bankanstalten und Easse di Seonto gewähren seit ihrer .Gründung dem Handel grosse Erleichterungen, die alle vor acht Jahren noch unbekannt waren. Hoffentlich ist die Zeit nicht mehr ferne. wo der Zwangskurs des Bapiergeldes, eine der schlimmsten Blagen des Landes, seine Endschaft erreicht.

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des schweizerischen Konsuls in Nizza (Hrn. Dr.

Zürcher

von teufen) über das Jahr 1867.

(Vom 13. Juni 1868.)

An den hohen Bundesrath.

Tit..

Das schweizerische Konsulat in Nizza wurde im Angnst 1867 gegrüudet und trat im folgenden Monat Oktober in Wirksamkeit. Der vorliegende Bericht umfasst also eine Veriode von bloss drei Monaten,

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des schweizerischen Konsuls in Palermo (Hrn. Hirzel von Zürich) über das Jahr 1867. (Vom 10. Juni 1868.)

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Jahr

1868

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37

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.08.1868

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132-135

Page Pagina Ref. No

10 005 879

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