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der

nationalräthlichen Kommission üb Einführung des metrischen Maß- und Gewichtsystem ^)

(Vom 17. Dezember 1866.)

Raeh dem Austritt des Herrn Bräsidenten Bhilippin aus der .kommission und dem Richtwiedererscheinen des Herrn Landammann W i r z von Obwalden im Nationalrath besteht die Kommission aus den Herren : Bernold, Berichterstatter, Bavier, Bietet de la Ripe, Rusea, S e i l e r (Bern).

Die Kommission ist einstimmig für die Begründung und den Antrag, wie im gedruckten Berieht vom 6. Juli 1866, dessen Druck der Nationalrath in seiner Simung von gleichem Datum beschlossen hat, näher auseinandergesetzt ist.

Reue Akten sind der Kommission tu dieser Angelegenheit nur zwei zugestellt worden, nämlich : eine Eingabe der Handelskammer von Gens, d. d. 5. Dezember 1866, im Ramen der Generalversammlung der Handels- und Judustriegesellschast des Kantons Genf., und eine Eingabe der Handels- und Jndustriegesellschast von Chaux-

de-Fonds, d. d. 12. Dezember 1866.

,

Der Vollständigkeit wegen nachtragen , vergleiche dle späteren Berichte .

Bundesblatt ...m 1868, Bd. III, S.

641

Jn beiden Eingaben ist die Ansicht ausgesprochen , dass es das beste wäre, wenn das metrische System unbedingt verbindlich eingesührt würde . allein den Umständen und namentlich dem Wortlaut der Bundesverfassung Rechnung tragend, sehliesst sich die Handelskammer von Genf den Schlüssen Jhrer kommission vollständig an , während diejenige von Ehaux^de-Fonds allgemein um diejenigen Massnahmen bittet, welche am schnellsten und zweckentsprechendsten den Bedürfnissen und den Wünschen des Handels in Ehaux^de-Fonds entgegenkommen.

Seit dem Erscheinen des gedruckten Berichts der Kommission ist ^eder in der Bresse, noch sonst etwas bekannt geworden, das einer fakultativen Einführung des metrischen ^stems entgegen wäre. Man konnte daher veranlagt sein, nicht weiter in nähere Erörterungen einzutreten, bis etwa eine allsällige Opposition weitere Ausklarungen nothig machen würde. Die Kommission unterläßt eine nochmalige Verlesung des Berichts, weil diese schon einmal am 6. Juli d. J. stattgefunden

und seither derselbe gedruckt in den Händen der Mitglieder liegt. Jn demselben sind einige Drucksehler zu perbessern. Erinnern will man nur kurz, in welche Abtheilungen derselbe zerfällt, es sind folgende :

.l. Beschichte m^ .^eraul..^^.

Die Wichtigkeit eines einheitlichen Mass- und Gewichts^stems, nicht nur im eigenen Laude in der Schweiz, sondern ^internationalen Verkehr aller Länder, welche mit einander im Verkehr stehen, ist allgemein anerkannt.

Die Ausdehnung und allgemeine Eiusührung des Meters.^stems steht ^

in nicht ferner Zeit bevor.

Aus der Geschichte und Veranlassung der Verhandlung darüber in der Bundesversammlung ist hervorzuheben : 1) Der Eingang der Petitionen dafür.

2) der Bericht der Betitionskommissiou vom 27. September 1864 und Ueberweisung an den Bundesrath.

3) die Botschaft des Bundesraths vom 8. September 1865.

4) die Anhandnahme der Revision der Bnudsversassung und speziell

des Art. .37 derselben .

5) die Abstimmung des Volks ^ und der Stände am 14.

1866.

Januar

II. ^olemi^.

Die .Motive zur Verwersung am 14. Januar 1866 und die ....l nfragen des Bundesraths und Antworten der Kantone darauf sind spe-

ziell aufgeführt.

642 Die kantonalen Einwürfe, sowie der Staudpunkt des Bundesraths .werden der Kritik und der Erörterung im Speziellen unterworfen.

.III.

.^eseu des metrischen ^stems ul.^ ^usammeuha^ mit ...em .^...o^ats^stem.

Eine nähere Darstelluug und Erklärung beider Systeme erläutert .den Zusammenhang und die^ Verwandtschaft derselben.

Urmass und Urgewicht von 17^9, 1835 und .l862, wie es früher^ im eidg. Archiv, jel^t in der eid^. Eichstätte aufbewahrt wird, ist kein anderes als der Meter und das Kilogramm.

Der Beweis , dass mit Beibehaltung des Konkordatssystems das Meters^stem gar ui..ht beeiuträchtiget sei, ist ev.deut geleistet.

Der Nachweis, dass alle Masse und Gewichte des jetzigen Systems reine Metergrossen sind , ist mathematisch uuumstosslieh gegeben in der

Tabelle ll.

Bei Einführung des metrischen neben dem je^igen System ist porläusig nur nothig, die Musterma.^e eiues Meters und eines .Liters anzuschasfen.

Jn Tabelle l wird bewiesen, dass bei Umwandlung der Metermasse in schweizerische keine ^e^imalgrossen erzengt werden, zum Beweis, dass das Meterm^ss unser Gruudmass ist.

I^. ^erstellnl^ eines ^atnrmaßes.

Die Entstehungsgeschichte des Meters, die Herstellung der Bendellänge und anderer Raturmasse, sowie das Masssystem der ^atur von.

Domherr B e r c h t o l d werden näher erortert und benrtheilt. Die Aus-

zähluug und Vergleichnng einige^ altsch^oeizerischen Masse schliesst diese Abtheilung.

V. ....^u^e, loie ^ie ...^a^ u^ ^e^ichts^ese^ebnn^ .^on 1^.^1 reindirt mer.iieu solle.

Es ist ein unabweisbares Bedürsniss für Revision des Gesezes von 1851. Die wissenschaftlichen ^..hler im gegenwärtigen System sind mit ein Grund zur Revision.

Gewünscht wird die Beibehaltung der Ramen von Mass nnd Ge-

wicht, ganz wie die französische Gesetzgebung sie enthält.

643^ VI. ..^edisiou in llebereinstimmun^ mit ...lrt. .^ .^er .^u^e.^erfa^u.^ .....ur die fakultative Einführung des Metersystems hat gegenwärtig

Aussicht auf Erfolg.

Die bisherigen Mass- und Gewichtgrossen können mit wenigen Aus.nahmen beibehalten werden. Die Schwierigkeit der juristischen und staatsrechtlichen Auslegung der Bundesverfassung nach dem Wortlaut derselben ist eine dialektische Hypothese und keine mathematische Evidenz.

^ .

VII. ^ef^sse^tr^.

Jm Sinn und Geist des Antrages der Kommission wird die fakultative A n e r k e n n u n g und E i n f ü h r u n g des M e t e r s ^ s t e m s an-

gestrebt.

Fassen wir alles zusammen, so sind in wenigen Sä^en die gründe für Einführung des metrischen Systems enthalten.

Das metrische System ist gleichsam die Versinnlichnng und Verkorperung des reinen dekadischen Zahlensystems in auf- und absteigender Linie, sei es in ganzen oder gebrochenen Zahlen, sei es in Laugen,

Flächen oder Körperu, sei es dem Gewicht und der Dichtigkeit , oder dem Ra..me und der Ausdehnung nach.

Die Einheit ist der Meter, wie ^das Eins i..^ Zahlensystem und alle übrigen Grossen find nur dekadische Vielfache, gebrochen oder ganz,

von 1 zu ^ 0 , zu 100, zu 1000 .... steigend oder von 1 zu 10tel, 100tel, l 000 ^e. fallend.

U..s..r gegenwärtiges Mass- und Gewichtsystem enthält lauter reine metrische Dezimalgrossen, nur die Einheit, den Meter selbst nicht, hievon ausgenommen find einzig einige Apothekergewichte.

Ein einheitliches Mass.^ uud Gewichtsystem ist Bedürfniss aller Volker, welche mit einander Verkehr treiben . daher nicht nur ein Vedürfuiss der^ Kantoue der Schweiz untereinander , soudern Bedürfuiss aller Völker untereinander. Dem Bedürsniss der Gleichheit in den Kantonen hat die Schweiz durch das Gese^ von 1851 entsprochen. sie mnss aber in noch viel grosserem Masse das Bedürsniss der Gleichheit im Volkerver-

kehr befriedigen.

bereits alle Staaten um uns herum haben das melrisehe System schon angenommen . so namentlich : ^rankr^ch, Jtalien, Belgien, Hol-^ land, Griechenland, Spanien, Vortngal.^ England nahm den Meter mit und neben seinen alten Massen .an ; Vreussen hat sich zur Umänderung seines Systems in metrisches entschlossen uud mit ihm^ der ganze

644 norddeutsche .......und. endlich hat auch Oesterxeich im Brinzip den Meter ....d.optirt. ...demnach bleibt nur noch Süddeutschland im Rückstand. aber dieses kann sich unmöglich länger der Bewegung entgegenstemmen, welche das metrische System zur allgemeinen ..Geltung bringen will.

Bei uns in der Schweiz kommt die Anomalie vor, dass mehrere Kantone und Kantonstheile, entgegen dem Geseze von 1851, das me...

trische System ausschlliesslich handhabeu. Jm Verkehrs^ und Geschäfts^

leben kommen die metrischen Mass^ und Gewiehtgrossen sehr häufig znr Anwendung und nicht etwa nur bei hohern Bernfsklassen , sondern bei Handwerkern , Bauern und Arbeitern jeder Art. Jm Getreidehandel ist z. B. der Kilozentner, der sogenannte Doppelzentner ....... 100 Kilo-^ gramm,^ fast allgemein im Gebrauch und der eigentliche gesetzliche Zentner - 100 .^ - 50 Kilogramm kommt selten vor. Bei Strassenbauten und Gewässerkorrektionsuuternehmungen hat der Kubikmeter schon lange das Bürgerrecht bei uns erhalten. Also ist der Meter und das

Kilogramm faktisch un... praktisch schon lang eingeführt.

Der Art. 37 der Bundesverfassung schreibt vor : ,,Der Bund wird ,,aus die Grundlagen des bestehenden eidg. Konkordates für die ganze ,,Eidgenossenschast gleiches Mass und Gewicht einsühren.^ Wir

behaupten nun und haben es bis zur Evidenz nachgewiesen,

dass die Grundlage und das eigentliche Urmass des Konkordats der Meter .und das Kilogramm 1835 war und heute noch ist.

Zum Beweise dasür führen ^vir schliesslieh folgende Urkunden des

eidg. Archivs wortlich an :

I. ,,K o n k o r d a t ü b e r e i n e g e m e i n s a m e schw e i z e r i sche

,,M ass- u n d G e w i ch t s o r .. n u n g v o m 17. A u g n st 1835.^ .,1. Die Masseinheiten der in der ^.hweiz einzuführenden Masse ,,und Gewichte werden von den gleichartigen Einheiten des französischen ,,metrischen Systems dergestalt abgeleitet, dass sie einerseits dem Be^

,,dürsnisse des täglichen Verkehrs Genüge leisten , anderseits zu den

,,metrischen Massgrossen in mogliehst einsamen Verhältnissen stehen. Durch ,,diese Verbindung mit dem metrischen Systeme wird der wissenschaft,,liche Zusammenhang der verschiedenen Massarten mit einander gesichert ,,und ihre genaue Anfertigung, Vrüsung und Wiederauffindung moglich gemacht.

,,2. Die Dezimaleintheilun^ in a n f ^ und absteigender ...Ordnung ,,wird sür alle Masse als Regel ausgestellt, mit Vorbehalt der für den ,,täglichen Verkehr ersorderlichen Ausnahmen.^ ,,Bemerkung. Diese besessen vornehmlich das Klaster und das ,,bei dem Gebrauche der Hohlmasse kaum zu entbehrende Halbirungs,,system.^

645 I I . " U r k u n d e ü b e r d i e A n e r k e n n u n g d e s i m e i dg.

,,A rc hi v v o r h a n d e n e n M e t e r s u n d K i l o g r a m m s .

,,A. Ein Meter.

,,Ein Meterstab aus sehr reinem Schmiedeisen ohne Eintheilung, ,,an beiden Enden mit angeschraubten winkelrechten messingenen Vor..sprüngen geschult, mit dem aufgeschlagenen kleinen Zeichen .... ^) in Deinem Mahagonikistchen, aus dessen Deckel eine silberne Blacke mit der ,.Jnschrift steht: ^Met.re conforme .. la loi du 18 Germinal an 3..

^ Présenté le ^ Messidor an 7, fait par Lenoh..^ ,,.l^. Ein K i l o g r a m m , ,,in Form eines Zylinders mit verengtem Hals und Knopf, in dem

,,etwas ausgehöhlten Boden ist gleichfalls das Zeichen .... ^) eingedrückt.

,,Es befindet sieh in einer Kapsel von Ehagrin , oben mit einer silber,,nen Blacke, auf welcher die Jnschrift eingegraben ist: .. ^lo^.amme ^conforme à la loi dn 18 Germmal ...n 3.. présenté le .... Messidor ^n 7.^ ^ U n t e r z e i c h n e t .von .

^

^

.

.

^

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.^ ^.^ ,

Trechfel.

Zürich.

Hirzel,

Heinr. Bestalozzi.

.L u z e x n : Jneichen.

F r e i b n r g : Karl ^challer.

.^ o l o t h u r n : Leon Gugger.

^

Singeisen. .

Minder, Merian.

Schaffhausen : Stierlin,

Basel-Land: Basel-^tadt:

Joh. .Ludwig Be^er.

St. G a l l e n : Jakob Paumgartner.

A ax g a u : Hürner.

..^ h u ^ g a u : Dr. Keller, Fre^enmuth.

Und heute wird ein M e t e r und ein K i l o g r a m m , neu angefertigt und geprüft in Baris, in der eidg. Eichstätte in Bern als Grundund Urmass unseres Mass- und Gewichts^stems nach dem Gesei^ von

1851 aufbewahrt.

Der Meter und das Kilogramm sind demnach die Grundlage des

Konkordates von 1835, sowie der Gesetzgebung von 1851 , folglich die ^.) Dasselbe konnte nur im Manuskripte gegeben werden.

646 Einführung des Meters und Kilogramms in Uebereinstimmung mir.

Art. 37 der Bundesperfassung.

Bern, den 17. Dezember 1866.

Der Berichterstatter :

L. Ber^, Oberst.

(.^zu Tabelle.)

Verbesserungen der Druckfehler im gedruckten Bericht der nationalräthlichen Kommission über Einführung des metrischen Mass^ und Ge-

wichts.^stems. (Bundesblatt ..866, ll, S. 426.)

Seite432, ^eile 18 lie.^ . um 0,08.^ Millimeter ..^ 0,028.^ Linien, statt. nm

..

,,

,, ,,

,, ,,

27 ,, 30 ..

^ 0,0857 Millimeter 0,0285..^ minien.

darzustellen, statt. dazustellen.

so da^ den Pe.ndel von Pari.^ zn .^...874 engl. ^oll an^

,, ,, ,, 3.1 ,,

genommen, aus 10,000,000, statt. so da^ auf 1.0^00,000.

701,4^ engl. ^oll, statt . 701^ Meter.

,, ,, ., ,,

Stückwerk, statt: Stückwerth.

^,^ nnd ^^ statt. ^^ und .^.

10 Stunden ^1 Stunde .... 1.0l. Minuten), stalt . 10 Stun^ den .^ 100 Minuten.

.^eogr. Breite, statt. ganze Breite.

,. ,, ,, ., 433 ,, ,, 43.^ ,,

31 ,, 29 ., 1.^ ,,

., 4o2 ,,

3... ,,

438 443 447 448

,, 30 , ,, 21 ,, . 30^31 ,.

,, 34 ,,

also im ^erh^.tni^ nahezu, statt. also nahezu.

der niehtigste Einwand, statt ^ der wichtigste Einwand.

versteht --. auf solche, statt . versteht. ^uf solche.

da.^ auch, statt. da.^ auch.

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Bericht der nationalräthlichen Kommission über Einführung des metrischen Maß- und Gewichtsystems.*) (Vom 17. Dezember 1866.)

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1868

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14.11.1868

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