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87.069

Botschaft über die Änderung des Eisenbahngesetzes A : Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen konzessionierter Transportunternehmungen B: Bahnpolizei vom 18. November 1987

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen den Entwurf zu zwei Änderungen des Eisenbahngesetzes mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir, folgende parlamentarische Vorstösse abzuschreiben: 1982 M zu 79.062 Abgeltung an Privatbahnen (N 5. 10. 81, Kommission des Nationalrates; S 27. 1. 82) 1982 P 82.577 Privatbahnen. Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen (N 17. 12. 82, Christinat) Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. November 1987

1260

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Aubert Der Bundeskanzler: Buser

'

1987-937

Übersicht Die Botschaft enthält zwei inhaltlich voneinander unabhängige Tliemen. Kapitel A regelt die Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen konzessionierter Transportunternehmungen (KTU), Kapitel B das Bahnpolizeirecht neu. Da beide Themenbereiche die Änderung des Eisenbahngesetzes voraussetzen, legen wir sie in einer Botschaft vor.

Die Neuordnung der Abgeltung der KTU richtet sich gemäss einer überwiesenen Motion an den Grundsätzen der SBB-Abgeltung aus. Nach dem Vorbild des Leistungsauftrages 1987 wird auch bei den KTU künftig der gemein- und marktwirtschaftliche Bereich unterschieden. Gemeinwirtschaftlich werden wie bei den SBB die Leistungen des regionalen Personenverkehrs und des Huckepackverkehrs sein, soweit Bund und Kantone diese gemeinsam bestellen. Sie gelten die bezüglichen ungedeckten Kosten auch gemeinsam ab. Die KTU kennen nicht so einfache Eigentumsverhältnisse wie die SBB. Deshalb konnten weitergehende Elemente des Leistungsauftrages nicht übernommen werden. Insbesondere kann der Bund nicht die finanzielle Verantwortung für die Infrastruktur tragen. Deshalb muss trotz der erweiterten Abgeltung eine Finanzhilfe zur Übernahme allfälliger ungedeckter Kosten im marktwirtschaftlichen Bereich vorgesehen werden.

Die vorliegende Revision soll die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der KTU stärken. Dazu dienen im wesentlichen zwei Instrumente. In erster Linie haben die KTU eine Kostenrechnung einzuführen. Im weiteren legen Bund und Kantone die Abgeltung der gemeinsam bestellten Leistungen zum voraus fest. Auch die Übernahme allfälliger ungedeckter Kosten im marktwirtschaftlichen Bereich müssen die KTU zum voraus beantragen. Mit der neuen Abgeltung soll auch die Investitionsfinanzierung des Bundes neu geregelt werden. Um die Kostentransparenz zu erhöhen, wird sie künftig vorwiegend auf Darlehensbasis ausgerichtet.

Die Kantone äusserten sich in der Vernehmlassung insgesamt positiv zur Vorlage.

Sie standen lediglich der neuen Investitionsfinanzierung eher ablehnend gegenüber und machten Vorbehalte zur Festlegung der Finanzleistungen im voraus.

Die Neuregelung der Abgeltung ist grundsätzlich kostenneutral Soweit eine Mehrbelastung überhaupt abschätzbar ist, wird sie auf Bund und Kantone verteilt. Um die Kostenneutralität zu wahren, konnte dem Begehren verschiedener Kantone nicht
Rechnung getragen werden, wonach auch der Geltungsbereich der finanziellen Leistungen des Bundes geändert werden sollte. Dies ist Aufgabe der Ausführungsgesetzgebung zur koordinierten Verkehrspolitik.

Die Neuregelung des Bahnpolizeirechts entspricht einem alten Bedürfnis. Das jetzige Gesetz aus de?n Jahr 1878 ist textlich und inhaltlich überholt. Mit Rücksicht auf das seither erlassene Strafgesetzbuch sowie die Strafbestimmungen in änderen Erlassen werden die zum Strafschutz der Eisenbahnen noch notwendigen gesetzlichen Bestimmungen in das Eisenbahngesetz übernommen. Gleichzeitig wird das alte Bahnpolizeigesetz aufgehoben. Den Vollzug der Neuordnung wird der Bundesrat in einer Verordnung regeln.

1261

Botschaft Teil A Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen konzessionierter Transportunternehmungen I

Allgemeiner Teil : Das Konzept der Neuordnung der Abgeltung

II

Ausgangslage

III

Die Notwendigkeit einer Neuordnung

Der Leistungsauftrag 1982 der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) regelte die Abgeltung ihrer gemeinwirtschaftlichen Leistungen (BB1 1981 II 469) neu.

Diese entfernte sich damit inhaltlich und umfangmässig stark von jener der konzessionierten Transportunternehmungen des allgemeinen Verkehrs (KTU).

Bereits zuvor schufen Beschlüsse von Bundesrat und Parlament eine gewisse Ungleichheit in der Abgeltungsregelung. Angesichts der Finanzprobleme des Bundes wurde im Jahr 1975 (BRB vom 30. April 1975; überführt in ordentliches Recht 1977 [AS 1977 2259]) die Abgeltungssumme für gemeinwirtschaftliche Leistungen der KTU pauschal um, 10 Prozent gekürzt. Zwischen 1981 und 1983 erfolgte eine weitere,, zeitlich befristete Kürzung um 10 Prozent (BB1 1980 II 589)., , , Die wachsende Ungleichbehandlung von SBB und KTU bewog die damalige nationalrätliche Kommission, im Zusammenhang mit den Beratungen zum Leistungsauftrag 1982 eine Motion (1982 M zu 79.062) einzureichen, die in der Folge von den Räten angenommen wurde. Diese hatte zum Ziel, die Abgeltungsregelung zu harmonisieren. Sie hat folgenden Wortlaut: Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament eine Botschaft mit den notwendigen Anträgen vorzulegen, wonach die gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Privatbahnen und der konzessionierten Strassentransportbetriebe nach vergleichbaren Grundsätzen wie den SBB abgegolten werden. Die Kantone haben sich an dieser Abgeltung im Rahmen der Aufgabenteilung Bund/ Kantone zu beteiligen.

Gestützt darauf erarbeitete der Verband Schweizerischer Transportunternehmungen des öffentlichen Verkehrs (VST) ein Abgeltungskonzept. Das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED) unterbreitete dieses im Juli 1983 den Kantonen zur Vernehmlassung. Letztere lehnten die vorgeschlagene Lösung ab. Sie anerkannten zwar das Ziel der Motion, die KTU nach vergleichbaren Grundsätzen wie bei den SBB abzugelten. Verschiedene Unklarheiten bewegen sie trotzdem zu einer gesamthaft negativen Stellungnahme.

Insbesondere waren für sie zu viele verschiedene Verkehrsvorlagen hängig, die alle die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen beeinflussten. Die Kantone erwähnten ihre Beteiligung am Regionalzugsdefizit der SBB im Rahmen der Neuregelung der Treibstoffzölle und die koordinierte Verkehrspolitik. Sie 1262

wollten eine Neuregelung der Abgeltung solange nicht in Erwägung ziehen, als diesbezüglich keine Klarheit bestehe.

; Sie beanstandeten zudem, dass der VST die Abgeltungsbeiträge lediglich anhand von pauschalen Näherungsrechnungen festlegen wollte. Die Kantone befürchteten, der Zwang zu einer wirtschaftlichen Leistungserstellung ginge dadurch verloren. Sie forderten eine Kostenrechnung als Grundlage für die Bemessung der Abgeltung.

In der Zwischenzeit haben sich die Verhältnisse geklärt. Die mit der Neuregelung der Treibstoffzölle vorgeschlagene Beteiligung der Kantone am Regionalzugsdefizit der SBB kam auf diesem Wege nicht zustande. Bei der koordinierten Verkehrspolitik wurde die künftige Aufgabenteilung beschlossen1. Die KTU ihrerseits arbeiten teilweise bereits mit Kostenrechnungssystemen oder bereiten ihre Einführung vor. Deshalb ist der Zeitpunkt gekommen, die Abgeltung der KTU neu zu ordnen. Es geht dabei um die Anpassung der Abgeltung an die Verhältnisse der SBB. Dagegen können weitere Ungleichheiten, insbesondere die unterschiedliche finanzielle Belastung der SBB- und der Privatbahnkantone, zur Zeit nicht beseitigt werden. Deshalb ist zum jetzigen Zeitpunkt die Abgeltung so auszugestalten, dass sie das bisherige Verhältnis der finanziellen Belastung von Bund und Kantonen nicht verändert und zudem den Grundsätzen der koordinierten Verkehrspolitik entspricht.

112

Die bisherigen Beitragsleistungen an die KTU

112.1

Grundsätzliches

Die finanziellen Leistungen des Bundes an die KTU sind rechtlich auf das Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 1957 (SR 742.101), den Tarifannäherungsbeschluss vom 5. Juni 1959 (SR 742.402.2) und das Transportgesetz vom 4. Oktober 1985 (SR 742.40) abgestützt. Es wird unterschieden zwischen Abgeltung und Finanzhilfen.

Abgeltungen erhalten die KTU für jene Elemente des Gesamtangebotes, die sie bei rein unternehmerischer Betrachtung von sich aus nicht erbrächten, jedoch von der öffentlichen Hand aus übergeordneten Erwägungen verlangt werden.

Den KTU werden bisher Abgeltungen für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen und die vorwiegend regionalpolitisch begründete Tarifannäherung im Berggebiet ausgerichtet. Sie dienen somit nicht der Förderung der KTU, sondern sind der Preis für die Erfüllung bundesrechtlich vorgeschriebener Aufgaben.

Eine Abgeltung kann grundsätzlich erst vorgesehen werden, wenn die Vorteile der übertragenen Aufgabe die finanziellen Lasten nicht ausgleichen und es nicht zumutbar wäre, dass der Verpflichtete die Belastung selber trägt.

Die Finanzhilfen sollen die Erfüllung der im öffentlichen Interesse liegenden, von den KTU selbst gewählten Erschliessungs- und Transportaufgaben sichern.

Sie haben mit andern Worten das Überleben der Unternehmung zu gewährleisten. Finanzhilfen des Bundes an die KTU setzen die Mitwirkung der Kantone voraus. Sie werden - wie Abgeltungen - erst dann gewährt, wenn die Selbsthilfe und übrigen Finanzierungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und die Erfüllung 1263

der Aufgabe nicht auf andere Weise effizienter bewirkt werden kann (z. B. zumutbare Rationalisierung).

Das finanzielle Ergebnis der KTU ist unter anderem abhängig von der Höhe der Abgeltungen. Diese bestimmen damit den Umfang der Finanzhilfen. Diese gegenseitige Abhängigkeit bedingt, einleitend auf die verschiedenen Beiträge an die KTU kurz einzutreten.

112.2

Die Beiträge gemäss Eisenbahngesetz

Der sechste Abschnitt des Eisenbahngesetzes ordnet die Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen, der siebente Abschnitt regelt die Finanzhilfen.

Das Eisenbahngesetz umschreibt, welche Unternehmung in den Genuss der Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen und Finanzhilfen gelangen kann. In den Geltungsbereich des sechsten und siebenten Abschnittes fallen lediglich die Transportunternehmungen des allgemeinen Verkehrs. Diese sind verpflichtet, während des ganzen Jahres regelmässig Personen oder Güter zwischen ganzjährig bewohnten Ortschaften zu befördern. Ihnen obliegt damit die Groberschliessung des Landes oder einer Landesgegend durch den öffentlichen Verkehr.

Nicht in den Geltungsbereich des sechsten und siebenten Abschnittes des Gesetzes fallen zwei besondere Verkehre, die damit von den finanziellen Leistungen des Bundes ausgeschlossen bleiben: - Dem Orts- und Vorortsverkehr werden Linien zugerechnet, die das engere Gebiet einer Agglomeration nicht verlassen. Dabei handelt es sich vor allem um Linien von städtischen Verkehrsbetrieben.

- Die zweite Kategorie des besonderen Verkehrs, der «touristische Verkehr», wird enger definiert, als dies sein Ausdruck vermuten liesse. Ihm werden die Unternehmungen und Linien zugerechnet, die dem Naherholungs- und Ausflugsverkehr dienen. Dagegen umfasst er nicht den gesamten Tourismusverkehr: Linien, die ganzjährig bewohnte Fremdenverkehrsorte erschliessen, werden dem allgemeinen Verkehr zugerechnet.

Die in dieser Botschaft behandelte Neuordnung der Abgeltung ändert am Geltungsbereich nichts. Er muss im Rahmen der Ausführungsgesetzgebung zur koordinierten Verkehrspolitik neu überdacht werden.

112.21

Die Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen

Die gemeinwirtschaftlichen Leistungen sind in Artikel 50 des Eisenbahngesetzes umschrieben.

Der Bund gilt die KTU für die Erfüllung der im vorerwähnten Artikel 50 im Grundsatz genannten Pflichten ab. Die Bestimmung des angemessenen Abgeltungsbetrages war seit der Einführung des Eisenbahngesetzes Gegenstand von Auseinandersetzungen, da der Entscheid, wo das Interesse einer Unternehmung am Erbringen einer Leistung aufhört, weitgehend von einer Interessenabwägung geprägt ist.

1264

Immerhin setzte sich mit der Zeit die Erkenntnis durch, dass die Grundpflichten (Betriebspflicht, Fahrplanpflicht, Beförderungspflicht, Tarifpflicht), wie es der Begriff schon aussagt, grundlegender Bestandteil einer öffentlichen Transportunternehmung sind, somit für sich genommen keine gemeinwirtschaftliche Leistung sein können. Für eine schlüssige Bestimmung der Abgeltungsbeiträge fehlten darüber hinaus den meisten Unternehmungen die erforderlichen Rechnungsunterlagen. So nahm man bisher immer zu behelfsmässigen Regelungen Zuflucht. Darstellung l zeigt, dass diese immerhin im Verlauf der Zeit sachbezogener wurden:

Die Abgeltung von KTU und SBB im Vergleich

Abgeltungsregelung der KTU Einführungsjahr; Rechtsgrundlage, Geltungsbereich

Darstellung l

Bemessungsart

1957 Eisenbahngesetz (EBG); Bahnen des allgemeinen Verkehrs 33'/3% des Wertes bestimmter Abschreibungen 7972 Revision von Artikel 51 EBG; alle KTU des allgemeinen Verkehrs

Entschädigung aufgrund des Berufsund Schülerverkehrsaufkommens, des Verkehrsmarktes und der Verkehrsweginvestitionen

Finanzpolitisch bedingte Korrekturen 1975 bzw. 1977 Bundesbesçhluss vom 30. April 1975 bzw. Bundesgesetz über Massnahmen zum Ausgleich des Bundeshaushaltes ; alle KTU

Veränderung der Bemessungsgrundlagen für die Entschädigung: Reduktion der Abgeltung um rund 10%

1980 Bundesbesçhluss vom 20. Juni 1980; alle KTU

Vorübergehende Kürzung um weitere 10% (bis 1983)

Zum Vergleich: Abgeltungsregelung bei den SBB Einführungsjahr; Rechtsgrundlage, Bemessungsart Geltungsbereich 1971 Bundesbesçhluss über die Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen der SBB

Jährliche Vergütung eines Teils der ungedeckten Kosten des Berufsund Schülerverkehrs sowie des Stückgutverkehrs

1265

1982 Bundesbeschluss über den Leistungsauftrag 1982 an die SBB :

Ungedeckte Kosten des regionalen Personenverkehrs, abnehmende Abgeltung an den Stückgutverkehr, Starthilfe an den: Huckepackverkehr

7957 Bundesbeschluss über den Leistungsauftrag 1987 an die SBB

Ungedeckte Betriebskosten im regionalen Personen- und im Huckepackverkehr; Beitrag an die Infrastrukturaufwendungen

Der Bund wendete an Abgeltungsleistungen seit 1958 rund 0,7 Milliarden Franken für die KTU und 5,35 Milliarden Franken für die SBB auf. In den Jahren 1980-1986 betrugen die entsprechenden Leistungen 0,315 bzw. 3,842 Milliarden Franken.

112.22

Finanzhilfen

112.221

Technische Verbesserungen

Nach Artikel 56 des Eisenbahngesetzes kann der Bund den KTU Beiträge für technische Verbesserungen gewähren, sofern dadurch die Wirtschaftlichkeit oder die Sicherheit des Betriebes verbessert wird.

Diese Investitionsbeiträge bleiben den KTU vorbehalten, die für den allgemeinen Verkehr des Landes oder einer Landesgegend von erheblicher Bedeutung sind.

.

· Der Bund hat seit Inkrafttreten des Eisenbahngesetzes bis 1986 für die Finanzierung technischer Verbesserungen 1,385 Milliarden Franken aufgewendet. Er löste damit aus Mitteln des Bundes, der Kantone und Gemeinden ein Investitionsvolumen von rund 2,64 Milliarden Franken aus.

Seit der Einführung des Eisenbahngesetzes bewilligt das Parlament periodisch Rahmenkredite für die Verpflichtungen aus der Investitionshilfe. Ihr Umfang stützt sich auf Erhebungen des Bundesamtes für Verkehr bei den KTU. Für die Periode 1988-1992 beschlossen die eidgenössischen Räte einen Rahmenkredit von 930 Millionen Franken.

112.222

Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes

Nach Artikel 58 des Eisenbahngesetzes kann der Bund notleidenden KTU Beiträge für die Aufrechterhaltung des Betriebes gewähren (sog. Defizitdeckung).

Diese Leistungen werden davon abhängig gemacht, dass die betreffende Unternehmung alle zumutbaren Rationalisierungsmassnahmen verwirklicht hat.

Die Defizitdeckung bleibt jenen KTU vorbehalten, die für den allgemeinen Verkehr des Landes oder einer Landesgegend unentbehrlich sind. Ihr Mittelbedarf wird jeweils in den Voranschlag aufgenommen. Er betrug 1985 insgesamt rund 260 Millionen Franken (dieser Wert bezieht sich bei den Bahnen auf die Betriebsergebnisse von 1985, bei den Automobilbetrieben jedoch auf jene des Jahres 1984). Der Bundesanteil belief sich auf 120,5 Millionen Franken.

1266

112.223

Weitere Finanzhilfen

Nach Artikel 57 des Eisenbahngesetzes kann der Bund Beiträge an den Ersatz von Bahnen durch Strassentransportdienste leisten, sofern dadurch die Verkehrsbedienung wirtschaftlicher gestaltet werden kann. Gesamthaft darf dabei keine qualitative Einbusse entstehen. Allfällige Nachteile des neuen Verkehrsmittels müssen durch entsprechende Vorteile aufgewogen werden. Der Bund hat zwischen 1958 und 1986 unter diesem Titel 20,3 Millionen Franken aufgewendet.

Nach Artikel 59 des Eisenbahngesetzes kann der Bund den von grösseren Naturschäden betroffenen Unternehmungen Beiträge an die Wiederherstellung oder den Ersatz zerstörter Anlagen und Fahrzeuge sowie an Räumungskosten gewähren.. Die Bestimmung unterliegt indessen einer restriktiven Praxis. Sie wurde im Hinblick auf eigentliche Naturkatastrophen geschaffen^ bei denen das Ausmass der Schäden nicht nur die Leistungsfähigkeit der betroffenen .Unternehmung, sondern auch die des beteiligten Kantons übersteigt. Geringere Schäden werden im Rahmen von Artikel 58 (Defizitdeckung) finanziert.

112.23

Die Beteiligung der Kantone

Der Bund macht seine Leistungen nach den Artikeln 56-58 des Eisenbahngesetzes davon abhängig, dass die interessierten Kantone an der Finanzierung mitwirken. Ihre Anteile werden aufgrund der Finanzkraft und der Bahnlasten abgestuft. Diese werden nach der finanziellen Belastung aus eisenbahngesetzlichen Beiträgen und der Netzlänge ie Kopf der Bevölkerung berechnet.

Im Rahmen der Sparmassnahmen des Bundes sind die Anteile der Kantone erhöht worden. Bewegten sie sich zu Beginn der siebziger Jahre zwischen mindestens 30 und höchstens 70 Prozent, so beträgt heute die Kantonsbeteiligung an den Investitionsbeiträgen und an der Defizitdeckung 40-95 Prozent. Die nach der Grundeinreihung der Kantone geltenden Ansätze können zudem bei Linien von vorwiegend regionaler Bedeutung noch zusätzlich erhöht werden. Dies geschieht bei Linien mit besonders schwachem Verkehr und bei solchen mit einem überdurchschnittlichen Anteil an Abonnenten.

112.3

Tarif annähernng

Die Tarifannäherung ist eine vorwiegend regionalpolitisch motivierte Verbilligung der Tarife der KTU im Alpengebiet und im Jura. Gemäss dem Tarifarmäherungsbeschluss dürfen - bezogen auf die effektive Strecke - die KTU-Tarife im Berggebiet nicht höher als 140 Prozent der SBB-Tarife sein. Für Einheimische sind die Tarifansätze der SBB anzuwenden. Die Differenz zwischen dem bei der Einführung der Tarifannäherung gültigen, seither um die Teuerung erhöhten Tarif mit dem zugelassenen Tarif ergibt die vom Bund auferlegte und abzugeltende Verbilligung. Diese Abgeltung wird aufgrund jährlicher Abrechnungen ausgerichtet.

1267

Für die Tarifannäherung wendete der Bund 1986 108 Millionen Franken auf.

Mit einer kürzlich überwiesenen Motion haben die Eidgenössischen Räte den Bundesrat beauftragt, die Ausgestaltung der Tarifannäherung zu überprüfen.

Die entsprechenden Arbeiten sind im Gang.

113

Beiträge gemäss Transportgesetz

Die Artikel 8 und 11 des Transportgesetzes sehen vor, dass Bund, Kantone und Gemeinden von den Unternehmungen des öffentlichen Verkehrs gegen volle Entschädigung Zusatzleistungen und Tariferleichterungen verlangen können, wenn sie ein kulturelles, soziales, umweit- oder energiepolitisches, volkswirtschaftliches oder sicherheitspolitisches Ziel anders nicht oder nur mit einem wesentlich grösseren Aufwand erreichen können.

Mit Botschaft vom 26. Februar 1986 über die Finanzierung von Tariferleichterungen im öffentlichen Verkehr (BB1 1986 l 913) hat der Bundesrat den eidgenössischen Räten einen Zahlungsrahmen von 490 Millionen Franken unterbreitet, um umweltpolitisch begründete Tariferleichterungen ab 1987 bis 1992 abzugelten. Damit soll die aus der Herabsetzung von Tarifen den SBB, PTT und den KTU entstehende Mehrbelastung ausgeglichen werden. Das Parlament stimmte im Herbst 1986 dieser Vorlage zu. Es legte dabei den Zahlungsrahmen auf 520 Millionen Franken fest.

114

Die Auswirkungen einer neuen Abgeltungsordnung

Eine erhöhte Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen vermindert die Defizite bzw. die Finanzhilfen zur Aufrechterhaltung des Betriebes. Geringere, allenfalls sogar wegfallende Defizite motivieren. Der Fehlbetrag, mit einem negativen Image verbunden, weicht Erträgen, die für eine positive Leistung stehen.

Diese finanziellen und psychologischen Vorteile können den KTU nicht voraussetzungslos gewährt werden. Als Gegenstück dazu müssen sie strengere Auflagen für Beitragsleistungen des Bundes auf sich nehmen.

Der Bund hat bisher die Abgeltung der gememwirtsdiaftlichen Leistungen allein, die Finanzhilfen jedoch zusammen mit den Kantonen getragen. Durch die Erhöhung der Abgeltung vermindert sich die Summe der Finanzhilfen. Die Kantone würden dadurch entlastet, da sie sich nur an den Finanzhilfen beteiligen. Dies widerspricht jedoch der Zielsetzung der Motion.

12

Die neue Abgeltungsordnung im allgemeinen

121

Rahmenbedingungen

Die Motion und das allgemeine verkehrspolitisch,« Umfeld legen die Rahmenbedingungen fest, an die eine Neuregelung der Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen gebunden ist.

1268

Die Motion verlangt die Behandlung von SBB und KTU nach vergleichbaren Grundsätzen. Sie bezieht sich dabei auf den Leistungsauftrag 1982 der SBB.

Dieser wurde durch einen Nachfolgeauftrag 1987 abgelöst. Es liegt somit im Sinne der Motion, die Abgeltung der KTU soweit als möglich auf diesen neuesten Stand auszurichten. Im weiteren verstehen wir unter vergleichbar, dass Gleiches gleich, Abweichendes unterschiedlich zu regeln ist.

Die Motion hält zudem fest, dass sich die Kantone an der Abgeltung beteiligen müssen. Die Ausführungsgesetzgebung zur koordinierten Verkehrspolitik wird das Verhältnis zwischen Bund und Kantonen präzisieren. Bis dahin hat sich das Engagement der Kantone inhaltlich an den bestehenden Verhältnissen zu orientieren. Das gilt auch für den Umfang der finanziellen Belastung des Bundes und der Kantone.

122

Grundzüge der neuen Abgeltungsregelung

Aus den Rahmenbedingungen ergeben sich die Grundzüge der neuen Abgeltungsregelung.

Der Leistungsauftrag 1987 an die SBB unterscheidet einen markt- und einen gemeinwirtschaftlichen Unterriehmungsbereich. Gemeinwirtschaftlich sind Leistungen, die in der Regel nicht kostendeckend sind, von den SBB aber aus übergeordneten Gründen trotzdem erbracht werden müssen. Der Bund bestellt sie, leistet dafür jedoch als Entschädigung eine Abgeltung.

Im weiteren umschreibt der Leistungsauftrag 1987 die unternehmerische Zielsetzung der SBB neu. Diese soll die Motivation zu einer effizienten Führung der Unternehmung aufrecht erhalten. Die Umschreibung der Zielsetzung trägt aber auch der Stellung der SBB in der Verkehrspolitik Rechnung.

Das Leistungsangebot der KTU ist mit jenem der SBB vergleichbar. Insbesondere erbringen auch sie Leistungen, die aus übergeordneten Gründen unverzichtbar sind. Deshalb muss bei den KTU wie bei den SBB ein gemein- von einem marktwirtschaftlichen Unternehmungsbereich getrennt werden.

Die SBB befinden sich im Eigentum des Bundes. Es bleibt diesem vorbehalten, seiner Unternehmung Ziele zu setzen, die zu einer effizienten Leistungserstellung zwingen. Der Nachweis einer wirtschaftlichen Betriebsführung wird auch bei den KTU noch wichtiger, da die Erhöhung der Abgeltung nicht voraussetzungslos gewährt werden kann. Allerdings können wir bei diesen nicht denselben Lösungsweg einschlagen wie bei den SBB. Die komplexen1 Eigentumsverhältnisse verlangen eine einfache, partnerschaftliche Lösung.

Diese Überlegungen beeinflussen die Neuordnung der Abgeltung der KTU in verschiedener Hinsicht. So kann der Bund für die KTU keinen einheitlichen Leistungsauftrag erlassen. Um die Vergleichbarkeit der Lösungen zwischen SBB und KTU trotzdem zu gewährleisten, sind die genannten Hauptanliegen des Leistungsauftrages direkt in die Gesetzgebung einzubringen: Das Eisenbahngesetz muss im Zusammenhang mit der neuen Abgeltungsordnung allen KTU ein gemeinwirtschaftliches Angebot garantieren, das mit jenem der SBB vergleichbar ist. .

.

.

.

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Das Gesetz soll im weiteren so geändert werden, dass es die KTU zur Ausschöpfung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zwingt. Die Eigentumsstruktur der KTU verbietet es jedoch, auch bei diesen die Lösung des SBB-Leistungsauftrages anzuwenden. Der Bund kann die finanzielle Verantwortung für die Infrastruktur der KTU nicht übernehmen. Damit entfällt auch die Forderung nach einem möglichst hohen Deckungsbeitrag an die Infrastrukturaufwendungen, durch den die Unternehmungen zu einer Optimierung ihrer Leistungsfähigkeit gezwungen werden können. Zudem sind ein Teil der KTU Strassentransportbetriebe, die über keine Infrastruktur im Sinne der SBB verfügen.

Als Lösung bietet sich eine modifizierte Regelung der Finanzhilfen an. Dabei ist besonders der Verankerung eines partnerschaftlichen Entscheidungsprozesses zwischen Bund und Kantonen Beachtung zu schenken.

13

Das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens

Das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement arbeitete auf dieser Grundlage eine Vorlage aus und leitete sie den Kantonen und den beiden interessierten Verbänden des öffentlichen Verkehrs (VST; Verband Schweizerischer Konzessionierter Automobilunternehmungen [SKAG]) zur Stellung-, nähme zu.

, , !

Das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens ist positiv ausgefallen. Sämtliche Adressaten waren sich darin einig, dass die bestehende Abgeltungsordnuhg der KTU revisionsbedürftig ist. Sie befürworteten auch mit Ausnahme von sieben Kantonen eine möglichst rasche,, gegenüber der Ausführungsgesetzgebung zur koordinierten Verkehrspolitik vorgezogene Verwirklichung der Neuregelung.

Die Antworten zum Inhalt der Vorlage lassen sich in drei grundsätzliche Kategorien einteilen: , ' ' - Vier Kantone stehen der Neuregelung eher ablehnend gegenüber.

- VST und SKAG sowie rund die Hälfte der verbleibenden Kantone befürworteten die Vorschläge grundsätzlich. Sie machten jedoch bei wichtigen Einzelfragen Vorbehalte oder Änderungsvorschläge.

- Die restlichen Kantone stimmten dem Inhalt der Neuordnung, abgesehen von kleinen Änderungen, zu.

Drei Kantone, die der Vorlage zwar materiell zustimmten, lehnten ihre Verwirklichung vor der Ausführungsgesetzgebung zur koordinierten Verkehrspolitik ab.

Soweit wir die geäusserten Vorbehalte bei der Ausarbeitung der Botschaft: nicht berücksichtigt haben, weisen wir nachfolgend dort darauf hin, wo wir die entsprechende Regelung behandeln.

Der wichtigste Vorbehalt betrifft jedoch einen Problemkreis, den wir von der vorliegenden Gesetzesrevision ausgeschlossen haben. Mehrere Vernehmlassungsadressaten beantragten eine Änderung des Geltungsbereiches des Eisenbahngesetzes gemäss Ziffer 112.2. Sie verlangten, dass die Begriffe Orts-, Agglomérations- und Regionalverkehr möglichst auf Gesetzesstufe klar umschrieben werden. Hauptsächlichster Beweggrund für die klare Trennung der Begriffe 1270

Orts- und Agglomerationsverkehr ist die Forderung, dass sich der Bund wie im Regionalverkehr uneingeschränkt an der Finanzierung des Agglomerationsverkehrs beteilige. Ein Kanton machte seine Zustimmung zur Neuordnung sogar von der Erfüllung dieses Begehrens abhängig.

Wir möchten uns den Bestrebungen zu einer Klärung und allfälligen Neuumschreibung des Geltungsbereiches nicht grundsätzlich widersetzen. Die wachsende Bedeutung von Verkehrs- und Tarifverbünden sowie die fortschreitende Verstädterung legen eine Prüfung dieser Fragen nahe. Der Problemkreis betrifft jedoch direkt die künftige Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen.

Diese ist erst im Rahmen der Ausführungsgesetzgebung zur koordinierten Verkehrspolitik zu behandeln. Die entsprechenden Ergebnisse könnten wie bisher in der Vollzugsverordnung konkretisiert werden, so dass deswegen eine erneute Änderung des Eisenbahngesetzes nicht nötig werden wird.

Vereinzelt wurde noch angeführt, die Gleichbehandlung mit den SBB verlange die Übernahme der Infrastrukturaufwendungen der KTU durch Bund und Kantone (vgl. dazu Ziff. 122).

14

Die neue Abgeltungsregelung im einzelnen

141

Die Abgeltung im engeren Sinn

141.1

Der Umfang der gemeinwirtschaftlichen Leistungen

Die KTU erfüllen eine den SBB vergleichbare Transportaufgabe. Daher ist der Umfang ihrer gemeinwirtschaftlichen Leistungen analog zu umschreiben. Das bedeutet, dass die KTU gemeinwirtschaftliche Leistungen im regionalen Personenverkehr und im Huckepackverkehr erbringen.

Der Huckepackverkehr besitzt bei den KTU zurzeit keine Bedeutung. Seine Behandlung analog zu den SBB wird auf keine nennenswerten Schwierigkeiten stossen. Er wird dann zur gemeinwirtschaftlichen Leistung, wenn ihn die KTU zu den gleichen Bedingungen führen wie die SBB.

·.

, Dagegen bietet der regionale Personenverkehr bei seiner Abgrenzung Probleme.

Bei den SBB ist sein Definitionsmerkmal die Zugsart, da sie im wesentlichen eine ganz bestimmte Aufgabe übernimmt. So dienen C- bzw. Regionalzüge dem Regionalverkehr, Schnell- und Intercity-Züge dem Fernverkehr. Anerkennt der Bund den Regionalverkehr als gemeinwirtschaftliche Leistung, entspricht das dem entsprechenden Zugsangebot der SBB.

Die KTU kennen in ihrem Angebot ebenfalls Schnell- und Regionalzüge. Da sie aber meist nur in einer eng begrenzten Region tätig sind, kann die Funktion ihrer «Schnellzüge» nicht mit denjenigen der SBB verglichen werden. Vielmehr handelt es sich um beschleunigte Regionalzüge. Somit ist der regionale Personenverkehr als gemeinwirtschaftliches Angebot der KTU offener zu umschreiben. In der Regel wird er das gesamte Personenverkehrsangebot einschliessen.

Eindeutige Fern- und Tourismusverkehrsangebote können davon ausgenommen werden. Die hiefür notwendigen Richtlinien werden im Rahmen des Vollzugs erarbeitet.

1271

Bei den SBB anerkennt der Bund im Regionalzugsverkehr eine grundsätzlich stündliche, in den verkehrsstarken Stunden aber verdichtete Bedienung als gemeinwirtschaftliche Leistung.

Verschiedene KTU bieten bereits heute Personenverkehrsleistungen an, die über eine solche Umschreibung hinausgehen. Deshalb muss die Definition der gemeinwirtschaftlichen Leistungen erweitert werden. Aus der Sicht des Bundes ist das vertretbar. Das dichte Angebot der KTU entspricht einem Bedürfnis. Dieses gründet hauptsächlich auf regionalwirtschaftlichen Interessen der Kantone. Im Gegensatz zu den SBB werden sich diese jedoch neu an der Abgeltung beteiligen. Damit entschädigen sie in etwa durchschnittlich jenen Teil des regionalen Personenverkehrsangebots, der über die Umschreibung bei den SBB hinausgeht.

Der Bund behält sich allerdings vor, auch weniger als eine stündliche 'Bedienung zu bestellen und damit als gemeinwirtschaftlich anzuerkennen. Verschiedene Unternehmungen betreiben Linien, die wohl einem Bedürfnis entsprechen, trotzdem aber nur ein sehr geringes Aufkommen bewältigen. In diesen Fällen bestellt der Bund nur ein notwendiges Minimum an Verkehrsleistungen. Um Abgrenzungsprobleme bei der Bestimmung der ungedeckten Kosten dieser Teilleistungen zu vermeiden, wird er jeweils pauschale Entschädigungssätze festlegen.

Die KTU betreiben den Gepäckverkehr im Rahmen des Personenverkehrs. Sie können ihn vor allem kostenrechnerisch nicht von diesem trennen. Nachdem wir in der Regel den gesamten Personenverkehr als gemeinwirtschaftlich anerkennen, fällt in Abweichung zur Regelung bei den SBB auch der Gepäckverkehr in diesen Unternehmungsbereich.

Verschiedene Kantone beantragten im Rahmen ihrer Vernehmlassung, den gemeinwirtschaftlichen Bereich auf den Güterverkehr auszudehnen. Diese Forderung widerspricht dem Grundsatz der vergleichbaren Behandlung von SBB und KTU. Die Finanzhilfe nach Artikel 58 wird ja gerade deswegen beibehalten, um den Güterverkehr weiterhin ausreichend unterstützen zu können. In diesem Leistungsbereich könnten sich jedoch Strukturbereinigungen als notwendig erweisen. Deshalb muss die Finanzierung des Güterverkehrs als Finanzhilfe konzipiert werden. Auf Abgeltung bestünde ein Rechtsanspruch.

Ein Wesensmerkmal der Gemeinwirtschaftlichkeit ist das Bestellprinzip. Dieses kann im Personenverkehr mit
der Bestellung einzelner Züge relativ einfach verwirklicht werden. Deshalb ist auch eine nachvollziehbare Zuscheidung von Kosten und Erlösen und damit auch eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeit möglich. Im Güterverkehr könnten Bund und Kantone nur ein allgemeines Angebotskonzept bestellen. Es entstünde damit ein Ermessensspielraum, der die Überwachung dieses Leistungsbereiches verunmöglichen würde.

Zusammenfassend gelten somit in der Regel alle Personen- und Gepäckverkehrsleistungen, die von Bund und Kantonen im gegenseitigen Einvernehmen festgelegt werden,'als gemeinwirtschaftliches Angebot. Kantone und Dritte können über das vom Bund genehmigte Angebot hinaus Zusatzleistungen bestellen.

Sie müssen jedoch die Unternehmungen nach Massgabe von Artikel 8 des Transportgesetzes (SR 742.40) dafür entschädigen. Alle übrigen Leistungen gehören zum marktwirtschaftlichen Bereich. Darunter fallen in erster Linie der Güterverkehr und bei einzelnen KTU Leistungen des Personenfernverkehrs.

1272

141.2

Die Bemessung der Abgeltung

Der Bund gilt den SBB die ungedeckten Betriebskosten des regionalen Verkehrs ab. Der Infrastrukturanteil fällt nicht unter die Abgeltung, da der Bund die Infrastruktur insgesamt finanziert. Diese Voraussetzung fehlt bei den KTU. Deshalb muss sich die Abgeltung bei diesen auf die ungedeckten Gesamtkosten des gemeinwirtschaftlichen Bereichs erstrecken.

Diese Bemessungsart birgt gewisse Nachteile in sich. Unrationell erstellte Leistungen führen über erhöhte Aufwendungen automatisch zu einer wachsenden Abgeltung. Diese Honorierung von unternehmerischen Fehlleistungen sollte vermieden werden.

Die genaue Überprüfung der einzelnen KTU auf eine wirtschaftliche Führung ihres gemeinwirtschaftlichen Bereiches ist schwierig. Sie kann erst im Rahmen des Vollzugs konkretisiert werden. Dagegen sollte bereits auf der Gesetzesstufe die Kompetenz geschaffen werden, gegen eine unwirtschaftliche Leistungserstellung im gemeinwirtschaftlichen Bereich einzuschreiten. Stellt die öffentliche Hand eine solche fest, kann sie den Abgeltungsbetrag unter den geplanten ungedeckten Betriebskosten festlegen. Entstehen einer Unternehmung dadurch Fehlbeträge, sind diese vorzutragen.

Gemäss Leistungsauftrag 1987 müssen die SBB die Abgeltung zum voraus geltend machen. Der Bund vereinbart mit ihnen den Umfang und die geplanten ungedeckten Kosten der gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Abweichungen bei der Abrechnung gehen in jedem Fall als Planungsrisiko entweder zu Lasten der Unternehmung (Unterschätzung der ungedeckten Kosten) oder der öffentlichen Hand (Überschätzung).

Diese Regelung ist auch auf die KTU anzuwenden. Die Festlegung der Abgeltung im voraus ist mit verschiedenen Vorteilen verbunden. Sie zwingt die Unternehmungen zu einer sinnvollen Planung ihrer Aktivitäten. Sie konfrontiert gleichzeitig die öffentliche Hand mit einer Art Preis der von ihr verlangten gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Damit wird ein Postulat der Gesamtverkehrskonzeption verwirklicht. Diese Regelung schafft für die öffentliche Hand aber auch ein Risiko. Die Unternehmungen werden tendenziell vorsichtig budgetieren, um den Abgeltungsbetrag zu erhöhen. Allerdings ist eine solche Verhaltensweise nur kurzfristig erfolgversprechend. Stetige Budgetabweichungen werden zu einer Kürzung der Abgeltung führen. Kurzfristig könnte aber eine Mehrbelastung der öffentlichen Hand entstehen.

142

Auswirkungen der neuen Abgeltung auf die Finanzhilfen

Der Leistungsauftrag 1982 der SBB hat gezeigt, dass die Eigenwirtschaftlichkeit fast aller öffentlicher Verkehrsunternehmungen auch bei voller Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen nicht erreichbar ist. Das gilt selbst für Unternehmungen, die alle ihre Rationalisierungsmöglichkeiten ausschöpfen. Deshalb sind neben der Abgeltung auch die bisherigen Finanzhilfen beizubehalten.

Diese sollen nach wie vor die Existenz der KTU sichern.

1273

Im Rahmen der neuen Abgeltungsordnung sind die bisherigen Finanzhilfen zu überprüfen. Sie sollten künftig in Anlehnung an die SBB im wesentlichen zwei Anforderungen genügen: : , 1. Die Finanzhilfen dürfen nur die Aufrechterhaltung jener Aufgaben;ermöglichen, die ausdrücklich im Interesse der öffentlichen Hand liegen.

2. Sie müssen so ausgestaltet werden, dass sie eine effiziente Leistungserstellung sichern.

142.1

Hilfe für technische Verbesserungen

Die KTU erhielten Investitionshilfen zur technischen Verbesserung meist in Form von unverzinslichen, bedingt rückzahlbaren Subventionen oder als à fonds perdu Beiträge.

Neu sollen den KTU wie den SBB im wesentlichen keine unverzinslichen Mittel mehr zur Verfügung gestellt werden. Diese führen oft zu einer Fehleinschätzung der Wirtschaftlichkeit von Investitionen, da die Kapitalkosten nicht berücksichtigt werden müssen. Diese Tendenz kann sich dann zusätzlich verschärfen, wenn à fonds perdu finanzierte Investitionen nicht aktiviert und damit nicht abgeschrieben werden. Wo dank günstiger Finanzierungsmöglichkeiten keine volle Kostenverantwortung besteht, tritt die Gefahr von Überinvestitionen auf. Dies ist besonders bei Eisenbahnunternehmungen problematisch, da deren Kostenstruktur hauptsächlich von den fixen Kapazitätskosten bestimmt wird.

Die öffentliche Hand finanziert die Investitionen weiterhin über Rahmenkredite, soweit die Eigenmittel der Unternehmung nicht ausreichen. Den KTU steht aber auch die Mittelaufnahme auf dem freien Kapitalmarkt offen. Sie bedarf aber der Zustimmung der jeweiligen Kantons- und Bundesbehörden. Die Einzelheiten sind in der Vollzugsverordnimg zu präzisieren.

Die Darlehensfinanzierung stiess in der Vernehmlassung auf breiten Widerstand. Man vertrat die Ansicht, sie widerspreche der Förderung des öffentlichen Verkehrs. Die Darlehensfmanzierung würde die Betriebsrechnungen der KTU stärker belasten. Erhöhte Beitragsleistungen verminderten aber die Bereitschaft zur Unterstützung der KTU. Da jedoch die Finanzierung der Kapitalfolgekosten durch die Abgeltung und die Finanzhilfe gesichert ist, wiegen die eingangs erwähnten betriebswirtschaftlichen Nachteile der bisherigen Lösung schwerer.

Zudem fallen der öffentlichen Hand auch bei à fonds perdu Beiträgen die gleichen Finanzierungskosten (Zinsen) an, nur sind diese in den allgemeinen Zinsen der öffentlichen Haushalte enthalten. Im Interesse einer transparenten Rechnungslegung sind Kosten beim Verursacher auszuweisen.

In Anerkennung des Vernehmlassungsergebnisses sollen jedoch die nicht aktivierbaren Teile der Investitionen weiterhin à fonds perdu finanziert werden können.

, 142.2

Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes

Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass auf die bisherige Finanzhilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes nicht verzichtet werden kann. Die öffentliche 1274

Hand muss sich weiterhin bereiterklären, die ungedeckten Betriebsaufwendungen der KTU zu übernehmen. Diese werden künftig geringer ausfallen, da die Abgeltungsleistungen steigen werden.

In einem Punkt wird die bisherige Regelung umgestaltet. Es wird von den KTU verlangt, dass sie die Finanzhilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes künftig zum voraus geltend machen. Gründe dieser Neuerung haben wir erstmals im Zusammenhang mit der Abgeltung dargelegt.

Das Bestellprinzip soll zum vornherein Klarheit darüber schaffen, welchen finanziellen Aufwand die nicht abgeltungsberechtigten marktwirtschaftlichen Leistungen verursachen. Nur mit Hilfe dieses Kosten-/Leistungsvergleichs kann die öffentliche Hand erkennen, ob die Tätigkeit der Unternehmung den politischen Vorstellungen und finanziellen Möglichkeiten entspricht. Allfällige Korrekturmassnahmen sind nur dann wirksam, wenn sie zum voraus ergriffen werden. So kann die öffentliche Hand Leistungen, die ihrem Interesse nicht entsprechen, ausdrücklich von einer Hilfeleistung ausnehmen. Behält die Unternehmung dieses Angebot bei, hat sie die Verantwortung für allfällige ungedeckte Kosten selber zu tragen. Eine nachträgliche Hilfeleistung wird nicht möglich sein.

Die Planrechnungen können auch zeigen, ob eine Unternehmung ihre Leistungen in einem vertretbaren Verhältnis von Aufwand und Ertrag erbringt. Ein wichtiges Beurteilungskriterium wird sein, inwieweit eine Unternehmung die variablen Kosten ihrer Leistungen aus eigener Kraft zu erwirtschaften vermag.

Ungedeckte variable Kosten sind betriebswirtschaftlich nicht zu verantworten, volkswirtschaftlich zumindest problematisch. Sie sind in der Regel bei der Bemessung der Finanzhilfe nicht miteinzubeziehen.

Die Festlegung im voraus der Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes wie auch jene der Abgeltung dient somit in erster Linie der Effizienzkontrolle der KTU. Nur sie ermöglicht es, die von der Unternehmung beeinflussbare betriebswirtschaftliche Verantwortung von der verkehrspolitischen ! Dimension zu trennen. Ähnlich wie die Abgeltung wird die zum voraus vereinbarte Finanzhilfe zu einem Teil des Ertrages in der Unternehmungserfolgsrechnung. Der verbleibende Saldo gibt das unternehmerisch verantwortbare Ergebnis wieder.

Ist er negativ, trägt er nunmehr zu Recht die Bezeichnung «Fehlbetrag».

Diese klare
Zuscheidung der Verantwortung wird durch das Planungsrisiko etwas eingeschränkt, das mit der Festlegung zum voraus verbunden ist. Budgetiert eine Unternehmung bewusst pessimistisch, kann sie allfällige selbst zu verantwortende Fehlbeträge unter Umständen überdecken. Eine namhafte Minderheit der Vernehmlassungsadressaten schätzte diesen Nachteil so hoch ein, dass sie das Prinzip der Festlegung zum voraus als untaugliches Mittel zur Effizienzkontrolle bezeichnete. Wir wissen jedoch bereits, wie stark die heutigen Budgets der KTU jeweils von den tatsächlichen Werten abweichen. Deshalb ist es ausgehend von dieser Information einzig notwendig, von den vorgesehenen Kürzungsmöglichkeiten bei den beiden Finanzleistungen bereits zu Beginn des Vollzugs konsequent Gebrauch zu machen. Unter dieser! Voraussetzung werden die Vorteile einer verbesserten Zielvorgabe an die KTU den Nachteil des Planungsrisikos ohne Zweifel überwiegen.

1275

Die unternehmerische Freiheit der KTU ist insofern etwas eingeschränkt,, als sie oft direkt von den Entscheidungen der SBB abhängen. Das gilt sowohl auf dem Beschaffungs- als auch auf dem Absatzmarkt. Diese Marktverhältnisse zwingen die KTU trotz anderer Interessenlage oft dazu, unternehmerische Konzepte der SBB zu übernehmen. Das war beispielsweise beim 1985 eingeführten Cargo Domizil der Fall. Aus Gründen einer einheitlichen Angebotspolitik mussten sich die KTU diesem System anpassen, obwohl es verschiedenen von ihnen Ertragsausfälle brachte. Diese Verflechtung rechtfertigt es, in Ausnahmefällen von der Festlegung zum voraus abzuweichen. Kann eine KTU nachweisen, dass unbeeinflussbare Entscheidungen der SBB die vereinbarten Beiträge nachhaltig beeinflussen, kommt eine nachträgliche Anpassung in Frage.

143

Die zukünftige Rechnungslegung der KTU

Die Neuordnung der Abgeltungsregelung scheiterte bisher unter anderem daran, dass den KTU ausreichende kostenrechnerische Grundlagen fehlten.

Unterdessen sind Massnahmen eingeleitet worden, um diesen Mangel zu beseitigen. Selbstverständlich werden die KTU kein Rechnungskonzept im Umfang des Finanz- und Rechnungswesens der SBB (FIRE) bereitstellen können. Es muss jedoch bestimmte Mindestanforderungen erfüllen.

Die Abgeltungssumme entspricht den geplanten ungedeckten Kosten der gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Damit erstreckt sich die Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes grundsätzlich auf alle geplanten ungedeckten Kosten des verbleibenden Transportangebots der KTU. Das neue Kostenrechnungssystem soll den Umfang dieser beiden finanziellen Beitragsleistungen in zweifacher Hinsicht einwandfrei bemessen können. Es hat eine verlässliche Budgetierung zu gewährleisten, um Abgeltung und Hilfeleistung zum voraus bestimmen zu können. Zur Kontrolle einer wirtschaftlichen Leistungserstellung muss, es zudem am Ende eines Rechnungsjahres die tatsächlichen ungedeckten Kosten der gemeinwirtschaftlichen Leistungen und des marktwirtschaftlichen TransportAngebots in der Rechnung eindeutig nachweisen.

Um diese Anforderungen zu erfüllen, haben die KTU eine Transportkostenrechnung zu entwickeln, die jährlich die Ergebnisse der Gesamtunternehmung, der betriebenen Linien und der nach Güter- und Personenverkehr getrennten Zuggattungen ausweist. Sie muss zudem die variablen von den fixen Kosten trennen können. Diese Informationen werden zur Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der KTU benötigt. Je nach der Struktur der Unternehmung kann auf einzelne dieser Voraussetzungen verzichtet werden.

Im Gegensatz zur Unternehmungserfolgsrechnung ist die Kostenrechnung ein betriebswirtschaftliches Führungsinstrument. Deshalb hat sie sämtliche Kosten zu berücksichtigen. Das gilt namentlich für die kalkulatorischen Kosten. Gegenstand von Abgeltung und Finanzhilfen bleiben selbstverständlich die effektiven Aufwendungen.

Budgetiert eine Unternehmung die ungedeckten Kosten ihrer gemeinwirtschaftlichen Leistungen nicht aufgrund einer ausreichenden kostenrechnerischen Grundlage, werden die Abgeltung und die Finanzhilfe so festgelegt, dass das Planungsrisiko die Unternehmung belastet.

1276

Das Bundesamt für Verkehr hat bereits provisorische Richtlinien für ein Kostenrechnungssystem erlassen, das den Mindestanforderungen genügt. Wir sind uns jedoch bewusst, dass ein solches System nicht von Beginn weg voll funktionsfähig ist. Der Vollzug der neuen Bestimmungen ist demnach vorerst flexibel zu handhaben.

144

Die Mitbeteiligung der Kantone

144.1

Grundsätze

Die Motion verlangt die Mitbeteiligung der Kantone an der neuen Abgeltung.

Die Kantone müssen finanziell mitwirken. Sie erhalten aber auch ein entsprechendes Mitspracherecht. Unsere Vorschläge orientieren sich an den heutigen Verhältnissen. Die Regeln von Artikel 60 des Eisenbahngesetzes finden weiterhin Anwendung. Sie sind aber so anzupassen, dass die Neuordnung der Abgeltung und der Finanzhilfe insgesamt weder Bund noch Kantone stärker belastet.

Zudem muss die Mitfinanzierung der Kantone mit ihrem Mitspracherecht übereinstimmen.

144.2

Die Mitbeteiligung bei den Investitionen

Die Finanzierung der Investitionen läuft weiterhin nach den geltenden Grundsätzen ab. Einzige Neuerung ist die vorwiegende Finanzierung durch verzinsliche Darlehen. Rechtsgrundlage bleibt Artikel 56 des Eisenbahngesetzes. Die Investitionsfinanzierung der KTU erfolgt hauptsächlich über weitere Rahmenkredite. Die Aufforderung an die Kantone zur Mitfinanzierung ändert sich demnach nicht. Sie ist bereits heute in Artikel 60 Absatz 2 sowie in der Verordnung über den Vollzug von Artikel 60 des Eisenbahngesetzes (SR 742.101.2) geregelt.

Mit dem Instrument des Rahmenkredits verlangt der Bund von den KTU nach wie vor eine langfristige Investitionsplanung. Um die jeweiligen Zahlungskredite beanspruchen zu können, müssen diese zudem auch kurzfristig ihren Mittelbedarf planen und in das jährliche Budget aufnehmen.

Die Mitspracherechte der Kantone äussern sich wie bis anhin einerseits durch ihre Vertretung in den Organen der KTU. Anderseits können sie an der Gestaltung der Investitionsvereinbarungen mitwirken, die mit ihren KTU abzuschliessen sind.

144.3

Die Mitbeteiligung bei der Abgeltung und der Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes

Nach geltendem Recht trägt der Bund die Abgeltung, Bund und Kantone übernehmen gemeinsam die Defizitdeckung. Die Neuregelung verteilt im wesentlichen die bisherigen finanziellen Beiträge von Bund und Kantonen um. Die Abgeltung wird in der Regel steigen, die Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes dagegen sinken. Die bisherige Mitbeteiligung der Kantone an den Finanzleistungen von Artikel 58 des Eisenbahngesetzes hat sich bewährt. Es drängt sich deshalb auf, sie auf die Abgeltung auszudehnen. Die in Artikel 60 Absatz 2 des 47 Bundesblau. 140. Jahrgang. Bd. I

1277

Eisenbahngesetzes festgehaltenen Grundsätze und die Ausführungsbestimmungen der Verordnung über den Vollzug von Artikel 60 können somit unverändert übernommen werden.

Die Beitragssätze der Kantone müssen jedoch neu bestimmt werden. Darstellung 2 zeigt, dass sie zu vermindern sind, damit die Kantone im Vergleich zur bisherigen Regelung keine zusätzliche Belastung erfahren.

Die Aufteilung der Beitragsleistungen nach alter und neuer Regelung

Darstellung 2 Alte Regelung

Neue Regelung

Unternehmungserfolgsrechnung aller KTU

Unternehmungserfolgsrechnung aller KTU

Aufwand

Verkehrsertrag inkl.Tarifannäherung

m

Abgeltung

Abgeltung

&.

Defizitdeckung

Finanzhilfen

Anteil Bund " ~Y Anteil Kantone wobei: (T) + @ = @, bzw. @ = © Das Mitspracherecht der Kantone muss der veränderten finanziellen Mitbeteiligung entsprechen. Deshalb sollen diese überall dort eingreifen können, wo die Höhe der Abgeltung und der Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes beeinflussbar ist. Das trifft zu bei der Festsetzung des gemeinwirtschaftlichen Angebots und seiner Abgeltung, ferner bei der Bestimmung des marktwirtschaftlichen Transportangebots, das in den Genuss der Finanzhilfe kommt, sowie bei der Bemessung dieser Hilfe. Folgendes Verfahren soll die Mitsprache der Kantone in diesem Sinn sicherstellen: Die KTU legen den Kantonen jährlich ein Budget vor. Dieses beinhaltet das gemeinwirtschaftliche Leistungsangebot und das geplante Unternehmungsergebnis. Dieses wiederum besteht namentlich aus der geplanten Abgeltung und der geplanten Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes. Zur Wahrung der Mitsprache im Investitionsbereich muss das Budget auch den Mittelbedarf für die Investitionen ausweisen. Das gilt besonders, wenn sich die Unternehmungen Mittel über den Kapitalmarkt verschaffen.

; Die Kantone werden die Budgets bereits direkt im Rahmen ihrer Verwaltungsratsmandate prüfen. Sie können damit aber auch ihre Verwaltungsstellen beauf-

1278

tragen. Ungeachtet des Verfahrens legen sie ihre Stellungnahme zu den Voranschlägen dem Bund vor. Diese kann die unveränderte Weitergabe des Budgets beinhalten. Es steht den Kantonen aber auch frei, von den Unternehmungen eine Überarbeitung zu verlangen. Formell besteht die Stellungnahme des Kantons in einem Antrag auf die Genehmigung des Leistungsangebotes und der damit verbundenen finanziellen Konsequenzen durch den Bund. In der Regel entspricht dieser den Begehren der Kantone ohne umfangreiche Prüfung. Er geht jedoch dann näher auf diese ein, wenn Differenzen bestehen zwischen den Kantonen und den Unternehmungen oder den Kantonen untereinander. Er nimmt ferner aktiv Einfluss, wenn Verstösse gegen verbindliche Richtlinien des Bundes vorliegen.

Die Regelung des Mitspracherechts der Kantone ändert die bisherige Praxis nur wenig. Neben dem stärkeren Einbezug der Kantone setzt sie jedoch voraus, dass die KTU ihr Budget früher abschliessen müssen als bisher. Das wird zwar die Budgetgenauigkeit etwas verringern. Hingegen werden die Unternehmungen ihre Planungsinstrumente verbessern müssen, was aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu begrüssen ist.

Im übrigen stützt sich die Regelung vorläufig auf die geltenden gesetzlichen Grundlagen. Die Ausführungsgesetzgebung zur koordinierten Verkehrspolitik wird die Mitwirkung der Kantone präzisieren.

145

Sonderfragen

145.1

Zur Gewinnausschüttung

Die vorgeschlagene Abgeltung für gemeinwirtschaftliche Leistungen im regionalen Personenverkehr ist die Saldogrösse zwischen dessen Verkehrserträgen (inkl.

Tarifannäherung) und Betriebsaufwendungen.

Vereinzelte KTU können im nicht abgeltungsberechtigten marktwirtschaftlichen Bereich ihre vollen Kosten überdecken. Die nunmehr voll aufwanddeckende Abgeltung des gemeinwirtschaftlichen Bereichs führt in diesen Fällen zu einem Gesamtabschluss der Erfolgsrechnung, der neu einen Gewinn bzw. einen höheren Gewinn ausweist.

Wird diesen Unternehmen erlaubt, diese Zusatzgewinne auszuschütten, belasten sie die öffentliche Hand gegenüber der bisherigen Regelung zusätzlich. Darstellung 3 (Ziff. 31) erläutert diesen Mechanismus ausführlich.

Gewinne drücken die unternehmerische Leistung erst dann richtig aus, wenn sie vollständig aus eigener Kraft erarbeitet werden. Solange den KTU unverzinsliche finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, ist diese Voraussetzung nicht gegeben. Deshalb müssen die Unternehmungen alle Fremdkapitalien angemessen verzinsen, bevor sie Gewinne ausschütten können. Soweit dies vereinbart wurde, sind die Mittel anstelle der Verzinsung zurückzubezahlen. Der Zinsertrag oder die Rückzahlungsbeträge kommen Bund und Kantonen nach Massgabe von Artikel 60 des Eisenbahngesetzes zugute.

Verzinst eine Unternehmung sämtliche Fremdkapitalien marktkonform und verfügt sie über angemessene Reserven, stellt sich die Frage, wie weit sie eine Dividende ausrichten kann und ob die Abgeltung zu kürzen ist.

1279

Die Herabsetzung der Abgeltung bei Gewinnerzielung ist an sich nicht systemkonform. Die Abgeltung ist eine Entschädigung für eine bestellte Leistung.

Trotzdem erscheint es finanzpolitisch stossend, wenn eine Unternehmung einfach öffentliche Gelder umverteilt. Deshalb schaffen wir die Möglichkeit, die Abgeltung bei gewinnbringenden Unternehmungen zu kürzen. Sind diese nur teilweise im allgemeinen Verkehr tätig, kann aber nur der Gewinnanteil herabgesetzt werden, der in diesem Unternehmungsbereich anfällt. .

Voraussetzung für die Kürzung ist grundsätzlich, dass sie nicht eine betriebswirtschaftlich vorausschauende Finanzierung und eine ausreichende Reserve gefährdet. Ebenso muss eine angemessene Dividende auf dem Aktienkapital gewährleistet sein. Die Abgeltung wird aber in jedem Fall um die Gewinnspanne herabgesetzt, die sich gegebenenfalls aus der Berücksichtigung des Gepäckverkehrs als gemeinwirtschaftliche Leistung ergibt.

145.2

Zur Sonderstellung verschiedener Unternehmungskategorien

Die neue Abgeltungsregelung ist im wesentlichen auf die konzessionierten Bahnen des allgemeinen Verkehrs ausgerichtet. Sie schliesst aber auch die übrigen Unternehmungskategorien wie Automobil- und Schiffsbetriebe ein. Wo es die spezielle Struktur dieser Unternehmungen erfordert, sollen vereinfachte Regelungen angewandt werden. Wir werden die Vollzugsverordnung entsprechend ausgestalten.

Die Haupttätigkeit vieler konzessionierter Automobil- und Schiffsbetriebe erstreckt sich auf Gebiete ausserhalb des allgemeinen Verkehrs. Hier sind und bleiben sie unternehmerisch eigenständig. Ihre Abgeltungsberechtigung ist auf wenige Leistungen im regionalen Personenverkehr beschränkt, ihr Abgeltungsanspruch vergleichsweise gering. Deshalb ist es unter Umständen zweckmässig, sie im nachhinein aufgrund der effektiven Rechnungsergebnisse abzugelten.

Eine solche Lösung kann aber nur auf kleine Transportbetriebe angewendet werden, die bei der Erstellung einer Planrechnung überfordert wären. Ein einfaches Verfahren ist zudem bei Betrieben anzustreben, die nur eine beschränkte Anzahl abgeltungsberechtigter Linien oder Verkehre besitzen.

146

Zusammenfassung

Die folgenden Punkte prägen die neue Abgeltungsordnung der KTU: 1. Die KTU sind in einem gemeinwirtschaftlichen und in einem sogenannt marktwirtschaftlichen Bereich tätig. Der gemeinwirtschaftliche Bereich beinhaltet Leistungen des regionalen Personenverkehrs (inkl. Gepäckverkehr) und des Huckepackverkehrs. Alle übrigen Leistungen der KTU sind marktwirtschaftlich.

2. Die KTU haben einen Anspruch auf die Abgeltung ihrer gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Diese umfasst in der Regel die entsprechenden ungedeckten Aufwendungen. Bund und Kantone können zudem zur Aufrechterhaltung des Betriebes die ungedeckten Aufwendungen der marktwirt1280

3.

4.

5.

6.

7.

15

schaftlichen Transportleistungen übernehmen. Sie vereinbaren diese beiden finanziellen Beiträge mit den KTU zum voraus verbindlich.

Der Bund genehmigt auf Antrag der Kantone den Umfang des gemeinwirtschaftlichen Angebots und seine Abgeltung. Dasselbe1 Verfahren gilt bei der Festlegung der Leistungen, die in den Genuss der Finanzhilfe kommen sollen, sowie bei der Bemessung dieser Hilfe. Der Bund darf keine Leistungen unterstützen, die nicht zum voraus vereinbart wurden. Falls eine Unternehmung ihre Leistungen nicht wirtschaftlich erstellt, übernehmen Bund und Kantone sowohl bei der Abgeltung als auch bei der Finanzhilfe weniger als die ungedeckten Aufwendungen. Daraus entstehende Fehlbeträge sind von der betreffenden Unternehmung zu verantworten. Sie müssen vorgetragen werden. Das Planungsrisiko bei der Festlegung im voraus geht zulasten des Verursachers.

Alle Betriebsleistungen, die Kantone oder Dritte über die Vereinbarungen zwischen Bund und Kantonen hinaus fordern, gelten als Zusatzangebot,im Sinne von Artikel 8 des neuen Transportgesetzes (SR 742.40). Sie können mit den KTU vereinbart werden, wenn die jeweiligen Besteller eine volle Entschädigung leisten. Das betrifft auch Tariferleichterungen (Art. 11 Transportgesetz), sofern kein Bundesbeschluss etwas anderes bestimmt.

Um den Vollzug der neuen Abgeltungsordnung zu gewährleisten, stellen die KTU genaue Planungs- und Abrechnungsunterlagen zur Verfügung.

Sie müssen den vom Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement erlassenen Vorschriften entsprechen.

Die Aufteilung der finanziellen Leistungen zwischen Bund und Kantonen erfolgt weiterhin nach den Bestimmungen von Artikel 60 des Eisenbahngesetzes. Ausgangsbasis für den Verteilschlüssel ist die Regelung, die bisher für die Defizitdeckung angewandt wurde. Der Schlüssel ist neu zu bestimmen, um das bisherige Belastungsverhältnis von Bund und Kantonen beizubehalten.

Die Investitionsfinanzierung läuft nach dem bestehenden Verfahren ab, allerdings auf Darlehensbasis. Die Mitwirkung der Kantone bleibt unverändert.

Die Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der koordinierten Verkehrspolitik

Die Vorlage ist mit den Grundsätzen der von den eidgenössischen Räten verabschiedeten Verfassungsartikel zur koordinierten Verkehrspolitik (BB1 1987 I 979) vereinbar. Soweit sie die Elemente des Leistungsauftrages, 1987 der SBB übernimmt, haben wir dies bereits in der entsprechenden Botschaft begründet (BB1 1985 III 722 ff.). Dabei ist es aus der Sicht der Verfassungsartikel unerheblich, ob die Finanzierung der Unternehmungen getrennt nach Infrastruktur und Betrieb (SBB) oder aufgrund einer Vollkostenrechnung (KTU) erfolgt.

Im Gegensatz zu den SBB werden die Kantone grundsätzlich an der Neuregelung der Abgeltung wie an der damit zusammenhängenden Finanzhilfe betei1281

ligt. Dies entspricht einetn wesentlichen Grundsatz der Verfassungsbestimmungen. Allerdings ist die konkrete Ausgestaltung der Verantwortungsbereiche von Bund und Kantonen noch offen. Sie wird erst im Rahmen der Beratungen zur Ausführungsgesetzgebung konkretisiert. Sobald sie endgültig feststeht, kann sie jedoch ohne Probleme in die vorliegende Neuordnung integriert werden. Bis die konkreten Ergebnisse vorliegen, ist bei der Mitbeteiligung der Kantone eine Orientierung an den bestehenden Regelungen erforderlich.

2

Spezieller Teil: Erläuterungen zu den Änderungen des Eisenbahngesetzes

21

Sechster Abschnitt

211

Artikel 49

Artikel 49 legt die Grundsätze der Abgeltung fest.

Zudem benutzen wir die Revision des sechsten Abschnittes, die Begriffe der unternehmungsfremden Vorteile bzw. Lasten fallen zu lassen. Diese wurden bisher in Artikel 49 erwähnt, in den Artikeln 52 und 53 weiter ausgeführt. Beide Begriffe haben im praktischen Vollzug kaum Bedeutung erhalten. Deshalb werden die Artikel 52 und 53 gestrichen.

211.1

Absatz l

Absatz l auferlegt der öffentlichen Hand weiterhin die Pflicht, die Unternehmungen für die Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen zu entschädigen. Die einzige Neuerung liegt darin, dass Bund und Kantone gemäss der Motion die Abgeltung gemeinsam tragen.

211.2

Absatz 2

Absatz 2 passt den Begriff der gemeinwirtschaftlichen Leistungen der geltenden Praxis an.

Das Kriterium fehlender Eigenwirtschaftlichkeit trotz kaufmännischer Geschäftsführung ist nach wie vor ein wichtiges Merkmal der Gemeinwirtschaftlichkeit einer Leistung. Dagegen ist der Bezug auf die sogenannten Grundpflichten überholt. Es ist umstritten, ob diese Pflichten tatsächlich gemeinwirtschaftliche Leistungen begründen. Die Unternehmungen müssten die meisten der auf den Grundpflichten beruhenden Leistungen aus unternehmerischen Überlegungen auch dann erbringen, wenn diese nicht bestünden.

In den Leistungsaufträgen an die SBB hat sich eine praxisbezogenere Umschreibung der Gemeinwirtschaftlichkeit durchgesetzt. Sie leitet sich aus dem Bestellprinzip ab, das von der Gesamtverkehrskonzeption empfohlen wurde. Sie bezieht sich direkt auf konkrete Leistungen. Diese sind dann gemeinwirtschaftlich, wenn Bund und Kantone sie aus übergeordneten Gründen bei der Unternehmung bestellen.

1282

211.3

Absatz 3

Absatz 3 wendet den .allgemeinen Begriff von Absatz 2 an. Er umschreibt ab. schliessend, in welchen Betriebsbereichen der Bund gemeinwirtschaftliche Leistungen bestellen kann. Buchstabe c hält im weiteren fest, dass in Anlehnung an Artikels Absatz 2 bis des SBB-Gesetzes (BB1 1986111 391) nur ein Bundesbeschluss diese Abgrenzung verändern kann. Die Kantone können darüber hinaus weitere Leistungen als gemeinwirtschaftlich anerkennen. Sie haben diese jedoch gemäss Artikel 8 und 11 des Transportgesetzes (SR 742.40) voll zu entschädi-

212

Artikel 50

Artikel 50 regelt das Verfahren bei der Festlegung des gemeinwirtschaftlichen Angebots. In erster Linie wird dieses von den Kantonen bestellt. Sie arbeiten dabei eng mit den KTU zusammen. Der Bund wird das vom Kanton beantragte Angebot in der Regel genehmigen. Er wird den Antrag in besonderen Fällen detailliert überprüfen.

Der Bund anerkennt den Huckepackverkehr aus übergeordneten Gründen als gemeinwirtschaftliche Leistung. Er ist ausschliesslich für die Bestellung des Angebotes und die entsprechende Abgeltung zuständig. Die Finanzierung ist durch das Treibstoffzollgesetz vom 22. März 1985 und die Verordnung über die Förderung des kombinierten Verkehrs und des Transportes begleiteter Motorfahrzeuge (SR 725.116.2 bzw. SR 742.149) gesichert.

213

Artikel 51

Artikel 51 regelt die Bemessung der Abgeltung. Absatz l legt den Grundsatz fest. Die Absätze 2 und 3 umschreiben die Abgeltung der Betriebsleistungen näher.

213.1

Absatz l

Grundsätzlich werden die ungedeckten Kosten der gemeinwirtschaftlichen Leistungen abgegolten. Bund und Kantone vereinbaren die Abgeltungssumme im selben Verfahren wie die Festlegung des gemeinwirtschaftlichen Angebots. Damit stellt diese aus der Sicht der öffentlichen Hand den für ein Jahr unveränderlichen Preis der gemeinwirtschaftlichen Leistungen dar.

213.2

Absatz 2

Absatz 2 stellt klar, dass wohl ein Anspruch auf die Abgeltung als solche besteht, nicht aber die Übernahme der gesamten ungedeckten Kosten. Die Buchstaben a-d legen fest, wann die Abgeltung gekürzt werden darf. Die Kantone können dies bei der Bemessung der Abgeltung beantragen. Der Bund wird seine Interessen im Rahmen der Genehmigung geltend machen.

1283

Die Buchstaben a und b stellen in erster Linie eine wirtschaftliche Handlungsweise der Unternehmungen sicher. Diese bezieht sich auf die Kosten- und die Ertragsseite. Nach dem Transportgesetz sind die Unternehmungen unter Vorbehalt des Tarifannäherungsbeschlusses in ihrer Tarifbildung Weitgehend frei. Sie haben diesen Spielraum hauptsächlich im .marktwirtschaftlichen, aber auch im gemeinwirtschaftlichen Bereich auszunutzen. Dabei liegt es in der unternehmerischen Eigenverantwortung, die Ausschöpfung der tarifarischen Möglichkeiten den jeweiligen regionalen Gegebenheiten anzupassen. Eine allfällige Tendenz zu vergleichsweise niedrigen Tarifen kann durch die Kürzung der Abgeltungssumme korrigiert werden. Niedrigtarife lassen sich im Rahmen von Artikel 11 des Transportgesetzes trotzdem verwirklichen.

Eine Unternehmung verhält sich auch dann unwirtschaftlich, wenn sie ihre Leistungen nicht in der vom Bund verlangten Betriebsform erbringt (Bst. b).

Der Bund wird sich bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vor allem danach richten, wieweit die Unternehmung die variablen Kosten der gemeinwirtschaftlichen Betriebsleistungen aus eigener Kraft zu decken vermag.

Buchstabe c zwingt die KTU, ihre Rechnungsergehnisse auf ein ausreichendes Kostenrechnungssystem zu stützen. Dieses bildet die Voraussetzung für eine angemessene Beurteilung der Unternehmungsführung. Das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement wird Vorschriften für eine Kostenrechnung erlassen, welche die notwendigen Ergebnisse liefert, ohne insbesondere die kleinen KTU unangemessen zu belasten. Unternehmungen, deren Rechnungswesen,die Vorschriften nicht erfüllt, sind bezüglich ihrer Wirtschaftlichkeit nicht überprüfbar. Dies rechtfertigt eine Kürzung der Abgeltung.

Buchstabe d ermöglicht eine angemessene Gewinnausschüttung. Gleichzeitig setzt er eine Limite. Damit wird verhindert, dass vereinzelte Unternehmungen dank einer grossen Abgeltung allzu grosse Gewinne verteilen können.

213.3

Absatz 3

Der Bundesrat kann den Grundsatz lockern, die Abgeltung im voraus festzulegen. Er gewährt zwei Ausnahmen.

Einerseits wird er von der Festlegung zum voraus insbesondere bei jenen Unternehmungen absehen, die er von der Pflicht zur Führung eines Kostenrechnungssystems befreit (vgl. Ziff. 232).

Ausserdem können die KTU nachträglich um die Anpassung der vereinbarten Abgeltung nachsuchen. Der Bund wird dann auf ein entsprechendes Gesuch eintreten, wenn die Voraussetzungen, die zu dieser geführt haben, nachweisbar durch unternehmerische Entscheide der SBB verändert worden sind.

214

Artikel 52 und Artikel 60

Artikel 52 entspricht weitgehend dem bisherigen Artikel 60. Wir wenden ihn jedoch neu auf die Abgeltung und auf die Finanzhilfen an. Deshalb ist er aus gesetzestechnischen Gründen bereits im sechsten Abschnitt zu plazieren. Die Be1284

Stimmungen von Artikel 60 können damit auf ein Minimum beschränkt werden.

Festzuhalten bleibt lediglich, dass die Finanzhilfen des Bundes weiterhin die Mitwirkung der Kantone voraussetzen. Im übrigen kann mit Ausnahme der Finanzierung nach Artikel 57 auf Artikel 52 verwiesen werden.

Wir benutzen die Gelegenheit, den bisherigen Text von Artikel 60 im Artikel 52 straffer zu formulieren und in einem Punkt der üblichen Bundesgesetzgebung anzupassen. Bisher erschienen im Gesetzestext ausdrücklich die Beitragssätze der Kantone. Die Bundesleistungen waren daraus abzuleiten. Diese für ein Bundesgesetz weder übliche noch zweckmässige Formulierung soll angepasst werden. Neu werden die Bundesbeiträge im Gesetz festgehalten. Dies zieht eine sprachliche Anpassung der meisten Absätze von Artikel 60 nach sich.

Mit der Neuordnung der Abgeltung ist eine Neuberechnung der Beitragssätze verbunden (Ziff. 32). Damit ergibt sich die Gelegenheit, den Vqllzug zu vereinfachen. Die Beitragssätze werden so berechnet, dass in ihnen die finanziellen Auswirkungen der im bisherigen Artikel 60 Absatz 5 erwähnten sogenannten Regionalstufen enthalten sind. Diese können somit entfallen. Mit der Inkraftsetzung der Gesetzesänderung wird künftig wiederum nur noch ein Beitragssatz pro Kanton verwendet. Trotz dieser Vereinfachung kann der bisherige Absatz 5 nicht aufgehoben werden. Er dient weiterhin als Rechtsgrundlage für die Herabsetzung der Bundesleistungen bei Unternehmungen, die vorwiegend in Agglomerationen tätig sind (neu Abs. 4).

Die Artikel 52 und 60 könnten bei der definitiven Festlegung der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen entfallen.

215

Artikel 53

Die Abgeltung hängt von der Umschreibung des gemeinwirtschaftlichen Angebotes und von allfälligen Kürzungen bei ihrer Bemessung ab. Sie wird von Bund und Kantonen gemeinsam festgelegt. Sollten sich diese in Einzelfällen nicht einigen können, muss eine übergeordnete Instanz die Differenzen bereinigen.

Bisher hat das Bundesgericht grundsätzliche Fragen der Abgeltung entschieden.

Daran soll Artikel 53 nichts ändern. Die Bemessung der Abgeltung dagegen ist letztlich eine Vollzugsfrage. Deshalb soll darüber der Bundesrat letztinstanzlich befinden können.

22

Siebenter Abschnitt

221

Artikel 56 Absatz l

Der Bund gewährt den KTU für ihre Investitionen mit Ausnahme der nicht aktivierbaren Teile nur noch verzinsliche Darlehen. Er will damit eine vermehrt betriebswirtschaftlich ausgerichtete Unternehmungsführung fördern. Die KTU können im Einvernehmen mit Bund und Kantonen ihre Investitionen in den marktwirtschaftlichen Bereich über den Kapitalmarkt finanzieren. Der Bund ist bereit, diese Darlehen zu verbürgen. Der Bundesrat wird die Einzelheiten des 1285

Genehmigungsverfahrens im Rahmen der Verordnung über den Vollzug des sechsten und siebenten Abschnittes des Eisenbahngesetzes (SR 742.101.1) regeln.

222

Artikel 58

Der bisherige Absatz l bleibt im wesentlichen unverändert. Der Grundsatz, wonach Bund und Kantone notleidende Unternehmungen unterstützen können, gilt weiterhin. Dagegen werden die Absätze 2 und 3 angepasst.

Absatz 2 regelt Voraussetzung und Umfang der Hilfe. Die KTU müssen diese zum voraus geltend machen. Es gilt dasselbe Verfahren wie bei der Abgeltung.

Grundsätzlich erstreckt sich die Hilfe auf den ungedeckten Betriebsaufwand.

Da die ungedeckten Kosten des gemeinwirtschaftlichen Angebotes abgegolten werden, entspricht die Finanzhilfe dem ungedeckten Aufwand für die marktwirtschaftlichen Transportleistungen.

Nach Absatz 3 kommt die volle Aufwanddeckung nur in Frage, wenn die Unternehmung ihre Leistungen wirtschaftlich erbringt. Die Hilfe wird hauptsächlich dann gekürzt, wenn eine Leistung des marktwirtschaftlichen Transportangebotes ihre variablen Kosten nicht deckt. Das soll die entsprechende Unternehmung veranlassen, solche betriebswirtschaftlich unerwünschten Angebote fallenzulassen.

23 231

Neunter Abschnitt Artikel 63a (neu)

Artikel 63 a verlangt von den KTU, ihre Unternehmungserfolgsrechnung so auszugestalten, dass sie die unternehmerische Verantwortung für das Betriebsergebnis klar ausdrückt. Einen Betriebsüberschuss erarbeitet eine Unternehmung dann, wenn sie besser abschliesst als in der Planrechnung vereinbart. Sie kann diesen auf neue Rechnung vortragen. Nicht in jedem Fall wird die Ursache für das positive Ergebnis eine verbesserte Leistungserstellung sein. Eine vorsichtige Budgetierung kann dieselbe Wirkung haben. Deshalb dürfen die KTU den Überschuss nur zweckgebunden verwenden. Er dient der Deckung künftiger Fehlbeträge.

Betriebsdefizite entstehen, wenn eine Unternehmung die vereinbarten Planwerte nicht erreicht. Sie treten auch auf, wenn Bund und Kantone die Abgeltung oder die Hilfeleistung nach Artikel 58 kürzen. Betriebsfehlbeträge sind von den Unternehmungen zu verantworten. Diese haben sie vorzutragen. Sofern die Kürzung der Leistungen der öffentlichen Hand eine erhöhte Wirtschaftlichkeit durchsetzen soll, wird der entsprechende Fehlbetrag in den Folgejahren solange kumuliert, bis die betroffene Unternehmung geeignete Rationalisierungsmassnahmen getroffen hat.

1286

232

Artikel 63b (neu)

Grundsätzlich ist ein ausreichendes Kostenrechnungssystem die wichtigste Voraussetzung für eine wirksame Umsetzung der vorliegenden Gesetzesänderung.

Das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement wird Vorschriften zur Führung einer Kostenrechnung erlassen. Das vorgesehene System soll in seinen Grundsätzen für alle KTU verbindlich sein. Die einzelnen Bestimmungen werden aber so ausgestaltet, dass innerhalb des Systems Vereinfachungen möglich sind. Diese Flexibilität ist unumgänglich, weil die Struktur der verschiedenen KTU vielfältig ist. So sollten namentlich kleinere Unternehmungen nur gewisse Bestimmungen erfüllen müssen. Die stufenweise Vereinfachung der Vorschriften ermöglicht es den KTU zudem, wenigstens die Mindestanforderungen des Systems relativ rasch zu erfüllen. Danach können sie es sukzessive nach den personellen und sachlichen Kapazitäten jener Ausbaustufe anpassen, die in den Vorschriften des Departementes vorgesehen ist. Dieses wird aber auch festhalten, inwieweit Tarif- und Verkehrsverbünde die Grundsätze des Kostenrechnungssystems zu übernehmen haben.

Die Kostenrechnung ist in erster Linie ein betriebswirtschaftliches Führungsinstrument. Sie soll die Ergebnisse der verschiedenen Leistungsbereiche klar zum Ausdruck bringen. Damit lassen sich aus ihr auch die verschiedenen Finanzleistungen der öffentlichen Hand ableiten. Zahlreiche KTU, insbesondere Strassentransportbetriebe, haben nur einen Leistungsbereich. Dieser ist seinerseits oftmals nur klein. Bei Unternehmungen mit einer solchen Struktur steht der Aufwand zur Führung einer Kostenrechnung zu den Vorteilen in keinem Verhältnis. Deshalb soll der Bundesrat sie von der Pflicht befreien können, eine Kostenrechnung zu führen. Im weiteren sind verschiedene KTU nur zu einem kleinen Teil im allgemeinen Verkehr tätig (z. B. städtische Verkehrsbetriebe).

Ihre Abrechnungsunterlagen entsprechen damit zwangsläufig den Bedürfnissen, die sich aus ihrer Haupttätigkeit ergeben. Es ist deshalb sinnvoll, dass der Bundesrat auch diese Unternehmungen davon befreien kann, die Vorschriften des Bundes zu übernehmen. Er wird diese Vereinfachung jedoch nur bei Unternehmungen zulassen, die über Rechnungsunterlagen verfügen, miti denen sich die finanziellen Leistungen des Bundes einwandfrei bestimmen lassen.

233

Artikel 65 Absatz 2

Mit der Aufhebung dieses Absatzes werden die KTU den SBB gleichgestellt.

Ziel ist die vollständige Aktivierung aller Infrastrukturinvestitionen. Dies entspricht den Grundsätzen einer betriebswirtschaftlichen Unternehmungsführung.

Zudem bietet der Vollzug dieser Bestimmung heute erhebliche Schwierigkeiten.

Artikel 65 Absatz 2 hatte früher eine finanzpolitische Berechtigung. Defizite konnten einfacher finanziert werden als Investitionen. Das trifft heute in diesem Ausmass nicht mehr zu. Allerdings werden Investitionsvorhaben weiterhin genau geprüft, da die entsprechenden Mittel über Rahmenkredite zu beschaffen sind. Das deckt sich mit den Zielvorstellungen der Neuregelung der Abgeltung.

1287

234

Artikel 69

Absatz 2 definiert den Begriff des Reingewinns neu. Der bisherige Artikel 69 wird als Absatz l unverändert übernommen.

Von einem Reingewinn kann nur gesprochen werden, wenn die Unternehmung sämtliche finanziellen Leistungen der öffentlichen Hand entweder angemessen verzinst oder diese getilgt hat.

24

Dreizehnter Abschnitt

241

Artikel 95 Absatz 2

Die Änderung von Artikel 95 dehnt die Anwendbarkeit des neunten Abschnittes auf die konzessionierten Strassentransportdienste aus. Damit werden die Rechnungsbestimmungen der öffentlichen Verkehrsunternehmungen vereinheitlicht, soweit sich dies aus der Neuregelung der Abgeltung zwingend ergibt und soweit dies sinnvoll und möglich ist. So wird die Genehmigungspflicht der Rechnung durch den Bund nicht auf die konzessionierten Automobilbetriebe übertragen.

Da die meisten Betriebe nur teilweise im allgemeinen Verkehr tätig sind oder kleingewerbliche Strukturen aufweisen, wäre die Genehmigung der Gesamtrechnung unverhältnismässig. Soweit die Strassentransportbetriebe dem, allgemeinen Verkehr dienen, kontrolliert sie das Bundesamt für Verkehr bereits heute auf der Grundlage der entsprechenden Vollzugsverordnung (SR 744.115).

Deshalb finden die Artikel 70, 71 und 72 Absatz 3 keine Anwendung.

25

Erläuterungen zur Übergangs- und Schlussbestimmung

251

Übergangsbestimmung

Ziffer 312 zeigt, dass der heutige Höchstsatz des Bundes von 60 Prozent erhöht werden muss, damit die Kantone keine finanzielle Einbusse erleiden. Wie: stark diese Abweichung sein wird, kann erst nach der Inkraftsetzung genau bestimmt werden. Bereits jetzt ist jedoch klar, dass diese Ausnahmeregelung nur bei wenigen Kantonen angewendet werden muss.

Absatz l der Übergangsbestimmung soll es ermöglichen, diese Kantone in Abweichung von Artikel 52 Absatz 2 bzw. Absatz 4 zu behandeln. Nach Deiner Übergangsphase von vier Jahren wird die neue Lastenverteilung genau abschätzbar sein. Dann werden die Absätze 2 und 4 von Artikel 52 den neuen Gegebenheiten angepasst.

Nach Inkraftsetzung der Gesetzesrevision können finanzielle Leistungen an die KTU nur noch auf der Grundlage eines Kostenrechnungssystems ausgerichtet werden. Sie müssten somit für Unternehmungen entfallen, die zu diesem Zeitpunkt keine Kostenrechnung führen.

Da die Inkraftsetzung relativ kurzfristig erfolgen soll, können entsprechende Unternehmungen während einer Frist von vier Jahren trotzdem eine approximative Abgeltung und Finanzhilfe geltend machen. Beide Beiträge werden so 1288

festgelegt, dass das Planungsrisiko eindeutig von der Unternehmung getragen wird. Nach Ablauf der Übergangsfrist entfallen die Finanzleistungen des Bundes endgültig. Ausgenommen sind Unternehmungen, die der Bundesrat aufgrund von Artikel 63 d Absatz l von der Pflicht zur Führung einer Kostenrechnung befreit hat.

252

Schlussbestimmung

Die Einführung der neuen Abgeltungsordnung setzt voraus, dass die KTU über eine Kostenrechnung verfügen. Diese Voraussetzung wird zurzeit schrittweise verwirklicht. Die unterschiedliche Struktur der einzelnen Betriebe führt jedoch wahrscheinlich zu einer längeren Einführungszeit. Deshalb soll der Bundesrat das,Inkrafttreten der Änderung des Eisenbahngesetzes festlegen. Es ist vorgesehen, dies bereits zu Beginn des Jahres 1990 zu veranlassen. Voraussetzung ist jedoch, dass zu diesem Zeitpunkt genügend KTU über ein ausreichendes Kostenrechnungssystem verfügen. Eine Inkraftsetzung im Jahr 1990 bedeutet, dass die Unternehmungen erstmals in diesem Jahr eine Planrechnung vorzulegen haben.

Damit wirkt sich die Neuregelung rechnungsmässig erstmals 1991 voll aus.

Unternehmungen, die zwar bei der Inkraftsetzung über eine Kostenrechnung verfügen, die aber den Anforderungen des Bundes nicht genügt, werden von diesem Zeitpunkt an nach Massgabe von Artikel 51 Absatz 2 Buchstabe c behandelt. Der Bund legt ihren Abgeltungsbetrag im eigenen Ermessen fest. Er überträgt das Planungsrisiko jedoch ausdrücklich der Unternehmung.

26

Redaktionelle Anpassungen

Das Rechnungswesen der Bahnen ist zurzeit in einem grundlegenden Wandel begriffen. In diesem Zusammenhang werden verschiedene neue Fachausdrücke verwendet. Dieser Entwicklung Folge leistend, werden bisherige Begriffe wie «Baurechnung» und «Gewinn- und Verlustrechnung» in «Anlagenrechnung» und «Erfolgsrechnung» umgewandelt. Dies betrifft die Artikel 63, 64, 65, 67 und 76 Absatz 1. Artikel 59 wurde zudem der Terminologie des neuen Bundesgesetzes über Finanzhilfen und Abgeltung angepasst.

3

Auswirkungen

31

Finanzielle und personelle Auswirkungen

·311

Auswirkungen auf den Bund

Grundsätzlich ist diese Vorlage finanziell neutral. Im Normalfâll verändert sich die Summe von Abgeltung und Finanzhilfen nach Artikel 58 nicht. Allerdings entlastet die erweiterte Abgeltung die Kantone bei der Defizitdeckung. Die Motion verlangt, dass die Kantone diese Entlastung für eine Beteiligung an der Abgeltung verwenden.

1289

In Ausnahmefällen verursacht die Neuordnung gewisse systembedingte, Zusatzaufwendungen.

a. Eine Unternehmung mit guten Voraussetzungen im marktwirtschaftlichen Bereich kann unter Umständen die hier anfallenden Kosten überdecken.

Gleichzeitig kann sie dank der neuen Ordnung im Regionalverkehr eine Abgeltung beanspruchen, die über die bisherigen Beitragsleistungen der öffentlichen Hand hinausgeht. Darstellung 3 vermittelt einen Überblick über diese Zusammenhänge: Systembedingte Mehrkosten der neuen Abgeltungsordnung

Darstellung 3

Alte Regelung

Neue Regelung

Unternehmungserfolgsrechnung

Erfolgsrechnung nach einzelnen Unternehmungsbereichen Gemeinwirt. Bereich

Aufwand total 100

Ertrag inkl. Tarifannäherung 80 Abgeltung 5

Aufwand 60

Marktwirt. Bereich

Ertrag 35

Aufwand 40

Abgeltung (neu) 25

Überschuss 5

Defizitdeckung 15 Belastung der öffentlichen Hand: Abgeltung und Defizitdeckung = 20

JZ

Ertrag 45

Gewinn 5

Belastung der öffentlichen Hand: Abgeltung = 25

Es ist schwierig, diese systembedingte Mehrbelastung abzuschätzen. Erst die Ergebnisse der Kostenrechnungen würden erlauben, sie zu ermitteln.

Sie ist jedoch so gering, dass sie voraussichtlich durch systembedingte Mehrerlöse kompensiert werden. Diese ergeben sich aus der Pflicht, vor einer Gewinnverteilung alle Fremdkapitalien angemessen zu verzinsen oder zurückzubezahlen.

b. Die Neuordnung erlaubt den Unternehmungen die Bildung von Reserven, die bisher nicht vorgesehen war. Diese entstehen, wenn der Bund auf Antrag der Kantone eine allzu pessimistisch budgetierte Kostenunterdeckung als Grundlage für die Abgeltung und die Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes genehmigt.

Auch hier ist es praktisch unmöglich, die Mehrbelastung abzuschätzen.

Die Auswirkungen sind jedoch gering. Der aus der pessimistischen Budgeteinschätzung anfallende Teil der Reserven kann bereits in den folgen-

1290

den Jahren wieder abgeschöpft werden, indem die Finanzhilfe gekürzt wird. Zudem wird es auch Unternehmungen geben, die zu optimistisch budgetieren.

c. Eine Reihe konzessionierter Automobilbetriebe erhalten heute wohl eine Abgeltung, jedoch keine Defizitdeckung. Dank der Neuordnung steigt ihre Abgeltung, ohne durch eine geringere Defizitdeckung kompensiert zu werden.

Der Bund kann in diesen Fällen nur einen Teil des Angebotes als gemeinwirtschaftlich anerkennen. Dank dieser Korrektur wird auch diese systembedingte Mehrbelastung nicht ins Gewicht fallen.

Abgesehen von der Reservenbildung wird die neue Abgeltungsordnung den Finanzplan des Bundes kaum beeinflussen. Die Abgeltung wird unverändert im laufenden Jahr ausbezahlt. Der Anteil des Bundes an der Finanzhilfe gemäss Artikel 58 wird zu 80 Prozent laufend, zu 20 Prozent nach erfolgter Abrechnung ausbezahlt. Unter der Annahme, dass sich die Abgeltungssumme höchstens verdoppeln wird, ergibt sich daraus eine einmalige Spitzenbelastung des Bundeshaushaltes im Übergangsjahr von höchstens 4 Millionen Franken.

Mit Vollzugsbeginn werden die systembedingten Mehrkosten grob geschätzt höchstens 10 Millionen Franken betragen. Davon entfallen 6 Millionen auf den Bund, das zusätzliche Einkommen aus der angemessenen Verzinsung aller Fremdkapitalien nicht eingerechnet. Diese Beträge sollten im Verlauf des Vollzuges verringert werden können.

Zusammenfassend lässt sich der Einfluss dieser Vorlage auf die Bundesfinanzen wie folgt beziffern: Einfuhrungsjahr

Folgejahre

In Millionen Franke n

1. Systembedingte Aufwendungen: a. grössere Abgeltung bei gewinnbringenden Unternehmungen b. Reservebildungsmöglichkeiten c. Ausdehnung der Abgeltung auf Unternehmungen ohne bisherige Defizitdeckung 2. Änderung des Finanzplans: Spitzenbelastung im Ubergan^sjahr . ..

Total

l\ Höchstens 6

Weniger als 6

Rund 4 Höchstens 10

Weniaer als 6

Die neue Abgeltungsordnung schafft die Voraussetzungen für eine vermehrte Kontrolle der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der KTU. Mit dem bestehenden Personal kann diese verbesserte Überprüfung insoweit verwirklicht werden, als sie sich auf ein stichprobenmässiges «Controlling» beschränkt.

1291

312

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden

Die Motion verlangt, dass sich die Kantone an der neuen Abgeltungsordnung beteiligen. Gleichzeitig soll die Vorlage die finanziellen Verhältnisse der Kantone nicht beeinträchtigen. Diese Forderungen werden im wesentlichen erfüllt.

Voraussetzung dafür ist die Neuberechnung der Kantonsanteile beim Vollzug von Artikel 60 des Eisenbahngesetzes. Anzustreben ist eine möglichst einfache Regelung.

Im Jahr des Inkrafttretens der neuen Abgeltung wird die Belastung der einzelnen Kantone jeweils nach neuer bzw. alter Ordnung berechnet. Grundlage dafür bilden die weiterhin geltenden Bestimmungen von Artikel 60 des Eisenbahngesetzes und der Vollzugsverordnung. Das Verhältnis der beiden Werte ergibt den Korrekturfaktor, mit dem die zukünftigen Belastungen der Kantone ,gewichtet werden. Dieses System halten wir solange aufrecht, bis die realen Ergebnisse die Neuberechnung der Schlüssel nach Artikel 60 erlauben.. Die Kantone erachteten diese Lösung im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens als gangbar.

' Diese Regelung kann innerhalb eines Kantons Verschiebungen verursachen.

Heute besteht ein differenziertes System, das innerhalb eines Kantons jeinach Unternehmung eine Satzspanne bis zu 9 Prozent unterscheidet. Künftig soll nur noch ein einziger Prozentsatz pro Kanton verwendet werden. Dadurch wird das innerkantonale Beitragsgefüge beeinflusst, besonders die Belastung, der Gemeinden. Die in Frage stehende Grössenordnung ist jedoch unbedeutend.

Die Lastenverteilung nach Artikel 52 bzw. 60 des Eisenbahngesetzes bewirkt, dass sich Bund und Kantone automatisch in die systembedingten Mehraufwendungen teilen. Ausgehend von der geschätzten Obergrenze von 10 Millionen Franken wird ein Anteil von höchstens 4 Millionen Franken auf die Kantone insgesamt entfallen.

Die Vorlage beeinflusst zudem die Kantonsfinanzen insofern, als diese analog zum Bund im Übergangsjahr eine Spitzenbelastung zu verkraften haben. Sie wird sich insgesamt auf höchstens 10 Millionen Franken belaufen. Beide Beträge wirken sich natürlich unterschiedlich auf die einzelnen Kantone aus: Die Kantone müssen als Zusatzaufgabe die Budgets ihrer Verkehrsunternehmungen prüfen. Das könnte ihren Verwaltungsaufwand erhöhen. Das hängt jedoch von der organisatorischen Bewältigung dieser Zusatzaufgabe ab. Sofern die Kantone ihren Einfluss hauptsächlich in den
Verwaltungsräten der KTU geltend machen, verbleibt ein geringer Aufwand. Er beschränkt sich auf die formelle Antragstellung an den Bund. Kantone mit zahlreichen KTU besitzen jedoch bereits heute Verwaltungsstrukturen, mit denen sie diese Zusatzaufgabe bewältigen können. Kantone mit wenigen KTU sind von der Vorlage nicht stark betroffen. Deshalb wird sich der fersonahufwand aufgrund dieser Vorlage auch bei den Kantonen kaum erhöhen. Die Kantone teilten diese Ansicht im Vernehmlassungsverfahren mehrheitlich.

1292

4

Richtlinien der Regierungspolitik

Die Vorlage ist in den Richtlinien der Regierungspolitik 1983-1987 angekündigt (BB1 1984 I 157, Ziff. 622). Es handelt sich um ein Richtliniengeschäft der ersten Priorität (BEI 1984 II 1335).

5

Rechtliche Grundlagen

Die Revision des Eisenbahngesetzes stützt sich auf Artikel 26 der Bundesverfassung.

2410

1293

Eisenbahngesetz

Entwurf

Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 18. November 1987'*, beschliesst: I

Das Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 19572) wird wie folgt geändert: Gliederungstitel Sechster Abschnitt: Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen Art. 49

i. Grundsätze

' Bund und Kantone entschädigen die konzessionierten Bahnunternehmungen des allgemeinen Verkehrs für die von ihnen erbrachten gemeinwirtschaftlichen Leistungen.

2 Gemeinwirtschaftlich ist eine Leistung, die eine Bahnunternehmung bei kaufmännischer Geschäftsführung ohne entsprechenden Ausgleich nicht übernehmen könnte, die Bund und Kantone jedoch aus übergeordnetem Interesse bestellen.

3 Der Bund bestellt aus übergeordnetem Interesse: a. Leistungen des regionalen Personenverkehrs, einschliesslich Gepäckverkehr ; b. Leistungen des Huckepackverkehrs und c. weitere, durch Bundesbeschluss festgelegte Leistungen.

Art. 50 n. Festlegung Der Bund legt auf Antrag der Kantone das gemeinwirtschaftliche scILfuShenTM'" Angebot im regionalen Personenverkehr fest.

eis ungen 2 ^ ^^ ^ Angebot im Huckepackverkehr fest.

]

" BB1 1988 I 1260 > SR 742.101

2

1294

Eisenbahngesetz

Art. 51

HI. Umfang der Abgeltung

1

Die Abgeltung entspricht den Kosten der gemeinwirtschaftlichen Leistungen, die nach der Planrechnung ungedeckt bleiben.

2

Sie wird gekürzt, wenn : a. die Leistung nicht wirtschaftlich geplant oder erbracht wird; b. die Leistung nicht in der vom Bund geforderten Form erbracht wird; c. das Kostenrechnungssystem den vom Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement gestützt auf Artikel 63ft Absatz 2 erlassenen Vorschriften nicht entspricht ; oder d. die Unternehmung sonst nach marktkonformer Verzinsung des Fremdkapitals, nach Äufnung der gesetzlichen Reserven und nach der Ausrichtung einer angemessenen Dividende einen Ertragsüberschuss erzielen würde.

3 Die Abgeltung wird zum voraus verbindlich festgelegt. Der Bundesrat bestimmt die Unternehmungen oder die Bestandteile der Abgeltung, die davon ausgenommen werden können.

Art. 52

iv. Mitfinander^ïSmtone

' Bund und Kantone teilen sich in die Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen im regionalen Personenverkehr. Die Aufteilung zwischen Bund und Kantonen bemisst sich nach der Finanzkraft der Kantone und ihren Lasten aus bundesrechtlich geregelten Leistungen an konzessionierte Bahnunternehmungen.

2 Der Anteil des Bundes beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 60 Prozent.

3 In Ausnahmefällen kann der Bundesanteil bei einem finanziell schwer belasteten Kanton auf 85 Prozent heraufgesetzt werden.

4 Für Linien, an denen das übergeordnete Interesse des Bundes gering ist, kann sein Anteil herabgesetzt werden.

5 Sind mehrere Kantone beteiligt, so bemessen sich ihre Anteile nach der Zahl und Verkehrsbedeutung der Stationen und der Streckenlänge auf ihrem Gebiet.

6 Die Kantone bestimmen, ob Gemeinden und andere Körperschaften an der Abgeltung beteiligt werden.

v. Beschwerde Bundesrat

Gegen Verfügungen über den Umfang oder die Kürzung der Abgeltung kann Beschwerde beim Bundesrat geführt werden.

Art. 53

1295

Eisenbahngesetz

vi. Anrechnung Art. 54 Randtitel vu. Abgrenzung Art. 55 Randtitel Gliederungstitel

Siebenter Abschnitt: Darlehen und Finanzhilfen Art. 56 Abs. l 1

Will eine Bahnunternehmung, die für den allgemeinen Verkehr von erheblicher Bedeutung ist, Anlagen oder Einrichtungen erstellen oder ergänzen oder Fahrzeuge anschaffen, um die Wirtschaftlichkeit oder die Sicherheit des Betriebes wesentlich zu erhöhen, so kann der Bund ihr Darlehen zu marktüblichen Zinsen gewähren oder .verbürgen. An die nicht aktivierbaren Teile .dieser Investitionen können auch nicht rückzahlbare Finanzhilfen geleistet werden.

in. AufrechtdesaBetriebes

Art. 58 Der Bund kann notleidenden konzessionierten Bahnunternehmungen, solange sie für den allgemeinen Verkehr unentbehrlich sind, Finanzhilfen zur Aufrechterhaltung des Betriebs gewähren.

]

2

Er legt die Finanzhilfe auf Antrag der Kantone zum voraus verbindlich fest. Diese entspricht in der Regel dem geplanten ungedeckten Betriebsaufwand.

3

Die Finanzhilfe entfällt für Leistungen, die vom Kanton nicht beantragt oder vom Bund nicht genehmigt wurden. Sie wird gekürzt, wenn die Unternehmung nicht alle Massnahmen zur Verbesserung der finanziellen Lage trifft, irisbesondere wenn sie weiterhin nicht kostendeckende Leistungen erbringt.

Art. 59 iv. Hilfe bei

'

Der Bund kann den von grösseren Naturschäden betroffenen konzessionierten Bahnunternehmungen Finanzhilfen an die Kosten der Wiederherstellung oder des Ersatzes beschädigter oder zerstörter Anlagen und Fahrzeuge sowie an die Kosten der Räumungsarbeiten gewähren.

Art.-60

v. Mitfinanzierung zierung der Kantone

1296

' Mit Ausnahme der Leistungen nach Artikel 59 setzen die Finanzhilfeh und Darlehen des Bundes die Mitwirkung der Kantone voraus.

Eisenbahngesetz

2

Der Anteil des Bundes für die technischen Verbesserungen (Art. 56) und die Aufrechterhaltung des Betriebes (Art. 58) bemisst sich nach Artikel 52. Sein Anteil an der Finanzhilfe nach Artikel 57 beträgt mindestens 50 und höchstens 80 Prozent.

Art. 63 i. Grundsätze Das Rechnungswesen der konzessionierten Bahnunternehmuneen 1. An' " Anwendbares ^j^ s;cll nacjj den Vorschriften dieses Abschnittes. Soweit er Recht nichts Abweichendes bestimmt, gelten die Vorschriften des Obligationenrechtes ') über die kaufmännische Buchführung sowie über die Erfolgsrechnung und Bilanz der Aktiengesellschaften.

Art. 63a (neu)

2. Untemeli' Übersteigen die Erträge und die von Bund und Kantonen errechnUM0185 brachten finanziellen Leistungen die Gesamtaufwendungen, so legen die Unternehmungen eine spezielle Reserve zur Deckung künftiger Fehlbeträge an.

2 Soweit eine Unternehmung die Gesamtaufwendungen mit den Erträgen und den von Bund und Kantonen erbrachten finanziellen Leistungen nicht decken kann, verantwortet sie den Fehlbetrag selbst. Sie trägt diesen auf neue Rechnung vor.

Art. 63b (neu)

3. Kosteniec nung

' Der Bundesrat legt fest, welche Unternehmungen eine Kostenrechmmg zu führen haben. Er kann kleine Unternehmungen oder Unternehmungen, die einen geringen Anteil an allgemeinem Verkehr aufweisen, von dieser Pflicht ausnehmen.

2 Das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewiftschaftsdepartement regelt das Kostenrechnungssystem. Es trägt dabei den unterschiedlichen Strukturen und Zusammenarbeitsformen Rechnung.

Art. 64

n. Anlagen^Allgemeines

' Die Anlagenrechnung darf grundsätzlich mit den Aufwendungen f ur die Erstellung oder den Erwerb der festen und beweglichen Anlagen und der Fahrzeuge belastet werden. Davon sind nicht rückzahlbare Finanzhilfen und Schuldnächlässe abzuziehen. Die Kosten der Verwaltung und der Bauleitung sowie Zinse, die im Interesse des Baus der Bahn entstanden sind, gehören zu den Anlagenkosten.

') SR220,

1297

Eisenbahngesetz

2

Beiträge der Bahnunternehmung an die Erstellung von Anlagen, die im Eigentum Dritter bleiben, können der Anlagenrechnung nur belastet werden, wenn die Bahnunternehmung diese Anlagen selber hätte erstellen müssen und wenn diese Kosten nach diesem Gesetz der Anlagenrechnung belastet werden dürfen.

Art. 65 2. AnlagenEröffnung1"1* des Betriebs

iv. RücksteiErnS/ungen

vi. Allgemeine Reingewinn

' Nach Eröffnung des Betriebs dürfen die Aufwendungen für neue Anlagen und Anschaffungen sowie für Ergänzungs- oder Umbauten der Anlagenrechnung nur so weit belastet werden, als durch diese eine Vermögensvermehrung oder eine wesentliche Verbesserung der Betriebssicherheit bewirkt wird.

2 Der Buchwert abgebrochener, veräusserter oder dauernd ausser Betrieb gesetzter Anlagen und Anlageteile ist von der Anlagenrechnung abzusetzen.

Art. 67 Wird eine Bahn zu einem Preis erworben, der unter dem bisher in der Anlagenrechnung ausgewiesenen Wert liegt, so hat der Erwerber für den Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Anlagenwert Rückstellungen für die Erneuerung der Anlagen vorzunehmen. Artikel 66 gilt sinngemäss.

Art. 69 Vom Reingewinn sind jährlich 10 Prozent einer allgemeinen Reserve zuzuweisen, bis diese Reserve 30 Prozent des einbezahlten Grundkapitals erreicht hat. Die Reserve darf nur zur Deckung von Bilanzverlusten verwendet werden.

2 Ein Reingewinn im Sinn von Absatz l entsteht erst, wenn die Unternehmung keine Finanzhilfe nach Artikel 58 dieses Gesetzes beansprucht und sämtliche Beiträge der öffentlichen Hand marktüblich verzinst oder sie getilgt hat.

1

Art. 76 Abs. l 1 Gegenstand des Erwerbs bilden die der Anlagenrechnung des Bahnbetriebs belasteten Anlagen, Einrichtungen und Betriebsmittel, die unvollendeten Bauten und die Ersatzstücke für Fahrzeuge.

Art. 95 Abs. 2 2 Der sechste, siebente, neunte und elfte Abschnitt dieses Gesetzes gelten sinngemäss für die dem allgemeinen Verkehr dienenden 1298

Eisenbahngesetz

konzessionierten Automobil- und Trolleybuslinien. Ausgenommen sind die Artikel 57, 59, 70, 71 und 72 Absatz 3.

II

Übergangsbestimmungen Der Bundesrat setzt während vier Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes den Bundesanteil nach den Artikeln 52 und 60 herauf, wenn die bisherige Leistung eines Kantons durch die Änderung unverhältnismässig erhöht wird.

2 Unternehmungen, die vier Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes noch kein Kostenrechnungssystem besitzen, erhalten keine finanziellen Leistungen des Bundes mehr. Vorbehalten bleiben die Artikel 59 und 63 à 1

III

Referendum und Inkrafttreten Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

1

1299

Teil B Neuregelung des Bahnpolizeirechts I

Allgemeiner Teil: Das Konzept der Neuregelung des Bahnpolizeirechts

I1

Ausgangslage

III

Geschichtlicher Rückblick

Am 4. März 1964 reichte Herr Nationalrat Vetsch folgendes Postulat (8956) ein: Das seit dem Jahre 1878 in Kraft stehende Bundesgesetz betreffend die Handhabung der Bahnpolizei ist in wesentlichen Bestandteilen überholt und bedarf einer umfassenden Revision. Der Bundesrat wird deshalb eingeladen, die Revisionsarbeiten an die Hand zu nehmen und den eidgenössischen Räten einen entsprechenden Bericht samt Anträgen zu unterbreiten.

Der Bundesrat nahm das Postulat am 8. Oktober 1964 entgegen, allerdings mit dem Hinweis darauf, das Alter des Gesetzes allein rechtfertige es nicht, die Revision vor anderen dringlichen gesetzgeberischen Aufgaben an die Hand zu nehmen.

Das Bahnpolizeigesetz (Bundesgesetz vom 18. Februar 1878 betreffend Handhabung der Bahnpolizei; Bahnpolizeigesetz; SR 742.147.1) ist einer der wenigen noch aus dem letzten Jahrhundert stammenden Erlasse des Bundes im Eisenbahnbereich.

Das erste Eisenbahngesetz des Bundes aus dem Jahre 1852 befasste sich nicht mit der Eisenbahnpolizei ; diese war ausschliesslich den Kantonen vorbehalten.

Sie erliessen entsprechende Vorschriften; deren Anwendung oblag den einzelnen Eisenbahngesellschaften, die zu diesem Zweck vom Bundesrat zu genehmigende Réglemente aufstellten. Diese enthielten sogar materielles Strafrecht. Die Folge war eine Serie von Reglementen, die sich entsprechend den einzelnen Bahngesellschaften von Kanton zu Kanton und gelegentlich auch innerhalb desselben Kantons voneinander unterschieden.

Das Bedürfnis nach verbesserter rechtsstaatlicher Regelung und Vereinheitlichung veranlasste den Bundesgesetzgeber, in das Eisenbahngesetz vom 23. Dezember 1872 (BS 73, Art. 31 Abs. 6) Bestimmungen zum Schutz der Bahnen vor Beschädigung und Gefährdung des Verkehrs und gegen die Übertretung von bahnpolizeilichen Vorschriften aufzunehmen. Das Gesetz ermächtigte sodann die Bahnen zur Handhabung der Bahnpolizei (Art. 32). Die Kritik, dass diese Regelung keine eindeutige Rechtsgrundlage für die Ausfällung und noch weniger für die Einziehung von Bussen durch Bahngesellschaften sei, verstummte erst mit der Bundesverfassung von 1874. Mit deren Bestimmung (Art. 26): «Die Gesetzgebung über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen ist Bundessache» war dem Bund der Weg freigegeben zur Schaffung des auf den Schutz des Bahnbetriebs und der Benutzer ausgerichteten Bahnpolizeigesetzes vom 18. Februar 1878.

Das Bahnpolizeigesetz hat den Gedanken des Eisenbahngesetzes übernommen, 1300

wonach die Bahnen zur Ausübung der Bahnpolizei ermächtigt sind; zum anderen enthielt es eine Serie von speziell auf den Bahnbetrieb bezogenen Straftatbeständen. Die Bahnen dürfen indessen keine Strafen aussprechen. Die mit bahnpolizeilichen Aufgaben betrauten Bediensteten sind zur Abmahnung, verbunden mit Strafandrohung, und zum Ergreifen dringender Massnahmen sowie zur Erstellung des Bahnpolizeirapports an die Bahnverwaltung zwecks Erstattung von Strafanzeige an die kantonalen Behörden ermächtigt.

Zweck dieser Regelung ist die Gewährleistung der Sicherheit des Bahnbetriebs mittels Normierung bestimmter Übertretungstatbestände, die auf den Bahnbetrieb zugeschnitten sind. Eine solche Regelung war denn auch, angesichts der besonderen Gefährlichkeit und auch Verletzlichkeit des Bahnverkehrs umso mehr gerechtfertigt, als die damaligen Straftatbestände des Bundes nur die Beschädigung der Eisenbahnen und die Verkehrsgefährdung unter Strafe stellten.

Bestimmungen des Bundes über Übertretungstatbestände und das zur Répression anwendbare Verfahren fehlten. So wurden Straftatbestände für das Fehlverhalten von Bahnbenützern und weiteren Dritten auf der Bahn und gegenüber ihren Anlagen und Bediensteten aufgestellt. Es sind dies das unbefugte Betreten von Bahnbetriebsgebiet (Art. l und 2), das Fehlverhalten an Bahnübergängen (Art. 3 und 4), die mutwillige Beschädigung (Art. 5) und jedes andere Fehlverhalten im Eisenbahnbereich (Art. 6). Auf Zuwiderhandlungen, die eine relevante Gefährdung oder Schaden zur Folge haben, wenden die kantonalen Strafbehörden die strengeren Bestimmungen des bürgerlichen Strafrechts an (Art. 10 Abs. 1).

112

Die Bahnpolizei

112.1

Allgemeines

Die Institution der Bahnpolizei ist nie in Frage gestellt worden; sie hat sich in der Schweiz wie im Ausland bald nach Aufnahme des Eisenbahnbetriebs als notwendig erwiesen.

Die Bahnen sind durch die Konzession und die SBB durch das Gesetz zur ordentlichen Betriebsführung verpflichtet. Aufgrund der landesweit angelegten Gleise samt vielfach grossräumigen Bahnarealen, der hohen Geschwindigkeiten der Züge sowie des alltäglichen Kontaktes mit grossen Menschenmengen in Bahnanlagen und mit Motorfahrzeugen an Kreuzungsstellen ist der Betrieb der Bahnen gefährlich, aber auch störungsanfällig. Die Wahrung der Sicherheit des Bahnverkehrs lässt eine betriebseigene Organisation zur Prävention und nötigenfalls zum Einschreiten allgemein als geboten erscheinen. Sie ist ein Teil der Bahnverwaltung. Die Bahnpolizei sorgt vorab im Bahnbereich für die Sicherheit des Bahnbetriebs und den Komfort der Bahnkunden; sodann stellt sie Verstösse mit Bahnpolizeirapport fest; die Bahnverwaltungen leiten die Rapporte an die kantonale Behörde zur Aufnahme der Strafuntersuchung weiter. Die 'verfassungsrechtlich den Kantonen zustehende Strafprozesshoheit ist! stets unangetastet geblieben.

Die Bahnpolizei ist im Gegensatz zu anderen Ländern in der Schweiz nicht zu einem Sonderkorps geworden; sie ist auch nicht mit Waffen ausgerüstet. Ihre Kompetenz erschöpft sich im Erstellen des Bahnpolizeirapports und in dessen 1301

Weiterleitung an die kantonalen Behörden, handle es sich um Verstösse ' gegen Eisenbahnvorschriften oder um Delikte des gemeinen Rechts im Bahnbereich, wie etwa Diebstahl von Eisenbahngut.

112.2

Bahnpolizei und Polizei der Kantone

Das Bahnpolizeigesetz bestimmt (Art. 12 Abs. 1), dass die Bahnunternehmen ihre Beamten bzw. Bahnangestellten bezeichnen, die zur Ausübung der Bahnpolizei berechtigt sind. Die Kantone nehmen sie wie die eigenen Polizeiorgane in Pflicht. Hinsichtlich ihres amtlichen Charakters sind diese Bahnbediensteten den staatlichen und kommunalen Polizisten gleichgestellt (Art. 12 Abs. 2). Der kantonalen Polizei bleiben die ihr inhärenten Funktionen vorbehalten (Art. 12 Abs. 3).

Eine Folge dieser Regelung war das Zusammenwirken der beiden Kategorien von Polizeiorganen. Dieses Zusammenwirken funktionierte über mehr als ein Jahrhundert im grossen und ganzen reibungslos. Es galt stets, dass die Bahnpolizei keine Sonderpolizei, aber auch kein Hilfsorgan der örtlichen Polizeibehörde ist. Mit der Gleichstellung der von den Kantonen in Pflicht genommenen Bahnbediensteten mit den Organen der bürgerlichen Polizei sollte eine Gleichwertigkeit der Beweisaussagen erreicht werden; dies ist indessen insofern nicht mehr von so grosser Bedeutung, als die Gerichtsorgane zunehmend jede Art von Beweismittel frei würdigen.

Es obliegt vorab der Staats- und Gemeindepolizei, der Gefährdung der öffentlichen Ruhe und Ordnung entgegenzutreten und bei Delikten des gemeinen Rechts (Verbrechen und Vergehen) sofort - so auch auf Bahngebiet - präventiv und repressiv einzuschreiten. Bei Vorkommnissen dieser Art können die Bahnpolizeiorgane gegebenenfalls noch vor der örtlichen Polizei vorsorgliche Massnahmen wie - sofern der Bahndienst es zulässt - die Festnahme und Zuführung von Verdächtigen an die Kantons- und Gemeindepolizei, die Aufnahme von Personalien und das Ausfertigen eines Bahnpolizeirapportes treffen. In der Praxis hat sich diese Zusammenarbeit mit den Bahnorganen als wertvoll erwiesen, insbesondere wenn bahnbetriebliche Orts- und Sachkenntnisse notwendig; sind.

Umgekehrt leisten auf Ersuchen der Bahnen die örtlichen Polizeiorgane Hilfe, wenn z. B. Verstösse gegen die Eisenbahnvorschriften etwa die Festnahme randalierender, nicht ausgewiesener oder gewalttätiger Delinquenten notwendig machen.

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Beurteilung der Ausgangslage

Das Bahnpolizeigesetz wird im Postulat zu Recht als formal und zum Teil auch materiell überholt bezeichnet. Dies trifft heute mehr denn je zu.

Den wichtigsten Schutz gewährt den Bahnen seit 1942 das Strafgesetzbuch (StGB, SR 311.0, 9. Titel «Verbrechen und Vergehen gegen den öffentlichen Verkehr», Artikel 238 und 239; ferner Art. 137 «Diebstahl» .und 145 «Sachbeschädigung»). Sodann sind die auf die Strassenbenützer an Bahnübergängen bezogenen Artikel 2, 3 und 4 des Bahnpolizeigesetzes durch das Strassenver1302

kehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG SR 741.01, Art. 28, 32, 35 und 51) und insbesondere durch die Verordnung vom 13. November 1962 über die Strassenverkehrsregeln (VRV; SR 741.11, Art. 18 ff.) vollständig, überholt worden. Mehrere Bestimmungen des Strassenverkehrsrechts präzisieren das bei Bahnübergängen mit Motorfahrzeugen in allen erdenklichen Konfliktsituationen gebotene Verhalten und setzen Zuwiderhandlungen unter Strafe. Ferner hat das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1985 über den Transport im öffentlichen Verkehr (Transportgesetz/TG, SR 742.40, Art. 51) eine Blankettnorm geschaffen zur Bestrafung der Verstösse gegen Vollzugsvorschriften des Bimdesrates über die Zulassung von Personen und Gegenständen zum Transport. Ausserdem zählt dieses Gesetz Tatbestände zur Bestrafung von fehlbarem Verhalten Dritter in Bahnanlagen und -wagen auf. Gleichzeitig ist mit ihm die Blankettnorm des Bahnpolizeigesetzes (Art. 6) aufgehoben worden (TG/Art. 53 Ziff. 5).

Angesichts des Strafschutzes, den das Strafgesetzbuch und das Strassenverkehrsrecht den Bahnen gewähren, stellte sich die Frage, ob die Bahnen nicht wie die konzessionierten Schiffahrts-, Luftseilbahn- und Automobilunternehmen ohne Sonderpolizei auskommen könnten. Dies ist nicht möglich. Die Bahnen bedürfen nach wie vor nebst dem bestehenden Strafrecht und dem Beistand der bürgerlichen Polizei eines zusätzlichen Eisenbahnstrafrechts samt den entsprechenden Ausführungsorganen. Das ausgedehnte, sich über das ganze Land erstreckende Bahnbetriebsgebiet, die Gefährlichkeit und zugleich Verletzlichkeit des Bahnbetriebs sowie die Pflicht zur unbehelligten Beförderung der Kunden machen einen besondern Schutz notwendig, für den das Strafgesetzbuch und das Zivilgesetzbuch (Schutz des Eigentums in Verbindung mit den kantonalen Einführungsgesetzen) nicht ausreicht. Die Bahnen sollen vor Übertretungen geschützt sein, die vom Strafgesetzbuch nicht erfasst werden und die für die Bahnen nicht ohne weiteres innerhalb der Toleranzmarge für harmloses Fehlverhalten des Alltags liegen, so in bezug auf den Schutz des Bahnbetriebsgebietes und die Befolgung der von Bahnbediensteten getroffenen Anordnungen. Das Bahnpolizeirecht muss aber ein ausschliessliches Übertretungsstrafrecht bleiben. Der Schutz von Personen und Eigentum vor Vergehen und Verbrechen verbleibt wie bisher
in der Zuständigkeit der kantonalen Polizeibehörden. Den Bahnen sollen aber die Organe zugestanden werden, die für die Ausübung der Funktionen aus dem Bahnpolizeirecht notwendig sind.

Sämtliche Bahnorgane haben in Ausübung ihrer Aufgaben auf die Gewährleistung der Betriebssicherheit und auf die Wahrnehmung der Attraktivitätssteigerung der Bahnen bedacht zu sein; die Bahnorgane müssen um die Kunden werben und ihnen Unannehmlichkeiten ersparen. Umgekehrt erheischt die Hektik des modernen Reisens punktuelles Eingreifen von geeigneten und hiezu ausgebildeten betriebseigenen Bediensteten in zahlreichen und vielfältigen Konfliktfällen. Diese Tätigkeit spielt sich täglich in einem breiten Fächer ab, der von der Kontrolle des Bahnkuriden ohne Billett, dem die Rechnung für die Reise nachgesandt werden kann, bis zu Zwangsmassnahmen gegenüber Dritten reicht.

Dies rechtfertigt, dass der Bundesrat künftig die den Bahnunternehmen sich stellenden polizeilichen Aufgaben umschreibt. Er wird die Voraussetzungen zur Wahrnehmung dieser Aufgaben - von der persönlichen Eignung bis zur fachlichen Ausbildung - festlegen. Ebenso wird der Bundesrat die Ernennung der mit

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polizeilichen Aufgaben betrauten Bediensteten und die-Ausgestaltung und Abgabe i der Ausweise ordnen.

, , , Gestützt auf diese Ausführungen erachten wir den Ersatz des bisherigen Bahnpolizeigesetzes durch ein neues als überflüssig; die für den Fortbestand einer Bahnpolizei notwendigen Bestimmungen können in das Eisenbahngesetz.(ËBG; SR 742.101) eingefügt werden; das Nähere lässt sich in einer Verordnung regeln. Die1 Änderung des Bahnpolizeirechts durch Bestimmungen im Eisenbahngesetz und nicht durch ein neues Bahnpolizeigesetz ist nach der Rechtslehre zulässig. So ist es denn auch vorgekommen, dass Bestimmungen anderer Gesetze mittlerweile materielles Eisenbahnpolizeirecht geschaffen, vervollständigt oder geändert haben.

Die Änderung sieht grundsätzlich folgendes vor: 1. Aufhebung des bestehenden Bahnpolizeigesetzes.

2. Einfügung der Rechtsgrundlage für die bahnpolizeilichen Aufgaben der Bahnuriternehmungen in das Eisenbahngesetz (EBG) mit einem neuen Artikels.

3. Änderung und Ergänzung bestehender Strafbestimmungen des Eisenbahngesetzes.

2

Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens

Der Entwurf ist sämtlichen Kantonen sowie dem Verband der Schweizerischen Transportunternehmungen des öffentlichen Verkehrs (VST) vorgelegt worden.

Alle Vernehmlasser bestätigen die Notwendigkeit einer Revision des Bahnpolizeirechts. : Beinahe alle stimmen dem Entwurf vorbehaltlos zu. Dabei halten sämtliche Vernehmlasser dafür, dass etliche Aufgaben zum Schutz des Betriebes und der Bahnbenützer von den Bahnunternehmungen wie bis anhin nur zusammen mit den kantonalen Polizeiorganen wahrgenommen werden können.

3

Spezieller Teil: Erläuterungen zu den Änderungen des Eisenbahngesetzes

Artikel 17 Absatz 4 (neu) Wenn auch das Bahngebiet dem Sachenrecht unterstellt ist, so bestehen zufolge der Zuweisung dieses Gebiets zum Bahnbetrieb Unterschiede zum Zivilrecht.

So behält das ZGB die Speziälgesetze betreffend das Eisenbahnwesen vor (SchlT Art. 60, Abs. 3). Für die Verpfändung gilt das Verpfändungsgesetz vom 25. September 1917 (SR 742.21); dieses lässt die Pfandbestellung zu Lasten der Eisenbahn lediglich als Generalpfand zu. Sodann setzt die Veräusserung von Bahngebiet die Zustimmung der zuständigen Bahnbehörden voraus. In diesem Sinn ist auch eine Ersitzung von Bahnbetriebsgebiet nicht möglich; das Bundesgericht hat anerkannt, dass dies bereits aufgrund von Artikel l des Bahnpolizeigesetzes unzulässig ist.

Entfällt nun Artikel l des Bahnpolizeigesetzes, so ist nicht ausgeschlossen, dass versucht würde, Bahngebiet zu ersitzen. Um das zu verhindern, soll die von je1304

her geübte Praxis, wonach die Veräusserung von Bahnbetriebsgebiet der eisenbahnbehördlichen Zustimmung bedarf, im Eisenbahngesetz eindeutig vorgeschrieben werden. Für die konzessionierten Bahnunternehmen (Privatbahnen) wird wie bis anhin das Bundesamt für Verkehr Bewilligungsbehörde sein, während sich die SBB auch künftig diese Bewilligung im Rahmen ihrer Selbstaufsicht erteilen werden.

Artikel 23 Absatz l ist nach Aufhebung des Bahnpolizeigesetzes die rechtliche Grundlage für .die bahnpolizeiliche Tätigkeit der Eisenbahnunternehmen. Es wird als Marginalie «Polizeiliche Aufgaben» anstatt «Bahnpolizei» verwendet. Damit wird verdeutlicht, dass es sich vorrangig um eine auf den Bahnbetrieb beschränkte Tätigkeit im Gegensatz zu den Funktionen der allgemeinen Staats- und Gemeindepolizei der Kantone handelt. Dieser obliegt in erster Linie die klassische Aufgabe der Abwehr der dem Einzelnen und der Allgemeinheit Drohenden Gefahren. .

, , Absatz 2 beauftragt den Bundesrat, die bahnpolizeilichen Befugnisse zu umschreiben und ihre Anwendung zu bestimmen. Ausser der bahnamtlichen Feststellung der Verstösse, die sich auf den Bahnschutz beziehen, wird der Bundesrat auch die Wahl und die Ausbildung der Bahnbediensteten ordnen, die mit bahnpolizeilichen Befugnissen betraut werden. Ebenso wird er die Beziehungen dieser Bahnbediensteten zu den örtlichen Polizeiorganen und Gerichtsbehörden regeln.

Absatz 3 ist durch das Legalitätsprinzip geboten. Nach einhelliger Doktrin und einer wesentlich strenger gewordenen Rechtsprechung des Bundesgerichts bedürfen Eingriffe in die persönliche Freiheit einer ausdrücklichen Grundlage in einem formellen Gesetz. Absatz 3 entspricht in seiner Fassung dieser rechtsstaatlichen Voraussetzung.

Artikel 88 Die Absätze l und 2 werden neu formuliert. Eine konkretere Fassung ist kaum möglich, weil nicht im vornherein alle gegen die Eisenbahngesetzgebung möglichen Verstösse umschrieben werden können. Diese Bestimmung ist indessen keine Ausnahme; das Bundesrecht kennt mehrere dieser Art.

Absatz 2 sieht die Anwendbarkeit des Verwaltungsstrafrechts des Bundes vor.

Die Frage der Anwendbarkeit des Verwaltungsstrafrechts wird in den Erläuterungen zu Artikel 89ter erörtert.

Absatz! wird überflüssig: Das Bahnpolizeigesetz wird aufgehoben, und der Vorbehalt des StGB gilt von Rechts wegen.
Absatz 4 wird in Artikel 89ter (neu) als Absatz 2 eingefügt.

Absatz 5 ist ebenfalls unnötig. Den regelmässigen Personenverkehr mit Strassenfahrzeugen ohne Konzession oder Bewilligung stellt das Postverkehrsgesetz unter Strafe. Dies gilt auch für die Eisenbahnunternehmen. In Strafverfahren wegen Regalverletzungen ergaben sich gelegentlich Einwände der Bahnen bezüglich der anzuwendenden Strafnorm; die Unternehmen erhofften sich von kantonalen Gerichten mehr Milde als von den Bundesbehörden. Mit dem Erlass des

1305

Verwaltungsstrafrechts wurde deshalb die Gelegenheit benützt, das EBG mit Artikel 88 Absatz 5 zu ergänzen; es handelt sich ausschliesslich um eine Klarstellung (BB1 1971 l 1021 ad XI. EBG).

Artikel 89 Buchstabe a

:

Eine Grundlage im Gesetz ist geboten. Die Bahnanlagen sind landesweit angelegt; sie sind nicht überall unüberwindbar umfriedet; sie sind auch, so die Bahngeleise auf langen Strecken und die Bahnareale, nicht ständig beobachtet.

Hinzu kommt die Gefährlichkeit des Betretens an nicht dem Publikum geöffneten Orten: Die Geschwindigkeiten nehmen zu, und es kommt immer mehr geräuscharmes Rollmaterial zum Einsatz. Zudem fahren die Züge nicht mehr wie früher lückenlos im Linksverkehr, sondern im Wechselbetrieb, d.h. unterschiedslos auf dem einen oder andern Geleise in beide Richtungen. Der Überraschungseffekt von Zügen ist auch bei gutem Wetter immer grösser. Unbefugtes Betreten des Bahngebiets ist auch betriebsstörend, denn wenn Notbremsungen zufolge verbesserter Bremssysteme nicht mehr so gefährlich wie früher sind - etwa durch herabstürzendes Gepäck -, so ergeben sie bei der heutigen Verkehrsdichte doch Störungen des Bahnverkehrs.

Buchstabe b Diese Bestimmung setzt die Widerhandlungen unter Strafe, die gegen Ausführungsvorschriften begangen werden, deren Übertretung ausdrücklich für strafbar erklärt wird.

Artikel 89bis Diese Bestimmung ist die logische Folge der Zuweisung von polizeilichen Befugnissen an die Bahnunternehmungen, und mithin die Bahnbediensteten. Ergibt sich daraus allgemein eine vorteilhafte Präventivwirkung, so trifft dies im Alltag nicht überall zu; für die Fälle, in denen Anordnungen von zuständigen Bediensteten nicht befolgt werden, soll eine Busse gesprochen werden können.

Artikel 89ter (neu) Absatz l bestimmt die nunmehrige Anwendbarkeit des Verwaltungsstrafrechts des Bundes auf die Straftatbestände von Artikel 88. Eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 88 Absatz l schädigt in der Regel nicht den Einzelnen. Vordergründiges Schutzobjekt sind das Verwaltungsvermögen des Bundes und der ordentliche Geschäftsgang der Aufsichtsbehörde (Konzessions-, Plangenehmigungsund Subventionierungsverfahren und Kontrollen). Möglich sind die entsprechenden Verstösse hauptsächlich in den Unternehmungen; sie sind äusserst selten und in der Regel geringfügiger Art. Dies wird unseres Erachteris auch künftig so sein. Die Abklärung des Sachverhaltes kann aber kompliziert sein; sie setzt Sonderkenntnisse voraus. Das Eisenbahngesetz ist übrigens Verwaltungsrecht (Botschaft BB1 1956 I 281). Gestützt auf diese
Überlegungen erachten wir es als begründet, die Feststellung, Verfolgung und Beurteilung der Übertretungen aus Artikel 88 Absatz l durch die Verwaltungsbehörden des Bundes vornehmen zu lassen, ebenso die Anwendung der Sonderbestimmungen des'zweiten Kapitels von Titel II. des VStrR.

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Absatz 2 bestätigt die Strafverfolgungshoheit der Kantone bei Zuwiderhandlungen gegen die Artikel 89 und 89bis ; ebenso wird hier die Meldepflicht an die Bundesanwaltschaft vorgeschrieben.

Artikel 90 Der bisherige Artikel 90 wird aufgehoben. Er ist rein deklaratorisch und nicht über alle Zweifel erhaben: Die Bundesversammlung muss sich nicht durch das Gesetz das Recht zu einem contrarius actus geben lassen; davon abgesehen, ist ein strafweiser Konzessionsentzug bei Eisenbahnen undenkbar. An Stelle dieses Artikels tritt in etwas geänderter Fassung der bisherige Absatz l von Artikel 89.

Artikel 95 Die Absätze l, 3 und 4 enthalten die mit diesen Änderungen notwendig gewordenen Berichtigungen. Diese Änderung lässt den bisherigen Anwendungsbereich der Bahnpolizei unberührt. Wie bis anhin ist das Bahnpolizeirecht nebst den Eisenbahnen nur auf die Strassenbahnen und die Trolleybusse, aber nicht auf die konzessionierten Schiffahrts-, Luftseilbahn- und Automobilunternehmungen anwendbar.

Artikel 96 Der Absatz l Ziffer 8 und Absatz 3 werden zufolge dieser Änderungen aufgehoben.

Als weitere Folge der Aufhebung des Bahnpolizeigesetzes muss das Strassenverkehrsrecht an das neu geregelte Bahnpolizeirecht angepasst werden.

4

Finanzielle und personelle Folgen

Diese Vorlage ist finanziell neutral. Die Anwendung des im Bereich des Bahnpolizeirechts geänderten Eisenbahngesetzes erfordert kein zusätzliches Personal.

Die Mehrzahl der Zuwiderhandlungen fällt wie bisher unter die Strafprozesshoheit der Kantone; die dem Verwaltungsstrafrecht des Bundes unterstellten Zuwiderhandlungen sind zahlenmässig gering.

5

Richtlinien der Regierungspolitik

Die Vorlage ist in den Richtlinien der Regierungspolitik 1983-1987 nicht angekündigt (BB1 1984 I 157). Dennoch unterbreiten wir diese Vorlage, da ein weiteres Zuwarten vermieden werden sollte. Die Neuregelung der Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Unternehmen des öffentlichen Verkehrs im Teil A der Botschaft bietet eine der gebotenen Verwaltungsökonomie entsprechende günstige Gelegenheit zur Revision des Bahnpolizeirechts.

6

Verfassungsmässigkeit

Diese Änderung stützt sich wie das Eisenbahngesetz auf Artikel 26 der Bundesverfassung.

2410

1307

Eisenbahngesetz

Entwurf

Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 18. November 19871\ beschüesst: I

'

' 2

Das Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 1957 ) wird wie folgt geändert: Art. 17 Abs. 4 (neu) 4 Die Veräusserung von Bahngebiet bedarf der Genehmigung durch die Eisenbahnaufsichtsbehörde. Rechte an Bahngebiet können nicht ersessen werden.

Art. 23 vu. Polizeiliche ' Die Eisenbahnunternehmungen üben auf ihrem Betriebsgebiet Aufgaben polizeiliche Aufgaben aus, soweit dies für die Sicherheit und den Betrieb notwendig ist.

2 Der Bundesrat umschreibt diese Aufgaben und regelt ihre Ausführung.

3 In Ausübung ihrer polizeilichen Aufgaben können die Eisenbahnunternehmungen je nach Notwendigkeit folgende Zwangsmassnahmen ergreifen: a. Identitätskontrolle; b. Erhebung einer Kaution; c. Sicherstellung von Gegenständen; d. vorläufige Festnahme und Zuführung von Verdächtigen an die Kantons- und Gemeindepolizei.

i. zuwider?" Allgemeines

Art. 88 Mit Busse bis .zu 30 000 Franken oder Haft wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig:

l

« BEI 1988 I 1260 > SR 742.101

2

1308

Eisenbahngesetz

a. diesem Gesetz oder anderen Gesetzen oder zwischenstaatlichen Vereinbarungen iiber das Eisenbahnwesen oder den dazu erlassenen Vollzugsvorschriften zuwiderhandelt; b. einer Konzession oder einer Verfugung zuwiderhandelt, die gestiitzt auf dieses Gesetz oder auf andere Gesetze oder zwischenstaatliche Vereinbarungen iiber das Eisenbahnwesen und die dazu erlassenen Vollzugsvorschriften getroffen worden ist.

2 Die Artikel 14, 15, 16 und 17 des Bundesgesetzes iiber das Verwaltungsstrafrecht1) sind anwendbar.

2. Ubertretungen A. Schutz des Bahnbetriebsgebiets und Zuwiderhandlungen gegen Ausfiihrungsvorschriften

B. Ungehorsam

II. Verfolgung und Beurteilung

III. Verwaltungsmassnahmen

Art. 89 Mit Haft oder Busse wird bestraft, wer vorsatzlich oder fahrlassig: a. das Bahnbetriebsgebiet ohne Erlaubnis an einer Stelle betritt, die dem Publikum nicht geoffnet ist. oder es beeintrachtigt; b. einer Ausfuhrungsvorschrift, deren Ubertretung fur strafbar erklart wird, zuwiderhandelt.

Art. 89bis (neu) Wer Anordnungen eines Bahnbediensteten. der mit polizeilichen Aufgaben betraut ist, zuwiderhandelt, wird mit Busse bis zu 2000 Franken bestraft.

Art. 89tsr (neu) 1 Die Zuwiderhandlungen nach Artikel 88 werden nach dem Bundesgesetz iiber das Verwaltungsstrafrecht l} von der Aufsichtsbehorde verfolgt und beurteilt.

2 Die Verfolgung und Beurteilung der Ubertretungen nach den Artikeln 89 und 89bis ist Sache der Kantone. Urteile und Einstelhmgsverfiigungen sind unverziiglich in vollstandiger Ausfertigung der Bundesanwaltschaft unentgeltlich mitzuteilen.

Art. 90 Bedienstete einer konzessionierten Unternehmung, die in Ausiibung ihrer Funktionen wiederholt zu begriindeten Klagen Anlass geben, sind auf Begehren der Aufsichtsbehorde von ihren Funktionen zu entheben. Das gleiche gilt fur die Mitglieder der Organe der Bahnunternehmungen.

" SR 313.0 48 Bundesblatt. 140-Jahrgang. Bd. I

.

1309

Eisenbahngesetz

V. Anwendung der EisenbahngeseLzgebung auf andere Unternehmungen

Art. 95 Abs. 1, 3 und 4 ' 1 Die Artikel 3, 4, 7-9, 21, 22, 39-44, 46-48, 88, 89ter Absatz 1, 90 und 94 sowie der dritte, sechste, siebente, neunte und elfte Abschnitt dieses Gesetzes gelten sinngemass fur die vom Bunde konzessionnierten Schiffahrtsunternehmurigen.

3 Die Artikel 23, 88, 89, 89bis, 89ter, 90 und 94 sind auf Trolleybusunternehmungen anwendbar.

4 Die Artikel 80-86, 87 Absatze 1 und 2, 88, 89ter Absatz 1, 90 und 94 gelten sinngemass fur die vom Bunde konzessionierten Luftseilund Sesselbahnunternehmungen, Aufzuge und Schlittenbahnen.

II

Aufhebung und Anderung bisherigen Rechts 1 Das Bundesgesetz vom 18. Februar 18781) betreffend Handhabung der Bahnpolizei wird aufgehoben.

2 Das Bundesgesetz uber den Strassenverkehr2) wird wie folgt geandert: Art. 102 Ziff. 2 2. Die besonderen Bestimmungen des Schweizerischen Strafgesetzbuches 3 ) bleiben vorbehalten, ebenso die Gesetzgebung ilber die Eisenbahnen.

Ill

Referendum und Inkrafttreten 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

2410

1) BS 7 27; AS 1958 335, 1986 1974 > SR 741.01 3 > SR 311.0

2

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft über die Änderung des Eisenbahngesetzes A: Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen konzessionierter Transportunternehmungen B: Bahnpolizei vom 18. November 1987

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Foglio federale

Jahr

1988

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

11

Cahier Numero Geschäftsnummer

87.069

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

22.03.1988

Date Data Seite

1260-1310

Page Pagina Ref. No

10 050 652

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